Aus der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen

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Aus der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und
Ohrenkranke der Universität Würzburg
Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. J. Helms
aus der Neurootologie
Extraordinarius: Univ.-Prof. Dr. med. C.-F. Claussen
Optokinetischer Afternystagmus
bei Tinnituspatienten
Inaugural – Dissertation
zur Erlangung der Doktorwürde der
Medizinischen Fakultät
der Bayerischen Julius – Maximilians – Universität zu Würzburg
vorgelegt von
Robert Krause
aus Prenzlau
Würzburg, September 2004
Referent:
Priv.-Doz. Dr. D. Schneider
Koreferent: Prof. Dr. med. J. Helms
Dekan:
Prof. Dr. med. S. Silbernagl
Tag der mündlichen Prüfung: 05. Juli 2005
Der Promovend ist Zahnarzt.
Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1
2. Material und Methoden
3
2.1.
2.2.
2.3.
Patientenkollektiv
Neurootologische Anamnese
Polygraphische Elektronystagmographie
3
3
4
2.4.
2.5.
Spontannystagmus
Kalorische Vestibularisprüfung (Schmetterlingskalorigramm nach CLAUSSEN)
Rotatorischer Intesitätsdämpfungstest (RIDT)
Die optokinetische Prüfung
6
2.6.
2.7.
7
9
11
3. Ergebnisse
13
3.1.
3.2.
14
3.3.
3.4.
3.5.
3.6.
3.7.
Gesamtkollektiv
Geschlechtsbezogene Differenzierung der
Vertigosymptome
Alterskollektiv
Kalorimetriekollektiv mit trinärer synoptischer
Codierung der Reaktionsbereiche der 4 Kennlinien
OKAN Kollektiv
Tinnituskollektiv
Deskriptiver Zusammenhang OKAN und Tinnitus
4. Kausuistische Ergebnisse
20
26
39
45
55
61
63
II
Inhaltsverzeichnis
5. Diskussion
79
5.1.
5.2.
5.3.
5.4.
5.5.
79
81
83
84
Nystagmus
Optokinetischer Nystagmus OKN
Optokinetischer Afternystagmus OKAN
Tinnitus
Verknüpfung der unterschiedlichen statoakustischen
Funktionskreise vor dem Hintergrund der komplexen
Nystagmusregulation
87
6.
Zusammenfassung
91
7.
Literaturverzeichnis
93
Einleitung
1
1. Einleitung
Die neurootologische Abteilung der Universitäts-Hals-Nasen-OhrenKlinik Würzburg verfügt über eine Patientendatenbank, die bis zum
Jahr 1990 zurückreicht. Diese Datenbank ist für statistische Aussagen
über verschiedene Fragestellungen aus der Neurootologie geeignet.
In dieser Arbeit wurden retrospektiv Patientendaten von 479 Patienten
erfaßt.
Der
Untersuchungszeitraum
umfaßt
die
Jahrgänge
November1994 bis Februar 2002.
Der Schwerpunkt der Betrachtung lag auf der Optokinetik,
insbesondere dem optokinetischen Afternystagmus OKAN sowie dem
gleichzeitig bestehenden Tinnitus.
Es sollten Zusammenhänge zwischen optokinetischem Afternystagmus
und Tinnitus sowie altersbezügliche und geschlechtspezifische
Zusammenhänge untersucht werden.
Tinnitus kann an unterschiedlichen Stationen des Hörsystems
entstehen. Die einzelnen Stationen sind: das innere Ohr, d.h. der
Übergang von den Haarzellen zum Nerven, der Nervus cochlearis
(Kodierung, Übertragung des Signals), der Nucleus cochlearis, colliculus
inferior, corpus geniculi mediale und die Hörrinde. Allgemein kann man
zwischen zentralem und peripherem oder maskierbarem und nicht
maskierbarem Tinnitus unterscheiden. Die häufigsten Sensationen sind
Rauschen oder Pfeifen im Ohr, welche vom Patienten subjektiv
wahrgenommen werden.
Der optokinetische Afternystagmus OKAN ist der Nystagmus, der
unmittelbar nach der optokinetischen Stimulation im Dunkeln und mit
geschlossenen Augen auftritt. Er ist pathologisch, da er bei gesunden
Patienten nicht auftritt. Der Ort der Entstehung sowie der
Mechanismus sind noch nicht genau geklärt. Es wird vermutet, daß das
visuelle und okulomotorische System, mit Regulationen im Mittelhirn
und im colliculus superior, eine Rolle spielt. Es konnte auch
nachgewiesen werden, daß bei Labyrinthektomie kein OKAN mehr
auftritt.
2
Einleitung
Bei den Untersuchungen der letzten Jahre viel auf, daß die Patienten
mit OKAN häufig auch unter Tinnitus litten. Die Untersuchung eines
hypothetischen Zusammenhangs ist Gegenstand dieser Arbeit.
Material und Methoden
3
2. Material und Methoden
2.1. Patientenkollektiv
Aus den Krankenakten der neurootologischen Abteilung der
Universitäts-Hals-Nasen-Ohren-Klinik Würzburg wurden alle Patienten
der Jahrgänge November 1994 bis Februar 2002 herausgesucht. Es
konnten frühere Jahrgänge nicht herangezogen werden, da die Daten
nicht vollständig waren. Die Patienten litten meist an Schwindel,
Gleichgewichtsstörungen, Hörminderung und Tinnitus.
Es wurden 479 Patienten erfaßt, deren optokinetischer Afternystagmus
beidseitig größer gleich 10, d.h. enthemmt war. Aus dieser
Rohdatenbank wurden einzelne Kollektive erstellt und betrachtet. Das
Alter der Patienten lag zwischen 8 und 85 Jahren.
Die Daten wurden dem von CLAUSSEN entwickelten Anamnesebogen
NODEC III (NODEC = Neurootologische Daten-Erfassung Claussen)
entnommen.
Die Erfassung und anschließende Auswertung erfolgte auf einem Apple
Macintosh Computer. Die statistische Auswertung erfolgte mit dem
Programm Statview.
2.2 Neurootologische Anamnese
Die Grundlage der Datenerfassung bildete der neurootologische
Fragebogen NODEC III. Da dieser der gesamten Datenerhebung zu
Grunde lag, sind die erfaßten Daten vergleichbar und reproduzierbar.
Auch
ist
eine
statistische
Auswertung
zwischen
den
Patientenkollektiven möglich.
Zunächst wurden allgemeine Daten erfaßt wie Name, Geschlecht,
Geburtsdatum, Beruf und Untersuchungsdatum. Desweiteren wurde
nach
Schwindelsymptomen,
vegetativen
Symptomen
(z.B.
Schweißausbruch, Übelkeit) sowie Schwindelauslösung gefragt.
Zu diesem Komplex gehören noch die Dauer der Beschwerden und die
Dauer des einzelnen Anfalls.
4
Material und Methoden
Anschließend wurden Geruchsstörungen und Sehstörungen erfaßt.
Daran schlossen sich Ohrensymptome (Ohrensausen, Hörminderung,
Taubheit, Zustand nach Operation) an. Geschmacksstörungen,
Trigeminuszeichen
und
Facialisparese
waren
die
nächsten
Fragepunkte. Weiter wurde nach Kopf-Hals-Traumata, neurologischen
Leiden,
Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
Diabetes
mellitus
und
Nierenleiden gefragt.
Abschließend wurde der Gebrauch von Pharmaka und Genußmitteln
erfaßt.
Es wurden ebenso noch Größe und Gewicht des Patienten erfaßt.
2.3 Polygraphische Elektronystagmographie
Für
die
Gleichgewichtsfunktionsprüfung
wurde
die
Elektronystagmographie verwendet. Sie wurde im Jahr 1922 von
SCHOTT in Köln zum ersten Mal eingesetzt.
Gegenüber der Frenzelbrille stellt die Elektronystagmographie einen
differenzierten
elektronischen
Registriervorgang
bei
Gleichgewichtsfunktionstests mit objektiver und reproduzierbarer
Befunderhebung dar. Sie ermöglicht es sowohl die spontan als auch die
experimentell ausgelösten Nystagmusreaktionen, objektiv darzustellen
und qualitativ und quantitativ auszuwerten. Nystagmusschläge spiegeln
die okulären Gleichgewichtsreaktionen sensomotorischer Systeme vor,
während
und
nach
Reizung
der
Innenohrbzw.
Augenhintergrundrezeptoren wider. Die Darstellung der Blickfolgen
erfolgt mittels Kurven. Die Nystagmusentstehung wird durch bestimmte
Rezeptor- und Hirnbahnsysteme geprägt. Der Nystagmusschlag ist
gekennzeichnet durch eine langsame Augenabweichbewegung und eine
schnelle Rückstellbewegung des Auges. In einer AmplitudenZeitkurven-Darstellung stellt sich das Nystagmussignal in typischer
Dreiecksform dar. Der Elektronystagmographie liegt zu Grunde, daß
das Auge einen Dipol darstellt, wobei die Kornea der positive Pol ist und
die Retina der negative. Eine Nystagmusreaktion kann somit als
Potentialverschiebung
bzw.
Widerstandsänderung
über
den
Augenbulbus registriert und graphisch dargestellt werden. Dazu werden
Material und Methoden
5
Elektroden an definierten Hautpunkten um die Augen herum
angebracht. Der Aufbau eines Elektronystagmographen entspricht dem
eines EEG- oder EKG-Gerätes. Es setzt sich aus AC-Vorverstärkern,
Endverstärkern,
einem
Schreibgalvanometer
mit
mehreren
Einkanalschreibern, einem Differenzverstärker, einem Papiermagazin
und einem Elektromotor für den Papiervorschub zusammen. Für die
neurootologischen Untersuchungen ist eine Papiergeschwindigkeit von
7,5-10mm/sec optimal. Augenbewegungen nach rechts bewirken einen
Zeigerausschlag nach oben, Augenbewegungen nach links einen
Zeigerausschlag nach unten, vertikale Augenbewegungen führen zu
synchronen Zeigerauslenkungen nach oben und unten. Die Signale
werden durch einen elektrischen Filter entstört. Vom Nystagmussignal
müssen Lidschlag und andere aufgezeichnete Artefakte unterschieden
werden.
Um den Hautwiderstand für die Elektroden so gering wie möglich zu
halten, wird die Haut vor dem Anlegen der Elektroden gut gereinigt und
entfettet. Zur Verbesserung der Leitfähigkeit wird ein ionenhaltiges
Kontaktgel auf die entsprechenden Hautareale aufgetragen.
Es gibt verschiedene Ableitungsmöglichkeiten. Bei der binokulären
Ableitung werden die Elektroden an den äußeren Augenwinkeln
angebracht. Die Registrierung der Augenbewegungen in der
Horizontalebene ist summarisch.
Bei der monokulären Ableitung werden die Elektroden an der
Nasenwurzel und am lateralen Augenwinkel des jeweiligen Auges
angebracht. Um Vertikalbewegungen abzuleiten, werden die Elektroden
auf Stirn und Wange des jeweiligen Auges angebracht.
Die Eichung erfolgt mit einem Eichpulsgenerator. Die Eichung erfolgt
so, daß ein Impuls von 200 Mikrovolt einem Ausschlag von 1 cm und
einer Auflösung von 0,5-1,0 Winkel-Grad Augenablenkung entspricht.
Bei jedem Patienten wird vor Untersuchungsbeginn für die Bestimmung
des individuellen Wertes für 1,0 Grad Augenbewegung eine biologischoptische Eichung durchgeführt (corneo-retinales Potential). Sie gibt
Aufschluß
über
pathophysiologische
Veränderungen,
z.B.
Augenmuskellähmungen, die bei Auswertung der Ergebnisse beachtet
werden müssen.
6
Material und Methoden
Aus den elektronystagmographisch aufgezeichneten Kurven sind
folgende Parameter abzulesen: Die Nystagmusschläge, die Häufigkeit,
und an den Einzelsignalen die schnelle und die langsame
Nystagmusphase sowie deren jeweilige Geschwindigkeit und Dauer, die
Nystagmusamplitude, die Gesamtdauer der Nystagmusschläge, die
Abweichung der Augenachse des Nystagmusschlages von der Mittellage
und die Nystagmusschlagrate pro Zeiteinheit.
2.4 Spontannystagmus
Der
Spontannystagmus
repräsentiert
nach
CLAUSSEN
die
Basisaktivität
des
zentralnervösen
Nystagmusgenerators.
Bei
geschlossenen Augen tritt ein Spontannystagmus in ca. 50% der Fälle
auch bei Gesunden auf, wobei er ohne subjektive Beschwerden
bestehen kann. Die Messung des Spontannystagmus ist deshalb eine
Vorraussetzung für die Untersuchung des Nystagmus. Der
Spontannystagmus ist abhängig von der Raumlage sowie der
Beleuchtungsstärke. Durch Öffnen der Augen wird seine Intensität
durch Belichtung und Blickfixation gedämpft. Beim Schließen der
Augen und in Dunkelheit wird er angeregt. Im Liegen ist der
Spontannystagmus gegenüber dem Sitzen um ca. 30%-45% höher
bezüglich seines "normalen" Frequenzparameters. Bei der Registrierung
des Spontannystagmus sollte daher die genaue Lageposition angegeben
werden.
