Nachweis wellenmechanischer Streuechos in offenen

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Nachweis wellenmechanischer Streuechos
in offenen Mikrowellenbillards
Thomas Friedrich
Diplomarbeit
Institut für Kernphysik
Technische Universität Darmstadt
Juni 2003
”
Denn ein Haifisch ist kein Haifisch,
wenn man’s nicht beweisen kann!“
Berthold Brecht
Zusammenfassung
In dieser Arbeit wird der experimentelle Nachweis der Existenz von Echos in den
asymptotischen Bereichen quanten- bzw. wellenchaotischer Streusysteme mit einem stabilen Bereich im Phasenraum beschrieben. Diese Quantenstreuechos wurden theoretisch bereits gefunden und deren Eigenschaften vorhergesagt. Experimentell wurden sie im Rahmen dieser Arbeit in einem normal- und supraleitenden
offenen Mikrowellenbillard entdeckt, welches als Analogsystem zum entsprechenden Quantenbillard diente. Die gemessenen Daten stimmen gut mit der Theorie
überein. Die Billarddynamik wurde weiterhin durch Näherungen modelliert, wodurch sie auf die Dynamik eines Teilchens in einem eindimensionalen Doppelwallpotential zurückgeführt werden konnte. Dieses Modell erlaubt weitere theoretische
Vorhersagen, die eine genauere Interpretation der gemessenen Daten zulassen.
Auch hier finden sich Übereinstimmungen zwischen Experiment und Theorie.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1
2 Theorie
3
2.1
2.2
2.3
Billards als Modelle für chaotische Systeme . . . . . . . . . . . . .
3
2.1.1
Geschlossene Billards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
2.1.2
Offene Billards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
Mikrowellenbillards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
2.2.1
Hard- und Soft-Wall-Billards . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
2.2.2
Das offene Billard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
Echos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
2.3.1
Phasenraum und klassische Echos . . . . . . . . . . . . . .
9
2.3.2
Hufeisenabbildung und inverses Streuproblem . . . . . . .
10
2.3.3
Quantenstreuechos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14
3 Simulationen und Modellrechnungen
16
3.1
Klassische Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
3.2
Quantenmechanisches Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
3.2.1
Approximative Separation der Helmholtzgleichung . . . . .
24
3.2.2
Qualitative Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
4 Experimenteller Aufbau und Messungen
4.1
4.2
4.3
36
Aufbau des offenen Billards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
4.1.1
Dimensionierung und Antennen . . . . . . . . . . . . . . .
36
4.1.2
Konstruktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
Messmethode am supra- und normalleitenden Billard . . . . . . .
42
4.2.1
Aufbau der Messeinrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
4.2.2
Absorbermaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
Transmissionsspektren und Interpretation
. . . . . . . . . . . . .
47
4.3.1
Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
4.3.2
Resonanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
5 Auswertung und Ergebnisse
54
i
5.1
5.2
Bestimmung der Verteilung von Verweildauern . . . . . . . . . . .
54
5.1.1
Verweildauern und Impulsantwort . . . . . . . . . . . . . .
54
5.1.2
Verarbeitung der Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
Nachweis der Quantenstreuechos . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
5.2.1
Signalform im Zeitbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
5.2.2
Identifikation der Wellenechos . . . . . . . . . . . . . . . .
62
5.2.3
Zerfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
6 Schlussbemerkungen und Ausblick
70
Literaturverzeichnis
72
Danksagung
78
ii
1
Einleitung
Das Konzept des Potentialtopfes findet breite Anwendung in der gesamten Physik.
Während klassische Bewegungsgleichungen oder quantenmechanische Wellengleichungen von Teilchen in einfachen Potentialen wie dem harmonischen Oszillator
noch lösbar sind, existieren im Allgemeinen keine analytischen Lösungen. Dies
liegt oft daran, dass es nicht hinreichend viele Konstanten der Bewegung gibt,
und die Dynamik des Systems zwar deterministisch, aber chaotisch ist. Aus der
Natur sind viele solche chaotischen Systeme bekannt. Oft handelt es sich bei ihnen
um wechselwirkende n-Körper Systeme wie Atomkerne. Ein anderes grundlegendes Konzept der Physik ist Dissipation. Nahezu alle in der Natur vorkommenden
Systeme wie z.B. Streusysteme sind offen, d.h. betreiben Austausch einer physikalischen Größe mit ihrer Umgebung. Dissipative chaotische Systeme sind in
der klassischen Mechanik wie auch der Quantenphysik Gegenstand aktueller Forschung [1, 2, 3, 4].
Einfache Modelle für chaotische Systeme sind Billards. Obwohl sie im Vergleich zu
realen Systemen oft starke Idealisierungen darstellen, konnten damit eine Vielzahl
an chaotischen Effekten untersucht werden. Während in der klassischen Mechanik Billards meist als Modelle für numerische Rechnungen verwendet werden, gibt
es zur Untersuchung von Quantenchaos Experimente mit Strukturen auf kleinen
Skalen sowie Experimente mit Mikrowellenresonatoren. Mikrowellen folgen in diesen bei gewissen Einschränkungen der selben Dynamik wie quantenmechanische
Wellen im Quantenbillard. Somit kann man durch Analogexperimente Facetten
von Quantenchaos untersuchen [5, 6]. Auf Grund der technischen Voraussetzungen am supraleitenden Darmstädter Elektronenlinearbeschleuniger S-DALINAC
konnten am Institut für Kernphysik in Darmstadt Messungen an supraleitenden
Mikrowellenbillards realisiert werden [7, 8].
In der vorliegenden Arbeit werden Untersuchungen an einem ebenfalls supraleitenden wellenchaotischen Billardsystem mit zwei Öffnungen beschrieben. Solche
Systeme können auch als Streusysteme angesehen werden. Im Inneren des betrachteten Billards existieren metastabile Zustände, und nach einem einmaligen
Streuprozess sollten nach Vorhersagen von Mejı́a et. al. [9] Quantenstreuechos
in den asymptotischen Bereichen nachzuweisen sein. Diese konnten über eine
Fouriertransformation von Transmissionsspektren aus supra- und normalleitenden Messungen entdeckt und identifiziert werden. Durch ein theoretisches Modell
wurde ein tieferes Verständnis des Streuprozesses, der den Echos zu Grunde liegt,
erreicht. Mit diesem Modell wurden Rechnungen zur charakteristischen Zeit zwischen zwei Echos und zum Zerfallsverhalten des Resonators durchgeführt, die in
guter Übereinstimmung mit dem Experiment stehen.
Im folgenden zweiten Kapitel dieser Arbeit wird erläutert, warum Quantenbillards
als Modelle für Quantenchaos dienen können und elektromagnetische Resonato1
ren unter bestimmten Bedingungen gerade deren Eigenschaften annehmen. Das
betrachtete System wird vorgestellt und die Eigenschaften seines Phasenraumes
werden diskutiert. Mit den Ergebnissen einer klassischen Ray-Tracing Simulation beschäftigt sich das dritte Kapitel. Aus dieser Simulation werden klassische
Streuechos berechnet und deren Eigenschaften diskutiert. Weiterhin wird gezeigt,
dass man mit einem Billard unter bestimmten Bedingungen auch die Dynamik
in einem Soft-Wall-Billard mit nicht verschwindendem Potential in seinem Inneren untersuchen kann. Darauf basierend werden Modellrechnungen durchgeführt,
die, wie die klassische Simulation, zu Aussagen über das Zerfallsverhalten und die
Abstände zwischen benachbarten Echomaxima führen. Sie sind damit direkt mit
experimentellen Daten vergleichbar. Die Konzeption und der Aufbau des Billards
sowie der Aufbau des Experiments werden im vierten Kapitel beschrieben. Die
Messungen werden vorgestellt und im Rahmen der im dritten Kapitel entwickelten
theoretischen Modellvorstellung interpretiert. Im fünften Kapitel ist beschrieben,
wie aus Spektren im Frequenzbereich Signale im Zeitbereich berechnet werden.
Es wird gezeigt, dass das Auftreten von Resonanzen in den Spektren eine notwendige Bedingung für die Existenz deutlicher Echos in den Zeitsignalen ist. Mit
mehreren Begründungen wird belegt, dass die Quantenstreuechos experimentell
gefunden worden sind. Die erhaltenen Daten werden schließlich mit den Ergebnissen aus den Modellrechnungen verglichen und diskutiert.
2
2
2.1
Theorie
Billards als Modelle für chaotische Systeme
Im physikalischen Sinne bezeichnet der Begriff Billard ein berandetes zusammenhängendes Gebiet, in dem sich ein Teilchen reibungslos bewegen kann und
auf dessen Rand das Potential nicht verschwindet [10, 11]. Ist das Billard einfach
zusammenhängend, d.h. das Gebiet besitzt keine Löcher“, so existiert nur ein
”
Rand; hiervon wird im Folgenden ausgegangen. Man unterscheidet Hard-WallBillards, bei denen nur auf dem Rand ein unendlich hohes Potential existiert, und
Soft-Wall-Billards, bei denen das Potential auch im Inneren von Null verschieden
ist und zum Rand hin wächst, wo es ein Maximum erreicht. Billards sind Modellsysteme für reale Bewegungen klassischer oder quantenmechanischer Teilchen in
Potentialtöpfen; demnach wird zwischen klassischen Billards und Quantenbillards
unterschieden.
Während sich bei klassischen Billards, in denen Teilchen elastisch an den Wänden
reflektiert werden, die Chaotizität in der exponentiellen Divergenz der Phasenraumtrajektorien äußert, kommt sie bei quantenmechanischen (allgemeiner: wellenmechanischen) Billards, in denen auf Grund der Unschärferelation Ort und
Impuls nicht gleichzeitig exakt definiert sein können, durch bestimmte generische
Eigenschaften der Energieeigenwerte und der zugehörigen Wellenfunktionen des
Hamiltonoperators des Systems zum Ausdruck. So folgen beispielsweise die Abstandsverteilungen der Energieeigenwerte chaotischer zeitumkehrinvarianter Systeme fast immer einer GOE-Statistik und im regulären Fall Poissonscher Statistik [12, 13]; die Ortskorrelationsfunktion der Wellenfunktion zeigt im chaotischen
Fall generische Eigenschaften und im regulären Fall nicht [14, 15]; und klassische
reguläre Bahnen mit einer festen Impuls- bzw. Drehimpulskomponente, sog. neutralstabile Bahnen bzw. Whispering-Gallery-Modes (Flüstergalleriebahnen), werden im semiklassischen Grenzfall in Systemen mit klassisch gemischter Dynamik
sowohl als Maxima in der Fouriertransformation des Frequenzspektrums, dem sog.
Längenspektrum [16], als auch als räumliche Lokalisierungen der Wellenfunktion
sichtbar. In diesem Sinne ist der Begriff Quantenchaos als das wellenmechanische
Analogon zum klassischen Chaos zu verstehen. Absichtlich wird hier der Begriff
wellenmechanisch“ verwendet, da die o.g. Signaturen von Chaos sich nicht nur
”
auf die Quantenwelt beziehen, sondern allgemeiner Wellennatur sind; oft findet
daher auch der Ausdruck Wellenchaos“ Verwendung. Generische Eigenschaften
”
quantenchaotischer Systeme wie Atomkerne sollten also auch in quantenchaotischen Billards präsent sein [17, 18].
3
2.1.1
Geschlossene Billards
Bei geschlossenen Billards mit unendlich hohen Potentialwänden kann im klassischen Fall ein Teilchen aus dem Inneren nicht entweichen. Bei regulärer Dynamik
existieren im Phasenraum des Systems nur stabile und neutralstabile periodische
Trajektorien. Im chaotischen Fall gibt es nur instabile periodische Bahnen, und
es findet in der Regel eine ergodische Überdeckung des Phasenraums statt: es
entsteht das sog. Chaosmeer. Bei gemischten Systemen teilt sich der klassische
Phasenraum in getrennte reguläre und chaotische Bereiche auf, und jede Trajektorie ist auf einen Bereich beschränkt [19, 20].
Es wird vermutet [12], dass ein quantenmechanisches geschlossenes System chaotisch bzw. regulär ist, sofern das klassische Äquivalent chaotisch bzw. regulär ist.
Zeigt es gemischte Dynamik, kann im quantenmechanischen System im Gegensatz zum klassischen ein Tunneln“ von Wellenpaketen zwischen regulären und
”
chaotischen Bereichen beobachtet werden. Dieser Vorgang wird als Dynamisches
”
Tunneln“ [10, 21, 22] bezeichnet. Durch ein großes Chaosmeer zwischen getrennten
regulären Bereichen wird darüber hinaus der Tunnelprozess durch den chaotischen
Bereich unterstützt; man spricht in diesem Fall von Chaos-assisted Tunneling“
”
[21, 23].
Durch die Abgeschlossenheit des Systems auf einem Gebiet Ω ergeben sich gebundene Zustände, deren Ortswellenfunktionen ψ (~r) mit ~r ∈ Ω der Wellengleichung
und bestimmten Randbedingungen gehorchen: es bilden sich stehende Wellen aus.
Bei quantenmechanischen Hard-Wall-Billards entspricht die Wellengleichung gerade der zeitunabhängigen Schrödingergleichung für das freie Teilchen mit Dirichletschen Randbedingungen
³
´
∆ + k 2 ψ(~r) = 0,
ψ(~r)|∂Ω = 0 .
(2.1)
Hierbei ist k der Impulseigenwert des betrachteten Teilchens in Einheiten der
Planckschen Konstanten ~ und ∂Ω der Rand des Billards. Die Beziehung
EQM =
~2 k 2
(2.2)
2m
liefert den Zusammenhang der Wellenzahl k mit der Energie EQM des Teilchens,
wobei m die Teilchenmasse bezeichnet.
Die Eigenwerte und -funktionen von Gl. (2.1) für beliebig geformte Billards zu
finden, ist analytisch nur in Ausnahmen möglich und daher eine numerische Herausforderung. Mehrere Methoden wurden hierzu entwickelt, die alle in der Diagonalisierung oder der Polstellensuche einer Matrix hoher Dimension resultieren
(eine Übersicht findet sich in [24]). Weiterhin stellen diese Methoden bestimmte
Anforderungen an die Geometrie der zu quantisierenden Billards wie beispielsweise Konvexität oder Sternförmigkeit [25, 26, 27]. Semiklassische Quantisierungsmethoden basieren auf der Näherung der quantenmechanischen Greenschen Funktion
4
des Systems, was im Wesentlichen durch eine Summation über klassische Teilchenbahnen geschieht [10, 28]. Jedoch werden dabei z.B. Signaturen von Beugungsbahnen [29, 30] nicht erfasst. Aus dieser Sichtweise gewinnt die Untersuchung des
mathematischen Billardproblems auf experimenteller Ebene eine wichtige Bedeutung, denn Simulationen mit hoher Genauigkeit wurden für beliebige Geometrien
bisher nicht entwickelt.
Geschlossene Billardsysteme sind Idealisierungen und kommen in der Natur nicht
vor; für zeitlich stabile Systeme mit gebundenen Zuständen in einer hohen Potentialmulde stellen sie jedoch ein gutes Modell dar. Sie eignen sich wegen der
langen Verweildauer der Teilchen im Wechselwirkungsbereich sehr gut dazu, um
die Eigenschaften von chaotischen Bahnen bzw. Wellenfunktionen zu untersuchen.
2.1.2
Offene Billards
Offene Billards sind, im Gegensatz zu geschlossenen, über Öffnungen im Rand
oder durch quantenmechanisches Tunneln (z.B. bei Soft-Wall-Billards) an die Außenwelt, oder allgemeiner an andere physikalische Systeme gekoppelt. Offene Billards stellen in diesem Sinne Idealisierungen offener Systeme dar; Beispiele hierfür
sind zerfallsfähige Atomkerne bzw. Bewegung von Teilchen in einem effektiven
Potential, Erdbebenwellen in weichen Erdschichten, Wellenleiter oder Gravitationsbillards wie etwa ein springender Ball auf einer Oberfläche. Im Allgemeinen
entstehen im quantenmechanischen Fall laufende Wellen.
