Die Geometrie des Universums Max Camenzind – Würzburg - 2017 Unsere Themen • Der lange Weg des Homo Sapiens … • Einstein entwickelt 1905 – 1917 neue Vorstellungen zu unserer Welt das Universum ist eine RaumZeit. • Hermann Minkowski liefert dazu 1908 die Steilvorlage: Zeit und Raum bilden eine Einheit • Friedmann führt 1922 die Expansion ein. • Lemaître erkennt 1927 deren Konsequenzen für die Beobachtung Rotverschiebung und Hubble-Gesetz für Galaxien. Der lange Weg des Homo Sapiens … Von Kristallsphären … … zum Sonnensystem … bis zum Gravitationsgesetz Die große Revolution vor 100 Jahren Modernes Universum beruht auf Einstein RaumZeit = „Blätterung“ von 3-Räumen Zeit 4 Dimensionen Die kausale Struktur der RaumZeit Jedes Ereignis innerhalb des oberen Teils des Lichtkegels von B kann Informationen bzw. Nachrichten von B erhalten. Ereignis innerhalb des oberen Teils des Lichtkegels von B kann von B kausal beeinflusst werden. Das Innere des unteren Teils des Lichtkegels vom Beobachter hat eine ähnliche Bedeutung wie der obere. In ihm sind alle Ereignisse enthalten, die B kausal beeinflussen können. Alle Ereignisse außerhalb des unteren Teils des Lichtkegels von B können B nicht kausal beeinflussen. Wir beschreiben eine Weltlinie RaumZeit Zeit Zeitartige Weltlinie Das statische Universum 1917 Einstein 1917: Das Universum ist eine 4D RaumZeit Radius R = 10 Mpc Einstein zur Kosmologischen Konstante [Die Kosmologische Konstante] haben wir nur nötig, um eine quasi-statische Verteilung der Materie zu ermöglichen, wie es der Tatsache der kleinen Sterngeschwindigkeiten entspricht. Einstein (1917) Friedmann führt Expansion ein 3 Modelltypen ohne kosmol. Konstante Erkennt jedoch Bedeutung für Beob. nicht Friedmann 1922 & 1924 15 Die 3 “Blätter” des Universums • Wie sieht der Raum aus ds2 ? • Aus Kosmologischen Prinzip (Isotropie um jeden Punkt) räumliche Krümmung überall konstant. • Nur 3 Möglichkeiten: • 3-Sattel – negative Krümmung: K < 0 • 3-Sphäre – positive Krümmung: K > 0 • Flacher E3 – keine Krümmung: K = 0 Albert Einstein Deutsch Allgemeine Relativität (1915); Statisches, geschl. Universum (1917) W. de Sitter Holländer Vakuum-Energiegefülltes expand. Universum “de Sitter” (1917) A. Friedmann Russe H.P. Robertson Amerikaner A.G. Walker Britisch Allgemeine Herleitung der Metrik eines isotropen und homogenen Universums in ART “Robertson-Walker Metrik” (1935-6) Väter des Modernen Universums G. Lemaître Belgier Entwicklung eines homogenen, expandierenden Universums “Friedmann Modelle” (1922/1924) „Ur-Atom“ 1927 / 1931 hat den Big Bang erfunden Weder Erde noch Sonne im Zentrum des Universums ! Kosmologisches Prinzip (Milne 1933) 1. Wir befinden uns an keiner ausgezeichneten Position des Universums ( kein Zentrum). 2. Das Universum ist isotrop. Erst von 1990 - 2008 nachgewiesen! 