Nach
CLAUSSEN
ist
der
aussagekräftigste
Parameter
die
Nystagmusschlagrate während 30 Sekunden, auch als zentrale
Nystagmusfrequenz bezeichnet. Die Nystagmusfrequenz wird im
Dunkeln bei geschlossenen Augen monokulär, horizontal und vertikal
60 Sekunden aufgezeichnet. Aus Gründen der Stabilisierung der
Hintergrundbedingungen, wird nur das zweite 30 Sekunden-Intervall
ausgewertet. Der Normbereich des Spontannystagmus nach rechts in
Kalorisationsposition beträgt 0-17 Nystagmusschläge pro 30 Sekunden,
links 0-19 Nystagmusschläge. Ab 24 Nystagmusschlägen pro 30
Sekunden-Intervall beginnt der pathologische Bereich. Die graphische
Darstellung erfolgt im Schmetterlingsschema 2 nach CLAUSSEN.
Material und Methoden
7
2.5 Kalorische Vestibularisprüfung (Schmetterlingskalorigramm nach
CLAUSSEN)
Die kalorische Vestibularisprüfung ist nach CLAUSSEN eine der
wichtigsten Untersuchungen. Ihre Bedeutung ist für das Gebiet der
Neurootologie und für die Diagnostik von Schwindel sehr wichtig.
Bei der kalorischen Vestibularisprüfung wird dem Patienten auf einer
Seite eine definierte Wärmemenge zugeführt. Man kann somit die
Beziehung zwischen einem definierten thermischen Reiz und die darauf
folgende Nystagmusreaktion auf einer Seite, unabhängig von der
anderen Seite, darstellen.
Als Standardversuch wird die Spülung mit 20ml 30°C bzw. 40°C
warmen Wasser für 30s durchgeführt. Bei Patienten mit z.B.
Mittelohrentzündung oder mit perforiertem Trommelfell kann die
Kalorimetrie auch entweder als Kaltreiz (monothermaler Test), 21°C 5 l
Sauerstoff / Minute für 30s oder als bithermaler Test, 28°C bzw. 44°C 6
l Luft / Minute für 30s durchgeführt werden.
Die Spülung wird mit Hilfe eines in den Gehörgang eingeführten
Katheters durchgeführt. Der Patient wird um 30° gegenüber der
Horizontalen auf einer Lagepritsche gelagert. Er hält die Augen dabei
geschlossen.
Die Spülungen erfolgen: rechtes Ohr 44°C, linkes Ohr 44°C, rechtes
Ohr 30°C, linkes Ohr 30°C. Die Aufzeichnungen erfolgen mittels
Elektronystagmographie jeweils 3 Minuten von Spülbeginn an. Der
Abstand zwischen den Stimuli sollte 6 Minuten betragen.
Beim gesunden Patienten bewirkt eine Warmspülung einen Nystagmus
zur gereizten Seite, eine Kaltspülung einen Nystagmus zur Gegenseite.
Zur Auswertung der kalorischen Vestibularisfunktion wird die zentrale
Nystagmusfrequenz während 30s im Kumulationsbereich verwendet. In
diesem Bereich treten hinsichtlich der Häufigkeit und Größe die
meisten Nystagmen auf. Die Werte der Nystagmus-Schlagraten werden
in das Schmetterlingsschema eingetragen. Das Schema (Abb. 1) besteht
aus 4 Quadranten. In diese werden die einzelnen Reaktionen als
Kennlinien eingetragen. Auf der Ordinate der rechten Seite die
8
Material und Methoden
Reaktionen des linken Ohres, auf der Ordinate der linken Seite die
Reaktionen des rechten Ohres. Oberhalb der Abszisse wird der
Nystagmus nach rechts, unterhalb der Abszisse der Nystagmus nach
links eingetragen. In diesem Diagramm sind auch die Normbereiche für
die einzelnen Nystagmen eingetragen. Daraus läßt sich ein 4-stelliger
Code ableiten, wobei die erste Stelle die Warmreaktion der rechten
Seite, die zweite Stelle die Kaltreaktion der rechten Seite, die dritte
Stelle die Warmreaktion der linken Seite und die letzte Stelle die
Kaltreaktion der linken Seite darstellt. 1 bedeutet eine gehemmte
Reaktion (unter dem Normbereich), 0 entspricht einer Normalreaktion
(im Normbereich) und 2 bedeutet eine enthemmte Reaktion (über dem
Normbereich). Der Code 1111 bedeutet somit eine gehemmte Reaktion
für beide Seiten und beide Spülungen. Ein Code mit 0000 würde
bedeuten, daß die Reaktionen im Normbereich liegen.
Material und Methoden
9
Hz
Rechts-Nystagmus
44°
C
60
50
40
30
20
10
30°C
2
0
1
Rechtes Ohr
60
50
40
30
20
10
Linkes Ohr
10
20
30
40
50
60
10
20
30
40
50
60
44°C
30°C
Links-Nystagmus
Abb. 1.) Schmetterlingskalorigramm
2.6 Rotatorischer Intensitätsdämpfungstest (RIDT)
Beim RIDT werden beide paarige Bogengangrezeptoren durch denselben
Drehbeschleunigungsstimulus gereizt. Während des RIDT sitzt der
Patient mit 30° nach vorn geneigtem Kopf auf einem programmierbaren
Drehstuhl. Dieser wird mit 3° / s2 für 30s konstant beschleunigt.
Danach wird eine konstante Drehgeschwindigkeit von 90° / s2 für 3
Minuten
beibehalten.
Dadurch
kann
die
Erregung
des
Vestibularapparates abklingen. Anschließend wird der Drehstuhl
innerhalb einer Drittelsekunde abrupt abgebremst.
Der Beschleunigungsimpuls hierbei beträgt etwa 270° / s2. Durch die
Drehbeschleunigung wird der perrotatorische Nystagmus ausgelöst,
durch die Abbremsung der postrotatorische Nystagmus. Die
10
Material und Methoden
Aufzeichnung erfolgt elektronystagmographisch. Die Werte (Schlagzahl,
Schlagratensumme) von 30s im Kumulationsbereich für den
perrotatorischen
Nystagmus
werden
in
die
perrotatorischen
Quadranten des RIDT Kennlinienschemas (Abb. 2) eingetragen und
daraus die perrotatorische RIDT Kennlinie ermittelt. Die Werte des
postrotatorischen Nystagmus werden durchgehend integriert und
doppelt-logarithmisch als Kennlinie dargestellt. Bei der Auswertung des
postrotatorischen Nystagmus wird wie folgt vorgegangen. Es werden
zunächst die postrotatorischen Nystagmusschläge während der ersten
30s nach dem Drehstopp in 5 Sekunden Intervallen ausgezählt. Danach
werden die Schlagzahlen aufaddiert. Es werden somit für jede Drehbzw. Nystagmusschlagrichtung 6 Schlagsummen errechnet. Diese
Werte werden in das RIDT Kennlinienschema eingetragen und durch
eine Linie verbunden. Die Kennlinien erleichtern wie beim
Schmetterlingsdiagramm die Auswertung und Interpretation. In dem
Kennlinienschema sind auch wieder Normbereiche dargestellt. Somit
lassen sich eine Vielzahl von Musterkonfigurationen unterscheiden, die
auf verschiedene vestibuläre Funktionsstörungen hinweisen. Ein
Überschreiten
des
Normbereichs
nach
oben
bedeutet
Enthemmungsverhalten, ein Unterschreiten des Normbereichs hingegen
Hemmungsverhalten. Ein Enthemmungsverhalten ist in der Regel als
zentrale
Gleichgewichtsstörung
zu
bewerten,
einem
Hemmungsverhalten kann eine zentral oder peripher lokalisierte
Störung zu Grunde liegen.
Material und Methoden
11
Postrotatorius
Nyst.
100
Perrotatorius
Nyst./30´´
50
90
20
70
10
50
5
30
10
2
30
sek.
5
10
15
20
30
Abb. 2.) RIDT Diagramm (L-Schema)
2.7 Die optokinetische Prüfung
Der optokinetische Nystagmus (OKN) gehört zu den okulomotorischen
Reflexen. Er ist gekennzeichnet durch eine langsame Nystagmusphase
und eine schnelle Rückstellphase. In der langsamen Phase wird z.B. ein
sich bewegendes Objekt verfolgt und in der schnellen Phase wird der
Bulbus in seine Ausgangslage zurück gestellt oder ein nächstes sich
bewegendes Objekt fixiert. Diese Art des Nystagmus ist bei
Zugreisenden zu beobachten, die aus dem Fenster schauen und wird
deshalb auch als "Eisenbahnnystagmus" bezeichnet.
Die Prüfung erfolgt als sogenannter optokinetischer Freifeldnystagmus
während der dreiminütigen beschleunigunsfreien Drehphase des RIDT.
Eine Minute nach dem Ende der Beschleunigungsphase wird der
Patient gebeten für eine Minute die Augen zu öffnen. Dabei soll der
Patient nicht bewußt Gegenstände fixieren, sondern stur geradeaus
starren. Es entsteht quasi ein Eisenbahnnystagmus.
Für die Auswertung wird das Intervall von der 20. - 50. Sekunde nach
Öffnen der Augen herangezogen. Es werden die Augenbewegungen
horizontal und vertikal getrennt und eine Summenspur aufgezeichnet.
12
Material und Methoden
In das Schema werden die Richtungen und die Schlagraten der
Nystagmen eingetragen.
Der optokinetische Afternystagmus (OKAN) ist eine pathologische
Erscheinung. Es muß jedoch beachtet werden, daß man den OKAN
nicht mit einer Grundaktivität (Spontannystagmus) verwechselt. Wenn
ein Spontannystagmus vorliegt, ist die Bewertung des OKAN erschwert.
Der OKAN wird im Anschluß, also nachdem der Patient die Augen eine
Minute offen hatte, für 30 Sekunden gemessen. Da der optische Reiz
fehlt, und die Drehgeschwindigkeit konstant ist, ist bei einem
Gesunden kein OKAN zu erwarten.
Abb. 3.) zeigt das Schema in das die Werte für die Optokinetik
eingetragen werden.
Richtung
Rechtsdrehung
Linksdrehung
Re.Nyst./30 s
OKN
OKAN
Li.Nyst./30 s
OKN
OKAN
EKG
OKN
OKAN
OKN
OKN
OKN
OKAN
Abb. 3.) Freifeld-Dreh-Optokinetik
OKAN
OKAN
Ergebnisse
13
3. Ergebnisse
Die Patientendaten wurden nach verschiedenen Merkmalen untersucht.
Als erstes erfolgte die Untersuchung des Gesamtkollektivs mit Hilfe
einer deskriptiven Statistik. Anschließend wurden einige Kollektive auf
Zusammenhänge untersucht. Das Hauptinteresse lag hierbei auf den
Kollektiven, in denen die Optokinetik insbesondere der OKAN
dargestellt wird, sowie den Tinnituskollektiven.
Es wurden zunächst innerhalb des Gesamtkollektivs mit Auswertung
des OKAN parameterorientierte statistische Ergebnisse erfaßt, und im
Anschluß fallorientierte kausuistische Ergebnisse. Für die statistische
Auswertung wurde der Mann-Whitney-U-Test gewählt. Dieser ist ein
parameterfreier Test und entspricht in etwa dem T-Test.
Das Signifikanzniveau wurde bei Kollektivvergleichen auf p = 0,05
festgelegt.
Bei der Darstellung wurden verschiedene Diagrammtypen gewählt. Die
Diagramme mit waagerechten Balken verdeutlichen prozentuale
Zusammenhänge. Die Diagramme mit senkrechten Balken stellen
Zusammenhänge mit Standardabweichung dar, wobei der große Balken
(grau) den Mittelwert und der kleine Balken (schwarz) die
Standardabweichung angibt.
14
Ergebnisse
3.1. Gesamtkollektiv
Bei den 479 untersuchten Patienten betrug das durchschnittliche Alter
49,8 Jahre, die Standardabweichung beträgt ± 15,4 Jahre. Das
Altersmaximum betrug 85 Jahre, das Minimum 8 Jahre.
Im Gesamtkollektiv sind 283 Frauen (59,1%) und 196 Männer (40,9%).
Alle
Patienten
haben
einen
enthemmten
optokinetischen
Afternystagmus (OKAN) beidseits.
