Grundzüge der Geldtheorie und Geldpolitik

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Geldtheorie und Geldpolitik
Grundzüge der Geldtheorie und Geldpolitik
Sommersemester 2012
4. Zentralbankgeld und Geldangebot
Prof. Dr. Jochen Michaelis
Geldtheorie und Geldpolitik SS 2012
Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
4. Zentralbank und Geldangebot
Mishkin, Kap. 13 - 15
GischerHerz/Menkhoff, Kap. 8-10
Schlagworte:
Zentralbankbilanz, Geldschöpfung, Geldmultiplikator, Geldangebot
Geldschöpfung
Wie kommt Geld in den Umlauf, wie entsteht Geld?
Vier Akteure
 Zentralbank
 Geschäftsbanken
 Sparer/Einleger
 Kreditnehmer bei Geschäftsbaken
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
Zentralbankbilanz
EZB (Mrd. €, März 2011)
Währungsreserven
davon Gold
Kredite an öffentliche
Haushalte
Kredite an MFI‘s
Kredite an Ansässige
im Euroraum
Sonstige Aktiva
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600
367
35
436
Bargeld
822
Reserven der MFI
303
Verbindlichkeiten gegenüber 91
sonstigen Ansässigen des
Euroraums (öffentl. HH)
Ausgleichsposten aus
331
Neubewertung
Grundkapital, Rücklage
Sonstige Passiva
471
299
80
181
Gewinne
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
Zentralbankgeld (Geldbasis, high powered money)
Geldbasis B = Summe aus Bargeld C und Reserven R der Monetären Finanzinstitute
(1)
BCR
Monetäre Finanzinstitute MFI = Geschäftsbanken, Bausparkassen, Geldmarktfonds
Reserven = Guthaben der MFI bei der Zentralbank
Reserven = Mindestreserve + freiwillige Überschussreserve
Verzinsung zum Zinssatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte (Mai 2011: 1,25%)
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
Offenmarktgeschäft I = ZB kauft Wertpapier von Geschäftsbank
Banking System
Assets
Federal Reserve System
Liabilities
Assets
Securities -$100
Reserves
Liabilities
Securities +$100 Reserves
+$100
+$100
Keine Änderung der Bargeldmenge
Erhöhung der Reserven um 100
Erhöhung der Geldbasis um 100
Wenn Geschäftsbank ein Teil der 100 Dollar in Bargeld erhalten möchte, steigt C
bspw. um 40 und R nur um 60, Geldbasis steigt weiterhin um 100
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
Offenmarktgeschäft II = ZB kauft Wertpapier von privater Nicht-Bank
Annahme: Verkäufer des Wertpapiers tätigt Einlage bei seiner Geschäftsbank
Banking System
Assets
Liabilities
Reserves +$100 Checkable +$100
deposits
Federal Reserve System
Assets
Liabilities
Securities +$100 Reserves +$100
Nonbank Public
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
Offenmarktgeschäft III = ZB kauft Wertpapier von privater Nicht-Bank
Annahme: Verkäufer des Wertpapiers möchte die 100 in Bargeld
Nonbank Public
Assets
Liabilities
Securities -$100
Currency
Federal Reserve System
Assets
Liabilities
Securities +$100 Currency +$100
in
circulation
+$100
Reserven unverändert
Bargeld und Geldbasis steigen um 100
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
Zwischenfazit:
 Zentralbank hat nahezu perfekte Kontrolle über die Geldbasis
 Ausnahme: Banken tätigen freiwillige Überschussreserve
 Aufteilung auf Bargeld und Reserven primär bestimmt durch Geldnachfrage
der Sparer (Nonbank Public)
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
Von der Geldbasis zum Geldangebot
Geldangebot in den Aggregaten M1, M2, M3
M1 = Bargeld + Depositen (Sichteinlagen)
Angenommen, die Zentralbank hat von „First National Bank“ für 100 WP gekauft, die
Reserven werden um diese 100 erhöht (siehe oben, OMO I)
Was macht First National Bank mit diesen Reserven?
Normalfall: Vergabe eines Kredits an Private, um Zinsen zu verdienen
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
aktive Geldschöpfung durch Geschäftsbanken:
Bank vergibt Kredit an Private
Bank
Nichtbank NB
Forderungen
Verbindlichkeiten
Forderungen
an Private
aus Sichteinlagen
aus Sichteinlagen
+ 100
+ 100
+ 100
Bankschulden
+ 100
Reserven sinken um 100
Depositen steigen um 100
Forderungen an Private steigen um 100
Geldmenge M1 steigt um 100!
Nächster Schritt:
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
Kreditnehmer löst die Sichteinlagen auf und bezahlt eine Rechnung in Höhe von 100
Bei der First National sinken die Sichteinlagen
Empfänger der 100 geht zur Bank A und erhöht dort seine Sichteinlagen um 100
Mindestreserve = Geschäftsbanken sind verpflichtet, einen Bruchteil der Depositen als
Reserven zu halten
Bank A muss also Reserven bei der Zentralbank um 10 erhöhen (Annahme:r  0,1)
Die restlichen 90 stehen für weitere Kreditvergabe zu Verfügung
Kreditnehmer bei Bank A verausgabt die 90, Empfänger erhöht Depositen bei Bank B
um diese 90, Bank B muss zusätzliche Reserven halten in Höhe von 9, restliche 81
stehen für Kreditvergabe zur Verfügung etc.
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
Prozess der Giralgeldschüpfung
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
Erhöhung der Depositen durch Erhöhung der Reserven um 100
1
 1000
100  0,9  100  (0,9) 2  100  ...  100{1  0,9  (0,9) 2  ...}  100
1  0,9
Allgemein:
1
(2)
M  R
r
Multiplikator (2) basiert insbesondere auf zwei vereinfachenden Annahmen:
 Banken halten keine freiwillige Überschussreserve, nutzen die zusätzlichen
Reserven der ersten Runde also voll für Kreditvergabe
 Private (Empfänger des Rechnungsbetrags) erhöhen im vollen Umfang die
Depositen, niemand fragt Bargeld nach
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
Geldmultiplikator
Prozess der aktiven Geldschöpfung der GB (Giralgeldschöpfung) nicht unbegrenzt, da
GB für diese Tätigkeit Zentralbankgeld brauchen, und dieses wird von der ZB fixiert.
Warum brauchen GB bei der eigenen Kreditvergabe Zentralbankgeld?
 Erfüllung der Mindestreservepflicht
 Befriedigung der Bargeldnachfrage der Privaten
Wenn die Kunden der GB Bargeld verlangen, müssen die GB dieses bei der ZB
erwerben (leihen).
Je höher die Mindestreserve und je höher die Bargeldnachfrage der Privaten, desto
enger die Grenzen der Geldschöpfung durch GB bzw. Private
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
Exakter Zusammenhang zwischen Zentralbankgeldmenge (= Geldbasis) und
Geldmengen M1, M2 etc. gegeben durch sogenannten Geldmultiplikator.
Herleitung des Geldmultiplikators für M1:
(3)
B = Bargeld C + Mindestreserven MR + Überschussreserven ÜR
(4)
M1 = Bargeld C + Depositen D
Verhaltenshypothesen:
1. Private entscheiden über die Bargeldquote cu 
 Zahlungsgewohnheiten
 Schwarzarbeit/Schwarzmärkte
 verzinsliche Depositen, Bank runs
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C
D
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
MR
D
ÜR
3. Geschäftsbanken entscheiden über Überschussreserve-Quote ür 
D
2. Zentralbank entscheidet über die Mindestreserve-Quote r 
Geldmultiplikator für M1:
(5)
m1 
M1
CD
cuD  D
1  cu