Typischerweise wird an offenen Billards beobachtet, wie lange sich Teilchen im
Inneren aufhalten bzw. wie schnell die Wellenfunktionen oder ihre Korrelationsfunktionen in der Zeit zerfallen; auch hier finden sich prinzipiell Unterschiede
zwischen quantenmechanischen und klassischen chaotischen oder regulären Systemen [31, 32, 33, 34, 35, 36, 37].
2.2
Mikrowellenbillards
In der Natur vorkommende wellenchaotische Systeme sind im Experiment meist
schwer zugänglich, da die zu untersuchenden Effekte auf sehr kleinen oder großen
Skalen stattfinden. Die größten realisierten Quantensysteme sind heute QuantumDots mit einer Ausdehnung im Mikrometerbereich (in [38] wird ein Überblick
über die Entwicklung auf diesem Gebiet gegeben). Auf Grund einer Äquivalenz
der Helmholtzgleichung der Elektrodynamik mit der zeitunabhängigen Schrödingergleichung (2.1) in zwei Dimensionen ist es jedoch möglich, Quantenchaos in
handlichen Resonatoren mit Mikrowellen zu beobachten [39].
5
2.2.1
Hard- und Soft-Wall-Billards
Aus den ladungsfreien Maxwellgleichungen für das Vakuum ergeben sich die vektoriellen Helmholtzgleichungen
³
´
~ k (~r)|∂Ω = 0
E
(2.3)
´
~ ⊥ (~r)|∂Ω = 0
B
(2.4)
~ r) = 0,
∆ + k 2 E(~
~ r) und
für das elektrische Feld E(~
³
~ r) = 0,
∆ + k 2 B(~
~ r) sowie eine Kopplungsgleichung
für die magnetische Feldstärke B(~
~ r) = i c ∇ × B(~
~ r) ,
E(~
k
(2.5)
welche die Eindeutigkeit der Lösungen gewährleistet. Dabei ist mit c die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum bezeichnet. Im Vergleich mit (2.1) fällt auf, dass hier
die Wellenfelder Vektorfelder sind. Eine volle Äquivalenz der beiden Gleichungen
(2.1) und (2.3) kann jedoch durch zylindrische Resonatoren, d.h. Resonatoren mit
parallelen Böden und Deckeln in der xy-Ebene und dazu senkrechten Wänden entlang der z-Richtung, erreicht werden. Ist die Resonatorhöhe d kleiner als c/2f ,
wobei c die Vakuumlichtgeschwindigkeit und f die Frequenz bezeichnen, können
sich bei einer festen Frequenz in z-Richtung keine TE- oder TM-Moden außer
~
der ersten TM0 -Mode ausbilden [40]. Dabei steht das E-Feld
senkrecht auf Boden
und Deckel, die Feldstärke ist von z unabhängig und der Wellenvektor ~k liegt
senkrecht dazu in der xy-Ebene. Aus den vektoriellen Gleichungen wird somit die
skalare Helmholtzgleichung
³
´
∆ + k 2 E(~r) = 0,
E(~r)|∂Ω = 0 .
(2.6)
Die Dispersionsbeziehung für elektromagnetische Wellen lautet im Gegensatz zu
Gl. (2.2)
EEM = ~ω = ~ck ,
(2.7)
wobei die Dielektrizitätszahl ² und die magnetische Permeabilität µ als 1 vorausgesetzt wird, was für Luft eine gute Näherung und für Vakuum exakt ist.
Diese Analogie erlaubt es, Eigenschaften quantenmechanischer Hard-WallBillards in zwei Dimensionen mit Mikrowellenresonatoren zu untersuchen; dabei
gilt die Entsprechung
2mEQM
.
(2.8)
k 2 ←→
2
~
Für Soft-Wall-Billards existiert keine solche Analogie. In Näherung kann jedoch
eine erreicht werden, wenn in einem Hard-Wall-Billard der Abstand nahezu paralleler Ränder langsam (adiabatisch) mit dem Ort variiert. Durch einen geschickten
6
Separationsansatz, der einer Elimination einer adiabatischen Variablen entspricht
[41], ergibt sich aus der Helmholtzgleichung eine Beziehung, die zur Schrödingergleichung mit Potentialterm eines Teilchens äquivalent ist. Dieses Verfahren wird
in Abschnitt 3.2 genauer betrachtet und bei Modellrechnungen angewendet.
2.2.2
Das offene Billard
Das in dieser Arbeit experimentell untersuchte System ist ein zweidimensionales
Billard mit zwei offenen Enden. Es wird von einer Gaußkurve
¶
µ
α 2
(2.9)
fu (x) = λ exp − 2 x
λ
und einer nach unten geöffneten Parabel
γ
fl (x) = λ β − 2 x2
λ
µ
¶
(2.10)
berandet (siehe Abb. 2.1). Dabei ist x eine Ortskoordinate, λ ein Skalierungsfaktor
mit der Dimension der Länge, und die dimensionslosen Parameter α, β und γ
wurden zu 0.161, 0.2 und 0.1 gewählt. Die Indices u und l stehen für upper“ bzw.
”
lower“. Beide Berandungen sind bis zu einem bestimmten x-Wert ausgedehnt,
”
an welchem sich die Billardöffnungen befinden.
Im Folgenden werden einige Eigenschaften dieser Geometrie als klassisches Billard
für Teilchen sowie als quantenmechanisches Billard für Wellen oder Wellenpakete diskutiert. Bei den gewählten Parametern zeigt der Phasenraum des Billards
bestimmte Eigenschaften, durch welche die Form der zu beobachtenden Echos
(siehe Abschnitt 2.3.1) definiert ist. Das Billard ist symmetrisch um x = 0, und
es enthält eine stabile und zwei instabile periodische fundamentale Bahnen klassischer Teilchen. Mit der o.g. Parameterwahl sind im inneren Bereich des Billards
(zwischen den beiden instabilen Bahnen) die Krümmungen der Randkurven etwa
gleich. Außerdem kann durch eine geeignete Wahl der Positionen der Teilchenquellen und -senken bzw. Wellensender und -empfänger direkte Transmission durch
das Billard verhindert werden. Die Breite des Billardkanales, der in etwa dem
Abstand der beiden berandenden Kurven fu (x) und fl (x) entspricht, ist im Inneren etwa konstant, minimal an den Orten der beiden instabilen Bahnen und
wächst nach außen hin schnell an. Das Billard wird im Folgenden als offenes
”
Billard“ bezeichnet. In den Gleichungen (2.9) und (2.10) wurde für das Mikrowellenexperiment im Hinblick auf den verfügbaren Frequenzbereich (vgl. Kap. 4)
λ = 5 cm gewählt. Im Folgenden wird nur diese Skalierung benutzt. Zu Positionsangaben innerhalb des Billards dient außerdem das in den Gleichungen (2.9) und
(2.10) benutzte Koordinatensystem. Abbildung 2.1 zeigt die Form des Billards
maßstabsgetreu. Eingezeichnet sind auch die drei periodischen Bahnen sowie die
Orte der Antennen bzw. Teilchenquellen und -senken; ihre Positionen werden in
Kap. 4 begründet.
7
Abb. 2.1: Die maßstabsgetreue Skizze des Billards zeigt die obere Berandung f u und
die untere Berandung fl . Das Billard ist symmetrisch und besitzt eine stabile Bahn bei x =0 (durchgezogene Linie) sowie zwei instabile Bahnen an den
engsten Stellen des zweidimensionalen Wellenleiters (gestrichelte Strecken).
Die Kreuze entsprechen den für das Experiment bzw. die Simulation gewählten Orten der Antennen bzw. Teilchenquellen und -senken. In dieser Arbeit
wird das Billard als offenes Billard“ bezeichnet.
”
Das offene Billard kann einerseits als zweidimensionaler Teilchenkanal oder Wellenleiter und andererseits als Streuzentrum angesehen werden: Ein vom äußeren
Bereich in das Billard eintretendes Teilchen oder Wellenpaket erfährt zunächst eine Verengung des Billards bis zur ersten instabilen Bahn. Dort tritt eine erhöhte
Reflexionswahrscheinlichkeit auf. Im inneren Bereich weitet sich das Billard bis
zur Symmetrieachse auf und verengt sich wieder zur zweiten instabilen Bahn hin,
wo erneut eine erhöhte Reflexionswahrscheinlichkeit besteht. Im Inneren können
stabile und langlebige Zustände existieren, da Teilchen bzw. Wellenpakete an den
instabilen Bahnen reflektiert werden. Ist jedoch die zweite instabile Bahn überwunden, entfernt sich das Teilchen oder Wellenpaket vom inneren Bereich und
kehrt nicht mehr zurück. Der innere Bereich ist somit das Zentrum eines Streuprozesses: die Wechselwirkung eines Teilchens oder Wellenpaketes mit dem Billard
wird um so geringer, je weiter es in den asymptotischen Bereich hinein vordringt.
2.3
Echos
Wird im klassischen Fall zeitgleich von einem Punkt im äußeren Bereich des Billards ein Ensemble von Teilchen unter verschiedenen Anfangsbedingungen, d.h.
Emissionsrichtungen, in das Innere des Billards entsendet, so können die Teil8
chen, die die erste instabile Bahn überwinden, im Inneren gefangen bleiben und
zwischen den Orten der instabilen Bahnen hin- und herreflektiert werden. Bei
jedem Kontakt des Ensembles mit einer instabilen Bahn wird jedoch ein Teil der
Teilchen ausgekoppelt. Die Transmission in die asymptotischen Bereiche geschieht
daher pulsweise - es entstehen Echos. Im quantenmechanischen Fall wird ein kurzer Wellenpuls auf das Streuzentrum gesendet. Ein Teil des Pulses passiert den
Engpass der instabilen Bahn. Dieser propagiert nun weiter im Inneren, während
der an der Bahn reflektierte Teil das Billard verlässt. Bei jeder Reflexion an den
instabilen Bahnen des im inneren Bereich angekommenen Anteiles des Pulses, bei
jedem Vorzeichenwechsel seiner Impulskomponente entlang der Berandung also,
wird ein Wahrscheinlichkeitsstrompuls aus dem inneren Bereich des Billards ausgekoppelt, und es entstehen so auch im quantenmechanischen Fall Streuechos in
den asymptotischen Bereichen - die Quantenstreuechos.
Die Existenz dieser Echos und deren Eigenschaften wurden von C.R. Mejı́a Monasterio in [42] vorhergesagt; die Ergebnisse dieser Arbeit sind in [9] veröffentlicht. Zum Verständnis der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Experimente
werden im Folgenden einige Grundlagen quantenchaotischer Streuung sowie die
wichtigsten Ergebnisse aus [42, 9, 43, 44] zusammengestellt.
2.3.1
Phasenraum und klassische Echos
Im Phasenraum bzw. im Poincaréschnitt eines klassischen Systems korrespondieren stabile und instabile periodische Teilchenbahnen zu elliptischen und hyperbolischen Mannigfaltigkeiten bzw. Punkten [10, 45]. Ein Poincaréschnitt von
Systemen, die sowohl stabile als auch instabile periodische Bahnen besitzen, zeigt
daher, wie der gesamte Phasenraum, gemischte Dynamik und besteht aus stabilen Inseln um die elliptischen Punkte herum, die von einer chaotischen Hülle
(engl.: chaotic layer“ [43]) umgeben sind. In dieser Hülle können kleinere sta”
bile Inseln, sog. KAM-Inseln existieren, welche zu einer fraktalen Struktur der
chaotischen und regulären Gebiete im Phasenraum führen [45]. Hierdurch wird
die Bewegung in der chaotischen Hülle ähnlich wie bei einem Diffusionsprozess
sehr langsam, und die exponentielle Divergenz benachbarter Bahnen ist erst auf
großen Zeitskalen erkennbar.
Benachbarte Trajektorien im Phasenraum, die auf einen hyperbolischen Punkt zulaufen, entwickeln sich in empfindlicher Abhängigkeit ihrer Anfangsbedingungen
in verschiedene Richtungen weiter, nachdem sie an diesem Punkt vorbeigelaufen
sind. In diesem Sinne sind hyperbolische Punkte Streuzentren im Phasenraum.
Bei Systemen mit stabilen und instabilen Bahnen handelt es sich um Streusysteme
mit quasigebundenen Zuständen, denn im Poincaréschnitt kann ein Teilchen in
der chaotischen Hülle eine stabilen Insel mehrfach umrunden, bevor es schließlich
zu einem hyperbolischen Punkt propagiert, wo es nach außen gestreut wird.
9
Abbildung 2.2 zeigt einen Poincaréschnitt des Phasenraums des offenen Billards.
Jeder Punkt dieses Schnittes entspricht einer Reflexion eines Teilchens an der
unteren Berandung des Billards. Die horizontale Achse ist mit einer Längenparametrisierung l der unteren Berandung skaliert. Die zugehörige Koordinate gibt
somit eine Auskunft über den Ort der Reflexion. Auf der vertikalen Achse ist
der Sinus des gegenüber der Normalen zur Berandung gemessenen Einfallswinkels φ des reflektierten Teilchens abgetragen. Die zugehörige Koordinate stellt ein
Maß für die Geschwindigkeitskomponente des Teilchens entlang der Berandung
dar, denn sin φ ist bei auf 1 normiertem Gesamtimpuls gerade die Impulskomponente des Teilchens parallel zur Berandung am Reflexionspunkt, und somit die
kanonisch zu l konjugierte Variable (sog. Birkhoff-Koordinaten, vgl. Abbildung
2.2).
In der Abbildung sind klar die stabile Insel, die chaotische Hülle sowie der zur
stabilen periodischen Bahn korrespondierende Fixpunkt bei l = 0 und sin φ = 0
zu erkennen. Die Echos entstehen, wenn ein Ensemble von Teilchen mit geeigneten, leicht verschiedenen Anfangsbedingungen, also eine in den regulären Bereichen langsam auseinander diffundierende Teilchenwolke im Phasenraum, aus
dem äußeren Bereich des Systems entsendet wird. Einige der Teilchen werden direkt in den näherliegenden der beiden asymptotischen Bereiche ausgekoppelt. Der
Rest beginnt, die stabile Insel zu umrunden, wobei jeweils an den hyperbolischen
Punkten ein Teil in den zugehörigen asymptotischen Bereich gestreut wird. In den
beiden asymptotischen Bereichen gewinnt und verliert daher der Teilchenstrom
weg vom Streuzentrum periodisch an Intensität: dieses sind die klassischen Echos.
Weiterhin ist in der Abbildung zu erkennen, dass sich einige Kurven in einem
Punkt schneiden. Dies ist möglich, weil es sich bei dem Poincaréschnitt nur um
einen zweidimensionalen Schnitt durch den dreidimensionalen Phasenraum handelt (dreidimensional, da auf Grund der Energieerhaltung der Betrag einer Impulskomponente durch den Betrag der anderen bestimmt ist). Teilchen entwickeln
sich in diesem Schnitt außerdem nicht entlang der Kurven, sondern durchstoßen
ihn bei diskreten Punkten ihrer Trajektorien im Phasenraum. Die mittlere Zeit
τ zwischen zwei aufeinanderfolgende Durchstoßungen ist die sog. Rückkehrzeit
(recurrence time).