Frauen
59%
Männer
41%
(n=283)
(n=196)
Diagramm 1.) Geschlechterverteilung Gesamtkollektiv
Ergebnisse
15
Vertigo gesamt
Unsicherheit
Schwarzwerden
Fallneigung
Drehen
Liftgefühl
Schwanken
0
10
20
30
40
50
60
70
[%]
Diagramm 2.) Schwindelsymptome Gesamtkollektiv
Im Gesamtkollektiv (Diagramm 2) gaben 66,6% der Patienten einen
Schwindel an. Die Minderheit nämlich 43,4% der Patienten gaben
keinerlei Vertigosymptome an. Von den 66,6% der Patienten mit
Schwindelsymptomen fühlen 52,0% Unsicherheit und 14% wird
Schwarz vor Augen. Weiterhin litten 8,8% unter Fallneigung und
37,6% gaben Drehneigung an. Ein geringer Teil 1,9% litt unter
Liftgefühl, und 36,1% litten unter Schwanken.
Die Mehrheit der Patienten litt also unter Schwindelsymptomen, was
den Erwartungen entspricht.
16
Ergebnisse
Vegetativ gesamt
Kollaps
Erbrechen
Würgen
Übelkeit
Schweißausbruch
0
10
20
30
40
50
[%]
Diagramm 3.) vegetative Symptome Gesamtkollektiv
Von den Patienten (Diagramm 3) gaben 46,3% an, an vegetativen
Symptomen zu leiden. Die Mehrheit 53,7% waren symptomfrei. Die
46,3% verteilten sich wie folgt: 3,3% gaben Kollabieren als Symptome
an und 21,9% Erbrechen. Wenige, 7,3%, klagten über Würgereize. Das
häufigste Symptom war die Übelkeit, 39,9%, gefolgt vom
Schweißausbruch, 27,3%.
Ergebnisse
17
beidseits
links
rechts
Hörminderung
gesamt
0
10
20
30
40
50
60
[%]
Diagramm 4.) Hörminderung Gesamtkollektiv
57% der Patienten (Diagramm 4) gaben Hörstörungen an, wobei die
Meisten, 29,0%, beidseits beeinträchtigt waren. 13,4% hatten
Hörminderungen im rechten Ohr und 14,6% im linken Ohr.
18
Ergebnisse
beidseits
links
rechts
Tinnitus gesamt
0
10
20
30
40
50
60
70
80
[%]
Diagramm 5.) Tinnitus Gesamtkollektiv
Im Gesamtkollektiv (Diagramm 5) gaben 76,8% Ohrgeräusche an.
34,2% hatten Tinnitus beidseits. Links gaben 21,3% und rechts
ebenfalls 21,3% an, Geräusche zu haben. Es ist zu beachten, daß der
Tinnitus eine subjektive Einschätzung des Patienten ist. Maskierbarer
Tinnitus oder andere objektivere Einschätzungen wurden nicht
berücksichtigt. Unsere Annahme ist, daß wenn ein Patient Tinnitus
angibt, er ihn subjektiv auch hat.
Ergebnisse
100
19
[Schläge/30s]
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
OKN re
OKAN re
OKN li
OKAN li
Diagramm 6.) Optokinetik Gesamtkollektiv
In der Optokinetik (Diagramm 6) sind die durchschnittlichen
Schlagraten für den optokinetischen Nystagmus OKN nach rechts 79,1
± 16,8 (Standardabweichung) und nach links 75,2 ± 16,1. Für den
optokinetischen Afternystagmus OKAN sehen die Werte so aus: rechts
32,7 ± 13,6 Schläge und nach links 28,9 ± 12,7 Schläge.
20
Ergebnisse
3.2. Geschlechtsbezogene Differenzierung der Vertigosymptome
Vertigo gesamt
Unsicherheit
Schwarzwerden
Männer
Frauen
Fallneigung
Drehen
Liftgefühl
Schwanken
0
10
20
30
40
50
60
70
80
[%]
Diagramm 7.) Schwindelsymptome geordnet nach Männer / Frauen
Bei der Schwindelsymptomatik (Diagramm 7) zeigt sich, daß die
Mehrheit 72,8% der Frauen und die Mehrheit der Männer 57,7%
Symptome angeben. Als häufigstes Symptom wird bei Frauen 59,0%
sowie bei Männern 41,8% Unsicherheit angegeben. Schwarzwerden
geben 18% der Frauen jedoch nur 8% der Männer an. Ähnlich verhält
es sich bei der Fallneigung mit Frauen 10,2% und Männern 6,6%. Ein
weiteres häufiges Symptom ist bei Männern wie Frauen das Drehgefühl,
mit Frauen 42,4% und Männer 30,6%. 39,6% der Frauen und 31,1%
der Männer geben Schwanken an und nur ein geringer Teil, 2,1% bei
den Frauen und 1,5% bei den Männern, geben Liftgefühl an.
Ergebnisse
21
Vegetativ gesamt
Kollaps
Erbrechen
Männer
Frauen
Würgen
Übelkeit
Schweißausbr.
0
10
20
30
40
50
60
[%]
Diagramm 8.) vegetative Symptome geordnet nach Männer / Frauen
Betrachtet man die vegetative Symptomatik (Diagramm 8) im
Geschlechtervergleich, so zeigt sich, daß 54,1% der Frauen, jedoch nur
35,2% der Männer Symptome angeben. Daraus ergibt sich, daß 45,9%
der Frauen und 64,8% der Männer keine Symptome hatten.
Von der Symptomgruppe geben bei den Frauen 3,5% und bei den
Männern 3,1% Probleme mit Kollabieren an. 26,1% bei Frauen und
15,8% bei Männern geben Erbrechen an. Über Würgen als Symptom
klagen bei den Frauen 8,1% und bei den Männern 6,1%. Die Mehrheit
in beiden Gruppen gibt Übelkeit als Symptom an mit Frauen 47,7% und
Männer 28,6%. Als zweithäufigstes Symptom wird Schweißausbruch
angegeben d.h. bei Frauen 30,7%
und Männer 22,4%.
22
Ergebnisse
beidseits
links
Männer
Frauen
rechts
Hörminderung
gesamt
0
10
20
30
40
50
60
70
[%]
Diagramm 9.) Hörminderung geordnet nach Männer / Frauen
Eine Hörminderung (Diagramm 9) gaben insgesamt bei den Frauen
53,0% und bei den Männern 62,8% an. Der Unterschied zwischen
Männern und Frauen lag sicher in der beruflichen Exposition. Bei den
Frauen gaben 25,4% eine beidseitige Hörminderung an, bei den
Männern waren es 34,3%. Der kleinere Anteil an rechter und linker
Hörminderung fällt ähnlich zwischen den Geschlechtern aus, d.h. für
rechts Frauen 13,4%, Männer 13,3% und für links 14,1% Frauen,
15,3% Männer.
Ergebnisse
23
beidseits
links
Männer
Frauen
rechts
Tinnitus gesamt
0
10
20
30
40
50
60
70
80
[%]
Diagramm 10.) Tinnitus geordnet nach Männer / Frauen
Ohrgeräusche (Diagramm 10) gaben 78,4% der Frauen und 74,5% der
Männer an. Tinnitus beidseits gaben 35,3% der Frauen und 32,7% der
Männer an.
Ohrgeräusche links hatten 21,2% der Frauen und 21,4% der Männer.
Rechts waren es 21,9% bei Frauen und 20,4% bei Männern.
24
Ergebnisse
70
[Schläge/30s]
60
50
40
30
20
10
0
F
44
re
M
44
re
F
30
re
M
30
re
F
44
li
M
44
li
F
30
li
M
30
li
Diagramm 11.) Kalorimetrie geordnet nach Männer / Frauen
Bei der Kalorimetrie (Diagramm 11) zeigt sich, daß die Frauen bei der
Warmspülung rechts eine durchschnittliche Nystagmus Schlagrate von
(Mittelwert) 46,4 ± 21,2 (Standardabweichung) und links von 44,0 ±
20,6 haben. Bei der Kaltspülung rechts eine durchschnittliche
Nystagmusschlagrate von 43,9 ± 20,0 und links von 47,8 ± 21,1. Die
Männer haben bei der Warmspülung rechts eine durchschnittliche
Schlagrate von 45,4 ± 20,7 und links eine Rate von 43,6 ± 21,8. Die
durchschnittlichen Schlagraten für die Kaltspülung sind rechts 41,6 ±
20,5 und links 44,9 ± 19,8.
Ergebnisse
100
25
[Schläge/30s]
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
F
M
F
M
F
M
F
M
OKN
OKN
OKAN
OKAN
OKN
OKN
OKAN
OKAN
re
re
re
re
li
li
li
li
Diagramm 12.) Optokinetik geordnet nach Männer / Frauen
Bei der Optokinetik (Diagramm 12) sind die Werte für die Geschlechter
sehr ähnlich. Die durchschnittliche Nystagmus Schlagrate des OKN
rechts beträgt für Frauen 79,3 ± 17,1 und für Männer 78,6 ± 16,2.
Nach links betragen die Schlagraten des OKN bei Frauen 75,4 ± 15,9,
und bei Männern 74,8 ± 16,5. Für den OKAN nach rechts sind die
Werte wie folgt Frauen 33,1 ± 13,9 und
Männer 32,2 ± 13,3. Die Werte für den OKAN nach links sind für
Frauen 29,2 ± 13,1 und für Männer 28,5 ± 12,1.
26
Ergebnisse
3.3. Alterskollektiv
Das Gesamtkollektiv wurde in 7 Altersgruppen aufgeteilt.
Gruppe
Gruppe
Gruppe
Gruppe
Gruppe
Gruppe
Gruppe
1
2
3
4
5
6
7
8-20 Jahre
21-30 Jahre
31-40 Jahre
41-50 Jahre
51-60 Jahre
61-70 Jahre
71-85 Jahre
23 Patienten
40 Patienten
76 Patienten
102 Patienten
128 Patienten
76 Patienten
34 Patienten
[Anzahl]
120
100
80
60
40
20
0
1
2
3
4
5
6
7
[Altersgruppe]
Diagramm 13.) Verteilung Altersgruppen
Der Altersgipfel (Diagramm 13) liegt zwischen 40-60 Jahren mit 230
Patienten, bei einem mittleren Alter von 48,8 ± 15,4 Jahren.
Ergebnisse
27
Vertigo gesamt
Unsicherheit
Schwarzwerden
41-50
31-40
Fallneigung
21-30
8-20 Jahre
Drehen
Liftgefühl
Schwanken
0
10
20
30
40
50
60
70
80
[%]
Diagramm 14a.) Schwindelsymptome Alterskollektiv Gruppe 1-4
Vertigo gesamt
Unsicherheit
Schwarzwerden
71-85
Fallneigung
61-70
51-60 Jahre
Drehen
Liftgefühl
Schwanken
0
10
20
30
40
50
60
70
80
[%]
Diagramm 14b.) Schwindelsymptome Alterskollektiv Gruppe 5-7
28
Ergebnisse
Vegetativ gesamt
Kollaps
Erbrechen
41-50
31-40
21-30
Würgen
8-20 Jahre
Übelkeit
Schweißausbruch
0
10
20
30
40
50
60
[%]
Diagramm 15a.) vegetative Symptome Alterskollektiv Gruppe 1-4
Vegetativ gesamt
Kollaps
Erbrechen
71-85
61-70
Würgen
51-60 Jahre
Übelkeit
Schweißausbruch
0
10
20
30
40
50
60
[%]
Diagramm 15b.) vegetative Symptome Alterskollektiv Gruppe 5-7
Ergebnisse
29
Die Diagramme 14a/b zeigen die Schwindelsymptomatik im
Altersvergleich. Es zeigt sich, daß mit dem Alter die Symptome
zunehmen bis Gruppe 6 mit 76,7% und dann in der letzten Gruppe
wieder leicht abnehmen mit 70,6%. Bei dem Liftgefühl verhält es sich
umgekehrt. Gruppe 1 mit 4,3% und Gruppe 7 mit 0,0%. Das Maximum
beim Schwanken findet sich in der Gruppe 7 mit 47,1% sowie das
Schwarzwerden mit 23,5%. Beim Drehgefühl und der Fallneigung
finden sich die Höchstwerte in der Gruppe 5 mit 42,2% beim Drehen
und 10,9% bei der Fallneigung. Bei der Unsicherheit ist das Maximum
mit 57,9% in der Gruppe 6 zu finden. Liftgefühl mit 0,0% tritt in
Gruppe 7 nicht mehr auf.
In den Diagrammen 15a/b sind die vegetativen Symptome im
Altersvergleich dargestellt. Es zeigt sich, daß die meisten vegetativen
Symptome mit 51,3% in Gruppe 3 liegen. Ebenfalls in dieser Gruppe
liegen auch die Höchstwerte für Übelkeit mit 44,7% und Würgen mit
13,2%. Wobei auch 44,7% in Gruppe 6 unter Übelkeit leiden. Beim
Schweißausbruch liegt das Maximum in Gruppe 5 mit 32,8%. Die
Maxima für Erbrechen mit 27,6% und Kollabieren mit 5,3% liegen in
Gruppe 6. Kollabieren mit 0,0% tritt in Gruppe 1 nicht auf.
