Diabetes Typ 2 (2004) - Österreichische Apothekerkammer

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DIABETES
O K T O B E R
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TYP 2
DIABETES
I N H A LT S V E R Z E I C H N I S
Vorwörter ............................................................................................................................ 3
Die Experten/Das Team ...................................................................................................... 4
1. Definition und diagnostische Kriterien des Typ 2 Diabetes ............................................... 6
2. Prävention des Typ 2 Diabetes ....................................................................................... 7
3. Therapieziele ................................................................................................................. 9
4. Hauptwege der medikamentösen Therapie des Typ 2 Diabetes .......................................
4.1 Basistherapie ...........................................................................................................
4.2 Orale Antidiabetika .................................................................................................
4.3 Insulintherapie .........................................................................................................
11
12
13
16
5. Begleiterkrankungen und Komplikationen ....................................................................... 18
5.1 Untersuchungen ........................................................................................................ 18
5.2 Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Diabetes ................................................................ 19
5.3 Diabetische Nephropathie ........................................................................................ 21
5.4 Diabetische Neuropathie und Diabetisches Fußsyndrom ............................................ 22
5.5 Fagerström-Nikotinabhängigkeits-Test ................................................... Umschlagseite 4
6. Patienteninformation ...................................................................................................... 23
IMPRESSUM
Medieninhaber und Verleger: Initiative Arznei & Vernunft
Postadressen:
c/o: Pharmig, Vereinigung pharmazeutischer Unternehmen
Zieglergasse 5, 1072 Wien, Tel. 01/523 29 56, e-mail: [email protected], www.pharmig.at
c/o: Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger
Kundmanngasse 21, 1030 Wien, Tel. 01/711 32-3800, e-mail: [email protected], www.sozialversicherung.at
Bilder: Titelseite Mauritius, DigiDias, creativ collection; pr&mehr
Gesamtherstellung:
[Print@media Concepts] Schickmayr Werbung und Produktion GmbH., A-5152 Michaelbeuern, Breitenlohe 43,
Tel. 06274/2990-0, e-mail: [email protected], www.print-concepts.at
1. Auflage, 10/2004; diese Broschüre stellt den aktuellen Wissensstand zum Zeitpunkt der Drucklegung dar (8/2004).
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EINLEITUNG
Der Typ 2 Diabetes hat sich in den letzten Jahren zu einem der größten medizinischen Probleme entwickelt. Weltweit waren im Jahr 2000 ungefähr 150 Millionen Menschen erkrankt – eine Zahl, die sich in den nächsten 20 Jahren noch verdoppeln wird. In der Folge nehmen schon jetzt die Begleiterkrankungen und Komplikationen des Typ 2 Diabetes wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Niereninsuffizienz
zu, die die hohe Morbidität und Mortalität, aber auch die Folgekosten des Typ 2
Diabetes bestimmen.
Neben den genetischen Faktoren ist vor allem die Lebensweise für die epidemische Ausbreitung des Typ
2 Diabetes verantwortlich. Neue klinische Studien haben gezeigt, dass Maßnahmen wie Ernährungsumstellung und regelmäßige Bewegung zur Prävention des Typ 2 Diabetes wirksam und daher zur Begrenzung dieses Problems von größter Bedeutung sind. Auch in der Therapie des manifesten Typ 2 Diabetes ist vernünftigerweise zuerst den nicht-medikamentösen Maßnahmen der Vorzug zu geben. Die Pharmakotherapie zielte früher vor allem auf die Senkung der erhöhten Blut-Glukose-Spiegel ab und berücksichtigte weniger die der Erkrankung vermutlich zugrunde liegenden Defekte wie Störungen des Fettstoffwechsels und der Gefäßfunktion. Erst mit der UKPDS-Studie wurde die Bewertung bestimmter Formen in der intensivierten Pharmakotherapie des Typ 2 Diabetes in Hinblick auf Morbidität und Mortalität möglich. Neueste Studien, wie Steno-2, zeigten weiters, dass die Therapie des Typ 2 Diabetes aber
immer ein multifaktorielles Vorgehen, u.a. die Senkung von Blutdruck und Blutfetten, erfordert.
Trotzdem liegen auch heute noch für eine Reihe von Therapieformen, z.B. die Kombination oraler Antidiabetika, sowie für neue Therapieprinzipien, keine ausreichenden Daten zur Verbesserung von Morbidität und Mortalität vor. Vor diesem Hintergrund hat die Expertengruppe ihre Aufgabe gesehen, dem
Thema „Arznei & Vernunft“ entsprechend, eine Synthese aus den Kriterien der Evidence-Based Medicine und Erfahrungen der klinischen Praxis, aber auch ökonomischen Aspekten zu finden. Das Ergebnis liegt nun vor Ihnen und soll eine Empfehlung zur umfassenden Behandlung des Typ 2 Diabetes in
der Praxis geben.
Prim. Ao. Univ. Prof. Dr. Michael Roden
Hanusch-Krankenhaus, Wien
für das Expertenteam
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DIABETES
VORWORT
Sehr geehrte Frau Doktor,
sehr geehrter Herr Doktor,
Sie halten mit dieser Therapie-Leitlinie „Typ 2 Diabetes“ die insgesamt zehnte Therapie-Empfehlung der
Initiative Arznei & Vernunft in Händen. Neuerlich haben sich international anerkannte Spezialisten
zusammengefunden, um dieses Papier zu erarbeiten. Ihnen möchten wir an dieser Stelle ganz besonderen Dank für das Einbringen ihrer Expertise und viele Stunden ehrenamtlicher Arbeit zu diesem überaus komplexen Thema aussprechen.
Die Leitlinien der Initiative Arznei & Vernunft haben sich als „Nachschlagewerke“ und praktische
Information bewährt. Das hören wir nicht nur immer wieder von in der Praxis tätigen Ärztinnen und
Ärzten, sondern wurde auch durch eine Umfrage des IMAS-Institutes im vergangenen Jahr bestätigt.
Die Initiative Arznei & Vernunft feiert heuer ihr 10-jähriges Bestehen. 2003 haben sich die Österreichische Ärztekammer und die Österreichische Apothekerkammer entschlossen, diesem Projekt nicht nur beratend beizustehen, sondern auch die Finanzierung mit zu tragen. – Das Ziel und der Anspruch der
Initiative Arznei & Vernunft ist und bleibt es, höchste medizinische Standards mit ökonomischen
Überlegungen zu verknüpfen, ohne die therapeutische Freiheit der Ärzteschaft einzuschränken. Der
Patient/die Patientin und deren adäquate Versorgung bilden das Kernstück aller Bemühungen.