2.3.2
Hufeisenabbildung und inverses Streuproblem
Bei Streuproblemen wird im Allgemeinen in Experimenten oder Simulationen eine
sog. Streufunktion, in diesem Fall die Verweildauer im Billard, in Abhängigkeit
von den Anfangsbedingungen bestimmt [43]. Aus der obigen Interpretation der
Echos im Phasenraum ergibt sich, dass die Partikelzahl eines Teilchenensembles,
das die stabile Insel umrundet, mit der Zeit abnimmt. Theoretisch kann jedoch
gezeigt werden [45], dass es eine Menge von Punkten in der chaotischen Hülle gibt,
10
Abb. 2.2: Jede Reflexion auf der unteren Berandung fl des Billards trägt einen Punkt
zu diesem Poincaréschnitt des klassischen Phasenraumes bei. Aufgetragen
ist dabei die Impulskomponente entlang der Berandung relativ zum Gesamtimpuls (siehe Detailzeichnung zur Definition des Reflexionswinkels φ
an einem beliebigen Randsegment) gegen die Bogenlänge von dieser Berandung. Der Schnitt enthält eine stabile Insel und eine sich anschmiegende
chaotische Hülle. Der elliptische Punkt liegt im Zentrum der Insel und korrespondiert zur stabilen periodischen Bahn; die zwei hyperbolischen Punkte
sind nicht erkennbar. Echos entstehen klassisch, indem ein die Insel umrundendes Teilchenensemble zweimal bei jedem Umlauf an den hyperbolischen
Punkten Teilchen verliert. Das eingezeichnete Rechteck ist in Abb. 2.3 vergrößert dargestellt. In ihm liegt ein hyperbolischer Punkt, an dem über
Reflexion oder Transmission entschieden wird.
bei denen die Teilchen unendlich lange Zeit im Billard gebunden sind. Die Verweildauer entlang solcher Teilchenbahnen ist also unendlich, obwohl sie außerhalb
der stabilen Insel liegen. Diese Punktmenge im Phasenraum wird als chaotischer
Sattel oder, da die Zeitentwicklung im Phasenraum einer Selbstabbildung dieser Menge entspricht, als invariante Menge bezeichnet. Sie hat die topologische
Struktur einer Cantormenge [46] und damit ein Phasenraumvolumen (LiouvilleMaß) von Null. Somit können, wie oben schon festgestellt, die entsprechenden
Teilchenbahnen in realen Experimenten nicht nachgewiesen werden. Dennoch hat
11
die invariante Menge eine wichtige Bedeutung für den Streuprozess: Abbildung
2.3 zeigt eine Vergrößerung des Rechtecks in Abb. 2.2. Es ist erkennbar, dass die
chaotische Hülle eine Grenzkurve beinhaltet, die in der Nähe des markierten hyperbolischen Fixpunktes starke Oszillationen im Poincaréschnitt zeigt. Diese sind
um so schneller“ und besitzen eine um so größere Amplitude“, je näher sie ihm
”
”
stehen. Man bezeichnet die Struktur als auslaufende Komponente des homoclinic tangle ( homoklines Gewirr“); es sei darauf hingewiesen, dass der deutsche
”
Begriff nur selten Verwendung findet. Die einlaufende Komponente des tangle
entspricht der auslaufenden in Zeitumkehr, d.h. der, die man unter Vertauschung
von instabiler und stabiler Richtung des hyperbolischen Punktes erhält, und ist
demnach nicht in den Abbildungen zu sehen. Die Menge der Schnittpunkte beider
Komponenten des homoclinic tangle ist gerade die invariante Menge. Ein tangle
tritt immer dann auf, wenn im Poincaréschnitt ein hyperbolischer Punkt und eine
stabile Insel koexistieren. Bei Systemen mit mindestens einer instabilen und einer
stabilen periodischen Bahn ist dies der Fall.
Die oben angesprochene Selbstabbildung auf der Menge ist eine chaotische Abbildung, die die selbe Struktur besitzt wie die Smalesche Hufeisenabbildung [47].
Diese bildet die Elemente der invarianten Menge aufeinander ab. Der Name Huf”
eisenabbildung“ leitet sich aus der Abbildungsvorschrift ab, bei der ein Rechteck
im Poincaréschnitt auf eine hufeisenförmige Fläche abgebildet wird. Es sei angemerkt, dass das homokline Gewirr auch oft als Hufeisen“ oder Hufeisenstruktur“
”
”
bezeichnet wird. In der Nähe des tangle verweilen Teilchen sehr lange im Billard,
bevor sie in den asymptotischen Bereich gestreut werden. Da die sog. gebundene
”
Dynamik“, also die Dynamik von Teilchen mit Anfangsbedingungen der invarianten Menge, chaotisch ist, ist auch die Dynamik von Bahnen in der Nähe des
tangle chaotisch. Somit sind es vornehmlich die genauen Eigenschaften der Bahnen und damit der Hufeisenstruktur, die für die Eigenschaften des chaotischen
Streuprozesses und der Streufunktion verantwortlich sind [43].
Die genauen Eigenschaften der Hufeisenabbildung hängen von der Anzahl der
Fixpunkte im Phasenraum ab. Bei N Fixpunkten ergibt sich ein Hufeisen N -ter
Stufe und im Falle des offenen Billards ein sog. ternäres (N =3) Hufeisen. Ein
weiteres Kriterium zur Klassifizierung der Struktur einer Hufeisenabbildung ist
der sog. Entwicklungsparameter β, welcher Werte zwischen 0 und 1 annimmt und
ein Maß dafür ist, in wie weit sich die Oszillationen des der ein- und auslaufenden
Komponente des tangle im Poincaréschnitt überlappen. Bei vollständiger Überlappung spricht man von einem vollständigen, sonst von einem unvollständigen
Hufeisen.
Der Entwicklungsparameter erlaubt es, Eigenschaften von der Streufunktion mit
Eigenschaften der Hufeisenabbildung in Beziehung zu setzen. Diese sind typischerweise hierarchische Eigenschaften von Strukturen in der Streufunktion wie
beispielsweise eine fraktale Dimension, oder auch die Zeit zwischen zwei Maxima
12
Abb. 2.3: Vergrößerter Bereich des Phasenraumes um einen der hyperbolischen Punkte
(markiert). Die Auswucherungen, das sog. homoclinic tangle, sind ein typisches Zeichen für chaotische Streuung. Die invariante Menge, d.h. die Menge
der Anfangsbedingungen, von denen aus Teilchen das Billard nie verlassen,
liegt auf dem tangle, und ihre Punkte werden durch eine Abbildung aufeinander abgebildet, die strukturell der Hufeisenabbildung von Smale entspricht. Die Eigenschaften der Streufunktion hängen somit stark von den
Eigenschaften des tangle ab. Der Entwicklungsparameter β der Hufeisenabbildung ist ein Maß für die Breite und Länge der Auswucherungen in dieser
Abbildung. Ist er bekannt, können globale Eigenschaften der Streufunktion
bestimmt werden, so auch die Dauer zwischen zwei Echomaxima. Umgekehrt können aus der Streufunktion der Entwicklungsparameter und somit
Aussagen über das Streuzentrum erhalten werden. Somit stellt die Analyse
von Streuechos einen Beitrag zum Verständnis des inversen Streuproblems
dar.
der Streuechos, die im weiteren Verlauf der Arbeit auch als Periode der Echos
bezeichnet wird. Für diese wird in [44] für ternäre Hufeisen die Beziehung
THuf eisen
3
= τ −2 log 3 β +
2
µ
¶
(2.11)
angegeben, wobei THuf eisen die Periodendauer und τ die Rückkehrzeit des Poincaréschnitts ist. Der Klammerterm in (2.11) ist dann die Anzahl der Reflexionen
13
an einer Berandungskurve zwischen zwei Echomaxima.
Der Entwicklungsparameter eines einem Streusystem zu Grunde liegenden Hufeisens bestimmt somit die Periodenlänge von Streuechos. Natürlich gilt auch der
Umkehrschluss: Aus Daten, die im asymptotischen Bereich, also außerhalb des
Streuzentrums, erhalten werden, können der Entwicklungsparameter des Hufeisens und damit strukturelle Eigenschaften des Streuzentrums berechnet werden.
Der Zusammenhang (2.11) stellt somit einen Beitrag zum Verständnis des inversen Streuproblems dar.
Die Daten für die Abbildungen 2.2 und 2.3 wurden mit den in Abschnitt 3.1
beschriebenen Methoden der klassischen Simulation gewonnen. Die Daten gestreuter Teilchen wurden dabei mit einer der instabilen Bahn nahen Position der
Teilchenquelle (vgl. Abb. 2.1) gewonnen. Da klassische Teilchen im regulären bzw.
chaotischen Teil des Phasenraumes diesen nie verlassen, musste für die Daten der
stabilen Insel eine weitere Simulationsrechnung mit einer Position der Teilchenquelle im inneren Bereich des Billards durchgeführt werden.
Der Entwicklungsparameter wurde für das offene Billard mit den in Abschnitt
2.2.2 angegebenen Parametern unabhängig vom Skalierungsfaktor λ zu β = 3−8
bestimmt [48]. Die Rückkehrzeit als mittlere Zeit zwischen zwei Reflexionen
an einer Berandung entspricht im Mittel der Größenordnung der doppelten
Bahnlänge der periodischen Bahnen. Zwar befinden sich die meisten Teilstrecken
zwischen zwei Reflexionen mit den Wänden in der Nähe der instabilen Bahnen
(vgl. Abb. 3.1), jedoch treten bei der Propagation durch die Mitte des Billards
auch Teilstrecken auf, die länger als die stabile Bahn sind, was die obige Aussage rechtfertigt. Die stabile Bahn hat eine Länge von 4 cm, und somit wird
τ = 2 · 4 cm/c = 0.267 ns angenommen. Es ergibt sich somit eine Abschätzung für
den Abstand zweier Echomaxima von THuf eisen = 4.67 ns. Es sei noch erwähnt,
dass bei der Ableitung von Gl. (2.11) eine Näherung gemacht wird, wodurch ein
Fehler in der Größenordnung von τ /2, also ∆THuf eisen = 0.14 ns, zugelassen werden muss.
2.3.3
Quantenstreuechos
Im Vergleich mit der chaotischen Streudynamik im klassischen Fall zeigt der
quantenmechanische Streuprozess zwei weitere wesentliche Eigenschaften: Zum
einen kann ein Wellenpaket zerfließen, und zum anderen kann ein Wahrscheinlichkeitsstrom zwischen regulären und chaotischen Bereichen im korrespondierenden klassischen Phasenraum fließen. Letzteres ist klassisch nicht erlaubt und wird
in Analogie zum quantenmechanischen Tunnelprozess als dynamisches Tunneln“
”
bezeichnet. In Abschnitt 3.2 dieser Arbeit wird am Beispiel des offenen Billards
gezeigt, dass diese beiden Tunnelprozesse eine physikalische Äquivalenz besitzen
(vgl. auch [22]). Der Beitrag zum inversen Streuproblem bedeutet bei quanten14
mechanischen Streuprozessen, dass aus den asymptotischen Daten des quantenmechanischen Systems der Entwicklungsparameter des Hufeisens und aus diesem
wiederum einige Eigenschaften eines klassischen Streusystems berechnet werden
können.
Am Anfang eines quantenmechanischen Streuprozesses werden Echos beobachtet,
die von der Streuung eines Wellenpaketes herrühren, das im klassischen Phasenraum in der chaotischen Hülle lokalisiert ist. Zu späteren Zeiten entstehen die
Echos auf Grund des dynamischen Tunnelns mitunter aus Wellenpaketen, die in
die stabile Insel hinein getunnelt sind und von denen ein wieder heraus getunnelter Anteil gestreut wird. Da jedoch die Umrundungszeit der stabilen Insel in der
chaotischen Hülle, die gerade der klassischen Echoperiode entspricht, nahezu der
Periodendauer von gebundenen Zuständen im äußeren Bereich der stabilen Insel
gleicht, bleiben die Aussagen zum inversen Streuproblem auch für spätere Zeiten
gültig. Eine genauere Analyse der Periodendauern der Zustände in der stabilen
Insel zeigt, dass sie um so kürzer sind, je tiefer die Zustände in der Insel liegen.
Die zum elliptischen Punkt korrespondierende stabile Bahn besitzt die kürzeste
Periodendauer. Es ist daher zu erwarten, dass die Quanten-Streuechos eine mit
der Zeit abnehmende Periode besitzen; eine quantitative Analyse erfolgt in Kap.
3.2.
15
3
3.1
Simulationen und Modellrechnungen
Klassische Simulation
Zur Visualisierung des Streuprozesses durch die Billardgeometrie und des Ursprungs der Echos wurde eine Rechnersimulation für klassische Teilchenbahnen
entwickelt. Die Ergebnisse wurden dazu benutzt, einen Poincaréschnitt des Phasenraumes des Billards zu erstellen, die Streufunktion, also die Verweildauer eines
Teilchens im Billard in Abhängigkeit seiner Anfangsbedingungen sowie die Verteilung der Verweildauern für ein Ensemble von Teilchen und somit ein Profil der
klassischen Echos zu bestimmen.
Zu dieser Simulation wurde ein Programm entwickelt, das für ein Teilchen mit einem vorgegebenen Ort und einer vorgegebenen Richtung als Anfangsbedingungen
seine Bahn im Billard und die zur Verweildauer proportionale Bahnlänge bis zum
Verlassen des Billards berechnet. In dieser Routine wird mit dem Newtonschen
Iterationsverfahren zur Nullstellenbestimmung ausgehend von den Anfangsbedingungen der Schnittpunkt der Teilchenbahn mit dem Billardrand und nach dem
Reflexionsgesetz die neue Propagationsrichtung berechnet. Diese und der Ort der
Reflexion stellen die neuen Anfangsbedingungen dar, und die Prozedur wird von
neuem durchlaufen. In jedem Schritt wird überprüft, ob das Teilchen entlang seiner Bahn das Billard verlässt. Eine Teilchenbahn wird als stabil angenommen,
falls das Teilchen nach 5000 Reflexionen das Billard noch immer nicht verlassen
hat. Es wurde überprüft, dass die Berechnungen der Schnittpunkte mit den Berandungen für 5000 Reflexionen mit hinreichender Genauigkeit ausgeführt wurden.
Die Bahnlänge ist die Summe aller Teilstrecken und wird sukzessiv mitberechnet;
sie bekommt ein negatives Vorzeichen, falls das Teilchen auf der Seite das Billard
verlässt, auf der es entsendet wurde.
Mit dieser Routine wurden Teilchenbahnen und Bahnlängen für ein ganzes Ensemble von Teilchen mit vorgegebenen Anfangsbedingungen berechnet. Die Teilchenzahl wurde bei den durchgeführten Simulationen zu 106 festgelegt, wofür sich
die CPU-Zeit auf einem DEC Dual-Alpha Rechner (533 MHz, 512 MB Ram, DEC
OSF 4.x-Betriebssystem) auf etwa 42 Stunden belief.
Aus den Bahndaten wurden Poincaréschnitte von Reflexionen an der oberen bzw.
unteren Berandung (vgl. Abb. 2.3.1) berechnet. Weiterhin wurden daraus die Bilder in Abb. 3.1 gewonnen, in denen der Weg von Teilchen im Billard dargestellt
ist. In Abb. 3.1a ist die Bahn eines Teilchens zu sehen, welches unter einem Winkel
von 275◦ zur x-Achse (vgl. Abb. 2.1) emittiert wurde. Das Teilchen verlässt das
Billard schon nach wenigen Reflexionen am Rand. Der Fall, bei dem ein Teilchen
auf der Seite das Billard verlässt, auf der es eingekoppelt wurde, wird als Reflexion bezeichnet. Demgegenüber zeigt Abb. 3.1b einen Transmissionsfall: Das
links eingekoppelte Teilchen mit einem Emissionswinkel von 300.4◦ gegenüber
16
Abb. 3.1: Bahnen im Billard: Teilbild (a) zeigt einen Reflexionsfall, d.h. das Teilchen
verlässt auf der Seite das Billard, auf der es eingekoppelt wurde. In (b) ist
demgegenüber eine Transmission dargestellt. Teilbild (c) zeigt, dass auch
Reflexionen an den Orten der instabilen Bahnen möglich sind, womit das
Teilchen eine gewisse Zeit im Billard verweilt. Durch mehrfache Reflexionen
wie in (d) bleibt ein Teilchen noch länger gefangen. Es sei angemerkt, dass
sich dabei der Emissionswinkel nur gering von dem in (c) unterscheidet. Der
angegebene Winkel α ist jeweils der Einschusswinkel des Teilchen bezüglich
der x-Achse. Die angegebene Zeit ist die Verweildauer im Billard und wird
bei einem Reflexionsfall mit negativem Vorzeichen angegeben.
der x-Achse wechselwirkt mit dem inneren Bereich des Billards und verlässt es
schließlich auf der rechten Seite. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Dichte der
Bahnen in der Nähe der instabilen periodischen Bahnen zunimmt. Es kann auch
eine Reflexion an diesen Bahnen stattfinden, wie es Abb. 3.1c zeigt: Bei einer
Reflexion an einer instabilen Bahn wechselt die Impuls- oder Richtungskomponente entlang der Berandung ihr Vorzeichen. Das Teilchen, welches unter einem
Winkel von 300.4853◦ entsendet wurde, propagiert nach dieser Reflexion an der
rechten instabilen Bahn nach links und verlässt nach Passieren der linken instabilen Bahn das Billard; auch hier liegt also ein Reflexionsfall vor. Diese Reflexionen
an instabilen Bahnen geschehen nur in einem kleinen Winkelintervall. Bei einem
nur leicht verschiedenen Emissionswinkel von 300.4856◦ zeigt die Teilchenbahn in
Abb. 3.1d, dass auch mehrere, im Bild zwei, Reflexionen an instabilen Bahnen geschehen können. Im Mittel gibt es zwischen diesen Reflexionen an den instabilen
Bahnen immer die selbe Anzahl an Reflexionen mit den Wandungen, und damit
verstreicht im Mittel etwa die selbe Zeit. Daher beobachtet ein Detektor, der in
einem der asymptotischen Bereiche sitzt, dass von einem Teilchenensemble mit
Anfangsbedingungen in dem geeigneten Winkelintervall in festen Zeitabständen
favorisiert Teilchen ausgekoppelt werden - es werden Echos beobachtet. Es sei
an dieser Stelle ein Hinweis darauf gegeben, dass der Ausdruck Reflexion“ hier
”
in drei verschiedenen Zusammenhängen benutzt wird: Reflexion an dem Rand,
17
Reflexion an einer instabilen Bahn und Reflexion als Resultat des Streuprozesses
durch das offene Billard, bei dem das Teilchen auf der Seite das Billard verlässt,
auf der es eingekoppelt wurde.