30
Ergebnisse
80
[Schläge/30s]
70
60
50
40
30
20
10
0
1
44
re
2
3
4
5
6
7
[Altersgruppe]
Diagramm 16.) Kalorimetrie Alterskollektiv Warmspülung rechts
Bei der Warmspülung (Diagramm 16) rechts zeigen sich
durchschnittliche Nystagmus-Schlagraten in Gruppe 1 von
37,4 ± 10,7 , in Gruppe 2 von 37,7 ± 13,8 , in Gruppe 3 von
46,5 ± 18,2 , in Gruppe 4 von 47,3 ± 19,4 , in Gruppe 5 von
48,0 ± 22,6 , in Gruppe 6 von 47,3 ± 24,0 und in Gruppe 7 von
46,4 ± 27,9. Das Maximum liegt mit 48,0 in der Gruppe 7, das
Minimum liegt in der Gruppe 1 mit 37,4.
Ergebnisse
80
31
[Schläge/30s]
70
60
50
40
30
20
10
0
1
44
li
2
3
4
5
6
7
[Altersgruppe]
Diagramm 17.) Kalorimetrie Alterskollektiv Warmspülung links
Bei der Warmspülung (Diagramm 17) links liegt das Maximum der
mittleren Nystagmus-Schlagraten in der Gruppe 5 mit 47,7 ± 22,0 und
das Minimum mit 35,2 ± 13,6 in der Gruppe 1. Die weiteren
Schlagraten verteilen sich so: Gruppe 2 mit 35,4 ± 13,9 , Gruppe 3 mit
42,5 ± 18,9 , Gruppe 4 mit 44,3 ± 21,3 , Gruppe 6 mit
47,4 ± 22,6 und Gruppe 7 mit 39,8 ± 25,4.
32
Ergebnisse
80
[Schläge/30s]
70
60
50
40
30
20
10
0
1
30
re
2
3
4
5
6
7
[Altersgruppe]
Diagramm 18.) Kalorimetrie Alterskollektiv Kaltspülung rechts
Die Werte für die Kaltspülung (Diagramm 18) rechts verteilen sich wie
folgt. Das Maximum der mittleren Schlagraten ist in Gruppe 5 mit 46,4
± 23,7 zu finden gefolgt von der Gruppe 6 mit 44,2 ± 20,4. Daran
schließt sich die Gruppe 4 mit 43,6 ± 17,6 an, und ihr folgt die Gruppe
3 mit 42,3 ± 18,1. Die Gruppe 7 hat eine durchschnittliche NystagmusSchlagrate von 40,0 ± 24,9 und die Gruppe 2 von 37,5 ± 14,4. Das
Minimum der mittleren Schlagraten liegt in der Gruppe 1 mit 32,7 ±
12,0.
Ergebnisse
80
33
[Schläge/30s]
70
60
50
40
30
20
10
0
1
30
li
2
3
4
5
6
7
[Altersgruppe]
Diagramm 19.) Kalorimetrie Alterskollektiv Kaltspülung links
Die Kaltspülung (Diagramm 19) links zeigt folgende Werte. Das
Maximum der mittleren Schlagraten liegt mit 49,4 ± 20,8 in Gruppe 4,
das Minimum mit 35,5 ± 12,9 liegt in Gruppe 1.
Die anderen durchschnittlichen Nystagmus-Schlagraten sind
42,0 ± 14,1 für Gruppe 2, 44,4 ± 17,2 für Gruppe 3, 49,3 ± 21,8 für
Gruppe 5, 47,2 ± 21,7 für Gruppe 6 und 44,8 ± 26,9 für Gruppe 7.
34
Ergebnisse
80
[Schläge/30s]
70
60
50
40
30
20
10
0
1
Perrot. re
2
3
4
5
6
7
[Altersgruppe]
Diagramm 20.) perrotatorischer Nystagmus rechts Alterskollektiv
Das Maximum der mittleren Schlagraten für den perrotatorischen
Nystagmus (Diagramm 20) liegt in Gruppe 5 mit 58,4 ± 18,3 und das
Minimum in Gruppe 7 mit 48,1 ± 19,8. Die weiteren Werte sind Gruppe
1 mit 54,3 ± 11,4 Schlägen, Gruppe 2 mit 53,8 ± 15,1 , Gruppe 3 mit
53,4 ± 15,3 , Gruppe 4 mit 54,7 ± 18,3 und Gruppe 6 mit 53,8 ± 17,4.
Ergebnisse
80
35
[Schläge/30s]
70
60
50
40
30
20
10
0
1
Perrot. li
2
3
4
5
6
7
[Altersgruppe]
Diagramm 21.) perrotatorischer Nystagmus links Alterskollektiv
Beim perrotatorischen Nystagmus (Diagramm 21) nach links liegt das
Maximum der mittleren Schlagraten mit 52,9 ± 17,2 Schlägen in
Gruppe 5 und das Minimum mit 46,2 ± 19,9 in Gruppe 7. Die weiteren
Schlagraten sind für Gruppe 1 mit 46,7 ± 11,2 Schlägen, Gruppe 2 mit
48,4 ± 14,4 , Gruppe 3 mit 51,6 ± 16,4 , Gruppe 4 mit 48,6 ± 16,2 und
Gruppe 6 mit 49,9 ± 16,6 Schlägen.
36
Ergebnisse
110
[Schläge/30s]
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
1
OKN
re
2
3
4
5
6
7
[Altersgruppe]
Diagramm 22.) optokinetischer Nystagmus rechts Alterskollektiv
Das Maximum der mittleren Schlagraten beim optokinetischen
Nystagmus (Diagramm 22) liegt in Gruppe 5 mit 84,5 ± 16,8 , gefolgt
von Gruppe 6 mit 80,1 ± 16,5. Daran schließen sich Gruppe 1 mit 77,3
± 16,0 , Gruppe 3 mit 77,2 ± 16,1 , Gruppe 4 mit 76,3 ± 17,4 und
Gruppe 7 mit 75,9 ± 15,9 an. Das Minimum mit 73,9 ± 14,0 liegt in
Gruppe 2.
Ergebnisse
110
37
[Schläge/30s]
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
1
OKN
li
2
3
4
5
6
7
[Altersgruppe]
Diagramm 23.) optokinetischer Nystagmus links Alterskollektiv
Die Werte (Diagramm 23) sind wie folgt. Das Maximum der mittleren
Schlagraten liegt in Gruppe 5 mit 80,4 ± 14,9 und das Minimum in
Gruppe 1 mit 70,0 ± 16,7. Die weiteren Schlagraten sind für Gruppe 2
mit 70,7 ± 11,9 Schlägen, Gruppe 3 mit 72,3 ± 16,4 , Gruppe 4 mit 73,2
± 16,4 , Gruppe 6 mit 76,5 ± 16,1 und Gruppe 7 mit
73,7 ± 19,1.
38
Ergebnisse
60
[Schläge/30s]
50
40
30
20
10
0
1
OKAN
re
2
3
4
5
6
7
[Altersgruppe]
Diagramm 24.) optokinetischer Afternystagmus rechts Alterskollektiv
Das Maximum der mittleren Schlagraten für den optokinetischen
Afternystagmus (Diagramm 24) rechts liegt in Gruppe 5 mit
36,2 ± 14,8 und das Minimum in Gruppe 2 mit 28,3 ± 10,8. Die
Schlagraten der weiteren Gruppen sind für Gruppe 1 mit 32,3 ± 10,4
Gruppe 3 mit 31,3 ± 12,2 , Gruppe 4 mit 32,1 ± 14,4 , Gruppe 6 mit
30,3 ± 11,9 und Gruppe 7 mit 35,7 ± 15,5.
Ergebnisse
60
39
[Schläge/30s]
50
40
30
20
10
0
1
OKAN
li
2
3
4
5
6
7
[Altersgruppe]
Diagramm 25.) optokinetischer Afternystagmus links Alterskollektiv
Das Maximum (Diagramm 25) der mittleren Schlagraten liegt mit 32,6 ±
15,3 Schlägen in Gruppe 7, gefolgt von Gruppe 5 mit
30,9 ± 13,9 , Gruppe 4 mit 28,9 ± 11,2 , Gruppe 6 mit 27,8 ± 13,4 ,
Gruppe 3 mit 27,5 ± 12,1 und Gruppe 1 mit 26,3 ± 10,8. Das Minimum
mit 26,0 ± 9,3 Schlägen liegt in Gruppe 2.
3.4. Kalorimetriekollektiv mit trinärer synoptischer Codierung der
Reaktionsbereiche der 4 Kennlinien
Das Gesamtkollektiv wurde in 7 trinäre Codegruppen eingeteilt
Der Code besteht aus 4 Zahlen z.B. "0000", wobei die erste Zahl für die
Warmreaktion rechts, die zweite Zahl für die Kaltreaktion rechts, die
dritte Zahl für die Warmreaktion links und die letzte Zahl für die
Kaltreaktion links steht. "2" bedeutet enthemmte Reaktion (Schlagrate
größer als Normbereich), "1" bedeutet gehemmte Reaktion (Schlagrate
40
Ergebnisse
kleiner als Normbereich) und "0" bedeutet normale Reaktion (Schlagrate
im Normbereich).
Die Gruppen sind:
1) 0000
2) 1001/0110
3) 1101
4) 1111
5) 2002/0220
6) 2202
7) 2222
normale Reaktion (Normbereich) (164 Patienten)
rechts Warmreaktion, links Kaltreaktion gehemmt,
bzw. rechts Kaltreaktion, links Warmreaktion
gehemmt (14 Patienten)
unregelmäßig gehemmt (110 Patienten)
alle Reaktionen gehemmt (11 Patienten)
rechts Warmreaktion, links Kaltreaktion enthemmt,
bzw. links Kaltreaktion, rechts Warmreaktion
enthemmt (11 Patienten)
unregelmäßig enthemmt (88 Patienten)
alle Reaktionen enthemmt (36 Patienten)
45 Patienten, die nicht in diese Gruppen passen (Code z.B. 2101),
wurden nicht berücksichtigt.
Die Normbereiche für die Vestibularkalorisation (Nystagmus Schläge
pro 30s) sind nach CLAUSSEN:
rechts 44°C:
rechts 30°C:
links 44°C:
links 30°C:
19,5
24,3
22,5
22,5
-
56,1
63,9
59,7
65,7
Ergebnisse
110
41
[Schläge/30s]
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
0000
OKN
re
1001
1101
1111
2002
2202
2222
[Kal. Code]
Diagramm 26.) optokinetischer Nystagmus rechts
Kalorimetriekollektiv
Es zeigt sich (Diagramm 26), daß die meisten optokinetischen
Reaktionsmuster mit Nystagmus-Schlägen von 81,6 ± 17,5 in der
Gruppe "0000" zu finden sind, dicht gefolgt von der Gruppe "2002" mit
81,5 ± 25,0 Schlägen. Weiter geht es mit Gruppe "2202" mit
80,7 ± 18,0 Schlägen, Gruppe "1001" mit 78,5 ± 13,9 Schlägen und
Gruppe "0000" mit 77,1 ± 14,5 Schlägen. Die niedrigsten Werte sind in
Gruppe "1101" mit 76,8 ± 18,4 Schlägen und Gruppe "1111" mit 75,2 ±
17,3 Schlägen zu finden.
42
Ergebnisse
110
[Schläge/30s]
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
0000
OKN
li
1001
1101
1111
2002
2202
2222
[Kal. Code]
Diagramm 27.) optokinetischer Nystagmus links
Kalorimetriekollektiv
Das Maximum an Nystagmus-Schlägen (Diagramm 27) mit 80,5 ± 23,5
im optokinetischen Test liegt in Gruppe "2002" gefolgt von Gruppe
"2222" mit 79,4 ± 16,3 Schlägen. Die weiteren Werte sind für Gruppe
"0000" 73,8 ± 14,8 Schläge und Gruppe "1101" mit
72,4 ± 15,8 Schlägen. Gruppe "1111" mit 68,0 ± 21,2 Schlägen und
Gruppe "2202" mit 78,0 ± 16,4 Schlägen. Der niedrigste Wert mit 66,4 ±
18,3 Schlägen ist in Gruppe "1001" zu finden.