Wirtschaftskammer Österreich
Dr. Eberhard Pirich
Pharmazeutische Industrie im
Fachverband chemische Industrie
Pharmig – Vereinigung
pharmazeutischer Unternehmen
Dr. Hubert Dreßler
Präsident
Dr. Josef Kandlhofer
Sprecher der Geschäftsführung
Hauptverband der österreichischen
Sozialversicherungsträger
Österreichische Apothekerkammer
Dr. Mag. pharm. Herbert Cabana
Präsident
Österreichische Ärztekammer
Dr. Reiner Brettenthaler
Präsident
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DIABETES
DIE EXPERTEN
Univ. Prof.
Dr. Klaus Klaushofer
Dr. Helmut Brath
Wiener Gebietskrankenkasse
Ärztlicher Direktor
4. Med. Abteilung, HanuschKrankenhaus, Wien
Leiter der Expertengruppe
Univ. Prof.
Dr. Dr. Walter Hörl
Univ. Prof.
Dr. Markus Müller
Abteilung für Nephrologie
Universitätsklinik für Innere
Medizin III, Wien
Universitätsklinik für
Klinische Pharmakologie,
Wien
Univ. Prof.
Dr. Josef Patsch
Univ. Prof.
Dr. Thomas Pieber
Prim. Univ. Prof.
Dr. Michael Roden
Universitätsklinik für Innere
Medizin, Innsbruck
Präsident der Austrian
Atherosclerosis Society
(AAS)
Institut für Medizinische
Systemtechnik und Gesundheitsmanagement,
Medizinische Universitätsklinik, Graz
1. Med. Abteilung HanuschKrankenhaus, Wien
Präsident der Österr.
Diabetes-Gesellschaft
Dr. Heide Said
Oberösterreichische
Gebietskrankenkasse
Univ. Prof.
Dr. Werner Waldhäusl
Abteilung für Endokrinologie
und Stoffwechsel
Universitätsklinik für Innere
Medizin III, Wien
Präsident der Österr. Gesellschaft für Innere Medizin
D A S A R Z N E I & V E R N U N F T- T E A M
Prim. Dr. Gert Klima, Steirische Gebietskrankenkasse
Mag. Eva-Maria Wimmer, Österr. Apothekerkammer
Dr. Christiane Körner, Österr. Apothekerkammer
Dr. Georg Witzmann, Österr. Ärztekammer
Mag. Wolfgang Lindinger, Pharmig
Dr. Engelbert Zawadil, Österr. Ärztekammer
Chefarzt MR Dr. Norbert Muss, Salzburger Gebietskrankenkasse
Univ. Prof. Dr. Peter Placheta, Wirtschaftskammer
Österreich
Projekt-Management:
Mag. Anton Sinabell, Österr. Ärztekammer
Ruth Mayrhofer (für die Pharmig/WKÖ)
Mag. Susanne Führlinger (für den Hauptverband)
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TYP 2
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1. DEFINITION UND DIAGNOSTISCHE
KRITERIEN DES TYP 2 DIABETES
Definition
Als Diabetes mellitus bezeichnet man eine Gruppe von Stoffwechselerkrankungen, die alle durch Hyperglykämie in Folge von Störungen der Insulin-Sekretion und/oder der Insulin-Wirkung gekennzeichnet
sind. Die chronische Hyperglykämie bei Diabetes ist assoziiert mit Langzeitschäden, Funktionsstörungen
und Funktionseinschränkungen verschiedener Organe – insbesondere der Augen, Nieren, Nerven, des
Herzens und der Blutgefäße.
Als Typ 2 Diabetes (Diabetes mellitus Typ 2) wird die Form des Diabetes bezeichnet, die durch Insulinresistenz in Verbindung mit eher relativem als absolutem Insulinmangel gekennzeichnet ist. Die Insulinresistenz bzw. auch die Insulinsekretionsstörung, d.h. die gestörte Glukose-abhängige Insulinsekretion,
sind schon lange vor der Manifestation allein oder im Rahmen des metabolischen Syndroms vorhanden.
Diese Defekte erhöhen bereits früh das Risiko für makrovaskuläre Komplikationen/Folgeerkrankungen.
WHO-Kriterien 1998 für die Diagnose des Diabetes (manifester Diabetes)
• Nachweis typischer Symptome des
Diabetes mellitus (Polyurie, Polydipsie,
ansonsten unerklärlicher Gewichtsverlust)
UND
Bei Abwesenheit diabetestypischer
Symptome (zweimalige Messung)
• Nüchtern-Glukose ≥ 126 mg/dl
(≥ 7,0 mmol/l) ODER
• Nicht-Nüchtern-Glukose ≥ 200 mg/dl
(≥ 11,1 mmol/l) an 2 verschiedenen Tagen[1]
ODER
• Nüchtern-Glukose ≥ 126 mg/dl (≥ 7,0
mmol/l) an 2 verschiedenen Tagen[1] ODER
• Nicht-Nüchtern-Glukose ≥ 200 mg/dl
(≥ 11,1 mmol/l)
• Glukose ≥ 200 mg/dl (≥ 11,1 mmol/l)
2 h nach oraler Glukosebelastung (75 g
Glukose)[1]
Kommentar
• Die Diagnose eines Diabetes mellitus wird, unabhängig von Alter und Gechlecht, durch Messung
mehrfach erhöhter Blut-Glukosewerte an mindestens zwei verschiedenen Tagen gestellt.
• Bei verdächtigem klinischen Bild und widersprüchlichen Messergebnissen wird die Diagnose mittels
oralem Glukosetoleranztest (OGTT) gestellt.
• Die zur Diagnose führenden Messungen sollten nicht während akuter Erkrankungen (z.B. Infektionen) oder während der Einnahme das Ergebnis verfälschender Medikamente (z. B. Glukokortikoide) durchgeführt werden.
• Der HbA1c-Wert ist kein diagnostischer, sondern ein Verlaufsparameter.
• Der HbA1c-Wert allein ist zur Diagnosestellung nicht geeignet.
[1]
Die oben genannten Werte beziehen sich auf Messungen im venösen Plasma.
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DIABETES
2. PRÄVENTION DES DIABETES MELLITUS TYP 2
Präventive Maßnahmen sind zur Eindämmung der rapiden Zunahme der Diabetes-Prävalenz dringlich
nötig. Dies gilt für die Allgemeinbevölkerung, in verstärktem Maß jedoch für Personen mit erhöhtem Risiko
für Typ 2 Diabetes.
