Bank- und Kapitalmarktrecht

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Studiengang Law in Context
Wintersemester 2012/2013
Wahlpflichtveranstaltung im Aufbaumodul des
Studienschwerpunkts Wirtschaftsrecht
Bank- und
Kapitalmarktrecht
Dr. Erika Siegle-Hartwig
Lehrbeauftragte der Technischen Universität Dresden
Bank- und Kapitalmarktrecht
Literaturempfehlungen
Gesetzestexte
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Beck-Texte im dtv, Bankrecht, 40. Auflage 2012
Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, 2. Auflage 2010
Fachliteratur




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Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, 2. Auflage 2009
Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Auflage 2010
Münchener Anwaltshandbuch, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2012
Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Auflage 2011
Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts–Kommentar, 4. Auflage 2010
Schwintowski, Bankrecht, 3. Auflage 2011
Fachzeitschriften
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
Wertpapier-Mitteilungen, Zeitschrift für Wirtschaft- und Bankrecht (WM)
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft (ZBB)
Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht (BKR)
Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP)
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
2
Teil 2: Kapitalmarktrecht
Überblick
A.
Einführung in das Kapitalmarktrecht
B.
Wertpapiere am Kapitalmarkt
C.
Börsen in Deutschland
D.
Handel am Kapitalmarkt
E.
Zugang zum Kapitalmarkt
F.
Pflichten am Kapitalmarkt
G.
Austritt vom Kapitalmarkt
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
3
Teil 2: Kapitalmarktrecht
A. Einführung in das Kapitalmarktrecht
Kapitalmarkt
I.
1.
2.
3.
4.
II.
1.
2.
3.
Begriffsklärung
Teil des Finanzmarkts
Arten
Marktteilnehmer
Kapitalmarktrecht
Gegenstand
Regelungsziele
Rechtsquellen
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
4
Teil 2: Kapitalmarktrecht – A. Einführung in das Kapitalmarktrecht
I.1. Kapitalmarkt – Begriffsklärung
Markt
• Ort, an dem Angebot und Nachfrage zusammentreffen ⇨ Handelsplatz
• keine räumliche Begrenzung, z.B. Internet-Marktplätze
Kapital
• gewinnbringendes Vermögen in Form von Geld, geldwerten Titeln oder realen Gütern
• Geld und geldwerte Titel = sog. Finanzkapital ⇔ Sach- oder Realkapital
Kapitalmarkt (i. e. S.)
• Teil des Finanzmarkts
• Markt, auf dem Angebot und Nachfrage nach geldwerten Titeln zum Zwecke der
Kapitalbeschaffung (Fremd-/Eigenkapital) zusammengeführt werden
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
5
Teil 2: Kapitalmarktrecht – A. Einführung in das Kapitalmarktrecht
I.2. Kapitalmarkt – Teil des Finanzmarkts
Kapitalmarkt
Finanzmärkte
-
Handel mit geldwerten Titeln mit unbestimmter
oder langer Laufzeit, z.B. Aktien, Anleihen
institutionelle und private Handelsteilnehmer
-
-
Geldmarkt
-
Devisenmarkt
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
-
Handel mit Geld und Titeln mit kurzer (i.d.R.
unterjähriger) Laufzeit, z.B. Termingelder,
Schatzanweisungen, Zentralbankguthaben
ausschließlich institutionelle Anleger
Handel mit Fremdwährungsguthaben
gegenüber Zentral-/Banken im Heimatland
der Fremdwährung
6
Teil 2: Kapitalmarktrecht – A. Einführung in das Kapitalmarktrecht
I.3. Kapitalmarkt – Arten (1)
Kapitalmarkt
Unterteilung nach Zeitpunkt der Geschäftserfüllung
Terminmarkt
⇨ Erfüllung des Geschäfts erfolgt zu einem späteren
„Termin“
Bedingte Termingeschäfte
(Optionen)
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
Unbedingte
Termingeschäfte (Futures)
Kassamarkt
⇨ Erfüllung erfolgt i.d.R. 2
Bankarbeitstage nach
Geschäftsabschluss
Aktien, Anleihen, Fonds
7
Teil 2: Kapitalmarktrecht – A. Einführung in das Kapitalmarktrecht
I.3. Kapitalmarkt – Arten (2)
Kapitalmarkt
Unterteilung nach „Nutzungsart“ ⇨ zur Fremd- oder Eigenmittelbeschaffung
Primärmarkt
= Markt, an dem ein Wertpapier erstmals
platziert wird ⇨ Emissionsmarkt
Selbstemission
z.B. Pfandbriefe der
Pfandbriefbanken
Fremdemission
z.B. Aktien, Anleihen
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
Sekundärmarkt
= Markt, an dem bereits emittierte
Wertpapiere gehandelt werden
⇨ Zirkulationsmarkt
Wertpapierhandel am:
börsenmäßigen
Markt
außerbörslichen
Markt
8
Teil 2: Kapitalmarktrecht – A. Einführung in das Kapitalmarktrecht
I.4. Kapitalmarkt – Marktteilnehmer
Kapitalgeber
private
Investoren
Intermediäre
Kapitalnehmer
Banken
Kapitalbeteiligungs-/
-anlagegesellschaften
Unternehmen
Börsen
Syst. Internalisierer
MTFs
institutionelle
Investoren
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
Finanzanalysten
Wirtschaftsmedien
Ratingagenturen
Staat
Privatpersonen
9
Teil 2: Kapitalmarktrecht – A. Einführung in das Kapitalmarktrecht
II.1. Kapitalmarktrecht – Gegenstand
Früher
Heute
• Institutionelle Sichtweise: Ausrichtung an
Banken und Börsen
• Ansiedlung des Kapitalmarktrechts im Aktien-,
Börsen- und Bankrecht
• Marktbezogene Sichtweise: Etablierung,
Organisation und Schutz funktionsfähiger
Kapitalmärkte
• Eigenständiges Rechtsgebiet
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10
Teil 2: Kapitalmarktrecht – A. Einführung in das Kapitalmarktrecht
II.2. Kapitalmarktrecht – Regelungsziele
Funktionsschutz
Anlegerschutz
Institutionelle Funktionsfähigkeit
Institutioneller Schutz
Operationale Funktionsfähigkeit
Individueller Schutz
Allokative Funktionsfähigkeit
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
11
Teil 2: Kapitalmarktrecht – A. Einführung in das Kapitalmarktrecht
II.3. Kapitalmarktrecht – Rechtsquellen
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
12
Teil 2: Kapitalmarktrecht
B. Wertpapiere am Kapitalmarkt
Wertpapierbegriff
I.
1.
2.
Allgemeiner Wertpapierbegriff
Kapitalmarktrechtlicher Wertpapierbegriff
Einzelne Wertpapiere
II.
1.
2.
3.
Aktien
Anleihen
Anteilsscheine
Derivate
III.
1.
2.
Wesen & Funktion
Arten
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
13
Teil 2: Kapitalmarktrecht – B. Wertpapiere am Kapitalmarkt
I.1. Allgemeiner Wertpapierbegriff
Wertpapier = Urkunde, die ein Recht verbrieft, das ohne die Urkunde
nicht geltend gemacht werden kann
Wertpapiere i.e.S.
⇨ Übereignung des
Papiers
Orderpapiere
Inhaberpapiere
(Wechsel)
(Inhaberschuldverschreibung)
Recht aus dem Papier folgt dem Recht am Papier.
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
Wertpapiere i.w.S.
⇨ Abtretung des
verbrieften Rechts
Namenspapiere
(Hypothekenbrief)
Qualifizierte
Legitimationspapiere
(Sparbuch)
Recht am Papier folgt dem Recht aus dem Papier.
14
Teil 2: Kapitalmarktrecht – B. Wertpapiere am Kapitalmarkt
I.2. Kapitalmarktrechtlicher Wertpapierbegriff (1)
Handelbarkeit des Wertpapiers als unabdingbare Voraussetzung
⇨ Definition in § 2 Abs. 1 WpHG
- „übertragbare“ Wertpapiere, d.h. nur Wertpapiere i.e.S erfasst
- gattungsmäßige Ausgestaltung (Standardisierung) der Wertpapiere ⇨ leicht austauschbar (=„fungibel“)
- Verbriefung nur bei konstitutiver Wirkung („Entmaterialisierung des Wertpapiers“)
Regelbeispiele in § 2 Abs. 1 WpHG
Aktien
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
mit Aktien vglb.
