52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer ABSTRACTBAND 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer 6. bis 9. Dezember 2001 Meistersingerhalle Nürnberg Veranstalter: Bayerische Landesärztekammer Mühlbaurstraße 16, 81677 München Telefon: 089/41 47-232 Telefax: 089/41 47-879 E-Mail: [email protected] Internet:www.blaek.de Kongressleitung Dr. med. E. Amarotico und Organisation: Bayerische Landesärztekammer Wissenschaftliche Dr. med. H. H. Koch Leitung: Klinikum Nürnberg Abstractband 1 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer INHALT MEDIZIN AKTUELL Tumortherapie – Laserinduzierte Thermotherapie von Lebermetastasen J.-P. Ritz, Berlin ....................................................................................................... 5 Bluthochdruck und Schlaganfall: Eine unheilvolle Allianz F. Erbguth, Nürnberg ............................................................................................... 7 Evidence Based Medicine – was ist dran? J. Köbberling und M. Wehner, Wuppertal .............................................................. 11 Internet – Der informierte Patient – Konsequenzen für die Praxis M. Kirchgeorg, München ....................................................................................... 14 Melatonin – als Schlafmittel F. Waldhauser, Wien ............................................................................................... 15 Neue Arzneiformen in der täglichen Praxis T. Eschenhagen, Erlangen ...................................................................................... 17 FALLSTRICKE INTERNISTISCHER NOTFALLMEDIZIN Fallstricke internistischer Notfallmedizin bei Vergiftungen W. Mühlberg, Nürnberg ......................................................................................... 18 Fallstricke internistischer Notfallmedizin bei Atemwegs- und Lungenerkrankungen P. L. Bölcskei, Nürnberg ........................................................................................ 20 Fallstricke internistischer Notfallmedizin bei kardialen Erkrankungen O. Bartels, Nürnberg .............................................................................................. 21 Fallstricke internistischer Notfallmedizin bei Infektionserkrankungen K. Fleischer, Würzburg ........................................................................................... 22 Fallstricke internistischer Notfallmedizin bei Lebererkrankungen A. Holstege, Landshut ............................................................................................ 24 PROBLEME DER SCHMERZBEHANDLUNG Pathophysiologie des Schmerzes P. W. Reeh, Erlangen............................................................................................... 27 Besonderheiten der Schmerzdiagnostik und -therapie beim älteren Patienten Th. Nikolaus, Ulm .................................................................................................. 28 2 Abstractband Grenzen der Selbstmedikation E. Martin, Marktheidenfeld ...................................................................................... 34 SUCHTMEDIZIN Suchtmedizin: Suchtpatienten in der Praxis (wie erkenne ich – was tue ich bei Verdacht – wie gehe ich um) M. Niederberger, Ottobrunn .................................................................................... 35 Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung G. Gensthaler, München ........................................................................................ 35 Suchtmedizin – Therapeutische Möglichkeiten H. Henninger, Nürnberg ......................................................................................... 36 Substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger F. Tretter, Haar ......................................................................................................... 37 Qualitätssicherung in der Substitution durch Kooperation Arzt – Apotheker Ch. Fahrmbacher-Lutz, Augsburg ........................................................................... 41 HARNINKONTINENZ 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Besonderheiten der Schmerztherapie bei onkologischen Patienten H. Kappauf, Nürnberg .............................................................................................. 29 Harninkontinenz – Pathomechanismus und Ursachen beim Mann R. Walther, Nürnberg ............................................................................................... 43 Pathomechanismus und Ursachen bei der Frau J. E. Altwein, München ............................................................................................ 46 Harninkontinenz: Therapeutische Konzepte H. Melchior, Kassel ................................................................................................ 49 Praktische Gesichtspunkte bei Pflegefällen, Querschnittgelähmten und Neurologischen Krankheitsbildern R. Nützel, C. Fischer, Bayreuth .............................................................................. 50 REPETITORIUM INNERE MEDIZIN Hypercalcämie H. Lux, Nürnberg ..................................................................................................... 51 Erkrankungen der Pleura S. Beckh, Nürnberg ................................................................................................ 52 Abstractband 3 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Interstitielle Lungenerkrankungen R. Leistner, Nürnberg ............................................................................................ 54 Der nephrologische Notfall R. Lang, Nürnberg ................................................................................................. 55 Die gastroösophageale Refluxkrankheit und ihre Folgen J. Bauer, Nürnberg ...............................................................................................,. 56 Chronische Virushepatitis D. Schuppan, Erlangen ......................................................................................... 58 Rheumatoide Arthritis: Klinik – Diagnostik – Therapie B. Manger, Erlangen ............................................................................................. 59 Knochenmarkinsuffizienz H. Reinel, Nürnberg ............................................................................................... 60 Diagnostik und Therapie nosokomialer Infektionen R. Strauß, Erlangen ................................................................................................ 61 SONOGRAPHIE -SYMPOSIUM Sonographie bei akutem Abdomen Chr. Jacobeit, Radevormwald ............................................................................... 63 Sonographisch gesteuerte Punktionen: Wann indiziert? S. Beckh, Nürnberg ............................................................................................... 66 Differenzierte Probleme am Pankreas: Was leistet die Sonographie? B. Braun, Reutlingen .............................................................................................. 69 Das biliopankreatische System: Sonographie versus CT (und MR) L. Greiner, Wuppertal ............................................................................................ 72 Endosonographisches Staging des Rektumkarzinoms: Relevanz für das klinische Vorgehen I. Schneider, Erlangen............................................................................................. 74 Arthro-Sonographie: Fester Bestandteil der internistisch-rheumatologischen Praxis? B. Manger, Erlangen.............................................................................................. 75 Moderne Schilddrüsen-Diagnostik und -Therapie B. Braun, Reutlingen .............................................................................................. 76 REFERENTEN ......................................................................................................... 78 4 Abstractband J.-P. Ritz, Berlin Das kolorektale Karzinom stellt mit ca. 40.000 – 50.000 Neuerkrankungen jährlich alleine in der Bundesrepublik Deutschland mittlerweile das zweithäufigste Malignom bei beiden Geschlechtern dar. Die Prognose dieser überwiegend erst in fortgeschrittenen Stadien diagnostizierten Erkrankung hängt wesentlich vom Auftreten einer hepatischen Metastasierung ab. Diese liegt bei ca. 20- 25% der betroffenen Patienten bereits zum Zeitpunkt der Diagnosestellung vor, während bis zu 60% der Patienten trotz kurativer Resektion des Primärtumors im weiteren Verlauf Lebermetastasen entwickeln. Ohne therapeutische Intervention beträgt das mediane Überleben bei unbehandelten Patienten mit hepatischen Metastasen lediglich 7-8 Monate, etwa ein Viertel aller Patienten mit kolorektalem Karzinom versterben an der hepatischen Metastasierung. Bislang stellt die chirurgische Resektion der Lebermetastasen das einzige potentiell kurative Therapieverfahren dar, wodurch die mediane Überlebenszeit auf bis zu 39,6 Monate verlängert werden konnte. Die durchschnittliche Operationsletalität liegt bei 0,8-5%, die Morbidität der Leberresektion korreliert mit der Länge des Eingriffs und dem Resektionsausmaß und wird zwischen 16 und 46% angegeben. Unter Berücksichtigung prognoserelevanter Faktoren kommen jedoch maximal 30% der Patienten für eine Resektion in Frage. Zusätzlich muss in etwa der Hälfte der Patienten mit einem Metastasenrezidiv in der Restleber gerechnet werden. Diese Faktoren führten u.a. zur Entwicklung alternativer destruierender Verfahren, den sogenannten In-situ-Ablationstechniken, die in der Lage sind, parenchymsparend, komplikationsarm und mit einer hohen lokalen Tumorkontrolle Lebermetastasen und deren Rezidive zu vernichten. Hierzu zählen die Kryotherapie, Alkoholinstillation, Radiofrequenztherapie, Ultraschalltherapie und die laserinduzierte Lasertherapie (LITT). 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Tumortherapie – Laserinduzierte Thermotherapie von Lebermetastasen Die LITT stellt aufgrund der großen Zahl an therapierten Patienten das derzeit am besten evaluierte Verfahren dieser Art dar. Bei diesem Verfahren wird die Metastase in Lokalanästhesie percutan unter CT- oder MRT-Kontrolle punktiert und das Tumorgewebe in-situ durch Applikation von Laserlicht thermisch destruiert. Im Falle eines Verdachtes extrahepatischer Metastasen (z.B. Peritonealkarzinose, Lymphknotenbefall im hepatoduodenalen Ligament), bei ungünstiger Lage der Metastasen oder synchroner Metastasen wird die LITT über eine Laparotomie offen chirurgisch durchgeführt. Zur gezielten Punktion der Metastase und zum online-Monitoring des Therapieerfolges findet bei der percutanen LITT das MRT mit thermosensitiven Sequenzen und bei der percurtanen LITT die Sonographie Verwendung. Die Therapie wird mit Hilfe eines Nd:YAG-Lasers (1064 nm Wellenlänge) durchgeführt, da hiermit die größte Eindringtiefe in das Zielgewebe (Tumor/Metastase) zu erzielen ist. Über einen speziellen Lichtwellenleiter kann das Laserlicht ohne Energieverlust über mehrere Meter direkt in den Tumor eingebracht werden, wo es aufgrund der Absorption der Photonen zur Entstehung von Temperaturen zwischen 50 und 140° C mit thermischer Zelldestruktion kommt. Üblicherweise werden Energieleistungen von 10 – 20 Watt gewählt, wobei die Behandlung einer Metastase etwa 15 bis 30 Minuten andauert. Abstractband 5 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Im Rahmen von unkontrollierten Studien an der Chirurgischen Klinik I des Universitätsklinikums Benjamin Franklin und der Radiologischen Klinik der Goethe-Universität Frankfurt konnte bei palliativem Einsatzes der LITT an über 700 Patienten mit irresektablen kolorektalen Lebermetastasen ohne Vergleichsgruppe eine mediane Überlebenszeit der Patienten von 42,6 Monate erzielt werden. Diese ist der Überlebenszeit nach potentiell kurativer chirurgischer Resektion gleichwertig. Die Komplikationsrate der LITT dieser Patientengruppe betrug 7,6% ohne dass eine methodenbedingte Letalität auftrat. Als Indikation für die Anwendung einer LITT werden Patienten mit maximal 5 Metastasen und einem maximalen Durchmesser von 5 Zentimetern angesehen. Gleichzeitig sollten keine extrahepatischen Tumormanifestationen vorhanden sein. Typische Indikationsbeispiele sind der Fall einer 84-jährigen Patientin mit einer solitären Metastase im Segment 8 des rechten Leberlappens von 3,5 cm Durchmesser, die im Rahmen der Nachsorge nach kolorektalem Karzinom entdeckt wurde. Aufgrund des fortgeschrittenen Alters und des reduzierten Allgemeinzustandes wurde bei der Patientin eine operative Resektion abgelehnt und eine percutane LITT der Metastase durchgeführt. Am 3. postinterventionellen Tag konnte die Patientin ohne Komplikationen entlassen werden und ist mittlerweile 34 Monate nach der LITT weiterhin rezidivfrei und ohne Beschwerden. Häufige Indikationen stellen weiterhin Rezidivmetastasen nach vorausgegangener hepatischer Resektion dar, die ohne einen aufwendigen und komplikationsträchtigen hepatischen Eingriff nicht gezielt therapiert werden könnten. Beispielhaft sei der Fall eines 44-jährigen Patienten erwähnt, der 8 Monate nach synchroner Kolonresektion und Hemihepatektomie links eine Rezidivmetastase im Segment 6 entwickelt hatte. Hier wurde ebenfalls eine percutane LITT unter stationären Bedingungen durchgeführt, wodurch die Metastase komplett destruiert werden konnte. Der Patient ist 18 Monate nach LITT rezidivfrei. Der Einsatz lokal destruierender Maßnahmen zur palliativen Behandlung von Lebermetastasen ist mittlerweile sicher und effektiv. Inwieweit diese vielversprechenden Verfahren auch unter kurativen Ansatz eine Alternative zum Standardverfahren der chirurgischen Resektion darstellen ist gegenwärtig noch nicht abschließend geklärt. Klarheit wird hier erst durch die Ergebnisse einer im Herbst 2000 angelaufenen randomisierten Multicenterstudie zu erwarten sein. In dieser durch das BMBF finanzierten Studie soll die LITT unter kurativem Ansatz bei Patienten mit Lebermetastasen kolorektaler Karzinome mit der chirurgischen Resektion verglichen werden. Literatur 6 1. 1. Fong Y., Cohen AM., Fortner JG, et al. (1997). Liver resection for colorectal metastases. J Clin Onc; 15: 938-946 2. Germer C. T., Albrecht D., Isbert C., Roggan A., Ritz J. P., Buhr H. J. (1999) Diffusing fibre tip for the minimally invasive treatment of liver tumours by interstitial laser coagulation (ILC): an experimental ex vivo study. Lasers Med Sci; 14: 32-39 3. 1. Germer C. T., Isbert C., Albrecht D., Roggan A., Pelz J., Ritz J.P., Müller G., Buhr H.J. (1999). Laserinduced thermotherapy combined with hepatic arterial embolization in the tretament of liver tumors in a rat tumor model. Ann Surg; 230: 55-62 Abstractband Reither K, Wacker F, Ritz JP, Isbert A, Germer CT, Roggan A, Wendt M, Wolf KJ (2000). Laser induzierte Thermotherapie (LITT) von Lebermetastasen in einem offenen 0,2 T MRT. RöFo; 172: 175-178 5. Ritz J.P., Germer C.T., Isbert C., Albrecht D., Roggan A., Pelz J., Buhr H.J. (1999). Effektivitätssteigerung der laserinduzierten Thermotherapie von Lebermetastasen – Einfluss der selektiven arteriellen und portalvenösen Okklusion und passageren Mikroembolisation. Langenbecks Arch Chir; Suppl I: 583-585 6. Ritz J.P., Isbert C., Roggan A., Germer C.T., Müller G., Buhr H.J. (2000) Correlation of Intrahepatic Light and Temperature Distribution in Laser-Induced Thermotherapy of Liver Tumors and Liver Tissue. Laser in Medicine and Surgery; 15: 174-182 7. Scheele J., Stangl R., Altendorf-Hofmann A., Paul M. (1994). Resection of colorectal liver metastases. World J Surg; 19: 59-71 8. 1. Vogl T.J., Mack M.G., Roggan A. (2000). Magnetresonanztomographisch gesteuerte laserinduzierte Thermotherapie von Lebermetastasen. Dt Ärzteblatt; 97: 2386-2390 Bluthochdruck und Schlaganfall: eine unheilvolle Allianz F. Erbguth, Nürnberg 1. Einleitung und Definitionen Der Schlaganfall stellt nach neueren WHO-Statistiken hinter den kardiovaskulären Erkrankungen weltweit die zweithäufigste Todesursache dar – noch vor den Krebserkrankungen. Nicht-tödlich verlaufende Schlaganfälle sind in Europa die häufigste Ursache für lebenslange Behinderung in höherem Lebensalter. Nach den Daten des populationsbezogenen Erlanger Schlaganfallregisters beläuft sich die Zahl erstmaliger Schlaganfälle pro Jahr auf 182 Fälle pro 100.000 Einwohner. Unter Hinzunahme von Rezidivereignissen wird die jährliche Zahl an Schlaganfällen in Deutschland auf 200.000 – 250.000 geschätzt. 80% der Schlaganfälle sind auf zerebrale Ischämien („Hirninfarkt”) zurückzuführen, etwa 15% beruhen auf einer intrazerebralen Blutung und die restlichen 5% werden durch Subarachnoidalblutungen oder Sinusvenenthrombosen verursacht. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer 4. Eine der bedeutsamsten Risikofaktoren sowohl für den Hirninfarkt als auch für intrazerebrale Blutung stellt die arterielle Hypertonie dar. Weitere Risikofaktoren - neben dem „statistischen Risikofaktor „Alter” - sind Herzerkrankungen (v.a. absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern), Diabetes mellitus, erhöhte Blutfette, Übergewicht, Rauchen und Alkoholmissbrauch. Nach den WHO/ISH-Richtlinien von 1999 liegt eine Hypertonie ab einem Wert von 140/90 mmHg vor (Grad 1: 140-159/90-99; Grad 2: 160-179/100-109; Grad 3: 180/110). Bei der „isolierten systolischer Hypertonie” liegt der systolischen Blutdruck über 140 mmHg systolisch bei diastolischen Werten unter 90 mmHG). Als „optimal” gelten Blutdruckwerte von < 120/80, als „normal” Werte von <130/85 und als „hoch-normal” Werte von 130-139/ Abstractband 7 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer 85-89. Es gibt jedoch keine Untergrenze eines Bludruckwertes, unter dem sich das kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Risiko nicht weiter erniedrigen würde. Die Prävalenz des Hypertonus in den Industrieländern liegt bei etwa 20%. Mindestens 20% der Hypertoniker wissen nichts von ihrer Erkrankung. Folgen des Hypertonus an den Endorganen sind u.a. Kardiomyopathie, Nephropathie, Retinopathie, Erkrankungen der großen, mittleren und kleinen arteriellen Gefäße. Im Folgenden soll ein Überblick gegeben werden über die unheilvollen Zusammenhänge zwischen Schlaganfall und arteriellem Hypertonus in folgenden Punkten: · · · · · Pathophysiologie: Hypertonus, Gehirn und Schlaganfall Hypertonus und erstmaliger Schlaganfall Hypertonus und Schlaganfallrezidive Risikoentscheidend für den Schlaganfall: Diastolischer oder systolischer Wert? Primär- und Sekundärprävention des Schlaganfalls durch antihypertensive Therapie 2. Pathophysiologie: Hypertonus, Gehirn und Schlaganfall Die arterielle Hypertonie führt durch Einlagerung von hyalinem Material (Hyalinose) zu einer Verdickung der Gefäßwände der kleinen perforierenden Arterien und Arteriolen des Gehirns mit Verengung der Gefäßlumina. In der Folge kommt es zu Mikroinfarkten, die sich makroskopisch bzw. in den bildgebenden Schnittbilduntersuchungen des Gehirns (CCT, MRT) als kleine pseudozystische Läsionen zeigen, die als „Lakunen” bezeichnet werden. Auch Infarkte der Hirnrinde gehen auf solche hypertonusbedingten Gefäßläsionen zurück. Eine spezielle Form der hypertonusbedingten mikroangiopathischen Schädigung der weissen Substanz des Hirngewebes stellen multiple Mikroläsionen dar („Leukoaraiosis”; „Binswanger´schen Enzephalopathie”), die oft mit einer sogenannten „vaskulären Demenz” oder „Multiinfarktdemenz” einhergeht. Es besteht ein Zusammenhang zwischen Demenzerkrankung im Alter und dem Ausmaß eines arteriellen Hypertonus. Auch führt der Hypertonus zur Ausbildung kleiner aneurysmatischer Aussackungen in den kleinen Arterien, die im Falle ihrer Ruptur die Ursache von Hirnblutungen darstellen. Das Spektrum solcher Hirnblutungen reicht von kleinen Kugelblutungen mit wenigen Millimetern Durchmesser bis hin zu riesigen infaust verlaufenden Hirnmassenblutungen. Auch indirekt kann der arterielle Bluthochdruck über Herzerkrankungen wie z.B. Kardiomyopathie und Vorhofflimmern zu den Ursachen embolischer Hinrinfarkte beitragen. Erhöhte Blutdruckwerte können außerdem als akute Trigger für Hirninfarkt und Blutung wirken. 3. Hypertonus und erstmaliger Schlaganfall: In einer Vielzahl von prospektiven Studien konnte klar gezeigt werden, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen einer arteriellen Hypertonie und dem Auftreten eines Schlaganfalls besteht. So zeigte sich in der Framingham-Studie (Beobachtungszeit 30 Jahre) bei 8 Abstractband 4. Hypertonus und Schlaganfall-Rezidiv Besteht nach einem Schlaganfall ein Hypertonus fort, so besteht ein deutlich erhöhtes Risiko für ein Schlaganfall-Rezidiv. So konnten Alter et al. bei 662 Patienten (59% mit Hypertonus) nach einem Schlaganfall innerhalb von 24 Monaten eine Schlaganfall-Rezidivrate von 12% feststellen. Das Schlaganfallrisiko war stark abhängig von der Güte der Blutdruckkontrolle: bei schlecht eingestelltem Blutdruck war das Risiko gegenüber streng kontrollierten Patienten achtfach so hoch. Selbst ein „mäßig gut” kontrollierter Blutdruck ging noch mit einem 4-fachen Risiko einher. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer einem Blutdruck von >160/95 mmHg für Männer ein 3,1-faches und Frauen ein 2,9-fach erhöhtes Schlaganfall-Risiko gegenüber „Normotonikern”. Selbst bei Personen mit einer „Grenzwert-Hypertonie” wurde noch eine Verdopplung des Schlaganfall-Risikos festgestellt. Nach den Framingham-Daten sind 56,4% der Schlaganfälle bei Männern und 66,1% bei Frauen dem Risikofaktor Hypertonus zuzuschreiben. Ein etwa vierfach erhöhtes Schlaganfall-Risiko bei Hypertonikern fand sich in einer amerikanischen Studie; in einer australischen Untersuchung führte der Hypertonus zu einer 3,1-fachen Erhöhung der Rate an Hirnfaktoren und zu einer 5,5-fachen Erhöhung der Zahl intrazerebaler Blutungen. In einer chinesischen Studie ging eine Steigerung des systolischen oder diastolischen Blutdrucks über 160/90 mmHg um je 10 mmHg mit einem jeweils um 12% gesteigerten Schlaganfall-Risiko einher. Dänische Schlaganfallforscher fanden bei den Patienten mit den höchsten Blutdruckwerten ein etwa 4-faches Risiko für einen Schlaganfall – allerdings begann der Risikoanstieg der jeweiligen Altergruppen bereits bei „formal” normalen systolischen Blutdruckwerten (z.B. bei 45-54 jährigen Männern ab systolisch 130-140 mmHg, bei gleichaltrigen Frauen ab 125-135 mmHg). Kombiniert sich der Hypertonus mit anderen Gefäßrisikofaktoren (z.B. Diabetes) steigt das Schlaganfallrisiko sogar multiplikativ. 5. Risikoentscheidend für den Schlaganfall: Diastolischer oder systolischer Wert ? Über längere Zeit war umstritten, ob der diastolischen oder der systolischen Blutdruckerhöhung die entscheidende Bedeutung für das Schlaganfallrisiko zukommt. In einer Metaanalyse von 13.000 Schlaganfällen unter 450.000 Personen zeigte sich die Erhöhung des diastolischen Blutdrucks über alle Altersstufen als wichtigster Risikoprädiktor. In anderen Studien war jedoch eine alleinige Steigerung des systolischen Blutdruckes bei gleichbleibendem diastolischem Blutdruck für das erhöhte Schlaganfall-Risiko verantwortlich. Ebenso zeigte sich bei konstant erhöhtem systolischen Blutdruck von über 160 mmHg keine weitere Risikozunahme durch Steigerung des diastolischen Blutdrucks. Der scheinbare Widerspruch der Studienergebnisse liegt im pathophysiologischen Unterschied der isolierten systolischen Hypertonie vorwiegend im Alter und der kombinierten systolischen und diastolischen Hypertonie. In der Framingham-Studie zeigte sich, dass im Alter der systolische Blutdruck ansteigt, während der diastolische Blutdruck eher abnimmt, obwohl das Schlaganfall-Risiko zunimmt. Die Prävalenz dieser „isolierten systolischen Hypertonie” (RR syst. >160 mmHg, diastolisch <90 mmHg) nimmt ab dem 65. Lebensjahr deutlich zu. Im Alter von 80 Jahren besteht bei 20% der Männer und bei 30% der Frauen eine solche Konstellation. Abstractband 9 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Dieser isolierte systolische Hypertonus ist Ausdruck des Elastizitätsverlusts der arteriellen Gefäße im Alter. In dieser Konstellation erwies sich der „Pulsdruck” als Differenz zwischen systolischem und diastolischem Blutdruck als eng korreliert mit dem Schlaganfallrisiko; damit erklärt sich ein steigendes Schlaganfallrisiko mit sinkendem diastolischen Druck bei konstanter Systole. Dieser Zusammenhang konnte auch in der Metaanalyse von Staessen (Lancet 2000) belegt werden. 6. Primär- und Sekundärprävention des Schlaganfalls durch antihypertensive Therapie 6.1. Primärprävention: Unterschiedlichste Studien zur Prävention eines Schlaganfalls durch eine antihypertensive Therapie konnten zeigen, dass eine Senkung eines erhöhten Blutdruckes das Schlaganfallrisiko signifikant reduziert. In einer Metaanalyse von 14 Studien mit insgesamt 37.000 behandelten Hypertonikern fand sich bei einer mittleren Senkung des diastolischen Blutdrucks um 5,8 mmHg eine relative Reduktion von Schlaganfällen um 42%. Erstaunlicherweise tritt dieser präventive Effekt bereits nach relativ kurzer Behandlungsdauer von 2 bis 5 Jahren auf. Dabei führte in einer amerikanischen Studie eine strenge Blutdruckeinstellung zu 35% weniger tödlichen Schlaganfällen als eine „Routinebetreuung”. Auch in einer japanischen Studie konnte gezeigt werden, dass eine konsequente Hypertoniebehandlung zu einer deutlichen Senkung des Schlaganfallrisikos führt: zwischen 1963 und 1987 wurden zwei Gemeinden verglichen, von denen in der einen eine strenge und in der anderen eine lockere Hypertonusbehandlung praktiziert wurden. In der streng kontrollierten Gemeinde stellte sich ein Rückgang der Schlaganfallinzidenz um bis zu 75% ein, während sich in der locker betreuten Gemeinde nur eine Abnahme um 29% beobachten lies. Gerade auch bei älteren Patienten ist eine antihypertensive Therapie hinsichtlich der Vermeidung von Schlaganfällen besonders effektiv: in der randomisierten, doppelblind-placebokontrollierten STOP-Studie (“Swedish Trial in Old Patients with Hypertension”) wurden 1627 Patienten zwischen 70 und 84 Jahren (syst.: 180-230 mmHg; diast.: 105-120 mmHg) über 25 Monate behandelt, wobei in der Verumgruppe der Blutdruck von 195/102 mmHg auf 167/87 mmHg gesenkt wurde. Die Schlaganfallzahl in der Verumgruppe lag um 47% niedriger; das kardiovaskuläre Risiko wurde um 40% gesenkt. Der präventive Effekt der Therapie wurde bereits nach einem Jahr wirksam und die Risikostratifizierung ergab für je 1 mmHg diastolische Blutdruckzunahme eine Erhöhung des Schlaganfall-Risikos um jeweils 3%. Therapiert wurde mit Betablockern, Diuretika und Kombinationen, in der STOP2-Studie mit ACE-Hemmern und Kalziumantagonisten. Die bereits oben angeschnittene Frage der Bedeutung von systolischer vs. diastolischer Blutdruckerhöhung für das Schlaganfallrisiko ist auch bei der Therapiefrage insbesondere bei älteren Patienten relevant. So zeigten sich in mehren Studien (z.B. SHEP, Syst-Eur, MRC) Senkungen des relativen Schlaganfallrisikos zwischen 30 und 40%. Die NNT betrug etwa 30. Allerdings erwies sich in der HOT-Studie (1998) die diastolische Blutdrucksenkung nur bei Diabetikern als präventiv. In einer Metaanalyse von Staessen vom letzten Jahr von 8 Studien mit insgesamt 15.693 Patienten mit isolierter systolischer Hypertonie im Alter (RR syst 10 Abstractband 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer >160mmHg, RR diast < 95 mmHg) fand sich für je 10mmHg Erhöhung des systolischen Blutdrucks eine Erhöhung der Gesamtmortalität um 26%, der Schlaganfälle um 22% und der koronaren Ereignisse um 7%. Unter der antihypertensiven Behandlung sank die Gesamtmortalität um 13%, die kardiovaskuläre Mortalität um 18%, die kardiovaskulären Komplikationen um 26% und das Schlaganfall-Risiko um 30%. Die NNT bei Patienten unter 70 Jahre betrug 99, die bei über 70-jährigen 33. Auch hier zeigte sich ein inverser Zusammenhang zwischen diastolischem Blutdruck einerseits und der Gesamtmortalität und dem Schlaganfallrisiko andererseits. In der Hope-Studie (“Heart Outcome Prevention Evaluation”) wurde Ramipiril gegen Placebo getestet und obwohl die RR-Senkung nur gering ausfiel, kam es doch zu einer 32%-igen Reduktion von Schlaganfällen, obwohl die Blutdrucksenkung nur 3/3 mmHg betragen hatte. Dies führte zu der Überlegung, ob die Therapie mit einem ACE-Hemmer eventuell eine zusätzliche gefäßprotektive Wirkung haben könnte. 