Risikogruppen
Definition „Erhöhtes Diabetes-Risiko“:
• Gestörte Nüchtern-Blut-Glukose (s. Tabelle unten)
• Gestörte Glukosetoleranz (s. Tabelle unten)
• Gestationsdiabetes in Vergangenheit
• Übergewicht (BMI > 25 kg/m2) und Adipositas (BMI > 30 kg/m2), vor allem zentrale (viszerale)
Adipositas (Bauchumfang > 102 cm [Männer] bzw. > 88 cm [Frauen])
• Chronischer Bewegungsmangel
• Metabolisches Syndrom, zumindest 3 der folgenden 5 Kriterien treffen zu:
1. Triglyceride im Plasma ≥ 150 mg/dl,
2. HDL ≤ 40 mg/dl,
3. Nüchtern-Plasma-Blut-Glukose ≥ 110 mg/dl,
Body Mass Index
4. Systol. Blutdruck ≥ 130 oder diastol. Blutdruck > = 85 mm Hg,
5. BMI > 30 kg/m2
• Niedriges Geburtsgewicht (< 2500 g)
• Familiäre Häufung (Eltern/Geschwister haben Diabetes)
• Chronisches Zigarettenrauchen
• Chronischer Stress
• Alter > 65 a
• Hohes Geburtsgewicht > 4100 g
Errechnung des Body Mass Index (BMI):
BMI =
Körpergewicht (kg)
(Körperlänge in m)2
GLUKOSE
Venöses Plasma
Kapilläres Vollblut
(z.B. venöse Blutabnahme)
(z.B. Blut-Glukose-Selbstmessgerät)
Nüchtern
≥ 126
≥ 110
≥ 110
≥ 100
Diabetes
≥ 200
≥ 200
Gestörte Glukosetoleranz (IGT)[3]
≥ 140
≥ 140
Diabetes
Gestörter Nüchtern-Blut-Glukose (IFG)[1]
Oraler Glukosetoleranz-Test (OGTT)
[2]
[1]
[3]
IFG: Impaired fasting glucose = Gestörte Nüchtern-Blut-Glukose, [2] IGT: Impaired glucose tolerance = Gestörte Glukosetoleranz,
OGTT: Oraler Glukosetoleranz-Test: Bestimmung von venöser Plasma-Glukose nüchtern und 2 Stunden nach Trinken von 75 g Glukoselösung
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DIABETES
Präventive Maßnahmen/Basistherapie
Das Hauptaugenmerk der Prävention und Basistherapie liegt auf Lebensstil-Modifikation!
Änderung der
Ernährung
•
•
•
•
•
Fettanteil < 30 % der Energieaufnahme,
gesättigte Fette < 10 % der Energieaufnahme,
> 15 g Ballaststoffe/1000 kcal,
mehr pflanzliche Produkte,
mehr Fisch
Gewichtsreduktion
• Um 5–10 % bei BMI > 25 kg/m2: Primär Lebensstilmaßnahmen und Verhaltensmodifikation, Ausschluss einer medizin. Ursache d. Adipositas,
Medikamenten-induzierte Adipositas (z.B. Psychopharmaka), bei mangelndem Erfolg erwähnter Maßnahmen Erwägung einer medikamentös
unterstützten Gewichtsreduktion. Bei schwerster therapieresistenter Adipositas (BMI > 40 kg/m2) evtl. chirurgische Maßnahmen über spezialisierte Zentren.
• Besondere Beachtung sollte der starken Zunahme von Übergewicht und
Adipositas bei Kindern und Jugendlichen gewidmet werden.
Verzicht auf
Tabakkonsum
• Bei körperlicher Nikotinabhängigkeit (siehe Fagerström-Test, Umschlagseite
4) Erwägung einer Unterstützung durch Nikotinersatztherapie oder Bupropion.
Mehr Bewegung
• Aufbau eines langfristigen Bewegungsprogramms, mind. 30 min/Tag
moderates Training (60–70 % der maximalen Herzfrequenz)
Medikamentöse
Unterstützung
• Zur Gewichtsreduktion bei Hochrisikogruppen durch einzelne Substanzen
in Ergänzung zur Lebensstil-Modifikation. Diese erreichen jedoch nicht die
hohe Effizienz der gut untersuchten und hoch effektiven Lebensstil-Maßnahmen.
• In Frage kommen Metformin vor allem bei jüngeren (< 60 a) adipösen
(BMI > 35 kg/m2) Patienten mit gestörter Glukosetoleranz. Mögliche
Vorteile für Acarbose liegen nur bei einer Studie für Patienten mit IGT.
Positive Daten liegen auch für Orlistat vor. Für andere Medikamente sind
derzeit keine Daten bezüglich Diabetes-Prävention verfügbar.
Die Inzidenz von Typ 2 Diabetes könnte durch konsequentes Durchführen
dieser Maßnahmen deutlich (vermutlich > 50 %) reduziert werden.
Auf Grund der stärkeren Wirksamkeit der Lebensstil-Interventionen sind Medikamente nur als Add-on-Therapie anzuwenden.
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DIABETES
3. THERAPIEZIELE
Es können folgende Therapieziele unterschieden werden, die von Alter und Begleiterkrankungen abhängen:
• Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Lebensqualität
• Kompetenzsteigerung (Empowerment) der Betroffenen im Umgang mit der Erkrankung
• Reduktion des Risikos für kardiale, zerebrovaskuläre und sonstige makroangiopathische Morbidität und
Mortalität (Spätkomplikationen)
• Vermeidung mikrovaskulärer Folgekomplikationen (Erblindung, dialysepflichtige Niereninsuffizienz,
Neuropathie)
• Vermeidung des diabetischen Fußsyndroms
• Prävention und Therapie von Symptomen (z. B. Polyurie, Polydipsie, Abgeschlagenheit)
• Minimierung von Nebenwirkungen und Belastungen des Patienten durch die Therapie
Für folgende Parameter müssen mit dem Patienten INDIVIDUELLE ZIELVEREINBARUNGEN (siehe Tabelle
auf folgender Seite) getroffen werden:
• Änderung der Lebensführung (gesunde Ernährung, körperliche Aktivität, Verzicht auf Tabak-Konsum)
• Körpergewicht/BMI/Taillenumfang
• Blut-Glukose nüchtern und postprandial, HbA1c
• Lipidstatus (Gesamt-Cholesterin, HDL-Cholesterin, Triglyzeride. Daraus zu berechnen: LDL und NichtHDL-Cholesterin)
• Blutdruck
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Zielwerte und Risikoabschätzung[1]
Anzustreben ist ein möglichst niedriger Risikobereich für alle Indikatoren. Jeder der in der Tabelle angeführten Indikatoren ist für sich ein relevanter Risikofaktor. Dabei dienen die Zielwerte als Leitfaden, von
denen im Einzelfall jedoch entsprechend der Gesamtprognose unter Berücksichtigung des Alters, eventueller Folgeschäden und Komorbiditäten abgewichen werden kann.
