Klinik für Kieferorthopädie - Medizinische Hochschule Hannover

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Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
Klinik für Kieferorthopädie
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Direktor: Prof. Dr. Rainer Schwestka-Polly
Tel.: 0511/532-4846 • E-Mail: [email protected] • www.mh-hannover.de/kieferorthopaedie.html
„„Keywords: Kieferorthopädie, Biofilm, Lingualtechnik
Forschungsprofil
Die Klinik für Kieferorthopädie betreibt zurzeit interdisziplinäre klinische Forschung und ist Bestandteil des gemeinsamen
Forschungsbereichs des Zentrums Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, der thematisch zell- und molekularbiologisch
ausgerichtet ist.
Einen wesentlichen Forschungsschwerpunkt stellt ein interdisziplinäres Projekt zur Fragestellung der Besiedlung
von festsitzenden kieferorthopädischen Behandlungsapparaturen mit Mikroorganismen (sog. „Biofilm“) dar. In diesem
Zusammenhang werden auch Materialien mit anti-adhäsiven Oberflächencharakteristika bezüglich ihrer klinischen
Wirksamkeit evaluiert. Des Weiteren werden im Zusammenhang mit der Fragestellung des oralen Biofilms mikrobielle und parodontale Veränderungen nach der Insertion individueller lingualer Apparaturen sowie nach kombiniert
kieferorthopädisch-kieferchirurgischen Behandlungen untersucht.
Als weiterer insbesondere klinisch ausgerichteter Forschungsschwerpunkt ist die „Lingualtechnik“ zu nennen.
Diese Projekte erfolgen in Kooperation mit allen Kliniken des Zentrums Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und Kliniken
und Instituten der Medizin sowie weiteren Einrichtungen des Wissenschaftsstandortes Hannover.
Ausgewähltes Forschungsprojekt
Lückenschluss von distal bei nicht angelegten Prämolaren im Unterkiefer mit einer vollständig
individuellen lingualen Apparatur in Kombination mit der Herbst-Apparatur
Die Therapie von Fehlstellungen der Kiefer und Zähne mit festsitzenden Apparaturen ist ein Standardverfahren der heutigen Kieferorthopädie. Diese Apparaturen können an der Außenseite von Zähnen (vestibulär) oder an deren Innenseite
(lingual) befestigt werden. Nach Entwicklung einer vollständig individuellen lingualen Apparatur (nach Wiechmann)
können in einem Laborprozess nach Herstellung von Modellen und einem Setup individuell konfigurierte Brackets und
individuell konfigurierte kieferorthopädische Bögen mit höchster Präzision hergestellt werden. Die präzise Form der
Bracketslots dieser Apparatur in Kombination mit den zugehörigen, präzise geformten kieferorthopädischen Bögen
ermöglicht eine höchst genaue dreidimensionale Einstellung der Zähne im Mund des Patienten.
Nichtanlagen von Zähnen betreffen häufig zweite Prämolaren im Unterkiefer. Eine Therapiemöglichkeit ist, Lücken
aufgrund dieser nicht angelegten Zähne durch Mesialbewegung der weiter distal stehenden Zähne ohne eine Ausgleichsextraktion im Oberkiefer zu schließen. Dazu ist eine Verankerung der anterior stehenden Zähne im Unterkiefer
erforderlich. Das Ziel der vorliegenden Untersuchung ist die Verifizierung der Möglichkeit des Lückenschlusses von
distal bei nicht angelegten zweiten Prämolaren im Unterkiefer ohne Ausgleichsextraktion im Oberkiefer mit einer
vollständig individuellen lingualen Apparatur in Kombination mit einer Herbst-Apparatur als Verankerung (Abb. 1 bis 4).