Die Streufunktion, also die Verweildauer in Abhängigkeit des Emissionswinkels
des Teilchens bei einer vorgegebenen Position der Teilchenquelle, ist in Abb. 3.2
gezeigt. In einem großen Winkelintervall von etwa 100◦ bis etwa 300◦ in mathematisch negativer Richtung werden Teilchen durch das Billard transmittiert, und in
einem weiteren von etwa 100◦ bis etwa 300◦ in mathematisch positiver Richtung
findet Reflexion statt. In sehr schmalen Winkelintervallen bei den Übergängen
zwischen Reflexion und Transmission gibt es Teilchen, die sehr lange Verweildauern im Billard besitzen. Tabelle 3.1 beinhaltet eine Zusammenstellung der
verschiedenen Bereiche und der zugehörigen Intervalle.
Abb. 3.2: Die Streufunktion des Billards ist eine Auftragung der Verweildauer von
Teilchen im Billard in Abhängigkeit seiner Anfangsbedingungen. Für diese
Grafik wurde eine feste Position der Teilchenquelle gewählt und der Emissionswinkel variiert. Negative Zeiten bedeuten, dass das Teilchen reflektiert
wird, d.h. auf der Seite das Billard verlässt, auf der es eingekoppelt wurde. Es
sind zwei große Bereiche zu erkennen, in denen ausschließlich Transmission
bzw. Reflexion geschieht. In sehr kleinen Winkelintervallen zwischen diesen
treten beide Fälle auf, und es stellt sich heraus, dass unter diesen Winkeln
Teilchen chaotisch gestreut werden und zu Echos beitragen können.
18
Tabelle 3.1: Gegenüber der x-Achse gemessenen Winkelintervalle mit jeweiliger Streudynamik für eine Position der Teilchenquelle nahe der instabilen Bahn
(vgl. Abb. 2.1 und Tab. 4.1). In den Bereichen mit chaotischer Streuung
hat die Streufunktion fraktale Struktur, und es gibt Bahnen, auf denen
Teilchen sehr lange im Billard verweilen, bevor sie es verlassen.
Bereich
Intervall / ◦
Transmission
[300.65;98.6]
[98.6;99.6]
Chaotische Streuung
Reflexion
[99.6;300.0]
Chaotische Streuung [300.0;300.65]
Abb. 3.3: In der Vergrößerung eines der kleinen Intervalle der Streufunktion ist klar
eine Struktur mit Mustern zu erkennen. Die Funktion zeigt Symmetrien
und es finden sich Selbstähnlichkeiten in diesen. Es ist bekannt [43], dass
Streufunktionen von Systemen mit einem Hufeisen eine fraktale Struktur
besitzen.
Abbildung 3.3 zeigt eine Vergrößerung des schmalen Intervalls bei etwa 300◦ . Die
Streufunktion nimmt hier eine fraktale Struktur an, und es wird sowohl Transmission als auch Reflexion beobachtet. Die fraktale Struktur weist darauf hin,
19
dass in diesen Intervallen bei beliebig nahen Anfangsbedingungen beliebig große
Unterschiede in der Streufunktion auftreten, d.h. in diesen Bereichen findet chaotische Streuung statt. In der Abbildung ist auch eine Regelmäßigkeit des Musters
zu erkennen, z.B. in der Größe der Lücken zwischen den großen Gruppen von
Teilchen mit langen Verweildauern. Außerdem sind diese großen Gruppen zu sich
spiegelsymmetrisch und es liegt eine Selbstähnlichkeit vor, wie besonders schön
in Abb. 3.4 zu sehen ist, in der eine der großen Gruppen nochmals vergrößert
dargestellt ist. Es ist bekannt [43], dass Streufunktionen von Systemen mit einem
Hufeisen im klassischen Phasenraum stets eine fraktale Struktur besitzen.
Abb. 3.4: Eine weitere Vergrößerung aus Abbildung 3.3 zeigt eine einzelne große
”
Gruppe“ von den fraktalen Mustern in der Streufunktion: Als Zeichen von
Selbstähnlichkeit werden bei weiterer Vergrößerung wiederum solche Gruppen sichtbar. Hier sowie in Abb. 3.3 sind bereits Signaturen der Echos erkennbar: Das gestreifte Muster deutet darauf hin, dass zu bestimmten, periodischen Zeiten besonders viele Teilchen das Billard verlassen.
In [43] wurde am Beispiel eines eindimensionalen Potentials mit periodischer
Zeitabhängigkeit ( kicked potential“) und ähnlichen Eigenschaften wie dem hier
”
betrachteten System die Statistik der Breiten der Lücken in der Streufunktion untersucht. Es wurde dabei eine zur Selbstähnlichkeit korrespondierende Hierarchie
identifiziert, und die daraus resultierenden Größen konnten mit dem Entwicklungsparameter des zugehörigen Hufeisens in Relation gesetzt werden.
20
In den Abbildungen sind bereits die Signaturen der klassischen Echos zu erkennen:
Die großen Gruppen haben ein regelmäßig gestreiftes“ Profil in dieser Darstel”
lung, was bedeutet, dass zu bestimmten Zeitpunkten mit ähnlichen Abständen
besonders viele Teilchen aus diesem Ensemble ausgekoppelt werden. Für die klassischen Echos sind lediglich die beiden kleinen Intervalle verantwortlich, in denen
chaotische Streuung stattfindet. Dies impliziert, dass bei isotroper Abstrahlung
nur ein sehr kleiner Bruchteil der Teilchen zu den Echos beitragen. In den Simulation wurden daher aus Gründen der Rechenzeit die Anfangsbedingungen gleichverteilt über eines dieser Intervalle gewählt. Um beim Mikrowellenexperiment die
Leistung der Echos in den gemessenen Signalen zu erhöhen, ist der Einsatz von
Antennen sinnvoll, welche Mikrowellenleistung vorwiegend in eine Richtung abstrahlen. Bei bevorzugter Abstrahlung in Winkelintervalle, auf denen chaotische
Streuung klassischer Teilchen stattfindet, sollten dann im Vergleich zu isotroper
Abstrahlung Echosignale höherer Leistung zu messen sein.
Abb. 3.5: Die Verteilung der Verweildauern von Teilchen im Billard zeigt Echos. Die
zeitlichen Abstände der Maxima entsprechen der Abschätzung aus der Hufeisenstruktur. Die Substruktur in den einzelnen Maxima lässt sich auf Unstetigkeiten in der Streufunktion zurückführen.
Aus den in Abb. 3.3 gezeigten Daten wurde die in Abb. 3.5 dargestellte Verteilung
der klassischen Verweildauern aller durch das Billard transmittierten Teilchen berechnet, indem die Teilchen entsprechend ihrer Verweildauer in Intervalle geeigne21
ter Breite einsortiert wurden. In der Verteilung sind die Echos zu erkennen. Der
Abstand zweier Echomaxima konnte hieraus als Mittelwert der Abstände mehrerer benachbarter Echomaxima zu TSimulation = (4.67 ± 0.62) ns bestimmt werden,
wobei als Fehler die Standardabweichung der Abstände angegeben ist. Die Simulation bestätigt somit die aus der Hufeisenstruktur abgeleitete Abschätzung für
diese Zeitspanne sehr präzise.
Es ist bekannt, dass klassische offene Systeme mit gemischter oder regulärer Dynamik nach hinreichend langer Zeit algebraisches Zerfallsverhalten Ṅ (t) ∝ t−γ
zeigen [31], wobei Ṅ (t) die Anzahl der ausgekoppelten Teilchen dN pro Zeitintervall dt angibt und der Zerfallsexponent γ typischerweise bei 1.5 liegt [34]. Abbildung 3.6 zeigt die klassischen Echos in doppelt logarithmischer Darstellung. Der
algebraische Abfall ist gut erkennbar und die Echos sind diesem Zerfallsverhalten
aufgesetzte Modulationen. Aus den Simulationen wurde γ = 1.7 bestimmt.
Abb. 3.6: In der logarithmischen Auftragung ist zu erkennen, dass die Echos ein algebraisches Zerfallsverhalten zeigen, wie es für klassische Systeme mit gemischter Dynamik erwartet wird. Der Zerfallsexponent von γ = 1.7 folgt
aus einer angepassten Geraden in der doppelt logarithmischen Auftragung
und liegt nahe beim theoretischen Wert von 1.5.
Mit der Simulation wurde weiterhin nach Unterschieden zwischen den Echos der
beiden Winkelintervalle, für die chaotische Streuung auftritt, gesucht. Beide Echoprofile überdecken sich, so dass auch bei isotroper Emission der Teilchen Echos
22
sichtbar sind. Dies ist im Hinblick auf das Mikrowellenexperiment von großer
Wichtigkeit, da dort eine Abstrahlung in eines der beiden Intervalle bestenfalls
abgeschwächt, nicht jedoch verhindert werden kann. Es wurde ebenso ein Vergleich
der Transmissionsechos und der Reflexionsechos durchgeführt. Wie erwartet befinden sich die Transmissionsmaxima genau zwischen den Reflexionsmaxima.
3.2
Quantenmechanisches Modell
Die Dynamik eines Teilchens in einem drei- bzw. zweidimensionalen Hard-WallBillard kann, wie in Kap. 2 angedeutet, durch einen geschickten Separationsansatz für die Helmholtzgleichung näherungsweise auf die Dynamik eines Teilchens
in einem zwei- bzw. eindimensionalen Soft-Wall-Potential zurückgeführt werden,
sofern zwei gegenüberliegende Berandungen nahezu parallel sind und nur langsam mit dem Ort variieren. Es bilden sich dann zwischen diesen Berandungen
stehende harmonische Wellen aus, und diese Dimension kann absepariert werden.
Die Näherung besteht in der Annahme, dass Wellenfelder von regulären Geometrien bei leichter Deformation ihre Struktur nicht wesentlich ändern. Bei einem
nur leicht verbogenen Rechteckbillard kann man, wie in Abb. 3.7 schematisch angedeutet, noch die Wellenform des regulären Systems erkennen. Für ein offenes
zweidimensionales System mit den o.g. Bedingungen bedeutet die Näherung, dass
in dem durch die beiden Berandungen definierten Kanal Lösungen der Wellengleichungen existieren wie in einem flachen Rechteck-Wellenleiter (vgl. Abb. 3.8),
d.h. es existieren laufende Wellen entlang der Ausbreitungsrichtung und es gibt
eine Quantisierungsbedingung für die dazu senkrecht stehende Richtung. Für die
erste der durch diese Quantisierung entstehenden Moden ist diese Lösung gerade
eine halbe harmonische Welle (d.h. eine geeignete Überlagerung aus einer Sinusund einer Cosinuswelle derart, dass die Randbedingungen erfüllt sind) senkrecht
zur Ausbreitungsrichtung, für die zweite Mode eine volle und für die n-te Mode
eine harmonische Funktion über n/2 Wellenlängen.
In diesem Abschnitt wird zunächst die Separationsmethode der Helmholtzgleichung am Beispiel des offenen Billards vorgestellt und damit aus seiner Geometrie ein eindimensionales Soft-Wall-Potential berechnet. Mit dieser Modellvorstellung, im Folgenden als Potentialmodell bezeichnet, werden dann Eigenschaften wie die Echoperiode oder das quantenmechanische Zerfallsverhalten im
Billard untersucht. Die Methode zur Separation der Helmholtzgleichung wurde
bereits in anderen Arbeiten ([41, 49]) zur Extraktion neutralstabiler Bahnen in
chaotischen Billards verwendet und gemäß ihrer Herkunft als adiabatische BornOppenheimer Methode bezeichnet. In [50] wurde sie zum Studium des zweidimensionalen Henon-Heiles-Potentials mit einem dreidimensionalen Mikrowellenresonator benutzt. In der vorliegenden Arbeit werden erstmals umgekehrt die Eigenschaften eines zweidimensionalen Hard-Wall-Billards mit Modellrechnungen
23
Abb. 3.7: Bei leichten Deformationen von Billards, bei denen die deformierten Wände
nahezu parallel bleiben, bleibt die Struktur der Eigenfunktionen erhalten.
Die (3x2)-Mode im Rechteckbillard im oberen Teil der Abbildung findet
sich auch im verbogenen Rechteck“ unten wieder. Demnach kann bei ur”
sprünglich regulärer Geometrie auch im deformierten Fall näherungsweise
eine Dimension absepariert werden.
am entsprechenden eindimensionalen Soft-Wall-Potential untersucht, was einen
späteren Vergleich von Theorie und Experiment ermöglicht.
3.2.1
Approximative Separation der Helmholtzgleichung
Die gestrichelte Kurve in Abb. 3.8 stellt die Kurve dar, entlang der sich Wellen
durch den Wellenkanal ausbreiten. Sie dient als Abszisse (u-Achse) eines krummlinigen Koordinatensystems und ist als die Kurve definiert, bei der für jeden Punkt
die beiden Strecken, die durch den Schnittpunkt der Kurve mit ihrer Normalen
in diesem Punkt und je einem Schnittpunkt dieser Normalen mit einer der beiden Randkurven gebildet werden, gleich lang sind. In diesem symmetrischen Fall
können senkrecht zu dieser Kurve, also entlang der Ordinate des Koordinaten24
Abb. 3.8: Transversale Feldverteilung im Billard für die erste und zweite Mode. Da der
Abstand der beiden Berandungen entlang der Ausbreitungsrichtung (gestrichelte Kurve) nur langsam variiert, kann man die zur Ausbreitungsrichtung
orthogonale Dimension näherungsweise abseparieren. Dies führt zu einer
Gleichung, die der Schrödingergleichung für ein Teilchen in einem eindimensionalen Doppelwallpotential äquivalent ist. Die gestrichelte Kurve hat die
Eigenschaft, dass auf ihr als Abszisse eines krummlinigen Koordinatensystems die transversalen Wellen gerade Sinus- oder Cosinusgestalt annehmen;
sie wurde durch ein Iterationsverfahren numerisch bestimmt.
systems (v-Achse), Sinus- oder Cosinuswellen konstruiert werden, die an beiden
Rändern auf Null abfallen. Die Kurve ist analytisch nicht berechenbar und wurde
ausgehend von einer benachbarten Ansatzkurve, dem arithmetischen Mittel der
Gleichungen (2.9) und (2.10), mit einem Iterationsverfahren numerisch bestimmt.
Da das so entstandene senkrechte Koordinatensystem lokal lediglich durch eine
Drehung und eine Verschiebung aus dem kartesischen System hervorgeht, nimmt
in ihm der Laplaceoperator näherungsweise die selbe Form ∆ = ∂uu + ∂vv wie in
kartesischen Koordinaten an.