Es muss darauf hingewiesen werden, dass der Großteil der Patienten an kardiovaskulären Erkrankungen verstirbt. Daher sollten möglichst niedrige Werte angestrebt werden.
Indikator
Einheit Zielwert
HbA1c
Kardiovaskuläres Risiko
Mäßig
Hoch
%
< 6,5
< 7,0
> 8,0
Blutdruck
mmHg
≤ 120/80
120/80 –140/90
> 140/90
Serumcholesterin
mg/dl
< 200
< 200
> 240
LDL-Cholesterin[3]
mg/dl
< 100
< 130
> 160
HDL-Cholesterin
mg/dl
> 45
≤ 45
< 35
Triglyzeride
mg/dl
< 150
≥ 150
> 300
BMI
kg/m2
19–25
> 25
> 30
Taillenumfang männlich
cm
< 94
94–102
> 102
Taillenumfang weiblich[4]
cm
< 80
80–88
> 88
Rauchen
0
0
passiv rauchen
aktiv rauchen
[2]
[4]
Internationale Empfehlungen für Zielwerte der Glykämie-Kontrolle
(Achtung: In der Schwangerschaft sind strengere Zielwerte erforderlich!)
Parameter
Einheit ADA[5]
DDG[6]
EDPG[7]
Empfehlung
Arznei &
Vernunft
mg/dl
90–130
90–120
< 110
100–130
110–150
110–140
< 135
110–140
80–120
90–120
< 100
90–120
110–140
110–140
< 135
110–135
<7
≤ 6.5
< 6.5
<7
Glukose (venöses Plasma)
Präprandial
Vor dem Schlafengehen/
Postprandiale Spitze
mg/dl
Glukose (kapilläres Vollblut)
Präprandial
mg/dl
Vor dem Schlafengehen/
Postprandiale Spitze
mg/dl
HbA1c
%
Angelehnt an die Europäische Diabetes Policy Group (1999) und T. Kaiser, Institut für evidenzbasierte Medizin, Köln (2003). Strengere Zielwerte günstig, besonders bei beginnender Nephropathie. [3] Strengere Zielwerte notwendig bei arteriellen Gefäßkrankheiten (LDL-Cholesterin < 100 mg/dl). [4] Der Taillenumfang ist möglicherweise ein besserer Parameter für kardiovaskuläres und metabolisches Risiko als der BMI. Die Grenz- bzw. Zielwerte sind aber populationsspezifisch (nach World Health Organization (2000). Obesity: Preventing and Managing the Global Epidemic: Report of a WHO Consultation on Obesity, Geneva: WHO, page 11). [5] American Diabetes Association: Clinical Practice Recommendations.
Diabetes Care 26, S1, 2003. [6] Praxis-Leitlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG), Hrsg.: W. A. Scherbaum und R. Landgraf. Diabetes und Stoffwechsel 11, Sonder-Heft 2,
2002. [7] niedriges Risiko gemäß European Diabetes Policy Group).
[1]
[2]
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DIABETES
4. HAUPTWEGE DER MEDIKAMENTÖSEN
THERAPIE DES TYP 2 DIABETES
Therapieziele:
• Vermeidung von Hypoglykämie und Hyperglykämie-Symptomen
• Bei jüngeren Patienten HbA1c < 7,0 %
• Bei allen Patienten steht Symptomfreiheit im Vordergrund!
Nicht-medikamentöse Dauertherapie:
Ernährungsberatung, Bewegungstherapie, Schulung
HbA1c nach 3 Monaten ≥ 7,0 %
Wenn BMI
≥ 26 kg/m2:
Monotherapie:
Metformin
Bei KI gegen
Metformin:
Sulfonylharnstoff
Wenn BMI
< 26 kg/m2:
Monotherapie:
Sulfonylharnstoff
Weitere Optionen:
α-GlukosidaseHemmer Glitazone[1]
Glinide[1]
HbA1c nach 3 Monaten ≥ 7,0 %
Evtl. Kombination mit zweitem oralen
Antidiabetikum
Bei Metformin[2]:
α-GlukosidaseHemmer[1], ODER
Sulfonylharnstoff [2],
ODER Glinide[1], ODER
Glitazone[1]
INSULIN (Kombination
mit Metformin)[3]
Bei Sulfonylharnstoff:[2]
vorzugsweise
Metformin[2] ODER
α-Glukosidasehemmer[1], ODER
Glitazone[1]
HbA1c nach 3 Monaten ≥ 7,0 %
Weiterleitung zum Facharzt oder Diabeteszentrum erwägen
(intensivierte Insulintherapie: z.B. Basis-Bolus-Therapie)
LEGENDE: grüne Linie = klinischer Hauptpfad, gelbe Linie = klinischer Nebenpfad
[1]
Bisher kein Nachweis der Reduktion der Mortalität in randomisierten, kontrollierten, prospektiven Studien. [2] In dieser Kombination Hinweis auf negative Auswirkung auf Mortalität in
einer randomisierten, kontrollierten prospektiven Studie. [3] Kombination mit Metformin nur bei BMI ≥ 26 kg/m2 und ausgeprägter Gewichtszunahme unter Insulintherapie
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DIABETES
4.1 Basistherapie
(Schulung + Ernährungstherapie + Körperliche Bewegung + Nichtrauchen)
Einflussnahme auf
den Lebensstil von
Diabetikern
Verschiedene Interventionen zur Verhaltensänderung tragen nachweislich zur
Besserung von Selbst-Management, Stoffwechseleinstellung und Wohlbefinden bei.
Hierzu gehören:
• Schulungsprogramme zur Förderung des Selbst-Managements und der
Stoffwechsel-Selbstkontrolle: jeder Patient mit Diabetes mellitus muss deshalb Zugang zu einem strukturierten, evaluierten, zielgruppenspezifischen
Schulungs- und Behandlungsprogramm erhalten.
• individuelle Hilfen, Beratungstermine und Interventionen zur Verhaltensänderung in Ergänzung zu Schulungsangeboten.
Ernährungstherapie (fettarme,
ballaststoffreiche,
energiebilanzierte
Kost)
• Personen mit Übergewicht sollen dazu angehalten werden, durch kalorienreduzierte Diät eine Gewichtsabnahme und Änderung des Lebensstils
ihr individuelles Risiko zu senken (siehe Prävention, Seite 7).