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Forschungsbericht 2016
Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
Abb. 1: Vollständig individuelle linguale Apparatur im Unterkiefer in situ, zweite Prämolaren nicht angelegt
Abb. 2: Herbst-Apparatur zur Verankerung der unteren anterioren Zähne in situ
Abb. 3: Kieferorthopädische Mechanik zum Lückenschluss von distal im Bereich der zweiten Prämolaren
Forschungsbericht 2016
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Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
Abb. 4: Vollständiger Lückenschluss im Bereich der zweiten Prämolaren, Retentionsdrähte in situ
Bei 15 konsekutiv behandelten jugendlichen Patienten mit insgesamt 21 nicht angelegten zweiten UnterkieferPrämolaren sollten jeweils die beiden Unterkiefer-Molaren mesialisiert werden. Zur Verankerung wurde eine vollständig
individuelle linguale Apparatur nach Wiechmann mit einer Herbst-Apparatur kombiniert. Die Effizienz und Zuverlässigkeit
dieses Konzeptes wurden anhand von Modellen und intraoralen Fotos zu den Zeitpunkten Behandlungsbeginn (T0),
Beginn der Herbst-Phase (T1), Ende der Herbst-Phase (T2) und Behandlungsende (T3) anhand folgender Parameter
überprüft: Größe der jeweiligen Lücke, Bisslage (Eckzahnbeziehung), Geschwindigkeit des Lückenschlusses (mm /
Monat) und Dauer der Behandlung.
Zu Beginn des Lückenschlusses betrug die Größe der rein von distal zu schließenden Lücken im Durchschnitt 6,4
mm und der Distalbiss im Eckzahnbereich der betreffenden Seite 2,9 mm. In allen Fällen konnten die Lücken komplett
körperlich geschlossen und eine neutrale Eckzahnbeziehung eingestellt werden. Die Molaren wurden im Durchschnitt
0,6 mm / Monat mesialisiert. Die Gesamtbehandlungsdauer lag bei 37,2 Monaten.
Beide Unterkiefermolaren einer Seite können bei nicht angelegten zweiten Prämolaren mit der Herbst-Apparatur
in Kombination mit einer vollständig individuellen lingualen Apparatur zuverlässig mesialisiert werden. Bei gleichzeitiger Distalbisslage ist zudem eine Einstellung in den Neutralbiss möglich. Die bei derartig großen Zahnbewegungen
naturgemäß überdurchschnittlich lange Behandlungsdauer lässt den Einsatz lingualer Apparaturen auch aufgrund
kariesprophylaktischer Überlegungen sinnvoll erscheinen.
Somit kann bei der Behandlung mit einer vollständig individuellen lingualen Apparatur das prognostizierte Endergebnis mit exzellenter Genauigkeit erreicht werden.
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Projektleitung: Wiechmann, Dirk (Prof. Dr. med. dent. Dr. h.c.), Schwestka-Polly, Rainer (Prof. Dr. med. dent.),
Metzner, Rebecca Frederike (Dr. med. dent.): Klinik für Kieferorthopädie; Kooperationspartner: Vu, Julius (Dr. med.
dent.): Kieferorthopädische Fachpraxis, Nordhorn; Förderung: Industrie
Weitere Forschungsprojekte (mit Stichtag 01.12.2016)
Behandlungsgenauigkeit einer vollständig individuellen lingualen Apparatur bei der Therapie von
Kiefer- und Zahnfehlstellungen
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Projektleitung: Wiechmann, Dirk (Prof. Dr. med. dent. Dr. h.c.), Schwestka-Polly, Rainer (Prof. Dr. med. dent.),
Metzner, Rebecca Frederike (Dr. med. dent.), Klinik für Kieferorthopädie; Kooperationspartner: Vu, Julius (Dr. med.
dent.), Kieferorthopädische Fachpraxis, Nordhorn; Förderung: Industrie
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Forschungsbericht 2016
Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
Biofilmbildung auf festsitzenden orthodontischen Apparaturen und Mikro-Implantaten
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Projektleitung: Demling, Anton (Prof. Dr. med. dent.), Schwestka-Polly, Rainer (Prof. Dr. med. dent.), Klinik für
Kieferorthopädie; Kooperationspartner: Heuer, Wieland (PD Dr. med. dent.), Stiesch, Meike (Prof. Dr. med. dent.), Klinik
für Zahnärztliche Prothetik und Biomedizinische Werkstoffkunde; Förderung: Industrie
Originalpublikationen
Bock NC, Ruf S, Wiechmann D, Jilek T. Herbst plus Lingual versus
Herbst plus Labial: a comparison of occlusal outcome and gingival
health. Eur J Orthod 2016;38(5):478-484
Kavanagh, Conal (M.Sc. Lingual Orthodontics): Seating forces
produced by six different ligation modules for second order control
with a completely customized lingual appliance.