Gesellschaftsanteile
Schuldtitel
Anteilsscheine
15
Teil 2: Kapitalmarktrecht – B. Wertpapiere am Kapitalmarkt
I.2. Kapitalmarktrechtlicher Wertpapierbegriff (2)
keine Wertpapiere i. S. v. § 2 Abs. 1 WpHG mangels der
Möglichkeit einer gattungsmäßigen Ausgestaltung:
Namensaktien/-schuldverschreibungen
 als Namenspapiere ausgegebene Hypotheken-, Grundschuld-,
Rentenschuldbriefe
 kaufmännische Orderpapiere nach § 363 HGB
 Wechsel
 qualifizierte Legitimationspapiere (Sparbücher)

© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
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Teil 2: Kapitalmarktrecht – B. Wertpapiere am Kapitalmarkt
II. 1. Aktien – Wesen & Funktion
Wesen
• Kapital- und Stimmrechtsanteile an einer Aktiengesellschaft
• Verbriefung von Mitwirkungs- und Vermögensrechten des Inhabers
(=Aktionär), z.B. Stimmrecht, Rederecht in HV, Recht auf Auszahlung der
Dividende und des Liquidationserlöses
• Anspruch auf Einzelverbriefung i.d.R. gemäß § 10 Abs. 5 AktG ausgeschlossen
⇨ Globalurkunde
• Aktien mit gleichen Rechten bilden eine Gattung, § 11 AktG
Funktion
• Ausgabe von Aktien durch Emittenten ⇨ Beschaffung von Fremdkapital
• Ankauf von Aktien durch Anleger ⇨ Beschaffung von Eigenkapital
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
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Teil 2: Kapitalmarktrecht – B. Wertpapiere am Kapitalmarkt
II. 1. Aktien – Arten
Unterscheidung nach Zerlegung des Grundkapitals, § 8 AktG
• Nennbetragsaktien ⇨ Aktienanzahl ≤ Grundkapital (mind. 1 EUR, § 8 Abs. 2 Satz 1 AktG)
• Stückaktien ⇨ Aktienanzahl ≙ Höhe des Grundkapitals
Unterscheidung nach Übertragungsart, § 10 AktG
• Inhaberaktien ⇨ Übertragung durch Übergabe der Urkunde gem. §§ 929 ff. BGB
• Namensaktien ⇨ Übertragung durch Forderungsabtretung gem. §§ 398,952 BGB
• Vinkulierte Namensaktien ⇨ Übertragung nur mit Zustimmung der Gesellschaft, § 68 Abs. 2
AktG
Unterscheidung nach verbrieften Rechten, § 12 AktG
• Stammaktien ⇨ Regelfall: jede Aktie gewährt ein Stimmrecht, § 12 Abs. 1 Satz 1 AktG
• Vorzugsaktien ⇨ Ausschluss des Stimmrechts gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 AktG, dafür erhöhte
Gewinnbeteiligung, §§ 139 ff. AktG
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
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Teil 2: Kapitalmarktrecht – B. Wertpapiere am Kapitalmarkt
II. 2. Anleihen – Wesen & Funktion
Wesen
• Verbriefung eines Anspruchs auf Zahlung eines Zinssatzes ⇨ Käufer der Anleihe erhält
während der Laufzeit der Anleihe den in der Urkunde verbrieften Zins als Gegenleistung
für die Überlassung seines Geldes
• Rückzahlung des Kaufbetrags nach Ablauf der Laufzeit (=Tilgung)
• Festlegung von Höhe, Art, Zeitpunkt der Zinszahlung sowie Laufzeit der Anleihe in
„Anleihebedingungen“ (= AGB i.S.v. §§ 305 ff. BGB)
• Emittenten: Staaten, Bundesländer, Banken, Versicherungen, Unternehmen ⇨ öffentlichoder privatrechtliche Schuldner der Anleihe
Funktion
• Kapitalaufbringung ⇨ im Gegensatz zur Aktie erwirbt der Käufer jedoch keine
Beteiligung am Grundkapital des Emittenten, sondern gewährt diesem ein Gelddarlehen
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
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Teil 2: Kapitalmarktrecht – B. Wertpapiere am Kapitalmarkt
II. 2. Anleihen – Arten
Synonyme:
• Schuldverschreibung, Obligationen, Renten, Bonds
Vielzahl verschiedener Ausprägungen, z.B.:
• Festzinsanleihen ⇨ haben eine feste Verzinsung über die gesamte Laufzeit (=Regelfall)
• Nullkuponanleihe ⇨ kein Zinskupon; Ertrag des Gläubigers besteht ausschließlich in der
Differenz zwischen Rückzahlungs- und Emissionskurs
• Annuitätenanleihen ⇨ Rückzahlung erfolgt in gleichen Beträgen bis zum Laufzeitende
• Wandelanleihen ⇨ dem Käufer wird das Recht eingeräumt, die Anleihe zu einem
bestimmten Zeitpunkt in einem bestimmten Verhältnis in Aktien des Emittenten
umzutauschen
• Optionsanleihen ⇨ im Unterschied zur Wandelanleihe ist das Recht zum Erwerb von
Aktien des Emittenten separiert von der Anleihe, d.h. Option kann auch separat
gehandelt und ausgeübt werden
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
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Teil 2: Kapitalmarktrecht – B. Wertpapiere am Kapitalmarkt
II. 3. Anteilsscheine
Wesen
• Verbriefung eines Anteils am Sondervermögen einer Kapitalanlagegesellschaft
(KAG), § 33 InvG
• Verwahrung des Sondervermögens bei einer Depotbank, § 20 InvG
• Anteilswert wird börsentäglich von Depotbank und KAG ermittelt, § 36 InvG
Arten
• Inhaber-/Namensanteilsscheine, § 33 InvG
• Treuhandlösung, § 30 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 InvG: Sondervermögen bleibt im
Eigentum der Gesellschaft; Anteilsinhaber stehen nur schuldrechtliche
Ansprüche gegen Gesellschaft zu
• Miteigentumslösung, § 30 Abs. 1 Satz 1 Alt 2 InvG: Anteilsinhaber erwirbt
Miteigentumsanteil am Sondervermögen
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
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Teil 2: Kapitalmarktrecht – B. Wertpapiere am Kapitalmarkt
III. 1. Derivate – Wesen & Funktion
Wesen
• Begriff „derivativ“ = abgeleitet
• Unmittelbare oder mittelbare Abhängigkeit von einem Basiswert (andere Wertpapiere,
Zinsen, Indices)
• Erfüllung des Geschäfts erfolgt erst zu einem erheblich späteren Zeitpunkt in der Zukunft
(„Termin“)
• Grund für zeitlich verzögerte Erfüllung: Abhängigkeit von Entwicklung des Basiswertes
Funktion
• Absicherung („Hedging“) gegen zukünftige Preisschwankungen des Basiswertes
• Spekulation auf die zukünftige Preisentwicklung des Basiswertes, ohne den Basiswert selbst
kaufen oder verkaufen zu müssen
• Erzielung von Arbitrage-Gewinnen durch die Ausnutzung von Preisdifferenzen zwischen
Kassa- und Terminmarkt
• überproportionale Partizipation an Preisschwankungen des Basiswertes unter geringem
Kapitaleinsatz (Hebeleffekt)
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
22
Teil 2: Kapitalmarktrecht – B. Wertpapiere am Kapitalmarkt
III. 2. Derivate – Arten (1)
Festgeschäfte (unbedingte Termingeschäfte)
• An- oder Verkauf des Basiswertes zu einem festgelegten Preis und Vereinbarung
eines späteren Erfüllungstermins
• Käufer/Verkäufer muss zum Termin den Basiswert zum vereinbarten Preis
liefern/abnehmen (unabhängig vom Preis des Basiswertes am Termin)
Optionsgeschäfte (bedingte Termingeschäfte)
• Erwerb eines Rechts, Kauf oder Verkaufs des Basiswerts zum vereinbarten Preis bis
zum Termin (Verfallstag) zu initiieren
• Erwerber des Rechts zahlt „Optionsprämie“ an sog. Stillhalter
• Call-Option = Ankaufsrecht des Optionsinhabers ⇨ Stillhalter muss verkaufen
• Put-Option = Verkaufsrecht des Optionsinhaber ⇨ Stillhalter muss kaufen
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
23
Teil 2: Kapitalmarktrecht – B. Wertpapiere am Kapitalmarkt
III. 2. Derivate – Arten (2)
§ 2 Abs. 2 WpHG
Nr. 1:
Derivate mit
Wertpapieren,
Geldmarktinstrumenten,
Devisen, Zinssätzen, Indices
oder anderen
Derivaten als
Basiswert
Nr. 2:
Derivate mit
Waren,
Frachtsätzen,
Inflationsraten
oder sonstigen
volkswirtschaftlichen Variablen
als Basiswert
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
Nr. 3:
Finanzielle
Differenzgeschäfte =
Verträge über
den Barausgleich der
Differenz zw.
den Kurswerten
eines
Basiswertes
Nr. 4:
Kreditderivate =
Termingeschäfte
zur isolierten
Absicherung
(Transfer) von
Kreditrisiken,
z.B. Credit
Default Swaps
Nr. 5:
Derivate mit
Basiswerten
nach Art. 39
MiFiD-DVO, z.B.
Lager-, Transportkapazität
von Waren
24
Teil 2: Kapitalmarktrecht
C. Börsen in Deutschland
I.
Überblick
II.
Börsenbegriff
III.
Börsenorganisation
1.
2.
Duale Börsenstruktur
Börsenbinnenorganisation
IV.
Börsenorgane
V.
Börsen- und Kapitalmarktaufsicht
1.
2.
3.