6.2. Sekundärprävention: Obwohl in der HOPE-Studie ein Teil der Patienten bereits ein vorausgehendes zerebrovaskuläres Ereignis hatten, gab es doch bislang keine sicheren Daten, inwieweit eine antihypertensive Therapie nach einem Schlaganfall auch präventiv wirksam sei. Diese Lücke wird durch die Daten der kürzlich beendeten PROGRESS-STUDIE (i. Druck; Lancet 2001) gefüllt, in der eine Therapie mit Perindopril mit und ohne Zugabe des „atypischen” Diuretikums Indapamid das Risiko für Hirninfarkte um 24% und für Hirnblutungen um 50% gegenüber Placebo senken konnte. Auch das Risiko für einen Myokardinfarkt konnte um 38% gesenkt werden. Auch die in der Studie eingeschlossenen „Normotoniker” profitierten von der Therapie. In der PROGRESS-Studie mussten 23 Patienten (=“number-needed-to treat”) über 5 Jahre therapiert werden, um ein Schlaganfall-Rezidiv zu verhindern. 7. Schlussfolgerung: Es gibt keine Zweifel an der immensen Bedeutung der arteriellen Hypertonie als Risikofaktor für einen Schlaganfall. Allerdings gelingt es auch, durch konsequente Therapie des Hypertonus dieses Risiko deutlich zu verringern. Evidence Based Medicine – was ist dran? J. Köbberling und M. Wehner, Wuppertal Der Begriff evidence based medicine (EbM) ist erst seit etwa 10 Jahren in Deutschland in Gebrauch. Er hat sich sehr schnell verbreitet und wird heute eher inflationär benutzt. Auffallend ist, dass die meisten Autoren, die sich in Wort und Schrift über die Evidence based medicine auslassen, aus der sog. Systemebene der Medizin stammen. Unter Klinikern ist dagegen nicht selten eine Ablehnung dieser als praxisfremd und „besserwisserisch“empfundenen Methodik zu spüren. Andere lehnen den Begriff vor allem deswegen ab, weil sie davon überzeugt sind, schon immer entsprechend den Vorgaben der evidence based medicine gehandelt zu haben. In der Tat ist nichts, von dem was die evidence based medicine ausmacht, wirklich neu, allenfalls die Gesamtbetrachtung und die explizite Berufung auf ein solches Vorgehen. Abstractband 11 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Bereits im 18. Jahrhundert gab es insbesondere in England eine Bewegung, in der quantitative und kritische Bewertungen der ärztlichen Tätigkeit vorgenommen wurden. Klassiker im Sinne von EbM sind das heute noch lesenswerte Werk von Bleueler aus dem Jahre 1919 über „Das autistisch undisziplinierte Denken in der Medizin und seine Überwindung“ sowie die „Allgemeine Methodenlehre der therapeutischen Forschung“ von Martini aus dem Jahre 1932. Die heute gebräuchliche Definition und Methodologie der evidence based medicine geht vor allem auf Sackett zurück, von dem folgende Definition stammt: „Evidenzbasierte Medizin ist der gewissenhafte, ausdrückliche und kritische Gebrauch der gegenwärtig besten externen Evidenz bei der Entscheidungsfindung in der medizinischen Versorgung individueller Patienten”. Die Praxis evidenzbasierter Medizin bedeutet die Integration individueller klinischer Erfahrung mit der besten zur Verfügung stehenden externen Evidenz aus systematischer Forschung. Lassen Sie uns kurz die einzelnen hier genannten Merkmale betrachten: Mit dem Begriff ausdrücklich wird ein aktives Kümmern um und eine erkennbare Orientierung des Handels an der zur Verfügung stehenden Evidenz bezeichnet. Dieses sich kümmern ist transparent zu machen, indem stets Rechenschaft darüber abzulegen ist, ob aus der zur Verfügung stehenden Literatur eine ausreichende Evidenz abzulesen ist und wie deren Qualität beschaffen ist. Der Begriff kritisch heißt nicht, dass der Anwender notwendigerweise in der Lage sein muss, selbst Studien zu beurteilen. Dies wäre zwar wünschenswert, entscheidend ist aber, dass der Anwender die Grundprinzipien wissenschaftlicher Studien kennt und in der Lage ist, die von ihm benutzten EBM-orientierten Produkte, etwa Leitlinien, zu bewerten. Tradition, Autorität, persönliche Erfahrung oder zufällig zukommendes Informationsmaterial sind hiernach keine Basis für Evidence based medicine. Mit dem Begriff gegenwärtig beste Evidenz wird auf die Qualität der zugrunde liegenden empirischen Untersuchungen Bezug genommen. Hiermit ist einerseits das Konzept bzw. das Design der Studien gemeint, vor allem nach biometrischen und klinisch epidemiologischen Kriterien, die in sog. Evidenzklassen von Metaanalysen mehrerer randomisierter kontrollierter Studien bis zu bloßer Meinungsäußerung oder persönlicher Erfahrung niedergelegt sind. Andererseits bezieht sich dieser Begriff auch auf die Durchführungsqualität nach allgemein anerkannten, wenn auch nicht immer formal standardisierten Kriterien. Ein Kernpunkt der Evidence based medicine ist die transparente Beschreibung der Qualität von Studien. Evidenzbasierte Medizin ist in jeder medizinischen Disziplin und in allen Bereichen des Medizinsystems praktizierbar. Sie bezieht sich nicht nur auf therapeutische Verfahren, sondern auch auf die Diagnostik, auf die Beurteilung der Prognose oder auf Aussagen zur Epidemiologie. Wichtig ist die Feststellung, dass ein Arzt auch dort, wo keine oder eine nicht ausreichende Evidenz vorliegt, nach Kriterien der evidence based medicine handeln kann. Evidenzbasiert ist nämlich ein Merkmal des ärztlichen Handelns, nicht eines bestimmten medizinischen Verfahrens. Der Begriff sagt etwas über die Qualität der Evidenz aus, nicht über die Bedeu- 12 Abstractband tung des Ergebnisses. Mit qualitativ guter Evidenz als unwirksam erkannte Verfahren sind in diesem Sinne auch evidenzbasiert. In Kursen über evidence based medicine, die bei uns und an mehreren anderen Orten mit leicht variierendem Curriculum und einem Umfang zwischen zwei und vier Tagen angeboten werden, werden sowohl die „Tugenden“ von EbM gelehrt, also in erster Linie die konsequente Ausrichtung des eigenen Handelns an den Maximen der evidenzbasierten Medizin, als auch die hierfür erforderlichen Fertigkeiten, die sich auf die Informationsbeschaffung in Datenbanken unter Anwendung moderner Techniken beziehen sowie auf die Deutung und Beurteilung von Ergebnissen klinischer Studien. Hierzu sind auch Grundbegriffe der medizinischen Biometrie zu erlernen und die Fähigkeit, Fallstricke mit Täuschungsmöglichkeiten in Studien zu erkennen. Fast immer gehen die Teilnehmer solcher Kurse mit großer Begeisterung und vielen Vorsätzen in ihr medizinisches Umfeld zurück. Dort finden sie bei sich und anderen aber zunehmend Barrieren in der Umsetzung von EbM. Diese können im persönlichen Zeitmangel liegen, in der fehlenden Akzeptanz durch Kollegen, in der Trägheit des Arbeitsumfeldes, in dem Mangel an zur Verfügung stehenden Informationsmedien, aber auch in der Erwartungshaltung von Patienten oder in einem autoritären Umfeld mit Vorgesetzten, denen diese Bewegung eher suspekt vorkommt. Zweifellos hat evidence based medicine auch Züge einer antiautoritären oder zumindest demokratisierenden Bewegung, weil sie unweigerlich zu einer Diskussion über medizinische Fragen „auf gleicher Augenhöhe” führt und zur Ablehnung von Argumenten allein auf der Basis der höheren Autorität. Der sich aus der EbM ergebende Begründungszwang für ärztliche Entscheidungen verändert zweifellos das kollegiale Miteinander, führt also neben dem intellektuellen Vergnügen auch hierdurch zu einer Verbesserung der Arbeitszufriedenheit. Als Einwand gegen evidence based medicine wird immer wieder angeführt, dass diese zu einem „kochbuchmäßigen” ärztlichen Handeln führe und die Erfahrung und die ärztliche Kunst vernachlässige. Dies ist sicher nicht richtig, denn die ärztliche Kunst ist weiterhin gefordert, insbesondere im Zusammenhang mit der Kunst, die richtigen klinischen Fragen zu stellen und die Ergebnisse aus der Literatur angemessen zu übertragen. Fast alle Einwände gegen evidence based medicine sind entweder von Fremdinteressen gesteuert oder Ausdruck mangelnder intellektueller Flexibilität. Während vor einigen Jahren Vertreter dieser Denk- und Handlungsweise noch eher als Außenseiter betrachtet wurden, ist inzwischen zumindest das Prinzip weitgehend anerkannt, wenngleich die Technik als solche noch nicht von ausreichend vielen Kollegen beherrscht wird. Die Frage, ob eine bestimmte Handlungsweise denn wirklich evidenzbasiert ist, wird inzwischen allgemein akzeptiert und löst nicht mehr staunendes Unverständnis aus. Einem Vorurteil sollte unbedingt widersprochen werden: EbM dient nicht in erster Linie ökonomischen Zielen. Die mit EbM beabsichtigte Rationalisierung hat als erstes Ziel eine „vernünftige“ Medizin. Dieses schließt allerdings auch den Aspekt der Sparsamkeit im Umgang mit begrenzten Ressourcen ein. Die mit dem Titel für diesen Vortrag aufgegebene Frage, was an EbM dran sei, lässt sich auch auf die Frage zuspitzen, ob eine Orientierung an evidence based medicine tatsächlich 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Abstractband 13 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer zu einer Verbesserung der medizinischen Ergebnisse, der sogenannten outcomes führt. Dass evidence based medicine eine Methode zur Rationalisierung ärztlichen Handelns ist, steht außer Zweifel. Es muss aber eingestanden werden, dass bisher noch keine Belege dafür vorliegen, inwieweit sich durch EbM eine Verbesserung der Patientenversorgung erzielen lässt. Das gleiche gilt übrigens auch für die in letzter Zeit so viel diskutierten Leitlinien in der Medizin. Ich neige dazu, dies als axiomatisch gegeben zugrunde zu legen, halte aber trotzdem Studien, die sich mit dieser Frage befassen, für sehr wünschenswert. Nach meiner persönlichen Meinung handelt es sich bei EbM um die wichtigste Herausforderung für das in vielen Bereichen kranke System der deutschen Medizin. Die mit EbM verbundene Demokratisierung und verstärkte Transparenz in der Medizin stellt viele hergebrachte und unzeitgemäße Strukturen sowie etablierte Positionen in Frage. Sie fördert stattdessen sowohl wissenschaftlich orientiertes als auch vor allem patientenzentriertes Vorgehen. Hierin sehe ich das eigenliche positive Potential dieser neuen und zugleich klassisch ärztlichen Denkweise. Internet – Der informierte Patient – Konsequenzen für die Praxis M. Kirchgeorg, München Das Internet macht Gesundheitsinformationen für alle leicht zugänglich. Nutzer und Patienten suchen zunehmend fundierte Informationen und Hilfe zu Themen wie Prävention, gesundes Leben, Krankheiten sowie über qualifizierte Leistungsanbieter. Der Internet-gestützte Austausch mit anderen Betroffenen in sogenannten Medizinischen Communities kann Betroffenen helfen, ihre Lebenssituation oder Krankheit besser zu meistern. Internet- wie telefongestützte Demand und Disease Management-Programme helfen chronisch Kranken, eine bessere Lebensqualität zu erreichen. Diese Elemente modernen Gesundheits- und KrankheitsManagements können zu Electronic Health (abgekürzt E-Health) als System integriert werden. Gesunde und akut Kranke suchen typischerweise nach frei verfügbaren Gesundheitsinformationen (Content) für Laien, wie sie im Internet in öffentlichen Gesundheitsportalen, sowie von Leistungsträgern und Leistungsanbietern im Gesundheitswesen zur Verfügung gestellt werden. In Akutsituationen wird nach einer Wegleitung zum richtigen Leistungserbringer gefragt (Demand management oder vorärztliche Leistungssteuerung). Gesunde suchen typischerweise auch nach Communities, um gesund zu bleiben oder mit bestimmten Lebensumständen besser zurecht zu kommen. Beispiele hierfür sind die Themen Mutter-und-Kind, Rauchen und Übergewicht. Das wesentliche Element der Community ist der Austausch von Informationen unter gleichermaßen Betroffenen, das Teilen des gemeinsamen Schicksals, das Lernen von Anderen. Entscheidend für die Qualitätssicherung der Informationen in Content und Communities sind die Zugrundelegung evidenzbasierter Diagnose- und Therapieleitlinien sowie ein qualitäts- 14 Abstractband Chancen und Risiken Risiken liegen im Internet wie in anderen Teilen des Gesundheitswesens darin, dass Patienten die Qualität der angebotenen Informationen kaum selbst beurteilen können. Seriöse Anbieter haben deshalb schon früh Maßnahmen zur Selbsthilfe ergriffen und die Health On the Net (HON-) Foundation mit Sitz in der Schweiz gegründet. Diese hat Kriterien aufgestellt, um laienverständliche Informationen im Internet zu bewerten. Weiterhin gibt es den Kriterienkatalog Discern, welcher auch von der Ärztlichen Zentralstelle für Qualitätssicherung genutzt wird. Als weiteres Qualitätssicherungssystem für Informationen im Internet ist das MedCertain-Projekt im Aufbau. Gesetzliche und Private Krankenkassen stehen untereinander im Wettbewerb und suchen nach Chancen zur Differenzierung und Kosteneinsparung. Sie haben das Feld E-Health als Chance erkannt, diese Ziele zu erreichen. Die Rolle der Leistungserbringer hat sich im Bereich E-Health noch nicht klar herauskristallisiert. Für Ärzte wie Krankenhäuser kann ein kompetenter Internet-Auftritt ein Differenzierungsmerkmal sein. Längerfristig verspricht E-Health eine Effizienzsteigerung im Gesundheitswesen. Inwieweit dies auf Seiten der Leistungsträger, der Leistungserbringer oder durch neue Dienstleister realisiert werden wird, unterliegt den Kräften des Marktes. Konsequenzen für die Praxis Für die medizinische Praxis bedeutet dies in jedem Fall, dass Patienten sich zunehmend kundig machen und den Arzt mit ihrem Wissen konfrontieren. Bei gutem Informationsstand auf beiden Seiten kann dies eine Zeitersparnis für den Arzt bedeuten, da weniger Zeit in der Praxis für ausführliche Erklärungen über ein Krankheitsbild und dessen Behandlung aufgewandt werden muss. Voraussetzung hierfür ist, dass sowohl im Internet als auch in der ärztlichen Weiterbildung vom gleichen Stand evidenzbasierter Medizin ausgegangen werden kann. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer gesicherter Prozess zur Erstellung von Content. Hinzu kommt eine strikte Trennung der medizinischen Inhalte von den Partikularinteressen eines Anbieters, Sponsors oder Leistungsträgers. Melatonin – als Schlafmittel F. Waldhauser, Wien Seit der Entdeckung des Zirbeldrüsenhormons Melatonin vor 40 Jahren ist bekannt, dass es eine sedativ-hypnotische Wirkung hat. Physiologischerweise wird Melatonin zirkadian sezerniert wobei niedere Spiegel während des Tages und hohen in der Nacht gefunden werden. Bei Kindern sind die nächtlichen Melatonin Spiegel wesentlich höher als bei Erwachsenen. Abstractband 15 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Zahlreiche Studien bei Gesunden haben ergeben, dass exogen zugeführtes Melatonin einen schlaffördernden Effekt ausübt, indem es die Schlafinduktion beschleunigt und die Durchschlafqualität erhöht ohne die Schlafarchitektur wesentlich zu beeinflussen. In letzter Zeit wurde bei Erwachsenen mit Schlafstörungen unterschiedlicher Genese versucht, durch Melatonin eine Besserung der Insomnie herbeizuführen. Patienten mit Einschlafstörungen scheinen von Melatonin klar zu profitieren. Bei Patienten mit Durchschlafstörungen, die mit geringer Dosis (0,5 mg) Melatonin behandelt wurden, blieb die Anzahl der Wachstadien nach dem Einschlafen hoch. Mit einer Steigerung der Dosis auf 1 mg wurden die Wachstadien verkürzt und zusätzlich wurde das subjektive Empfinden der Schlafqualität der Patienten verbessert. Die Einnahme von 1 mg Depot-Melatonin über einen Zeitraum von 2 Monaten führte zu einer Besserung der Durchschlafstruktur. Die Schlaflatenz dieser Patienten entsprach der von Gleichaltrigen ohne Schlafstörungen. Nach höheren Dosierungen (2 - 10 mg) konnte eine gesteigerte Besserung der Schlafeffizienz bei verschiedenen Formen der Schlafstörungen beobachtet werden. Bei depressiven Patienten zeigte ein Teil der Behandelten eine subjektive Besserung ihres Schlafes. Kinder, die auf Grund einer körperlichen oder neurologischen Behinderung unter Schlafstörungen litten, wurden mit 2 - 10 mg Melatonin über Monate therapiert. Obwohl die Untersuchungen nur subjektive Parameter erhoben, wird über eine Besserung des Schlafes ohne Nebenwirkungen berichtet. Manche Eltern weigerten sich, die Therapie auch nach einem Jahr zu beenden, da sich das Verhalten und die Stimmung der Kinder während der Hormontherapie gebessert haben. Einige Kinder aber wiesen nach einiger Zeit trotz Erhöhung der Melatonindosis eine Resistenz auf. Die meisten Untersuchungen bestätigen Melatonin eine schlafmachende Wirkung. Welche Bedeutung es im klinischen Alltag erlangen wird, ist zur Zeit erst bedingt abschätzbar. Weiterführende Literatur 16 1. Waldhauser, F., J. Kovacs, and E. Reiter. 1998. Age-related changes in melatonin levels in man and its potential consequences for sleep disorder. Experimental Gerontology 33:759-772. 2. Langer, M., J. Hartmann, H. Turkhof, and F. Waldhauser. 1997. Melatonin beim Menschen – Ein Überblick. Wien. Klin. Wochenschr. 109:707-713. 3. Waldhauser, F., B. Saletu, and I. Trinchard-Lugan. 1990. Sleep laboratory investigations on hypnotic properties of melatonin. Psychopharmacology (Berl.). 100:222-226. Abstractband T. Eschenhagen, Erlangen Die Mehrzahl von „neuen” Arzneimitteln sind Variationen eines bekannten Therapieprinzips. Tatsächlich neue Therapieprinzipien sind rar und haben es bei der Effektivität der vorhandenen Substanzen auch schwer sich durchzusetzen. Die vorliegende Übersicht konzentriert sich auf Neuentwicklungen im Herz-Kreislaufbereich. Herzinsuffizienz: Hier ist vor allem eine Neubewertung bekannter Arzneimittel zu beobachten, besonders der Betablocker Bisoprolol, Carvedilol und Metoprolol sowie des Aldosteronantagonisten Spironolacton. Für alle diese Substanzen ist die Indikationsstellung aufgrund überzeugender prospektiver klinischer Studien erweitert worden. Hypertonie: a1Adrenozeptorantagonisten (a1-Blocker) sind aus der ersten Stufe der Empfehlungen der internationalen Hypertoniegesellschaften genommen worden, weil sie in einer langfristig angelegten großen klinischen Studie prognostisch schlechter abgeschnitten haben als ein Diuretikum. Betablocker und Diuretika gehören nach wie vor aufgrund der guten Langzeitdaten zur Standardtherapie der Hypertonie. Die relativ neuen AT1-Rezeptorantagonisten haben wegen des günstigen Nebenwirkungsprofils an Bedeutung gewonnen, obwohl bisher Langzeitstudien fehlen und sie teurer sind als die von ihrem Wirkprofil vergleichbaren ACE-Hemmer. Von diesen geraten die ersten aus der Patentpflicht und sind daher billiger. Eine sichere Bewertung der Calciumkanalblocker ist aus Sicht des Autors zur Zeit unmöglich. KHK: Hier hat sich ein Paradigmenwandel von der symptomatischen Behandlung der Angina pectoris hin zu einer kausalen, prophylaktisch orientierten Therapie vollzogen. Nitrate, insbesondere Langzeitnitrate und Molsidomin, und Calciumkanalblocker verlieren an Bedeutung. Statine, ASS, Betablocker und ACE-Hemmer haben an Bedeutung gewonnen, weil für alle in der Sekundärprophylaxe klare lebensverlängernde Effekte nachgewiesen sind. Der Thrombozytenaggregationshemmer Clopidogrel hat sich in Bezug auf Wirksamkeit und Nebenwirkung inzwischen als mögliche Alternative zu ASS erwiesen, ist allerdings deutlich teurer. Es sollte nur solchen Patienten verordnet werden, die ASS nicht vertragen (Asthma, Hypertonus, Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz). In diesem Zusammenhang sollte betont werden, daß die neuen COX-2 Hemmer wie Celecoxib und Rofecoxib die gleichen akuten Nebenwirkungen an der Niere und auf den Blutdruck ausüben wie die unselektiven nichtsteroidalen Antirheumatika und ASS. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Neue Arzneiformen in der täglichen Praxis Ob neuere Betablocker wie Nebivolol aufgrund einer NO-vermittelten Vasodilatation Vorteile gegenüber herkömmlichen Betablockern wie Bisoprolol oder Metoprolol aufweisen, ist zur Zeit unklar. Bei der Therapie mit Statinen werden in Zukunft Sicherheitsaspekte und Interaktionen mehr Beachtung finden müssen. Diabetes mellitus Typ II: Wichtige Erkenntnis der letzten Jahre ist, dass alle sekundärprophylaktischen, medikamentösen Maßnahmen wie ASS, Statine, ACE-Hemmer und auch Betablocker bei Diabetikern qualitativ dieselben Effekte haben wie bei Nichtdiabetikern, dass dieser Effekt aber aufgrund des deutlich höheren Risikos noch ausgeprägter ist. Metformin ist Therapie der Wahl bei übergewichtigen Abstractband 17 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Diabetikern, allerdings müssen die Kontraindikationen streng beachtet werden. Die neuen Glitazone (Rosiglitazon, Pioglitazon) wirken als Insulinsensitizer und senken bei insulinpflichtigen Diabetikern den Insulinbedarf, führen aber wie Insulin und die Sulfonylharnstoffe zur Gewichtszunahme und haben darüber hinaus ein lebertoxisches Potential. Eine abschließende Bewertung ist zur Zeit nicht möglich. Zusammenfassend steht heute mit den vorhandenen Substanzen ein effektives Arsenal zur Behandlung und Prophylaxe von Herz-Kreislauferkrankungen zur Verfügung. Defizite bestehen zum Teil noch bei der Umsetzung von evidenzbasierten Therapieempfehlungen. Fallstricke internistischer Notfallmedizin bei Vergiftungen W. Mühlberg, Nürnberg Über Fallstricke internistischer Notfallmedizin bei Vergiftungen stolpert man vor allem bei akuten Intoxikationen, deren Symptome unspezifisch sind, erst nach längerer Latenzzeit oder mit einem symptomfreien Intervall auftreten. Vergiftungen mit Pilzen 95 % aller letalen Pilzvergiftungen sind durch den grünen Knollenblätterpilz verursacht. Fallstrick 1: Nach Ingestion völlig symptomfreie Latenz von meist 8-12 (5-24) Stunden! Vergiftungserscheinungen beginnen mit einem heftigen Brechdurchfall mit reiswasserähnlichen Stühlen, häufig Ausbildung einer Exsiccose. Fallstrick 2: Nach dem initialen gastroenteritischen Stadium (Dauer 1-2 Tage) folgt eine klinische Besserung für etwa einen Tag! Anschliessend entwickelt sich eine Lebernekrose und eine Nierentubulusnekrose: steiler Anstieg der Transaminasen (frühestens nach 36 Stunden). Pilzvergiftungen, die später als 5 Stunden nach dem Essen einsetzen, sind fast immer Knollenblätterpilzvergiftungen! Vergiftungen mit Chemikalien CO-Intoxikation: Z.B. bewusstloser Patient in der Badewanne, CO-Intoxikation durch Gasofen mit defektem Abzug. Fallstrick: „Rosige“ Gesichtsfarbe verschleiert die Hypoxämie, so dass die nötige sofortige Sauerstoffgabe unterbleibt! Flußsäure-Verätzungen: Flußsäure besitzt aufgrund ihrer geringen Dissoziation und entsprechend hohen Lipidlöslichkeit ein starkes Penetrationsvermögen in das menschliche Gewebe. Fallstrick: Bei Verätzungen der peripheren Extremitäten häufig nur Schmerz ohne lokale Rötung – Patienten werden anfangs für Simulanten gehalten! 18 Abstractband Fallstrick 1: Wirkungsdauer von Naloxon ist mit 30-45 Minuten kürzer als die der Opioide: Klinikeinweisung ist trotz Besserung der Symptome durch Naloxon immer notwendig! Fallstrick 2: Besonders lange Wirkungsdauer von Methadon: daher nach intravenöser Initialgabe Naloxon-Infusion notwendig! Fallstrick 3: Bei Opioidabhängigen (Mehrzahl der Patienten) kann Naloxon schwere Entzugserscheinungen mit tödlichem Kammerflimmern auslösen: daher fraktionierte Gabe von 1 mg Naloxon in Abständen von einigen Minuten! Mischintoxikation mit Alkohol und Medikamenten: Patient imponiert mit deutlicher Alkoholfahne. Fallstrick: Zusätzliche Medikamentenintoxikation wird übersehen! Fremdanamnese vor allem bei bewusstlosen Patienten erforderlich. Vergiftungen mit Arzneimitteln Diphenhydramin-Intoxikation: Buntes und individuell verschiedenes Bild der Vergiftung. Bereits in therapeutischer Dosierung wird Unruhe, Verwirrung, Fieber und Tachykardie beobachtet. Symptome nach toxischen Dosen sind Mundtrockenheit, Brennen im Rachen, Schwierigkeiten beim Schlucken und Sprechen sowie Sehstörungen. Häufig besteht ein anticholinerges Syndrom. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Vergiftungen mit Alkohol Heroin, Codein, Methadon, Pethidin: Spezifische Behandlung mit Naloxon (Narcanti), das als kompetitiver Antagonist die Atemdepression und alle übrigen zentralen Wirkungen der Opioide aufhebt. Fallstrick 1: Die Diphenhydramin-Intoxikation kann nahezu jedes zentralneurologische Krankheitsbild imitieren! Besonders bei leichten Intoxikationen imponiert ein atypisches Bild, Patienten werden häufig mit der Diagnose einer akuten Psychose in psychiatrische Kliniken eingewiesen. Fallstrick 2: Bei schweren Intoxikationen treten tonisch-klonische Krämpfe auf; häufigste falsche Diagnose ist dann „Status epilepticus“! Clonidin-Intoxikation bei Kleinkindern: Kind hat „nur 1 Tablette“ verschluckt. Fallstrick: Schwere Intoxikation schon ab 100-125 mg (evtl. < 1 Tablette) zu erwarten! Abstractband : 19 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Fallstricke internistischer Notfallmedizin bei Atemwegs- und Lungenerkrankungen SEMINARE/KURSE P. L. Bölcskei, Nürnberg 8. bis 9. Dezember 2001 Die meisten pneumologischen Notfälle gehen mit Atemnot, sowie mehr oder weniger charakteristischen Auskultations- und Perfusionsbefunden einher. Häufig sind Untersuchungen wie Messung der Lungenfunktionsparameter Einsekundenkapazität (FEV1), der forciert geatmeten Vitalkapazität, sowie des exspiratorischen und evtl. des inspiratorischen Peak-flows, eine arterielle oder kapillare Blutgasanalyse, sowie ein EKG für die Differentialdiagnose hilfreich. Die Unterscheidung Obstruktion/Restriktion gelingt nicht mit der alleinigen Durchführung des exspiratorischen Peak-flows. An bildgebenden Verfahren sind Röntgen-Thorax-Aufnahmen, falls möglich in zwei Ebenen, sowie ein Lungenperfusionsszintigramm für die Weichenstellung des therapeutischen Vorgehens wertvoll. Wenn die gezielte Anamnese verwertbare weiterführende Angaben liefert, kann der Erfahrene bereits mit einigen der vorher genannten Untersuchungen die richtige Fährte finden. Die folgenden pneumologischen Notfallsituationen und deren Vermeidung werden im Referat diskutiert: · · · · 20 Nächtliche „Erstickungsanfälle” ohne anamnestische Hinweise auf eine obstruktve Atemwegserkrankung. Plötzlich sich verschlimmernde Atemnot bei Patienten mit COPD. Führende körperliche Untersuchungsbefunde: hochgradige Atemnot, einseitiger hyper sonorer Klopfschall und weitgehend aufgehobenes Atemgeräusch. Junge, vorher gesunde Männer oder Frauen mit pneumonischen Infiltraten und „Schwächeanfällen” nach vorausgegangenem Trauma. Allmähliche Verschlimmerung einer Atemnot über mehrere Wochen: auf antiobstruktive Therapie kein Ansprechen. Raucheranamnese. Führende körperliche Untersuchungsbefunde: Stark abgeschwächtes Atemgeräusch über beiden Lungen, perkutorisch keine Dämpfung, fehlender oder nur angedeuteter Stridor. Abstractband O. Bartels, Nürnberg Aufgrund der Fortschritte der Pharmakologie, interventionellen Kardiologie und Herzchirurgie während der vergangenen 30 Jahre hat die Dringlichkeit der rechten Deutung akuter Symptome, die Patient und Arzt häufig nicht spontan an eine Herzerkrankung denken lassen, an besonderer Aktualität ärztlichen Handelns in der Notfallmedizin gewonnen. Drei charakteristische Symptome lassen den erstbehandelnden Arzt stets an eine Herzerkrankung denken: 1. Akuter Brustschmerz – koronare Herzkrankheit 2. Akute Luftnot, vor allem mit Orthopnoe – Linksherzinsuffizienz 3. Synkope – hämodynamisch wirksame Arrhythmie Zweifellos sind die koronare Herzkrankheit, die akute Herzschwäche (z.B. beim Hypertoniker) und die arrhythmogene Synkope die häufigsten Ursachen einer kardial bedingten Notfallsituation und werden in der Regel selten verkannt. Ganz anders stellt sich die Situation dar, wenn die drei Leitsymptome Brustschmerz oder Kurzatmigkeit oder Bewusstseinsstörung nicht auf eine KHK, Linksinsuffizienz oder Rhythmusstörung hinweisen. In dieser Situation ist der erstbehandelnde Arzt gefährdet, sich in „Fallstricken“ fehlgeleiteter Interpretation zu Lasten seines Patienten zu verfangen. Gerade solche nicht typischen kardialen Notfallsituationen bedürfen vielfach rascher Erkennung, da sie nicht selten scheinbar akut, in Wirklichkeit am Ende einer bisher nicht erkannten Krankheitssituation stehen und besonders rascher zielgerichteter Pharmakotherapie und/ oder interventioneller Behandlung und/oder eines kardiochirurgischen Eingriffes bedürfen. Hierzu gehören folgende Erkrankungen mit der Gefahr der primären Fehlinterpretation und damit bedrohlichen Verzögerung u.U. dringlicher Intervention: 1. Initialer Brustschmerz: Perikarditis mit Tamponade, Aortendissektion, Lungenembolie 2. Plötzliche Kurzatmigkeit: Mitralstenose, Aortenstenose, Mitralinsuffizienz 3. Synkope, TIA, Schwindel – nicht arrhythmogen: Infektiöse Endokarditis, Vorhofmyxom, Aorten-, Pulmonalstenose, Kardiomyopathie Die Diagnose der aufgeführten Krankheiten mit der Möglichkeit fehlleitender Symptomatik erfordern solide klinische Kenntnisse jenseits ärztlicher Alltagsroutine. Die rasche Erkennung ist nur möglich durch gezielte, aber exakte Anamnese (trotz Zeitdrucks!), ordentliche fachkundige Körperuntersuchung einschließlich Auskultation (deren Kunst zu erlernen zunehmend am Krankenbett schmählich vernachlässigt wird) und schöpferische Phantasie des Arztes, wenn geläufige Symptome – wie am Beispiel von Brustschmerz, Kurzatmigkeit und Synkope aufgezeigt – nicht zu der erwarteten Diagnosen passen. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Fallstricke internistischer Notfallmedizin bei kardialen Erkrankungen Fallstricke zu vermeiden gehört zur ärztlichen Kunst, basierend auf Wissen und souveräner Beherrschung körperlicher Untersuchung – auch im Notfall. Abstractband 21 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Fallstricke internistischer Notfallmedizin bei Infektionserkrankungen K. Fleischer, Würzburg Die klinische Beurteilung einer akuten Infektionskrankheit insbesondere nach Tropenrückkehr wird von vielen in der Praxis oder Klinik tätigen Kollegen/innen als schwierig angesehen. Es bleibt oft die Unsicherheit, eine für sie ungewöhnliche Erkrankung nicht zu erkennen und in Diagnostik und Therapie nicht die richtigen Schritte einzuleiten. Darüber hinaus fällt manchmal die Einschätzung der möglichen Infektiosität und die Einleitung der daraus folgenden Schritte schwer. Auch ohne formales tropenmedizinisches Training kann man eine gewisse Ordnung in eine solche Untersuchung bringen und die Trefferquote von Verdachtsdiagnosen wesentlich erhöhen. Die Untersuchung umfasst: · Erhebung der Beschwerden nach den Hauptsymptomen Fieber, Stuhl- und Miktionsbeschwerden, Kopf- und Gelenkschmerzen, Hautsymptome · · Befragung zum exakten Zeitablauf, Reisegeschichte nach Land und Region, Reiseart: Hotel oder Rucksacktour, Hygiene- und Prophylaxemaßnahmen, besondere Speisen wie ungares Fleisch und Fisch Klinische Untersuchung mit besonderer Beachtung von peripheren Lymphknoten, Ikterus, Exanthemen, Stichen, Vergrößerung von Milz und Leber und Störung im Sensorium Anhand des Schemas werden neun akute Infektionskrankheiten dargestellt. MALARIA Beschwerden: Fieber: plötzlich mit Schüttelfrost <4 Wochen nach Rückkehr. Bei M. tropica unregelmäßig, bei tertiana im Verlauf Wechselfieber (50%). Schmerzen: Kopf, Muskeln, oft bd. Nieren, Husten. Darm: Mäßiger, selten starker Durchfall. Reise: Tropen, Moskitostiche, Chemoprophylaxe. Befund: Haut: warm. Milz: palpabel. Sensorium: Bei Tropica ab 3.– 5. Tag Erregbarkeit bis Schläfrigkeit. ENTERITIS: Beschwerden: Schmerzen: Darm: Reise: Befund: 22 Abstractband > 90 % bakteriell Fieber: oft nur 1 Tag, bei Typhus und Shigellose ansteigend, anhaltend. Wenig, Schwäche. Häufige wässerige Stühle, bei Shigellen mit hellem Blut, bei Typhus rasch Verstopfung mit Schmerzen. Ballungsräume in Tropen. Haut Ø, Milz Ø. Sensorium: bei Typhus getrübt. Leib: Oberbauchvölle. GIARDIASIS Beschwerden: Schmerzen: Darm: Reise: Befund: Fieber Ø. Oberbauchvölle innerhalb von 1 bis 3 Monaten. Weich-wässrige Stühle, Rumoren, Blähungen. Weltweit, Trinkwasser, Salat. Haut Ø, Milz Ø. Leib: Oberbauch – Druckschmerz. Sensorium Ø. DENGUE UND DENGUE HÄMORRHAG. FIEBER (DHF) Beschwerden: Fieber: plötzlich, anhaltend, ~ 39° C, innerhalb von 1 (max.2) Wochen. Schmerzen: Kopf, Nacken, Gelenke. Darm: Leichte Durchfälle. Reise: SO-Asien, Karibik, Küsten O-Afrika und Lateinamerika, Mosquitostiche tagsüber, in Städten bei DHF wiederholter Aufenthalt und Fieber. Befund: Feines Exanthem, bes. an Extremitäten, überrötete Haut, Dermographismus, bei DHF massenhaft nicht wegdrückbare Blutpunkte, Nasen- und Zahnfleischbluten. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer AMÖBENRUHR Beschwerden: Fieber: langsam ansteigend, schubweise. Schmerzen: Unterbauch. Darm: Wenige teils blutig-schleimige Stühle. Reise: Straßenessen, Salat. Befund: Haut Ø, Milz Ø, bei Leberabszess Leberschmerzen. Sensorium Ø. VIRUSENCEPHALITIS. FSME; West Nile, Jap. Encephalitis, Murray Valley u.a. Beschwerden: Fieber: Meist mäßig, wechselnd, innerhalb von 2-14 Tagen. Schmerzen: Ausgeprägt Kopf hinter Augen; Lichtscheu. In Ohr: Hörstörung. Reise: Mosquito- und Zeckenbiss bei “outdoor-activities”, umschriebene Infektionsregionen. Befund: Haut: feines Exanthem, flüchtig, mehr am Stamm. Milz: vergrößert. Sensorium: rasch beteiligt, Wortfindungsstörungen. LASSA – Hämorrhagisches Fieber Beschwerden: Fieber: plötzlich, anhaltend, hoch ~ 40° C, innerhalb von 5-16 Tagen. Schmerzen: Kopf, Gelenke. Hals: Schluckschmerz. Brustkorb: hinter Sternum. Trockener Husten. Darm: 1. Woche normal, 2. Woche wässriger Durchfall. Reise: Westafrika und Nigeria bis Liberia. Kontakt in Dörfern/Camps mit RattenUrin. Essen auf den Boden, Pflege von Kranken. Befund: „nicht beeinflussbares Fieber, Husten, Halsschmerz”. Haut: 1. Woche normal. 2. Woche Bluten aus Einstichen, in Schleimhäute. Abstractband 23 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer SANDFLIEGENFIEBER: Pappataci-Fieber Beschwerden: Fieber: plötzlich, mäßig, innerhalb von 2-6 Tagen Schmerzen: Deutlich Kopf und Wirbelsäule, “break bone fever” Darm: Gelegentlich leichter Durchfall Reise: Mittelmeerraum bis Indien. Durch Sandfliegenstiche in Beine (Flughöhe bis 1 m) besonders vor Sonnenuntergang Befund: Kurz, aber kräftig krank. Haut: isolierte Sandfliegenstiche an Beinen, selten flücht. Exanthem am Stamm. Milz: o.B. Sensorium o.B. PEST Beschwerden: Fieber: rasch ansteigend, wechselnd, innerhalb von 2-7 Tagen. Schmerzen: Überall, besonders Kopf und Brust. Darm: Anfangs normal, dann blutig. Reise: In benannten Naturpestherden von Indien, China, Zentralasien, O-u. SAfrika, Rocky Mountains (USA), Kontakt mit toten Ratten und deren Flöhen. Befund: Schwerstkrank – septischer Patient. Haut: In Axilla/Leiste: bis eigroße schmerzhafte Beule (n). Milz: rasch zunehmend. Sensorium: rasch getrübt. Fallstricke internistischer Notfallmedizin bei Lebererkrankungen A. Holstege, Landshut Chronische Lebererkrankungen verlaufen zumeist schleichend und werden erst im fortgeschrittenen Stadium symptomatisch. Unabhängig von der Ätiologie der Leberschädigung endet die chronische Erkrankung unbehandelt fast immer in einer Leberzirrhose. Lebensbedrohliche Situationen in der internistischen Notfallmedizin ergeben sich aus den Komplikationen der Leberzirrhose, die wiederum Folgen der sich entwickelnden por talen Hypertension sind. Zu diesen Komplikationen gehören die obere gastrointestinale Blutung, die hepatische Encephalopathie, das hepatorenale Syndrom und der Ascites, der mit und ohne spontan bakterielle Peritonitis auftreten kann. Bei einer akuten Lebererkrankung wird selten der Übergang in ein akutes Leberversagen beobachtet, das ein rasches intensivmedizinisches und interdisziplinäres Handeln erfordert. Hämatemesis,Teerstuhl und auch Hämotochezie stellen klinische Zeichen einer oberen gastrointestinalen Blutung dar. Die gezielte Therapie erfordert eine weitere diagnostische Abklärung mittels Endoskopie, da sich hinter diesen Symptomen auch bei einem Patienten mit Leberzirrhose verschiedene Ursachen verbergen können. Am häufigsten ist die Blutung aus Ösophagus- und Magenvarizen, wobei jedoch weitere mögliche Blutungsquellen 24 Abstractband Die initiale Blutstillung der akuten Ösophagusvarizenblutung erfolgt gleich während der endoskopischen Diagnostik mittels Sklerosierung oder vorzugsweise mittels Ligatur. Beide Verfahren sind gleich effektiv mit einer initialen Blutstillungsrate von 80-90%. Die mit der Ligatur verbundenen Nebenwirkungen sind seltener als bei der Sklerosierung und umfassen oberflächliche Ulzerationen und seltener Stenosierungen des Ösophagus. Nachteilig kann sich für den Untersucher der bei der Ligatur notwendige Aufsatz auf die Spitze des Endoskops auswirken, da hierdurch das Blickfeld stark eingeengt wird. Vasokonstriktorisch wirkende Medikamente, wie Terlipressin oder Somatostatin und seine Derivate sollten trotz der in Studien aufgezeigten ähnlichen Effektivität bei der Blutstillung nie allein sondern stets in Kombination mit endoskopischen Maßnahmen eingesetzt werden. Über bis zu 5 Tagen nach der endoskopischen Blutstillung verabreicht, reduziert dies Vorgehen den Bedarf an Bluttransfusionen und erhöht zusätzlich die Wirksamkeit des Eingriffs. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer peptische Ulcera, die portal hypertensive Gastropathie, die gastrale antrale vaskuläre Ektasie (GAVE-Syndrom) und das Mallory-Weiss Syndrom darstellen. Bei Verdacht auf eine schwere akute Oesophagusvarizenblutung kann bereits vom Notarzt Terlipressin in Kombination mit einem Nitropräparat oder ein Somatostatinderivat verabreicht werden, da dies nicht nur die Bedingungen für die nachfolgende Endoskopie bessert sondern auch zum Stillstand der Blutung führen kann. Vor der Endoskopie ist die hämodynamische Situation des Patienten (Puls, Blutdruck) durch Volumengabe zu stabilisieren, wobei hierfür kristalline Infusionslösungen allein oder auch in Kombination mit Albuminlösungen geeignet erscheinen. Kolloidale Volumenersatzmittel haben den Nachteil einer ungünstigen Wirkung auf die Blutgerinnung, die Nierenfunktion und das Risiko eine anaphylaktische Reaktion auszulösen. Für den Blutersatz durch Erythrozytenkonzentrate ist ein Grenzwert nur schwer festzulegen, da die individuelle Toleranz gegenüber einem Abfall des Hämoglobinwertes von zahlreichen Faktoren abhängt. Die Grenze, ab der eine Substitution erfolgen sollte, liegt bei 7-8g/dl, was einem Blutverlust von 25-50% des Ausgangsvolumens entspricht. Eine Überdosierung sollte vermieden werden, da dies die Rezidivblutung begünstigen kann. Nach Substitution sollte der Hämoglobingehalt nicht über 9-10 g/dl liegen. Blutverluste von 50-75% des Ausgangswertes erfordern zusätzlich die Gabe von gefrorenem Frischplasma (FFP). Bei Vorliegen von hepatisch bedingten Gerinnungsstörungen kann dies auch schon früher erforderlich werden. Eine weitere allerdings weniger effektive Alternative stellt die Ballonsondentamponade dar. Der Einsatz der Sengstaken-Blakemore Sonde erfordert Erfahrung und eine intensivmedizinische Überwachung des Patienten. Das Entblocken der Sonde ist häufig mit einer Rezidivblutung verbunden, so dass dieses Verfahren nur bei Versagen einer endoskopischen Therapie oder zur Überbrückung der Zeit, bis zu der eine definitive Maßnahme zur Verfügung steht, zur Anwendung kommen sollte. Wegen der hohen Mortalität verbietet sich in diesen Situationen die Anlage eines chirurgischen Notfallshuntes. Als Ausweichmethode hat sich die Anlage eines transjugulären portosystemischen Stent-Shunts (TIPS) bei Patienten mit nicht zu schlechter Leberfunktion etabliert. Abstractband 25 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Fallstricke finden sich nicht nur beim korrekten Einsatz dieser Methoden sondern auch beim Einsatz der adjuvanten Therapiemaßnahmen, die häufig unterlassen werden. Bei vorhandenem Ascites kann durch die Endoskopie eine spontan bakterielle Peritonitis ausgelöst werden. Bei 13% der Patienten mit notfallmäßiger Ösophagusvarizensklerosierung kam es zu einer klinisch bedeutsamen Bakteriämie. In einer Metaanalyse erwies sich der Einsatz von Antibiotika bei Leberzirrhose und oberer gastrointestinaler Blutung statistisch signifikant gegenüber Placebo in der Häufigkeit von Infektionen, dem selteneren Auftreten einer spontan bakteriellen Peritonitis und der geringeren Mortalität überlegen. Entsprechend ist die Gabe von Antibiotika bei akuter Ösophagusvarizenblutung obligat, zumal es Hinweise darauf gibt, dass Infektionen auch als Auslöser einer Varizenblutung dienen können. Weitere adjuvante Maßnahmen helfen das Auftreten einer hepatischen Encephalopathie bei oberer gastrointestinaler Blutung zu vermeiden. Hierzu gehören das möglichst vollständige Absaugen des Blutes aus dem Magen während der Endoskopie und die wiederholte prophylaktische orale oder rektale (Einläufe) Verabreichung von Laktulose. Schwierigkeiten bereitet häufig die Erkennung einer spontan bakteriellen Peritonitis (SBP), die initial asymptomatisch oder nur mit einer Verschlechterung der Nierenfunktion oder einer hepatischen Encephalopathie einhergehen kann. Wichtig ist daher die Probepunktion des Ascites mit Bestimmung der Leukozyten- oder Granulozytenzahlen, die eine SBP definieren (Werte > 500/ml bzw > 250/ml). Eine weitere differentialdiagnostische Einordnung des Ascites ist über die Messung zusätzlicher Parameter im Aspirat möglich. Therapeutisch empfiehlt sich die Gabe von Cephalosporinen (Cefotaxim, Ceftriaxon) oder Amoxycillin/ Clavulansäure. Die Kombination mit Metronidazol ist wegen der Seltenheit von AnaerobierInfektionen nicht regelhaft erforderlich. Das Ansprechen der Antibiotikatherapie kann an einem Abfall der Leukozytenzahlen im Ascites durch erneute Punktion nach wenigen Tagen verfolgt werden. Bei Patienten mit Leberzirrhose und einer Verschlechterung der Nierenfunktion müssen eine Infektion und der Einfluss von nephrotoxischen Medikamenten wie NSAR oder Aminoglykosiden ausgeschlossen werden. Auch eine zu forcierte Diuretikatherapie oder ein Volumenmangel bei gastrointestinaler Blutung können zu einem Kreatininanstieg und prärenalem Nierenversagen führen. Definitionsgemäß liegt ein hepatorenales Syndrom (HRS) vor, wenn das Serumkreatinin über 1,5 mg/dl ansteigt oder die Kreatininclearance unter 40 ml/min abfällt. Die therapeutischen Optionen sind in dieser Situation limitiert. Beim Versagen einer Behandlung mit vasokonstriktorisch wirkenden Peptiden (Ornipressin) sollte ein TIPS oder eine Lebertransplantation zum Einsatz kommen. Dopamin zeigt bei HRS keine Wirkung. 26 Abstractband P. W. Reeh, Erlangen Die Entdeckung der durch Hitzereize aktivierten Ionenströme und die Klonierung der daran beteiligten Capsaicin-Rezeptorkanäle VR1 und VRL1 aus sensorischen Nervenzellen hat ein grundsätzlich neues Licht auf die Transduktionsmechanismen geworfen, durch die Entzündungsmediatoren Nozizeptoren erregen und Schmerz sowohl hervorrufen als auch aufrecht erhalten. Prostaglandin E2, Histamin, ATP und, am wirksamsten, Bradykinin und Gewebsazidose bewirken in erster Linie eine dramatische Sensibilisierung der Nozizeptoren gegen Hitze (bzw. Wärme), die eine Rekrutierung zuvor unempfindlicher Nervenendigungen mit einschließt. Membranständige Rezeptoren und verschiedene „second-messenger-“Kaskaden, einschließlich cAMP, Calcium-Einstrom und Proteinkinasen, sind an der Vermittlung der sensibilisiernden Wirkung beteiligt. Verschiedene hitzeaktivierte Ionenkanaltypen, darunter die durch Entzündung rekrutierten Capsaicinrezeptoren, sind das Ziel der Sensibilisierung, die durch Phosphorylierung der Kanalproteine erreicht wird. Für die Wirkung von Bradykinin und Gewebsazidose kann demonstriert werden, dass die Nozizeptorschwellen binnen Sekunden bis Minuten in den Bereich der Raumtemperatur absinken, wodurch die lokale Körpertemperatur zum massiven Reiz wird und Entladungstätigkeit in nozizeptiven Nervenfasern induzieren kann. Diese scheinbar chemisch, aber in Wahrheit thermisch induzierte Aktivität unterliegt dann einer gewissen Adaptation. Die Nozizeptorschwellen verbleiben aber unter der Körpertemperatur und zwar infolge sekundärer Prostaglandinsynthese, induzier t z.B. durch Bradykinin. Dadurch werden die Nozizeptorsensibilisierung und die daraus resultierende Daueraktivität sowie Hyperalgesie solange aufrecht erhalten, wie die sich gegenseitig in ihrer Wirkung verstärkenden Entzündungsmediatoren im Gewebe vorliegen. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Pathophysiologie des Schmerzes Erregung durch thermische Sensibilisierung mag auch als Mechanismus dienen, der die bisher rätselhaften Hitzenozizeptoren in den Tiefen des Körpers im Falle von Entzündung und die ektope Erregung in neuropathischen Nerven antreibt. Nicht nur die Nervenendigungen sondern auch die Fasern selbst antworten nämlich wohlabgestuft auf Azidose sowie noxische Hitzereize und setzen dabei im peripheren Nerv entzündungsfördernde und gefäßerweiternde Neuropeptide frei. Eine vereinheitlichende Theorie zuvor divergierender nozizeptiver Mechanismen könnte neue Ziele für pharmazeutisch-chemische Entwicklungen liefern sobald die molekularen Grundlagen, hitzeaktivierte Ionenkanäle, identifiziert sein werden. Abstractband 27 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Besonderheiten der Schmerzdiagnostik und -therapie beim älteren Patienten Th. Nikolaus, Ulm Angaben über die Häufigkeit chronischer Schmerzzustände bei älteren Menschen sind immer noch mit großen Unsicherheiten behaftet. Verlässliche epidemiologische Angaben aus Deutschland existieren nicht. In amerikanischen und skandinavischen Untersuchungen wird die Prävalenz bei zuhause lebenden älteren Menschen, die beständige oder rezidivierend auftretende Schmerzen beklagen, zwischen 25 und 50 % angegeben. Bei Bewohnern in Alten- und Pflegeheimen liegt die Prävalenz von chronischen Schmerzen noch deutlich höher als in einer vergleichbaren Alterskohorte, die zuhause lebt. Die Schätzungen reichen von 45 bis 80 % (1). Ursachen für die stark schwankenden Angaben liegen neben der Einstellung vieler Ärzte und auch Patienten, die Schmerzen für einen normales Phänomen des Alternsprozesses ansehen auch in der Tatsache begründet, dass es bisher validierte Instrumente zur Erfassung chronischer Schmerzen bei älteren Menschen nicht gab. In der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS) hat sich deshalb ein Arbeitskreis „Schmerz und Alter” konstituiert, der ein strukturiertes Schmerzinterview für ältere Menschen entwickelt und validiert hat. Die Ergebnisse der Pilotphase zeigen, dass sich das Interview einfach und schnell durchführen lässt und auch für Menschen mit milden kognitiven Störungen geeignet ist (2). Die Arbeitsgruppe arbeitet gegenwärtig an einem Verlaufsfragebogen, der auf dem strukturierten Schmerzinterview basiert. Der nächste Schritt ist die Entwicklung eines Fremdbeobachtungsinstrumentes für Patienten, die nicht kommunizieren können in Anlehnung an Entwicklungen in der Pädiatrie zur Erfassung von Schmerzen bei kleinen Kindern. Die Entwicklung eines solchen Schmerzerfassungsbogens ist dringend erforderlich, da Schmerzen bei demenzkranken Menschen noch weit weniger adäquat behandelt werden als bei einer nicht demenzkranken Vergleichsgruppe. Bei der Therapie von chronischen Schmerzen sollten medikamentöse mit nicht medikamentösen Behandlungsverfahren kombiniert werden. Die Empfehlung eines multimodalen Schmerzkonzeptes zur Therapie chronischer Schmerzen folgt der rationalen Überlegung, dass mit der Kombination mehrerer Verfahren ein additiver Effekt erreicht werden kann und sich Nebenwirkungen insbesondere der Pharmakotherapie minimieren lassen. Bei der medikamentösen Therapie ist zu bedenken, dass es bisher wenig randomisierte Studien zum Einsatz von Analgetika bei älteren Menschen gibt. Therapiestudien bei den sogenannten alten Alten d. h., bei den über 85-Jährigen, fehlen völlig. Wie wichtig jedoch Untersuchungen auch bei hochaltrigen Menschen sind, zeigt die Entwicklung der COX-2-Hemmer. Sie führen bei guter gastrointestinaler Verträglichkeit zu einer vermehrten Natriumretention mit Ödembildung bis hin zur kardialen Dekompensation bei vorbestehender Herzinsuffizienz. 28 Abstractband Literatur: 1. Nikolaus Th. Assessment chronischer Schmerzen bei älteren Menschen. Therap Umsch 1997: 54:340-344 2. Basler H.-D., Bloem R., Casser H.-R., Gerbershagen H., Griesinger N., Hankemeier U., Hersselbarth S., Lautenbacher S., Nikolaus Th., Richter W., Schröter C., Weiß L. Ein strukturiertes Schmerzinterview für geriatrische Patienten. Schmerz 2001: 15:164-171 3. Nikolaus Th. Welche Analgetika für alte Patienten? MMW-Fortschr Med 2000: 142:968-972 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Bei der häufig vorbestehenden Multimorbidität ist daher beim Einsatz jedes Analgetikums sorgfältig auf die möglichen Nebenwirkungen zu achten. Aufgrund der veränderten Pharmakogenetik und -dynamik sollte jedes Schmerzmittel mit der niedrigsten empfohlenen Dosis begonnen werden, die Steigerung langsam erfolgen (start low, go slow). Grundsätzlich sollte eine analgetische Therapie folgenden Regeln folgen: by the mouth, by the time, by the ladder, d.h. die Verabreichung sollte, wenn immer möglich, oral erfolgen, in einem festen Zeitschema und sich an dem Stufenschema der WHO zur Behandlung von Karzinomschmerzen orientieren (3). Die medikamentöse Therapie muss in jedem Fall und in Abhängigkeit von der auslösenden Schmerzursache mit nicht medikamentösen Therapieverfahren kombiniert werden. Hier haben sich bei älteren Menschen insbesondere die physikalische Therapie, die Physiotherapie, das Kraft- und Aufbautraining sowie die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) bewährt. Im Einzelfall sind jedoch auch psychologische Verfahren mit Biofeedback oder Entspannungstechniken wie das autogene Training oder die progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen Erfolg versprechend. Besonderheiten der Schmerztherapie bei onkologischen Patienten H. Kappauf, Nürnberg 1. Schmerz ist nicht nur eine körperliche Empfindung Bereits vor knapp einem Viertel Jahrhunder t schrieb der renommier te Pionier der onkologischen Schmerztherapie, der Oxford-Professor Robert Twycross: „Es gibt viele Gründe für eine ungenügende Schmerzlinderung, aber vielleicht ist einer der wichtigsten das ungenügende Verständnis von Ärzten und Schwestern, dass Schmerz nicht nur eine körperliche Empfindung ist.” Bei der Schmerzanalyse müssen unterschieden werden zwischen einem Schmerzreiz, der bewussten Schmerzwahrnehmung, dem damit verbundenem, durch individuelle Bedeutungsgebungen moduliertem Schmerzerleben und dem Schmerzverhalten. Allein letzteres weist auf die Existenz von Schmerzen hin. Schmerzreiz, Schmerzwahrnehmung, Schmerzerleben, Schmerzintensität und Schmerzverhalten sind jedoch keineswegs streng miteinander korreliert. Abstractband 29 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer 2. Krebs ist mit Schmerz assoziiert Bis zu 50% aller Patienten, bei denen eine Tumorerkrankung diagnostiziert wird, leiden unter Schmerzen. Bei fortgeschrittener Krankheit steigt der Anteil auf 70 –80%. Schmerz bedeutet in vielen Sprachen schlicht das „Böse”. Es verwundert somit nicht, dass maligne („bösartige”) Erkrankungen von vielen Menschen mit quälenden Schmerzen gleichgesetzt werden. Dementsprechend ist der Wunsch Krebskranker nach aktiver Sterbehilfe am häufigsten durch unkontrollierbar erlebte oder zukünftig befürchtete Schmerzen motiviert. Da Krebserkrankungen von Patienten mit unkontrolliertem Wachstum assoziiert werden, ist für sie die Erfahrung einer befriedigenden Schmerzkontrolle eine wichtige Bewältigungshilfe. 3. Schmerz ist nicht die Krankheit Bei Tumorkranken sind etwa zwei Drittel der Schmerzsyndrome unmittelbar tumorbedingt (z.B. Knochenmetastasen). Daneben finden sich Schmerzzustände tumorassoziiert (z.B. bei Lymphödem, Herpeszoster) oder therapiebedingt (z.B. Mukositis, Paravasate, toxische Neuropathien, Skelettschmerzen bei G-CSF Therapie). Außerdem finden sich gerade bei multimorbiden älteren Tumorpatienten sehr häufig vorbestehende oder neu aufgetretene tumorunabhängige Schmerzen (z.B. degenerative Skelettschmerzen, Glaukom, Angina pectoris). Dementsprechend klagen die meisten onkologischen Patienten gleichzeitig oder im Krankheitsverlauf über verschiedene Schmerzarten. Eine genaue Schmerzanalyse ist wichtig, besonders wenn Patienten über neue, verstärkte oder therapierefraktäre Schmerzen klagen. Häufige psychosoziale Begleitumstände einer Krebserkrankung, wie beispielsweise Angst, Schlafstörungen, Depression, Trauer oder soziale Isolation, verstärken die individuelle Schmerzwahrnehmung, so dass selbst ohne Krankheitsprogredienz die Schmerzintensität zunehmen kann. Eine befriedigende onkologische Schmerztherapie muss sich somit um eine allumfassende Symptomkontrolle bemühen und die einzelnen Symptome als miteinander verwobene multidimensionale Konstrukte verstehen. Nicht-pharmakologische Maßnahmen der Krankenpflege, physikalischen Therapie oder der psychosozialen und spirituellen Beratung und Begleitung können die Symptomkontrolle sehr hilfreich unterstützen. Die Behandlung Tumorkranker muss auf ihr Gesamtbeschwerdebild ausgerichtet sein. Bei gegebener Indikation wird eine tumorspezifische Behandlung gleichzeitig mit der symptomatischen Therapie durchgeführt. Tumorspezifische Maßnahmen (Chemo- oder Hormontherapie, Bestrahlung, chirurgische Eingriffe zur Entlastung oder Stabilisierung) beseitigen in vielen Krankheitssituationen die Schmerzursache, so dass dann oft die analgetische Medikation beendet werden kann. 4. Das Schmerzerleben Krebskranker spielt sich nicht an Nozizeptoren ab Eine erfolgreiche Schmerztherapie bei onkologischen Patienten erfordert selbstredend ein differenziertes pathophysiologisches Verständnis der Schmerzentstehung und eingehende pharmakologische Kenntnisse. Gleichzeitig muss aber realisiert werden, dass sich das Schmerzerleben Krebskranker nicht an Nozizeptoren abspielt, sondern mit ihren Vorstellungen und individuellen Bedeutungszuschreibungen verbunden ist. 30 Abstractband 5. Nozizeptiver oder neuropathischer Schmerz? Nozizeptive und neuropathische Schmerzen lassen sich zumeist bereits durch die Schmerzanamnese und die klinische Untersuchung differenzieren. Auch wenn sich bei vielen Tumorpatienten mehrere Schmerzformen kombinieren, ist diese Unterscheidung behandlungsrelevant. Neuropathische Schmerzen erfordern frühzeitig und langfristig ein die Schmerzverarbeitung modulierendes Ko-Analgetikum in ausreichender Dosierung. 