1998 – 2007 SDSS DR7 Isotropie der Galaxienverteilung auf Sphären 600 Mpc 420 Mpc Jeder Punkt ist eine Galaxie Die RaumZeit des Universums 3 Friedmann-Lemaître Weltmodelle Streckung des 3-Raumes in der Minkowski RaumZeit: r a(t) r ; k=0 ds² = c²dt² a²(t) [dr² + r²(dq² + sin²q df²)] Expansion der 3-Sphäre + Erweiterung auf RaumZeit / Friedmann 1922 k = +1 ds² = c²dt² R²(t) [dc² + sin²c (dq² + sin²q df²)] Expansion der 3-Hyperboloid-RaumZeit / Friedmann 1924 k = -1 ds² = c²dt² R²(t) [dc² + sinh²c (dq² + sin²q df²)] Metrik ist diagonal (aus Symmetriegründen)! a(t) : Expansionsfaktor Streckung des 3-Raumes R(t) = a(t) R0 : Radius des Universums zur Zeit t 3 Modelle in einem / k = -1,0,+1 Friedmann-Lemaître Universum Signatur ist pure Semantik: Das expandierende Universum dr S³: Jeder Punkt auf dem Kreis besteht aus einer Sphäre S² Lichtkegel zu Q dt Expansion: dr a(t) dr Es gibt kein „Außerhalb“ des Universums keinen Superraum Das expandierende Universum Metrische Abstand des Quasars Lichtkegel zu Q Weltlinie eines Quasars Wir sind hier ds² = c²dt² - R²(t) [dc² + sin²c (dq² + sin²q df²)] Lemaître 1927: erklärt Rotverschiebung Universum war früher kleiner ! t1 t0 Das RaumZeit-Diagramm des lokalen Universums Beobachter heutiger Abstand heute RückwärtsLichtkegel Galaxie früher Kosmische Sphären werden durch z charakterisiert Wir sind hier Rotverschiebung z Kosmische Sphären werden durch z nummeriert Interessant ist es, Verteilung für z > 1 zu bestimmen ! Mrd. von Galaxien Lichtlaufzeit in Mrd. Jahren Wir sind hier 2.Lemaître 1927 Hubble-Gesetz cz = H0 D Hubble Parameter H(t) = rel. Expansionsgeschwindigkeit Kosmische Rotverschiebung cz [km/s] Expansion Hubble-Gesetz cz = H0 D Calán/Tololo Daten 1989 - 1995 • H0 ist die “Hubble Konstante”, • H0 = 63 +/- 10 km/s/Mpc Distanz Galaxien [Mpc] Abweichungen vom Hubble-Gesetz @ großer Rotverschiebung z > 0,1 z=2 z=1 Grafik: Camenzind Sir Arthur Eddington übersetzte 1931 Lemaîtres Arbeit von 1927 MNRAS – hat das HubbleGesetz jedoch unterschlagen! Was ist wahr? - Was ist falsch? • Falsch: „Hubble hat die Expansion des Raumes 1929 gefunden.“ Hubble hat nur die Rotverschiebungen von Vesto Slipher, die er nicht mal zitierte, mit seinen Cepheiden-Distanzen von Galaxien zufällig korreliert! Hubble glaubte nie an die Expansion des Raumes dachte an Doppler! • Wahr: Lemaître hat die Expansion des Raumes theoretisch 1927 postuliert und daraus den Ursprung der kosmischen Rotverschiebung von Galaxien erklärt, sowie das Hubble-Gesetz theoretisch hergeleitet und empirisch untermauert. Das war absolut genial! De Sitter hat dies verpasst Harry Nussbaumer: Achtzig Jahre expandierendes Universum, SuW 6/2007 Diese Idee vom primordialen Atom brachte Fred Hoyle auf die Palme! 1949: „Big Bang“ 1931 Die Friedmann-Lemaître Gleichungen bestimmen Expansion des Universums Der Krümmungsparameter Wk = - kc²/(H0²R0²) = - 0,001 RH = c/H0: Hubble Radius Falls R0 >> c/H0 Wk ~ 0 so erscheint das Universum fast flach! Konsequenz aus Inflation Die kausale Struktur des Universums Wir können nur längs Rückwärtslichtkegel beobachten Die kausale Struktur des Universums RaumZeit Diagramm des Universums Zeitachse (Mrd. a) Lichtzylinder Metrische Distanz (Mrd. LJ) Raumachse Die kausale Struktur des Universums Die Radius des beobachtbaren Universums (=Partikelhorizont) wird immer größer, je mehr Zeit vergeht (je höher die blaue Linie wandert). Die schwarzen Pfeile zeigen den Stand heute, also 13,8 Mrd. Jahre nach dem Urknall. Das beobachtbare Univerum hat hier einen Radius von 46 Mrd. Lichtjahren um uns herum. Man sieht auch, wie sich mit der Zeit die Hubble-Sphäre und der Ereignishorizont immer mehr annähern. Fazit nach 100 Jahren Die Kosmologie im Sinne einer naturwissenschaftlichen