Das Feld kann in diesen Koordinaten als
ψ(u, v) = ψ(u)
(
cos (kv (u)v)
sin (kv (u)v)
)
für
(
n ungerade
n gerade
)
(3.1)
geschrieben werden, wobei
kv (u) = nπ/d(u)
(3.2)
die Transversalkomponente des Wellenvektors mit dem Abstand d(u) der Berandungen entlang der v-Richtung ist. Gleichung 3.2 ist eine Quantisierungsbedingung, durch die transversale Moden mit Quantenzahl n definiert werden.
25
Die Gleichungen (3.1) und (3.2) ergeben unter Vernachlässigung der langsamen
u-Abhängigkeit von kv (u) in die Helmholtzgleichung (2.6) eingesetzt
(∂uu + k 2 − kv (u)2 )ψ(u) = 0 .
(3.3)
Im Vergleich mit der Schrödingergleichung eines Teilchens im eindimensionalen
Soft-Wall Potential
Ã
∂uu +
2mEQM
~2
−
2mVQM (u)
~2
!
ψ(u) = 0,
ψ(u)|∂Ω = 0
(3.4)
ergeben sich die Entsprechungen
2mEQM
k 2 ←→
und
Ã
nπ
d(u)
!2
(3.5)
~2
←→
2mVQM (u)
~2
.
(3.6)
Mit einem zweidimensionalen Hard-Wall-Billard kann so ein eindimensionales
Soft-Wall-Billard modelliert werden. Diese Methode beruht auf der Bedingung,
dass der Abstand der Ränder adiabatisch variiert, d.h. |∂u d(u)| ¿ 1. Ebenso ist
die Methode bei instabilen Bahnen, bei denen klassische Teilchenbahnen divergieren, nicht verlässlich - sie stellt eine Näherungsmethode dar, welche es in bestimmten Intervallen zulässt, qualitative Aussagen zu machen. Es sei weiterhin angemerkt, dass die Randbedingungen der vollständigen Helmholtzgleichung durch
die Separation zumindest teilweise konstruktionsbedingt miterfüllt werden. Da im
Experiment bei maximaler Messfrequenz fmax insbesondere nπ/d(u) < 2πfmax /c
sein muss, gibt es nur eine bestimmte Anzahl offener Moden. Bei der gewählten Geometrie und einer maximalen Frequenz fmax = 20 GHz sind vier Moden
n = 1...4 vollständig offen.
In Abb. 3.9 ist als Maß für das Potential VQM die Größe 1/d(u)2 aufgetragen, die
im Folgenden als skaliertes Potential V (u) bezeichnet wird. Damit gilt
V (u) =
Ã
kv (u)
nπ
!2
,
(3.7)
und analog sei eine skalierte Energie als
E=
Ã
k
nπ
!2
(3.8)
definiert. Der Betrag des Wellenvektors k bzw. dessen transversale Komponente
kv (u) korrespondieren also zur Energie bzw. zum Potential.
26
Abb. 3.9: Nach Abseparation der transversalen Moden bleibt ein eindimensionales
quantenmechanisches Streuproblem in diesem Doppelmuldenpotential zu
lösen. Um im elektromagnetischen Formalismus zu bleiben und trotzdem die
Analogie zur Quantenmechanik zu erhalten, wurden ein skaliertes Potential
und eine skalierte Energie in geeigneten Einheiten definiert. In der Mulde
können metastabile Zustände einer skalierten Energie E existieren. Teilchen
bzw. Wellenpakete im Inneren können auf Grund einer hohen Tunnelwahrscheinlichkeit zunächst einige Zeit im Inneren gefangen bleiben, bevor sie in
einen der asymptotischen Bereiche tunneln. Dies geschieht wiederum nur zu
Zeiten, bei denen die Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung den Potentialwall
berührt“, weshalb in diesen Bereichen nach einer einmaligen Entsendung
”
eines Wellenimpulses auf den Wall Echos zu erkennen sind.
Das Potential hat die Form eines Doppelwalls mit einer Mulde in der Mitte. Hiermit ergibt sich eine weitere Möglichkeit, Quantenstreuechos zu interpretieren: Die
Engpässe an den instabilen Bahnen stellen eindimensionale Potentialbarrieren für
Teilchen dar. Trifft ein Wellenpaket mit einer skalierten Energie E und schmaler
Energiebreite auf den Potentialwall, so kann es ihn für E > Vmax passieren, was
einer Transmission durch das Billard entspricht. Für E < Vmin ist die Tunnelwahrscheinlichkeit durch den Wall auf Grund der großen Breite faktisch 0, es gibt
keine Transmission. Für Vmin < E < Vmax kann schließlich ein Tunnelprozess in
die innere Mulde geschehen. Dort gibt es metastabile Zustände, die einem in die27
ser Mulde gefangenen und an den Wällen reflektierten Teilchen entsprechen. Bei
jeder Reflexion an den Wällen tunnelt wiederum ein Teil des Wellenpaketes nach
außen, und damit treten in den äußeren Bereichen des Billards für bestimmte Zeiten, die ganzzahlige Vielfache der typischen Reflexionszeiten sind, Maxima oder
Minima in der Wahrscheinlichkeitsstromdichte auf - die Quantenstreuechos. Das
erste Ergebnis des Potentialmodells ist, dass Echos nur in bestimmten Intervallen
der skalierten Energie und dazu korrespondierend in bestimmten Frequenzintervallen auftreten können. In Kap. 4 werden diese mit den experimentell ermittelten
Daten verglichen.
3.2.2
Qualitative Analyse
In diesem Abschnitt werden die Periodendauer der Echos T (E), die Tunnelwahrscheinlichkeit in die bzw. aus der inneren Potentialmulde p(E) und daraus die
integrierte Wahrscheinlichkeitsdichte I(E, t) in der Mulde zur Zeit t nach einer
Anfangsverteilung I(E, 0) in Abhängigkeit der skalierten Energie E bestimmt.
Diese Anfangsverteilung I(E, t) ist dabei von der Form des eingekoppelten Wellenpaketes abhängig. Aus I(E, t) wird dann die skalierte Energie E(t) am spektralen
Intensitätsmaximum des Tunnelstroms nach außen j(E, t), also die dominierende
skalierte Energie der ausgekoppelten Echos in Abhängigkeit von der Zeit t nach
der Entsendung des Impulses auf den Potentialwall bestimmt. Aus T (E) und E(t)
ergibt sich die Periodendauer T (t) in Abhängigkeit von der Messzeit. Diese Größe
kann direkt mit den gemessenen Daten verglichen werden. Auch der Zerfall von
I(t, E) und j(t, E) wird diskutiert. Aus den folgenden Rechnungen resultieren
Zahlenwerte, die jedoch eher als qualitative Aussagen zu verstehen sind, da die
angewandte Sparationsmethode starke Vereinfachungen beinhaltet.
Zunächst wird die Periodendauer T (E) einer Oszillation in der stabilen Mulde
des skalierten Potentials in Abhängigkeit der skalierten Energie berechnet. Ein
quantenmechanisches Wellenpaket kann in dem mit dem Gebiet des Billards assoziierten Potentialtopf oszillieren, wobei die Periodendauer in Näherung der eines
klassischen Teilchens in diesem Potential entspricht. Diese wurde numerisch bestimmt und in Abb. 3.10 aufgetragen. Die Zeit für eine Bewegung von Punkt u0
zu u1 eines Punktteilchens in einem klassischen eindimensionalen Potential ist
durch
Z u1
Z u1
du
du
q
=
T (u1 ) =
(3.9)
2
u0
u0 w(u)
(Ekl − Vkl (u))
m
gegeben [51], wobei w(u) der Geschwindigkeit am Ort u und Ekl und Vkl (u) der
klassischen Energie und dem klassischen Potential entsprechen. Die Periodendauer
ist gerade das Vierfache des Integrals vom Potentialminimum bis zum klassischen
Umkehrpunkt ur , für den Ekl = Vkl (ur ) gilt. Im Potentialmodell ist die Geschwin28
digkeitsverteilung entlang der Ausbreitungsrichtung
w(u) = c
q
k 2 − kv (u)2
k
=c
s
1−
V (u)
E
,
(3.10)
womit sich für die Periodendauer in Abhängigkeit der skalierten Energie
T (E) =
du
4 Z ur
q
c 0
1 − V E(u)
(3.11)
ergibt. Diese Herleitung ist klassisch und stellt damit eine weitere Näherung dar.
Es sei angemerkt, dass der Quotient V (u)/E und somit T (E) nicht von der Mode
n abhängen.
Abb. 3.10: Periodendauer eines klassischen Teilchens T im Potentialtopf in Abhängigkeit der skalierten Energie E. Die senkrecht gestrichelten Geraden entsprechen der minimalen bzw. maximalen skalierten Energie. Bei Energien
dazwischen kann ein Tunneln in die Mulde stattfinden. Die waagerechte
Linie gibt die Periodendauer in Oszillatornäherung im Inneren der Mulde
an; dieser Wert ist exakt für T → Tmin , wo die Quadratur versagt. Die
Periodendauer ist nicht von der transversalen Mode n abhängig.
Die Berechnung von T (E) erfolgte numerisch mit der Trapezregel zur Bestimmung
des Integralwertes. Dabei muss bis zu einer Singularität integriert werden, was zu
29
Fluktuationen im Integralwert führt. Für spätere Zwecke wurde auch die Ableitung T 0 (E) der Kurve berechnet, die aus diesem Grund mit einem Mittelungsverfahren geglättet wurde. Weiterhin bringt die angewandte Quadraturmethode für
sehr kleine skalierte Energien nahe Vmin keine konsistenten Ergebnisse mehr; in
diesem Fall lässt sich jedoch die minimale Periodendauer in Oszillatornäherung
analytisch zu Tmin = 2.22 ns bestimmen. Abbildung 3.10 zeigt die erhaltene Kurve
T (E). Die Periodendauer nimmt mit sinkender skalierter Energie ab, was durch
das schnelle Abtunneln von Zuständen höherer skalierter Energie erklärbar ist.
Für E → Vmax wird die Periodendauer beliebig groß.
Das dynamische Tunneln im Phasenraum besitzt mit dem Potentialmodell eine physikalische Äquivalenz zum quantenmechanischen Tunneln durch eine Potentialbarriere. Nun soll die zugehörige Tunnelwahrscheinlichkeit p(E) berechnet
werden. Die Tunnelwahrscheinlichkeit durch einen beliebigen Potentialwall, etwa
einem Coulombwall beim α-Zerfall [52], berechnet sich zu
p(Ekl ) = exp (−2G(Ekl ))
(3.12)
mit dem Gamowfaktor
G(Ekl ) =
Z
uo
ur
s
2m
~2
(Vkl (u) − Ekl ) du ,
(3.13)
wobei ur die u-Koordinate des klassischen Umkehrpunktes der Mulde und uo
die des Austrittspunktes aus dem durchtunnelten Wall ist [52]. Die Gleichungen
(3.12) und (3.13) basieren auf einer Näherungsmethode zur Lösung eindimensionaler Schrödingergleichungen mit ortsabhängigen Potentialen (WKB-Methode
[53]). Ausgedrückt in skalierten Energien geht G(Ekl ) über in
G(E) = nπ
Z
uo
ur
q
V (u) − E du .
(3.14)
Die Tunnelwahrscheinlichkeiten werden also mit zunehmender Modenzahl sehr
schnell kleiner, und bei höheren Moden werden daher auch eher die Bereiche
in [Vmin ; Vmax ] mit höheren skalierten Energien besetzt sein. Eine Abschätzung
zeigt, dass die Tunnelwahrscheinlichkeiten für mittlere skalierte Energien in diesem Intervall schon sehr gering sind. Daher werden zunächst Zustände höherer
skalierter Energien bevölkert sein, weshalb es hinreichend ist, den Potentialwall
um das Maximum bei umax bis zu quadratischer Ordnung
V (u) = Vmax − b(u − umax )2
(3.15)
zu entwickeln; b wurde dazu zu 0.0012 cm−4 bestimmt. Damit ist (3.14) analytisch
lösbar und ergibt
nπ 2 Vmax − E
√
G(E) =
.
(3.16)
2
b
30
Abb. 3.11: Abhängigkeit der Tunnelwahrscheinlichkeit p durch den Wall von der skalierten Energie E. Die Tunnelwahrscheinlichkeiten wurden durch Anpassung einer Parabel an den Wall bestimmt. Die verschiedenen Kurven entsprechen den Moden n = 1...4, wobei die Wahrscheinlichkeit mit der Modenzahl exponentiell abnimmt.
Die daraus entstehenden Tunnelwahrscheinlichkeiten für die ersten vier Moden
sind in Abb. 3.11 gezeigt.
Der Zerfall der gespeicherten Energie im Billard kann nun modelliert werden,
indem man die quantenmechanische integrierte Wahrscheinlichkeitsdichte in der
Potentialmulde
Z ur
I(t) =
ψ(u, t)ψ ? (u, t)du
(3.17)
−ur
eines Deltaimpulses mit gleichverteiltem Frequenzspektrum betrachtet. Dies soll
zunächst nur für eine Spektralkomponente geschehen. Die integrierte Wahrscheinlichkeitsdichte entspricht der Wahrscheinlichkeit, bei einem Messprozess im Inneren des Billards ein Teilchen zu detektieren. Im Mikrowellenexperiment ist die
analoge Größe die gespeicherte Feldenergie. Auf Grund der Unschärferelation ist
wegen der beliebig großen Frequenz- und damit auch Impulsunschärfe die Ortsunschärfe klein. Es liegt also ein Wellenfeld mit einer starken Lokalisierung vor,
was eine klassische Behandlung der Zerfallsdynamik rechtfertigt. Der in einem
Zeitintervall ∆t aus dem inneren Bereich des Billards heraustunnelnde Teil ∆I(t)
der integrierten Wahrscheinlichkeitsdichte ist das Produkt aus
31
• der aktuellen integrierten Wahrscheinlichkeitsdichte I(t),
• der Anzahl der in dieser Zeit geschehenden Berührungen des mit Periode T
oszillierenden Impulses mit den Potentialwällen 2∆t/T ,
• und der Wahrscheinlichkeit p, bei einer dieser Berührungen den Wall zu
durchtunneln.
Durch Integration der so aufgestellten Differentialgleichung
2p
dI(t)
= − I(t)
dt
T
(3.18)
erhält man das Zerfallsgesetz
I(t) = I(0) exp (−λt) mit λ = 2
p
T
.
(3.19)
Die durch den Wall abtunnelnde Wahrscheinlichkeitsstromdichte ist durch
˙ = −λI(0) exp (−λt)
j(t) = I(t)
(3.20)
gegeben, was man durch die integrierte Kontinuitätsgleichung
˙ =
I(t)
Z
ur
−ur
∂t (ψ(u, t)ψ ? (u, t)) du = j(−ur , t) − j(ur , t) = j(t)
(3.21)
einsieht. Unter Berücksichtigung der Abhängigkeiten von der skalierten Energie
wird Gl. (3.20) zu
˙
I(E,
t) = −λ(E)I(E, 0) exp (−λ(E)t)
mit
λ(E) = 2
p(E)
T (E)
p(E)
und I(E, 0) = κ · √
E
(3.22)
,
(3.23)
wobei κ konstant ist und der Wurzelfaktor der Gleichverteilung des Frequenzspektrums I(f ) mit der Beziehung E ∝ k 2 ∝ f 2 Rechnung trägt, so dass
I(f )df = I(E)dE gilt. Die entstandene Funktion zeigt demnach das Energieprofil der abgesendeten Echos. Es ist zu erwarten, dass die skalierte Energie, bei
der diese Funktion ihr Maximum hat, mit zunehmender Zeit sinkt, da auf Grund
der höheren Tunnelwahrscheinlichkeit höhere Zustände zuerst zerfallen.