Bundesaufsicht
Landesaufsicht
Anstaltsaufsicht
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
25
Teil 2: Kapitalmarktrecht – C. Börsen in Deutschland
I. Überblick
Errichtung
• Errichtung einer Börse bedarf der
Erlaubnis der
Börsenaufsichtsbehörde, § 4 BörsG
• Erlaubnis wird dem Börsenträger
erteilt ⇨ duale Organisationsstruktur
Düsseldorf
Standorte
• Frankfurt am Main ⇨ umsatzstärkste
Börse Deutschlands
• Berlin, Düsseldorf, Hamburg,
Hannover, München, Stuttgart
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
26
Teil 2: Kapitalmarktrecht – C. Börsenorganisation
II. Börsenbegriff
Börsen
§ 2 Abs. 1 BörsG
• Teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts ⇨ Parteifähig in Rechtsstreitigkeiten
• Betreiber multilateraler Systeme, die die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und
Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Wirtschaftsgütern und Rechten nach festgelegten
Bestimmungen in einer Weise zusammenbringen, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser
Handelsobjekte führt
Wertpapierbörsen § 2 Abs. 2 BörsG
• Börsen, an denen Wertpapiere und sich hierauf beziehende Derivate gehandelt werden
Warenbörsen
§ 2 Abs. 3 BörsG
• Börsen, an denen Waren i.S.v. § 2 Abs. 2c WpHG (Metalle, Erze, Legierungen, landwirtschaftliche
Produkte und Energien wie Strom) gehandelt werden
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
27
Teil 2: Kapitalmarktrecht – C. Börsen in Deutschland
III. 1. Duale Börsenstruktur
Duale Organisationstruktur der Börsen
Börse
Börsenträger
§ 2 BörsG
§ 5 BörsG
Teilrechtsfähige Anstalt des
öffentlichen Rechts
Privatrechtliche Gesellschaft in
Rechtsform einer AG, e.V.
Erlass von Satzungen (BörsO),
Verwaltungsakten
Verwendung von AGB,
Individualverträgen
Faktischer
Marktveranstalter
Eigentümer der Einrichtungen
und Arbeitgeber des Personals
Überlassung zum
Börsenbetrieb
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
28
Teil 2: Kapitalmarktrecht – C. Börsen in Deutschland
III. 2. Börsenbinnenorganisation
Aktionäre
wählen
halten
Börsenaufsichtsbehörde
genehmigt
Börsenträger
(Aktiengesellschaft)
Trägerschaft
Börse
(öff.-rechtl. Anstalt)
Aufsichtsrat
wählt + überwacht
Vorstand
ggf. Personalunion
Geschäftsführung
wählt + überwacht
Börsenrat
Emittent +
Kreditinstitut
Sanktionsausschuss
Antrag auf Zulassung
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
29
Teil 2: Kapitalmarktrecht – C. Börsen in Deutschland
IV. Börsenorgane
Börsenrat
Geschäftsführung
Handelsüberwachungsstelle
Sanktionsausschuss
- §§ 12, 13 BörsG
- max. 24 Mitglieder = Vertreter der Handelsteilnehmer und Anleger;
- Wahl für die Dauer von 3 Jahren
- Aufgaben:
- Erlass der Börsenordnung, Gebührenordnung
- Bestellung/Abberufung und Überwachung der Geschäftsführung
- Bestellung des Leiters der Handelsüberwachungsstelle
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
30
Teil 2: Kapitalmarktrecht – C. Börsen in Deutschland
IV. Börsenorgane
Börsenrat
Geschäftsführung
Handelsüberwachungsstelle
Sanktionsausschuss
- § 15 BörsG
- mind. eine Person, ggf. Personalunion mit Vorstand des Börsenträgers
- Bestellung für höchsten 5 Jahre
- Aufgaben:
- Zulassung und Ausschluss von Unternehmen und Personen zum Börsenhandel
- Zulassung von Wertpapieren zum Handel im regulierten Markt
- Entscheidung über Aufnahme, Aussetzung, Unterbrechung und Einstellung des Handels
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
31
Teil 2: Kapitalmarktrecht – C. Börsen in Deutschland
IV. Börsenorgane
Börsenrat
Geschäftsführung
Handelsüberwachungsstelle
Sanktionsausschuss
- § 7 BörsG
- Aufgaben:
- Überwachung des Börsenhandels und der Geschäftsabwicklung ⇨ lückenlose Erfassung und
Auswertung der Handelsdaten
- Untersuchung etwaiger Verstöße gegen börsenrechtliche Vorschriften ⇨ Auskunftsersuchungsrecht
gegenüber Handelsteilnehmern
- unverzügliche Unterrichtung der Geschäftsführung und Börsenaufsicht im Falle eines Regelverstoßes
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
32
Teil 2: Kapitalmarktrecht – C. Börsen in Deutschland
IV. Börsenorgane
Börsenrat
Geschäftsführung
Handelsüberwachungsstelle
Sanktionsausschuss
- § 22 BörsG
- Zusammensetzung des Ausschusses und Ablauf des Sanktionsverfahrens werden durch landesrechtliche
Verordnung geregelt, z.B. Hessische Börsenverordnung
- Aufgaben:
- Durchführung eines Sanktionsverfahrens (= Verfahren i.S.d. VwVfG) gegen Handelsteilnehmer und
Emittenten, denen ein Verstoß gegen börsenrechtliche Vorschriften vorgeworfen wird
- Ahndung von Verstößen mit Verweis oder Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR; bei Handelsteilnehmern
zudem Ausschluss vom Börsenhandel bis zu 30 Handelstagen möglich
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
33
Teil 2: Kapitalmarktrecht – C. Börsen in Deutschland
V. Börsen- und Kapitalmarktaufsicht
Bundesaufsicht durch die
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
Landesaufsicht durch die
oberste Landesbehörde
(Börsenaufsichtshörde)
Handelsaktivitäten der
Marktteilnehmer
Anstaltsaufsicht durch die
Handelsüberwachungsstelle
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
34
Teil 2: Kapitalmarktrecht – C. Börsen in Deutschland
V. 1. Bundesaufsicht
Bundesanstalt
für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
Bundesunmittelbare Behörde
Aufgaben:
- Überwachung der Meldepflichten nach §§ 15 ff. WpHG, z.B.
Veröffentlichung von Director‘s Dealings, Ad-hoc-Nachrichten,
Stimmrechtsmitteilungen
- Überwachung der Verhaltensregeln und Organisationspflichten der
Kreditinstitute und Wertpapierdienstleistungsunternehmen
- Verfolgung/Bekämpfung von Insiderhandel und Marktmanipulation
- Hinterlegungsstelle für Wertpapierprospekte
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
35
Teil 2: Kapitalmarktrecht – C. Börsen in Deutschland
V. 2. Landesaufsicht
Börsenaufsichtsbehörde, z.B.
Hessisches Ministerium
für Wirtschaft, Verkehr
und Landesentwicklung
Oberste Landesbehörde
Aufgaben:
- Erteilung der Börsenerlaubnis gegenüber Börsenträger
- Erteilung des Einvernehmens bei der Wahl der Börsenorgane
- Überwachung des rechtmäßigen Handelns der Börsenorgane
- Erlass der Börsenverordnung
- Genehmigung der Börsenordnung
- Überwachung des Preisbildungsprozesses
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
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Teil 2: Kapitalmarktrecht – C. Börsen in Deutschland
V. 3. Anstaltsaufsicht
Handelsüberwachungsstelle
der Börse
Börsenorgan
Aufgaben:
- Systematische und lückenlose Erfassung und Auswertung der Daten über den
Handel und die Geschäftsabwicklung an den Börsen
- Untersuchung etwaiger Verstöße gegen börsenrechtliche Vorschriften oder
sonstige Missstände, die die ordnungsgemäße Durchführung des Börsenhandels
oder die Geschäftsabwicklung beeinträchtigen könnten
- Unverzügliche Unterrichtung der Geschäftsführung und der Börsenaufsicht bei
Verdacht eines Verstoßes gegen börsenrechtliche Vorschriften
- Kooperation mit anderen Aufsichtsbehörden
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
37
Teil 2: Kapitalmarktrecht
D. Handel am Kapitalmarkt
I.
Überblick
II.
Börsenmäßiger Handel
1.
2.
3.
4.
5.
Börsensegmente
Transparenzstandards
Handelsformen
Handelssystem XETRA
Nachhandelsphasen
Außerbörslicher Handel
III.
1.
2.
3.