• Patienten mit Typ 2 Diabetes sollen im Rahmen des strukturierten Schulungs- und Behandlungsprogramms eine individuelle krankheitsspezifische
Ernährungsberatung erhalten.
• Der Erfolg einer Ernährungstherapie kann durch die gleichzeitige psychosoziale Unterstützung gesteigert werden.
• Übermäßige Alkoholaufnahme kann bei gleichzeitiger körperlicher Bewegung zu deutlicher Senkung der Blut-Glukose führen. Sulfonylharnstoffe,
Glinide, Insulin und Metformin können die Wirkung des Alkohols verstärken.
• Auch bei nicht adipösen Typ 2 Diabetikern ist eine gesunde Ernährung
zur Stoffwechseleinstellung höchst effizient.
Körperliche
Aktivität
• Diabetiker sollten lebenslang zu wenigstens moderater körperlicher Aktivität angehalten werden (z.B. anzustreben: tägliches mittelschnelles Spazierengehen über 30 Minuten).
• Diabetiker sollen vor Aufnahme in ein Bewegungsprogramm ärztlich untersucht werden.
RaucherEntwöhnung
• siehe Seite 8, Fagerström-Test siehe Umschlagseite 4
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4.2 Orale Antidiabetika
Indikation
• Patienten, bei denen längstens nach 3 Monaten trotz Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Basistherapie das individuelle Therapieziel nicht zu erreichen ist.
Grenzen der Anwendung/Umstellung auf Insulin
• Patienten, bei denen nach 3–6 Monaten oraler antidiabetischer Therapie auch bei Kombination von
zwei verschiedenen Therapieprinzipien das individuelle Therapieziel bei ausreichender Compliance nicht
zu erreichen ist
• ggf. perioperativ (in Abhängigkeit von der Art des Eingriffs)
• akuter Herzinfarkt, Schlaganfall, schwere Infektionen und andere akute schwere Erkrankungen
• schwere akute und chronische Stoffwechselentgleisungen/Azidose
• Komplikationen (z.B. diabetischer Fuß, schwere schmerzhafte Neuropathie, fortgeschrittene Nephro-/
Retinopathie, schwere Zweiterkrankungen)
Wirkstoffauswahl
Bei der Wirkstoffauswahl oraler Antidiabetika sind neben der Beachtung der Kontraindikationen folgende Kriterien zu berücksichtigen:
•
•
•
•
Beleg der Wirksamkeit anhand klinischer Endpunkte
Eignung von Wirkungsmechanismus bzw. Wirkungsprofil für die individuelle Indikationsstellung
individuelle antidiabetische Wirkung und Verträglichkeit
bei adipösen Diabetikern ist Metformin, soweit keine Gegenanzeigen vorliegen, derzeit die Pharmakotherapie der ersten Wahl (gilt nur bei nicht dekompensierten Diabetikern: Blut-Glukose < 300 mg/dl;
Ketonurie negativ)
• bei Dekompensation ist initial eine Insulintherapie notwendig
Dosierung
Bei älteren Diabetikern sollte die Therapie mit oralen Antidiabetika in der niedrigsten, wirksamen Dosierung begonnen werden. Die Dosis ist stufenweise bis zum Erreichen des individuellen Therapieziels zu
steigern bzw. bis zum Therapieabbruch infolge des Auftretens unerwünschter Wirkungen.
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TYP 2
DIABETES
Wirksamkeits-Bewertung oraler Antidiabetika
Metformin
Die Wirksamkeit von Metformin hinsichtlich Stoffwechseleinstellung und
Risikoreduktion klinischer Endpunkte (Letalität, Schlaganfall, tödlicher Myokardinfarkt) ist für den Typ 2 Diabetes mellitus mit Adipositas belegt.
• Daher und aufgrund Fehlens von Gewichtsanstieg und Hypoglykämien
ist Metformin für den adipösen Typ 2 Diabetes mellitus Medikament der
1. Wahl.
• Die Kontraindikationen (Nierenfunktionsstörung mit Serum-Kreatinin >
1,3 mg/dl, Leberfunktionsstörungen und alle Zustände mit Hypoxie
bzw. Gefahr der Laktatazidose, perioperativ, periinterventionell bei
Kontrastmittel-Gabe) sind zu beachten.
Sulfonylharnstoffe = SH
(Glibenclamid,
Glibornurid, Gliclazid,
Glimepirid, Gliquidon,
Glipizid)
Der Nutzen einer SH-Therapie für Patienten (Mikroangiopathie, alle diabetesbezogenen „Endpunkte“, plötzlicher Tod) konnte in der UKPDS für
Glibenclamid nachgewiesen werden. Für Glibenclamid bestehen Hinweise
auf vermehrte Hypoglykämien. Wirksamkeitsbelege zur Reduktion klinischer Endpunkte liegen für Glibornurid, Gliclazid, Glimepirid, Gliquidon
und Glipizd derzeit nicht vor.
• Langwirkende Präparate können für die Compliance vorteilhaft sein, besitzen aber ein erhöhtes Risiko für Hypoglykämien und Gewichtszunahme.
• SH erscheinen für die Therapie übergewichtiger Typ 2-Patienten als Langzeitmonotherapie ungeeignet.
• Die Wirksamkeit der SH lässt im Behandlungsverlauf nach.
• SH können mit a-Glukosidase-Hemmer bzw. Glitazonen kombiniert werden.
• Bei Kombination von Glibenclamid und Metformin gibt es Hinweise auf
negative Auswirkungen auf die Mortalität. Daten zur Langzeittherapie von
anderen SH in Kombination mit Metformin liegen derzeit nicht vor.
a-GlukosidaseHemmer
(Acarbose, Miglitol)
Die Wirksamkeit bezüglich Senkung von Blut-Glukose und HbA1c ist geringer als bei anderen oralen Antidiabetiker und abhängig von der Einhaltung einer KH-reichen Diät.
• Bei Monotherapie existiert kein Risiko für Hypoglykämien und/oder
Gewichtszunahme.
• Die Wirkung bleibt im Behandlungsverlauf erhalten.
• a-Glukosidase-Hemmer können mit SH, Metformin, Glitazonen, Gliniden
und Insulin kombiniert werden.
• Gastrointestinale Nebenwirkungen sind häufig.
• Acarbose kann gegeben werden, wenn die Stoffwechseleinstellung,
besonders die postprandialen Blut-Glukosespiegel, durch Diät allein oder
in Verbindung mit Metformin, SH/Gliniden oder Insulin nicht erreicht werden. Über Miglitol liegen weniger umfangreiche Erfahrungen vor.