Daratsianos N, Bourauel C, Fimmers R, Jäger A, Schwestka-Polly
R. In vitro biomechanical analysis of torque capabilities of various
0.018‘‘ lingual bracket-wire systems: total torque play and slot size.
Eur J Orthod 2016;38(5):459-469
Minch, Liwia (M.Sc. Lingual Orthodontics): The effect of the forces
and moments on maxillary anterior and posterior teeth and on
occlusion with a completely customized lingual appliance - a
FEM study.
Melsen B. The role of orthodontics in the regeneration of the
degenerated dentition. J Oral Rehabil 2016;43(3):226-237
Stipendium
Pauls A, Nienkemper M, Schwestka-Polly R, Wiechmann D.
Behandlungsgenauigkeit der vollständig individuellen lingualen
Apparatur WIN: Eine retrospektive Kohortenstudie. J Orofac Orthop
2017;78(1):52-61
Abstracts
2016 wurden 6 Abstracts publiziert.
Promotionen
Metzner, Rebecca Frederike (Dr. med. dent.): Vergleichende
Untersuchung zur Verankerungsqualität von Mikroschrauben und
der Herbst-Apparatur in Kombination mit Lingualtechnik bei der
Mesialisierung von Unterkiefermolaren ohne Ausgleichsextraktionen im Gegenkiefer.
Reuschl, Ralph Philip (Dr. med. dent.): Die digitale Modellanalyse
von 3D Laser-gescannten Kiefermodellen im Vergleich mit der
analogen Auswertung von Gipsmodellen.
Master
Hahn, Marion (M.Sc. Lingual Orthodontics): Orthodontic treatment of adolescents with a completely customized lingual appliance- practicability in daily routine.
Jacobs,Collin (M.Sc. Lingual Orthodontics): Single tooth torque
correction in the lower frontal area by a completely customized
lingual appliance.
Wiechmann, Dirk (Prof. Dr. med. dent. Dr. h.c.): Klinik für Kieferorthpädie: Ehrendoktor der Universität Montpellier, Frankreich
(„Docteur Honoris Causa“).
Weitere Tätigkeiten in der Forschung
Schwestka-Polly, Rainer (Prof. Dr. med. dent.): Klinik für Kieferorthopädie: Editorial Board Mitglied beim „Journal of Orofacial
Orthopedics“; Editorial Board Mitglied bei der Fachzeitschrift
„Kieferorthopädie“.
Wiechmann, Dirk (Prof. Dr. med. dent. Dr. h.c.): Klinik für Kieferorthopädie: Enseignant Emerite Associe der Universität Montpellier,
Frankreich; Editorial Board Mitglied bei der Fachzeitschrift „Informationen aus Orthodontie und Kieferorthopädie“; Klinik für
Kieferorthopädie: Editorial Board Mitglied bei der Fachzeitschrift
„International Orthodontics“; Editorial Board Mitglied bei der
Fachzeitschrift „Head and Face Medicine“.
Patente
Schwestka-Polly, Rainer (Prof. Dr. med. dent.): Klinik für Kieferorthopädie: Verfahren zur Herstellung eines Operationssplints und
Vorrichtung zur dreidimensionalen Einstellung eines Oberkiefermodells. Patentschrift DE 41 43 252 C2, München 1994.
Schwestka-Polly, Rainer (Prof. Dr. med. dent.): Klinik für Kieferorthopädie: Articulator for cast surgery and method of use. United
States Patent 5,281,135, Washington 1994.
Jacobs, Viviana (M.Sc. Lingual Orthodontics): Root resorptions after
therapy with a completely customized lingual appliance with and
without extratorque.
Forschungsbericht 2016
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