Multilaterale Handelssysteme
Systematische Internalisierer
OTC-Handel
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
38
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
I. Überblick
Sek u ndärmarkt
Börsenmäßiger Handel
Außerbörslicher Handel
Handelsplattform wird von einer
Börse betrieben
Handelsplattform wird von einem
Wertpapierdienstleistungsunternehmen betrieben
⇨ Organisierter Markt mit festen
Handelszeiten und –regeln, z.B. Preisbildungs-, Transparenzregeln,
Beaufsichtigung durch Börsenorgane
⇨ nicht lokalisierter Markt; Handel per
Telefon oder Internet; keine festen
Handelszeiten; individuelle
Vertragsgestaltung
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
39
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
II. Börsenmäßiger Handel
Handel in
verschiedenen
Segmenten
Organisierter Markt
Börsensegmente
Transparenzniveau
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
Regulierter
Markt, §§ 32
ff. BörsG
Erfüllung der
gesetzlichen
TransparenzMindestpflichten
Erfüllung
besonderer
Transparenzpflichten
Freiverkehr,
§48 BörsG
keine gesetzlichen
Vorgaben, aber
i.d.R. Abstufungen
in AGB vorgesehen
40
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
II. 1. Börsensegmente
Regulierter Markt
⇨ Öffentlich-rechtliche Organisation
⇨ RGL: BörsO, BörsG, WpPG, WpHG
⇨ „Zulassung“ zum Handel = von GF
der Börse erlassener Verwaltungsakt
Freiverkehr
⇨ Privatrechtliche Organisation
⇨ RGL: AGB des Börsenträgers
⇨ „Einbeziehung“ in den Handel = Vertrag
zwischen Börsenträger und Antragsteller
Verbot der Doppelnotierung
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
41
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
II. 1. Börsensegmente – Regulierter Markt
Rechtsgrundlagen
• EU-regulierter Markt ⇨ Zulassungs- und Folgepflichten basieren auf europarechtlichen
Vorgaben; entsprechen EU-einheitlichen Anforderungen
• nationalrechtliche Reglung der Zugangs- und Folgepflichten u. a. im Börsengesetz,
Wertpapierprospektgesetz, Wertpapierhandelsgesetz
Rechtsnatur
• Öffentliche-rechtliche Organisation ⇨ „Zulassung“ von Wertpapieren oder Teilnehmern zum
Handel = Verwaltungsakt der Geschäftsführung der Börse
Regelungsniveau
• Höchstes Anforderungsniveau ⇨ Erfüllung EU-weit geltender Zugangs- und Folgepflichten
• Gesetzliche Ermächtigung (§ 42 BörsG) zur Regelung „besonderer“ Zugangs- und
Folgepflichten ⇨ Etablierung verschiedener Transparenzstandards
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
42
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
II. 1. Börsensegmente – Freiverkehr
Rechtsgrundlagen
• § 48 BörsG: Ermächtigung der Börse, den Betrieb eines Freiverkehrs durch den Börsenträger
(⇨ privatrechtliche Person!) zuzulassen
• Regelung der Zugangs- und Folgepflichten durch Allgemeine Geschäftsbedingungen des
Börsenträgers
Rechtsnatur
• Privatrechtliche Organisation ⇨ „Einbeziehung“ von Wertpapieren in den Handel = vertragliche Vereinbarung mit Börsenträger (vertreten durch Vorstand)
Regelungsniveau
• Geringere Anforderungen bzgl. zu erfüllender Zugangs- und Folgeplichten
• keine gesetzlichen Vorgaben bzgl. Etablierung verschiedener Transparenzstandards ⇨ i.d.R.
jedoch auch hier Regelung verschiedener Transparenzstandards in AGBs des Börsenträgers
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
43
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
II. 2. Transparenzstandards
Regulierter
Markt
„General
Standard“
⇩
Erfüllung des
gesetzlichen
Mindeststandards an
Transparenzpflichten
Freiverkehr
Handelssegmente an der
Frankfurter Wertpapierbörse
„Prime
Standard“
⇩
Erfüllung
erhöhter
Transparenzanforderungen
bei Zulassung
und
Folgepflichten
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
(„Open Market“)
„Quotation
Board“
⇩
Erfüllung der
allgemeinen
Einbeziehungsund
Folgepflichten
„Entry
Standard“
⇩
Erfüllung
besonderer
Einbeziehungsund
Folgepflichten
44
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
II. 2. Transparenzstandard – Regulierter Markt
General Standard
Prime Standard
= Teilbereich des börsenrechtlichen Segments „Regulierter Markt“ an der Frankfurter Wertpapierbörse
(kein eigenständiges börsenrechtliches Segment!)
- Geltung der gesetzlichen Transparenzanforderungen für den EU-regulierten Markt ⇨ Emittent, dessen
Wertpapiere zum Handel im General Standard zugelassen werden, muss „nur“ gesetzliches
Mindestmaß an Transparenz erfüllen:
- Veröffentlichung von Jahres- und Halbjahresfinanzberichten nach §§ 37 v, 37 w WpHG
- Veröffentlichung von Zwischenmitteilungen nach § 37 x WpHG
- Einhaltung der anlassbezogenen Publizitätspflichten des Wertpapierhandelsgesetzes
- primär für mittlere und große Unternehmen geeignet, die vornehmlich inländische Investoren
ansprechen wollen
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
45
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
II. 2. Transparenzstandard – Regulierter Markt
General Standard
Prime Standard
= Teilbereich des börsenrechtlichen Segments „Regulierter Markt“ an der Frankfurter Wertpapierbörse
(FWB) mit erhöhten Transparenzpflichten (ebenfalls kein eigenständiges börsenrechtliches Segment!)
- Geltung von über die gesetzlichen Anforderungen für den EU-regulierten Markt hinausgehender
Transparenzanforderungen ⇨ Emittent, dessen Wertpapiere zum Handel im Prime Standard
zugelassen werden, muss zusätzliche, von der Börse festgelegte Transparenzpflichten erfüllen, z.B.:
- Veröffentlichung von Quartalsfinanzberichten nach § 51 BörsO FWB
- Veröffentlichung eines Unternehmenskalender nach § 52 BörsO FWB
- Abhalten einer jährlichen Analystenveranstaltung nach § 53 BörsO FWB
- Voraussetzung für die Aufnahme in die Indizes DAX, M-DAX, S-DAX, Tec-DAX ⇨ primär für große
Unternehmen geeignet, sich auch gegenüber ausländischen Investoren positionieren wollen
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
46
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
II. 2. Transparenzstandard – Freiverkehr
Quotation Board
Entry Standard
= Teilbereich des börsenrechtlichen Segments „Freiverkehr“ an der Frankfurter Wertpapierbörse, das
von der Börsenträgerin Deutsche Börse AG (DBAG) betrieben wird
- Geltung der allgemeinen Einbeziehungs- und Folgeplichten nach §§ 10 ff. der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der DBAG :
- Einbeziehung auf Antrag eines zugelassenen Handelsteilnehmers ⇨ keine Vertragsbeziehung
zum Emittenten der einbezogenen Wertpapiere!
- antragstellender Handelsteilnehmer hat allgemeine Mitteilungspflichten zu erfüllen
- primär für kleine und mittelständige Unternehmen geeignet
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
47
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
II. 2. Transparenzstandard – Freiverkehr
Quotation Board
Entry Standard
= Teilbereich des börsenrechtlichen Segments „Freiverkehr“ an der Frankfurter Wertpapierbörse mit
erhöhten Transparenzpflichten, das von der DBAG privatrechtlich betrieben wird
- Geltung der besonderen Einbeziehungs- und Folgeplichten nach §§ 16 ff. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der DBAG , z.B.:
- Einbeziehung auf Antrag des Emittenten zusammen mit einem Handelsteilnehmer ⇨ vertragliche
Bindung des Emittenten zur Erfüllung von Publizitätspflichten
- Veröffentlichung von Jahres- und Halbjahresabschlüssen
- Veröffentlichung eines Unternehmenskurzportraits und Unternehmenskalenders
- Veröffentlichung von ad-hoc-ähnlichen Informationen in Bezug auf den Emittenten
- primär für junge wachstumsorientierte und etablierte mittelständische Unternehmen geeignet
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
48
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
II. 3. Handelsformen
Präsenz-/Parketthandel
• Geschäftsabschluss unter physischer Anwesenheit der Handelsteilnehmer im
Börsensaal
• Orderausführung und Preisfeststellung durch Skontroführer/Spezialisten
Elektronischer Handel
• Erteilung der Kauf- und Verkaufsorders über ein elektronisches System (z.B.
Xetra), das auch die Preisfeststellung ausführt ⇨ Entlokalisierung und
Entpersonalisierung des Handels
• Vorteile des vollelektronischen Systems sind v. a.: niedrigere Kosten, schnelle
Reaktionszeit, Anbindung ausländischer Handelsteilnehmer möglich ⇨
Ablösung des Parketthandels
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
49
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
II. 4. Handelssystem XETRA – Überblick
X
E
T
R
A
= vollelektronisches Handelssystem am Kassamarkt der FWB seit November 1997
- heute handeln über XETRA über 260 europäische Banken und Wertpapierdienstleister ca.