Theorie des Universums ist also erst im 20. Jahrhundert möglich geworden. Erst seit 1915 haben wir mit Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie die Möglichkeit einer mathematisch-physikalischen Formulierung für den Zusammenhang von Raum, Zeit, Materie und die Ausbreitung des Lichts. Weiterhin war erst durch die Formulierung der Quantenmechanik und Atomphysik in den 1920er Jahren die Entschlüsselung der Energiequelle der Sterne möglich. Einstein, zunächst selbst ein überzeugter Anhänger eines statischen Universums und somit ein entschiedener Gegner eines aus einem Uratom gewachsenen Kosmos à la Lemaître, änderte seinen Standpunkt erst 1930 – nach einem Treffen mit dem amerikanischen Astronomen Edwin Hubble, der Einstein mit seinem 100-Zoll-Teleskop auf dem Mount Wilson in persona jene sensationelle Entdeckung vor Augen führte, die ihn zuvor in die Schlagzeilen der Weltpresse gebracht hatte. 1923 gelang es Hubble nämlich, die von Kant und Herschel postulierten "Welteninseln" erstmals in Gestalt der Andromeda-Galaxie aufzulösen und den extragalaktischen Status der vermeintlichen nebelartigen Struktur anhand der Cepheiden-Variablen zu bestätigen, sowie dessen Entfernung zur Erde zu messen. Damit endete nicht nur eine jahrzehntelang währende Diskussion; innerhalb der Kosmologie begann zugleich auch ein neues Zeitalter. Was zuvor reine Spekulation gewesen war, eroberte nun als "Island Universe Theory" die Lehrbücher. Dank der Erkenntnis, dass neben unserer Galaxis in der Weite des kosmischen Wüstenmeers noch unzählige andere galaktische Materieoasen drifteten, war nunmehr evident, dass das Universum viel größer sein musste als bislang angenommen. Die wahre Bedeutung der von Gamow für das frühe Universum berechneten Strahlung erkannte als Erster Robert Dicke, der annahm, dass die vermutete Hintergrundstrahlung auch heute noch nachweisbar sein müsse. Während Dicke und sein Team mit den in Eigenregie gebauten differentiellen Mikrowellen-Radiometern gezielt nach Strahlungsquellen im Universum Ausschau hielten, die kühler als 20 Kelvin sein mussten, kamen Arno A. Penzias und Robert W. Wilson von den amerikanischen Bell Telephone Laboratories (New Jersey) als Erste in den Genuss, das kosmische Rauschkonzert des zweiten Aktes der Urknall-Ouvertüre 1965 in Natura zu hören. Anhang 1: Kosmische Rotverschiebung Lichtausbreitung: längs Null-Geodäten • Wie propagieren Photonen im expandierenden Universum ? • Betrachte Photon emittiert bei (re) längs einer Linie mit konst Länge und Breite (dq = 0 = df). • Die Trajektorie ist eine Null-Geodäte (Eigenzeit = 0): c d c dt R (t )dr 0 2 2 2 2 2 2 r klein Lichtausbreitung unter Expansion • Bewegungsgleichung eines Photons (a = R): c dt R (t )dr t cdt r (t ) 0 R (t ) 2 2 2 2 “Comoving distance” = mitbewegte Distanz nimmt ab. Für Wellenberg #1 Für Wellenberg #2 Subtraktion der beiden Ausdrücke Aufspaltung des Integrals X X Der erste Term hebt sich gegen letzten weg Wellenlängen werden durch die Expansion gestreckt ! Anhang 2: Herleitung des Hubble-Gesetzes Quasar 3C 273 Pfeile geben an, um wieviel die Emissionslinie nach rot verschoben ist. z = (lB – l0)/l0 Frage: Rotverschiebung z = 0,158 welche Distanz D? = Null-Geodäte für kleine Distanzen Distanz = Lichtlaufzeit cz = H0 D