TU Wien, Seminar für Lehramtskandidaten, SS 2014Peter Garscha Spieltheorie In der Spieltheorie werden Handlungsmöglichkeiten mehrerer Beteiligter (Spieler) untersucht, wobei das Ziel primär darin besteht, rationale Entscheidungen für die einzelnen Spieler zu finden. Als Spiel wird grob die Gesamtheit der Dinge bezeichnet, welche es beschreiben. Dazu gehören die Anzahl der Spieler, die Handlungsmöglichkeiten der Spieler in jeder Spielsituation und in jeder Endspielsituation muss bekannt sein, wer das Spiel gewonnen hat. Somit ist die Spieltheorie sowohl bei der Analyse von herkömmlichen Spielen einsetzbar, als auch bei wirtschaftlichen Entscheidungssituationen, welche oftmals als Spiel modelliert werden können. Geschichte Zu den Begründern der Spieltheorie zählen Oskar Morgenstern und John von Neumann, welche im Jahr 1944 ihre Arbeit „The Theory of Games and Economic Behavior“ Abbildung 1: Oskar veröffentlicht hatten. Einen Morgenstern entscheidenden Beitrag hat auch John F. Nash Jr. geleistet, welcher im Jahr 1950 seine Dissertation mit dem Titel „Non-Cooperative Games“ veröffentlichte. Alle drei arbeiteten an der Princeton University. Abbildung 2: John Einteilung und Eigenschaften von Neumann Die Spieltheorie lässt sich grob in zwei Teilbereiche einteilen: kooperative und nicht-kooperative Spiele. Bei kooperativen Spielen werden meist Situationen aus dem wirtschaftlichen Bereich analysiert, bei denen die Beteiligten (Unternehmer, Käufer und Verkäufer) bindende Verträge eingehen, wodurch sich bei der Entscheidungsfindung in Bezug auf die unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten der Spieler verschiedenste Situationen ergeben können. Als Beispiel seien hier vor allem Preisabsprachen und das Kartellrecht erwähnt. Nicht kooperative Spiele bezeichnen Spiele, bei denen die Spieler keine bindenden Verträge eingehen und somit keine Absprachen stattfinden. Die meisten Gesellschaftsspiele sind somit nicht kooperative Spiele. Weiters gibt es zahlreiche Eigenschaften, die auf Spiele zutreffen können, wodurch diese in unterschiedliche Klassen eingeteilt werden. Besonders bekannt ist hier beispielsweise die Nullsummen-Eigenschaft. Bei Spielen mit dieser Eigenschaft ist die Summe der Auszahlungen (Geldbeträge, Punkte, o.ä.) aller beteiligten Spieler gleich Null. Der Großteil der Gesellschaftsspiele sind Nullsummen-Spiele (bei Spielen mit 2 Spielern, gibt es immer einen Gewinner und einen Verlierer, d.h. der Gewinn des einen ist der Verlust des anderen). Modellierungsformen Bei der Modellierung von Spielen gibt es prinzipiell zwei unterschiedliche Methoden, einerseits die Extensivform, andererseits die Normalform. Bei der Normalform wird davon ausgegangen, dass alle am Spiel beteiligten Spieler ihren Zug simultan durchführen. Abbildung 3: Normalform Jeder somit möglichen Zugkombination wird ein Auszahlungsvektor zugeordnet, der Auskunft über den Gewinn bzw. den Verlust jedes einzelnen Spielers gibt. Die Modellierung in Normalform eignet sich somit am besten für Spiele, welche nur aus einem einzigen Zug bestehen (z.B. Schere-Stein-Papier, o.ä.). Im Gegensatz dazu werden bei der Extensivform Spiele modelliert, bei welchen die Züge der Spieler nicht simultan, sondern hintereinander durchgeführt werden. Die Extensivform gleicht einem Baum-Diagramm, Abbildung 4: Extensivform wobei jedem Blatt des Baumes ein entsprechender Auszahlungsvektor zugeordnet ist. Die Anzahl der Blätter entspricht somit der Anzahl der möglichen Spielverläufe des Spiels. Einige Spiele in Extensivform können allerdings in eine ähnliche Darstellung wie der Normalform übergeführt werden. Mit Computersimulationen ist es beispielsweise möglich alle Spielverläufe von Vier-Gewinnt oder Tic-Tac-Toe zu analysieren und somit festzustellen, wie der Auszahlungsvektor bei einer beliebigen Spielsituation und einer gegebenen Zugkombination der Spieler exakt aussieht. Bei Spielen wie Schach oder Go ist eine solche Vorgehensweise aufgrund der zu hohen Komplexität Seite 1 