Geht man weiterhin davon aus, dass die Zeit zwischen zwei Echomaxima nur durch
die dominierende Spektralkomponente in den Echos bestimmt wird, so ergibt sich
aus der Bedingung
˙
dI(E,
t)
=0
(3.24)
dE
32
Abb. 3.12: Maximum der Energieverteilung der Wahrscheinlichkeitsstromdichte außerhalb des stabilen Bereiches in Abhängigkeit der Zeit nach dem Auftreffen eines kurzen Wellenimpulses auf den Potentialwall. Auch hier sind
wieder die Funktionen für die vier Moden n = 1...4 aufgetragen. Die Zeit
zwischen zwei Echomaxima sollte vorwiegend von der zur jeweiligen Zeit
dominierenden Spektralkomponente vorgegeben sein.
unter Verwendung der Gleichungen (3.12), (3.16), (3.22) und (3.23)

T (E)

T (E)  2αT (E) − 2E − T 0 (E) 
t(E) =
2p(E)
αT (E) − T 0 (E)
(3.25)
mit der modenabhängigen Größe
nπ 2
α= √
b
,
(3.26)
in welcher wieder der bei der Bestimmung der Tunnelwahrscheinlichkeit vorgekommene Parameter b auftritt. In Gl. (3.25) ist t(E) die Zeit nach dem Auftreffen
eines Wellenpaketes auf den Potentialwall, zu welcher die ausgekoppelten Echos
bei der skalierten Energie E ihre größte spektrale Wahrscheinlichkeitsdichte besitzen. Abbildung (3.12) zeigt das Verhalten der Inversion E(t) für die ersten vier
Moden und zeigt somit die dominierende skalierte Energie der Echos zu einem
Zeitpunkt t.
33
Abb. 3.13: Die Periodendauer der Echos fällt mit der Zeit langsam ab und geht in eine
Sättigung über. Dieses Verhalten zeigte sich, basierend auf den vorherigen
Rechnungen, für alle Moden.
Der eigentliche Ertrag dieser Rechnungen besteht darin, dass nun sowohl T (E)
als auch E(t) bekannt sind. Daher gewinnt man durch Elimination von E einen
Zusammenhang T (t) - die Periodendauer in Abhängigkeit der Zeit nach dem Eindringen des Deltaimpulses in den Potentialwall. Abbildung (3.13) zeigt auch hier
wieder das Verhalten für die ersten vier Moden. Die Periodendauer der Echos
nimmt mit der Zeit ab und scheint in eine Sättigung zu gehen. Eine genauere
Analyse der Gleichungen zeigt, dass es sich asymptotisch um einen logarithmischen Abfall mit T (t → ∞) → 0 handelt, jedoch wird sich in Kap. 5 zeigen, dass
nur der dargestellte Zeitbereich für den Vergleich von Theorie und Experiment
von Interesse ist. Nach einer Abschätzung aus der Struktur des Hufeisens und einer weiteren aus der klassischen Simulation erhält man durch das Potentialmodell
eine dritte, nun sogar zeitabhängige und auf quantenmechanischen Rechnungen
basierende Abschätzung TP M der Zeit zwischen zwei Echomaxima.
Weiterhin wurde am Potentialmodell das Zerfallsverhalten der integrierten Wahrscheinlichkeitsdichte im Inneren des Potentialwalles I(E, t) sowie des Tunnelstro˙
mes nach außen I(E,
t) untersucht. Aus den Gleichungen. (3.19) und (3.23) und
anschließender Elimination der skalierten Energie durch E(t) ergibt sich trotz
der Kompliziertheit der involvierten Funktionen numerisch ein einfaches algebrai34
sches Zerfallsverhalten (Abb. 3.14). Die Elimination der skalierten Energie beinhaltet hier wieder die Annahme, dass der Zerfall durch die stärkste abgestrahlte
Spektralkomponente bestimmt wird. Der Zerfallsexponent wurde zu γ = 1.05
bestimmt, was in guter Übereinstimmung mit dem in [37] begründeten Exponenten γ = 1 für Quantensysteme mit Hierarchien im klassischen Phasenraum steht.
Der Zerfallsexponent des dem Echosignal entsprechenden abgetunnelten Wahrscheinlichkeitsstromes wurde ebenfalls durch numerische Rechnungen zu γ = 2.05
bestimmt, was durch Ableitung von I(t) ∝ t−γ leicht einsehbar ist. Auch dieses
Ergebnis kann direkt mit den experimentellen Daten verglichen werden.
Abb. 3.14: Zerfall der integrierten Wahrscheinlichkeitsdichte. Es wurde in guter Übereinstimmung mit theoretischen Vorhersagen ein algebraisches Zerfallsverhalten mit einem Zerfallsexponent von γ = 1.05 für alle Moden beobachtet
(hier dargestellt). Für die im Experiment gemessenen Echoamplituden, die
dem Wahrscheinlichkeitsstrom in einem der äußeren Bereiche des Billards
proportional sind, wurde der Exponent zu γ = 2.05 bestimmt und kann
direkt mit den experimentellen Daten verglichen werden.
35
4
4.1
Experimenteller Aufbau und Messungen
Aufbau des offenen Billards
Messungen mit elektromagnetischen Billards basieren darauf, die mit einer Antenne eingestrahlte Mikrowellenleistung mit der selben Antenne (Reflexionsmessung) oder einer anderen Antenne (Transmissionsmessung) im eingeschwungenen
Zustand des Systems zu messen. Dieser Messprozess kann mit einer normal- oder
supraleitenden Kavität geschehen, wobei der erste Fall kurze Kabellängen und
schnelle, unkomplizierte Messungen zulässt, der letztere hingegen durch eine hohe Resonatorgüte Spektren mit besserer Frequenzauflösung hervorbringt [39, 28].
Beim Design des offenen Billards wurden zunächst die realen Abmessungen sowie die Funktionen und Positionen der Antennen festgelegt. Die Konstruktion
des Billards geschah dann mit dem Ziel, sowohl normal- als auch supraleitende
Messungen durchführen zu können.
4.1.1
Dimensionierung und Antennen
In einem elektromagnetischen Resonator kann um so mehr Energie gespeichert
werden, je größer sein Volumen ist. Demgegenüber wird aber auch je mehr Leistung dissipiert, je größer die Wandoberfläche ist. Bei der Dimensionierung von
elektromagnetischen Billards ist daher im Allgemeinen auf ein möglichst großes
Resonatorvolumen zu achten, so dass das Verhältnis aus Volumen und Oberfläche
groß ist. In geschlossenen Systemen findet man zudem nach der Weyl-Formel je
mehr Eigenwerte in einem gegebenen Frequenzbereich, also Informationen über
das System, je größer das Resonatorvolumen ist [17].
Limitiert werden die Abmessungen des Billards andererseits durch das beschränkte Fassungsvermögen der Kupferbox, die sich bei supraleitenden Messungen im
Inneren eines Kryostaten befindet, von flüssigem Helium umgeben ist und in deren evakuiertem Innenraum sich das Billard bei befindet. Diese zylindrische Box
hat einen Durchmesser von 29 cm und eine Höhe von 58 cm im Inneren. Weiterhin muss hierbei berücksichtigt werden, dass innerhalb der Box Platz für die nach
außen laufenden Koaxialkabel reserviert werden muss.
Ein drittes Kriterium zur Wahl der Resonatorgröße ergibt sich durch den
verfügbaren Frequenzbereich. Für zweidimensionale Resonatoren ist der durch eine maximal mögliche Grenzfrequenz nach oben hin beschränkt. Bei einem Deckelabstand von 5 mm ist diese Grenzfrequenz 30 GHz. Je nach physikalischer Fragestellung kann es nützlich sein, die Abmessungen des Billards in der Größenordnung der zum zugänglichen Frequenzbereich korrespondierenden Wellenlängen
oder auch groß oder klein gegen diese zu wählen.
36
Für das offene Billard wurden die Designparameter ausgehend von den in Kap.
2.2.2 erwähnten Eigenschaften zunächst bis auf einen Skalierungsfaktor derart
gewählt, dass der Entwicklungsparameter des zugehörigen Hufeisens im Poincaré-Schnitt des Phasenraums einer geeigneten Echoperiode entspricht. Da in den
Experimenten quantenchaotische Effekte im semiklassischen Regime untersucht
werden sollten, mussten die Abmessungen des Billards in der Größenordnung einiger Wellenlängen sein. Bei mit Blick auf die Maße der Kupferbox möglichst
großer Dimensionierung des Billards wird diese Forderung automatisch erfüllt.
In den Gleichungen (2.9) und (2.10) wurde daher der Skalenfaktor λ zu 5 cm
gewählt. Die Öffnungen des Billards im asymptotischen Bereich müssen außerhalb der beiden instabilen periodischen Bahnen liegen. Die Billardöffnungen wurden bei x = ±25 cm gewählt, so dass noch ein Teil des äußeren Bereiches, d.h.
des Bereiches außerhalb der instabilen periodischen Bahnen, in der realen Billardgeometrie zu finden ist. Der zusammen gebaute Resonator besteht aus zwei
die Konturen definierenden Platten, die zwischen zwei Rechteckplatten geklemmt
sind.
Es ist bekannt, dass sich der Propagator einer Billarddynamik, der die vollständige Funktion über das gesamte Wellenfeld enthält, im semiklassischen Limes als
eine Superposition klassischer Bahnen interpretieren lässt [28]. Daher ist es naheliegend, dass jene Wellenzüge Echo-Verhalten zeigen, die in die Richtungen abgestrahlt werden, bei denen auch klassische Teilchenensembles Echos zeigen. Es ist
somit wünschenswert, Mikrowellenleistung in eine bestimmte Richtung entsenden
zu können.
Kommerziell sind keine kleinen Richtantennen für Mikrowellen erhältlich; in Vormessungen [54] wurde jedoch gezeigt, dass für einfache Reflektoren in der Größenordnung von einem Zentimeter, die hinter den Antennen positioniert werden, ab
mittleren Frequenzen (f > 10 GHz) die in Vorwärtsrichtung abgestrahlte Leistung
um mindestens den Faktor 2 größer ist als in Rückwärtsrichtung. Bei niedrigeren
Frequenzen findet man dagegen nahezu keine Richtungsabhängigkeit, was daran
liegt, dass Beugungs- und Streueffekte den Effekten der geometrischen Optik in
diesem Bereich überwiegen. Es war daher von Anfang an nicht klar, ob die Antennenreflektoren die Suche nach den Echos vereinfachen oder gar erschweren. Im
Experiment wurden daher Messungen mit und ohne Reflektoren durchgeführt.
Dabei wurde in die Richtung des Winkelintervalls mit chaotischer Streuung gestrahlt (vgl. Abschnitt 3.1).
Da die Wellenfunktionen des offenen Billards nicht bekannt sind, wurden auf einer Seite zwei Antennen zum Senden und auf der anderen Seite vier Antennen
zum Empfangen implementiert. Konstruktionsbedingt, aber auch, weil zu den
Berandungen hin das elektrische Feld auf Null abfällt, wurden die Positionen
sämtlicher Antennen hinreichend weit innerhalb des Kanals zwischen den beiden
Berandungen gewählt. Dabei wurde darauf geachtet, dass keine direkte Trans-
37
Tabelle 4.1: Positionen der Antennen (vgl. Abb. 2.1). Zwei Antennen sind zum Senden
bestimmt (S), vier zum Empfangen (E).
Bezeichnung x-Position / cm
S1
-10.65
S2
-14.5
E1
10.65
E2
-14.5
E3
17.0
E4
17.0
y-Position / cm
0.63
-0.8
0.63
-0.8
-0.3
-3.6
mission möglich ist und damit eine Wechselwirkung mit dem Billard erzwungen
wird. Tabelle 4.1 gibt Auskunft über die von hier an benutzten Bezeichnungen
(S= Sendeantenne, E= Empfangsantenne) und die genauen Positionen der Antennen. Eine Konzeptionszeichnung wurde bereits in Abb. 2.1 in Kap. 2 gezeigt.
Man beachte, dass zwei der Empfangsantennen symmetrisch zu den beiden Sendeantennen gewählt wurden. Weiterhin wurden alle Sende- und Empfangsantennen
so gewählt, dass keine direkte Transmission stattfinden kann, sondern eine Wechselwirkung mit den Berandungen erzwungen wird.
4.1.2
Konstruktion
Das Billard wurde zunächst als modularer Kupferresonator nach [55] aus drei
rechteckigen Kupferplatten der Maße 500 × 220 × 50 mm konstruiert (vgl. Abb.
4.1). Aus einer dieser Platten wurden zwei Teile mittels einer CNC-Fräse ausgeschnitten, die je an drei Seiten noch Geraden der ursprünglich rechteckigen Platte
als Berandungen und an der vierten Seite je eine der beiden in den Gleichungen
(2.9) und (2.10) definierten Konturen des Billards aufweisen. Der Resonator besteht aus einer rechteckigen Boden- und Deckelplatte und einer Plattenschicht
aus den beiden ausgefrästen Teilen in der Mitte. Der zusammen geschraubte Resonator hat eine rechteckige Form, und im Koordinatensystem des Billards (vgl.
Abb. 2.1) erstrecken sich seine Maße von x = −25 cm bis x = 25 cm und von
y = −14 cm bis y = 8 cm. Abbildung 4.1 zeigt eine schematische Skizze des modularen Aufbaus des Resonators.
Die Deckelplatte besitzt Vorrichtungen zum Einsatz der Antennen. Für Messungen mit und ohne Reflektoren wurde je eine Deckelplatte angefertigt. Der
Deckel für Messungen ohne Reflektoren wurde mit herkömmlichen Antennen, d.h.
Drähten, die etwa einen halben Millimeter in die Kavität hereinragen, ausgestattet. Diese Länge ist für eine Anregung des Resonators hinreichend, stellt aber
38
Abb. 4.1: Modularer Aufbau des Billards: Verbleite Kupferplatten werden zusammen
geschraubt, wobei durch die mittlere Plattenschicht die Kontur des Billards
definiert wird. Der Einfachheit halber wurde als äußere Geometrie des entstehenden Resonators eine rechteckige Grundfläche gewählt.
noch keine zu große Störung der Resonatorgeometrie im Sinne eines singulären
Billards [56] dar. Die Drähte wurden in Haltevorrichtungen eingelötet und in
Durchführungen durch die Deckelplatte des Billards mit einem Durchmesser von
3 mm eingesetzt. Die Deckelplatte für die Messungen mit Reflektoren beinhaltet
am Ort der Sendeantennen zwei kreisförmige Aussparungen mit einem Durchmesser von 30 mm. In diese Aussparungen können, von einer Halterung auf dem
Deckel gehalten, Zylinder mit einer Höhe von 30 mm und einem Radius von 15 mm
eingesetzt werden, die sowohl die Antennen als auch die Reflektoren enthalten
und durch eine Führungsnut auf dem Zylindermantel mit der Halterung drehbar und arretierbar sind. Die Böden dieser Zylinder schließen eingesetzt bündig
mit der Innenseite des Billarddeckels ab. Die Zylinder haben entlang ihrer Achsen
Durchführungen mit einem Durchmesser von 3 mm, durch die die Antennen in das
Innere des Billards, in welches sie wiederum etwa einen halbem Millimeter hineinragen, durchgeführt werden können. Bei einer Drehung eines Zylinders ändert
39
sich damit die Position der Antenne nicht. Die an den Böden der Zylinder im Abstand von wenigen Millimetern zu den Antennen angelöteten Reflektoren ändern
hingegen bei Drehung ihre Position, wodurch die primäre Abstrahlungsrichtung
der Mikrowellenleistung von außen verändert werden kann. Als Antennenreflektoren wurde auf Grund der Vormessungen ein planer Reflektor mit einer Höhe von
3 mm und einer Breite von 10 mm sowie ein Reflektor in der Form eines rechten
Winkels mit der selben Höhe und Breite verwendet. Da in den Vormessungen der
plane Reflektor tendenziell weniger anfällig für Fluktuationen durch geringfügige Veränderungen an dem Testaufbau war, wurde er als Reflektor der Antenne
S1 und der angewinkelte Reflektor für die Antenne S2 benutzt, denn es ist zu
erwarten, dass die mit S1 erhaltenen Spektren weniger durch den Reflektor bei
S2 gestört werden als die mit S2 erhaltenen Spektren durch den Reflektor bei
S1. In Abb. 4.2 sind die Sendetennen mit den Reflektoren in der Billardgeometrie
skizziert.