Ergebnisse
70
43
[Schläge/30s]
60
50
40
30
20
10
0
0000
OKAN
re
1001
1101
1111
2002
2202
2222
[Kal. Code]
Diagramm 28.) optokinetischer Afternystagmus rechts
Kalorimetriekollektiv
Der höchste Wert im Kalorimetriekollektiv (Diagramm 28) mit 41,3 ±
19,8 Schlägen liegt in Gruppe "2222". In den weiteren Gruppen sind
folgende Werte, Gruppe "0000" mit 30,5 ± 10,7 Schlägen, Gruppe
"1101" mit 30,0 ± 13,2 Schlägen, Gruppe "1111" mit
30,9 ± 14,2 Schlägen, Gruppe "2002" mit 36,9 ± 15,9 Schlägen und
Gruppe "2202" mit 35,5 ± 12,6 Schlägen. Das Minimum liegt mit 29,0 ±
11,2 Schlägen in Gruppe "1001".
44
Ergebnisse
70
[Schläge/30s]
60
50
40
30
20
10
0
0000
OKAN
li
1001
1101
1111
2002
2202
2222
[Kal. Code]
Diagramm 29.) optokinetischer Afternystagmus links
Kalorimetriekollektiv
Das Maximum im Kalorimetriekollektiv (Diagramm 29) mit
36,4 ± 15,9 Schlägen liegt in Gruppe "2002" und das Minimum in
Gruppe "1001" mit 23,2 ± 8,7 Schlägen. Weitere Werte sind Gruppe
"0000" mit 27,9 ± 12,1 Schlägen, Gruppe "1101" mit 26,5 ± 11,1
Schlägen, Gruppe "1111" mit 24,5 ± 9,0 Schlägen, Gruppe "2202" mit
31,8 ± 12,9 Schlägen und Gruppe "2222" mit 34,1 ± 16,6 Schlägen.
Ergebnisse
45
3.5. OKAN Kollektiv
Das Gesamtkollektiv wurde in 3 Gruppen eingeteilt mit leichter,
mittlerer und schwerer Enthemmung des OKAN.
OKAN Schläge pro 30s
Gruppe 1)
Gruppe 2)
Gruppe 3)
10 - 30
31 - 50
51 - 86 OKAN rechts bzw. 51-77 für OKAN links
Die OKAN Schläge pro 30s in den 3 Gruppen (leicht, mittel, schwer
enthemmt) sind willkürlich nach einem dezimal abgestuften
Schwereschema gewählt und sollen einen abgestuften Überblick über
das Kollektiv geben. Die Aussagen sind als rein deskriptiv zu bewerten.
46
Ergebnisse
Vertigo gesamt
Unsicherheit
Schwarzwerden
3
2
1 Gruppe
Fallneigung
Drehen
Liftgefühl
Schwanken
0
10
20
30
40
50
60
70
80
[%]
Diagramm 30.) Schwindelsymptome OKAN rechts
Die meisten Schwindelsymptome (Diagramm 30) sind mit 67,5% in
Gruppe 2 der abgestuften OKAN-Intensitäten zu finden, obwohl alle
Werte sehr ähnlich sind. Bei den einzelnen Symptomen ist die
Aufteilung wie folgt. Bei dem Schwanken liegt das Maximum mit
37,9% wieder in Gruppe 2. Liftgefühl ist in Gruppe 1 mit 3,0% am
höchsten und Drehgefühl mit 47,8% in Gruppe 3. Dabei hebt sich der
Drehschwindel der Gruppe 3 am deutlichsten von Gruppe 2 und
Gruppe 1 ab.
Die höchste Fallneigung zeigen die Patienten der Gruppe 2 mit
11,3% und die meiste Unsicherheit in Gruppe 3 mit 54,3%. Wieder
recht ausgeglichen sieht es bei der Unsicherheit aus, wobei hier in
Gruppe 3 mit 54,3% die meisten Patienten Probleme angeben.
Ergebnisse
47
Vegetativ gesamt
Kollaps
Erbrechen
3
2
1 Gruppe
Würgen
Übelkeit
Schweißausbruch
0
10
20
30
40
50
[%]
Diagramm 31.) vegetative Symptome OKAN rechts
In der Gesamtbetrachtung (Diagramm 31) sind die Werte recht
ausgeglichen, wobei die meisten Patienten in Gruppe 2 mit 47,3% an
vegetativen Symptomen leiden. Bei den Einzelsymptomen klagen über
Schweißausbruch 32,6% in Gruppe 3, über Übelkeit 41,3% in Gruppe 1
und über Würgen 9,6% in Gruppe 1. Über Erbrechen klagen die
meisten Patienten mit 26,1% in Gruppe 3 und Kollabieren wird mit
4,8% in Gruppe 1 am häufigsten angegeben.
48
Ergebnisse
Vertigo gesamt
Unsicherheit
Schwarzwerden
3
2
1 Gruppe
Fallneigung
Drehen
Liftgefühl
Schwanken
0
10
20
30
40
50
60
70
80
[%]
Diagramm 32.) Schwindelsymptome OKAN links
Die meisten Patienten (Diagramm 32) mit Schwindelsymptomen sind in
Gruppe 3 mit 75% zu finden. Bei den Einzelsymptomen sind die
häufigsten Angaben für Schwanken 41,7% , für Unsicherheit 61,1%
und für Fallneigung auch in Gruppe 3 zu finden. Drehneigung 41% und
Schwarzwerden 16% werden in Gruppe 2 am häufigsten angegeben.
Unter Liftgefühl leiden die meisten, nämlich 2,3% in Gruppe 1.
Ergebnisse
49
Vegetativ gesamt
Kollaps
Erbrechen
3
2
1 Gruppe
Würgen
Übelkeit
Schweißausbruch
0
10
20
30
40
50
[%]
Diagramm 33.) vegetative Symptome OKAN links
Die vegetativen Symptome (Diagramm 33) sind zwischen den Gruppen
relativ ausgeglichen. Die meisten Symptome mit 46,8% werden in
Gruppe 1 angegeben. Bei den Einzelsymptomen sind die meisten
Angaben für Schweißausbruch in Gruppe 2 mit 29,9%, für Übelkeit mit
41,7% in Gruppe 3, für Würgen mit 8,0% in Gruppe 1, für Erbrechen
mit 25,0% in Gruppe 3 und für Kollabieren mit 4,3% in Gruppe 1.
50
Ergebnisse
90
[Schläge/30s]
80
70
60
50
40
30
20
10
0
1
2
3
1
2
3
30 re
44 re
1
2
3
44 li
1
2
3
[Gruppe]
30 li
Diagramm 34.) Kalorimetrie OKAN rechts
90
[Schläge/30s]
80
70
60
50
40
30
20
10
0
1
44 re
2
3
1
30 re
2
3
1
44 li
Diagramm 35.) Kalorimetrie OKAN links
2
3
1
30 li
2
3
[Gruppe]
Ergebnisse
51
Man erkennt, daß die durchschnittlichen Nystagmus-Schlagraten bei
der Kalorisation von Gruppe 1 bis Gruppe 3 zunehmen, sowohl für den
OKAN nach rechts (Diagramm 34) sowie für den OKAN nach links
(Diagramm 35). Das bedeutet schwere Enthemmung des OKAN, hohe
Schlagraten bei der Kalorisation und umgekehrt. Allerdings ist zu
beachten, daß die Standardabweichungen relativ hoch sind. Das
verdeutlicht eine große Schwankungsbreite bei den Werten für die
Kalorisation.
Die Einzelwerte sind für OKAN Gruppe 1,2,3 rechts
1) 44re
2) 44re
3) 44re
39,8 ± 18,1 30re
50,0 ± 21,1 30re
61,2 ± 23,2 30re
39,5 ± 17,7
44,9 ± 21,8
51,7 ± 21,5
1) 44li
2) 44li
3) 44li
41,2 ± 19,4 30li
44,9 ± 21,8 30li
53,3 ± 26,4 30li
42,3 ± 17,9
48,5 ± 19,8
59,8 ± 28,5
für OKAN Gruppe 1,2,3 links
1) 44re
2) 44re
3) 44re
44,4 ± 21,0 30re
48,6 ± 21,1 30re
49,4 ± 19,6 30re
39,9 ± 19,8
46,3 ± 18,5
55,5 ± 23,4
1) 44li
2) 44li
3) 44li
40,7 ± 20,1 30li
47,7 ± 21,1 30li
55,7 ± 22,9 30li
44,2 ± 19,3
50,1 ± 21,8
52,3 ± 23,2
52
Ergebnisse
100
[Schläge/30s]
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
1
2
3
Perrot. re
1
2
Perrot. li
3
[Gruppe]
Diagramm 36.) Perrotatorius OKAN rechts
100
[Schläge/30s]
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
1
2
3
Perrot. re
Diagramm 37.) Perrotatorius OKAN links
1
Perrot. li
2
3
[Gruppe]
Ergebnisse
53
Die Diagramme 36 und 37 für den perrotatorischen Nystagmus zeigen
ein ähnliches Bild wie die Diagramme für die Kalorimetrie. Die
durchschnittlichen
Nystagmus-Schlagraten
nehmen
mit
der
Enthemmung des OKAN zu, sowohl links als auch rechts.
Die Einzelwerte sind für OKAN Gruppe 1,2,3 rechts
1) Perrot. re 48,8 ± 15,3 Perrot. li
2) Perrot. re 57,6 ± 15,9 Perrot. li
3) Perrot. re 71,9 ± 19,3 Perrot. li
46,8 ± 16,0
52,1 ± 16,5
58,3 ± 15,6
für OKAN Gruppe 1,2,3 links
1) Perrot. re 53,3 ± 16,9 Perrot. li
2) Perrot. re 55,6 ± 18,0 Perrot. li
3) Perrot. re 63,6 ± 17,1 Perrot. li
46,7 ± 15,7
52,9 ± 15,0
67,7 ± 16,3
54
Ergebnisse
110
[Schläge/30s]
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
1
2
3
OKN re
1
2
OKN li
3
[Gruppe]
Diagramm 38.) optokinetischer Nystagmus OKAN rechts
110
[Schläge/30s]
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
1
OKN re
2
3
1
2
OKN li
Diagramm 39.) optokinetischer Nystagmus OKAN links
3
[Gruppe]
Ergebnisse
55
In der Optokinetik (Diagramme 38,39) zeigt sich wieder, daß die
durchschnittlichen Nystagmus-Schlagraten von Gruppe 1 bis Gruppe 3
zunehmen.
Die Einzelwerte sind für OKAN Gruppe 1,2,3 rechts
1) OKN re
2) OKN re
2) OKN re
76,5 ± 17,5 OKN li
80,5 ± 15,8 OKN li
85,2 ± 14,9 OKN li
72,2 ± 16,8
77,1 ± 15,0
81,7 ± 14,9
für OKAN Gruppe 1,2,3 links
1) OKN re
2) OKN re
3) OKN re
77,9 ± 16,9 OKN li
80,0 ± 16,1 OKN li
84,4 ± 16,8 OKN li
74,0 ± 16,4
76,2 ± 16,2
80,7 ± 12,3
3.6. Tinnituskollektiv
Die subjektiven Tinnitusleiden sind in 4 Gruppen eingeteilt.
Einmal in beidseitigen Tinnitus (bds.), rechten (re) und linken (li)
Tinnitus sowie in eine Gruppe ohne Tinnitus (kein).
Eine statistische Auswertung erfolgte zwischen der Gruppe ohne
Tinnitus und den Gruppen mit Tinnitus. Es sollte überprüft werden, ob
es Zusammenhänge in der Kalorimetrie und Optokinetik zwischen den
Tinnituskollektiven gibt. Also ob z.B. die warme Rechtsreaktion (44 re)
der Gruppe ohne Tinnitus signifikant unterschiedlich ist von den
Gruppen mit linksseitigem und rechtsseitigem sowie beidseitigem
Tinnitus. Die statistische Auswertung erfolgte mit dem Mann-Whitney U
Test. Der P-Wert lag bei p=0,05.
Die statistische Auswertung ergab 3 Signifikanzen. Einmal bei der
Optokinetik für OKN "re" bei den Gruppen Tinnitus "kein" im Vergleich
mit der Gruppe Tinnitus "re" mit p=0,0069 sowie bei OKN "li" bei den
Gruppen Tinnitus "kein" im Vergleich mit der Gruppe Tinnitus "re" mit
p=0,0027 und bei der Kalorimetrie für die Warmreaktion 44 re bei den
56
Ergebnisse
Gruppen Tinnitus "kein" im Vergleich mit der Gruppe Tinnitus "bds."
mit p=0,0373.
Die anderen Werte waren nicht signifikant (siehe Tabelle 2).
Nach unserer Ansicht lassen sich daraus keine vernünftigen
Rückschlüsse über die Zusammenhänge zwischen Optokinetik,
Kalorimetrie und Tinnitus ziehen. Interessant wäre eine Signifikanz von
z.B. der Gruppe Tinnitus "kein" zu den Gruppen Tinnitus "re", "li" und
"bds." gewesen. Das war aber nicht der Fall. Man kann also sagen, daß
es nach dieser Auswertung keine Zusammenhänge zwischen Tinnitus,
Optokinetik sowie Kalorimetrie gibt.