B C  MR  ÜR cuD  mr  D  ür  D cu  mr  ür
 je höher die Bargeldquote, desto kleiner der Geldmultiplikator
 je höher die Mindestreserve-Quote, desto kleiner der Geldmultiplikator
 je höher die Überschussreserve-Quote, desto kleiner der Geldmultiplikator
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
BRD (1999): m1 
M 1 536

 3,3
B 162
EZB (2008): m1 
M 1 3855

 4,54
B
849
ZB kann M1 nicht perfekt steuern wegen
 Unsicherheit über die Bargeldquote cu
 Einfluss der GB auf die Überschussreserve-Quote (vgl. US-Bankenkrise
Anfang der 30er und Situation nach Zusammenbruch von Lehman Brothers!)
Dieser Punkt gilt noch stärker für die Multiplikatoren m2 und m3 .
1  cu  t
M2
C  D T


C  MR  ÜR cu  mr  ür
B
Geldmultiplikator für M2:
m2 
Geldmultiplikator für M3:
M 3 C  D  T  S 1  cu  t  s
m3 


B
C  MR  ÜR cu  mr  ür
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
mit Termineinlagenquote t 
T
D
und Spareinlagenquote s 
S
D
Private Haushalte haben Einfluss auf Geldmultiplikatoren über Bargeldquote cu,
Termineinlagenquote t und Spareinlagenquote s.
Banken beeinflussen diese Entscheidung über Zinssätze für Termin- und Spareinlagen
und Wertpapiere (z.B. Bankschuldverschreibungen).
Empirie:
BRD (1999): m2 
M 2 1278

 7,9
B
162
EZB (2008): m2 
M 2 7429

 8,75
B
849
BRD (1999): m3 
M 3 136

 8,1
B 162
EZB (2008): m3 
M 3 8779

 10,34
B
849
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
Zwischenfazit
Zentralbank kontrolliert Geldbasis
Private beeinflussen über Bargeldquote das Geldangebot, (ausserhalb der Kontrolle der
ZB)
Zentralbank entscheidet über Mindestreservesatz
Geschäftsbanken entschieden über Überschussreserve-Quote
Wichtige Schlussfolgerung:
 Zentralbank hat keine perfekte Kontrolle über Geldmenge
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
Anwendung: US-Bankenkrise Anfang 30er
•
•
Bankenpleiten (i.V.m. Fehlen einer Einlagenversicherung) führte zu:
– verstärkten Abzug/Auflösen von Sichteinlagen, Umwandlung in Bargeld)
– Anstieg der Überschussreserven
Trotz relative konstanter Geldbasis ist das Geldangebot massiv gesunken als Folge
des Absinkens des Geldmultiplikators
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
Extreme Volatilität bei Depositen (Achtung: logarithmischer Maßstab)
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
Entwicklung von Bargeldquote und Überschussreserve-Quote
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Kapitel 4 – Zentralbankgeld und Geldangebot
Entwicklung des Geldmultiplikators für M1
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