Fortsetzung auf Seite 15 >>
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TYP 2
DIABETES
>> Fortsetzung von Seite 14
Glitazone =
Thiazolidindione
(Rosiglitazon,
Pioglitazon)
Wirksamkeitsbelege zur Risikoreduktion klinischer Endpunkte liegen nicht
vor.
Bei der Kombination von Glitazonen mit SH oder Metformin kommt es zu
synergistischen Effekten mit stärkerer Absenkung von Blut-Glukose und
HbA1c als unter Monotherapie.
• Die Gabe von Glitazonen ist als Monotherapie sowie in Kombination mit
Metformin, oder bei Metformin-Unverträglichkeit in Kombination mit SH
zugelassen.
• Gabe bei Herzinsuffizienz (NYHA I-IV) und Kombination mit Insulin ist
kontraindiziert.
• Wegen möglicher Nebenwirkungen sind regelmäßige Kontrollen empfohlen.
Glinide
(Repaglinid,
Nateglinid)
Wirksamkeitsbelege zur Risikoreduktion klinischer Endpunkte liegen nicht
vor.
• Die Wirkung auf die Surrogatparameter Blut-Glukose und HbA1c ist ausreichend belegt. Der langfristige Einfluss auf Morbidität und Letalität ist
nicht untersucht.
• Wirkungen und Nebenwirkungen der Glinide sind denjenigen der SH ähnlich.
• Die Kombination von Repaglinid mit Gemfibrozil ist auf Grund des
Anstiegs des Repaglinid-Spiegels kontraindiziert.
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11:07 Uhr
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TYP 2
DIABETES
4.3 Insulintherapie
Grundlagen
Die Wahl der einzelnen Therapie-Schemata muss zwischen Arzt und Patienten vereinbart werden. Dabei
ist auf das gesetzte Therapieziel und die vermutete Compliance des Patienten Rücksicht zu nehmen.
Die Insulintherapie ist
Notwendig:
• Bei Nicht-Erreichen des individuellen Therapieziels bei gegebener Compliance nach Ausschöpfung
der Basistherapie und/oder der Therapie mit oralen Antidiabetika.
Bei älteren Diabetikern sollte die Insulintherapie in der niedrigsten wirksamen Dosierung begonnen werden. Die Dosis ist stufenweise bis zum Erreichen des individuellen Therapieziels zu steigern (bzw. bis
zum Therapieabbruch infolge des Auftretens unerwünschter Wirkungen). Nächtliche Hypoglykämien sind
unbedingt zu vermeiden.
Zwingend:
•
•
•
•
•
bei Ketonurie (außer Hungerazetonurie),
bei fortschreitenden diabetesspezifischen Komplikationen,
perioperativ (in Abhängigkeit von der Art des Eingriffs),
bei schwangeren Diabetikerinnen (falls Normoglykämie durch Basistherapie nicht erreicht wird),
bei akutem Myokardinfarkt und in der frühen Post-Infarkt-Phase (regelmäßige Blut-Glukosekontrollen!)
Voraussetzungen
• Ernährungsberatung/Schulung mit Beginn der Insulintherapie
• Unterweisung zur Blut-Glukoseselbstmessung vor Beginn der Insulintherapie
Strategien
• Kombinationstherapie:
Basalinsulin vor dem Schlafengehen unter Beibehaltung oraler Antidiabetika (sog. „Bedtime-Insulin“)
• Konventionelle Insulintherapie:
Fixe Vorgabe der täglichen Insulindosis (z.B.: 2 x täglich Mischinsulin) und der Nahrungsaufnahme
(z.B.: 14 Broteinheiten [BE] verteilt auf 5 Portionen)
• Konventionell-intensivierte Insulintherapie
• Prandiale Insulintherapie:
mit rasch wirksamen Insulinen zu den Hauptmahlzeiten
• Basis-Bolus-Therapie (= funktionelle Insulin-Therapie)
ist zu erwägen, um einen flexibleren Lebensstil mit wechselnden Aktivitäten zu erlauben bzw. wenn
die Therapieziele mit anderen Maßnahmen nicht zu erreichen sind.
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TYP 2
DIABETES
Wirksamkeitsbewertung von Insulinen und Insulinanaloga
Humaninsuline
(rasch wirksam:
Normalinsuline;
verzögert/lang
wirksam: NPH- und
Zk-Insuline;
Mischinsuline: fixe
Kombination von Normal- und NPH-Insulin)
Klinische Studien zeigen, dass durch Verbesserung der mittleren HbA1cWerte bei einer intensivierten Insulintherapie das Risiko mikrovaskulärer
Komplikationen (Retinopathie, Nephropathie, Neuropathie) vermindert
werden kann.
• Die häufigsten Nebenwirkungen sind Hypoglykämien und Gewichtszunahme.
Insulinanaloga
(rasch wirksam: Insulin
Lispro, Insulin Aspart;
verzögert/lang
wirksam: Insulin
Glargin; Detemir;
Analoga-Mischpräparate: fixe Kombination
von rasch wirksamen
Analoga mit NPHInsulin)
Insulin-Analoga unterscheiden sich chemisch von Insulin und sind neue,
pharmakologisch wirksame Polypeptide, bei denen eine erhöhte mitogene
Wirkung nicht sicher ausgeschlossen werden kann.
• Wirksamkeitsbelege zur Risikoreduktion klinischer Endpunkte liegen nicht
vor.
• Rasch wirksame Insulinanaloga können unmittelbar vor und nach Nahrungsaufnahme injiziert werden.
• Für Insulin Glargin wird ein etwas geringeres Hypoglykämie-Risiko
beschrieben.
• Therapie mit Insulinanaloga ist in der Schwangerschaft derzeit kontraindiziert!
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TYP 2
DIABETES
5. BEGLEITERKRANKUNGEN UND
KOMPLIKATIONEN
5.1 Untersuchungen
Makro- und
mikrovaskuläres
Gesamtrisiko
Typ-2-Diabetiker haben besonders bei Hypertonie, Dyslipoproteinämie
und/oder Manifestation kardialer, zerebrovaskulärer, vaskulärer, renaler
und/oder retinaler Erkrankungen ein deutlich erhöhtes Morbiditäts-und Letalitätsrisiko. Es ist deshalb mindestens 1-mal jährlich (bei pathologischen
Befunden häufiger) auf das vaskuläre Risiko zu untersuchen (genaue
Anamnese, klinische Untersuchung, Gefäßstatus, Lipide, Mikroalbuminurie). Bei entsprechender Symptomatik sind ergänzende Befunde notwendig.