Die Diagramme 40 und 41 zeigen die mittleren Schlagraten und
Standardabweichungen der Kalorimetrie im Tinnituskollektiv.
Die Diagramme 42 und 43 zeigen die mittleren Schlagraten und
Standardabweichungen der Optokinetik im Tinnituskollektiv.
Die genauen Werte für die Diagramme 40,41,42,43 sind in Tabelle 1
aufgelistet.
In Tabelle 2 sind die einzelnen p-Werte dargestellt.
Ergebnisse
80
57
[Schläge/30s]
70
60
50
40
30
20
10
0
44 re
[Tinnitus]
44 re
bds.
li
44 re
44 re
30 re
re
kein
bds.
30 re
30 re
li
re
30 li
30 li
li
re
30 re
kein
Diagramm 40.) Kalorimetrie Tinnituskollektiv
80
[Schläge/30s]
70
60
50
40
30
20
10
0
44 li
[Tinnitus]
bds.
44 li
44 li
li
re
44 li
kein
30 li
bds.
Diagramm 41.) Kalorimetrie Tinnituskollektiv
30 li
kein
58
Ergebnisse
100
[Schläge/30s]
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
OKN
re
[Tinnitus]
OKN
re
li
bds.
OKN
re
OKN
re
OKAN
re
re
kein
bds.
OKAN
re
OKAN
re
OKAN
re
li
re
kein
OKAN
li
OKAN
li
OKAN
li
li
re
kein
Diagramm 42.) Optokinetik Tinnituskollektiv
100
[Schläge/30s]
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
OKN
li
[Tinnitus]
bds.
OKN
li
li
OKN
li
re
OKN
li
kein
OKAN
li
bds.
Diagramm 43.) Optokinetik Tinnituskollektiv
Ergebnisse
Tinnitus
bds.
li
re
kein
bds.
li
re
kein
bds.
li
re
kein
bds.
li
re
kein
bds.
li
re
kein
bds.
li
re
kein
bds.
li
re
kein
bds.
li
re
kein
Tabelle 1.)
Optokinetik
59
Kalorimetrie
44re
30 re
44li
30li
Optokinetik
OKN re
OKAN re
OKN li
OKAN li
Schläge/30s
42,4
48,2
45,7
49,9
39,7
45,4
43,6
45,0
40,6
43,6
48,3
45,3
43,2
47,2
49,0
49,1
SD
±19,5
±20,5
±20,1
±23,5
±19,0
±20,1
±18,6
±23,1
±18,5
±21,6
±21,5
±23,4
±17,7
±20,9
±19,8
±24,3
79,0
79,6
81,9
76,0
32,1
32,7
33,8
32,7
73,4
76,6
79,5
72,4
28,2
29,7
29,2
29,1
±15,2
±16,5
±17,0
±18,6
±14,0
±12,9
±13,5
±14,0
±13,7
±17,3
±14,1
±19,1
±12,6
±13,0
±13,4
±12,0
Werte der Tinnituskollektive für die Kalorimetrie und
60
Ergebnisse
P-Werte
Tinnitus
kein/re
kein/li
kein/bds.
44re
44li
30re
30li
OKN re
OKN li
OKAN re
OKAN li
44re
44li
30re
30li
OKN re
OKN li
OKAN re
OKAN li
44re
44li
30re
30li
OKN re
OKN li
OKAN re
OKAN li
P-Wert
0,4442
0,3768
0,9611
0,7548
0,0069
0,0027
0,4668
0,6226
0,9898
0,6153
0,7722
0,8092
0,0993
0,1024
0,8543
0,8578
0,0373
0,1549
0,0571
0,0670
0,1366
0,7321
0,6563
0,3260
Tabelle 2.) P-Werte der Tinnituskollektive für die Kalorimetrie und
Optokinetik
Ergebnisse
61
3.7. Deskriptiver Zusammenhang OKAN und Tinnitus
Aus den Jahren 2000 bis einschließlich Februar 2002 wurden alle
Patienten hinsichtlich des Tinnitus erfaßt. Die Anzahl n beträgt 1486.
Von diesen 1486 Patienten gaben 955 Patienten (64,3%) einen Tinnitus
an. Von diesen 955 Patienten haben 149 (15,6%) einen OKAN.
Im Gesamtkollektiv gaben 64,3% einen Tinnitus an, was den
Erwartungen entspricht, und im OKAN Kollektiv gaben 81% einen
Tinnitus an (siehe Diagramm 5). Im Diagramm (5) ist der
Wert 76,8%, welcher also annähernd 80% entspricht. Der Unterschied
kommt daher, daß in dieser Betrachtung nur 3 Jahrgänge
berücksichtigt wurden. Umgekehrt haben aber nur 15,6% der
Tinnituspatienten einen OKAN.
Die Vermutung, daß Patienten, die einen OKAN haben, vermehrt einen
Tinnitus angeben, hat sich also bestätigt.
Tin + OKAN
15,6% (n=149)
Tin
84,4%
(n=806)
Diagramm 44.) Tinnituskollektiv und OKAN
Kausuistische Ergebnisse
63
4. Kausuistische Ergebnisse
Fall 1, K. M., 33 Jahre, weiblich
Rechtsystagmus
Postrotatorius
Nyst.
44°C
30°C
60
60
50
50
40
40
30
30
20
20
10
10
100
Perrotatorius
Nyst./30´´
50
90
20
rechtes Ohr
linkes Ohr
70
10
50
5
30
10
2
30
sek.
5
10
15 20
10
10
20
20
30
30
40
40
50
50
60
60
30
44°C
30°C
A
B
Linksnystagmus
anterior
links
rechts
C
posterior
Abbildung 1.)
A) L-Schema der perrotatorischen und postrotatorischen Kennlinien des
RIDT
64
Kausuistische Ergebnisse
B) Schmetterlingskennlinienschema der kalorischen
Vestibularisprüfung
C) Cranio-Corpo-Gramm eines Tretversuchs (Zentrum) und eines
Stehversuchs (linker unterer Quadrant)
Rechtsdrehung
Abbildung 2.)
Polygraphisches Elektronystagmogramm eines rechtsschlägigen
Afternystagmus – obere Spur: Ableitung binokulär horizontal – mittlere
Spur: Ableitung monokulär, horizontal vom rechten Auge – untere
Spur: monokuläre Ableitung, horizontal vom linken Auge
Kausuistische Ergebnisse
65
Linksdrehung
Abbildung 3.)
Polygraphisches Elektronystagmogramm des Afternystagmus mit
linksschlägigen Nystagmussignalen – obere Spur: horizontale Ableitung
von beiden Augen – mittlere Spur: horizontale vom rechten Auge –
untere Spur: horizontale Ableitung vom linken Auge
66
Kausuistische Ergebnisse
Abbildung 4.) Tonschwellenaudiogramm
oo , xx
stellen die Werte für die Luftleitung dar
>> , <<
stellen die Werte für die Knochenleitung dar
Mehrfachmessungen sind möglich
Anamnese:
Die Patientin gibt Schwankschwindel und Unsicherheitsgefühl an. Die
Dauer der Anfälle beträgt Sekunden, Beschwerden bestehen seit einem
halben Jahr.
Weiterhin gibt sie Tinnitus beidseits und Hörminderung beidseits an.
Die Patientin hat einen leichten Hypotonus und hatte vor 15 Jahren
einen Sturz auf den Kopf.
Befund:
Kein Spontannystagmus, sowohl kalorisch als auch rotatorisch zeigt
sich eine normale Vestibularisfunktion.
Starke Enthemmung des optokinetischen Afternystagmus jeweils in
Drehrichtung, 360° Deviatation im Tret-CCG
Im Tonschwellenaudiogramm beidseits pancochleäre
Hörschwellenabsenkung bis auf 55dB.
Kausuistische Ergebnisse
Diagnose:
Zentrale Gleichgewichtsfunktionsstörung. Ausgeprägtes
Hemmungsdefizit.
67
68
Kausuistische Ergebnisse
Fall 2, W. B., 32 Jahre, männlich
Rechtsystagmus
Postrotatorius
Nyst.
100
Perrotatorius
Nyst./30´´
50
90
20
44°C
30°C
60
60
50
50
40
40
30
30
20
20
10
10
rechtes Ohr
linkes Ohr
70
10
50
5
30
10
2
30
sek.
5
10
15 20 30
A
10
10
20
20
30
30
40
40
50
50
60
60
44°C
30°C
B
Linksnystagmus
anterior
links
rechts
C
posterior
Abbildung 5.)
A) L-Schema der perrotatorischen und postrotatorischen Kennlinien des
RIDT
Kausuistische Ergebnisse
69
B) Schmetterlingskennlinienschema der kalorischen
Vestibularisprüfung
C) Cranio-Corpo-Gramm eines Tretversuchs (Zentrum) und eines
Stehversuchs (linker unterer Quadrant)
Rechtsdrehung
Abbildung 6.)
Polygraphisches Elektronystagmogramm eines rechtsschlägigen
Afternystagmus – obere Spur: Ableitung binokulär horizontal – mittlere
Spur: Ableitung monokulär, horizontal vom rechten Auge – untere
Spur: monokuläre Ableitung, horizontal vom linken Auge
70
Kausuistische Ergebnisse
Linksdrehung
Abbildung 7.)
Polygraphisches Elektronystagmogramm des Afternystagmus mit
linksschlägigen Nystagmussignalen – obere Spur: horizontale Ableitung
von beiden Augen – mittlere Spur: horizontale vom rechten Auge –
untere Spur: horizontale Ableitung vom linken Auge
Kausuistische Ergebnisse
71
Abbildung 8.) Tonschwellenaudiogramm
oo , xx
stellen die Werte für die Luftleitung dar
>> , <<
stellen die Werte für die Knochenleitung dar
Mehrfachmessungen sind möglich
Anamnese:
Der Patient gibt Drehgefühl an, einmalig trat eine Synkope von 1/2 3/4 Stunde Dauer auf.
Die Beschwerden treten beim Aufstehen auf und bestehen seit 3 Tagen.
Desweiteren besteht ein Hypertonus und Adipositas.
Befund:
Kein Spontannystagmus, leichte kalorische Vestibularishemmung links.
Normale per- und postrotatorische Reaktionen.
Leichte Enthemmung des optokinetischen Afternystagmus jeweils in
Drehrichtung.
Verbreiterte Lateralschwankung im Tret-CCG mit Linksabweichung.
Das Tonschwellenaudiogramm zeigt keine Besonderheiten.
72
Kausuistische Ergebnisse
Diagnose:
Überwiegend periphere Gleichgewichtsstörung links.
Geringfügige Hochtonsenke bei C-5 im Tonschwellenaudiogramm
beidseits.
Kausuistische Ergebnisse
73
Fall 3, K. W., 61 Jahre, männlich
Rechtsystagmus
Postrotatorius
Nyst.
100
Perrotatorius
Nyst./30´´
50
90
20
44°C
30°C
60
60
50
50
40
40
30
30
20
20
10
10
rechtes Ohr
linkes Ohr
70
10
50
5
30
10
2
30
sek.
5
10
15 20
10
10
20
20
30
30
40
40
50
50
60
60
30
44°C
30°C
A
B
Linksnystagmus
anterior
links
rechts
C
posterior
Abbildung 9.)
A) L-Schema der perrotatorischen und postrotatorischen Kennlinien des
RIDT
74
Kausuistische Ergebnisse
B) Schmetterlingskennlinienschema der kalorischen
Vestibularisprüfung
C) Cranio-Corpo-Gramm eines Tretversuchs (Zentrum) und eines
Stehversuchs (linker unterer Quadrant)
Rechtsdrehung
Abbildung 10.)
Polygraphisches Elektronystagmogramm eines rechtsschlägigen
Afternystagmus – obere Spur: Ableitung binokulär horizontal – mittlere
Spur: Ableitung monokulär, horizontal vom rechten Auge – untere
Spur: monokuläre Ableitung, horizontal vom linken Auge
Kausuistische Ergebnisse
75
Linksdrehung
Abbildung 11.)
Polygraphisches Elektronystagmogramm des Afternystagmus mit
linksschlägigen Nystagmussignalen – obere Spur: horizontale Ableitung
von beiden Augen – mittlere Spur: horizontale vom rechten Auge –
untere Spur: horizontale Ableitung vom linken Auge
76
Kausuistische Ergebnisse
Abbildung 12.) Tonschwellenaudiogramm
oo , xx
stellen die Werte für die Luftleitung dar
>> , <<
stellen die Werte für die Knochenleitung dar
Mehrfachmessungen sind möglich
Anamnese:
Der Patient gibt Drehgefühl und Unsicherheit an.
An vegetativen Symptomen wird über Schweißausbruch, Übelkeit,
Würgen und Erbrechen geklagt.
Die Beschwerden bestehen seit 5 Monaten und treten für Tage auf.
