Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 Inhalt der Vorlesung A1 1. Einführung Methode der Physik Physikalische Größen Übersicht über die vorgesehenen Themenbereiche 2. Teilchen A. Einzelne Teilchen Beschreibung von Teilchenbewegung Kinematik: Quantitative Erfassung Dynamik: Ursachen der Bewegung Kräfte Arbeit + Leistung, Energie Erhaltungssätze: Impuls+Energieerhaltung Drehbewegung Schwingungen, harmonischer Oszillator 1 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 fundamentale Wechselwirkungen Gravitation Elektromagnetismus Schwache WW Starke WW phänomenologische Wechselwirkungen Alle in der Natur vorzufindenden WW lassen sich prinzipiell aus den 4 Fundamental-WW ableiten, aber: Oftmals sind Phänomene viel zu komplex, um eine solche exakte Beschreibung vorzunehmen. Beispiel: Dehnung einer Feder Beschreibung durch phänomenologische Gesetze, die experimentell aufgestellt wurden. Was überträgt die Kräfte? Konzept des Felds 2 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 Langreichweitige Wirkungen von Kräften Newton 1692 in einem Brief an Bentley: „Es ist unvorstellbar, daß unbelebte Dinge ohne die Vermittlung durch irgend etwas, das keine materielle Natur besitzt, auf andere Dinge einwirken sollten, ohne gegenseitigen Kontakt, so wie es sein müßte, wenn die Gravitation, im Sinne von Epikur, eine Wesenseigenschaft der Dinge wäre und ihnen innewohnte. Und dies ist ein Grund, warum ich wünschte, Sie würden mir die angeborene Gravitation nicht zuschreiben. Daß die Gravitation den Dingen angeboren ist und ihnen innewohnt, so daß ein Körper über eine Entfernung sogar durch das Vakuum auf einen anderen Körper einwirken kann, ohne die Vermittlung von irgend etwas, durch welches ihre Wirkung und Kraft übertragen werden könnte, das scheint mir eine solch große Absurdität zu sein, daß niemand, der vernünftig über philosophische Dinge nachdenken kann, darauf hereinfallen würde.“ Gelöst durch Konzept des „Feldes“ 3 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 Korollar: „Kräfte sind Vektoren“ ( Superpositionsprinzip ) F1 Fges y F1 F2 F2 F3 Fges = F1 + F2 x − F1 cos α + F2 cos β F2 = F1 = + F2 sin β + F1 sin α Oder allgemein N Fges = F1 + F2 + + FN = ∑ Fi i =1 0 F3 = − F3 4 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 Durch Quadrieren erhält man F1 F2 γ F3 ( 2 F3 = F1 + F2 ) 2 2 2 F32 = F12 + F22 + 2 F1 F2 cos γ Es folgt F1 + F2 + F3 = 0 ⇒ F1 + F2 = − F3 = F + F + 2 F1 ⋅ F2 2 1 F −F −F cos γ = 2 F1 F2 2 3 2 1 2 2 Beispiel: F1 = F2 = F3 1 ⇒ cosγ = − ⇒ γ = 120 2 5 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 Kräfte - einige Beispiele Galileo‘s Fallexperimente vom schiefen Turm von Pisa 1) Fundamentalkraft: Gravitation Dasselbe „Gavitationsgesetz“ bestimmt die Bewegung der Planeten um die Sonne. 