Fachforum der Deutschen Gesellschaft für Public Health e.V. auf dem Kongress Armut und Gesundheit 16. und 17. März 2017 Maike Voß und Prof. Ansgar Gerhardus [email protected] Fachforen der DGPH E-Mental-Health: Chancen und Risiken medialen Bewältigungshandelns und neuer Versorgungsformen bei psychischen Störungen Moderation: Christoph Dockweiler & Christoph Karlheim (109, Donnerstag 11:30) Forschendes Lernen in Public Health-Studiengängen Moderation: Ansgar Gerhardus & Maike Voss (57, Donnerstag 16:15) Komplexe Interventionen bei gesundheitlichen Ungleichheiten: Das Beispiel Umweltgerechtigkeit/umweltbezogene Gerechtigkeit auf gesamtstädtischer Ebene Moderation: Gabriele Bolte & Heike Köckler (80, Freitag 9:00) Arbeit und Gesundheit gemeinsam gestalten Moderation: Burkhard Gusy & Uwe Rose (27, Freitag 11:00) Selbsthilfegruppen bei chronischen Erkrankungen Moderation: Christopher Kofahl & Marie-Luise Dierks (117, Freitag 13:45) 12.06.2017 Die Deutsche Gesellschaft für Public Health e.V. (DGPH) • gegründet 1997; fungiert als Dachgesellschaft von Institutionen, Organisationen und Fachgesellschaften im Bereich Public Health • Ziel: Public Health stärken und in nationaler sowie internationaler Öffentlichkeit sichtbarer machen • Verantwortung für Lehre, Forschung und Praxis im Bereich von Public Health/Gesundheitswissenschaften. • bislang sind 48 Einrichtungen (Fachgesellschaften, Berufsverbände, Forschungseinrichtungen, Studiengänge) Mitglied in der Dachgesellschaft • ab sofort ist auch die Aufnahme von Einzelmitgliedern möglich • sowohl Studierende verschiedener Studiengänge als auch andere Einzelpersonen können Mitglied werden Mitgliedschaft in der DGPH Möglichkeiten als Mitglied, u.a. • Mitarbeit in den Fachbereichen/Aufbau neuer Fachbereiche • Mitarbeit an Stellungnahmen • Regelmäßige Informationen zu offenen Stellen, Kongressen, Workshops, etc. • Vergünstigte Teilnahme am Kongress der European Public Health Association • Kostenloses E-Abo des European Journal of Public Health Mitgliedschaft in der DGPH • • Jahresbeiträge • für Studierende (Nachweis erforderlich): 24 Euro • für individuelle Mitglieder: 80 Euro • für Institutionen: 100 Euro Aufnahmeantrag • auf dem DGPH-Flyer • am Stand der DGPH auf dem Markt der Möglichkeiten • oder auf der Homepage unter www.deutsche-gesellschaft-public-health.de Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem Flyer Veranstaltungshinweis „Netzwerktreffen Public Health Studierende“ heute Abend: Zeit: 18.00 bis 19.30 Uhr • Ort: Raum R 2038, Hauptgebäude der TU Berlin • Tagesordnung: • Die DGPH stellt sich vor • Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. (bvmd) stellt sich vor als Beispiel für eine Studierendenorganisation auf Bundesebene • Brainstorming zur Organisation des Studierenden-Fachbereichs, Interessen zur Mitarbeit etc. Hinweis: Sofern Sie Interesse haben, aber nicht teilnehmen können, schicken Sie eine Email an [email protected] Agenda • Einstieg in das Konzept des Forschendes Lernens • Forschendes Lernen: Umsetzung anhand eines studentischen Forschungsprojekts „Neue Konzepte der Hebammenversorgung“ – Universität Bremen • „In Echtzeit an und mit gesundheitspädagogischer Forschung Lernen“ – Pädagogische Hochschule Freiburg • „Umsetzung und Visionen forschenden Lernens im Stadtteillabor Bochum“– Hochschule für Gesundheit Bochum • Diskussion und Abschluss Forschendes Lernen in Public Health Studiengängen Fachforum der Deutschen Gesellschaft für Public Health e.V. Kongress Armut und Gesundheit – Gesundheit solidarisch gestalten – 16.