Es besteht eine beidseitige Hörminderung.
Vor 30 Jahren Schleudertrauma.
Befund:
Kein Spontannystagmus, jedoch starke kalorische und perrotatorische
Nystagmusenthemmung mit abwärtsschlägigen Komponenten.
Enthemmung des optokinetischen Afternystagmus jeweils in
Drehrichtung, deutliche Abweichung nach links im Tret-CCG.
Im Tonschwellenaudiogramm Hochtonabfall beidseits bis auf 65dB.
Kausuistische Ergebnisse
77
Diagnose:
Kombinierte Linksabweichung im Tret-CCG als Hinweis auf eine
kombinierte
vestibulo-spinale
Störung
mit
einer
diffusen
Hirnstammstörung.
Zentrale Gleichgewichtsstörung. Zentrale Nystagmusenthemmung
diffus im Hirnstamm.
Ausgeprägte Hochtonschwerhörigkeit beidseits.
Diskussion
79
5. Diskussion
5.1. Nystagmus
Nystagmus bezeichnet eine unwillkürliche Augenbewegung in der Form
eines ungleichschenkligen Dreiecks in der Registrierkurve mit einer
langsamen Abweichbewegung und einer schnellen Rückstellbewegung.
Er kann spontan, vestibulär, retino-okulär oder cervikal ausgelöst
werden. Prinzipiell kann diese Bewegung horizontal, vertikal oder
rotatorisch sein. Am häufigsten ist jedoch die horizontale Bewegung zu
beobachten. Die Augenbewegungen kann man in 2 Phasen einteilen: in
eine langsame Auslenkungsphase der Augen und eine schnelle
Rückstellphase. Die schnelle Phase ist der eigentliche Nystagmus. Sie
gibt auch vor, ob der Nystagmus links- oder rechtsschlägig ist. Der
Nystagmus ist bei verschiedenen neurootologischen Untersuchungen zu
beobachten. Man kann einen spontanen, kalorischen, perrotatorischen,
optokinetischen Nystagmus (OKN, (Eisenbahnnystagmus)) und einen
optokinetischen Afternystagmus (OKAN) unterscheiden. Die beiden
letztgenannten haben eine gewisse Sonderrolle, da ihre Stimulation
über das okulomotorische System erfolgt und nicht wie bei den anderen
über das Vestibularsystem. Nach TRINKER und BARTUAL gibt es einen
Nystagmusgenerator im Mesencephalon.
Nystagmus
langsame
Augenauslenkphase
schnelle
Augenrückstellphase
80
Diskussion
Der vestibuläre Nystagmus (rotatorisch oder kalorisch) wird durch
ausreichend anhaltende Drehreizung oder kalorische Reizung der
vestibulären Neurone ausgelöst. Die Augen sollten jedoch von einer
optischen Stimulation (z.B. Frenzelbrille) entkoppelt sein, damit nicht
optische Reize die Nystagmusgenerierung überlagern oder sogar
unterdrücken. Die langsame Phase der Augenbewegung hängt von der
Tonusdifferenz der vestibulären Neurone beider Seiten ab. Diese sind
mit den okulomotorischen Neuronen der Augenmuskeln verknüpft. Die
antagonistischen Neurone für die schnelle Augenbewegung haben eine
höhere
Erregbarkeitsschwelle.
Mit
einer
gewissen
zeitlichen
Verzögerung lösen auch diese aus und es kommt zur schnellen
Rückstellbewegung der Augen. Gleichzeitig bewirken diese eine
Inhibition auf die vestibulären Neurone. Dadurch bricht der
Informationsfluß
von
den
vestibulären
Neuronen
über
die
Paraabducenskerne zu den okulomotorischen Neuronen ab. Die
Unterbrechung dieses Informationsflusses bewirkt wiederum eine
Aktivitätshemmung der interkalaren und retikulären Neurone. Die
Blockierung der vestibulären Neurone hört auf und eine neue tonische
Augenbewegung beginnt. Diese Abfolge von schneller und langsamer
Augenbewegung ist der Nystagmusrhythmus.
Allgemein werden diese Verschaltungen auch als Nystagmusgenerator
bezeichnet. Dieser Nystagmusgenerator ist überlagert von einer Reihe
von
Bahnen
mit
regulierenden
und
nystagmusdämpfenden
Eigenschaften. Wie oben erwähnt, kann ein Nystagmus auch durch
optische Reize sowie spontan auftreten. Bei den neurootologischen
Untersuchungen
ist
von
entscheidender
Bedeutung,
neben
Enthemmung oder Hemmung der Nystagmusreaktion, ob eine zentrale
oder periphere Störung vorliegt.
Diskussion
81
5.2 Optokinetischer Nystagmus OKN
Der OKN ist ein Nystagmus der auf einen optischen Reiz hin entsteht,
z.B. der Eisenbahnnystagmus. Man kann 2 Formen des OKN
unterscheiden:
den
subkortikalen
sogenannten
Stieroder
Starrnystagmus und den kortikalen sogenannten Schaunystagmus.
Der Stier- oder Starrnystagmus ist eher hochfrequent. Der
Schaunstagmus ist eher niederfrequent. Zur Auswertung ist der Stieroder Starrnystagmus am besten geeignet.
Die Augen verfolgen ein sich bewegendes Objekt, bis dieses aus dem
Blickfeld verschwindet und springen dann zu einem neuen Objekt und
verfolgen dieses weiter. Gleiches gilt, wenn die Umgebung still steht und
sich der Betrachter bewegt. Diese beiden Methoden werden in den
neurootologischen Untersuchungen angewendet. In der Abteilung für
Neurootologie der Universität Würzburg wird die Drehstuhlmethode
angewendet. Hierbei sitzt der Patient auf einem Drehstuhl und die
Umgebung "fährt" an ihm vorbei. Die Drehstuhlmethode hat den
Vorteil, daß der perrotatorische Nystagmus mit erfaßt werden kann.
Eine 2. Methode ist, eine Trommel mit diversen hellen und dunklen
Streifen um einen in der Mitte dieser Trommel sitzenden Patienten zu
drehen. Dadurch entsteht ein Streifenprojektionsnystagmus. Man kann
mit dieser Trommelmethode auch von der Horizontale abweichende
Messungen durchführen, z.B. durch Kippung der Trommelachse. Man
muß dazu den Patienten statt senkrecht zu setzen z.B. horizontal
82
Diskussion
lagern. Man kann somit auch einen OKN mit vertikaler Augenbewegung
generieren. Von Interesse bei beiden Methoden ist der Unterschied der
Wirkung
auf
den
Vestibularapparat.
Es
findet
bei
der
Drehstuhlmethode trotz gleichmäßiger Drehung ein ständiger Reiz
(zentrifugal bzw. zentripetal) auf die Otolithen statt. KOLEV und
RUPERT konnten nachweisen, daß Kopfneigung und die Schwerkraft
den vertikalen OKAN beeinflussen. WALL und MERFELD wiesen Effekte
der Kopfneigung auf den horizontalen OKAN nach. YAKOUCHI sowie
CLEMENT und BERTHOZ konnten einen Einfluß des Otolitheninputs
auf den OKAN zeigen. Bei der Trommelmethode findet keine
Beeinflussung der Otolithen statt. Hier ruht der Patient und nur ein
optischer Reiz erfolgt. Da bei der Untersuchung des OKAN der optische
Reiz wegfällt, bleibt bei der Drehmethode ein Reiz erhalten. Die
Einflüsse auf die Otolithen konnten von uns nicht berücksichtigt
werden. Hier ist sicherlich ein Ansatz für weitere wissenschaftliche
Arbeiten zu finden.
Unsere Patienten wurden alle mit der Drehstuhlmethode untersucht.
Der optische Reiz erfolgte also durch gleichmäßige Drehung des
Patienten. Der Patient wird aufgefordert, frei geradeaus zu schauen.
Durch das freie Schauen ist eher gewährleistet, daß man einen Stieroder Starrnystagmus erhält. Wenn ein Patient z.B. immer nur einen
Punkt von Anfang des Blickfeldes bis Ende des Blickfeldes fixiert, dann
erhält man eher den niederfrequenten Schaunystagmus, der zur
Untersuchung weniger geeignet ist.
LEIGH beschreibt die Bahnen des optokinetischen Systems wie folgt.
Der Reiz erfolgt auf die entsprechenden Ganglienzellen der Netzhaut
und wird dann über den Nervus opticus zum Corpus geniculatum
laterale und mediale weitergeleitet. In der Sehrinde werden Signale
durch Gesichtsfeldneurone, welche Informationen über Geschwindigkeit
und Abfolge von Zielen haben, und ergänzende Neurone an den
temporalen Cortex und den posterioren parietalen Cortex abgegeben. In
der Formatio reticularis im Nucleus pontinuus werden die Signale vom
Cortex und von den Kernen des optischen Systems sowie des
accessorischen optischen Systems, welche ebenfalls von den Ganglien
der Retina angesprochen werden, verarbeitet und über das Kleinhirn
Diskussion
83
(vermis, flocculus) an den nucleus fastigii und die medialen
vestibulären Kerne weitergeleitet. Diese sprechen wiederum die
Motoneurone der Augenmuskeln an und es kommt zur Auslenkung und
Rückstellung der Augen.
Geschwindigkeit und Beleuchtung haben Einfluß auf die optokinetische
Reaktion.
KREIGER und BENDER wiesen nach, daß ohne OKN kein OKAN
möglich ist sowie je länger der optokinetische Reiz, desto länger die
Nachreaktion.
Desweiteren zeigte SHANZER et al., daß eine Läsion im Stammhirn
einen Verlust von OKAN zur Folge haben kann, jedoch die
optokinetischen, kalorischen oder spontanen Reaktionen unbeeinflußt
bleiben können. So könnte das Fehlen des OKAN ein Hinweis auf eine
zentrale Läsion sein.
5.3 Optokinetischer Afternystagmus OKAN
Wie schon erwähnt, geht dem OKAN eine optokinetische Stimulation
voraus. Das wesentliche Element zur Entstehung eines optokinetischen
Afternystagmus ist die herabgesetzte Hemmung der anlaufenden
Nystagmusproduktion
nach
dem
Aufhören
des
eigentlichen
optokinetischen Stimulus. Der OKAN ist eine pathologische Reaktion.
Er tritt auf, wenn die optische Reizung endet, indem das Licht gelöscht
wird und der Patient im Dunkeln verbleibt. Im Hellen wird der OKAN
eher unterdrückt oder durch optische Reize überlagert. Der OKAN hat
dieselbe Richtung wie der OKN. Die Beleuchtungsstärke während der
optokinetischen Reizung hat keinen Einfluß auf den OKAN.
ARAI zeigte, daß es keinen Unterschied der Stärke des OKAN im
Geschlechtervergleich gibt. Das können wir durch unsere Ergebnisse
bestätigen. Nach SIMONS nimmt der OKAN mit dem Alter ab. Wir
können das so strikt aus unseren Ergebnissen nicht ableiten.
Der genaue Mechanismus der Entstehung des OKAN ist nicht bekannt.
Es wird vermutet, daß das okulomotorische und das visuelle System
eine Rolle spielen. NAGASHIMA et al. beschrieben, daß OKN und OKAN
von subcortikalen Mechanismen gesteuert werden, wahrscheinlich vom
84
Diskussion
okulomotorischen System im Hirnstamm. Wie erwähnt, konnten
SHANZER et al. zeigen, daß eine Läsion in den okulomotorischen
Bahnen des Stammhirns zu einem Verlust des OKAN führt. TAKEMORI
beschrieb, daß eine einseitige Labyrinthektomie zum Ausfall des OKAN
zur ektomierten Seite führte, und eine beidseitige Labyrinthektomie
zum kompletten Ausfall des OKAN. HAIN und ZEE zeigten, daß sich der
OKAN bei einer Läsion im Vestibularapparat der OKAN reduziert. Diese
Aussagen sind nicht ganz unproblematisch, denn sie stehen etwas im
Widerspruch zu den im Moment vermuteten Zusammenhängen. Es wird
stark davon ausgegangen, daß wie oben beschrieben eher die zentralen
Komponenten sich beeinflussen, anstatt daß die peripheren Einflüsse
sich auf OKN und OKAN auswirken. Die Problematik ist darauf
zurückzuführen, daß die endgültigen Zusammenhänge nicht geklärt
sind. Die weitere Forschung wird zeigen müssen, wie die Phänomene
richtig einzuordnen sind.
5.4 Tinnitus
Tinnitus: das sind Ohrtöne oder Ohrgeräusche, welche von den
Patienten subjektiv wahrgenommen werden. Etwa die Hälfte kann man
audiometrisch maskieren. Die größte Anzahl sind subjektive
Mißempfindungen. In dieser Arbeit wurde von der These ausgegangen,
daß wenn ein Patient angibt, er habe Tinnitus, er ihn auch hat. Es ist
schwierig diesen Sachverhalt richtig zu erfassen, da auch immer mehr
psychische und psychosomatische Einflüsse eine Rolle spielen.