Nierenkomplikationen
Bei allen Diabetikern soll bei Erstdiagnose und dann 1-mal jährlich die UrinAlbumin-Ausscheidung und das Serumkreatinin gemessen werden; bei
pathologischen Werten zur Therapiekontrolle häufiger.
Augenkomplikationen
Bei allen Diabetikern muss bei Erstdiagnose sowie dann 1-mal jährlich eine
systematische fachärztliche Untersuchung auf Augenkomplikationen erfolgen.
Bei mäßiger nicht-proliferativer Retinopathie sollen die Kontrollen alle 6
Monate, bei schwerer nicht-proliferativer sowie bei proliferativer Retinopathie und bei diabetischem Maculaödem alle 3 Monate erfolgen. Eine gesicherte medikamentöse Therapie existiert nicht.
Neuropathie
Alle Diabetiker müssen mindestens 1-mal jährlich auf das Vorliegen einer
Neuropathie klinisch untersucht werden (Stimmgabel, Temperatursinn, Monofilament).
Diabetisches
Fußsyndrom
Bei allen Diabetikern müssen 1-mal jährlich, bei hohem Risiko auch öfter,
beide Füße inspiziert und auf Folgeschäden und Komplikationen untersucht
werden.
Depression
Auf die Häufung von Depressionen bei Typ 2 Diabetikern ist zu achten. Das
Nichtbeachten depressiver Symptome erschwert die Zielerreichung.
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TYP 2
DIABETES
5.2 Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Diabetes
Die kardiovaskuläre Morbidität und Letalität von Diabetikern ist 2 bis 6 Mal höher als die der allgemeinen Bevölkerung. Herzinfarkte mit tödlichem Ausgang sind bei Diabetikern häufiger als in der allgemeinen Bevölkerung. Dabei manifestiert sich der Herzinfarkt bei Diabetikern häufig als schmerzloser
(stummer) Infarkt. Eine Primärprävention ist möglich.
Risikofaktoren
Prävention
Rauchen
Eine Raucherentwöhnung ist einzuleiten.
Konsequente
Blutdruck-Senkung
• Lebensstil-Maßnahmen und Arzneimitteltherapie.
• An erster Stelle steht die Blutdrucksenkung auf Wert < 130/80 mm/Hg
unabhängig von der Substanzgruppe: Als First-line-Therapie werden insbesondere β-Blocker, Diuretika, ACE-Hemmer und evtl. Kalzium-Kanal-Blocker empfohlen.
• Nach Myokardinfarkt ist β-Blockern, bei Nephropathie ACE-Hemmern der
Vorrang zu geben.
Blut-GlukoseSenkung
Bei übergewichtigen Personen und fehlenden Kontraindikationen: Metformin
als orales Antidiabetikum der ersten Wahl erwägen.
Lipidsenkung
Bei Typ 2 Diabetikern sind nicht-medikamentöse und ggf. medikamentöse
Maßnahmen zur Lipidsenkung erforderlich.
• Erhöhte LDL-Werte sollten mit Statinen behandelt werden (Zielwert: < 100
mg/dl).
• Bei niedrigem HDL-Cholesterin mit und ohne Triglyzeriderhöhung sind
Fibrate wie z.B. Fenofibrat sinnvoll. Insbesondere bei übergewichtigen Diabetikern mit erniedrigten HDL-C haben Studien diese Substanzen als
besonders günstig ausgewiesen.
• Eine generelle Empfehlung für eine medikamentöse Behandlung von Diabetikern mit Lipidsenkern ist aufgrund der derzeitigen Datenlage nicht
möglich.
• Eine Kombinationstherapie kann bei gemischten Hyperlipidämien ins Auge
gefasst werden. Die Kombination von Statinen und Fibraten wie Fenofibrat, Bezafibrat und insbesondere Gemfibrozil erhöht das Risiko einer
Myositis beträchtlich.
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bei Nephropathie: ACE-Hemmer
Blutdrucksenkende
Therapie
Beta-Blocker
Diuretika
ACE-Hemmer[1]
evtl. Kalzium-KanalBlocker
Blut-Glukosesenkende
Therapie
[1]
Blutdruck
> 130/80 mmHG
Statine
LDL-Cholesterol
> Zielbereich
(s. Seite 10)
Fibrate erwägen
Triglyzeride
> Zielbereich
(s. Seite 10)
• Antiaggregatorische
Therapie
• Acetylsalicylsäure
(ASS)
11:07 Uhr
HbA1c nach
3 Monaten ≥ 7.0 %
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Hyperlipidämie
Ernährungsberatung, Bewegungstherapie, Schulung, Raucherentwöhnung
Nicht-medikamentöse Dauertherapie
Standard-Therapie des Typ 2 Diabetes
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TYP 2
DIABETES
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TYP 2
DIABETES
5.3 Diabetische Nephropathie
Beeinflussbare Risikofaktoren
Vorsorgeuntersuchungen
•
•
•
•
•
•
Bei allen Diabetikern sollten zum Zeitpunkt der Diabetesmanifestation sowie danach regelmäßig in jährlichen Abständen
Urin-Albumin-Konzentration sowie Serumkreatinin bestimmt
werden. Die Bestimmung der Albuminurie sollte aus dem ersten Morgenharn erfolgen. Ein pathologisches Ergebnis sollte
ohne Verzögerung durch eine weitere Analyse überprüft werden.
Hypertonie
Rauchen
Hyperglykämie
Mikroalbuminurie
erhöhte Eiweißzufuhr
hohe Kochsalzzufuhr
Behandlung der diabetischen Nephropathie
• Bei allen Diabetikern sollte eine Blutdruckeinstellung < 130/< 80 mmHg angestrebt werden.
• Zur adäquaten Blutdrucksenkung ist meist eine Kombinationstherapie notwendig; bei Patienten mit
Mikroalbuminurie ACE-Hemmer erwägen.
• Bei diabetischer Nephropathie sollte eine Therapie mit niedrig dosierter Azetylsalizylsäure (100 mg)
eingeleitet werden.
• Die konsiliarische Mitbetreuung durch den Nephrologen sollte erfolgen bei:
– Blutdruck-Werten > 140/90 mmHg trotz therapeutischer Intervention des Diabetologen oder Hausarztes;
– persistierender Proteinurie > 0,3 g/Tag mit Hypertonie (klinisch manifeste Nephropathie);
– Erhöhung des Kreatininwertes (ab 1,5–2,0 mg/dl).