6. Dauerschmerz und / oder Durchbruchschmerz? Die meisten Schmerzzustände bei Tumorpatienten entsprechen Dauerschmerzen, die eine ausreichende analgetische Dauermedikation erfordern, solange die Schmerzursache gegeben ist. Dauerschmerzen sind jedoch eher selten in ihrer Intensität stabil. Bei gewissen Aktionen (z.B. Bewegungen, Hustenattacken, Nahrungsaufnahme bei Mukositis) oder auch ohne erkennbaren Auslöser können Schmerzspitzen, sogenannte Durchbruchschmerzen, auftreten. Während sich bei Dauerschmerzen Arzneimittel, die das Analgetikum verzögert freisetzen (Retard-Prinzip), sehr bewährt haben, sind derartige galenische Zubereitungen für die rasche Kontrolle von Akut- und Durchbruchschmerzen ungeeignet. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Empirisch abgesichert ist der Schmerz vieler Krebskranker nicht nur eine Aussage über körperliche Beschwerden, sondern auch über ihre aktuelle psychische Befindlichkeit und ihre Sorge, dass die Krankheit fortschreitet. Direkt tumorbedingte Schmerzen haben im Schmerzerleben eine andere Bedrohlichkeit als Schmerzen, die therapieassoziiert oder unabhängig von der onkologischen Grundkrankheit gewertet werden. Damit gewinnt die therapeutische Beziehung und vor allem die gute Kommunikation zwischen Patient, Ärzten, anderen Therapeuten, Pflegenden und Angehörigen eine große Bedeutung für die befriedigende Schmerztherapie. Denn Missverständnisse, eine unbegründet fatalistische Krankheitssicht und angstbesetzte Vorstellungen zur Schmerztherapie behindern häufig deren konsequente Umsetzung und protrahieren unnötiges Leiden. Für Durchbruchschmerzen bei einer wirksamen Basisanalgesie mit Non-Opioiden (WHO Stufe I) ist ein nicht verzögert freigesetztes Opioid (Stufe II oder III) sinnvoll. Denn NonOpioide haben ein schmales therapeutisches Fenster, das Dosissteigerungen begrenzt. Von einer Kombination von verschiedenen Non-Opioiden ist aus Toxizitätsgründen abzuraten. Bei einer Basisanalgesie mit Opioiden ( WHO Stufe II oder III) erfolgt die Behandlung von Durchbruchschmerzen mit dem gleichen Opioid, oder einem Opioid mit gleichem OpioidRezeptor-Verhalten, in einer rasch wirksamen Aufbereitung. Denn Opioide der Stufe II (z.B. Tilidin, Tramadol, Codein, Dihydrocodein ) haben ein größeres, Opioide der Stufe III (z.B. Morphin, Fentanyl, Hydromorphon) sogar ein praktisch unbegrenztes therapeutisches Fenster. Zu vermeiden ist dabei eine Kombination von unterschiedlichen Opioiden der Stufe II, die Kombination von Opioiden der Stufe II mit denen der Stufe III und die Kombination von Opioiden der Stufe III mit unterschiedlichen Rezeptor-Verhalten (z.B. Buprenorphin mit anderen Opioiden). Denn derartige Kombinationen vermindern die Schmerzwirkung, steigern aber Nebenwirkungen. Abstractband 31 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Die Einzeldosis bei Durchbruchschmerzen soll bei oraler, rektaler, oder transdermaler Verabreichung etwa 1/6 der bisherigen Tagesdosis entsprechen, bei parenteraler Basisanalgesie können jeweils 10-20% der Tagesdosis zusätzlich gespritzt werden. Analgetika-Aufbereitungen mit sehr verzögerter Wirkstofffreisetzung, z.B. Membranpflaster, sind für die terminale Krankheitssituation ungeeignet, da sie keine flexible Dosissteuerung erlauben. 7. Ko-Analgetika und Begleitmedikamente Bei einer gleichzeitigen tumorspezifischen immunsuppressiven Therapie muss stets berücksichtigt werden, dass Non-Opioide und Steroide als Ko-Analgesie die typischen Anfangssymptome von lebensbedrohlichen Infektkomplikationen kaschieren können. Nachdem Abgeschlagenheit und Müdigkeit zu den häufigsten Klagen von Krebskranken gehören, sollten Sedativa nur sehr überlegt ko-analgetisch verwendet werden. Davon ausgenommen ist die gezielte Behandlung von Schlafstörungen und Angst. Obligat ist die Obstipationsprophylaxe bei einer Therapie mit Opioiden. Mittel der 1. Wahl sind antiresorptiv und hydragog wirkende Laxantien (z.B. Bisacodyl, Na-Picosulfat) evtl. kombiniert mit Gleitmitteln (Paraffin) und Laxantien, die auf den Defäkationsreflex wirken (z.B. Glycerin- und Bisacodyl-Suppositorien). Zu Beginn einer Opioid-Therapie treten in etwa 20-40% der Patienten Nausea und Emesis auf. In den ersten 7 bis 14 Tagen ist somit eine präventive antiemetische Prophylaxe (z.B. Haloperidol 3 x 0,5 mg/d) anzuraten. Opioid-induzierte Alpträume oder Halluzinationen werden von vielen Patienten als sehr traumatisch erlebt, oft jedoch fehlgedeutet und verschwiegen. Sie sollten deshalb gezielt erfragt werden. Die Opioid-Medikation muss keineswegs abgesetzt werden, da unter einer Begleitmedikation (z.B. abends Lorazepam oder Haloperidol) die Alpträume nicht mehr auftreten. 8. Schmerztherapie in besonderen onkologischen Krankheitssituationen 8.1 Inoperable enterale Obstruktion (Ileus) Bei Schmerzen sollen Opioide in ausreichender Dosierung eingesetzt werden, bei Koliken zusätzlich Metamizol (6g/d), Antiemetika, und eventuell zusätzlich N-Butylscopolamin (6080 mg/d) wegen seiner antisekretorischen Wirkung. Bei hohem Verschluss können auch Octreotid und Protonenpumpenhemmer die Volumenbelastung des Darmes und damit verbundene Schmerzen mindern. In der Subileussituation lässt sich mit hochdosierten Kortikosteroiden und anschließend Prokinetika und Cholinergika oft über Wochen eine Stabilisierung erreichen. 8.2 Respiratorische Probleme in der Terminalphase Bei opioidgewöhnten Patienten kann bei belastender Dyspnoe die bisherige analgetisch 32 Abstractband Terminales Rasseln („Todesrasseln”) wird von begleitenden Angehörigen auch bei bewusstlosen Patienten häufig als qualvoller Todeskampf erlebt. Hier können Anticholinergika (z.B. N-Butylscopolamin) die Sekretbildung hemmen. Eine geeignete Lagerung ist meist hilfreicher und für den Patienten weniger belastend als wiederholtes Absaugen. 9. Zusammenfassung · Die meisten Krebskranken fürchten anhaltende Schmerzen mehr als den Tod. Somit sind starke Schmerzen als onkologischer Notfall zu werten. · Weitere Ängste Krebskranker beziehen sich auf Kontrollverlust und Abhängigkeit. Patienten in die Lage zu versetzen, ihre Schmerzen und Schmerztherapie selbst zu kontrollieren, ist deshalb eine entscheidende Hilfestellung zur Krankheitsbewältigung. · Bei der kompetenten Schmerztherapie ist die Angst vor Opioid-Abhängigkeit unbegründet. · Schmerzen und andere häufige Symptome Krebskranker sind miteinander verwobene multidimensionale Konstrukte. · Die Schmerztherapie Tumorkranker muss eingebunden sein in ein berufsgruppenübergreifendes Gesamtbehandlungskonzept. · Dauerschmerzen erfordern eine Dauertherapie, solange die Schmerzursache anhält. · Die WHO-Stufenleiter der Schmerztherapie hat sich in der onkologischen Schmerztherapie bewährt. Wichtigstes Ziel ist jedoch immer die rasche Schmerzkontrolle, so dass besonders bei intensiven oder komplexen Schmerzen die Stufenleiter keineswegs immer von unten durchlaufen werden soll. · Patienten, die Analgetika mit verzögerter Wirkstofffreisetzung einnehmen, benötigen bei Durchbruchschmerzen zusätzlich ein rasch wirksames Schmerzmittel (Einzeldosis 10-20% der Tagesdosis parenteral oder 1/6 der oralen Tagesdosis peroral). · Falls unter oralen Opioiden mit verzögerter Wirkstofffreisetzung eine 8-stündliche Gabe nicht zu einer befriedigenden Schmerzkontrolle führt, ist die Einzeldosis zu erhöhen, nicht die Verabreichungshäufigkeit. · Auf Grund der Dosis-Wirkungsbeziehung von Opioiden ist bei ungenügender Schmerzkontrolle eine geringere Dosissteigerung als von jeweils 30–50% nicht erfolgversprechend. Abstractband 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer ausreichende Opioid-Tagesdosis – außer im sehr hohen Dosisbereich - unter Berücksichtigung der Klinik um 50% gesteigert werden. Akut wird z.B. Morphin in einer Dosis von 10-20% der bisherigen Tagesdosis s.c. oder i.v. verabreicht. Bei opioidnaiven Patienten können akut jeweils 5-10 mg Morphin s.c oder i.v. gegeben werden. Bei angstbedingter Verschlechterung der Atemökonomie ist Lorazepam (z.B. 1mg bukkal), oder Promethazin oder Midazolam als Kurzinfusion nach Effekt sinnvoll. 33 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer · · Zu einer befriedigenden onkologischen Schmerztherapie gehört unabdingbar der differenzierte und ausreichende Einsatz von Ko-Analgetika und Begleitmedikamenten, insbesonders gegen Übelkeit, Obstipation und eventuell opioidbedingten Alpträumen. Durch den differenzierten und kombinierten Einsatz von Non-Opioiden, Opioiden, Ko-Analgetika und nicht-pharmakologischen Maßnahmen der Schmerztherapie im Sinne einer „Breitband-Analgesie” (R. Twycross) läßt sich auch bei unheilbaren Tumorleiden in nahezu allen Fällen eine ausreichende Schmerzkontrolle erzielen. Grenzen der Selbstmedikation E. Martin, Marktheidenfeld Die Kopfschmerztherapie ist eine Domäne der Selbstmedikation. Die Selbstbehandlung dominiert nicht nur bei der Therapie akuter Kopfschmerzen, sondern geht auch bei chronischen Schmerzzuständen vielfach der ärztlichen Therapie in großem Umfang parallel. Eine unkritische Selbstmedikation bietet eine ganze Reihe substantieller Risiken, angefangen von einer Missachtung bestehender Kontraindikationen und der Verschleppung einer ärztlichen Diagnose bei schwereren, für eine Selbstmedikation nicht in Betracht kommenden Krankheitsbildern. Bestehende Grunderkrankungen können ebenso nachteilig beeinflusst werden wie die Wirksamkeit einer ärztlich verordneten Begleitmedikation. Zu nennen sind schließlich auch noch die volkswirtschaftlich bedeutsamen Folgen eines Analgetika-Missbrauchs, allen voran der medikamenteninduzierte Dauerkopfschmerz und die Analgetika-Nephropathie. Für den Apotheker ergibt sich hieraus eine sehr große Verantwortung und eine ganzes Bündel wichtiger Aufgaben bei der abgabebegleitenden Beratung. Wesentlich ist einmal ein Ausschluss der wichtigsten Gegenanzeigen und eine konsequente Umsetzung aktueller Therapieempfehlungen auch in der Selbstmedikation. Eine strikte Beschränkung auf eine kleine Zahl von Monopräparaten (Acetylsalicylsäure, Ibuprofen und Paracetamol) ist die Voraussetzung für eine individualisierte Auswahl und Empfehlung. Präzise Dosierungs- und Einnahmehinweise sollen nach Möglichkeit einen raschen Wirkungseintritt und eine verlässliche Kupierung von Schmerzen gewährleisten. Die nicht-medikamentösen Behandlungsformen (Vermeidung von Auslösern, Entspannungstechniken etc.) sollen propagiert und die Patienten bei allen mehr als nur sporadischen Schmerzzuständen zur Führung eines Kopfschmerztagebuchs motiviert werden. So wichtig es ist, derartige Forderungen zu formulieren, kann man die Augen nicht davor verschließen, dass sie in der beruflichen Praxis bislang nur unzureichend umgesetzt werden. Dies liegt zum einen an den ungünstigen Rahmenbedingungen, den sehr beiläufigen, wenig Vertraulichkeit und wenig Spielraum für eine ausführliche Beratung bietenden Kundenkontakten. Die geschilderte individuelle Auswahl wird durch die starke Bindung an konkrete Präparate erschwert und die Bezugnahme auf konkrete Risiken einer Selbstmedikation durch eine im Vergleich zur ärztlichen Therapie sehr viel unkritischere Risikobewertung 34 Abstractband Suchtmedizin: Suchtpatienten in der Praxis (wie erkenne ich – was tue ich bei Verdacht – wie gehe ich um) M. Niederberger, Ottobrunn In der Praxis werden Ärzte fast jeder Fachrichtung mit Suchtpatienten konfrontiert. Meist kommen sie nicht freiwillig, werden von Angehörigen oder Institutionen gedrängt. Die Patienten haben dabei keine oder nur bedingte Krankheitseinsicht und erschweren oder verhindern durch Abwehrstrategien, wie Krankheitsverleugnung oder Bagatellisierung, eine weitere Hilfe durch den Arzt. Die Wahrnehmung dieser Verhaltensmuster und das Erkennen körperlicher und psychosozialer Symptomatik ermöglichen mit Hilfe von Gesprächsinteraktionen, Fragebogentests und Laboruntersuchungen eine frühe Diagnosestellung zur Einleitung weiterer therapeutischer Maßnahmen. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer konterkariert. Auf dem Arzneimittelmarkt spielen Altzulassungen und problematische Kombinationspräparate noch immer eine wichtige Rolle. Auch wenn sich der Verdacht eines missbräuchlichen Analgetika-Gebrauchs für den Apotheker meist eher ergibt als für den betreuenden Arzt (Umfang des Analgetikakonsums, Vorratshaltung, Verschleierung), ist es sehr schwierig, den Patienten für die Sachverhalte zu sensibilisieren und mit der Zielsetzung einer Entzugstherapie zum Arztbesuch zu motivieren. Um Vertrauen zu schaffen und den Patienten an einen erfahrenen Schmerztherapeuten vermitteln zu können, ist eine offene und konstruktive Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker unerlässlich. Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung G. Gensthaler, München Die wegen ihres Abhängigkeits- bzw. Missbrauchpotentials den einschlägigen deutschen Vorschriften unterstellten Stoffe unterschiedlichster chemischer Konstitution, wie pharmakologischer Wirkung und deren Zubereitung werden aus historischen Gründen als „Betäubungsmittel” bezeichnet und sind in Ermangelung einer allgemeingültigen Definition in den Anlagen zu § 1 Abs. 1 Betäubungsmittelgesetz im Einzelnen aufgeführt. § 13 Abs. 3 Betäubungsmittelgesetz führt aus, „Die Bundesregierung wird ermächtigt ... das Verschreiben von den in Anlage 3 bezeichneten Betäubungsmitteln, ihre Abgabe auf Grund einer Verschreibung und das Aufzeichnen ihres Verbleibes und des Bestandes bei Ärzten und Apotheken ... zu regeln.” Abstractband 35 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Diese Regelung wird in der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung vorgenommen. Durch diese Verordnung werden für Ärzte und Apotheker wichtige Bereiche geregelt, als da sind: · Verschreiben durch Arzt, Zahnarzt und Tierarzt mit Angabe der jeweils festgesetzten Höchstmenge, · Verschreiben eines Substitutionsmittels, · Verschreiben für Einrichtungen des Rettungsdienstes und für Kauffahrteischiffe, · das Betäubungsmittelrezept und die notwendigen Angaben darauf, · der Betäubungsmittelanforderungsschein und die notwendigen Angaben darauf, · die Abgabe und die Nachweisführung · sowie Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. Am 25. Juni 2001 ist die 15. Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung vom 19. Juni 2001 veröffentlicht worden. Sie ist – ausgenommen der Regelungen über das Substitutionsregister und der suchttherapeutischen Qualifikation substituierender Ärzte – am 1. Juli 2001 in Kraft getreten. Mit der Verordnung wurden u. a. Änderungen in den Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes und der Vorschriften über das Verschreiben von Substitutionsmitteln in der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung mit dem Ziel ergänzt und präzisiert, die Sicherheit beim Umgang mit diesen betäubungsmittelhaltigen Arzneimitteln zu erhöhen, die Qualität der substitutionsgestützten Behandlung zu verbessern und deren Durchführung praktikabler zu gestalten. Suchtmedizin – Therapeutische Möglichkeiten H. Henninger, Nürnberg In den letzten Jahren kam es in der Behandlung von Suchterkrankungen zur Veränderung verschiedener bisher gültiger oder als wesentlich betrachteter Paradigmen. Dies betrifft die Abkehr vom Abstinenzprinzip als wesentliches oder gar einziges Therapieziel ebenso wie das Dogma des Verzichts auf jegliche medikamentöse Behandlung oder Beeinflussung der Sucht. Verschiedene Überzeugungen müssen in das Reich der Mythen verwiesen werden, beispielsweise die Überzeugung, dass alle Versuche, den Ablauf der Erkrankung zu beeinflussen, unwirksam sind, dass ein spezieller Behandlungsansatz allen anderen überlegen ist oder dass alle Behandlungsansätze letztlich die gleiche Wirkung haben. Mittlerweile wird eine Hierarchisierung und Flexibilisierung der Therapie angestrebt. Der Grundgedanke der „Harm Reduction” zielt auf eine situationsangemessene Symptomminimierung unter Sicherung des Überlebens und Verhinderung sozialer und körperlicher Desintegration. Interventionen müssen phasenbezogen erfolgen. Auf der Grundlage des Phasen-Interventionsmodells nach Prochaska und Di Clemente werden die Phasen der Vorahnung, der Überlegung, der 36 Abstractband Das Suchthilfesystem muss in diesem Zusammenhang individuell nutzbare Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stellen. Dies spiegelt sich in einer partiellen Abkehr vom lange Zeit gültigen Königsweg, Entgiftung, Entwöhnung, Nachsorge. Neben der klassischen Langzeittherapie (6 Monate) stehen Konzepte der Kurzbehandlung (6 bis 12 Wochen) und der mittleren Dauer (4 bis 5 Monate) zur Verfügung. In Einzelfällen können ambulante Entgiftungen durchgeführt werden. Verschiedentlich werden Programme zum kontrollierten Trinken angeboten. Niederschwellige Angebote sollen die Akzeptanz der Suchthilfeinstitutionen erleichtern. Das Konzept der Schadensminderung muss Probleme der akuten Entgiftung berücksichtigen. Dabei hat eine qualifizierte Entgiftung neben Behandlung von Entzugssymptomen und Verhinderung von Komplikationen auch motivationale Aspekte mit einzubeziehen. Als etabliert kann auch die Durchführung einer Substitutionsbehandlung insbesondere der Opiatabhängigkeit unter Berücksichtigung der entsprechenden Richtlinien und Indikationen gelten. Die Rückfallprophylaxe gewinnt unter dem Gesichtspunkt des Rückfallmanagement einen neuen Stellenwert. Verhaltenstherapeutisch ausgerichtete Methoden beziehen sich u.a. auf die Erkennung und Vorwegnahme kritischer Situationen sowie den Erwerb sinnvoller Strategien zur Vermeidung und Bewältigung etwaiger Rezidive. Das Konstrukt des Craving führt in diesem Zusammenhang auch zur Anwendung sog. Anti-Cravingsubstanzen. In Planung und Durchführung der Therapie werden zunehmend Komorbiditäten berücksichtigt. Dies betrifft auch das Vorhandensein weiterer psychiatrischer Störungen, beispielsweise Angststörungen, Depressionen, Persönlichkeitsstörungen oder psychotische Störungen. Das Vorliegen einer zusätzlichen psychischen Störung beeinflusst wesentlich den Verlauf der Sucht und erfordert in der Regel eine spezifische Behandlung. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Entscheidung, der Handlung, der Aufrechterhaltung und des Rückfalls unterschieden. Ein besonderes Gewicht gilt der Erlangung einer Einsicht in die Grunderkrankung. Dabei kommt der Motivationsbehandlung eine bedeutende Rolle zu. Diese erfordert einen empathischindividuellen Zugang zum Patienten. Über das Ziel möglichst langer Abstinenzphasen soll eine dauerhafte Abstinenz langfristig angestrebt werden. Substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger F. Tretter, Haar Vorbemerkung Die äußerst komplexen Verhältnisse bei Behandlung von Drogenabhängigen (hier: Opiatabhängigen) erfordert ein bestimmtes Maß an suchtmedizinischen Kenntnissen (vgl. Tretter 2000), das grundlegend nur über die Teilnahme an Qualifikationskursen der Landesärztekammern erworben werden kann. Bei ausreichenden speziellen Erfahrungen kann der Kurs erlassen werden, die Kriterien sind noch nicht bekannt. Abstractband 37 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Der folgende Beitrag kann daher das Thema auch im Grundlegenden nicht ausreichend erfassen, weshalb hier auf die von der Bayerischen Akademie für Suchtfragen erstellte und von dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit finanzierte Broschüre „Leitfaden für Ärzte zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger” hingewiesen wird. Sie kann über die Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis e.V. München, Landwehrstr. 62-62, 80799 München (Email: [email protected]) bestellt werden. 1. Indikation zu Substitutionsbehandlung Die Behandlung Opiatabhängiger mit einem Substitutionsmittel wie Methadon ist nach der wissenschaftlichen Auffassung der Bundesärztekammer zulässig, wenn sie dem Ziel der Abstinenz dient. Ein umfassendes Behandlungskonzept (psychosoziale Aspekte) muss der Substitution zugrunde liegen. Die Verordnung eines Opiates ist darüber hinaus auch nach dem Betäubungsmittelrecht geregelt, wobei Verletzungen dieser Regeln unter Umständen strafrechtliche Konsequenzen für den Arzt haben können. Schließlich bestehen für die Finanzierung der Substitution kassenrechtliche Einschränkungen. Dazu einige Vertiefungen: Nach dem § 27 SGB V ist das „.. alleinige Auswechseln des Opiats keine Substitutionsbehandlung ...”, daher handelt es sich nicht um eine GKV-Leistung. Erst nach Erstellen eines umfangreichen Behandlungskonzeptes ist eine Finanzierung durch die Kassenärztliche Vereinigung zulässig. In der Novellierung der neuen, d.h. 15. BtMÄndV vom 1.7.01 sind folgende Punkte festgehalten: · bei Codein/Dihydrocodein besteht eine strenge Indikation nicht nur bei Opiatabhängigen sondern auch bei Alkoholabhängigen (auch Erhöhung der Höchstverschreibungsmenge: 40 g), da sich diese Praxis ausgeweitet hat und wissenschaftlich noch ungesichert ist. · für das seit 1.1. 2000 zugelassene Buprenorphin gilt 720 mg als Höchstverschreibungsdosis, bei Schmerztherapie 150 mg · eine Meldung an das Substitutionsregister ist erforderlich (ab 1.7. 2002) · die Qualifikation in „suchtmedizinischer Grundversorgung” ist erforderlich (bei n< 3 Pat => kein Nachweis erforderlich, aber Supervision via Konsilarius muss 1x/Q erfolgen; ab 1.7.02) · in der Regel sind wöchentliche ärztliche Konsultation anzustreben, sie sind nicht mehr obligat · auch Buprenorphin und LAAM (Cave: Zulassungswiderruf!) sind zugelassen; DHC/ Codein ist Substitutionsmittel der zweiten Wahl 38 Abstractband · · · · Substitutionsmittel dürfen nicht für parenterale Verabreichung verordnet werden, sie sollen auch als nichtinjizierbare Zubereitung von Fertigarzneimitteln via Apotheke verteilt werden weiterhin ist keine Mitgabe vom Arzt her erlaubt eine Vordatierung des Rezepts ist nicht zulässig die Einweisung der Personen, die Vergabe realisieren (z.B. in Apotheken) ist vom Arzt nicht persönlich, sondern auch durch Schulung der Betreffenden möglich Take-home Verordnung ist weiterhin für max. 7 Tage möglich, wenn kein Beikonsum gefährlicher Substanzen bzw. kein Missbrauch u. stabile Dosis vorliegt (Urlaub: 1x bis zu 30 Tage pro 1 Behandlungsjahr) Für die Finanzierung der Substitution durch die kassenärztliche Vereinigung gibt es eine Indikationsdauer nach Krankheitsgruppen: 1. unbefristet bei schwersten Erkrankungen: maligne Tumoren, HIV-Infektion, HCV 2. für 12 Monate: rezidiv. Abszesserkrankung, rez. Pneumonien, Tbc, psychiatrische Komorbidität, Schwangerschaft u. bis zu 6 M nach Geburt 3. für 6 Monate: Herstellung stationärer Behandlungsfähigkeit, Überbrückung zwecks Entzug Zusätzlich: drogenfreie Therapie kann aus medizinischen Gründen nicht durchgeführt werden, Stabilisierung kann erreicht werden, durch allmähliches Herabdosieren kann Drogenfreiheit erreicht werden. Kontraindikationen bestehen bei: · Opiatabhängigkeit weniger als 2 Jahre · fehlende Vorbehandlung wegen schwerwiegenden Beigebrauchs von Alkohol, Benzodiazepinen od. and. Stoffen, soweit dieser Beigebrauch der Substitution entgegensteht 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer · Es muss schließlich ein Antrag über die KV erfolgen, die dann durch eine Kommission über den Antrag entscheidet. 2. Diagnostik Die Untersuchung muss folgende Aspekte erfassen: · Nachweis der Opiatabhängigkeit per Anamnese, Untersuchung und Urinscreening · Motivationsdiagnostik (z. B. per Plausibilitätsprüfungen) · Begleiterkrankungen · Psychopathologie · insbes. psychiatrische Komorbidität (per Facharzt) · Schwangerschaft · EKG Abstractband 39 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer · · · · Tinetest allg. Labor Infektionserkrankungen (HIV, HCV, Lues, etc.) soziale Anamnese inkl. juristische Belastungen Die Besonderheiten des Urinscreenings bestehen darin, dass der Urin möglichst unter Sicht abgenommen und sofort in Hinblick auf Temperatur und Farbe überprüft werden soll. 3. Therapiebeginn Behandlungsvertrag inkl. Abbruchbedingungen Ankopplung an psychosoziales Begleitprogramm (falls erforderlich m. E. Nichterfordernis begründen) · Dosisfindung · 30 mg Methadon (1% -Lösung) initial bei gesicherter Opiatabhängigkeit · Aufklärung über Pharmakokinetik · Beikonsumaufklärung · · 4. Therapiekontrolle Die Hauptaufgabe besteht darin, eine Überwachung der vereinbarten Maßnahmen zu gewährleisten. Schließlich kann eine Take-home Verordnung vorgenommen werden. Voraussetzung ist, dass kein die Substitution gefährdender Beikonsum vorliegt, was über klinische Kontrollen und über Urinkontrollen überwacht wird. 5. Probleme Es bestehen in der gegenwärtigen Debatte mehre Probleme · Drogentod durch Methadon durch unzulängliche Qualität der Substitution · besondere Aufgaben bei Schwangeren u. Müttern · Problematik in Einzelfällen, Jugendliche zu substituieren (Cave: Fall-KonsensusKonferenz!) 