von 2 TU Wien, Seminar für Lehramtskandidaten, SS 2014Peter Garscha dieser Spiele aktuell (wegen zu geringer Rechenleistung heutiger Computer) noch nicht möglich. Strategietypen Die Strategiemenge eines Spielers bezeichnet die Menge der Handlungsmöglichkeiten die einem Spieler bei einer gegebenen Situation zur Verfügung stehen. Im Spielverlauf kann sich ein Spieler daher auf eine Strategie festlegen, welche somit eine Auswahlfunktion auf der Strategiemenge darstellt. Als dominante Strategie eines Spielers bezeichnet man eine Strategie, welche für den entsprechenden Spieler eine bessere Auszahlung garantiert, als die ihm alternativ zur Verfügung stehenden Strategien. Weiters unterscheidet man zwischen reinen und gemischten Strategien: Legt sich der Spieler auf eine Handlungsmöglichkeit fest und wendet diese wiederholt an, spricht man von einer reinen Strategie. Diese ist zwar sinnvoll anwendbar, wenn der Spieler beispielsweise gegen ein wenig kluges Computerprogramm spielt (oder das Spiel ansich nur aus einem Zug jedes Spielers besteht), aber umso nachteiliger für den Spieler bei wiederholten Spielzügen gegen menschliche Gegenspieler. Letztere können den Spieler, welcher eine reine Strategie anwendet, dadurch leicht durschauen und somit ihre eigene Strategie entsprechend anpassen um ihre Auszahlung zu maximieren. Daher wendet man bei Spielen mit mehreren Zügen meist eine gemischte Strategie an, welche sich aus mehreren Handlungsmöglichkeiten zusammensetzt, wobei jede Handlungsmöglichkeit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ausgewählt wird. Nash-Gleichgewicht Als Nash-Gleichgewicht versteht man eine Strategiekombination aller von den beteiligten Spieler verwendeten Strategien, bei der es sich für keinen einzelnen Spieler auszahlt seine Strategie zu wechseln. Würde einer der Spieler trotzdem vom Nash-Gleichgewicht wechseln, könnte er zwar theoretisch seine eigene Auszahlung erhöhen, riskiert dadurch aber auch möglicherweise einen Verlust, sofern er von seinen Mitspielern durchschaut wird und diese ebenfalls von ihrer Strategie abweichen. verhört und können sich nicht miteinander beraten. Ihre Handlungsmöglichkeiten bestehen einerseits aus „Gestehen“ und andererseits aus „Schweigen“. Gestehen beide Gefangene, ergibt sich ein Nash-Gleichgewicht. Das Dilemma an diesem Beispiel liegt darin, dass es für beide Gefangenen individuell gesehen zwar besser ist zu gestehen. Kollektiv gesehen, wäre es jedoch für beide Beteiligten besser gewesen, wenn sie beide geschwiegen hätten. Dazu müssten sie sich jedoch zuvor gemeinsam abgesprochen haben. Identifizierung von Nash-Gleichgewichten Mithilfe des Fixpunktsatzes von Kakutani und unter Berücksichtigung weiterer Voraussetzungen kann bewiesen werden, dass alle nicht kooperativen Spiele mit gemischten Strategien ein Nash-Gleichgewicht besitzen. Spiele mit reinen Strategien müssen nicht zwangsläufig ein Nash-Gleichgewicht besitzen, andererseits können aber auch mehrere Gleichgewichtssituation auftreten (vlg. dazu das Beispiel „Kampf der Geschlechter“). Braess-Paradoxon Das Braess-Paradoxon beschreibt eine Situation welche primär in der Verkehrsplanung eine wesentliche Rolle spielt. Das Beispiel zeigt im wesentlichen, dass sich die Auszahlung für alle Spieler, in einer Situation welche ein Nash-Gleichgewicht darstellt, durch Einführung einer zusätzlichen Handlungsmöglichkeit sogar verschlechtert. Beispielsweise verbesserte sich die Verkehrssituation in New York City als einmal die 42. Strasse gesperrt wurde und verschlechterte sich wieder, als die Sperrung wieder aufgehoben wurde. Die Aufhebung der Straßensperrung kann hier als Einführung einer neuen Handlungsmöglichkeit der Autofahrer und die Verkehrssituation (Staubildung auf den Straßen) als Auszahlung interpretiert werden. Gefangenendilemma Das Gefangenendilemma ist ein Paradebeispiel der Spieltheorie. Zwei Gefangene werden einer Strafttat beschuldigt und werden unabhängig voneinander Seite 2 von 2 Abbildung 5: Lemming-Spieleabend