600.000 an der FWB notierte Wertpapiere
- Eingabe der Kauf- und Verkaufsorders der an XETRA angebundenen Händler weltweit
möglich ⇨ Orders werden im elektronischen Orderbuch gegenübergestellt und – wenn
Stückzahl und Preis übereinstimmen – automatisch ausgeführt
- Verarbeitung von bis zu über 2,1 Mio. Trades pro Börsentag
- Handel über XETRA börsentäglich von 9.00 bis 17.30 Uhr bzw. 8.00 bis 20.00 Uhr
- Ausführung der Orders in unterschiedlichen Handelsmodellen (Fortlaufender Handel, Auktion)
- Zustandekommen der Börsengeschäfte i.d.R. unter Einschaltung eines „zentralen Kontrahenten“
(z.B. Eurex Clearing AG)
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
50
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
II. 4. Handelssystem XETRA – Ordertypen
 Eingabe verschiedener Ordertypen zugelassen, vgl. § 73 BörsO FWB:
Ordertypen
• Market-Order = unlimitierte Kauf-/Verkaufsorder ⇨ keine Angabe eines
Preislimits; Ausführung zum nächsten vom System ermittelten Preis
• Limit-Order = limitierte Kauf-/Verkaufsorder ⇨ Angabe eines Preislimits, zu
dem (oder besser) Order ausgeführt werden soll
• Stop-Buy-(Loss-)Order = Kauf-(Verkaufs-)Order, die erst bei Überschreiten
(Unterschreiten) eines bestimmten Kurses ausgeführt werden soll
• Iceberg-Order = limitierte Kauf-/Verkaufsorder, bei der nur ein Teil („Peak“)
des tatsächlichen Ordervolumens im offenen Orderbuch ersichtlich ist
• Hidden-Order = unsichtbare Limit-Orders, die im Vergleich zum marktüblichen Geschäftsumfang ein großes Volumen aufweisen
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
51
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
II. 4. Handelssystem XETRA – Orderausführung
 Bedingte Orderausführung möglich, vgl. § 73 BörsO FWB:
Ausführungsbestimmungen
• Fill-or-Kill = sofortige Ausführung oder Löschung der Order
• Immediate-or-Cancel = sofortige und weitestgehend mögliche Ausführung der Order und Löschung
des unausgeführten Teils
Handelsbeschränkungen
• Auction-only = gültig nur für Auktionen
• Main-trading-phase-only = Ausführung der Orders nur in der Haupthandelsphase
Gültigkeitsbedingungen
• Good-for-Day = gültig für den jeweiligen Börsentag
• Good-till-Cancelled = gültig bis auf Widerruf, jedoch höchstens 360 Kalendertage ab Eingabe
• Good-till-Date = gültig bis Fristablauf
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
52
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
II. 4. Handelssystem XETRA – Preisermittlung
 Abhängig vom Handelsmodell, in welchem der Handel stattfindet:
Fortlaufender Handel
• Preise kommen durch das Zusammenführen („Matching“) von Orders zum jeweils besten im
Orderbuch angezeigten Kauf- oder Verkaufslimit zustande
• Orders mit gleichem Limit werden in der Reihenfolge ihrer Eingabe in das System ausgeführt („PreisZeit-Priorität“)
• Unlimitierte Orders werden vorranging ausgeführt
Fortlaufende Auktion (Spezialistenmodell)
• Überwachung der Preisbildung durch sog. Spezialisten ⇨ stellt bei Handelsbeginn in Abstimmung
mit Emittenten Preisspanne (Quote) für das von ihm betreute Wertpapier ins Orderbuch ein
• auf der Grundlage der bis zu einem bestimmten Zeitpunkt im Orderbuch befindlichen Orders wird
der Preis ermittelt, zu dem – innerhalb des Quotes des Spezialisten – das größte Ordervolumen bei
minimalem Überhang ausgeführt werden kann
• geeignet für Handel von Fonds, Unternehmensanleihen und Aktien kleinerer Unternehmen, die
Betreuung und Liquiditätsstellung durch Spezialisten benötigen
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
53
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
II. 5. Nachhandelsphasen
Handel
(Trading)
 Zulassung/Einbeziehung
von Wertpapieren
zum/in den Handel
 Zulassung von
Handelsteilnehmers
 Betrieb elektronischer
Orderbücher
 „Matchen“ von Orders
Verrechnung
(Clearing)
 Prüfung von
Handelsinformationen
(Vornahme des
Verpflichtungsgeschäfts)
 ggf. unter Einschaltung
eines zentrale
Kontrahenten („CCP“)
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
Abwicklung
(Settlement)
 Lieferung der Wertpapiere
gegen Bezahlung
(Abwicklung des
Verfügungsgeschäfts)
 ggf. Angebot von
Finanzierungsservices
Verwahrung
(Custody)
 Verwahrung der
Wertpapiere
 ggf. Übernahme weiterer
Dienstleistung, z.B. bzgl.
Steuern, bei Kapitalmaßnahmen
54
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
III. Außerbörslicher Handel – Überblick
 Transaktionen von Marktteilnehmern in geldwerten Titeln, die nicht über die Börse abgewickelt
werden, sondern z.B. über:
 Multilaterale Handelssysteme, Systematische Internalisierer, OTC-Trading
Nachteile
- geringe Kontrolle/Aufsicht
- geringe Markttransparenz
- volles Kontrahentenrisiko
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
- geringere Kosten
- hohe Flexibilität
Vorteile
55
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
III. 1. Multilaterale Handelssysteme
Wesen
• Handelssysteme, die ihre Kundeninteressen am Kauf oder Verkauf von geldwerten Titeln
auf privatrechtlicher Ebene zusammenführen
• System auch „MTF“ (⇨Multilateral Trading Facility) genannt
• Betrieb eines MTF stellt Wertpapierdienstleistung i.S.v. § 2 Abs. 3 Nr. 8 WpHG und
Finanzdienstleistung i.S.v. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1b KWG dar ⇨ erlaubnispflichtig gemäß
§ 32 KWG und Beaufsichtigung durch BaFin
Pflichten ⇨ §§ 31 f-h WpHG
• Betreiber eines MTF muss „börsenähnliche“ Regelungen über den Zugang seiner
Handelsteilnehmer sowie Einbeziehungs- und Handelsregeln festlegen
• Betreiber muss Kontrollverfahren zur Vermeidung des Insiderhandels und der
Marktmanipulation errichten ⇨Unterrichtungspflicht ggü. BaFin bei Verstößen
• Einhaltung der Vor-und Nachhandelstransparenzpflichten
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
56
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
III. 2. Systematische Internalisierer
Wesen
• Unternehmen, das häufig, regelmäßig und auf organisierte und systematische
Weise Eigenhandel außerhalb von Börsen und MTFs betreibt, § 2 Abs. 10 WpHG
• Eigenhandel (= Kauf/Verkauf von Wertpapieren für eigene Rechnung als
Dienstleistung für Dritten) muss wesentlicher Geschäftsbestandteil sein
• Internalisierung = Ausführung der Kundenorder gegen den Eigenbestand
Pflichten ⇨ §§ 32 ff. WpHG
• zahlreiche Transparenzpflichten, z.B. kontinuierliche Veröffentlichung
verbindlicher Quotes (Kauf- und Verkaufsangebote) für die von ihm angebotenen
Aktiengattungen
• Transparenzpflichten sollen Mindestmaß an Regulierung sicherstellen und
Wettbewerb mit anderen Handelsplätzen ermöglichen
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
57
Teil 2: Kapitalmarktrecht – D. Handel am Kapitalmarkt
III. 3. OTC-Handel
Wesen
• Begriff „OTC“ = Over the Counter
• außerbörslicher Auftragshandel außerhalb MTFs und systematischer
Internalisierung
• bilaterale Geschäfte, die in der Regel ad-hoc-artig und unregelmäßig
geschlossen werden, z.B. Telefonhandel zwischen Kreditinstituten
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
58
Teil 2: Kapitalmarktrecht
E. Zugang zum Kapitalmarkt
Zugang zum Primärmarkt
I.
1.
Wertpapieremission
2.
Einzelne Emissionsphasen
Zugang zum Sekundärmarkt
II.
1.
Zulassung von Wertpapieren
2.
Einbeziehung von Wertpapieren
3.
Zulassung von Teilnehmern
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
59
Teil 2: Kapitalmarktrecht – E. Zugang zum Kapitalmarkt
I. Zugang zum Primärmarkt – 1. Wertpapieremission

am Primärmarkt vollzieht sich die Emission von Wertpapieren
Begriff der Emission
• erste Ausgabe und Platzierung von Wertpapieren durch einen Wertpapieraussteller
(=Emittent) am Kapitalmarkt
• bei öffentlicher Platzierung ⇨ Vorliegen eines „IPO“ (=Initial Public Offering)
Zweck der Emission
• Aufnahme von Eigenkapital ⇨ Ausgabe von Aktien, mit denen eine Beteiligung am
Unternehmen und dessen Gewinn eingeräumt wird; Kapital wird unkündbar und zinsfrei zur
Verfügung gestellt
• Aufnahme von Fremdkapital ⇨ Ausgabe von Anleihen; Verzinsung und Rückzahlung nach
Ablauf der Laufzeit der Anleihe
Arten der Emission
• Selbstemission = Ausgabe der Wertpapiere durch Emittenten selbst ⇨ Abschluss des
Begebungsvertrages unmittelbar zwischen Emittenten und Anleger
• Fremdemission = Ausgabe der Wertpapiere durch Emissionsbank ⇨ Abschluss des
Begebungsvertrages zwischen Emittent und Emissionsbank
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
60
Teil 2: Kapitalmarktrecht – E. Zugang zum Kapitalmarkt
I. 1. Wertpapieremission
∘ Erhöhung der Fungibilität
der Aktien
∘ Erleichterte Kapitalaufnahme
∘ Steigerung des Bekanntheitgrades
Vorteile
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