6. Perspektiven Einsatz von Buprenorphin (vgl. Soyka et al. 2000) zeigt mehrere Vorteile gegenüber Methadon (weniger Nebenwirkungen, weniger sedierend usw.) jedoch „entweder oder”, da Schwierigkeiten beim Umstellen (Wirkprofil, Wirkzeit, Entzugssymptome) · Literatur BAS (2000): Leitfaden für Ärzte zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger, Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis, München Soyka, M. et al. (2000): Empfehlungen zur Anwendung von Buprenorphin (Subutex) in der Substitutionsbehandlung opioidabhängiger Patienten in der Schweiz, Österreich und Deutschland. Suchtmedizin Forschung Praxis 2(1):43-53 Tretter, F. (2000): Suchtmedizin. Schattauer, Stuttgart 40 Abstractband Ch. Fahrmbacher-Lutz, Augsburg Der Entstehung einer Suchterkrankung, auch einer Opiatabhängigkeit, liegt ein multifaktorielles Geschehen zugrunde. Aus diesem Grunde spricht sehr viel für einen Therapieansatz, der dies berücksichtigt, der also andere Disziplinen in die Behandlung einbindet. Die interdisziplinäre Kooperation bei der Substitution bietet für alle Beteiligten Vorteile. Vor allen aber die Ärzte können davon zum Wohle ihrer Patienten profitieren. Die Betäubungsmittel Verschreibungsverordnung (BtMVV) als rechtlicher Rahmen für eine Substitution betont die Verantwortung des Arztes für das Therapiekonzept und nennt eine bloße „Opiaterhaltungstherapie” ohne entsprechenden auf Abstinenz und Lebenskompetenz ausgerichteten Behandlungsplan unzulässig. Sie verlangt deshalb vom Arzt die Einbeziehung erforderlicher „psychiatrischer, psychotherapeutischer oder psychosozialer Maßnahmen” in seinen Behandlungsplan und die Dokumentation entsprechend veranlasster Mitbehandlungen. Sie gibt an anderer Stelle aber auch Möglichkeit, den Arzt von zeitaufwendigen (hier: tägliche Verabreichung des Substitutionsmittels unter Sicht) Arbeiten zu entlasten indem ausdrücklich die Hinzuziehung anderer Berufe – beispielsweise der Apotheker – zur substitutionsgestützten Behandlung ermöglicht wird. Die oftmals schwierige Behandlung drogenabhängiger Patienten mit der ihnen eigenen Psychodynamik wird in einem ambulanten Behandlungssetting dadurch noch erschwert, dass andere Leistungserbringer im Gesundheitssystem (Ärzte, Apotheker, Therapeuten) von diesen Patienten ebenfalls mit unterschiedlichsten Intentionen aufgesucht werden, während der substituierende Arzt dies gar nicht erfährt. So kann beispielsweise durch „Doppelsubstitution” oder Verordnung von den Verlauf der Substitution störenden Medikamenten (Benzodiazepine, andere „Ersatzstoffe” wie Tramadol) der Erfolg einer Substitution gefährdet werden. Da die BtMVV zwingend die Ausstellung eines Rezeptes zur Einlösung in der Apotheke verlangt (die Mitgabe von Substitutionsmitteln durch den Arzt ist eine Straftat nach §13 BtMG!), wenn der Patient in den Genuss sogenannter Take-home Dosen kommen darf, d.h. wenn der Arzt die eigenverantwortliche Einnahme von einer oder bis zu 7 Dosen erlaubt, sind gerade in dieser Phase die Kontakte mit dem Apotheker wichtig. Beobachtungen des Apothekers bezüglich Kaufs von Spritzen, Einlösens anderer Rezepte oder auch anderer Beobachtungen ermöglichen dem Arzt entsprechend in der Behandlung darauf zu reagieren. Von fallweisen informellen Einzelkontakten bis zu einem strukturierten Erfahrungsaustausch, wie im „Netzwerk Sucht” der bayerischen Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis BAS e.V., der interdisziplinär und überregional die Qualitätssicherung bei der Behandlung Opiatabhängiger unterstützt, reichen so die möglichen Formen der Kooperation. Die Effekte dieser Zusammenarbeit ergeben sich dabei aus der Struktur des Informationsaustausches. Abstractband 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Qualitätssicherung in der Substitution durch Kooperation Arzt – Apotheker 41 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Die Autorin, die in Augsburg einen Arbeitskreis von Ärzten und Apothekern zum Thema Drogenabhängigkeit leitet und Sprecherin der Augsburger Arbeitskreise im dortigen Drogenprojekt ist, zeigt in ihrem Vortrag an Beispielen, wie diese Kooperation gestaltet werden kann. Tabelle: Fragestellungen und Probleme, Kommunikationsstruktur, mögliche Effekte Tabelle: in Beispielen Beipielhafte Fragestellungen, Probleme Kommunikationsstruktur Lösungsansätze Patient löst take-home Rezept ein und kauft zugleich Spritzen Fallweiser informeller Kontakt Apotheker – Arzt Individuelle Lösung Patient nimmt regelmäßig seine Substitutionsmittel in der Apotheke ein Regelmäßiger, protokollierter Systematische Lösung Informationsfluss und enger anhand eines Kontakt mit substituierendem Arzt Überlassungsvertrages zwischen Arzt und Apotheker Verhalten der Ärzte einer Region bei bestimmten Verordnungswünschen Regionale Arbeitskreise von Ärzten Erarbeiten von regionalen und Apothekern Lösungen im Konsens, sowie deren Durchsetzung Trotz anfänglicher Rücksprache Anfängliche informelle Rücksprache Systematische Intervention auffällige Verordnungen aus einer Praxis mit dem Verordner, dann Weiter- durch zuständigen Kolle(z.B. Benzodiazepine an Drogenabhängige) gabe an bekannten Ansprechgen partner (Obmann) Umgang mit Problemen in anderen Regionen Überregionale interdisziplinäre Arbeitskreise Abgleichung und Optimierung erarbeiteter Lösungen Über diese beispielhaften Probleme aus dem Umfeld von Arzt und Apotheke hinaus empfiehlt sich jedoch auch eine Kooperation mit allen anderen Berufen, die ebenfalls mit Drogenpatienten zu tun haben. Hier ist natürlich in erster Linie die Drogenberatung gemeint, mit der eine strukturierte Kommunikation auch in Form von Protokollen immer dann stattfinden sollte, wenn dort Patienten auf Veranlassung des Arztes betreut werden. Die Kommunikation mit den anderen Berufsgruppen (z.B.: Justiz, Polizei, Behörden) kann in Form größerer Konferenzen oder bei Bedarf eigener Arbeitsgruppen stattfinden, wie sich das in Augsburg sehr bewährt. 42 Abstractband Mit dem medizinischen Begriff „Harninkontinenz” wird der Verlust der Fähigkeit bezeichnet, Urin bewusst zurückzuhalten und den Zeitpunkt der Entleerung selbst zu bestimmen. Mit ca. 5 Millionen Betroffener, das ist eine aktuelle Zahl der Gesellschaft für Inkontinenzhilfe (GIH), hat das Symptom Harninkontinenz den Charakter einer Volkskrankeit. Dazu kommt noch eine erhebliche Dunkelziffer von Betroffenen, so dass fast 10 % der Bevölkerung daran leiden. Harninkontinenz ist überwiegend ein Problem des Alters. Während in der Altersstufe von 4 bis 64 Jahren 3 % inkontinent sind, sind es in der Altersstufe von 65 bis 79 Jahren bereits 11 %, bei den über 80 Jährigen ca. 30 %. Harninkontinenz ist die zweithäufigste Einweisungsdiagnose in Heime, wo bis zu ¾ der Heimbewohner und 80 % der bettlägerigen Bewohner inkontinent sind. Bei der Geschlechterverteilung sind 25% Männer und 75 % Frauen betroffen, wobei sich die Geschlechterverteilung im Alter angleicht. Für die ambulante Versorgung Inkontinenter werden von den gesetzlichen Krankenkassen bereits heute 2 Mrd. DM pro Jahr ausgegeben, die Versorung Inkontinenter in Pflegeheimen kostet etwa noch mal den gleichen Betrag. Die Funktion des unteren Harntrakts besteht in der kontinenten Speicherung des Urins auf der einen Seite und in der restharnfreien Entleerung der Blase zu einem sozial akzeptierten Zeitpunkt auf der anderen Seite. Harninkontinenz ist nach Pollakisurie und imperativem Harndrang die gravierendste Störung der Harnspeicherung, während Störungen der Harnentleerung durch verzögerten Miktionsstart, schwachen Harnstrahl, Restharn hin bis zur Harnsperre gekennzeichnet sind. Um eine ungestörte Harnspeicherphase zu gewährleisten, muss die vesikourethrale Funktion intakt sein. Die Harnblase muss eine Kapazität von 400 bis 500 ml erreichen. Während der Urinsammelphase muss der Detrusor sich an die wachsenden Urinvolumina ohne intravesikale Druckerhöhung anpassen können (viscoelastische Eigenschaften des Detrusors). Es darf einerseits während der Füllphase kein Harndrang auftreten, andererseits muss ein Gefühl für die Blasenfüllung vorhanden sein. Der Harnblasensphinkter, bestehend aus einem inneren und äußeren Sphinkter, bleibt geschlossen. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Harninkontinenz – Pathomechanismus und Ursachen beim Mann NÜRNBERG R. Walther, Nürnberg Der intravesikale Druck ist immer niedriger als der urethrale Verschlussdruck und der Sphinkter ist auch in der Lage, plötzliche intraabdominelle Druckerhöhungen, wie Husten, Niesen etc., zu kompensieren. Voraussetzung der Funktion ist neben der anatomischen Unversehrtheit der Strukturen die Intaktheit der neurogenen Versorgung der vesikourethralen Einheit. Während der Detrusor parasypmpathisch und sympathisch (vorwiegend ß-Rezeptoren) versorgt wird, wird auch der interne Sphinkter autonom sympathisch, blasenhalsspezifische alpha-Rezeptoren, der externe jedoch somatisch inerviert. Die parasympatische Innervation kommt von den sakralen Segmenten S 2 bis S 4 über den Plexus pelvinus, die sympathischen kommen von Th 10 bis L2 über das Ganglion mesentericum inferior. Die somatische Versorgung entspringt ebenfalls S 2 bis 4 und erreicht über die Nn. pudendi den externen Abstractband 43 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Sphinkter. Das sakrale Miktionszentrum wird einerseits durch Afferenzen von der Blase aktiviert, andererseits vom pontinem Miktionszentrum kontrolliert, gehemmt oder gebahnt. Und das pontine Miktionszentrum steht wiederum unter der bahnenden oder hemmenden Kontrolle der suprapontinen, zentralen Miktionszentren, wobei hier Basalganglien, Hypothalamus, limbisches System und die Hirnrinde (supramediale Portion des Frontallappens und d. Knie des Corpus callosum) beteiligt sind. Als Neurotransmitter fungieren Achetylcholin und Noradrenalin. Daneben werden zahlreiche Neuropepide gefunden, Neuropeptid Y, Enzaphalin, VIP neben den postganglionären cholinergen Rezeptoren, Substanz P, Cholecystokinin bei d. sakralen viszeralen afferenten Nerven. Diese Substanzen modulieren die efferente und afferente Neurotransmission. Und letztendlich muss die Bedeutung von Ca++ und K+ für die Kontraktibilität des Detrusor vesicae erwähnt werden. Während die Einteilungen der neurogenen Blasenentleerungsstörungen zahlreich sind, angefangen von übersichtlichen, klinisch-praktisch orientierten hin bis zu sehr komplexen an der Lokalisation der neurogenen Schädigung orientierten Klassifikationen wird die Inkontinenz inzwischen allgemein akzeptiert in die von der ICS, der International Continence Society, vorgeschlagenen Formen klassifiziert. 1. Stressinkontinenz (Belastungsinkontinenz): Bei Erhöhung des intravesikalen Druckes kann die Sphinktereinheit nicht reagieren, es kommt ohne Harndrang zu unbemerkten Urinabgang. 2. Dranginkontinenz, bei der zwischen motorischer und sensorischer differenziert wird: Bei der motorischen Dranginkontinenz kommt es aufgrund von Veränderungen des Detrusors während der Speicherphase zu nicht unterdrückbaren Kontraktionen, die zu unfreiwilligem Urinabgang führen, bei der sensorischen Form erzeugen bereits minimale Füllmengen der Blase zu nicht mehr beherrschbaren Harndrang, der zu Blasenentleerung zwingt. Bei Entstehung des Harndranges können keine erhöhten intravesikalen Drucke registriert werden. 3. Reflexinkontinenz: Hier kommt es aufgrund einer sog. supranukleären Neuroläsion zu reflektorischen Detrusorkontraktionen mit unfreiwilligem Urinabgang. 4. Überlaufinkontinenz ist eine Folge von Urinentleerungsstörung, wenn sich bei voller Blase der Detrusor nicht mehr weiter dehnen kann und der Urin mehr oder minder passiv gegen den intakten bzw. obstruktiven Verschlussmechanismus in kleinen Portionen abgepresst wird. 5. Extraurethrale Inkontinenz: der Urin geht hier unter Umgehung der Urethra über pathologische Fistelgänge (am häufigsten Blasenscheiden/Harnleiterscheiden-Fistel) oder über ektope Harnleitermündungen ab. Diese Form der Inkontinenz ist bei Männern eine Rarität. Während Frauen nicht nur häufiger von dem Symptom Inkontinenz betroffen sind, ist auch die Verteilung der unterschiedlichen Inkontinenzformen bei Frauen und Männer anders (Tab.: 1) 44 Abstractband Stressinkontinenz Dranginkontinenz Drang und Stressinkontinenz Frauen Männer 55% 14 % 31 % 12 % 39 % 49 % Die Stressinkontinenz bei Männern wird häufig mit postoperativer Inkontinenz synomym gesetzt. Sie ist Folge der radikalen Prostatektomie beim Prostatakarzinom und der Operation, entweder transurethral oder offen chirurgisch, des Prostataadenoms. Bei beiden Operationsformen wird der sog. innere Sphinkter mitreseziert. Das führt allein nicht zur bleibenden Inkontinenz, lediglich zu passageren Störungen der Feinkontinenz. Erst die Verletzung des äußeren Schließmuskels, bei der Operation des Prostataadenoms in der Regel auf mangelhafte Operationstechnik zurückzuführen, bei der radikalen Prostatektomie trotz subtiler Technik nicht immer vermeidbar bzw. ungleich schwieriger sicherzustellen, führt zur Inkontinenz. Auch bei Operationen der bulbären Harnröhre kann es zu Läsionen der Sphinkters kommen, wobei diese Eingriffe zahlenmäßig eine untergeordnete Rolle spielen. Auch die zahlreichen neuen alternativen Behandlungsformen der benignen Prostatahyperplasie wie Laserkoagulation, Thermotherapie und Hyperthermie geben keine Garantie, dass eine Harninkontinenz sicher zu vermeiden ist. Tabelle 2: Häufigkeit der postoperativen Inkontinenz Transurethrale Prostataresektion Radikale Prostatektomie Harnröhrenoperationen 1,5 % – 3 % 10 % (2,5 % – 87 %) 1,3 % – 44 % 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Tabelle 1: Verteilung der Inkontinenzformen Um die Ursachen der Dranginkontinenz darzustellen, müssen zwei weitere Begriffe aus der Neurourologie eingeführt werden, die Detrusorinstabilität und die Detrusorhyperreflexie. Beide beschreiben nicht unterdrückbare, spontane oder provozierbare Detrusorkontraktionen über 15 cm Wassersäule. Während der Detrusorhyperreflexie neurologische Störungen und Erkrankungen eindeutig zuzuordnen sind, bleiben die Ursachen der Instabilität wenig eindeutig, teilweise spekulativ. Die klassischen Ursachen der Hyperreflexie sind Erkrankungen und Verletzungen des Rükkenmarks cranial des spinalen Miktionszentrums S2/4, wie Querschnittlähmung, Bandscheibenvorfälle, degenerative oder vaskuläre Prozesse. Als weitere Ursachen sind zerebrale Läsionen (Blutungen, Insulte, Traumata, degenerative Prozesse), neurologische Erkrankungen wie Morbus Parkinson und Multiple Sklerose, aber auch endokrinologische Erkrankungen wie Diabetes mellitus zu nennen, der nicht nur, wenn gleich viel häufiger, zur Retentionsblase führt. Diese Ursachen der Inkontinenz kommen natürlich bei Frauen und Männern vor, geschlechtsspezifische Unterschiede erklären allenfalls die unterschiedliche Inzidenz der Grunderkrankung. Die chronische infravesikale Obstruktion, bei Männern die obstruktive Prostatahyperplasie, ist häufig, bis 75 %, assoziiert mit einer Detrusorinstabilität, ob auch verantwortlich bleibt Abstractband 45 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer noch ungeklärt. Es gibt Hinweise, dass eine chronische Obstruktion zu einer partiellen parasympathischen Degeneration führt, verbunden mit einer Dennervationsüberempfindlichkeit des glattmuskulärem Detrusors als Folge einer erhöhten Kontraktibilität auf Acetylcholin und elektrische Stimulation. Es wurden neben veränderter Konzentration von Neuropepitiden (VIP reduziert) in Biopsien von instabilen Detrusor eine erniedrigte Anzahl von cholinergen aber eine erhöhte Zahl von alpha-adrenergen Rezeptoren gefunden. Neben diesen neuropathischen Faktoren können auch anatomisch-pathologische Veränderungen die viscoelastische Eigenschaften des Detrusors einschränken und somit die Dehnbarkeit der Blase (Compliance) reduzieren und damit letztendlich das Symptom Inkontinenz verursachen. Das beginnt bei einer Detrusorhypertrophie, z. B. auch verursacht durch Prostatahyperplasie hin bis zu ausgedehnten fibrotischen Veränderungen, Schrumpfblasen, als Folge von chronischen Entzündungen, Bestrahlungen, häufig wiederholten Resektionen z. B. bei Blasentumoren. Auch Operationen im kleinen Becken, Verletzungen, Beckenfrakturen können eine sog. Low.compliance Blase zur Folge haben, obwohl bei der meist assoziierten Schädigung der infranukleären Nervenversorgung eher eine akontraktile Blase zu erwarten wäre. Die Komplexität des Schädigungsmusters macht eine eindeutige Zuordnung zu einer Inkontinenzform oft schwierig, der hohe Anteil der Mischformen dokumentiert dies. Deshalb ist eine umfangreiche Diagnostik, beginnend mit der Miktionsanamnese, dem Miktionsprotokoll, über klinische Untersuchung, Urindiagostik, hin bis zu invasiven endoskopischen und urodynamischen Untersuchungen in zahlreichen Fällen unerlässlich, um einen erfolgversprechenden Therapieansatz zu finden. Bei der reinen, postoperativen Stressinkontinenz ist dies die physikalisch-elektrische und operative Therapie. Die Dranginkontinenz wird in erster Linie medikamentös behandelt, wenn eine infravesikale Obstruktion als Ursache ausscheidet, vielfach ist hier jedoch eine kombinierte Therapie, physikalisch, elektrisch, medikamentös und operativ erforderlich. Pathomechanismus und Ursachen bei der Frau J. E. Altwein, München Die Urininkontinenz, definiert als unkontrollierter Urinabgang mit sozialen oder hygienischen Problemen und objektiver Nachweisbarkeit (International Continence Society), hat eine Prävalenz von 23,5 % bei Frauen. Die Altersabhängigkeit ist ausgeprägt, 7,8 % der 20bis 29-jährigen Frauen, aber 45 % der 50- bis 59-jährigen Frauen sind inkontinent. Der Häufigkeitsgipfel einer Stressinkontinenz besteht bei den 40- bis 49-Jährigen mit 28,7 %, einer gemischten Inkontinenz bei den 50- bis 59-Jährigen mit 12,8 %, einer Dranginkontinenz ebenfalls bei den 50- bis 59-Jährigen mit 3,8 %. Begünstigende Faktoren sind gynäkologi- 46 Abstractband 1. Stressinkontinenz: Die Stressinkontinenz ist durch unwillkürlichen Urinabgang bei körperlicher Anstrengung ohne Harndrang gekennzeichnet. Beim Husten, Lachen, Niesen oder physischer Anstrengung kommt es simultan zu spritzerförmigem Harnverlust. Die Diagnose stützt sich auf einen positiven Stresstest, etwa Urinverlust beim Husten, und den urodynamischen Ausschluss einer unwillkürlichen Detrusorkontraktion (passive Inkontinenz). Stressinkontinenz resultiert, wenn eine der drei Komponenten des Harnröhrenverschlusses defekt sind (Heidler). Es können dabei die anatomischen Strukturen der Harnröhre, z.B. die submukösen Gefäßpolster (Komponente 1), die passive Drucktransmission von der Blase auf die Harnröhre (Voraussetzung sind ein intaktes perivesikales Fettgewebe und ein funktionstüchtiger Beckenboden; Komponente 2) oder aber die aktive Drucktransmission (Aktivierung der quergestreiften Sphinkter-Beckenboden-Muskulatur, Komponente 3) beschädigt sein. Mechanische Ursachen hierfür sind ein defekter Aufhängeapparat von Harnröhre und Vagina mit vertikalem Deszensus und Blasenhalsinsuffizienz. Damit ist die Druckantwort beeinträchtigt, und es resultiert Stressinkontinenz. Die wichtigsten funktionellen Ursachen sind eine hypotone Harnröhre und ein hyporeaktiver Sphinkter-Beckenboden-Muskelapparat. Diese Ursache und ein verminderter Harnröhrenverschlussdruck (< 30 cm H20 im Harnröhrendruckprofil) sind auf ein konstitutionelles Defizit alpha-adrenerger Stimulation, Operationen im kleinen Becken oder neuro-urologische Erkrankungen zurückzuführen. Weitere Ursachen sind Beckenfrakturen, vorausgehende Radiotherapie mit ausgedehnter Fibrosierung oder wiederholte Otis-Urethrotomien. Eine Hyporeaktivität (Defekt der Komponente 3) des Harnröhrenverschlusses kann eine Inaktivitätsatrophie sein, wobei die Frauen es verlernt haben, bei diversen Belastungen des täglichen Lebens adäquate Beckenbodenkontrationen durchzuführen. Auch traumatische Läsionen der Beckenbodenmuskulatur können mitwirken. Die isolierte Evaluierung dieser drei Komponenten des Harnröhrenverschlussmechanismus ermöglicht den Einsatz einer gezielten Therapie. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer sche Operationen oder aber eine Strahlentherapie. Epidemiologisch ist der Zusammenhang zwischen der Zahl von GeburtenDAS und Harninkontinenz ungeklärt. FÜR Demgegenüber sind vagiNOTIZENSYMPOSIUM: INTERNET – NUTZEN ARZT UND nalePATIENT Geburten ein Risikofaktor der Stressinkontinenz. Inkontinenz-fördernde Faktoren von besonderer Bedeutung sind Obstipation, Stress, Übergewicht, chronische Lungenerkrankungen undDonnerstag, bestimmte Medikamente. 7. Dezember 2000, 13.00 – 17.15 Uhr Kleiner Saal Pathophysiologisch werden eine Stressinkontinenz, Dranginkontinenz, Reflexinkontinenz, Überlaufinkontinenz und extraurethrale Inkontinenz unterschieden. 2. Dranginkontinenz. Ist der unwillkürliche Harnverlust von einem imperativen Harndrang begleitet besteht eine Drang- oder Urge-Inkontinenz. Die hypersensitive Blase mit verfrühtem und verstärktem Harndrang kennzeichnet die sensorische Dranginkontinenz. Die symptomatische sensorische Dranginkontinenz ist multifaktioriell bedingt. Hierzu gehören der unspezifische Harnwegsinfekt, die interstitielle Zystits, der Östrogenmangel, eine infravesikale Obstruktion, urethrale Abstractband 47 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Divertikel, aber auch eine Beckenbodeninsuffizienz. Die Beteiligung psychischer Faktoren ist möglich. Die idiopathische sensorische Dranginkontinenz kann neuromyogen hervorgerufen werden, aber auch die Alterung ist beteiligt. Synonym werden für die idiopathische sensorische Dranginkontinenz Begriffe wie Reizblase oder Urethralsyndrom verwendet. Werden urodynamisch Detrusorkontraktionen (Detrusorhyperaktivität oder -instabilität) bei der Abklärung einer Dranginkontinenz nachgewiesen, dann handelt es sich um eine motorische Form. Die Beschwerden der sonsorischen und motorischen Dranginkontinenz unterscheiden sich nicht. Ätilogisch bestehen Gemeinsamkeiten mit der symptomatischen sensorischen Dranginkontinenz. Bei der Beckenbodeninsuffizienz kann neben der Stressinkontinenz auch ein instabiler Detrusor auftreten. Wichtig sind aber Erkrankungen des höheren Lebensalters wie M. Parkinson oder degenerative zerebrale Prozesse. Auch die infravesikale Obstruktion bei der Frau kann beteiligt sein. Eine Zunahme der Inzidenz eines instabilen Detrusors im Alter ist unstrittig. Diese wird ursächlich auf biologische Alterungsprozesse (degenerativ, metabolisch oder neurogen) zurückgeführt. Hiervon ist der Detrusor nicht ausgenommen; Zellmembranveränderung wurden beim alternden Detrusor nachgewiesen. Lässt sich eine motorische Dranginkontinenz symptomatisch nicht zuordnen, wird sie als idiopathisch eingestuft. 3. Reflexinkontinenz: Reflexinkontinenz ist die Folge einer neurogenen Detrusorhyperaktivität mit unwillkürlichem Harnverlust. Durch zerebrale, spinale oder periphere Nervenläsionen kann eine suprapontine oder spinale Reflexblase auftreten. Bei einer kompletten Schädigung aller auf- und absteigenden spinalen Bahnen entwickelt sich die spinale Reflexblase, bleiben die aphorenten Bahnen erhalten, kann der Harndrang zwar bemerkt, aber die Blasenentleerung nicht mehr willkürlich gesteuert werden (spinal enthemmte Blase). Liegt die Läsion oberhalb der Hirnstammzentren, dann ist die Willkürkontrolle über die Blasenentleerung beeinträchtigt, die Koordination zwischen Detrusor und Sphinkter bleibt aber erhalten. Die häufig beobachtete erhöhte Beckenbodenaktivität resultiert dadurch, dass der Patient die drohende Miktion durch Kneifen des Beckenbodens zu verhindern sucht (zerebral enthemmte Blase). 4. Überlaufinkontinenz: Bei Frauen wird diese Inkontinenz bei 0,5 % beobachtet, bei geriatrischen Patienten steigt die Prävalenz bis 10 %. Ursächlich ist neben einer oft bei Frauen auftretenden mechanischen infravesikalen Obstruktion eine occulte neurogene Blase. 5. Extraurethrale Inkontinenz: Ursachen sind ein ektop-mündender Harnleiter sowie urogenitale Fisteln. Zusammenfassend ist die Differenzierung dieser 5 Kardinalformen der weiblichen Harninkontinenz für eine gezielte Therapie wichtig. Eine differenzierende urodynamische Untersuchung ist ein wesentliches diagnostisches Instrument. 48 Abstractband H. Melchior, Kassel Harninkontinenz ist kein einheitliches Krankheitsbild, sondern eine Erkrankung mit vielen Ursachen. Dementsprechend differenziert muss die Therapie indikationsgerecht sein. Im allgemeinen wird als Ursache der Harninkontinenz eine Schließmuskelschwäche (StressHarninkontinenz) angesehen, was aber nur bedingt richtig ist; die häufigste Ursache einer Harninkontinenz ist eine unkontrollierte Detrusorfunktion. Stress-Harninkontinenz: Leichtere Grade der Stress-Harninkontinenz, insbesondere ohne ausgeprägte Zysto-Urethrozele, können physiotherapeutisch behandelt werden: Beckenboden-(Muskel)training, ggf. mit Unterstützung durch elektrophysiologische oder biomechanische („Coni”) Maßnahmen. Beckenbodentraining ist aber in erster Linie eine Option der Prävention. Höhere Grade der Stress-Harninkontinenz bedürfen der operativen Therapie. Dabei muss festgestellt werden, dass es nicht die Operationsmethode gibt – auch wenn derzeit die Schlingensuspensionen eine Renaissance erfahren! – sondern dass in Abhängigkeit von den anatomischen und funktionellen Gegebenheiten ein individuell angepasstes Operationsverfahren gewählt werden muss: transvaginal – retropubisch-transabdominal – endoskopisch. Drang-Harninkontinenz: Ursache der Drang-Harninkontinenz sind unkontrollierbare, ungewollte Aktivitäten des Blasenmuskels, welche wiederum multigenetisch sein können. Die idiopathische Dranginkontinenz ist fast immer psychosomatischer Genese und muss entsprechend therapiert werden; unterstützend wirken Antispasmodika (Oxybutynin, Propiverin, Tolterodin, Trospiumchlorid). Von der idiopathischen Dranginkontinenz muss die symptomatische Dranginkontinenz unterschieden werden, deren Ursache stets eine primäre oder sekundäre Blasenerkrankung ist: spezifische oder unspezifische Entzündungen, Neoplasien! Aus diesem Grunde muss vor der Behandlung einer Dranginkontinenz immer eine Blasenerkrankung durch Urindiagnostik und Sonographie, ggf. auch Zystoskopie ausgeschlossen werden! Sonderformen der Dranginkontinenz sind die Altersblase und die neurogenen Inkontinenzformen. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Harninkontinenz: Therapeutische Konzepte Harninkontinenz im Alter: Zweifellos die größte medizinische Herausforderung stellt die Harn- und/oder Stuhlinkontinenz im Alter dar: Mehr als 30% der Bewohner von Pflegeheimen sind inkontinent, in mehr als 50% ist die Inkontinenz die Ursache für eine Heimeinweisung! Nur durch Prävention und Rehabilitation können die rasch wachsenden Belastungen unseres Sozialsystems gebremst werden. Inkontinenz im Alter hat ihre Ursache in der nachlassenden Hirnleistung mit der Folge, dass der Miktionsreflex zunehmend unbeeinflussbar über das primäre Miktionszentrum im Hirnstamm läuft (Supranukleäre Reflexinkontinenz): diese Patienten können bei einsetzendem Harndrang diesen nicht unterdrücken, sie können aber auch nicht ihre Blase prophylaktisch entleeren, wenn sie nicht ausreichend gefüllt ist. Sie haben die Fähigkeit verloren, ihren Blasenrhythmus dem Lebensrhythmus unterzuordnen, sie müssen daher ihren Lebensrhythmus dem Blasenrhythmus anpassen: ToilettenAbstractband 49 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer training. Wichtig ist, dass man mit dem Toilettentraining, dem Gang zur Toilette nach einem festgelegten Tagesplan, nicht erst beginnt, wenn eine hochgradige Form der Inkontinenz vorliegt, sondern bereits bei den Frühformen der Altersblase (Altersreizblase); wichtig ist dabei, dass eine primäre Blasenerkrankung (Entzündung, Tumor) zuvor ausgeschlossen wurde. 