‐17.03.2017 Maike Voß – Universität Bremen 8 Komplexe Herausforderungen im Gesundheitswesen brauchen eine darauf ausgerichtete Lehre 9 Public Health Lehre – Was ist dafür notwendig? • Integration von verschiedenen Einzeldisziplinen • Integration von Theorien, Methoden, Fachinhalte und ihrer Anwendung • Kompetenzorientierung in der Lehre • Weiterentwickelte Lehr/Lernkonzepte im Studium, z.B. problemorientiertes‐ und Forschendes Lernen vgl. Gerhardus et al. (2016) 10 Forschendes Lernen – der Forschungsprozess Fragen/ Hypothesen Ich reflektiere/ überdenke/ evaluiere … Ich diskutiere/ erkläre/ teile … Reflektion Diskussion Ich frage/ bemerke … Wahl und Ausführung der Methoden Ich plane/ lese/ suche/ wende an … Darstellung der Ergebnisse Ich kreiere/ gestalte … Eigene Darstellung nach Huber, 2009 11 Forschendes Lernen – Anspruch und Nutzen (fach) didaktischer Anspruch: • Verknüpfung von Lehre, Forschung und ggf. Praxis • Befähigung zum selbstverantwortlichem Lernen • Anknüpfung an bestehendes Wissen und intrinsische Motivation Individueller und gesellschaftlicher Nutzen • Befähigung zur Gestaltung eines effektiven, effizienten und gerechten Versorgungssystems • Fach‐ und Methodenkompetenz • Selbst‐ und Sozialkompetenz • wissenschaftliche Handlungskompetenz • Employability & Social Citizenship vgl. FH Münster (2015) 12 Forschendes Lernen – Einbettung Universität als Bildungseinrichtung Studienprogramme Semesterübergreifende Veranstaltungen Module Lehrveranstaltung Fragen/ Hypothesen Reflektion Diskussion Wahl und Ausführung der Methoden Darstellung der Ergebnisse Eigene Darstellung, vgl. Zürcher Framework Tremp, Hildbrand 2012 13 MA Public Health – Gesundheitsversorgung, ‐ ökonomie und ‐management • seit WiSe 2014/15 an der Universität Bremen • 20 Studierende pro Durchgang Umstellung des Curriculums auf Forschendes Lernen Ziel des Studiengangs: „Ausbildung von Public Health Expert*innen, die komplexe Versorgungprobleme durch eine wissenschaftliche Herangehensweise eigenständig und im Team identifizieren, analysieren , lösen und ihr eigenes Handeln reflektieren können.“ 14 1. Semester 2. Semester 3. Semester 4. Semester Studienverlauf Modul 9/10 Begleitseminar und Masterthesis Modul 7 Gesundheitsökonomie Modul 5 Management im Gesundheitswesen Modul 1 Theorien, Konzepte und Normen von Public Health Modul 8 General Studies Modul 6b Forschungsprojekt Modul 4 Evidenzbasierung in der Gesundheitsversorgung Modul 6a Forschungsprojekt Modul 2 Versorgungssystem in Deutschland Modul 3 Epidem. und statist. Anwendungen Modul 6 Forschungsprojekt Grundlagen 15 Das Forschungsprojekt • Insgesamt 30 CP über drei Semester • Insgesamt 20 Studierende in ca. 5 Projektgruppen • Einbindung von externen Praxispartner*innen Aufgabenstellung • • Analyse eines komplexen Problems im Gesundheitswesen Entwicklung eines relevanten und wissenschaftlich fundierten Interventionskonzepts in Zusammenarbeit mit einer Praxiseinrichtung 16 Das Forschungsprojekt – methodischer Ablauf Lageanalyse Intervention Versorgungsproblem und Ziele definieren Welche Intervention? Mit wem? Für wen? • systematische Literaturrecherche • Sekundärdaten‐ analyse • Stakeholder‐ analyse • Interviews • Evidenz (Validität) • Übertragbarkeit (Modellprojekte) • Wirkmodell 1. Semester 2. Semester Evaluation Effekte (Konzeptplanung) • summative u. for‐ mative Evaluation • Prozess und Ergebnis • ökonomische Analyse 3. Semester Interventions- und Evaluationskonzept für ein komplexes Versorgungsproblem 17 Neue Konzepte der Hebammenversorgung Studentisches Forschungsprojekt Projektgruppe: Projektpartnerin: Betreuende: Saskia Konusch, Ann‐Christin Kordsmeyer, Tobias Krick & Kerstin Schüßler Heike Schiffling, 1. Vorsitzende Hebammenlandesverband Bremen Prof. Dr. Ansgar Gerhardus, Prof. Dr. Heinz Rothgang 18 Projekt mit dem Hebammenlandesverband e.V. Ausgangssituation: • • • • „Unterversorgung mit Hebammenhilfe in Bremen“ „[…] viele Hebammen […] in einer geringfügigen Beschäftigung“ „[…] dass viele Familien keine Hebamme mehr finden.