Nachteile
∘ Kosten des Börsenganges
∘ Rechnungslegung
∘ Befolgung von (sonstigen)
Zulassungsfolgepflichten
∘ Einfluss-/Machtverlust
bisheriger Gesellschafter
61
Teil 2: Kapitalmarktrecht – E. Zugang zum Kapitalmarkt
I. 1. Wertpapieremission
Phasen einer Wertpapieremission im Überblick:
Emissionsbegleiter/
-konzept
ISIN /
Stammdaten
Prospekterstellung
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
Platzierung
Herstellung
der Handelbarkeit
Börsenzulassung
62
Teil 2: Kapitalmarktrecht – E. Zugang zum Kapitalmarkt
I. 2. Einzelne Emissionsphasen – (1)
Emissionsbegleiter/-konzept
• Auswahl von Emissionsbegleitern = Team aus IPO-Beratern, Emissions- und
Konsortialbanken, Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten, PR-Beratern
• Emissionsbegleiter unterstützen den Emittenten bei Erstellung des Emissionskonzepts
= Projektplan zur Durchführung des IPO, d.h. Festlegung der Inhalte, Struktur und
zeitlichen Abfolge der Emission
• wichtigster Wegbegleiter: Emissionsbank (u.a. Übernahme des Platzierungsrisikos)
• Wesentliche Inhalte des Emissionskonzepts sind:
• Zeitplan für die einzelnen Schritte der Emission,
• Festlegung des Emissionsvolumens, Auswahl der Zielgruppe, des Börsenplatzes und
Marktsegments, Entwicklung einer überzeugenden Equity Story
• Financial/Legal/Tax/Market Due Diligence
• Marketing und Roadshow
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
63
Teil 2: Kapitalmarktrecht – E. Zugang zum Kapitalmarkt
I. 2. Einzelne Emissionsphasen – (2)
ISIN / Stammdaten
• ISIN = International Securities Identification Number ⇨ international
gültige Kennnummer zur eindeutigen Identifizierung eines Wertpapiers
• besteht aus einer 12-stelligen Buchstaben-Zahlen-Kombination
• Vergabe durch nationale Organisationen; zuständige Stelle in Deutschland
ist die Wertpapier-Mitteilungen Keppler, Lehmann GmbH & Co.KG (WM)
• WM = Vergabestelle der Kennziffern und Verwaltung der Wertpapierstammdaten in Form eines öffentlich zugänglichen Wertpapier-Registers
• Wertpapierstammdaten = im Rahmen der Kennziffervergabe erhobenen
Daten, die das Wertpapier näher kennzeichnen, z.B. Emittent, Gattung,
Währung, Herkunftsland, handelsmäßiger Börsenplatz
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
64
Teil 2: Kapitalmarktrecht – E. Zugang zum Kapitalmarkt
I. 2. Einzelne Emissionsphasen – (3)
Prospekterstellung
• Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts für Wertpapiere, die im Inland
öffentlich angeboten werden, vgl. § 3 WpPG
• Prospekt = Informations- und Haftungsdokument
• Inhalt gesetzlich geregelt (§§ 5 ff. WpPG); Mindestangaben sind z.B.:
• Angaben zum Angebot, z.B. Gründe für Angebot, Verwendung des
Emissionserlöses, Kosten der Emission
• Angaben zum Wertpapier, z.B. Stückelung, Dividende
• Angaben zum Emittenten, z.B. Beschreibung der Geschäftstätigkeit, des
regulatorischen Umfelds und der finanziellen Situation (Kapitalausstattung,
Verschuldung, Fremdfinanzierungsbedarf)
• Einreichung des Prospekts bei der BaFin zur Billigung, vgl. § 13 WpPG
• Hinterlegung und Veröffentlichung des gebilligten Prospekts, vgl. § 14 WpPG
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
65
Teil 2: Kapitalmarktrecht – E. Zugang zum Kapitalmarkt
I. 2. Einzelne Emissionsphasen – (4)
Platzierung
• Öffentliche Platzierung = Erstellung und Durchführung eines öffentlichen
Verkaufsangebots, d.h. Wertpapiere werden der Öffentlichkeit erstmals zum
Kauf angeboten
• Privatplatzierung ⇨ Angebot der Wertpapiere nur ggü. einem begrenzten Kreis
von Investoren, keine öffentliche Vermarktung
• Abschluss des Übernahmevertrages zwischen Emittent und Emissionsbank vor
Beginn des eigentlichen Platzierungsverfahrens
• Beginn der Platzierung mit Festlegung des Emissionspreises nach
• dem Festpreisverfahren (⇨ Vorgabe eines fixen Preises),
• dem Tender- oder Auktionsverfahren (⇨ Vorgabe eines Mindestpreises) oder
• dem Bookbuilding-Verfahren (⇨ Vorgabe einer Preisspanne)
• Zuteilung der Wertpapiere an die Investoren nach Ablauf der Zeichnungsfrist
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
66
Teil 2: Kapitalmarktrecht – E. Zugang zum Kapitalmarkt
I. 2. Einzelne Emissionsphasen – (5)
Herstellung der Handelbarkeit
• Zulassung der Wertpapiere zum Börsenhandel erfordert, dass Wertpapiere fungibel
und damit handelbar/übertragbar sind ⇨ „freie Handelbarkeit“
• Herstellung der freien Handelbarkeit erfolgt durch Verbriefung der Wertpapiere
und Hinterlegung der Urkunde bei einer zentralen Verwahrstelle
(=Wertpapiersammelbank)
• Verbriefung möglich in Einzelurkunden (=effektive Stücke) oder in Globalurkunde
(=einziges, zentral verwahrtes Wertpapier, das gesamte Emission verbrieft)
• Verwahrung von Wertpapieren durch Depotgesetz reguliert
• Depotgesetz unterscheidet 3 Verwahrarten:
• Sonder- bzw. Streifbandverwahrung
• Girosammelverwahrung
• Gutschrift in Wertpapierrechnung
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
67
Teil 2: Kapitalmarktrecht – E. Zugang zum Kapitalmarkt
I. 2. Einzelne Emissionsphasen – (6)
Börsenzulassung
• Wertpapiere, die im regulierten Markt einer Börse gehandelt werden
sollen, bedürfen der Zulassung (§ 32 Abs. 1 BörsG)
• Zulassung = öffentlich-rechtliche Erlaubnis (Verwaltungsakt) der
Börsengeschäftsführung zum Handel
• Zulassung ist vom Emittenten zusammen mit Kreditinstitut (i.d.R.
Emissionsbank) zu beantragen, vgl. § 32 Abs. 2 BörsG
• Regelung der Zulassungsvoraussetzungen in § 32 Abs. 3 BörsG und §§ 1
bis 12 BörsZulVO (vgl. Slide 70)
• erst nach Zulassung erfolgt Aufnahme des Handels (=Notierungsaufnahme
⇨ eigenständiger Verwaltungsakt der Geschäftsführung, der gesondert
beantragt werden muss)
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
68
Teil 2: Kapitalmarktrecht – E. Zugang zum Kapitalmarkt
II. Zugang zum Sekundärmarkt
Sekundärmarkt
Wertpapiere
Zulassung zum
Handel im
regulierten Markt
Einbeziehung in den
Handel im
Freiverkehr
Personen
Zulassung zum
Besuch der Börse
Zulassung zum
Handel an der Börse
Unternehmen
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
Börsenhändler
69
Teil 2: Kapitalmarktrecht – E. Zugang zum Kapitalmarkt
II. 1. Zulassung von Wertpapieren
Rechtsgrundlage
• § 32 Börsengesetz (BörsG)
• §§ 1-12 Börsenzulassungsverordnung (BörsZulVO)
• Börsenordnung (BörsO)
Zulassungsvoraussetzungen
•
•
•
•
•
•
•
gebilligter Wertpapierprospekt, § 32 Abs. 3 Nr. 2 BörsG
Mindestbetrag und Mindeststückzahl der Wertpapiere, § 2 BörsZulVO
mindestens 3-jähriges Bestehen des Unternehmens des Emittenten, § 3 BörsZulVO
Rechtsgrundlage der Wertpapiere, § 4 BörsZulVO
Handelbarkeit der Wertpapiere, § 5 BörsZulVO
Zulassung aller Wertpapiere einer Gattung, § 7 BörsZulVO
mindestens 25%ige Streuung der Aktien, § 8 BörsZulVO
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
70
Teil 2: Kapitalmarktrecht – E. Zugang zum Kapitalmarkt
II. 2. Einbeziehung von Wertpapiere
Rechtsgrundlage
• § 48 Abs. 1 Satz 2 BörsG
• Allgemeine Geschäftsbedingungen des Börsenträgers für den Freiverkehr an der jeweiligen Börse, z.B. AGB
der Deutsche Börse AG für den Freiverkehr an der Frankfurter Wertpapierbörse
Allgemeine Einbeziehungsvoraussetzungen im Freiverkehr der FWB, § 8 AGB FWB
• Keine Zulassung zum Handel im regulierten Markt ⇨ Verbot der doppelten Preisfeststellung
• Wertpapier rechtswirksam entstanden
• Freie Handelbarkeit
Besondere Einbeziehungsvoraussetzungen im Entry Standard der FWB, § 17 AGB FWB
• Prospektpflichtiges öffentliches Angebot
• mindestens 2-jähriges Bestehen des Unternehmens des Emittenten
• Mindestgrundkapital und Mindestnennwert
• mindestens 10%ige Streuung der Aktien
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
71
Teil 2: Kapitalmarktrecht – E. Zugang zum Kapitalmarkt
II. 3. Zulassung von Personen zum Börsenbesuch
Rechtsgrundlage
• § 19 Abs. 3 BörsG i. V. m. Börsenordnung, z.B. § 17 BörsO FWB
Voraussetzungen
• Besucher war zugelassener Börsenhändler in Stellung eines
Geschäftsinhabers, Vorstandsmitglieds oder Prokuristen
• Besucher ist Berichterstatter/Angestellter der
Wirtschaftspresse, des Fernsehen oder Rundfunks
• Besucher hat berechtigtes Interesse am Besuch der Börse
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
72
Teil 2: Kapitalmarktrecht – E. Zugang zum Kapitalmarkt
II. 4. Zulassung von Personen zum Börsenhandel
Gemäß § 19 Abs. 2 BörsG wird zum Börsenhandel zugelassen, wer
gewerbsmäßig bei börsenmäßig handelbaren Gegenständen
• die Anschaffung/Veräußerung auf eigene Rechnung betreibt,
• die Anschaffung/Veräußerung im eigenen Namen für fremde Rechnung betreibt oder
• die Vermittlung von Verträgen über die Anschaffung/Veräußerung übernimmt.