50 Abstractband Neurogene Blasenstörungen gehören – unabhängig von der Grunderkrankung – in die Hand eines Spezialisten (Neuro-Urologe); das Spektrum der Behandlungsmöglichkeiten ist breit. Die einfachste, zugleich aber schlechteste Behandlungsform ist die Einlage eines transurethralen Dauerkatheters, welcher als obsolet verdammt werden sollte! Praktische Gesichtspunkte bei Pflegefällen, Querschnittgelähmten und Neurologischen Krankheitsbildern R. Nützel, C. Fischer, Bayreuth Die Harninkontinenz stellt aufgrund der Altersstruktur der Bevölkerung ein zunehmendes Problem dar. Die Inzidenz sinkt bei Männern vom 5. bis zum 15. Lebensjahr ab und steigt nach den vorliegenden Daten ab dem 50. bzw. 55. Lebensjahr wieder an. Bei Frauen verhält sich die Häufigkeit der Harninkontinenz etwas anders, hier zeigt sich ein Gipfel im Bereich zwischen 45 und 54 Jahren. Es lässt sich also insgesamt eine altersabhängige Häufigkeit der Harninkontinenz feststellen. In der Bundesrepublik Deutschland rechnet man für das Jahr 2000 mit 3,9 Mill. Harninkontinenten, für das Jahr 2030 bereits mit 4,4 Mill. inkontinenten Menschen. Es handelt sich hauptsächlich um ältere Patienten, bei denen auch die Inzidenz der neurologischen Krankheitsbilder und die der Pflegebedürftigkeit zunimmt. Die meisten neurologischen Krankheitsbilder sind mit einer Harninkontinenz vergesellschaftet. Bei der Diagnostik ist genau abzuwägen, ob eine Rehabilitation der Blase, also eine Behandlung der Inkontinenz mit rationellen Mitteln möglich ist. Sollte dies der Fall sein, ist eine differenzierte Diagnostik mit urodynamischer Untersuchung durchzuführen, da sich allein nach diesem Befund die Therapie der Harninkontinenz, ob medikamentös oder durch Blasentraining und auch die Versorgung mit den entsprechenden Hilfsmitteln wie Kondomurinalen, Windeln, transurethralen Kathetern oder suprapubischen Kathetern richtet. H. Lux, Nürnberg Die klinischen Symptome der Hypercalcämie sind sehr variabel. Von völlig asymptomatischen Hypercalcämien bis zur hypercalcämischen Krise. Typische Symptome: 1. von Seiten der Niere: · Polyurie · Polydipsie · Creatinin-Clearance ß 2. von Seiten der Knochen: · Knochenschmerzen 3. von Seiten des Magen-Darm-Traktes: · Obstipation · Übelkeit · Erbrechen 4. von Seiten des Herzens und des Kreislaufes: · QT-Verkürzung · Rhythmusstörungen · Hypertonie 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Hypercalcämie 5. von Seiten des Nervensystems und der Psyche: · Reflexabschwächung · Depression · Koma Ursachen: Die häufigste Ursache der Hypercalcämie ist der pHPT (Mehr Sekretion von Parathormon aus einem oder mehreren vergrößerten Epithelkörperchen). Davon abzugrenzen ist der sekundäre HPT (z.B. bei Niereninsuffizienz). Die zweithäufigste Ursache ist die Tumorhypercalcämie z. B. bei Tumorosteolysen oder Hypercalcämie auslösenden Substanzen z. B. arathormon-related-Protein. Weitere Ursachen sind: Hypercalcämie durch erhöhten Knochenumbau, Vitamin-D bedingte Hypercalcämie, medikamentös induzierte Hyperkalcämie. Abstractband 51 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Diagnostik: Serum-Kalzium, Serum-Phosphat und Parathormon. Die wichtigste Lokalisationsmaßnahme ist die Suche nach einem erfahrenem Chirurgen. Therapie: Die kausale Therapie ist die operative Entfernung des zu Grunde liegenden Epithelkörperchenadenoms oder der Nebenschilddrüsenhyperplasie. Erst nach nicht erfolgreicher Operation ist eine Lokalisationsdiagnostik erforderlich (selektive Blutentnahme zur PTH-Bestimmung oder ein MRT des Halses). Medikamentöse Therapie in der Zeit bis zur Überbrückung zur Operation. Rehydratation: Hemmung der Osteolyse oder der Calciumresorbtion aus dem Darm (Bisphosphonattherapie, Calcitonin). Evtl. Glukokortikoidtherapie bei Vitamin-D-Intoxikation. Erkrankungen der Pleura S. Beckh, Nürnberg Die Pleura kann durch primäre eigenständige Erkrankungen oder sekundär im Rahmen extrapleuraler Krankheitsbilder betroffen sein. In dieser Hinsicht ist es wichtig, ob eine einseitige oder beidseitige Erkrankung vorliegt. Doppelseitige Beteiligung der Pleura weist eher auf extrapleurale Krankheitsursache, wie z.B. Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz oder entzündliche Systemerkrankungen hin. In diesem Fall müssen spezielle weiterführende Organuntersuchungen und Laborteste für die Diagnosestellung herangezogen werden. Einseitige Erkrankungen des Pleuraraumes umfassen Pleuritis, Pleuraerguss, Pleuraempyem, Pneumothorax, Pleurakarzinose, sowie benigne und maligne Herdbildungen. Zur frühzeitigen Ergussbildung führen bakterielle, virale und tuberkulöse Pleuritiden bzw. Pleuropneumonien, aber auch maligne Erkrankungen des Pleuraraumes. Je nach Reserve der gesamten Lungenfunktion führen sehr unterschiedliche Mengen Pleuraerguss zu Atemnot. Bei einem sonst völlig lungengesunden Patienten werden unter Umständen Flüssigkeitsmengen von 2–3 Liter toleriert. Andererseits kann ein Patient bei stark vorgeschädigter Lunge bereits bei Mengen von ca. 250 ml über starke Dyspnoe klagen. In variabler Ausprägung berichten die Patienten über unbestimmtes thorakales Druckgefühl bis zu atemabhängigen Schmerzen und Hustenreiz. Bei Entzündungen treten Fieber und allgemeines Krankheitsgefühl dazu. Patienten mit Pleuraempyem zeigen in der Regel schwerste allgemeine Krankheitssymptome. Nach der körperlichen Untersuchung kann sich bei Erkrankungen des Pleuraraumes gleich die sonographische Untersuchung anschließen. Sie lässt auf Menge, Verteilung und Septierung 52 Abstractband Ein Pneumothorax ist immer mit sofort einsetzenden Atembeschwerden oder Thoraxschmerzen verbunden. Die Röntgenaufnahme zeigt die Ausprägung des Pneumothorax, die hochauflösende Computertomographie die meist vorhandenen Emphysembullae vorzugsweise in den apikalen Lungenpartien. Bei nachgewiesenen Emphysemblasen ist das Risiko für ein Pneumothoraxrezidiv bis zu 50 %. Die Patienten sollten deshalb frühzeitig zur endoskopisch-chirurgischen Emphysemblasenabtragung überwiesen werden. Benigne Raumforderungen der Pleura werden zufällig auf Röntgenübersichtsaufnahmen entdeckt. Mitunter kann auch bei diesen Herdbildungen ein begleitender, allerdings immer nur geringer Pleuraerguss festgestellt werden. Lipome lassen sich durch die Dichtemessung im CT diagnostizieren. Andere Herdbildungen müssen durch eine Gewebeprobe oder Resektion diagnostiziert werden. Im eigenen Patientengut wurden verschiedene Arten gutartiger bindegewebiger Tumore beobachtet, u.a. Schwannome, Hyalinosen und komplexe fibröse Tumore. Differentialdiagnostisch müssen diese Herdbildungen immer von Malignomen abgegrenzt werden. Eine Operation ist indiziert, falls mit Punktion keine Diagnose zu stellen ist oder der Befund aufgrund Raumverdrängung die Lungenfunktion beeinträchtigt. Die Pleura kann im Rahmen einer metastasierenden Tumorerkrankung mit betroffen sein, beim Bronchialkarzinom beträgt der Anteil der Pleurakarzinose bis zu 25 %. Der häufig rasch und in großen Mengen nachlaufende Erguss erfordert über die Drainage hinaus die Instillation von Medikamenten (z.B. Fibrinkleber, Tetrazyklin, Zytostatika, Talkum) zur Verklebung der Pleurablätter. Eine zunehmende Rolle spielt das maligne Pleuramesotheliom. Wegen der langen Latenzzeit nach Asbestexposition bis zum Auftreten des Mesothelioms ist noch in den nächsten 10 Jahren mit einer wachsenden Anzahl Erkrankungen zu rechnen. Zur Differenzierung der Art des Mesothelioms sind immer ausreichende Gewebeproben für die histologische Untersuchung erforderlich. Zytologisches Material allein ist manchmal hinweisend, aber für die eindeutige Diagnosestellung ungenügend. Falls die Erkrankung noch lokal begrenzt ist, Abstractband 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer der Flüssigkeit schließen und die günstigste Stelle für die Punktion finden. Sonographische Hinweise für einen entzündlichen Erguss sind ausgeprägte Septierungen oder Kammerungen und zahlreiche auch flottierende Binnenechos bei hohem Zellgehalt. Zusätzlich muss immer die parietale Pleura und die Lungenoberfläche bei der Sonographie mituntersucht werden. Häufig finden sich dabei Hinweise auf die Genese des Pleuraergusses. Wegweisend ist die weitere Analyse des Pleurasekretes. Bestimmt werden sollte immer der Eiweißgehalt, die Zellzahl und Zelldifferenzierung, die LDH, Glucose, pH-Wert, Cholesterin und Triglyceride. Weitere Proben müssen für die bakteriologische (spezifisch und unspezifisch!) und zytologische Untersuchung abgegeben werden. Bei genügend großem Ergusssaum wird zusätzlich eine Pleurabiopsie durchgeführt. Als weiterführende bildgebende Verfahren müssen eine Röntgenthorax-Übersichtsaufnahme zur Beurteilung des Lungenparenchyms und in Problemfällen noch zusätzlich eine Computertomographie des Thorax angefertigt werden. Falls mit Bildgebung, Zytologie und Biopsie keine Diagnosestellung gelingt, sollte sich eventuell eine Thorakoskopie anschließen. 53 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer steht die Resektion an erster Stelle. Bei inoperabler Erkrankung kommen verschiedene systemische Chemotherapeutika zum Einsatz. Bei nachlaufendem Pleuraerguss ist die thorakoskopisch angewandte Talkumpleurodese sinnvoll. 54 Abstractband Interstitielle Lungenerkrankungen R. Leistner, Nürnberg Interstitielle Lungenerkrankungen stellen eine sehr heterogene Gruppe unterschiedlicher Krankheitsentitäten dar. Daher ist eine einheitliche Definition nicht möglich. Histopathologisch ist primär das Lungeninterstitium und in unterschiedlichem Ausmaß auch der Alveolarraum betroffen. Während die klassischen Staublungenkrankheiten (z.B. Asbestose, Silikose) heute eher eine untergeordnete Rolle spielen, weisen idiopathische Lungenfibrosen eine zunehmende Inzidenz und Prävalenz auf. Medikamenteninduzierte interstitielle Lungenerkrankungen (z.B. Amiodaron) sowie die Gruppe der exogen Allergischen Alveolitiden (EAA) stellen wichtige, da im Grunde vermeidbare Erkrankungen dar. Ein Kennzeichen all dieser Erkrankungen ist, dass der pathologischen Prozess nicht umschrieben eine Lungenregion betrifft, wie z. B. beim Bronchialkarzinom oder der Pneumonie, sondern sich „diffus” im Lungenparenchym ausbreitet. Deshalb werden interstitielle Lungenerkrankungen international auch als diffuse Lungenerkrankungen bezeichnet. Radiologisch sind interstitielle Lungenerkrankungen durch ein retikulonoduläres Verteilungsmuster charakterisiert, wobei in einigen Fällen mehr die Oberfelder (z.B. Silikose, Sarkoidose, exogen allergische Alveolitis) in anderen Fällen die Unterfelder (idiopathische Lungenfibrosen, Kollagenosen, Asbestose) betroffen sind. Klinisch imponiert ein chronischer, langsam fortschreitender Krankheitsverlauf. Die Patienten klagen häufig über zunehmende Belastungsdyspnoe und trockenen Husten. Eine zentrale Rolle nehmen in der Diagnostik der interstitiellen Lungenerkrankungen die Anamnese (Berufe, Hobbies, Rauchen, Medikamente, Begleiterkrankungen), der körperliche Untersuchungsbefund (Trommelschlegelfinger, Sklerosiphonie, Zyanose, Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz) und die radiologischen bildgebenden Verfahren ein. Besonders das Hochauflösungs CT-Thorax (HRCT) hat in den letzten Jahren die Diagnostik der interstitiellen Lungenerkrankungen entscheidend verändert. So lassen sich heute mit Hilfe der Anamnese und dem HRCT das Spektrum der in Frage kommenden Differenzialdiagnosen deutlich einengen. In Zweifelsfällen oder bei entsprechender therapeutischer Konsequenz sollte zur Diagnosesicherung allerdings weiterhin eine histopathologische Diagnose angestrebt werden, wobei als Goldstandard heute die thorakoskopische Lungenbiopsie (VATS) angesehen wird. Insbesondere bei der Diagnostik der Lungenfibrosen, bei denen aufgrund eines charakteristischen histopathologischen Musters verschiedene Entitäten unterschieden werden, sollten mehrere ausreichend große Lungenbiopsate aus verschiedenen Regionen der Lunge entnommen werden (Katzenstein und Meyers 1998). Demgegenüber kann die bronchoskopische Lungenbiopsie lediglich wichtige Differenzialdiagnosen aus- Die therapeutischen Möglichkeiten reichen je nach Ätiologie und Schweregrad der Erkrankung von der Expositionsprophylaxe (z.B. EAA) über die medikamentöse Therapie mit Kortikosteroiden und Immunsupressiva (z.B. Azathioprin, Cyclophosphamid) bis hin zur Lungentransplantation und rein symptomatischen Behandlungsstrategien (z.B. Sauerstofflangzeittherapie). Die Wahl des richtigen Therapieregimes hat immer die Progression des jeweiligen Krankheitsprozesses, das Alter des Patienten sowie klinische und lungenfunktionsanalytische Kriterien Rechnung zu tragen. Hinsichtlich der schlechten Prognose der UIP (usual interstitial pneumonia), der eigentlichen idiopathischen Lungenfibrose, und dem nur unzureichenden Ansprechen auf Kortikosteroide werden heute zahlreiche alternative Therapieverfahren in Studien geprüft (z.B. Acetycystein, Interferon-Gamma). Ziel dieser neueren Therapieverfahren ist es, primär den fibrosierenden Prozess in der Lunge zu beeinflussen. Der nephrologische Notfall R. Lang, Nürnberg 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer schließen (z.B. Sarkoidose, Lymphangiosis carcinomatosa). Die bronchoalveoläre Lavage (BAL) mit Differenzial- und Immunzytologie stellt ein semiinvasives bronchoskopisches Verfahren dar, welches einen wichtigen Beitrag z.B. in der Aktivitätsbeurteilung der Sarkoidose oder der EAA leisten kann. Die eigentliche Diagnose ergibt sich immer aus der Synopsis klinischer, radiologischer (v.a. Röntgenthorax-Voraufnahmen) und histopathologischer Befunde. Ausfall von Teilfunktionen der Nieren sind häufige Notfallsituationen in der Nephrologie. Mit Ausnahme der hypertensiven Krise und des akuten Lungenödems präsentieren sich die meisten Notfälle zunächst unspektakulär und täuschen den Patienten (und den Arzt) über die bereits bestehende akute Lebensgefahr oder den drohenden Organverlust. HYPERKALIÄMIE. Ursachen sind verzögerte Kaliumexkretion durch akutes oder chronisches Nierenversagen, Medikamente (Spironolakton, Amilorid, Triamteren, ACE-Hemmer, AT1Rezeptor-Blocker u.a.) und andere Erkrankungen (Hämolyse, M. Addison, diab. Ketoazidose, renal tubuläre Azidosen u.a.) oft gepaart mit einem Diätfehler (Diätsalz etc.). Symptome sind Parästhesien, Muskelschwäche, Übelkeit umd Bradykardie. Kardiale Symptome sind bei Kaliumwerten <6,0 mmol/l selten. Bei EKG-Veränderungen ist Monitorüberwachung erforderlich, Therapie der akuten kardialen Toxizität durch Ca-Glukonat. Kalium-Shift nach intrazellulär durch Insulin plus Glukose oder ß2-Mimetika inhalativ, Kaliumelimination durch Dialyse; Austauscherharze (Resonium) wirken unzuverlässig und erst nach Stunden, Diuretika nach Tagen. HYPOKALIÄMIE. Auslöser sind u.a. anhaltendes Erbrechen, Diuretika oder Durchfälle. Die Allgemeinsymptome sind zunächst vieldeutig, im Verlauf Auftreten von Tachykardien, Arrhythmien, Gefahr der Rhabdomyolyse. Bei symptomatischer Hypokaliämie stationäre TheAbstractband 55 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer rapie mit Kaliumsubstitution und ggf. Ausgleich der Alkalose. Der Kaliumbedarf wird oft unterschätzt. HYPONATRÄMIE (HYPOOSMOLARES SYNDROM). Auslöser sind ADH induzierte renale Wasserretention durch schwere Herzinsuffizienz, Leberzirrhose, Hypothyreose, Thiazide oder idiopathisch (SIADH) und Wasserausscheidungsstörungen bei Niereninsuffizienz. Zerebrale Symptome wie Verwirrtheit und Krampfanfälle stehen im Vordergrund. Die Therapie richtet sich nach dem Volumenstatus, der Schwere der Hyponatriämie, der Akuität und kann per se schwere Schäden verursachen (zentrale pontine Myelinolyse). VOLUMENEXZESS. Präsentation als entgleister Hochdruck, Lungenödem, Linksherzversagen. Auslöser sind Störungen der renalen Natriumausscheidung mit Natriumakkumulation. Typische Ursachen sind nephrotisches Syndrom, Niereninsuffizienz, Herzinsuffizienz, Medikamente (NSAID, Fludrocortison), oft gepaart mit Diätfehler (Kochsalz). AKUTES NIERENVERSAGEN (ANV). Sonographie und Urinstatus gehören zur Basisdiagnostik. Nach Ausschluss einer Harnabflussstörung, Suche nach prärenalen Ursachen: Volumenmangel, Sepsis, Herz-Kreislauf-Insuffizienz, Leberzirrhose, Nierenarterienstenosen, Medikamente (ACE-Hemmer, AT1-Blocker, NSAID, Diuretika, Kontrastmittel). Renale Ursachen sind vielfältig (z.B. ischämische Tubulusnekrose, hypertensive Krise, hämolytisch urämisches Syndrom, interstitielle Nephritis, Paraproteinämie, RPGN u.a.). Die RAPID PROGRESSIVE GLOMERULONEPHRITIS (RPGN) ist gekennzeichnet durch Creatininanstieg über Tage bis Wochen mit meist typischem Urinbefund. Die Klinik ist unspezifisch, nicht immer finden sich Ödeme oder Hypertonie. Hier ist rasches Handeln und ein Therapiebeginn noch am Tag der Diagnose (Nierenbiopsie) indiziert, da der irreversible Organverlust droht! Daher sollte jedem auffälligen Creatininwert oder U-Status kurzfristig weitere Diagnostik oder die Überweisung zum Nephrologen folgen. URÄMIE ist das klinische Endstadium eines akuten oder chronischen Nierenversagens. Aus initial unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Leistungsknick, Appetitlosigkeit heraus entsteht akute Lebensgefahr durch Hyperkaliämie, Volumenexzess, respiratorische Insuffizienz, Perikarderguss und Koma. Patienten, bei denen die Urämie nicht durch rechtzeitige Nierenersatztherapie verhindert wurde, haben eine sehr hohe Mortalität durch multiple Organkomplikationen und Infektneigung. Dies trifft insbesondere zu für Diabetiker. Die gastroösophageale Refluxkrankheit und ihre Folgen J. Bauer, Nürnberg In allen westlichen Industrienationen zeigt die gastrooesophageale Refluxkrankheit in den letzten Jahren eine deutlich ansteigende Inzidenz und Prävalenz. Etwa 10 % der Bevölkerung können als refluxkrank gelten, da sie aufgrund häufiger Beschwerden eine signifikante Einbuße an Lebensqualität aufweisen. 56 Abstractband Für die erfolgreiche Therapie der gastrooesophagealen Refluxkrankheit können die Protonenpumpenhemmer mit ihren verschiedenen Vertretern heute als Standard angesehen werden. Eine Indikation für den Einsatz von H2-Antagonisten ergibt sich nur in sehr begrenztem Maße, da diese sowohl in der Akuttherapie als auch in der Rezidivprophylaxe eine hohe Versagerquote aufweisen. Bezüglich der Durchführung einer Rezidivprophylaxe ist zu bedenken, dass bei 80 % der Betroffenen die Refluxkrankheit einen chronischen Verlauf nimmt. In Abhängigkeit von der Schwere der Refluxkrankheit bzw. des Vorhandenseins von endoskopischen Läsionen ist zwischen einer kontinuierlichen Dauertherapie und einer “on demand”-Medikation abzuwägen. In den letzten Jahren erlangten die extraoesophagealen Manifestationen der Refluxkrankheit, wie der nicht kardiale Thoraxschmerz, die chronische Laryngitis sowie der Zusammenhang mit Exazerbationen eines Intrinsic-Asthma bronchiale, eine zunehmende Aufmerksamkeit. Bei Patienten mit einer diesbezüglichen Beschwerdesymptomatik ist eine Verursachung durch eine Refluxkrankheit in Erwägung zu ziehen und eine diesbezügliche Therapie einzuleiten. Die gefährlichste Komplikation einer langjährigen gastrooesophagealen Refluxkrankheit ist das Auftreten eines Barrett-Oesophagus und in dessen Folge, die Manifestation eines Adenocarzinoms der distalen Speiseröhre. Letzteres weist die höchste relative Zuwachsrate aller gastrointestinalen Tumoren auf. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Unkomplizierte Fälle einer gastrooesophagealen Refluxkrankheit können bei Fehlen von sogenannten Alarmsymptomen wie Dysphagie, Odynophagie, Gewichtsabnahme und fehlenden Hinweisen auf eine gastrointestinale Blutung nach einer sorgfältigen Anamnese für einen befristeten Zeitraum probatorisch mit einem säuresuppressiven Medikament behandelt werden. Für Patienten mit diesen Alarmsymptomen sowie für solche mit wiederkehrenden oder persistierenden Beschwerden nach bzw. unter Therapie ist eine endoskopische Abklärung unverzichtbar. Bei der Bewertung des endoskopischen Befundes ist zu bedenken, dass etwa 60 % der Patienten mit gastrooesophagealer Refluxkrankheit keine endoskopisch sichtbaren Veränderungen aufweisen. Die Mehrzahl dieser Patienten zeigt jedoch in der 24Stunden-pH-Metrie ein pathologisches Refluxprofil. Im Einzelfall ist daher abzuwägen, ob man diese weiterführende Diagnostik durchführt oder probatorisch einen Therapieversuch mit einem Protonenpumpenhemmer unternimmt. Patienten mit der endoskopisch-bioptischen Diagnose eines Barrett-Oesophagus sind einem endoskopischen Follow up zuzuführen, um ggf. leicht- oder schwergradige Dysplasien oder auch ein Karzinom im frühen Stadium nachweisen zu können. Im Falle der Diagnose einer hochgradigen Dysplasie bzw. eines Frühcarzinoms stehen neben lokal endoskopischen Maßnahmen begrenzte chirurgische Eingriffe zur Wahl. Abstractband 57 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Chronische Virushepatitis 58 Abstractband D. Schuppan, Erlangen Aus einer akuten Hepatitis B entwickelt sich bei ca. 10% der Patienten eine chronische Hepatitis, die wiederum in der Hälfte der Fälle einen chronisch-aktiven Verlauf mit dem Spätstadium der Zirrhose nimmt. Dagegen liegt die Chronifizierungsrate der Hepatitis C bei ca. 70-90%, und ca. 30% der Patienten entwickeln nach im Mittel 20 Jahren eine Zirrhose mit den Komplikationen der Leberinsuffizienz, der portalen Hypertension mit Ösophagusvarizenblutung und Aszites, der hepatischen Enzephalopathie und einem 100-200-fach erhöhten Risiko für die Entwicklung eines Leberzellkarzinoms. Die serologische Diagnose erfolgt zunächst durch einen Nachweis des HBs-Ag, ggf. HBeAg, des anti-HBc und der HBV-DNA bzw. von anti-HCV und der HCV-RNA. Man rechnet mit ca. 300 Millionen chronisch mit dem Hepatitis B Virus (HBV) infizierten Patienten weltweit, davon 75% in Asien. Jährlich versterben ca. 1,5 Millionen an einer Zirrhose oder einem hepatozellulärem Karzinom. Die weltweite Prävalenz der chronischen Hepatitis C liegt bei geschätzten 100 Millionen, davon ca. 5 Millionen in Europa und 560.000 allein in Deutschland (0,7% der Bevölkerung). Eine Therapie, möglichst im Frühstadium einer chronisch aktiven Hepatitis B oder C, ist deshalb notwendig. Eine chronische Hepatitis liegt bei einem mehr als 6-monatigen Verlauf nach Beginn der Symptome und/oder einer mindestens seit 6 Monaten dokumentierten Transaminasenerhöhung vor. Vor der Behandlung muss anamnestisch, laborchemisch und durch bildgebende Verfahren (Sonographie) geklärt sein, ob der Patient bereits eine Zirrhose hat, ob andere Lebererkrankungen beteiligt sind und ob Kontraindikationen für eine Therapie, insbes. mit Interferon, bestehen. Im Falle der Hepatitis C ist eine Leberbiopsie mit Bestimmung der entzündlichen Aktivität und des Fibrosestadiums notwendig, da einige Patienten keinerlei entzündliche Aktivität oder Fibrose aufweisen und deshalb nicht behandelt werden müssen. Das Basismedikament für die Therapie der chronischen Virushepatitiden ist nach wie vor das Interferon alpha (IF) über 6 Monate (Hepatitis B) oder 6-12 Monate (Hepatitis C). Jedoch werden bei der Hepatitis B zunehmend orale Virostatika (Lamivudin, Adefovir) eingesetzt, insbes. bei Nichtansprechen der IF-Therapie (ca. 60% der Patienten). Bei der Hepatitis C führt die Kombination von Langzeit- (pegyliertem) IF mit dem oralen Virostatikum Ribavirin in ca. 40 bzw. 80% (Virusgenotyp 1 vs. 2 oder 3) zur dauerhaften Viruselimination. Die Indikation der teuren und nebenwirkungsreichen IF-basierten Therapie muss streng und durch einen erfahrenen Hepatologen gestellt und überwacht werden. Kontraindikationen sind u.a. die dekompensierte Lebererkrankung und Autoimmunerkrankungen. Nach Viruselimination wird das Risiko einer Progression oder eines Leberkarzinoms deutlich reduziert bzw. normalisiert. B. Manger, Erlangen Die Arthritis, d. h. entzündliche Veränderungen am Gelenk sind das Leitsymptom bei einer Fülle verschiedenster „rheumatischer“ Erkrankungen. Die Aufgabe der rheumatologischen Diagnostik besteht in der Unterscheidung der verschiedenen Krankheitsursachen, der differentialdiagnostischen Zuordnung und der Beurteilung der Aktivität und des Verlaufs einer Arthritis. Die wichtigste Säule der Diagnostik in der Rheumatologie ist nach wie vor die sorgfältige Erhebung von Anamnese und klinischem Befund. Lokalbefund, Verteilungsmuster der Arthritis und extraartikuläre Symptomatik erlauben oft bereits eine differential-diagnostische Einordnung. Bei der zweiten Säule, den bildgebenden Verfahren, ist unverändert die konventionelle Röntgendiagnostik die Methode der Wahl. Im Verlauf einer Arthritis lassen sich hier zunächst entzündliche Weichteilveränderungen, nach einigen Wochen eine gelenknahe Entkalkung und nach einigen Monaten knöcherne Destruktionen und Usuren darstellen. Von zunehmender Bedeutung ist in den letzten Jahren die Gelenksonographie insbesondere zur Beurteilung der Gelenkkapsel und periartikulärer Weichteilstrukturen. Spezialuntersuchungen, wie Computer- und Kernspintomographie, bleiben besonderen Fragestellungen vorbehalten. Die dritte Säule der rheumatologischen Diagnostik stellen die Laboruntersuchungen dar. Für die differentialdiagnostische Einordnung von Gelenkbeschwerden spielen vor allem Autoantikörpernachweise (Rheumafaktoren, Analyse antinukleärer oder antizytoplasmatischer Antikörper), immungenetische Bestimmungen (z. B. HLA-B 27) oder die Untersuchung von Synovialflüssigkeit eine wichtige Rolle. Für die Beurteilung der Aktivität einer rheumatischen Erkrankung und damit zur Therapiesteuerung stehen dagegen meist unspezifische Entzündungsparameter (z.B. CRP, Komplementfaktoren) im Vordergrund. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Rheumatoide Arthritis: Klinik – Diagnostik – Therapie Dieser Vortrag soll einen Überblick über die genannten diagnostischen Möglichkeiten geben und insbesondere auf einige neue in den letzten Jahren etablierte und bereits bewährte Weiterentwicklungen im Bereich der bildgebenden Verfahren und der Labormethoden aufmerksam machen. Auch in den Klassifikationskriterien des “American College of Rheumatology” wird deutlich, dass Anamnese und klinischer Befund den Hauptanteil (5 von 7 Kriterien) zur Diagnosestellung beitragen, Labordiagnostik und radiologischer Befund tragen nur mit je einem Kriterium bei. Die rheumatoide Arthritis (RA) ist eine Systemerkrankung bei etwa 1% der Gesamtbevölkerung, deren Morbidität und Mortalität erheblich unterschätzt wurde. Neuere epidemiologische Untersuchungen haben gezeigt, dass die 5-Jahres Überlebenszeiten bei ausgeprägter RA vergleichbar mit der bei koronarer Herzkrankheit (2-Gefäß-Stenose) oder M. Hodgkin (Stadium III) sind. Aus dieser Erkenntnis heraus ergibt sich die Notwendigkeit, die derzeit Abstractband 59 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer verfügbaren Möglichkeiten zur medikamentösen Beeinflussung des Krankheitsverlaufes hinsichtlich ihrer Effizienz und Toxizität sorgfältig zu überprüfen. Weitere grundsätzliche Überlegungen zum Therapiekonzept der RA leiten sich aus Verlaufsuntersuchungen ab, die zeigen konnten, dass die Progression der Erkrankung in den ersten Jahren am ausgeprägtesten ist, was die besten Aussichten für therapeutische Interventionen in diesem Fenster erwarten lässt. Diese prognostischen Überlegungen haben dazu geführt, dass prinzipiell jede gesicherte RA mit einer krankheitsmodifizierenden Therapie durch immunmodulierende Substanzen angegangen werden sollte. In diesem Vortrag werden Indikationen und Stellenwert für die konventionellen Basistherapeutika (Methotrexat, Gold, Chloroquin, Sulfasalazin und DPenicillamin), neuere Immunsuppressiva (Cyclosporin A, Leflunomid) sowie TNF-Inhibitoren und Kombinationen der genannten Substanzen besprochen. Knochenmarkinsuffizienz H. Reinel, Nürnberg Unter Panzytopenie versteht man eine Kombination aus Anämie, Leukopenie und Thrombozytopenie im peripheren Blut. Klinische Manifestationen sind Anämiesymptome, Infektionen und Blutungen. Ist eine Panzytopenie nachgewiesen worden, muss eine Abklärung der Ursache erfolgen. Neben der ausführlichen Anamnese und dem körperlichen Befund ist als hämatologische Basisdiagnostik das Anfertigen eines Differentialblutbildes inklusive Retikulozytenzählung sowie die Durchführung einer Knochenmarkspunktion (Zytologie, Histologie) erforderlich. Aus den erhobenen Befunden ergibt sich die Indikation zu weitergehenden Untersuchungen (z.B. Vitamin B12-Spiegel im Serum, Virusserologie, Flowzytometrie und Zytogenetik des Knochenmarks). Meistens wird die Panzytopenie durch eine mangelhafte bzw. gestörte Bildung der Blutzellen im Knochenmark verursacht. Häufig liegt eine Verdrängung des normalen Knochenmarks durch maligne Zellen vor (z.B. Leukämie, maligne Lymphome, multiples Myelom, Karzinome). Ein „zellreiches Knochenmark“ bei Panzytopenie weist auf eine gesteigerte Hämatopoese mit gestörter Ausreifung hin, sog. Ineffektive Hämatopoese (z.B. Myelodysplastisches Syndrom, megaloblastäre Anämie). Ein „zellarmes Knochenmark“ lenkt dagegen den Verdacht auf eine aplastische Anämie, die z.B. durch Medikamente oder Viren ausgelöst werden kann. Ist bei der Knochenmarkaspiration kein Material zu gewinnen („Punctio sicca“) sollte an eine Knochenmarkkarzinose, Osteomyelofibrose oder Haarzellleukämie gedacht werden. Seltener ist die Panzytopenie Folge einer gesteigerten Zerstörung der reifen Blutzellen in den Gefäßen und / oder der Milz (z.B. Hypersplenismus, Autoimmunerkrankungen, Infektionen). Hier findet man im Knochenmark eine kompensatorisch gesteigerte, morphologisch jedoch unauffällige Hämatopoese. 60 Abstractband R. Strauß, Erlangen Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich ausdrücklich nicht auf nosokomiale Infektionen bei Patienten mit sehr schwerem Immundefekt (z.B. Neutropenie <1.000/µl, HIVInfektion, Z.n. Transplantation), da für diese jeweils separate Diagnose- und Behandlungsempfehlungen gegeben werden müssen. Epidemiologie: häufig und vital bedrohlich Die nosokomiale Pneumonie ist die am häufigsten zum Tode führende im Krankenhaus erworbene Infektion und nach den Harnwegsinfektionen die zweithäufigste Hospitalinfektion überhaupt (Inzidenz ca. 1-5/1000 Aufnahmen). Die Letalität liegt zwischen 30 und 50%. Pragmatisch wird jede Pneumonie, die später als 48 h nach stationärer Aufnahme manifest wird, als nosokomial definiert. Ausgenommen sind nur bei Aufnahme nachweislich „inkubierte“ Infektionen. Die Diagnose einer Pneumonie umfasst drei Komponenten: 1. die klinische Diagnosestellung, 2. die Beurteilung des Schweregrades und 3. ggf. die Erregeridentifikation Leitsymptom: Pulmonales Infiltrat plus Entzündungszeichen Die Diagnose wird bei neuem Auftreten oder Progredienz eines pulmonalen Infiltrates gestellt, wenn gleichzeitig Entzündungszeichen wie Fieber oder Hypothermie, Leukozytose, CRP-Erhöhung und purulentes Tracheobronchialsekret vorliegen. Allerdings sind diese Kriterien zwar relativ sensitiv, aber wenig spezifisch, sodass Differentialdiagnosen immer erwogen werden müssen. Zu denken ist v.a. an Atelektasen, Lungenödem, Lungeninfarkt/-embolie, Blutungen, Ergüsse, Alveoltiden oder ARDS. Wichtig ist, dass mit zunehmendem Alter und Schwere der Grunderkrankung die meisten Entzündungsparameter den Grad der Infektion nur unzureichend reflektieren. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Diagnostik und Therapie nosokomialer Infektionen Schwere Pneumonie: respiratorische oder zirkulatorische Insuffizienz Als schwer ist jede NP einzustufen, die mit einer akuten respiratorischen oder zirkulatorischen Insuffizienz oder multilobären Infiltraten einhergeht. Erregerdiagnostik: sinnvoll zumindest bei schwerer Verlaufsform Im Gegensatz zur ambulant erworbenen Pneumonie ist bei der NP das Erregerspektrum weiter und Antibiotikaresistenzen häufiger. Deshalb sollte zumindest bei den schweren Verlaufsformen eine ggf. auch invasive Erregerdiagnostik angestrebt werden. Dies scheint zumindest bei Beatmungspneumonien die Prognose zu verbessern und den Antibiotikaverbrauch zu senken. Abstractband 61 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Therapieprinzipien: kalkuliert und schnell Die antibiotische Initialtherapie erfolgt kalkuliert. Dabei müssen die individuelle Disposition des Patienten (z.B. Grundkrankheit, Therapie, antibiotische Vorbehandlung, Schwere der Pneumonie, Zeitpunkt des Auftretens) ebenso berücksichtigt werden wie die lokale Resistenz- und Erregersituation (z.B. lokale „Problemkeime“, lokale „Kleinepidemien“). Entsprechend gibt es keine überall und jederzeit anwendbare „Standardtherapie“. Für die Prognose des Patienten ist entscheidend, dass die initiale Antibiose den oder die relevanten Keime erfasst und dass sie so schnell wie möglich begonnen wird. Für die Therapiewahl können vereinfacht zwei Erregergruppen unterschieden werden: 1. die Kerngruppe („Standarderreger“): S. pneumoniae, H. influenzae, S. aureus (Methicillin empfindlich), E. coli, K. pneumoniae, Proteus spp., S. marcescens. Diese sind immer zu berücksichtigen. Sie finden sich v.a. bei früher Manifastation (£ 5 Tage) und bei Patienten ohne besondere Risikofaktoren. 2. die Riskogruppe („Problemkeime“): Diese „Problemkeime“ finden sich v.a. bei Patienten mit später Manifestation (>5 Tage) oder entsprechendem Risikoprofil und gehen i.A. mit erhöhter Sterblichkeit einher: P. aeruginosa, Acinetobacter, S. aureus (Methicillin resistent) (Langzeitbeatmung, Antibiotikavorbehandlung), P. aeruginosa (strukturelle Lungenerkrankung), S. aureus (Koma, Schädel-Hirn-Trauma, D. mellitus, chronische Niereninsuffizienz), Legionellen (Hoch-Dosis-Corticoide), Anaerobier (Aspiration, abdominelle Op). Drei antimikrobielle Therapieschemata können für die Initialtherapie empfohlen werden: SCHEMA 1: · Cephalosporin II (III) oder Aminopenicillin/ß-Laktamase-Inhibitor Geeignet für: Patienten ohne o.g. Risikofaktoren und früher Manifestation (£ 5 Tage), egal ob leicht oder schwer SCHEMA 2: · Aminopenicillin/ß-Laktamase-Inhibitor plus Erythromycin oder Ciprofloxacin oder Levofloxacin falls MRSA Verdacht zusätzlich Vancomycin Geeignet für: Patienten mit o.g. Risikofaktoren und leichtem Verlauf, egal ob frühe oder späte Manifestation 62 Abstractband Sonographie bei akutem Abdomen Chr. Jacobeit, Radevormwald Die Diagnostik bei Patienten mit akuten Abdominalproblemen muss besonders rasch und präzise erfolgen. Die Abdomenübersichtsaufnahme (Alternativdiagnostik) zeigt meist nur indirekte Zeichen einer akuten Abdominalerkrankung, selten die direkte Erkrankungsursache. Die Sonographie ermöglicht nach einer Studie von Guthoff und Mitarbeitern in 66% der Fälle die richtige Diagnose, bei weiteren 13% ermöglicht sie wegweisende Aussagen und ist damit das bildgebende Verfahren der Wahl. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer SCHEMA 3: · Antipseudomonas-Penicillin oder Antipseudomonas-Cephalosporin oder Carbapenem plus Ciprofloxacin oder Aminoglycosid falls MRSA Verdacht zusätzlich Vancomycin Geeignet für: Patienten mit später Manifestation und schwerem Verlauf, egal ob Risikofaktoren vorliegen oder nicht, sowie für Patienten mit Pseudomonas-Disposition egal ob frühe oder späte Manifestation. Selbstverständlich ist die Initialtherapie im Verlauf an eingehende mikrobiologische Befunde anzupassen und, soweit möglich, ein Wechsel der initialen iv-Gabe auf eine po-Gabe vorzunehmen. Die Häufigkeitsverteilung der betroffenen Organsysteme bei 290 Patienten: 1. Magen-Darmtrakt 105 2. Pankreas 86 3. Gallesystem 47 4. Raumforderungen 28 (Abzesse, Hämatome retro-intraperitoneal) 5. Nierenprozesse 7 6. Adnexprozesse 4 7. Gefäßprozesse 3 8. Sonstige 10 Beispielhaft sollen anhand des Ileus die diagnostischen Möglichkeiten aufgezeigt werden sowie Tipps und Tricks für die Untersuchung gegeben werden. Die Diagnose „Ileus“ stützt sich neben der klinischen Symptomatik sonographisch in erster Linie auf den Nachweis dilatierter flüssigkeitsgefüllter Darmschlingen, in zweiter Linie auf die Änderung der Peristaltik. Beim kompletten Dünndarmileus ist das Dünndarmlumen über 3 cm, beim kompletten Dickdarmileus ist das Dickdarmlumen über 6 cm erweitert. Die Differenzialdiagnose zwiAbstractband 63 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer schen komplettem und inkomplettem mechanischen Ileus stützt sich auf mehrere Indizien: beim kompletten mechanischen Ileus ist in der Regel eine Pendelperistaltik sichtbar, beim inkompletten Ileus eine Hyperperistaltik. Das Charakteristikum des kompletten mechanischen Ileus ist die Pendelperistaltik. Die Differenzialdiagnose zwischen paralytischem und mechanischem Ileus ist einfach, da beim paralytischen Ileus keine Pendelperistaltik erkennbar ist (Totenstille), während beim inkompletten mechanischen Ileus die Hyperperistaltik kennzeichnend ist. Sowohl beim mechanischen als auch beim paralytischen Ileus sind die Darmschlingen abgerundet, die Darmwand ist dünn ausgezogen. Im Spätstadium kann allerdings die Hyperperistaltik vom kompletten mechanischen Ileus erlahmen, sodass dann das Bild eines kompletten sekundär paralytischen Ileus besteht. Ein begleitendes Darmwandödem zeigt eine Darmischämie an, intramurale Gasansammlungen sind ein Charakteristikum für eine Ischämie mit Keiminvasion und dringendem V.a. beginnende Durchwanderungsperitonitis. Die Lokalisation eines Ileus ist einfach bestimmbar: eine hohe Obstruktion proximal des Treitz‘schen Bandes zeigt den Duodenalileus an, ein Jejunalileus ist an dem typischen Klaviertastenphänomen erkennbar (dilatiertes Jejunum mit Kerckringfalten). Der Nachweis dilatierter Haustren ist charakteristisch für den Dickdarmileus. Die Ätiologie des mechanischen Ileus (Hernie, Bride, Tumor, Fremdkörper) kann unter subtiler sonographischer Abklärung unter symptomorientierter Einstellung und Absuchen der o.g. Landmarken in vielen Fällen geklärt werden. Es empfiehlt sich unter Berücksichtigung der anamnestischen Daten (OP-Narbe) sowie der klinischen Untersuchung (Druckschmerz) eine genaue Suchdiagnostik. Die beiden häufigsten Ursachen (Bride, Inkarzeration) mit äußerer und innerer Hernie treten in etwa vergleichbarer Häufigkeit auf. Tumoren folgen mit 10-20%. Eine inkarzerierte Hernie ist in der Regel unschwer klinisch erkennbar, die Diagnose „Bridenileus“ kann bei Nachweis von Bindegewebssträngen mit Darmstrangulation gelingen. Ein stenosierender Tumor imponiert als asymptomatische Kokarde mit poststenotischer Dilatation und poststenotischem Hungerdarm. Eine gastrointestinale Steinperforation ist eine seltene Ursache des Ileus (in 60% liegt die Steinobstruktion im Ileum, nur in 3% im Magen, und selten im Bulbus). Wegweisend bei V.a. Steinperforation ist die Schrumpfgallenblase mit Aerozystie und Fistelnachweis. Typisch für die Invagination (die klassischerweise zu 85% ileocoecal auftritt) ist ein Doppelkokardenphänomen („Kokarde in Kokarde“, häufige inkarzerierte Netzkappe). Bei Erwachsenen sollte bei einer nachgewiesenen Invagination immer nach einem zugrunde liegenden Tumor gefahndet werden. Die stenosierende Ileumläsion ist typischerweise auf einen Morbus Crohn zurückzuführen (charakteristisch ist hier eine langstreckige, echoarme Wandverbreiterung mit Aufhebung der Peristaltik). Die sonographische Diagnose eines kompletten paralytischen Ileus ist einfach, die Genese unter Berücksichtigung der Anamnese (OP) sowie der klinischen Untersuchung (Vorhofflimmern, V.a. Embolie) häufig rasch differenzierbar. Die klinisch mild verlaufende infektiöse Enterocolitis imponiert als hyperperistaltischer Darm mit vermehrter intraluminaler Flüssigkeitssekretion. 64 Abstractband Die pseudomembranöse Colitis imponiert als langstreckig echoarme Colonwandschwellung mit aufgequollenen Haustren. Abzugrenzen von der Darmwandischämie (die als echoarme Wandschwellung mit Darmparalyse imponiert) ist das Antikoagulationsabdomen. Hierbei handelt es sich um eine Darmwandeinblutung unter Antikoagulation mit nachfolgenden Transportstörungen. Der Darm ist fokal echoarm verdickt. Hinweis ist hierbei die typische Anamnese. Im Kindes- und Jugendalter ist die häufigste Ursache des akuten Abdominalschmerzes weiterhin die Appendizitis (nach Siewert), sodass in jedem Fall bei einem akuten Abdomen eine Appendizitis ausgeschlossen werden sollte. Selbst bei fehlender Perforation ist die akute Appendizitis meist als transmurale Entzündung nachweisbar, wobei frühzeitig die umgebenden Strukturen mitbeteiligt sind. Diese so genannte Periappendizitis ist ein diagnostisch wertvolles Phänomen, die sonographisch als eine umgebende echoreiche Fettgewebsreaktion (Netzhaube) imponiert. In vielen Fällen zeigt sich ebenfalls bei einer beginnenden Durchwanderungsperitonitis eine diskrete abdominelle Flüssigkeitsansammlung. Landmarken für das Aufsuchen der Appendix (die in vielen Fällen auch retrocoecal gelegen sein kann!) ist der Coecalpol und die Ileacalgefäße. Im Vortrag sollen Tipps und Tricks für die Untersuchung gegeben werden. Weiterhin sollten beispielhaft typische abdominale Erkrankungen mit dem Bild eines sekundären akuten Abdomens dargestellt werden: 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Für die klinisch schwer verlaufende toxische Colitis charakteristisch ist ein echoarmes Darmwandödem mit Hyperperistaltik und reichlich intraluminaler Flüssigkeit. Kleine Mengen Ascites sind häufig vorhanden. 1. Gallenblasenperforation 2. Vom Intestinum ausgehende Sepsis 3. Nekrotisierende Pankreatitis 4. Akuter Ureterstau 5. Stielgedrehte Ovarialzyste 6. usw. Galle Die subtile Untersuchung der Gallenblase und der Gallenwege gehört zu jeder Abklärung eines unklaren Oberbauchschmerzes. Im Vortrag sollen eine optimierte Darstellung sowie Funktionsprüfung der Gallenblase und Gallenwege dargestellt werden. Zu einer kompletten Gallenblasendiagnostik gehöhrt neben der Nüchternsonographie die postprandiale Funktionskontrolle (nach Reizmahlzeit), wobei sich bei einer unauffälligen Gallenblasenfunktion das Volumen um über 50% verringern sollte. Funktionsstörungen der Gallenblase lassen sich so einfach darstellen. Im Vortrag soll ein praktikabler Funktionstest vorgestellt werden. Unverzichtbar ist die Gallenblasensonographie in variablen Lagerungspositionen (Linksseitenlage, stehend). Beim Verzicht auf diese Untersuchungstechnik und der Sonographie nur in Abstractband 65 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Rückenlagerung werden kleinere Steine der Untersuchung entgehen (diese Mikrolithen sind häufig Ursache für steinbedingte Komplikationen in den Gallenwegen oder im Bereich der Papille). Einen besonderen Stellenwert hat die subtile Sonographie der Gallenwege (vorzugsweise in Linksseitenlage) vor laparoskopischer Operation, um Variationen der Gefäße bzw. des Gallengangsverlaufes rechtzeitig zu erkennen und operative Komplikationen zu vermeiden. Auf eine doppelt angelegte A.hepatica dextra ist hier besonders hinzuweisen, ebenso wie auf außerordentliche Varietäten des Verlaufs der A.hepatica. An Hand typischer Beispiele sollen die Charakteristika der akuten Cholangitis (echoarme Wandverdickung mit Schlick im Gallengang) und die sonophänomenologischen Charakteristika der chronischen Cholangitis dargestellt werden (echoreiche Wandverdickung mit typisch perlschnurartigem Verlauf bei der primär sklerosierenden Cholangitis – PSC). Dargestellt werden soll die Differenzialdiagnose „zystischer Gallengangprozesse“. Typische sonomorphologische Charakteristika des Carolisyndroms sind kleine Zysten ventral der Pfortaderäste (intrahepatisch gelegene Gallensteine erhärten die Diagnose). Bei ätiologisch unklarer extrahepatischer Cholestase sollte nach Ausschluss einer lithogenen oder malignombedingten Ursache die primäre Adenomyomatose differenzialdiagnostisch in die Erwägung einbezogen werden. Der sonographische Befund imponiert hierbei einerseits als erweiterter, andererseits als wandverdickter Choledochus, wobei der Gallengang dreischichtig wandverdickt imponiert mit einer echogenen Innen-/Außenschicht und einer echoärmeren Mittelschicht (teilweise mit kleinen zystischen Läsionen). Neben diesen eher seltenen Erkrankungen der Gallenwege sollen ungewöhnliche Gallenblasenerkrankungen (wie z.B. die pseudotumorös imponierende xanthogranulomatöse Cholezystitis) dargestellt werden. Sonographisch gesteuerte Punktionen: Wann indiziert? S. Beckh, Nürnberg Die sonographisch gesteuerte Punktion ist durch die Möglichkeit der permanenten Sichtkontrolle während des Punktionsvorganges ein sehr sicheres Verfahren mit hoher diagnostischer Ausbeute. Grundsätzliche Voraussetzungen für einen diagnostischen Eingriff sind eine normale Blutgerinnung (Normalwerte für INR, PTT und Thrombozyten), das schriftliche Einverständnis des Patienten und zu erwartende therapeutische Konsequenzen aus dem Ergebnis der Punktion. Therapeutische Eingriffe, z.B. Anlegen einer Drainage zur Entlastung eines klinisch bedeutsamen Abszesses, Ergusses oder Empyems müssen unter Abwägung von Nutzen und Risiko manchmal trotz Störungen der Blutgerinnung durchgeführt werden. Zur Aspiration von Flüssigkeiten werden Kanülen oder Feinnadeln von 0,7 bis 0,9 mm Durchmesser verwendet, das Material wird der biochemischen, bakteriologischen und/oder zytologischen Untersuchung zugeführt. Für die Entnahme von Gewebeproben sind spezielle Saug- oder Schneidbiopsienadeln mit einem Durchmesser von 0,95 bis 1,4 mm erforderlich. 66 Abstractband Punktionen der Schilddrüse können ohne weiteres ambulant erfolgen. Bei Punktionen im Thorax- oder Abdominalraum empfiehlt sich ein Nachbeobachtungszeitraum von wenigen Stunden bis zu einem Tag. Eine Punktion unter stationärer Überwachung ist gegebenenfalls vorzuziehen. Vor jeder Punktion ist eine gründliche Reinigung und Desinfektion des entsprechenden Hautareals vorzunehmen, steriles Arbeiten mit Schallkopf und Instrumentarium ist selbstverständlich. In jedem Fall ist der kürzeste und zugleich sicherste Punktionsweg zu wählen. Mittels der Farbdopplersonographie müssen Gefäße in der ausgewählten Region und insbesondere in der zu punktierenden Herdbildung dargestellt werden. Eine irrtümliche Punktion eines abdominellen Aneurysmas wäre fatal. Eine Lokalanästhesie sollte bei thorakalen und abdominellen Punktionen eingesetzt werden, vor allem bei Verwendung größerer Nadelkaliber oder vor Anlage von Drainagekathetern. Bei Punktionen tiefer liegender Regionen, wie z.B. Pankreas oder Retroperitoneum ist eine zusätzliche milde Sedierung mit beispielsweise Midazolam ratsam. Indikation zur Punktion der Schilddrüse sind szintigraphisch kalte und gleichzeitig sonographisch auffällige Knoten. Auch komplizierte Zysten oder die verschiedenen Arten von Schilddrüsenentzündungen können mit Material diagnostiziert werden, das mittels einer Aspirationszytologie gewonnen wurde. Bei Schilddrüsenkarzinomen kann der zytologische Befund negativ oder die Differenzierung zwischen Karzinom und Adenom unmöglich sein. Bei klinisch und sonographisch begründetem Verdacht auf das Vorliegen eines Karzinoms sollte der Befund auch bei negativer Zytologie operiert und von weiteren Punktionsmanövern Abstand genommen werden. Bei Leberparenchymerkrankungen oder unklaren Herdbildungen müssen Gewebezylinder für die Diagnosestellung gewonnen werden, beim Leberabszess sind Aspirationszytologien ausreichend. Auf Leberparenchymerkrankungen weisen in der Regel pathologische Laborwerte hin, eine Gewebeuntersuchung ist zur ätiologischen Zuordnung und Einleitung der entsprechenden Therapie erforderlich. Raumforderungen in der Leber sind eher Zufallsbefunde – häufig bei der Sonographie, manchmal auch bei der Computertomographie entdeckt. Solide Herdbildungen sollten punktiert werden, wenn sie als Metastasen einer bislang nicht bekannten oder anders nicht diagnostizierbaren Tumorerkrankung vermutet werden. Befunde, die dem sonographischen Bild eines primären, noch umschriebenen hepatozellulären Karzinoms entsprechen, müssen bei noch möglicher Resektabilität nicht punktiert, sondern sollten gleich dem Chirurgen vorgestellt werden. Bei sonographischem oder mit anderen bildgebenden Verfahren eindeutig zuzuordnendem Befund sollten Herdbildungen wie Hämangiome, Leberadenome und follikuläre noduläre Hyperplasien wegen des erhöhten Blutungsrisikos nicht punktiert werden. Mitunter ist aber eine Artdiagnose mit bildgebenden Verfahren nicht möglich. In diesem Fall muss die Entscheidung getroffen werden, ob invasive diagnostische Maßnahmen indiziert sind oder ob eventuell der weitere Verlauf zunächst beobachtet werden kann. In keinem Fall sollten Hämangiome oder kräftig vaskularisierte Herde punktiert werden, wenn der Befund bis an den Leberrand reicht und auf dem Punktionsweg keine schützende Parenchymbrücke dazwischen liegt. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Abstractband 67 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Nach den Leberpunktionen folgen in der Häufigkeitsstatisitik die Pankreaspunktionen. In der Regel geht es um die differentialdiagnostische Klärung von umschriebenen Herdbildungen mit der Frage Karzinom, Lymphom, Metastase oder fokale Pankreatitis. Die sonographische Einstellung kann durch überlagernde Darmabschnitte beeinträchtigt sein. Zur besseren diagnostischen Ausbeute werden mehrfache Punktionsgänge mit Gewebeaspiration empfohlen. Beim muzinös-zystischen Karzinom – sonographisch durch multiple teils konglomeratartig, teils septierte zystische Anteile auffallend – ist allerdings die Induktion einer peritonealen Aussaat durch eine Punktion möglich. Eine weitere Indikation für eine Pankreaspunktion können infizierte Zysten oder der Verdacht auf infizierte Nekrosen im Rahmen einer Pankreatitis sein. Die Indikation zur Nierenpunktion ist vom Nephrologen zu stellen und wegen der möglichen Komplikationen nur von geübten Untersuchern durchzuführen. Maligne Neubildungen der Niere sind mit der Sonographie und gegebenenfalls ergänzenden bildgebenden Verfahren gut darzustellen. Eine Punktion ist nicht mehr üblich, die Tumore werden – soweit dem Patienten zumutbar – ohne vorherige Histologie operiert oder bei Inoperabilität embolisiert. Punktionen der Milz werden wegen des extrem hohen Blutungsrisikos nur sehr selten durchgeführt. Isolierte vorzugsweise dem Organ aufsitzende Abszesse können bei günstiger Lage eventuell abpunktiert oder drainiert werden, ansonsten müssen chirurgische Verfahren zum Einsatz kommen. Freie Flüssigkeit im Abdomen ist sonographisch gut darstellbar. Die Indikation zur Punktion ergibt sich bei der Frage nach bakterieller oder spezifischer Peritonitis, sowie bei Verdacht auf Peritonealkarzinose. Sonographisch muss vor der geplanten Punktion unbedingt ein zystischer Ovarialtumor differentialdiagnostisch ausgeschlossen werden. Ovarialkystome können riesige zystische Anteile haben, die bei oberflächlicher Untersuchung als Aszites missdeutet werden können. Häufige Indikationen für Punktionen im Thoraxraum sind Pleuraerguss, Pleuraempyem sowie solide Herdbildungen der Pleura. Lungenherde, die bis an die viszerale Pleura reichen oder durch Flüssigkeit oder konsolidiertes unbelüftetes Gewebe beschallbar werden, können mit hoher diagnostischer Treffsicherheit unter sonographischer Sicht punktiert werden. Das Pneumothoraxrisiko liegt bei 1 – 2 %, Hämoptysen treten bei Lungenpunktionen bei 2 – 4 % auf, vor allem bei Punktion entzündlich infiltrativer Herde. Insgesamt ist die Komplikationsrate sonographisch gesteuerter Punktionen mit 0,59 % bei der Gewinnung zytologischen und 0,99 % bei der Gewinnung histologischen Materials sehr niedrig. Für therapeutische Eingriffe betrug die Komplikationsrate 1,98 % (DEGUM-Umfrage II 1996). Metastasen im Stichkanal wurden in derselben Umfrage bei 0,0063 % aller sonographischen Punktionen beobachtet. Insgesamt ist die sonographisch gesteuerte Punktion bei korrekter Indikation und nötiger Sorgfalt eine äußerst sichere und wertvolle Methode. 68 Abstractband B. Braun, Reutlingen Einleitung: Pankreaserkrankungen gehen in der Mehrzahl der Fälle mit uncharakteristischen Symptomen und unspezifischen laborchemischen Befunden einher. Die Einführung der neuen bildgebenden Verfahren in den 70er Jahren bedeutete einen Quantensprung in der Pankreasdiagnostik. Mittels Sonographie, CT und MR können Parenchym und Anteile des Gangsystems sowie die benachbarten Organe und Strukturen anatomiegerecht dargestellt werden. Die ERCP ist die Methode der Wahl zur Beurteilung des biliären und pankreatischen Gangsystems und hat besonderen Stellenwert als interventionell-therapeutisches Verfahren. Indikationen zur Pankreassonographie: Gezielte morphologische Pankreasdiagnostik bei Verdacht auf akute oder chronische Pankreatitis und Pankreastumor beginnt stets mit der Sonographie. Die nosologische Differenzierung des Ikterus / der Cholestase und der Amylase/ Lipase- Erhöhung gelingt sonomorphologisch in den meisten Fällen. Stellenwert der Sonographie: Für die Diagnosestellung der entwicklungsgeschichtlichen erklärbaren Pankreasfehlbildungen (Pankreas divisum, Pankreas anulare) ist die ERCP die Methode der Wahl. Die Sonographie kann durch Nachweis eines weiten Gangsystems, eines abnorm großen aber homogen strukturieren Pankreaskopfes oder dem Nachweis einer Duodenalstenose wichtige Hinweise auf diese kongenitalen Anomalien geben. In der Diagnostik der akuten Pankreatitis leistet die Sonographie einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Diagnose (Tabelle), zur Erfassung des Schweregrades und zur Erkennung von Komplikationen im Verlauf der Erkrankung. Auch für die ätiologische Einordnung der Pankreatitis und die Erkennung der biliären Form und damit zur Indikation zur Früh-ERCP ist die Sonographie von großer Bedeutung. Lokale Komplikationen im Verlauf der hämorrhagisch nekrotisierenden schwer verlaufenden Pankreatitis wie die Ausbildung von Aszites, Pleuraergüssen, sterilen oder infizierten Nekrosen, Pseudozysten, Gallengangs- oder duodenalen Stenosen oder portal venösen Thrombosen werden sonomorphologisch erfasst. Bei qualifizierter Durchführung der Sonographie ist computertomographische Diagnostik selten und nur dann erforderlich, wenn bei hämorrhagisch nekrotisierender Pankreatitis das Organ und die peripankreatische Region mittels Sonographie nicht ausreichend darstellbar sind und sich aufgrund des klinischen Verlaufs prognostische oder operative Konsequenzen ergeben. Abstractband 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Differenzierte Probleme am Pankreas: Was leistet die Sonographie? 