“ „Wunsch nach neuen Arbeitsformen“ (Teamarbeit & Vernetzung z.B. in Form eines Hebammenzentrums) Konusch, Kordsmeyer, Krick & Schüßler 19 Identifizierung des Versorgungsproblems • Literaturrecherche • wenig verfügbare Daten • Quantitative Befragung der freiberuflichen Hebammen • • • Ziel: aktuelle Arbeits‐ und Versorgungssituation erfassen Fragen zu: Arbeitsform, Stundenzahl, wöchentliche Anfragen etc. Rücklauf 73 von 200 (response rate: 36,5%) Konusch, Kordsmeyer, Krick & Schüßler 20 Versorgungsproblem Freiberufliche Hebammen (Werdende) Mütter Erschwerte Arbeitsbedingungen Unzureichende Versorgung • wenige und unstrukturierte Vertretungs‐ und Vernetzungsmöglichkeiten • lange Fahrzeiten und Fahrwege • steigende Anforderungen (QM, Haftpflicht etc.) • mangelnde Aufklärung/ Information • keine ausreichende/ kontinuierliche Betreuung • körperl. und psych. Auswirkungen auf Mutter und Kind Quellen: IGES Institut GmbH (2012/2015), eigene Erhebung Konusch, Kordsmeyer, Krick & Schüßler 21 Zielfindung Qualitatives Gruppeninterview mit Hebammen • Ziel: Wünsche, Vorstellungen, Ideen der Hebammen • Hebammenzentrum (Komponenten) „bauen lassen“ • Teilnahme von 17 freiberuflichen Hebammen Konusch, Kordsmeyer, Krick & Schüßler 22 Ziele Freiberufliche Hebammen (Werdende) Mütter Effizientere Versorgung durch Erleichterung der Arbeitsbedingungen Niedrigschwelliger Zugang und Gewährleistung einer kontinuierlichen, bedürfnis‐ orientierten Versorgung • mehr betreute (werdende) Mütter • kürzere Fahrzeiten und ‐wege • strukturierte Vertretungs‐ u. Vernetzungsmöglichkeiten Konusch, Kordsmeyer, Krick & Schüßler • mehr betreute (werdende) Mütter • früherer Zugang • Gefühl gut betreut/versorgt zu sein (Zufriedenheit) 23 Entwicklung der Intervention • Expert*inneninterviews • Hinweise zur aktuellen Versorgungslage und Interventionsplanung • Modellprojekte • • Analyse verschiedener bestehender Hebammenzentren (Rhein‐Sieg/Bonn, München, Essen, Erdleben (Österreich)) „Muster“ für eigene Intervention (welche Komponenten passen?) Konusch, Kordsmeyer, Krick & Schüßler 24 Intervention 4. mehrere Hebammenzentren 3. Integration anderer Fachdisziplinen 2. Hebammenzentrum 1. Vermittlungstool Konusch, Kordsmeyer, Krick & Schüßler 25 Hebammenzentrum Was wird benötigt? Mit welchen Inhalten? • Anbindung an vorhandene Räumlichkeiten • Zugang: soz./kult. gerecht • Beitrag von Hebammen • Kooperation mit Kranken‐ häusern/Gynäkolog*innen • Beratung • alle Hebammenleistungen (außer Geburt) • gemeinsame Maßnahmen (Hebammen) • Vertretung und Vernetzung • Wahrung der Autonomie Gemeinsamer Nutzungsvertrag + Zielvereinbarungen Konusch, Kordsmeyer, Krick & Schüßler 26 Evaluationskonzept Zweck • Ergebnisevaluation Gegenstand • Hebammenzentrum Methode Ziele Konusch, Kordsmeyer, Krick & Schüßler • Vorher-Nachher-Vergleich • Erkenntnisse zur Wirksamkeit • Kontrolle der Ziele und Legitimation 27 H10 Beispielindikator Ziel Indikator Frage Methode Mehr betreute (werdende) Mütter Durchschnittliche Zahl der betreuten (werdenden) Mütter pro Monat pro Hebamme Wie viele Anfragen Fragebogen von (werdenden) (Hebammen) Müttern haben Sie im letzten Monat bekommen? Wie viele (werdende) Mütter konnten Sie im letzten Monat betreuen? Konusch, Kordsmeyer, Krick & Schüßler 28 Folie 28 H10 Anni: Hier wirklich nur auf den Indikator eingehen! Wir müssen Zeit sparen und alles vorzulesen, ist auch nicht so sinnig... Hiwi; 01.03.2017 http://www.ipp.uni‐ bremen.de/das‐ ipp/aktuelles/?news=303#news303 http://www.uni‐ bremen.de/fb11/home/aktuelles.ht ml Konusch, Kordsmeyer, Krick & Schüßler 29 Fazit aus Studierendensicht • das Gefühl, ein „echtes“ Projekt durchgeführt zu haben • Sensibilisierung für das Fach Public Health • kritische Reflexion – aus eigener Erfahrung (und auch aus Fehlern) lernen • Selbstwirksamkeit erleben („academic commitment“) • gute Vorbereitung auf das Berufsleben! 