Zulassung von Unternehmen, § 19 Abs. 4 BörsG
• Zuverlässigkeit und Eignung der Unternehmensleiter
• Gewährleistung der ordnungsgemäßen Abwicklung der Börsengeschäfte
• Kreditinstitut oder Nachweis eines Eigenkapital von mind. 50.000 EUR und Ausschluss von Zweifeln
an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit
Zulassung von Börsenhändlern, § 19 Abs. 5 f. BörsG
• persönliche Zuverlässigkeit
• berufliche Eignung
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
73
Teil 2: Kapitalmarktrecht
F. Pflichten am Kapitalmarkt
Zugangsfolgepflichten
I.
1.
Pflicht zur Regelpublizität
2.
Pflicht zur Anlasspublizität
3.
Pflicht zur Beteiligungspublizität
4.
Sonstige Pflichten
Verbote
II.
1.
Verbot von Insiderhandel
2.
Verbot der Marktmanipulation
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
74
Teil 2: Kapitalmarktrecht – F. Pflichten am Kapitalmarkt
I. 1. Pflicht zur Regelpublizität
Regelpublizität
= periodisch wiederkehrende Publizitätspflichten
§ 37 v WpHG
Jahresfinanzbericht
§ 37 v WpHG
Zweck:
Zweck:
Information der
Öffentlichkeit über den
Geschäftsverlauf
während des letzten
Geschäftsjahres
Unterjährige
Information über den
Geschäftsverlauf
während des Jahres
(„Aktualisierungsfunktion“)
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
Halbjahresfinanzbericht
§ 37 x WpHG
Quartalsfinanzbericht
bzw.
Zwischenmitteilung
Zweck:
Zwischeninformation
über den
Geschäftsverlauf
während des Halbjahres
75
Teil 2: Kapitalmarktrecht – F. Pflichten am Kapitalmarkt
I. 1. Pflicht zur Regelpublizität - Jahresfinanzbericht
Mindestinhalt, § 37v Abs. 2 WpHG
• Jahresabschluss nach dem Recht des Sitzstaates
• Lagebericht
• Erklärung der gesetzlichen Vertreter („Bilanzeid“)
• Bestätigungsvermerk des Wirtschaftsprüfers
• Ggf. Konzernabschluss und –lagebericht gemäß § 37y WpHG
Zeitpunkt der Veröffentlichung
• 4 Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres (§ 37v Abs. 1 Satz 1 WpHG)
Sanktionierung der Pflichtverletzung
• nicht rechtzeitige oder gänzlich unterlassene Veröffentlichung wird mit einem Bußgeld bis zu 200.000 EUR
geahndet, § 39 Abs. 3 Nr. 12, Abs. 4 WpHG; ebenso die unrichtige, unvollständige, nicht rechtzeitige oder
unterlassene Übermittlung an die BaFin, § 39 Abs. 2 Nr. 2 lit. n, Abs. 4 WpHG
• nicht rechtzeitige oder unterlassene Übermittelung ans Unternehmensregister wird mit einem Bußgeld bis
zu 50.000 EUR geahndet, § 39 Abs. 2 Nr. 24, Abs. 4 WpHG
• falsche Abgabe des Bilanzeids wird nach § 331 Nr. 3a HGB mit einer Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit
Geldstrafe geahndet
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
76
Teil 2: Kapitalmarktrecht – F. Pflichten am Kapitalmarkt
I. 1. Pflicht zur Regelpublizität - Halbjahresfinanzbericht
Inhalt, § 37w Abs. 2 WpHG
• Verkürzter Abschluss (verkürzte Bilanz, verkürzte GuV, Anhang)
• Zwischenlagebericht (wichtige Ereignisse im Halbjahr, Chancen und Risiken für Folgehalbjahr)
• Erklärung der gesetzlichen Vertreter („Bilanzeid“)
Zeitpunkt der Veröffentlichung
• 2 Monate nach Ende des Berichtszeitraums (§ 37w Abs. 1 Satz 1 WpHG)
Sanktionierung der Pflichtverletzung
• nicht rechtzeitige oder gänzlich unterlassene Veröffentlichung wird mit einem Bußgeld bis zu 200.000 EUR
geahndet, § 39 Abs. 3 Nr. 12, Abs. 4 WpHG; ebenso die unrichtige, unvollständige, nicht rechtzeitige oder
unterlassene Übermittlung an die BaFin, § 39 Abs. 2 Nr. 2 lit. o, Abs. 4 WpHG
• nicht rechtzeitige oder unterlassene Übermittelung ans Unternehmensregister wird mit einem Bußgeld bis
zu 50.000 EUR geahndet, § 39 Abs. 2 Nr. 24, Abs. 4 WpHG
• falsche Abgabe des Bilanzeids wird nach § 331 Nr. 3a HGB mit einer Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit
Geldstrafe geahndet
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
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Teil 2: Kapitalmarktrecht – F. Pflichten am Kapitalmarkt
I. 1. Pflicht zur Regelpublizität - Zwischenmitteilung
Inhalt, § 37x Abs. 2 WpHG
• Wesentliche Ereignisse und Geschäfte im Mitteilungszeitraum sowie ihre Auswirkungen auf die
Finanzlage des Emittenten + Beschreibung der Finanzlage und Geschäftsergebnisses im
Mitteilungszeitraum
• anstelle einer Zwischenmitteilung kann auch ein Quartalfinanzbericht gemäß § 37x Abs. 3 WpHG
veröffentlicht werden
Zeitpunkt der Veröffentlichung
• 10 Wochen nach Beginn und 6 Wochen vor Ende einer Jahreshälfte (§ 37x Abs. 1 Satz 1 WpHG)
Unterlassen der Veröffentlichung
• nicht rechtzeitige oder gänzlich unterlassene Veröffentlichung wird mit einem Bußgeld bis zu 200.000 EUR
geahndet, § 39 Abs. 3 Nr. 12, Abs. 4 WpHG; ebenso die unrichtige, unvollständige, nicht rechtzeitige oder
unterlassene Übermittlung an die BaFin, § 39 Abs. 2 Nr. 2 lit. p, Abs. 4 WpHG
• nicht rechtzeitige oder unterlassene Übermittelung ans Unternehmensregister wird mit einem Bußgeld bis zu
50.000 EUR geahndet, § 39 Abs. 2 Nr. 24, Abs. 4 WpHG
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
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Teil 2: Kapitalmarktrecht – F. Pflichten am Kapitalmarkt
I. 2. Pflicht zur Anlasspublizität
Anlasspublizität = anlassbezogene Publizität
§ 15 WpHG
§ 15a WpHG
Ad-hocPublizität
Director‘s
Dealings
Veröffentlichung von
Insiderinformationen
Zweck: Ausgleich von
Informationsunterschieden,
Vermeidung der Bildung von
unangemessenen
Börsenpreisen
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Schutz der
Funktionsfähigkeit des
Kapitalmarktes
Offenlegung der Geschäfte der
Führungskräfte des
Emittenten in Aktien und
Derivaten des Emittenten
Zweck: Markttransparenz,
informierte
Anlageentscheidung,
Anlegergleichbehandlung
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Teil 2: Kapitalmarktrecht – F. Pflichten am Kapitalmarkt
I. 2. Pflicht zur Anlasspublizität – Ac-hoc-Publizität
Normadressat
• Inlandsemittent i.S.v. § 2 Abs. 7 i.V.m. Abs. 6 WpHG
Insiderinformation
• Definition in § 13 WpHG: konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände in Bezug auf den
Emittenten oder das Insiderpapier, die geeignet sind, den Börsenpreis der Insiderpapiere erheblich zu
beeinflussen
• Beispiele: Veränderung der Kerngeschäftsfelder des Emittenten, wesentliche Strukturmaßnahmen
(Umwandlung, Verschmelzung, Abspaltung), Kapitalmaßnahmen, Übernahmeangebote, Beherrschungs/Gewinnabführungsverträge, bevorstehende Zahlungseinstellung/Überschuldung, Überraschende Wechsel
in Schlüsselpositionen
Verfahren der Offenlegung
• unverzügliche Veröffentlichung nach Kenntniserlangung der Umstände
• unmittelbar vor Veröffentlichung: Mitteilung ggü. BaFin und Börsengeschäftsführung
• nach Veröffentlichung: Übermittlung der Informationen ans Unternehmensregister
• unrichtige, unvollständige, verspätete oder unterlassene Mitteilung bzw. Veröffentlichung ⇨ Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 2 Nr. 2c bzw. Nr. 5a WpHG
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Teil 2: Kapitalmarktrecht – F. Pflichten am Kapitalmarkt
I. 2. Pflicht zur Anlasspublizität – Director‘s Dealings
Normadressat
• Personen, die bei einem Emittenten von Aktien Führungsaufgaben wahrnehmen ⇨ Definition in § 15a Abs. 2
WpHG
• Personen in enger Beziehung zu den Personen mit Führungsaufgaben ⇨ Definition in § 15a Abs. 3 WpHG
Mitteilungspflichtige Geschäfte
• Eigene Geschäfte mit Aktien des Emittenten oder darauf basierenden Finanzinstrumenten, z.B. Derivate