Abb. 4.2: Skizze der Mikrowellenreflektoren der Sendeantennen (vgl. Abb. 2.1). Die
Reflektoren sollen dafür sorgen, dass Mikrowellen bevorzugt in die Richtung abgestrahlt werden, bei der in einem klassischen Billard gleicher Geometrie Echos entstehen. Diese sollten dadurch deutlicher erkennbar sein.
Auf Grund von Beugungseffekten tritt jedoch eine messbare Bündelung erst
bei Frequenzen von etwa 10 GHz ein. Weiterhin stellen die Reflektoren eine
Veränderung der Resonatorgeometrie dar, wodurch ebenfalls ihr Nutzen in
Frage gestellt wird. Da zunächst nicht klar war, ob durch Reflektoren eine
Verbesserung der zu messenden Echosignale erreicht werden kann, wurden
zwei Deckel für den modularen Resonator angefertigt, einer mit und einer
ohne Reflektoren.
Zur besseren Leitung der Oberflächenströme zwischen den einzelnen Plattenschichten des Resonators wurden entlang der Billardkonturen Nuten in die Platten
40
gefräst und in diese zur Verbesserung des elektrischen Kontaktes Lötzinndrähte
eingelegt. Das Billard wurde anschließend mit 59 M5-Schrauben fest verschraubt.
Der Lötzinndraht hat einen erhöhten Bleigehalt und ist somit im Fall der Kaltmessung auch supraleitend. Durch die Hebelwirkung des für die Nuten etwas zu
dicken Lötzinndrahtes war der Abstand von Boden- und Deckelplatte in der Mitte
des Kanales zwischen den Konturen mit 7 mm um etwa 2 mm größer als geplant.
Um Effekte eines dreidimensionalen Billards durch diese Überhöhung zu vermeiden, wurden Messungen nur bis zu einer Frequenz von 20 GHz durchgeführt. Beim
Verschrauben stellte sich heraus, dass M6-Schrauben wegen ihrer höheren Stabilität gegenüber dem beim Zusammenschrauben aufgebrachten Drehmoment eine
geeignetere Wahl gewesen wären.
Mit dem Kupferresonator wurden zunächst einige erste Warmmessungen durchgeführt. Anschließend wurden alle Kupferteile galvanisch verbleit; die Teile wurden dabei mit einer Bleischicht von mindestens 20 µm Dicke überzogen. Der verbleite Resonator hat bei Warmmessungen eine schlechtere Leitfähigkeit als der
Kupferresonator, wird aber noch oberhalb der Siedetemperatur von flüssigem Helium supraleitend. Der Drehmechanismus der Reflektoren funktionierte im verbleiten Zustand nicht mehr, da die aufgetragene Schichtdicke auf den Zylindern
die verlangte Mindestschichtdicke um ein vielfaches übertraf und die Zylinder somit nicht mehr in die dafür vorgesehenen Aussparungen im Deckel passten. Die
Bleischicht auf den Zylindern wurde daher teilweise wieder abgedreht und die
Zylinder konnten, nachdem sie auf die Temperatur von flüssigem Stickstoff abgekühlt wurden, auf Grund der Volumenänderung wieder in das Billard eingepasst
werden; dies geschah derart, dass die Abstrahlungsrichtungen der Antennen mit
den Richtungen übereinstimmen, bei denen man im klassischen Fall Echos findet. Der Zylinder mit dem planen Reflektor wurde der Antenne S1 zugeordnet,
der mit dem angewinkelten Reflektor der Antenne S2. Zwar konnte durch dieses
Vorgehen die Abstrahlrichtung nicht mehr frei gewählt werden, aber der Vorteil
dabei war, dass der elektrische Kontakt zwischen den Zylindern und dem Deckel
hierdurch besser ist als bei der drehbaren Variante; außerdem stellte sich im unverbleiten Fall heraus, dass die Form der Spektren nicht stark bei einer kleinen
Richtungsänderung der Reflektoren variiert. Mit dem verbleiten Billard wurden,
supra- und normalleitend, die meisten Messungen durchgeführt. Abbildung 4.3
zeigt ein Foto des verbleiten Billards im verschraubten Zustand. An den Verschraubungen kann man die Konturen des Wellenkanales erkennen, und aus den
Öffnungen ragen Mikrowellenabsorber heraus. Auch die Antennenanschlüsse sind
zu sehen. In Abbildung 4.4 ist ein Foto der unteren beiden Plattenschichten des
aufgeschraubten offenen Billards gezeigt. Die Konturen sowie der Lötzinndraht
zur Verbesserung der elektrischen Kopplung zwischen den Platten ist erkennbar.
41
10 cm
Abb. 4.3: Foto des offenen Billards im verschraubten Zustand. Aus den Öffnungen
ragen Stücke des Absorbermaterials für Mikrowellen heraus.
Abb. 4.4: Foto des offenen Billards im aufgeschraubten Zustand. Die Konturen der
mittleren Plattenschicht, die die Billardgeometrie definieren, sind erkennbar.
4.2
Messmethode am supra- und normalleitenden Billard
Supraleitende Messungen sind gegenüber normalleitenden wesentlich aufwendiger in ihrer Durchführung. Neben dem Billard, dem Netzwerkanalysator als eigentlichem Messgerät und einer Kabelverbindung zwischen diesen bedarf es einer
Kühleinrichtung, die das Billard auf die Temperatur von flüssigem Helium (4.2 K)
bringt und diese Temperatur eine gewisse Zeit hält. Da Blei eine höhere Sprungtemperatur hat, wird es supraleitend. Zur Realisierung der Supraleitung wurde
42
der im Rahmen von [57] entwickelte Kryostataufbau verwendet, der bei der Untersuchung offener Systeme insbesondere die Problematik mit sich bringt, dass das
Gesamtsystem abgeschlossen ist. Um dieses Problem zu umgehen, wurde in diesem abgeschlossenen System mit einem Mikrowellen-Absorbermaterial ein quasi
offenes System simuliert.
Die Vorbereitung einer Kaltmessung, d.h. das Abkühlen des Kryostaten, dauert
etwa eine Woche, die Messzeit selbst, die durch den Heliumstand im Kryostaten
limitiert ist, etwa 5 Tage und der Aufwärmvorgang nochmals eine Woche. Im
Rahmen dieser Arbeit wurden zwei Kaltmessungen durchgeführt, eine mit und
eine ohne Reflektoren.
4.2.1
Aufbau der Messeinrichtung
Eine schematische Skizze des bei supraleitenden Messungen benutzten Aufbaus
findet sich in Abb. 4.5. Herzstück des Aufbaus ist das Billard, das sich in einer gut verschlossenen Kupferbox befindet, welche wiederum im Heliumbad des
Kryostaten aufgehängt ist.
Diese Box ist aus Kupfer, um durch die hohe thermische Leitfähigkeit einen schnellen Wärmeabfluss aus dem Inneren zu ermöglichen. In der Box wird ein Vakuum
in der Größenordnung von 10−2 mbar geschaffen und während der gesamten Messung aufrecht erhalten, um die dielektrische Konstante so nahe wie möglich an
den theoretischen Wert von 1 für Vakuum zu bringen und um Störeffekte durch
Vereisungen zu verhindern. Die Kupferbox befindet sich während der Messung
im Inneren eines verschlossenen Kryostaten, der vor der Messung zunächst auf
die Temperatur von flüssigem Stickstoff gebracht wird und dann mit flüssigem
Helium befüllt wird. Das nach und nach abdampfende Helium wird komprimiert,
in Flaschen gesammelt und nach Beendigung der Messungen wieder verflüssigt.
Während des Experiments können durch Sonden Heliumstand, Druck und Temperatur in der Kupferbox ständig kontrolliert werden.
Die Kabel werden vom Kryostatinneren an Vakuumdurchführungen angeschlossen, und von außen werden mit weiteren Kabeln von den Durchführungen aus Verbindungen zum Vektor-Netzwerkanalysator HP 8510 C geschaffen. Dieses Messgerät erlaubt bei Transmissionsmessungen - nur solche wurden in dieser Arbeit
durchgeführt - die relative Amplitude und Phase der Signale an zwei Anschlüssen
für Frequenzen zwischen 45 MHz und 50 GHz mit einer Frequenzauflösung von
1 Hz zu bestimmen. Gleichzeitig wird die dafür notwendige Mikrowellenleistung
von einer in diesem Gerät integrierten Frequenzquelle erzeugt.
Bei einer Messung über mehrere Frequenzen hinweg wird für jede Frequenz f über
einen Anschluss Leistung in das Billard ein- und über den anderen ausgekoppelt.
Nach Ablauf einer einstellbaren, hinreichend langen Zeitspanne, die viel größer
als die Einschwingzeit des Systems sein muss, wird der Vergleich der beiden am
43
Abb. 4.5: Schematische Skizze des experimentellen Aufbaus für supraleitende Messungen. Das Billard befindet sich in einer evakuierten Kupferbox in dem
mit flüssigem Helium gefüllten Kryostaten. Zur Simulation eines offenen
Systems wurden Boden und Deckel dieser Box mit einem MikrowellenAbsorbermaterial ausgekleidet. Das Billard ist über Koaxialkabel mit einem
Netzwerkanalysator verbunden. Die gemessenen Daten werden von diesem
während der Messung zu einem PC transferiert und gespeichert.
Messgerät anliegenden Signale durchgeführt. Die Messgröße ist dann im linearen
Auslesemodus für einen Strom von Anschluss 1 nach Anschluss 2 der sog. S44
Parameter
S21 (f ) =
U2 (f )
∝ E(~r1 , f )E(~r2 , f ) ,
U1 (f )
(4.1)
wobei Un (f ) die komplexe Spannung am Anschluss n und E(~rn , f ) das mit
exp (iωt) zeitlich oszillierende elektrische Feld im Billard am Ort der mit dem
Anschluss n verbundenen Antenne ist. Bei der Interpretation von Gl. (4.1) muss
zwischen geschlossenen und offenen Systemem unterschieden werden: Bei geschlossenen Systemen ist U1 (f ) vom Netzwerkanalysator fest vorgegeben, und
die Feldstärke am Ort der Empfangsantenne bestimmt U2 (f ). Diese wiederum ist
proportional zur Anregungsstärke durch die Sendeantenne, also ist das Produkt
der Feldstärken an den Orten der Antennen die Messgröße. Bei getriebenen offenen Systemen mit hinreichend hoher Dissipation existieren laufende Wellen, und
das Feld wird am Ort des Treibers, hier der Antenne, durch diesen selbt festgelegt.
Das Feld E(~r1 , f ) in Gl. (4.1) ist vom Ort der Antenne unabhängig und die gemessene Größe ist nur noch zum Betrag der Feldstärke am Ort der Empfangsantenne
proportional.
Für jede Frequenz können Real- und Imaginärteil des S-Parameters über eine
IEEE-488 Karte an einen PC übertragen und dort gespeichert werden. Mit einem
im Rahmen von [58] entwickelten Messprogramm wurde bei den in dieser Arbeit
beschriebenen Experimenten die Messprozedur und die Datenauslese gesteuert.
Die Auswertung der Daten erfolgte schließlich auf Alpha-Workstations mit UnixBetriebssystem.
4.2.2
Absorbermaterial
Weil die das Billard enthaltende Kupferbox für supraleitende Messungen zur
Evakuierung fest verschlossen sein muss, bildet die Box mit dem offenen Billard zusammen einen geschlossenen dreidimensionalen Mikrowellenresonator. Man
kann also nicht erwarten, mit diesem Aufbau weiterhin die Eigenschaften des
offenen Billards untersuchen zu können. Im Experiment wurde diese Vermutung bestätigt. Daher wurde in der Kupferbox mit einem speziellen MikrowellenAbsorbermaterial ein offenes System simuliert.
Der Absorber C-RAM AR (HP) der Firma EMC Technik besteht aus retikuliertem Urethan-Schaumstoff. Mit einer Dicke von 51 mm sind seine Abmessungen
zur Verwendung am beschriebenen Experiment geeignet. Das Material dämpft
Mikrowellen bei 1 GHz um 5 dB, bei 4 GHz um 16 dB und um 20 dB zwischen 6
und 20 GHz [59]. Da die erste Mode erst ab etwa 4 GHz im offenen Billard entwickeln kann (vgl. Abschnitt 4.3), herrschen mit dem Absorbermaterial nahezu
unabhängig von der Frequenz gleiche Absorptionsbedingungen.
In Testmessungen wurde zunächst verifiziert, dass der Absorber die geforderten
Eigenschaften erfüllt. Hierzu wurde ein Stück des Absorbermaterials zwischen
45
zwei Antennen gebracht und ein Transmissionsspektrum aufgenommen. Das Experiment wurde ohne den Absorber und mit anderen Materialien anstatt des
Absorbers wiederholt, und Abb. 4.6 zeigt einige der gemessenen Spektren. Es ist
deutlich zu erkennen, dass der Absorber ab 6 GHz eine starke Abschwächung der
Transmission verursacht. Mit einem weiteren Test wurde ausgeschlossen, dass die
Mikrowellen an der Oberfläche des Absorbermaterials reflektiert werden. Aus den
linearen Daten der Abb. 4.6 wurde ein Abschwächungsfaktor von 23 dB bestimmt.
Abb. 4.6: Testmessungen zum Absorbermaterial. Es wurde untersucht, wie die Transmission zweier Antennen durch eine dazwischen gestellte Platte aus Absorbermaterial abgeschwächt wird. Rechts oben im Bild ist der experimentelle Aufbau des Tests schematisch skizziert. Oberhalb von 6 GHz wurde eine
Dämpfung um 23 dB beobachtet. Andere Materialien wie Pappe zeigten hingegen keine nennenswerte Abschwächung.
Da Absorptionsprozesse durch Materialien meist auf der Anregung von Zuständen
in der Atomhülle im Absorbermaterial und anschließender thermischer Relaxation basieren, war zweifelhaft, ob das Absorptionsverhalten des Materiales auch
beim Übergang zu tiefen Temperaturen bestehen bleibt. Es zeigte sich jedoch bei
Vormessungen bei 77 K nahezu keine Beeinträchtigung, und auch bei supraleitenden Messungen wurden nur bei zwei Spektren die oben erwähnten Fluktuationen
beobachtet. Diese beiden Spektren wurden nicht zur Auswertung verwendet.
Es stellte sich als geeignet heraus, in die Öffnungen des Resonators je einen Strei46
fen des Absorbermaterials zu schieben und den Boden und den Deckel der Kupferbox mit einer Schicht des Absorbermaterials auszukleiden. Um mechanische
Belastung, Deformation oder gar Zerstörung des Materials bei tiefen Temperaturen zu vermeiden, aber auch, um den thermischen Kontakt zwischen dem Billard
und der Kupferbox zu erhalten, wurden aus einem Kupferrohr zwei Halterungen
angefertigt, die mit dem Boden der Kupferbox verbunden sind und auf die das
Billard gestellt werden kann, ohne dabei eine Belastung auf das Absorbermaterial
auszuüben.
4.3
Transmissionsspektren und Interpretation
Bei den gemessenen Transmissionsspektren lassen sich eine Reihe von Unterschieden zu denen von geschlossenen Resonatoren feststellen. In diesem Abschnitt werden die gemessenen Spektren vorgestellt und ihre Eigenschaften interpretiert. Für
die Quantenstreuechos sind die auftretenden Resonanzen von besonderer Wichtigkeit, weswegen diese einer genaueren Analyse unterzogen wurden.
4.3.1
Messungen
Im Rahmen dieser Arbeit wurden eine Vielzahl an Spektren mit dem offenen Billard gemessen; sie wurden entweder mit dem Deckel mit oder mit dem ohne Reflektoren aufgenommen. Für beide Fälle wurden bei Raumtemperatur Messungen
mit dem Kupferresonator und dem verbleiten Resonator sowie supraleitende Messungen bei 4.2 K mit dem Bleiresonator durchgeführt, wobei jeweils verschiedene
Antennenkombinationen untersucht wurden. Es wurden auch Messungen in der
Abkühlphase des Kryostaten bei 77 K durchgeführt, die sich aber nur unwesentlich von Spektren im normalleitenden Zustand unter sonst gleichen Bedingungen
unterscheiden. Alle Spektren wurden mit Frequenzauflösungen zwischen 50 kHz
und 200 kHz aufgenommen.