30 Zusammenfassung ‐ Was haben wir gelernt? • Entwicklung und Auswertung eines Fragebogens, Präsentation von Ergebnissen • Gruppenarbeit, Zusammenarbeit mit dem Projektpartner*in • Organisation und Präsentation auf einem wissenschaftlichen Symposium • Ableitung einer passenden Intervention für das Versorgungsproblem 31 Neue Konzepte der Hebammenversorgung Studentisches Forschungsprojekt Projektgruppe: Projektpartnerin: Betreuende: Saskia Konusch, Ann‐Christin Kordsmeyer, Tobias Krick & Kerstin Schüßler Heike Schiffling, 1. Vorsitzende Hebammenlandesverband Bremen Prof. Dr. Ansgar Gerhardus, Prof. Dr. Heinz Rothgang 32 Forschendes Lernen – lessons learnt • Integration von Einzeldisziplinen sowie Theorien, Methoden, Fachinhalte und ihrer Anwendung möglich • Kommunikation über Forschendes Lernen entscheidend • Erleben der Forschungspraxis = Förderung der Kompetenzen und Selbstwirksamkeit „Das ist wie ein großes Puzzle! Am Ende ergibt jedes Teil seinen Sinn!“ vgl. Voss et al. (2016) 33 Forschendes Lernen – Herausforderungen und Chancen • Erhöhter Aufwand für alle Beteiligten • Strukturiertheit vs. Studierbarkeit • Vorbereitung auf Berufsfelder: Gesundheit solidarisch gestalten • Messbarkeit der Kompetenzförderung • Lücken im Curriculum und in der Infrastruktur werden sichtbar Evaluation der Akzeptanz, Umsetzung und Wirkung von Forschendem Lernen vgl. Voss et al. (2016) 34 Forschendes Lernen in Public Health Studiengängen Fachforum der Deutschen Gesellschaft für Public Health e.V. Kongress Armut und Gesundheit – Gesundheit solidarisch gestalten – 16.‐17.03.2017 Maike Voß – Universität Bremen 35 Literaturverzeichnis IGES Institut GmbH (2012). Versorgungs‐ und Vergütungssituation in der außerklinischen Hebammenhilfe. Ergebnisbericht für das Bundesministerium für Gesundheit. Berlin: IGES Institut. IGES Institut GmbH (2015). Hebammenversorgung in Thüringen. Gutachten zur Versorgungs‐ und Bedarfssituation mit Hebammenleistungen sowie über die Einkommens‐ und Arbeitssituation von Hebammen in Thüringen. Endbericht für das Thüringer Ministerium für Arbeit Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie. Berlin: IGES Institut. Huber L. (2009). Warum Forschendes Lernen nötig und möglich ist. In: Huber L., Hellmer J., Schneider F. (Hrsg.): Forschendes Lernen im Studium‐ Aktuelle Konzepte und Erfahrungen. Bielefeld: Universitätsverlag Webler. FH Münster (2015). Hochschuldidaktiktag 2015. Live Illustration https://www.fh‐ muenster.de/wandelwerk/weiterbildung/hsdt‐2015/live‐illustrationen.php Gerhardus, A.; Schilling, I.; Voß, M., (2016). "Forschendes Lernen“ als Antwort auf die Herausforderungen für Lehren und Lernen?, in: Gesundheitswesen, doi:10.1055/s‐0042‐106646 Tremp, Peter; Hildbrand, Thomas (2012). Forschungsorientiertes Studium – universitäre Lehre: Das «Zürcher Framework» zur Verknüpfung von Lehre und Forschung. In: Brinker T., Tremp P. (Hrsg.): Einführung in die Studiengangsentwicklung. Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag. S. 101‐116. Voss, Maike; Koch, Jennifer und Gerhardus, Ansgar (2016). „Das ist wie ein großes Puzzle! Am Ende ergibt jedes Teil seinen Sinn“ – Forschendes Lernen im Masterstudiengang Public Health – Gesundheitsversorgung, ‐ökonomie und ‐management. In: Resonanz‐ Magazin Wintersemester 2016/2017, S. 36 ‐ 41. 36