6 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 Gravitation Allgemein gilt für die Kraft aufgrund der Gravitationswechselwirkung zwischen zwei Massen: m1m2 r F21 = − F12 F12 = γ 2 rˆ mit rˆ = F12 m2 r r m1 r̂ r = r2 − r1 r2 r1 Aber nahe der Erdoberfläche gilt: Die Newtonsche Gravitationskonstante ist 2 N m γ = 6.67 ⋅10 −11 kg 2 F = mS (0,0, g ) Wie hängen die beiden Gesetze zusammen? Körper mit der (schweren) Masse mS, der sich an der Erdoberfläche befindet, wird durch die Erde angezogen. m1 = mS r = RE m2 = mE Erdradius Erdmasse mS m E FSE = −γ zˆ = − gmS zˆ 2 7 RE Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 Versuch: Messung der Gravitationskonstante Cavendish (1798) Position 1 Probenkugel m2 Probenkugel m2 Torsionsfaden Massenkugel m1 Position 2 Massenkugel m1 8 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 Meßwerte der Gravitationskonstanten γ 9 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 Schwere und Träge Masse Einerseits taucht die Masse im Gravitationsgesetz auf: ms m r r̂ F12 F21 m ⋅ ms r F12 = γ 2 rˆ mit rˆ = r r Die Masse verursacht also ein Gravitationsfeld ⇒ „schwere Masse“ Andererseits war die Masse durch ihre Trägheitseigenschaft im 2. Newton‘schen Gesetz definiert: 2 d r F = mt 2 dt Die Masse ist die Ursache für die Trägheit ⇒ „träge Masse“ Experimentell findet man: mt = ms | mt − ms | ≤ 10 −12 mt „Äquivalenzprinzip“ der allgemeinen Relativitätstheorie (Einstein 1916). 10 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 Einfache Anwendungen (1) Freier Fall in Erdnähe z 0 FT = m a = m v = m r = m 0 z Trägheitskraft m 0 0 Fg = 0 FT = 0 m g m a 2. Newton‘sches Gesetz (Beträge): d 2 z dv FT = m a = m g ⇒ 2 = =g dt dt Gewichtskraft Fg = m gzˆ m g = 9.81 2 s Durch geeignete Koordinatenwahl kann das Problem auf ein eindimensionales reduziert werden. Bemerkung: Die Masse des Körpers, dessen Bewegung betrachtet wird, fällt bei Gravitationsproblemen aus den Abhängigkeiten heraus. 11 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 Bahnkurve: 1 2 z (t ) = g (t − t0 ) + v0 (t − t0 ) + z0 2 Fallkurve z [m] Mit den Anfangswerten t0 = 0 , z0 = 0 und v0 = 0, folgt v(t ) = g t 1 2 z (t ) = g t 2 t [s] 12 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 (2) Atwood‘sche Fallmaschine F = (M + m ) a = (M + m ) x = m g a m M Integration liefert: ( t 0 = 0 , x0 = 0 , v0 = 0 ) F m ⇒ a = x = g ⇒ M +m m x = gt M +m x Freier Fall mit einer um den Faktor m ⁄ ( M + m ) geringeren Beschleunigung. 1 mg 2 t x(t ) = 2M +m 2 x( M + m ) 2x ⇒ t= = mg a 13 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 Versuch: Atwood-Fallmaschine Lichtschranken x=2m Der Schlitten gleitet fast reibungsfrei auf einem Luftkissen. Mit Hilfe der Lichtschranken wird jeweils die Laufzeit durch die Meßstrecke x = 2 m ermittelt. Umlenkrollen Masse m Schlitten M 14 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 (3) Schiefe Ebene α Auf den Körper wirkt seine Gewichtskraft. F2 F1 FG F1 = FG cos α α Zerlegung der Kraft in zwei Anteile parallel zur schiefen Ebene F2 senkrecht zur schiefen Ebene F1 F2 = FG sin α Der Anteil F1 wird durch die Ebene kompensiert, drückt den Wagen also auf die Fahrbahn, hat sonst aber keinen Einfluss! Der Anteil F2 bewirkt die Bewegung die schiefe Ebene hinunter! -> geschickte Wahl des Koordinatensystems:entlang der Ebene!! Bewegung entspricht einem freien Fall mit der Beschleunigung geff = g·sinα 15 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 m g sin α s α mg v( s) = 2 g sin( α) s α v [m/s] 2. Newton - Axiom : F = m a = m g sin α v = s = a t = g sin α ⋅ t s= 1 g sin α ⋅ t 2 2 ⇒ t= 2s g sin α s [m] 16 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 (4) Raketenantrieb Die Rakete wird teilweise