Allgemein kann man sagen, daß Tinnitus an verschiedenen Punkten der
Hörbahn auftreten kann. Nach TONNDORF und BOENNINGHAUS sind
die Punkte der Hörbahn, die für den Tinnitus in Frage kommen
folgende. Es beginnt mit dem Übergang von den Haarzellen zu den
Nervenenden. Diese Nervenenden verbinden sich zum Nervus
vestibulocochlearis. Sie ziehen dann zum colliculus inferior, zum
corpus geniculatum, dann zum Hörkortex und zur primären Hörrinde.
Das heißt, Tinnitus kann sowohl durch Störungen in der
Signalgenerierung als auch in der Signalweiterleitung entstehen. Dies
ist jedoch eine sehr kausale Betrachtung und läßt die genannten
Diskussion
85
psychischen und zentralen Phänomene etwas außen vor. SHULMAN hat
deswegen einen "Final common Pathway" (FCP) postuliert, der allen
Möglichkeiten eines Tinnitus und dessen Zusammenhänge gerecht
wird. Der FCP beschreibt den Zusammenhang zwischen dem
peripheren Signal und der zentralen Antwort. Tinnitus ist somit nach
einem peripheren Stimulus ein verändertes zentrales bzw. auditorisches
Signal, oder nur ein verändertes auditorisches Signal. Anders
formuliert: Tinnitus ist ein multidimensionales Symptom, eine Störung
der auditorischen Wahrnehmung durch verändertes Erregungs- und
Hemmungsverhalten im neuronalen Netzwerk und neuronaler
Synchronisation.
Seit 1985 wurde in der Neurootologie im Kopfklinikum der Universität
Würzburg mit Hilfe der vestibulär evozierten Potentiale und der
Methode des Brain Electrical Activity Mapping (BEAM) nachgewiesen,
daß
Tinnituspatienten
vielfach
an
einer
Übererregung
des
Temporallappens leiden. Mit Hilfe der vestibulär evozierten Potentiale
stießen CLAUSSEN, KOLTCHEV und SCHNEIDER auf das besondere
Phänomen
der
Übererregbarkeit
des
hinteren
oberen
Temporallappengyrus mit Verkürzung der Latenzzeiten signifikanter
Wellen und erheblichen Potentialverschiebungen (DC-Shift). Diese
Phänomene wurden von SCHNEIDER sehr intensiv wissenschaftlich
weiter verfolgt und zu einer Theorie der kortikalen Entstehung der
subjektiven Tinnitusphänomene ausgebaut. Zu diesen Beobachtungen
kamen aus der morphologischen Sicht die Ergebnisse von SHULMAN,
GOLDSTEIN und STRASHUN vom Martha Entenmann Tinnitus
Research Center in New York hinzu. Mit Hilfe des quantitativen
Elektroencephalogramm und der Spect-Methoden hat SHULMANN dann
eine weitergehende Theorie der Tinnitusentstehung zusammengestellt.
Mit der Single Photon Emission Computerized Tomography (SPECT)
konnte SHULMAN abweichende Durchblutungsströme im AmygdalaHippocampus-Komplex nachweisen. Desweiteren wird vermutet, daß
das System des Lobus temporales (Medial Temporal Lobe System MTLS)
maßgeblich an der Veränderung des auditorischen Signals sowie des
daraus resultierenden veränderten auditorischen Gedächtnisses
(paradoxes Memory) beteiligt ist. Das MTLS umfaßt den oberen
86
Diskussion
Hirnstamm und reicht an die frontalen, parietalen und temporalen
Hemisphären heran. Es enthält das Subcallosum, Cingulum, Gyrus
parahippocampalis, Hippocampus sowie Gyrus dentatus. Nach SQUIRE
ist das MTLS für das Gedächtnis verantwortlich.
Es wird vermutet, daß ein verändertes auditorisches Signal sich hier
etabliert und einen chronischen Tinnitus zur Folge haben kann. Es
kann sich auch ein verändertes Verarbeitungsmuster der peripheren
Signale etablieren, was den gleichen Effekt haben kann. An dem
Übergang von der Wahrnehmung zur Festigung (Memoryeffekt) eines
Tones oder Geräusches sind reziproke Verbindungen zwischen
temporalen, parietalen und frontalen System beteiligt. Es wird
vermutet, daß das efferente zentrale cortikale und subcortikale System
im Bereich des Hirnstammes die Maskierungsmöglichkeiten das
auditorischen Systems kontrolliert. Der Grad der Hemmung, welcher
Diskussion
87
durch GABA gesteuert wird, spiegelt den Grad der Entwicklung des
paradoxen Memorys wider. Die reziproken Verbindungen zwischen
auditorischem und vestibulären Cortex enthalten multiple Netzwerke,
welche die Möglichkeit haben, verschiedene Veränderungen im
Signalverarbeitungssystem vorzunehmen, und sie enthalten weitere
Faktoren, die die neuronale Aktivität des vestibulochochlearen Systems
und anderer cortikaler Systeme beeinflussen. CLAUSSEN konnte
zeigen, welchen Einfluß eine rotatorische Stimulation auf die cortikale
Aktivität haben kann.
Zusammenfassend kann man sagen, daß es sich beim Tinnitus nicht
nur um ein peripheres, sondern immer mehr um ein zentrales
Phänomen handelt. Die Einflüsse, die dazu führen, daß bestimmte
Muster im Gehirn sich ändern, sind vielfältig. Nicht zuletzt muß man
auch immer bei zentralen Phänomenen den psychischen Aspekt mit
berücksichtigen.
5.5 Verknüpfung der unterschiedlichen statoakustischen
Funktionskreise vor dem Hintergrund der komplexen
Nystagmusregulation
Untersuchungen zur Interaktion vestibulo-okulärer und retino-okulärer
Nystagmuserzeugungen wurden von CLAUSSEN 1968 und 1969 mit
den komplexen vestibulo-okulären Tests begonnen. Damals wurde der
Kalorisationspendel-Interdifferenz-Test entwickelt. Bei diesem Test wird
bei einem Patienten eine kalorische Vestibularisprüfung mit
elektronystagmographischer
Aufzeichnung
durchgeführt.
Die
Ergebnisse des dabei entstehenden Schmetterlingskalorigramms
werden danach in Beziehung gesetzt zu einem zweiten Test,
währenddessen der Patient am horizontalen Bogengang, alternierend
rechts und links durch Kalorisation gereizt wird. Gleichzeitig blickt er
bei geöffneten Augen auf ein vertikal auf und abschwingendes Pendel,
welches optokinetische Muster überlagert. Mit diesem Test ist es
möglich,
daß
normale
Probanden
während
der
vertikalen
Blickverfolgung den horizontalen Nystagmus deutlich mindern. Sehr
gut trainierte Personen können den horizontalen Nystagmus fast
88
Diskussion
vollkommen unterdrücken. Allerdings zeigen Patienten mit zentralen
Gleichgewichtsfunktionsstörungen, daß es durch die gleichzeitige
Reizung mit einem optokinetischen Stimulus zu einer auffälligen
Enthemmung des kalorischen Nystagmus kommt. In diesen Fällen ist,
wie CLAUSSEN erklärt, das zentrale Regulationssystem überfordert, die
Nystagmusmodulation und Hemmung ist durch den Defekt in seiner
Kraft geschwächt oder aufgehoben.
Im vorliegenden Falle wurden gleichzeitig verschiedene statoakustische
Systeme in ihrer Interaktion überprüft. Störungen im vestibulären
Gleichgewichtssystem äußern sich bei den Patienten durch
verschiedene Schwindel- und Nauseasymptome. Störungen in den
akustischen Bahnen wurden hier vorwiegend bezogen auf das spontane
subjektive Phänomen der Fehlverarbeitung mit dem Erlebnisinhalt
Tinnitus.
Ein weiteres Nystagmusregulationssystem, nämlich das optokinetische,
wurde hinzugezogen. Nystagmusdysregulationen im optokinetischen
System wurden mit Hilfe des OKAN aufgedeckt. Daneben wurden auch
noch die vestibulo-spinalen Reaktionen mit Hilfe des Tretversuchs und
des Stehversuchs, mit Aufzeichnung mittels des Cranio-CorpoGrammes,
bewertet.
In
dieser
komplexen
Situation
der
statoakustischen Gleichgewichts- und Hörregulation wurden gröbere
Gliederungen vorgenommen.
Die Hauptorientierungslinie erfolgte über die differenzierte Bewertung
des Schmetterlingskalorigrammes. Dabei können sehr gut normale,
periphere und zentrale Gleichgewichtsfunktionsmuster des vestibulookulären Systems aufgedeckt werden.
Im Zusammenhang der allein anhand der Anamnese herausgesuchten
Tinnitusfälle zeigt sich, daß ca. 80% der Patienten mit OKAN unter
Tinnitus leiden, wobei nur etwa 60% aller Patienten einen Tinnitus
haben. Die Vermutung, daß mehr Patienten Tinnitus haben die einen
OKAN haben, hat sich bestätigt. Aufgrund der vielen ungeklärten
Details der einzelnen Phänomene, wie OKAN und Tinnitus, ist es
schwierig, eine klare Aussage über einen Zusammenhang zwischen
beiden zu machen. Man kann aber vermuten, daß es Zusammenhänge
Diskussion
89
in den zentralen Komponenten gibt. Wie oben beschrieben, zeigt sich
immer mehr, daß die zentralen Zusammenhänge im Gehirn für die
Beschreibung der Phänomene an Gewicht gewinnen.
Die weitere Forschung muß zeigen, ob wir tiefere Erkenntnisse und
Einblicke in diese Problematik bekommen.
Zusammenfassung
91
6. Zusammenfassung
Es wurden aus dem Patientenstamm der neurootologischen Abteilung
der Universitäts-Hals-Nasen-Ohren-Klinik Würzburg Daten aus den
Jahrgängen November 1994 bis Februar 2002 entnommen. Insgesamt
waren es 479 Patienten, davon 59% (n=283) Frauen und 41% (n=196)
Männer. Der älteste Patient war 85 Jahre, der jüngste 8 Jahre. Alle
Patienten hatten einen beidseitigen OKAN ≥ 10 Schläge pro 30s.
Die
allgemeinen
Symptome
fielen
entsprechend
früheren
Untersuchungen aus. Im Gesamtkollektiv gaben 66,6% einen Schwindel
an, 43,4% gaben keinerlei Symptome an.
Die Mehrheit 53,7% der Patienten gab keine vegetativen Symptome an.
46,3% der Patienten gaben vegetative Symptome wie z.B. Übelkeit oder
Erbrechen an.
Weiterhin hatten 57% der Patienten Hörstörungen.
Insgesamt gaben 76,8% der Patienten einen subjektiven Tinnitus an.
34,2% hatten ihn beidseits, 21,3% links und 21,3% rechts.
Es zeigte sich, daß ca. 80% der Patienten die einen OKAN hatten auch
einen Tinnitus hatten, wobei nur etwa 60% aller Patienten einen
subjektiven Tinnitus angaben.
Die Patientendaten wurden in verschiedene Kollektive aufgeteilt, um
eine deskriptive Statistik zu erhalten.
Die Tinnituskollektive wurden mit statistischen Methoden geprüft. Es
ließen sich aber keine Signifikanzen feststellen, die Zusammenhänge
zwischen Tinnitus und Optokinetik sowie Kalorimetrie sinnvoll
beschreiben würden.
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Danksagungen
Danksagungen
Herrn Priv.-Doz. Dr. Dieter Schneider danke ich recht herzlich für die
Überlassung des Themas, die freundliche Unterstützung bei der
Durchführung und Auswertung der Arbeit.
Herrn Prof. Dr. med. J. Helms danke ich für die Übernahme des
Koreferates.
Lebenslauf
Lebenslauf
Name:
Robert Krause
Geburtsdatum:
04.04.1977
Geburtsort:
Luckenwalde
Schulbildung:
1983 bis 1992 Polytechnische Oberschule
"Arthur Becker" Prenzlau
1992 bis 1996 Städtisches Gymnasium
Prenzlau
15.06.1996 Allgemeine Hochschulreife am
Städtischen Gymnasium Prenzlau
Wehrdienst:
1996 bis 1997
Praktikum:
1997 bis 1998 Zahntechnisches Labor
Prenzlau
Studium:
1998 Studium der Zahnmedizin an der
Universität Würzburg
20.04.1999 Naturwissenschaftliche
Vorprüfung
04.10.2000 Zahnärztliche Vorprüfung
11.06.2003 Staatsexamen der Zahnmedizin
an der Universität Würzburg
11.07.2003 Approbation als Zahnarzt
Berufstätigkeit:
seit 01.10.2003 Vorbereitungsassistent
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