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11:07 Uhr
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TYP 2
DIABETES
5.4 Diabetische Neuropathie und Diabetisches Fußsyndrom
1. Für alle Formen und
Stadien gilt:
• Optimierung der Diabeteseinstellung
• Blutdrucknormalisierung
• Patientenschulung
• Änderungen der Lebensgewohnheiten (z.B. Alkoholverzicht)
• Prophylaxe von Fußschäden (Fußpflege)
• Orthopädie-technische Versorgung, insbesondere bei knöchernen Fußdeformitäten
2. Schmerzhafte Neuropathie
• Schwächer wirksam (in Anfangsstadien):
Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) oder Opioide
(Tramadol) +/– Muskelrelaxans
• Stärker wirksam:
Trizyklische Antidepresiva (TCA) oder Gabapentin oder
andere Antikonvulsiva +/– Muskelrelaxans
3. Diabetisches Fußsyndrom
• Druckentlastung
• Lokale Versorgung der Wunde
• Antibiotika bei klinischen Zeichen der Infektion
• Wiederherstellung der Durchblutung bei PVK (Angioplastie, Bypass-Operation)
• Orthopädie-technische Versorgung, insbesondere bei knöchernen Fußdeformitäten
• Intensive Fußpflege zur Prophylaxe neuer Fußläsionen
• Aufnahme in eine Diabetes-Fußambulanz bei fehlender
Heilung oder bei schwerwiegenden Infektionen
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11:07 Uhr
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TYP 2
DIABETES
6. PATIENTENINFORMATION
Diese Patienteninformation ist in den österreichischen Apotheken erhältlich.
Diabetes? So schmeckt’s trotzdem!
„Essen und trinken hält Leib und Seele zusammen“, lautet ein bekanntes Sprichwort. Das gilt natürlich auch
für DiabetikerInnen.
Falsche Ess- und Trinkgewohnheiten sind aber oft Ursache von Übergewicht und Diabetes mellitus. – Gesunde
und abwechslungsreiche Ernährung stellen somit einen der wichtigsten Grundpfeiler der Diabetes-Behandlung dar, denn der Körper braucht zum täglichen Leben Energie für die Aufrechterhaltung der Lebensfunktionen, die aus unterschiedlichen Lebensmittelgruppen zugeführt wird.
Die Ernährungspyramide zeigt auf einen Blick, worauf es ankommt: Getreide und Getreideprodukte bilden
die Basis. Reichlich Gemüse und Salate sind die tägliche Ergänzung. Sie liefern Ballaststoffe und bringen
im wahrsten Sinn des Wortes Farbe in ihren Ernährungsplan. Das gilt auch für Obst, das auf dem täglichen Speisezettel nicht fehlen sollte. Bei Milch und Milchprodukten, Fleisch, Wurst und Fett sollte Qualität
vor Quantität gehen, der Fettgehalt möglichst niedrig gewählt werden. Öle und Süßigkeiten – die Spitze
der Ernährungspyramide – sollten nur äußerst sparsam genossen werden.
Tipps für die Praxis:
•
•
•
•
Schneiden Sie die Brotscheibe dicker und sparen Sie mit dem Belag!
Keine Angst vor Kartoffeln! Nicht sie, sondern ihre „Zugaben“, also meist Fett oder Saucen, machen dick!
Fünf Mal pro Tag Obst, Gemüse und Salat sind eine energiearme Bereicherung des täglichen Speiseplans!
Bei sehr süßen Obstsorten wie z.B. Weintrauben, Bananen oder Zwetschken sollten Sie nur kleine Portionen zu sich nehmen.
• Zucker und Süßigkeiten sollten Sie nur in kleinen Mengen genießen!
• Alkohol: das „Gläschen in Ehren“ trockenen Weins oder Sekt sei Ihnen nicht verwehrt.
• Durstalarm? – Trinken Sie 11⁄2 bis 2 Liter Flüssigkeit pro Tag! Empfehlenswert sind Leitungs- oder Mineralwasser, ungezuckerte Früchte- oder Kräutertees bzw. „Light-Getränke“.
Wenn mit Broteinheiten (BE) gerechnet werden muss…
Broteinheiten (BE) benötigen nur insulinpflichtige DiabetikerInnen, wenn eine Abstimmung der Kohlehydratmenge mit der Insulindosis sinnvoll ist. Die BE ist eine Schätzgröße, die darüber Auskunft gibt, in welcher Lebensmittelmenge jeweils 10 bis 12 Gramm Kohlenhydrate verpackt sind. 1 BE entspricht z.B. 20 g
Weißbrot oder 25 g Mischbrot, oder 100 g Apfel oder 250 g Joghurt. Für Typ 2-DiabetikerInnen mit Übergewicht, d.h. für mehr als 80 Prozent der Betroffenen, sind sie jedoch nicht nötig. Die Menge an BE ist
vom Energiebedarf abhängig.
Das „süße Leben“
• Vermeiden Sie Zucker, verwenden Sie auch zum Kochen künstliche Süßstoffe! Diese enthalten weder Kalorien noch BE’s!
• Zuckeraustauschstoffe, z.B. Fruchtzucker, „Diabetiker-Zucker“ haben keine wesentlichen Vorteile gegenüber Haushaltszucker. Sie müssen jedenfalls in BE berechnet werden.
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5.5 Fagerström-Nikotinabhängigkeits-Test
Fragen
Bewertung
Wann nach dem Aufstehen rauchen Sie Ihre erste Zigarette?
• innerhalb von 5 Minuten
• 6–30 Minuten
• 31–60 Minuten
• nach 60 Minuten
3
2
1
0
Finden Sie es schwierig, an Orten, wo das Rauchen verboten ist (z.B. Kirche,
Bücherei, Kino, usw.), das Rauchen zu lassen?
• ja
• nein
1
0
Auf welche Zigarette würden Sie nicht verzichten wollen?
• die erste am Morgen
• andere
1
0
Wie viele Zigaretten rauchen Sie im Allgemeinen pro Tag?
• bis 10
• 11–20
• 21–30
• 31 und mehr
0
1
2
3
Rauchen Sie am Morgen im Allgemeinen mehr als am Rest des Tages?
• ja
• nein
1
0
Kommt es vor, dass Sie rauchen, wenn Sie krank sind und tagsüber im Bett
bleiben müssen?
• ja
• nein
1
0
Gesamtpunkte:
0–2
3–4
5
6–7
8–10
Auswertung:
sehr geringe (keine) Abhängigkeit
geringe Abhängigkeit
mittlere Abhängigkeit
starke Abhängigkeit
sehr starke Abhängigkeit
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