• Bagatellgrenze: 5.000 EUR pro Kalenderjahr, vgl. § 15a Abs. 1 Satz 5 WpHG
Verfahren der Offenlegung
• Mitteilung gegenüber Emittenten und BaFin innerhalb von 5 Werktagen
• Emittent muss Information unverzüglich veröffentlichen und Veröffentlichung der BaFin mitteilen
• nach Veröffentlichung muss der Emittenten die Information ans Unternehmensregister übermitteln
• unrichtige, unvollständige, verspätete oder unterlassene Mitteilung bzw. Veröffentlichung ⇨ Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 2 Nr. 2d bzw. Nr. 5b WpHG
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Teil 2: Kapitalmarktrecht – F. Pflichten am Kapitalmarkt
I. 3. Pflicht zur Beteiligungspublizität
Beteiligungspublizität
= Offenlegung der Anteilsbeteiligung am Emittenten
Mitteilungspflicht
des Anlegers
• § 21 Abs. 1 WpHG:
Mitteilung des
Stimmrechtsanteils
• §§ 25, 25a WpHG:
Mitteilung des
Haltens von
Finanzinstrumenten
• § 27a WpHG:
Mitteilung von
Erwerbszielen und
Mittelherkunft
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Veröffentlichungspflicht des
Emittenten
• § 26 WpHG:
Veröffentlichung der
Informationen nach §§
21, 25, 25a WpHG
• § 26a WpHG:
Veröffentlichung der
Gesamtzahl der
Stimmrechte
• § 27a Abs. 2 WpHG:
Veröffentlichung der
Informationen nach §
27a Abs. 1 WpHG
Exkurs: Aktienrechtliche
Beteiligungspublizität
• § 20 Abs. 1 AktG:
Verpflichtung von an
einer AG beteiligten
Unternehmen(!) zur
Mitteilung ihrer
Beteiligung ggü. der
AG
• § 20 Abs. 6: Pflicht
der AG zur Bekanntmachung der
Mitteilung
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Teil 2: Kapitalmarktrecht – F. Pflichten am Kapitalmarkt
I. 4. Sonstige Pflichten
Sonstige Publizitätspflichten, §§ 30b ff. WpHG
• Veröffentlichung der Einberufung der Hauptversammlung, § 30b Abs. 1 Nr. 1 WpHG
• Veröffentlichung der Mitteilung über die Ausschüttung von Dividenden, Ausgabe neuer
Aktien, § 30b Abs. 1 Nr. 2 WpHG
• Veröffentlichung beabsichtigter Satzungsänderung, § 30c WpHG
• Veröffentlichung von Änderungen der mit den zugelassenen Wertpapieren verbundenen
Rechte, § 30e Abs. 1 Nr. 1 WpHG
Pflichten gegenüber Wertpapierinhabern, § 30a WpHG
•
•
•
•
Gleichbehandlung aller Wertpapierinhaber
Sicherstellung des Informationszugangs der Wertpapierinhaber
Schutz der Daten der Wertpapierinhaber
Zurverfügungstellung einer Zahlstelle im Inland
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Teil 2: Kapitalmarktrecht – F. Pflichten am Kapitalmarkt
II. 1. Verbot von Insidergeschäften
Verbotstatbestände, § 14 Abs. 1 WpHG
• Erwerb/Veräußerung unter Verwendung einer Insiderinformation (Nr. 1) ⇨ Mitursächlichkeit der Kenntnis
Kauf-/Verkaufsentscheidung erforderlich
• Mitteilung/Zugänglichmachung von Insiderinformationen (Nr. 2) ⇨ unmittelbare oder mittelbare
Weiterleitung der Information
• Verleitung eines Dritten zum Erwerb/Veräußerung aufgrund von Insiderinformationen (Nr. 3) ⇨ Willensbeeinflussung des Dritten ausreichend
Ausnahmetatbestand, § 14 Abs. 2 WpHG
• Handel mit eigenen Aktien im Rahmen von Rückkaufangeboten und Kursstabilisierungsmaßnahmen
Sanktionierung
• Verstöße stellen grundsätzlich eine Straftat dar ⇨ Sanktionierung gemäß § 38 Abs. 1 WpHG mit einer
Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe
• ggf. Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 2 Nr. 3 bzw. 4 WpHG, wenn Täter nicht zu einem in § 38 Abs. 1 Nr. 2
WpHG genannten Personenkreis gehört ⇨ Ahndung mit einer Geldbuße bis zu 200.000 EUR gemäß § 39
Abs. 4 WpHG
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Teil 2: Kapitalmarktrecht – F. Pflichten am Kapitalmarkt
II. 2. Verbot der Markmanipulation
Verbotstatbestände, § 20a Abs. 1 WpHG
• Informationsgestützte Manipulation (Nr. 1) ⇨ Fehlinformation über bewertungserhebliche Umstände /
Verschweigen von zur Preiseinwirkung geeigneten Umständen
• Handelsgestützte Manipulation (Nr. 2) ⇨ Durchführung von Geschäften / Erteilung von Aufträgen mit
Eignung zur Kursbeeinflussung
• Sonstige Täuschungshandlungen (Nr. 3) ⇨ Eignung zur Kursbeeinflussung erforderlich, z.B. „Scalping“-Fälle
Ausnahmetatbestände, § 20 Abs. 2 und 3 WpHG
• Zulässig Marktpraxis ⇨ von BaFin anerkannte Gepflogenheiten
• Handel mit eigenen Aktien im Rahmen von Rückkaufangeboten und Kursstabilisierungsmaßnahmen
Sanktionierung
• Verstöße stellen bei vorsätzlicher Begehung gemäß § 38 Abs. 2 WpHG eine Straftat dar ⇨ Sanktionierung
mit einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe
• bei leichtfertiger Tatbegehung ⇨ Ordnungswidrigkeit nach § 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG, die mit einer Geldbuße
bis zu 1 Mio. EUR belegt werden kann, § 39 Abs. 4 WpHG
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Teil 2: Kapitalmarktrecht
G. Austritt vom Kapitalmarkt
I.
II.
Auf Veranlassung der
Börse
Auf Veranlassung des
Emittenten
Delisting
auf
Veranlassung
der Börse
Widerruf der
Zulassung von
Amts wegen
(Regulierter Markt)
gänzlich
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partiell
Kündigung der
Einbeziehung
(Freiverkehr)
auf
Veranlassung
des Emittenten
Antrag auf
Widerruf der
Zulassung (Reg.
Markt)
gänzlich
Kündigung der
Einbeziehung
(Freiverkehr)
partiell
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Teil 2: Kapitalmarktrecht – G. Austritt vom Kapitalmarkt
I. Auf Veranlassung der Börse
Regulierter Markt ⇨ Widerruf der Zulassung
• Widerruf der Zulassung = Verwaltungsakt der Börsengeschäftsführung ⇨ Rechtsgrundlage für Widerruf: §§ 48, 49 VwVfG, spezialgesetzlich § 39 Abs. 1 BörsG
• Widerruf nach § 39 Abs. 1 BörsG setzt voraus, dass ordnungsgemäßer Börsenhandel auf
Dauer nicht mehr gewährleistet ist (z.B. in Fällen von „Squeeze-out“) oder der Emittent
seine Pflichten aus der Zulassung nicht erfüllt
• Widerruf kann gänzlichen Ausschluss vom Börsenhandel oder nur Ausschluss aus
höherem Segment zur Folge haben (z.B. Widerruf der Zulassung zum Handel im Prime
Standard lässt Zulassung zum Handel im General Standard unberührt)
Freiverkehr ⇨ Kündigung der Einbeziehung
• Kündigung der Einbeziehung seitens des Börsenträgers gemäß Vorgaben seiner AGB
• Eintritt der Kündigungsfolgen (z.B. Handelseinstellung) regelmäßig nach Ablauf einer
bestimmten Frist, z.B. 6 Wochen gemäß §§ 14 Abs. 1, 23 Abs. 1 AGB DBAG
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Teil 2: Kapitalmarktrecht – G. Austritt vom Kapitalmarkt
II. Auf Veranlassung des Emittenten
Regulierter Markt ⇨ Antrag auf Widerruf der Zulassung
• Antrag auf Widerruf der Zulassung nach § 39 Abs. 2 BörsG i.V.m. Börsenordnung
• Widerruf darf Schutz der Anleger nicht widersprechen ⇨ Eintritt der
Widerrufsfolgen erst nach Ablauf bestimmter Fristen, um Anlegern die Möglichkeit
zur Verwertung ihrer Wertpapiere einzuräumen
• Antrag kann auf gänzlichen Widerruf der Zulassung oder nur auf Widerruf der
Zulassung zum höheren Segment (z.B. Prime Standard) gerichtet sein
Freiverkehr ⇨ Kündigung der Einbeziehung
• Kündigung der Einbeziehung gemäß Vorgaben der jeweiligen AGB
• Eintritt der Kündigungsfolgen (z.B. Handelseinstellung) regelmäßig nach Ablauf
einer bestimmten Frist, z.B. 6 Wochen gemäß §§ 14 Abs. 1, 23 Abs. 1 AGB DBAG
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ENDE – TEIL 2
©2012, Dr. Erika Siegle-Hartwig
Lehrbeauftragte der TU-Dresden
Rechtsanwältin und Justitiarin in Frankfurt am Main
© Dr. Erika Siegle-Hartwig; TU-Dresden, WS 2012/2013
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