mit Wasser gefüllt, über dem mit Hilfe der Luftpumpe ein hinreichend hoher Luftdruck erzeugt wird. Nach Öffnen des Ventils wird das Wasser mit der Geschwindigkeit v0 aus der Rakete gepresst, was den gewünschten Rückstoß erzeugt. Ohne Wasser nur mit Luft, d.h. mit sehr kleiner Masse ist der Rückstoß wesentlich schwächer. Rakete Luftpumpe Wasser Ventil 17 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 Bewegung mit variabler Masse: Rakete im Schwerefeld Vakuum Gas v mg M vG′ = v − vG vG Die Rakete hat die Geschwindigkeit v und die Masse M. Das Gas trete mit der Geschwindigkeit vG aus der Rakete aus. Die absolute Geschwindigkeit des Gases ist vG′ = v − vG wenn v die momentane Ge18 schwindigkeit der Rakete ist. Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 Betrachtung zunächst ohne Schwerkraft 3. Newton‘schen Gesetz: FG = Kraft auf das Gas FR = Kraft auf die Rakete 2. Newton‘sches Gesetz: FR + FG = 0 dp R dpG + =0 dt dt d d (M v ) + (mG vG′ ) = 0 dt dt Es gilt: dmG d dM dv dv (M v ) = v+M v+M =− dt dt dt dt dt Brennrate = const. Außerdem gilt dmG dvG′ d (mG vG′ ) = (v − vG ) + mG dt dt dt =0 konstante Ausstossgeschwindigkeit des Gases 19 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 Damit erhält man: dmG dv dmG (v − vG ) = 0 − v+M + dt dt dt oder M dv dmG = vG dt dt Die Massenabnahme ist gleich der ausgestoßenen Gasmasse. dmG = −dM Wird nun noch eine äußere Kraft eingebaut, so ergibt sich als Bewegungsgleichung: „Raketengleichung“ dv dM = F − vG M dt dt 20 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 Für F = 0 folgt : dM dt dM ⇒ dv = −vG = −vG dt M M M0 v E = v0 + vG ln ME Dreistufige Rakete: Stufe 1 vE dM ⌠ ∫v dv = −vG ⌡ M 0 M0 = 2.91⋅106 kg ME = 0.57⋅106 kg v0 = 0 m/s vG = 2500 m/s tB = 153 s v0 und wenn die Raketenmasse zu Beginn M0 und am Ende ME ist M0 vE − v0 = vG ln ME Einbau der Gravitation: im Gravitationsfeld Beispiel: Saturn V Mondrakete Integration: vE – Endgeschwindigkeit vE − g tB m m 2.91 ⋅ ln ≈ 4000 s s 0.57 m m mit ErdvE = 4000 − g t B ≈ 2500 21 s s anziehung vE = 2500 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 2) Phänomenologische Kraft: Rückstellkraft einer Feder Mikroskopisch schwer zu behandelndes Problem! Kraft ist letztlich auf elektromagnetische Kräfte zurückführbar! Die Praxis lehrt: Rücktreibende Kraft ∝ zur Auslenkung: F = −D x 2 2 d x d x(t ) D m 2 = − Dx ⇒ + x(t ) = 0 2 dt dt m Bewegungsform: Harmonische Schwingung (Details siehe später) 22 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 3) Phänomenologische Kraft: Reibungskräfte (Kontaktkräfte) Details dazu folgen später! Die Reibungskraft hat generell eine komplizierte Abhängigkeit von der Geschwindigkeit: FR = F (v ) Der Zusammenhang muss experimentell ermittelt werden. N FR Unterlage F mg Generell gilt: Reibung ist parallel zu den sich berührenden Flächen orientiert und wirkt den extern angreifenden Kräften entgegen, hemmt also die Bewegung. 23 Physik A/B1 PHYSIK A2 SS 2017 WS 2012/13 Prinzip der Luftkissenschiene zur extremen Verringerung der Reibung: Schlitten p0 p1>p0 Luftschicht Luftkissen hat keine Haftreibung Luftspalt Haftreibung am festen Körper: Auf dem Luftkissen bewegen sich Körper mit extrem geringer Reibung und haben in Ruhe keine Haftreibung. 24