69 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Sonographischer Beitrag zur Differentialdiagnose der akuten Pankreatitis Differentialdiagnose Sonographischer Befund Akute Cholezystitis dolente, wandverdickte Gallenblase mit Wandseparierung, Steinen und Sediment Gallenkolik Nachweis von Gallensteinen und/oder Gallengangserweiterung Chronische Pankreatitis Verkalkungen; irregulärer, erweiterter Pankreasgang; Pankreatolithen Pseudozysten Ulcus ventriculi/duodeni Lokalisierte Wandverdickung mit umschriebener Dolenz Magen-Darmperforation Nachweis freier Luft Obstruktiver/paralytischer Ileus stehende flüssigkeitsgefüllte Darmschlingen; ggf. Pendelperistaltik Mesenterialgefäßverschluss langstreckig und zirkulär verdickte Darmschlingen; Stenose/Verschluss der A. mesenterica sup./inf. im Farddoppler Divertikulitis Divertikelnachweis, entzündliches Ödem der Darmwand, inflammatorische Umgebungsreaktion Appendizitis Darstellung der aperistaltischen pathologischen Kokarde Pleuritis Pleurarandwinkelerguss, basale Lungenbelüftungsstörung, eingeschränkte Zwerchfellbewegung Lungenembolie Rechtsherzbelastung, Pleurarandwinkelerguss, segmentale periphere Lungeninfiltrate Herzinfarkt Regionale Wandbewegungsstörung Perikarditis Perikarderguss Dissezierendes Aortenaneurysma Aneurysma-Darstellung im abdominalen Bereich (Dissektion mittels Farbdoppler) Sonographische Befunde bei chronischer Pankreatitis sind Inhomogenitäten des Parenchyms, langstreckige oder zirkumskripte Erweiterung des Ductus pancreaticus, Verkalkungen oder der Nachweis von Pseudozysten. In Frühstadien der Erkrankung, in der Differenzierung der fokalen Pankreatitis vom Tumor und beim gleichzeitigen Vorliegen von Tumor und chronischer Pankreatitis ist die sonographische Diagnostik limitiert. In Einzelfällen kann die sonographisch gesteuerte Feinnadelpunktion hilfreich sein. 70 Abstractband Akute Pankreatitis Chronische Pankreatitis Tumor ödematös/milde nekrotisierend/ schwere Größe normal (ca. 20%); diffus vergrößert umschrieben/diffus vergrößert verbreitert/normal/ atroph umschrieben vergrößert Kontur glatt/unscharf unscharf/uferlos unregelmäßig Kontursprung; unscharfe Begrenzung; „Krebsfüßchen” Parenchymstruktur homogen echoarm; inhomogen; inhomogen; umschrieben echoarm, echonormal echoarm/echodicht; echoarm/echodicht; inhomogen (ca. 20%) „zystische” Areale Kalk, Zysten, Narben (selten Zysten) Pankreasgang schlecht darstellbar selten darstellbar umschrieben erprästenotisch erweitert weitert; perlschnurartig; ggf. Gang- Organkom- Dolenz (+) steine Dolenz (+) pressibilität In der Diagnostik der Pankreastumoren – der serösen wie der muzinösen Zystadenome und Zystadenokarzinome, der Erkennung des aggressiv wachsenden ductalen Adenokarzinoms und der Erfassung von intrapankreatischen Metastasen – kommt der Sonographie entscheidende Bedeutung zu. Ergänzt durch farbcodierte Doppler-Sonographie und Endosonographie kann in den meisten Fällen das lokale Staging erfolgen und damit die Frage der lokalen Operabilität beantwortet werden. Bei inoperablen Tumoren sollte die Diagnosesicherung mittels sonographisch gezielter Feinnadelpunktion erfolgen. Im Verlauf der Erkrankung wird die Sonographie eingesetzt zur Erfolgskontrolle einer palliativen Chemotherapie und zur Beurteilung der Durchgängigkeit biliärer Stents. Die farbcodierte Sonographie zeigt – und dies kann durch die intravenöse Applikation von Echokontrastverstärkern (z.B. Sonovue®) verstärkt werden – eine verstärkte Durchblutung bei neuroendokrinen Tumoren des Pankreas, bei serösen Zystadenomen und in den Septierungen muzinöser Zystadenome sowie in intrapankreatischen Metastasen von hypernephroiden Karzinomen oder hochmalignen Lymphomen. Dagegen sind die häufigeren Adenokarzinome des Pankreas durch Gefäßarmut charakterisiert. Abstractband 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Sonographische Kriterien zur Beurteilung des normalen und pathologischen Pankreas 71 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Das biliopankreatische System: Sonographie versus CT (und MR) L. Greiner, Wuppertal Die parenchymatösen und die tubulären Strukturen von Leber und Pankreas bieten ideale akustische Grenzflächen-Bedingungen für die sonographische „Bildgebung”. Ihre Detailauflösung ist mittlerweile lupenähnlich; darüber hinaus liefert die Ultraschalluntersuchung sowohl intravitale realtime-Bilder von Normalbefunden, diffusen oder umschriebenen Strukturabweichungen als auch den realtime-Nachweis von Transportstörungen in den Galle, Pankreassaft und Blut führenden Gefässen. Die diagnostisch relevanten Strukturen können hierbei ohne jede Vorbereitung des Patienten vom verantwortlichen Kliniker selbst detailgetreu herausgearbeitet werden, wobei die Ebenen der Schnittführung nicht apparativ vorgegeben sind, sondern den individuellen Situs-Gegebenheiten angepasst werden können – eine Direktheit des diagnostischen Zugriffes mit einem Optimum an Ortsauflösungsvermögen, das sonst keine technische Diagnostik bietet. Das Leber- und Pankreasvolumen erschließt sich weniger aus ungenauen Messungen als vielmehr aus den Organkonturen und dem morphologischen Gesamtaspekt. Die Parenchymkonsistenz ist durch Sichtpalpation und durch Impressionen mitgeteilter Pulsationen beurteilbar (Segment II/III: durch den rechten Ventrikel; Segment I und Processus uncinatus/Pankreaskorpus: durch die Vena cava inferior und die Aorta abdominalis). Diffuse Parenchymstörungen gehen mit Veränderungen des relativen Reflexibilitätseindruckes der Parenchymanschnitte einher. Bei der Beurteilung des Pankreasparenchyms spielen diffuse Alterationen eine untergeordnete Rolle; bekannt ist die im Alterspankreas häufig vermehrte Reflexibilität („Lipomatose” des alten Pankreas). Die Stauungsleber weist eine verminderte Reflexibilität auf, während eine hepatozytäre Fetteinlagerung zu vermehrter Reflexibilität relativ zum Nierenparenchym führt – Kriterien, die sich (wie letztlich alle deskriptiv-morphologischen Beobachtungen) einer „exakten” Messung entziehen, mithin zwangsläufig subjektiv bleiben. Dies gilt auch für die diffusen Störungen der Lebergefäßarchitektur, einem dennoch wesentlichen Kriterium bei der Beurteilung der sonographisch millimeterdünnen Schnittflächen des Leberparenchyms. Systematische Korrelationen der Sonomorphologie zur Histologie des devitalen dehydrierten Lebergewebes stoßen damit an die Grenzen der Vergleichbarkeit. Ist eine Leberhistologie erforderlich, so muss heute die Menghini-Punktionstechnik komplettiert werden durch die unmittelbar vorausgehende sonographische Festlegung der Punktionskoordinaten wie Einstich-Ort, -Richtung und -Tiefe. Fokale Parenchymläsionen in Leber und Pankreas sind umso besser zu erkennen, je ausgeprägter die relative Reflexibilitätsdifferenz zum umgebenden Parenchym ist – und vice versa. In einer reflexarmen, flüssigkeitsreichen Stauungsleber sind reflexarme Metastasen schlecht bis kaum differenzierbar. Die eher reflexreiche alimentär belastete mitteleuropäische Durchschnittsleber erlaubt die Detektion auch kleiner echoarmer Metastasen. 72 Abstractband Die Sonographie der Galle, Pankreassaft oder Blut führenden Gefäße orientiert sich an der Stauung/Dilatation und der Kompression/Verlegung des Lumens sowie an Wandverdickungen. Die Ikterus-Differentialdiagnostik ist damit durch den Ultraschall ebenso bahnbrechend einfach geworden wie die komplexeren Krankheitsbilder, beispielsweise des Budd-Chiari- und des Caroli-Syndroms. Auf anderweitige Methoden der „Bildgebung” – gemeint sind CT und MR – mit insbesondere schlechterem Ortsauflösungs-Vermögen, fehlender realtime-Information und mühsamer bzw. fehlender Interventionssteuerung kann damit auch in der Diagnostik des biliopankreatischen Systems meist verzichtet werden. Die derzeit kongresstypische Frage nach der Differentialindikation von ERCP (endoskopisch-retrograder Cholangio-Pankreatikographie) versus MRCP (Magnetresonanz-Cholangio-Pankreatikographie) ist für den erfahrenen selbst sonographierenden Gastroenterologen nur schwer verständlich: die Sonographie des biliopankreatischen Abfussystems lässt nur selten (wenn überhaupt) Fragen offen, die durch die MRCP geklärt werden könnten. (Vor interventionellen biliopankreatischen Endoskopien ist damit die Sonographie – möglichst durch ein und denselben Arzt – unerlässlich.) 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Analog sind kleine dem Pankreasparenchym „isoreflexible” Parenchymläsionen oft nicht oder „nur” durch die Verursachung einer Obstruktion des D.pancreaticus zu erkennen. Durchaus problematisch sind mitunter auch parapankreatische Raumforderungen (in der Regel Lymphome) mit einer pankreasähnlichen Reflexibilität. CT und MR haben hier allerdings wesentlich gravierender Diskriminierungsprobleme, insbesondere bei schlechtem luminalem Kontrastmittelangebot. Die zyto-/histomorphologische Diagnosensicherung von Leber- und Pankreasraumforderungen erfolgt mit Hilfe der ultraschallgesteuerten Feinnadelbiopsie, die nicht nur in der gastroenterologischen Onkologie unentbehrlich geworden ist. Diese fehlende Mehrinformation durch CT oder MR gilt auch für viele andere differentialdiagnostische Überlegungen – beispielsweise in der Abklärung fokaler Leberläsionen: will man tatsächlich eine beweisende oder hoch-/höchstwahrscheinliche Diagnose herbeiführen, ist man so gut wie immer auf eine mikroskopische Morphologie angewiesen. Mit anderen Worten: beim Nachweis einer fokalen Leberläsion ist es in der Regel nur kostenträchtig und wenig hilfreich, die komplette Bildgebungskaskade ablaufen zu lassen – meist ist eine sonographische (Hoch-, Höchst-) Wahrscheinlichkeitsdiagnose ausreichend, durchaus unter Einbeziehung aktueller technischer Möglichkeiten (farbkodierte Duplexsonographie, Echosignalverstärker/ „Sono-Kontrastmittel”). Im Zweifelsfall sollte – unter Weglassung übriger sog. Bildgebungen – die mikroskopische Diagnostik am sonographisch-interventionell gewonnenen Biopsat (Zytologie; Histologie) angestrebt werden. Im Methodenvergleich zwischen Sonographie und teureren – nicht höherwertigen – anderen sog. bildgebenden Verfahren darf schließlich nicht unerwähnt bleiben, dass bei der quantitativ häufigsten Fragestellung – der nach einer Cholezystolithiasis – die Sonographie unbestritten die Methode der Wahl ist – auch hier versagen CT und MR die notwendigen hohen Sensitivi- und Spezifitätszahlen. Abstractband 73 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Letztlich ist auch in Kreisen engagierter Radiologen die Tatsache bisher unwidersprochen, dass mindestens 80% aller bundesweit veranlassten CT- und MR-Untersuchungen des Abdomens durch einen qualifizierten sonographischen Untersuchungsgang überflüssig (oder zumindest in ihrer Indikation hochgradig relativierbar) sind. Die sonographische Diagnostik auch und insbesondere des biliopankreatischen Systems ist die Untersuchungsmethode der ersten Wahl, die in aller Regel den Einsatz anderer sog. bildgebender Verfahren erübrigt oder zumindest relativiert – mit wesentlicher Ökonomisierung des weiteren Werdeganges für den somit minderbelasteten Patienten. Endosonographisches Staging des Rektumkarzinoms: Relevanz für das klinische Vorgehen I. Schneider, Erlangen Die endorektale Sonographie stellt heute ein Standardverfahren zur präoperativen Beurteilung von Rektumkarzinomen dar. Bei Tumoren des unteren Rektums kommt ihr in dem Entscheidungsprozess zwischen lokaler Exzision des Tumors und radikaler Resektion eine zentrale Bedeutung zu. Für die endorektale Sonographie werden Ultraschallsonden mit einem Frequenzbereich von 7,5 – 10 MHz eingesetzt. Als Vorlaufstrecke dient ein wassergefüllter Ballon, der der Darmwand unmittelbar anliegt. Das erzeugte Bild gibt den schichtenweisen Aufbau der Rektumwand wider, sodass Rektumkarzinome entsprechend ihrer Eindringtiefe mit hoher Zuverlässigkeit in die Kategorien T1, T2, T3 oder T4 eingeteilt werden können. Daneben erlaubt die endorektale Sonographie auch eine Aussage zum Vorliegen von tumornahen Lymphknotenmetastasen, die sich im Ultraschallbild als rundliche echoarme Raumforderungen darstellen. Gerade bei tiefsitzenden Karzinomen stellt sich für Patient und Operateur die Frage, ob der Tumor lokal exzidiert werden kann oder ob eine Rektumexstirpation mit Anlage eines dauerhaften Anus praeter naturalis erforderlich ist. Falls es sich um einen kleinen Tumor mit einem Durchmesser von 2 – 3 cm handelt, der aufgrund der Biopsie nicht als schlecht oder undifferenziertes Karzinom (G3, G4) eingestuft wurde, entscheidet die Endosonographie über das weitere Vorgehen. Ein als T1 oder in einzelnen Fällen als T2 kategorisierter Tumor wird beim Fehlen von endosonographisch nachweisbaren Lymphknotenmetastasen lokal exzidiert. Größere Tumoren bzw. das Vorliegen von Lymphknotenmetastasen machen eine radikale Resektion erforderlich. Die definitive Festlegung, ob eine lokale Exzision ausreichend ist, liegt nach wie vor beim Pathologen. Die Sicherheit jedoch, mit der die adäquate Behandlung von vorne herein eingeleitet wird, ist durch die Endosonographie gestiegen. 74 Abstractband B. Manger, Erlangen In den vergangenen Jahren hat die sonographische Darstellung von Gelenken und Weichteilen zunehmende Bedeutung in der orthopädischen, unfallchirurgischen und internistischrheumatologischen Diagnostik gewonnen. Hier soll einer kurzer Überblick über sonographische Anatomie, Schnittführung, typische pathologische Befunde und sonstige Besonderheiten des Gelenkultraschalls gegeben werden. Zur systematischen Darstellung der arthrosonographischen Untersuchung wird auch verwiesen auf www.eular.org und (1). Für die Sonographie geeignete Schallwellenlängen in wasserhaltigen Medien liegen um etwa drei Zehnerpotenzen höher als die mittlere Wellenlänge des sichtbaren Lichtes. Allein hieraus ergibt sich, dass aus der Optik und von Röntgenbildern her gewohnte Auflösungen nicht erreicht werden können. So kann und soll die Arthrosonographie auch nicht mit konventionellen Röntgenaufnahmen konkurrieren, was die Beurteilung knöcherner Veränderungen wie entzündlicher Usurierungen angeht. Vielmehr stellt sie eine wertvolle diagnostische Ergänzung dar, deren Vorteil bei der Beurteilbarkeit der periartikulären Strukturen und der Funktion des Gelenkes liegt. Die Darstellung des Gelenkes unter Bewegung spielt vor allem bei komplexerem Zusammenspiel von Skelett- und Weichteilelementen eine Rolle, wie zum Beispiel bei der Überprüfung der Funktion der Rotatorenmanschette der Schulter. Die sonographische Gelenkuntersuchung sollte grundsätzlich im Seitenvergleich durchgeführt werden, da vielfach erst hierdurch einseitige pathologische Veränderungen gut herausgearbeitet werden können. Alle bildgebende Verfahren in der Rheumatologie weisen Stärken und Schwächen in bestimmten klinischen Situationen auf. In der heutigen Situation mit der Notwendigkeit zu deutlichen Einsparungen im Gesundheitswesen ist es mehr denn je erforderlich, die Kosten und die Effizienz der zur Verfügung stehenden Verfahren für bestimmte diagnostische Fragestellungen zu analysieren. Die Vorteile der Arthrosonographie liegen in der guten Beurteilbarkeit von Weichteilstrukturen, was von allen anderen Verfahren nur die Kernspintomographie (MRT) in vergleichbarem Maß leistet. Der MRT gegenüber ist die Sonographie im Vorteil was Kosten, Verfügbarkeit, Wartezeiten, Belastung des Patienten und die Darstellung dynamischer Bewegungsabläufe angeht. Allerdings ist die Sonographie das am meisten „Untersucher-abhängige“ bilgebende Verfahren. Dies bedeutet, dass Ausbildung und Erfahrung des Untersuchers ganz entscheidend für die Wertigkeit der Methode sind. Auch sollte der sonographische Befund nur im engen Kontext mit der klinischen Situation interpretiert werden. Aus diesem Grund sollte die Arthrosonographie möglichst von dem Arzt durchgeführt werden, der auch die klinischen Untersuchungsbefunde erhoben hat. Unter diesen Bedingungen hat die Sonographie die größte diagnostische Aussagekraft, was in diesem Vortrag an Bildbeispielen belegt werden soll. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Arthro-Sonographie: Fester Bestandteil der internistischrheumatologischen Praxis? 1. Backhaus M, Burmester G, Grassi W, Machold K, Swen W, Wakefield R, Manger B. Guidelines for muskuloskeletal ultrasound in rheumatology. Annals of the Rheumatic Diseases (2001), 60:641-649. Abstractband 75 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Moderne Schilddrüsen-Diagnostik und -Therapie B. Braun, Reutlingen Einleitung: Die Sonographie der Schilddrüse mit hochauflösenden Schallköpfen und einer Frequenz von 7 – 14 MHz hat sich als primäres Untersuchungsverfahren zur Beurteilung der Schilddrüsenmorphologie durchgesetzt. Es lassen sich Schilddrüsenerkrankungen konklusiv nachweisen und bei Darstellung einer normalvolumigen und homogen strukturierten, sowie unauffällig vaskularisierten Schilddrüse eine Erkrankung und eine Funktionsstörung der Schilddrüse ausschließen. Die Kombination von hochauflösender B-Bild-Sonographie mit der farbcodierten Dopplersonographie ermöglicht es auch, funktionelle Informationen zu gewinnen und Schilddrüsenerkrankungen, z. B. den echoarmen Basedow von einer Postpartum-Hyperthyreose oder einer Thyreoiditis de Quervain zu differenzieren. Das Ausmaß der Vaskularisation, die Verteilung der Gefäße und die Bestimmung der peak systolik velociti (PSV) ergeben auf nicht invasivem Wege wichtige Informationen über die lokale und regionale Durchblutung der Schilddrüse. Schilddrüsenentzündungen: Die chronische Thyreoiditis kann in den Initialstadien mit Schilddrüsenvergrößerung (Typ Hashimoto) einhergehen; seltener ist die primär atrophische Form. In fortgeschrittenen Stadien ist die chronische Thyreoiditis die häufigste Ursache der Hypothyreose im Erwachsenenalter. Sie ist sonographisch charakterisiert durch eine fleckig-inhomogene und echoarme Parenchymstruktur. In den meisten Fällen findet sich weniger Vaskularisation, selten wird vermehr te diffuse Durchblutung beobachtet. Schilddrüsenantikörper als Ausdruck der gestörten Immuntoleranz (TPO-AK) sind in den meisten Fällen positiv. Der Nachweis von Schilddrüsenantikörpern belegt aber nicht zwingend die Schilddrüsenerkrankung und ist auch kein Beleg für die gestörte Schilddrüsenfunktion. Die subakute Thyreoiditis de Quervain tritt häufig nach viralen Infekten der Luftwege auf und zeigt klinisch cervikale Schmerzen und lokale Druckdolenz. Laborchemisch lassen sich Entzündungszeichen (CRP-Erhöhung, BSG-Beschleunigung) nachweisen. Der sonomorphologische Befund ist mit Nachweis unscharf begrenzter, landkartenartig verlaufender echoarmer Areale sehr charakteristisch. Unter der Therapie kann sich das sonomorphologische Bild rasch ändern. Die Feinnadelpunktion mit Nachweis der granulomatösen Entzündung kann in der Differenzierung hilfreich sein. Die Post-partum-Thyreoiditis (PPT) tritt nach Entbindung mit einer Inzidenz bis 5 % auf, wird allerdings klinisch selten manifest. Sie führt zu vorübergehender Funktionsstörung und ist häufig in ihrem Verlauf selbstlimitierend. Sonomorphologisch ist die Schilddrüse durch echoarme Organvergrößerung mit – im Unterschied zum Morbus Basedow – verminderter Vaskularisation charakterisiert. Schilddrüsentumore treten mit einer Inzidenz von ca. 3 Fällen pro 100.000 Einwohner und Jahr auf. Die diagnostische Problematik besteht darin, bei der Vielzahl gutartiger Schilddrüsenknoten, wie sie in Jodmangelgebieten existieren, einen sehr seltenen malignen Tumor zu 76 Abstractband Sonomorphologische Malignitätskriterien sind unscharfe Begrenzung, Fehlen eines Halo, echoarme, inhomogene Struktur mit Nachweis von Mikroverkalkungen, irreguläre Vaskularisation und der Nachweis lokaler Lymphknoten und Thrombosen. Struma parenchymatosa et nodosa: Zur Beurteilung und Volumetrie der Struma parenchymatosa kommt der Sonographie große Bedeutung zu. Regression der Schilddrüsengröße unter Jodsubstitution kann dokumentiert werden. In der Diagnostik der Struma nodosa mit regressiven Veränderungen kommt der Farbdopplersonographie untergeordnete Bedeutung zu. Malignitätskriterien müssen gezielt überprüft werden. Differentialdiagnose der Hyperthyreose: Die Farbdopplersonographie leistet einen entscheidenden Beitrag in der Differentialdiagnose der Hyperthyreose. Für die Immunhyperthyreose/ Morbus Basedow ist eine echoarme Binnenstruktur des Organs in bis zu 90 % nachweisbar. Verstärkte Vaskularisation im Sinne eines vaskulären Infernos und Flussbeschleunigung in der A. thyreoidea inferior auf 60 – 250 cm/sec. sind charakteristisch. In wie weit die Persistenz des vaskulären Infernos unter thyreostatischer Therapie zur Einschätzung des Rezidivrisikos beitragen kann, ist Gegenstand gegenwärtiger Untersuchungen. Methode der Wahl zur Erkennung eines Morbus Basedow in einer Knotenstruma ist die Farbdopplersonographie. In der Erkennung der focalen Autonomie leistet die Farbdopplersonographie ebenfalls einen wichtigen Beitrag: es finden sich verstärkt binnen- und randvaskularisierte Knoten. In der definitiven Ausschaltung der focalen Autonomie mit Hyperthyreose durch sonographisch gezielte Alkoholinstillationsbehandlung oder Thermoablationsverfahren ist die Beurteilung der Binnenvaskularisation von großer Bedeutung. 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer erkennen. Erhöhtes Malignitätsrisiko besteht nach Bestrahlungen der Halsregion, nach früherer Strahlenexposition (z. B. Strahlenthyreoiditis), bei Nachweis derber und nicht schluckverschieblicher Knoten, bei positiver Familienanamnese, Alter unter 20 und über 60 Jahren und einer Knotengröße über 4 cm. Zusammenfassend erfolgt moderne Schilddrüsendiagnostik mit hochauflösender BBildsonographie und Schallköpfen mit 7–14 MHz, sowie ergänzender Farbdopplersonographie. Anamnese, klinischer Befund, Sonomorphologie und basale TSH-Bestimmung sind die Grundlage der Schilddrüsendiagnostik. Nur in Einzelfällen und gezielt sollten Bestimmung von Antikörpern, Szintigraphie und weiterführende Diagnostik erfolgen. Abstractband 77 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer REFERENTEN Altwein, Jens, Prof. Dr. med., Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, Urologische Klinik, Romanstraße 93, 80639 München Bartels, Olaf, Prof. Dr. med., Krankenhaus Martha-Maria, Medizinische Klinik, Stadenstraße 58, 90491 Nürnberg Bauer, Jürgen, Dr. med., Klinikum Nürnberg, Medizinische Klinik 6, Prof. Ernst-Nathan-Straße 1, 90419 Nürnberg Beckh, Sonja, Dr. med., Klinikum Nürnberg, Medizinische Klinik 3, Prof. Ernst-Nathan-Straße 1, 90419 Nürnberg Bölcskei, Pal L., Univ. Doz. der Semmelweis Med. Univ. Budapest, Dr. med., Klinikum Nürnberg, Medizinische Klinik 3, Prof. Ernst-Nathan-Straße 1, 90419 Nürnberg Braun, Bernd, Prof. Dr. med., Kreiskrankenhaus, Medizinische Klinik, Steinenbergstr. 31 72764 Reutlingen Erbguth, Frank, Prof. Dr. med., Klinikum Nürnberg, Klinik für Neurologie, Breslauer Str. 201, 90471 Nürnberg Eschenhagen, Thomas, Prof. Dr. med., Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie u. Toxikologie, Fahrstraße 17, 91054 Erlangen Fahrmbacher-Lutz, Christiane, Apothekerin, Ludwigs-Apotheke, Ulmer Straße 8, 86154 Augsburg Fleischer, Klaus, Prof. Dr. med., Missionsärztliche Klinik Würzburg, Tropenmedizinische Abteilung, Salvatorstr. 7, 97074 Würzburg Gensthaler, Gerhard, Dr. rer. nat., Bayerische Landesapothekerkammer, Maria-Theresia-Str. 28, 81675 München Greiner, Lucas, Prof. Dr. med., Klinikum Wuppertal GmbH, Medizinische Klinik 2, Heusner Str. 40, 42283 Wuppertal Henninger, Harald, Dr. med., Klinikum Nürnberg, Klinik für Psychiatrie, Prof. Ernst-Nathan-Str. 1, 90419 Nürnberg Holstege, Axel, Prof. Dr. med., Klinikum Landshut, Medizinische Klinik I, Robert-Koch-Str. 1, 84034 Landshut Jakobeit, Christian, PD Dr. med., Johanniter-Krankenhaus, Medizinische Klinik, Siepenstraße 33, 42477 Radevormwald Kappauf, Herbert, Dr. med., Klinikum Nürnberg, Medizinische Klinik 5, Prof. Ernst-NathanStraße 1, 90419 Nürnberg Kirchgeorg, Markus, Dr. med., NetDoktor GmbH, Frauenplatz 11, 80331 München 78 Abstractband Lang, Rainer, Dr. med., Klinikum Nürnberg, Med. Klinik 4, Breslauer Str. 201, 90471 Nürnberg Leistner, Rumo, Dr. med., Klinikum Nürnberg, Medizinische Klinik 3, Prof. Ernst-Nathan-Straße 1, 90419 Nürnberg Lux, Heidemarie, Dr. med., Klinikum Nürnberg, Medizinische Klinik 1, Prof. Ernst-Nathan-Straße 1, 90419 Nürnberg Manger, Bernhard, Prof. Dr. med., Klinikum der Univ. Erlangen-Nürnberg, Med. Klinik III mit Poliklinik, Universitätsstraße 12, 91054 Erlangen Martin, Eric, Apotheker, Dr. rer. nat., Hubertus-Apotheke, Luitpoldstraße 31, 97828 Marktheidenfeld Melchior, Hansjörg, Prof. Dr. med., Klinikum Kassel, Klinik für Urologie, Mönchebergstr. 41-43, 34125 Kassel Mühlberg, Wolfgang, PD Dr. med., Klinikum Nürnberg, Medizinische Klinik 2, Giftinformationszentrale, Prof. Ernst-Nathan-Straße 1, 90419 Nürnberg Niederberger, Maximilian, Dr. med., Facharzt für Nervenheilkunde, -Psychotherapie, -Psychoanalyse, Ottostraße 47, 85521 Ottobrunn Nikolaus, Thorsten, Prof. Dr. med., Bethesda, Geriatrische Klinik Ulm, Zollernring 26, 89073 Ulm Nützel, Reinhold, Dr. med., Krankenhaus Hohe Warte, Urologische Klinik, Hohe Warte 8, 95445 Bayreuth Reeh, Peter Werner, Prof. Dr. med., Klinikum der Univ. Erlangen-Nürnberg, Inst. für Physiologie und Exp. Pathophysiologie, Universitätsstraße 17, 91054 Erlangen 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Köbberling, Johannes, Prof. Dr. med., Kliniken St. Antonius, Innere Medizin, Carnaper Str. 48, 42283 Wuppertal Reinel, Hans, Dr. med., Internist, Hämatologe und Onkologe, Klinikum Nürnberg, Medizinische Klinik 5, Prof. Ernst-Nathan-Straße 1, 90419 Nürnberg Ritz, Jörg-Peter, Dr. med., Univ. Klinik Benjamin Franklin der FU Berlin, Hindenburgdamm 30, 12203 Berlin Schneider, Ignaz, Dr. med., Klinikum der Univ. Erlangen-Nürnberg, Chirurgische Klinik und Poliklinik, Krankenhausstraße 12, 91054 Erlangen Schuppan, Detlef, Prof. Dr. med., Dr. rer. nat., Klinikum der Univ. Erlangen-Nürnberg, Medizinische Klinik I, Krankenhausstraße 12, 91054 Erlangen Strauß, Richard, Dr. med., Klinikum der Univ. Erlangen-Nürnberg, Medizinische Klinik I, Krankenhausstraße 12, 91054 Erlangen Tretter, Felix, Dr. med., Dr. phil., Bezirkskrankenhaus Haar, Suchtabteilung, Postfach 1111, 85529 Haar Waldhauser, Franz, Prof. Dr. med., Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien, Universitätskliniken, Währinger Gürtel 18-20, A-1090 Wien Walther, Reimund, Dr. med., Klinikum Nürnberg, Urologische Klinik, Prof. Ernst-Nathan-Straße 1, 90419 Nürnberg Abstractband 79 52. Nürnberger Fortbildungskongress der Bayerischen Landesärztekammer Herausgeber und verantwortlich für den wissenschaftlichen Inhalt: Dr. med. H. H. Koch Klinikum Nürnberg, Prof.-Ernst-Nathan-Straße 1, 90419 Nürnberg Telefon: 0911/ 3 98-23 69 – Telefax: 0911/3 98-31 67 congress compact Verlag Dipl.-Inform. Thomas Ruttkowski Bleibtreustraße 12 A, 10623 Berlin Telefon: 030/32 70 82 33 – Telefax: 030/ 32 70 82 34 Druckvorstufe: congress compact Verlag Druck und Buchbinderei: Bosch-Druck GmbH, Festplatzstraße 6, 84030 Ergolding ã congress compact Verlag Dipl.-Inform. Thomas Ruttkowski ã Berlin 2001 Gerichtsstand und Erfüllungsort: Berlin 80 Abstractband