Abbildung 4.7 zeigt drei der erhaltenen Spektren von Messungen mit dem Deckel
mit den Reflektoren, Abb. 4.8 die äquivalenten Messungen für den Deckel ohne
Reflektoren. Alle Messungen wurden mit den beiden inneren Antennen S1 und
E1 durchgeführt; aufgetragen ist der Absolutbetrag der gemessenen komplexen
S-Parameter |S12 (f )|. Spektrum (a) stammt von einer Messung bei Raumtemperatur mit dem Kupferresonator, Spektrum (b) wurde ebenfalls bei Raumtemperatur, nun aber mit dem verbleiten Resonator erhalten, und Spektrum (c) zeigt
Daten einer supraleitenden Messung.
Es ist bemerkenswert, dass diese Spektren, anders als bei geschlossenen Systemen
oder Systemen mit nur geringer Dissipation, kontinuierlich sind. Dieser Effekt
ist auf eine zunehmende Verbreiterung und dadurch entstehende Überlappungen
von Resonanzen bei wachsender Dissipation zurückzuführen. Aus den Kontinua
47
Abb. 4.7: Spektren des normalleitenden Kupferresonators (a) sowie der normal- (b)
und supraleitenden Bleikavität (c) mit Antennenreflektoren. Das Spektrum
ist kontinuierlich und zeigt auch einige scharfe Resonanzen (senkrechte Pfeile) sowie Sprünge (schräge Pfeile). Bei allen Messungen wurde das innere
Antennenpaar benutzt.
ragen außerdem noch einige Resonanzen heraus, die in den supraleitenden Fällen
deutlicher sind. Interessant ist die Änderung der Form der Spektren durch die
Verbleiung, deren Ursprung nicht bekannt ist; auf das korrespondierende Signal
im Zeitbereich hat diese Änderung außer im Zerfallsverhalten keinen Einfluss.
Abbildung 4.9 beinhaltet drei Spektren von Messungen mit dem Deckel mit Reflektoren im supraleitenden Fall bei den Antennenkombinationen S1−E1, S1−E2
und S2 − E2. Die Veränderung der Amplituden beruht darauf, dass das Wellenfeld ortsabhängig verschiedene Werte annimmt, die die Transmission bestimmen.
Letztlich demonstriert Abb. 4.10 noch eindrucksvoll die Wirkung des Absorbermaterials: (a) zeigt das Spektrum des Billards ohne Absorber in der geschlossenen
Kupferbox; es ist verrauscht. (b) wurde bei einer Messung des Billards im freien
Raum, also bei nahezu idealen Bedingungen für ein offenes Billard, gemessen;
hier dürfte die Bedingung des offenen Billards am besten erfüllt sein. (c) zeigt
wiederum das Spektrum des Billards in der Box, nun aber mit Absorbermaterial.
Es unterscheidet sich kaum vom Spektrum (b).
48
Abb. 4.8: Spektren von Messungen wie in Abb. 4.7, hier ohne Antennenreflektoren.
Die große Abweichung zwischen der supraleitenden und den normalleitenden
Messungen beruht auf Störungen an einem Kabel beim supraleitenden Fall.
4.3.2
Resonanzen
Aus den gemessenen Spektren wurden die Lagen f und die Breiten ∆f der Resonanzen bestimmt. Wie später argumentiert werden wird, handelt es sich bei den
beobachteten Resonanzen um Zustände, deren Wellenfunktion im Inneren des
Billards lokalisiert und die metastabil sind. Für den inneren Bereich des Billards
macht deshalb der Begriff der Güte Q, definiert als
Q = 2π
U
f
=
P ·T
Γ
(4.2)
Sinn. In Gl. (4.2) bedeuten U die im Resonator gespeicherte Energie, P die dissipierte Leistung und T = 1/f die Periodendauer bei der Resonanzfrequenz. Wie
erwartet und auch schon in vorherigen Experimenten festgestellt, fallen die Resonanzbreiten auf Grund einer höheren Güte bei supraleitenden Messungen um fast
zwei Größenordnungen kleiner aus als bei Normaltemperatur. Die Resonanzen
des offenen Resonators zeigen bei normalleitenden Messungen Güten von typischerweise 102 -103 und im supraleitenden Fall von einigen 103 . Auf Grund von
Dissipation sind diese Güten, verglichen mit geschlossenen Resonatoren, klein.
Neben den Resonanzen besitzen die Spektren auch teilweise größere Sprünge auf
49
Abb. 4.9: Gegenüberstellungen von Messungen bei verschiedenen Antennenkombinationen. Alle Messungen wurden mit dem Deckel mit Reflektoren supraleitend durchgeführt. Die Antennenkombinationen sind S1 − E1, S1 − E2 und
S2 − E2. Die Veränderungen sind auf die Ortsabhängigkeit des Wellenfeldes
zurückzuführen.
dem glatten kontinuierlichen Untergrund, d.h. an diesen Stellen geschehen besonders rasche Änderungen der Amplitude mit der Frequenz wie z.B. bei ca. 13 GHz
in Abb. 4.7(c). Auch die Lagen dieser Sprünge wurden bestimmt. In Tabelle 4.2
sind Positionen und Breiten der Resonanzen sowie die Positionen der Sprünge aus
mehreren supraleitenden Messungen zusammengestellt, da in keinem Spektrum
alle Resonanzen und Sprünge gleichzeitig zu sehen waren. Für alle Resonanzfrequenzen kann jedoch ein aus dem Vergleich verschiedener Messungen folgender
Fehler von ∆f = ±0.01 GHz angenommen werden.
Es fällt auf, dass es im gemessenen Frequenzbereich von 0-20 GHz vier nahezu
äquidistante Gruppen von je zwei oder drei Resonanzen gibt, wobei jede Gruppe
oberhalb der Resonanz mit der höchsten Frequenz durch eine Sprünge begrenzt
wird. Im Vergleich mit den Ergebnissen des Potentialmodells in Abschnitt 3.2
kann man jede Gruppe von Resonanzen als Gruppe von metastabilen Zuständen
in der Potentialmulde interpretieren und einer bestimmten Mode zuordnen. Ebenso entspricht ein Sprung dem Maximum des Potentialwalles und damit der Öffnung dieser Mode. Mikrowellen mit höherer Energie müssen nicht mehr durch
50
Abb. 4.10: An den drei Spektren ist erkennbar, dass bei supraleitenden Messungen,
bei denen sich das Billard in einer abgeschlossenen Cu-Box befindet, der
Einsatz von Absorbermaterial notwendig ist. Spektrum (a) wurde ohne
Absorber gemessen; es ist verrauscht, was auf eng beieinander liegende Resonanzen der Cu-Box zurückzuführen ist. Eine Transmissionsmessung des
Billards im freien Raum ergibt hingegen Spektrum (b). Spektrum (c) wurde unter Verwendung des Absorbers in der verschlossenen Box gemessen.
Die störenden Resonanzen sind verschwunden, und das Spektrum ist dem
der Messung im freien Raum sehr ähnlich.
den Potentialwall tunneln, weswegen mehr Leistung transmittiert werden kann.
In Tabelle 4.2 sind zum Vergleich auch die zum Potentialminimum der Mulde und
dem Potentialmaximum des Walls korrespondierenden Frequenzen aufgeführt. Ab
den ersten können metastabile Zustände existieren und bei den letzten öffnet sich
die jeweilige Mode.
Diese Interpretation der Bedeutung der Resonanzen wird von mehreren experimentellen Hinweisen gestützt:
• Alle gefundenen Resonanzen und fast alle Sprünge liegen in den theoretisch
vorhergesagten Bereichen, und zwar an den oberen Enden, wie aus den
Betrachtungen zur Tunnelwahrscheinlichkeit erwartet wird.
• Die instabile Bahn ist mit einer Länge von 3.39 cm zu klein für eine Trans51
Tabelle 4.2: Vergleich der für die ersten vier Moden aus dem Potentialmodell theoretisch erwarteten Intervalle, in denen Echos auftreten können, mit den
experimentell bestimmten Resonanzlagen. Es lässt sich je eine Gruppe
von wenigen Resonanzen und ein sich anschließender Sprung mit einer
Mode assoziieren. Die Werte in Klammern sind unsicher, d.h. die Resonanzen oder Sprünge konnten nicht sicher als solche identifiziert werden.
Mode n
1
2
3
4
Objekt
Minimum (theor.)
Resonanz
Resonanz
Sprung
Maximum (theor.)
Minimum (theor.)
Resonanz
Sprung
Maximum (theor.)
Minimum (theor.)
Resonanz
Resonanz
Resonanz
Sprung
Maximum (theor.)
Minimum (theor.)
Resonanz
Maximum (theor.)
Sprung
f / GHz Γ/MHz
3.747
3.688
0.2
3.932
0.5
4.23
4.421
7.495
8.397
3.0
(8.57)
8.843
11.242
12.160
0.3
12.504
0.5
12.803
4.0
13.02
13.264
14.990
17.385
5.0
17.685
(17.85)
mission von Wellen mit der Frequenz der ersten Resonanz bei 3.93 GHz. Es
findet also tatsächlich ein Tunneln durch den Engpass am Ort der instabilen
Bahn statt.
• Die höher liegenden Resonanzen einer Gruppe besitzen eine größere Breite als niedrigere. Dies ist durch die höhere Tunnelwahrscheinlichkeit aus
dem inneren Bereich bei höheren Frequenzen und der damit verbundenen
höheren Dissipation erklärbar.
• Es wird sich zeigen, dass Echos um so deutlicher in Zeitsignalen zu erkennen
sind, je besser die Resonanzen im Frequenzspektrum hervortreten.
• Die Antennen S1 und S2 sind beide fast auf der in Abschnitt 3.2 definierten
52
u-Achse positioniert, also im mittleren Bereich des Wellenkanals mit gleichen Abständen zu den Berandungen. Daher liegen sie nahezu auf Knotenlinien der geradzahligen Moden, die deswegen nicht stark angeregt werden
können. Weiterhin ist bei der dritten Mode die im Resonator gespeicherte
Energie größer als bei der ersten, weshalb sie stärker angeregt sein sollte.
Tatsächlich treten die Resonanzen der dritten Mode im Frequenzspektrum
am stärksten hervor. In Kap. 5 werden weitere Argumente dafür gegeben,
dass die dritte Mode bei den gewählten Antennenpositionen und der Resonatorgröße die dominierende ist.
53
5
5.1
Auswertung und Ergebnisse
Bestimmung der Verteilung von Verweildauern
Zum Nachweis der Quantenstreuechos ist es notwendig, das gemessene Frequenzspektrum in ein Signal im Zeitbereich, im Folgenden Zeitsignal“ genannt, um”
zuwandeln. Dies geschieht durch eine Fouriertransformation. In diesem Abschnitt
werden die signaltheoretischen Grundlagen kurz erläutert und alle Schritte der
Auswertung von den gemessenen Daten bis zu der fertigen Berechnung der Signale im Zeitbereich beschrieben.
5.1.1
Verweildauern und Impulsantwort
Es gibt grundsätzlich zwei Methoden, Messungen an Schwingungssystemen vorzunehmen: Bei der Messung im Zeitbereich dient ein zeitabhängiges Signal si (t)
als Einganssignal des Systems, und das Ausgangssignal so (t) wird ebenfalls in
Abhängigkeit von der Zeit gemessen. Analog wird bei der Messung im Frequenzbereich ein frequenzabhängiges Einganssignal Si (f ) eingespeist und ein Ausgangssignal So (f ) gemessen. Die Überführung eines beliebigen, im Allgemeinen komplexen Signals vom Zeit- in den Frequenzbereich geschieht durch eine Fouriertransformation
Z ∞
s(t)e−2πif t dt .
(5.1)
S(f ) = F{s(t)} =
−∞
Zeitlich konstante Systeme wie akustische Resonatoren oder Billards in der
Quantenphysik stellen zeitunabhängige Filter dar, weil sie bestimmte spektrale
Komponenten verstärken oder absorbieren. Mit einer Filterfunktion H(f ) bzw.
h(t) = F −1 {H(f )} ergibt sich das Ausgangssignal als Multiplikation
So (f ) = H(f )Si (f )
(5.2)
im Frequenzbereich oder im Zeitbereich als Faltung
so (t) = h(t) ∗ si (t)
(5.3)
mit dem Eingangssignal.
Zur Messung der Filtereigenschaften eines Systems H(f ) im Frequenzbereich wird
ein nicht frequenzabhängiges Eingangssignal Si (f ) = c benutzt. Mit (5.2) folgt
So (f ) = c · H(f ), d.h. es wird eine zu H(f ) proportionale Größe direkt gemessen.
Im Zeitbereich wählt man hingegen einen kurzen zeitlichen Impuls, idealerweise
einen Diracschen Delta-Impuls
si (t) = δ(t) .
54
(5.4)
Nach (5.1) ergibt sich auch hier Si (f ) = c und somit eine zu H(f ) proportionale Größe. Tatsächlich untersuchen Raumakustiker Konzertsäle entweder durch
schrittweise Bestimmung von H(f ), indem sie Töne gleicher Lautstärke erzeugen
und im eingeschwungenen Zustand mit einem Mikrofon das gefilterte Signal aufnehmen, oder es wird ein kurzer Klick“ entsendet, die sog. Impulsantwort im
”
Zeitbereich aufgezeichnet und dessen Fouriertransformierte berechnet [60]. Ein
Beispiel für Messungen im Zeitbereich findet sich in [61]: Schwingungen werden
über Piezoelemente periodisch in einen Kristall induziert und über ein Oszilloskop
im Zeitbereich ausgelesen.
Aus technischen Gründen werden an Mikrowellenresonatoren Messungen meist
im Frequenzbereich durchgeführt. Da bei den in dieser Arbeit beschriebenen Experimenten Echos als Antwort auf einen Impuls im Zeitbereich untersucht werden sollen, müssen die Messreihen S12 (f ) mit einem frequenzunabhängigen Eingangssignal aufgenommen werden - gerade auf diesem Prinzip basiert aber der
Netzwerkanalysator. Die so erhaltenen Frequenzspektren müssen dann mit einer
inversen Fouriertransformation in den Zeitbereich überführt werden.
5.1.2
Verarbeitung der Daten
Da diskrete Messwerte vorliegen, muss die inverse Fouriertransformation diskretisiert werden. Durch die Vorschriften
fk = k∆ ,
k=0,...,N-1
(5.5)
und
n
, n=-N/2,...,N/2
(5.6)
N∆
mit der Abtastrate ∆ im Frequenzbereich und der Stützstellenzahl N wird das
Nyquistsche Abtasttheorem für Messungen im Frequenzbereich
tn =
tmax =
1
2∆
(5.7)
automatisch erfüllt [62]. In (5.7) bedeutet tmax die Zeit, für die das mit ∆ abgetastete Frequenzspektrum gerade noch auflösbar ist. Aus
s(t) = F
−1
{S(f )} =
Z
∞
−∞
S(f )e2πif t df
.
(5.8)
wird somit die diskrete Fouriertransformation (DFT)
s(tn ) = ∆
N
−1
X
S(fk )e2πink/N
.
(5.9)
k=0
Da das Signal im Zeitbereich nur zu positiven Zeiten von Interesse ist, genügt es,
Gl. (5.9) nur für n = 0, ..., N/2 zu betrachten. Eine entscheidende Verbesserung
55
der vorgestellten DFT ist der sog. FFT-Algorithmus [62]. Er beruht auf der Theorie komplexer Einheitswurzeln und liefert für N = 2p mit ganzzahligem p exakt die
selben Ergebnisse, benötigt aber eine geringere Laufzeit der Ordnung O(N log N )
gegenüber O(N 2 ) beim DFT-Algorithmus. Die Daten der gemessenen Spektren
wurden im Bereich 0 − 45 MHz durch Datenpunkte mit dem Funktionswert 0
künstlich erweitert. Der FFT-Algorithmus wurde derart in eine Programmroutine eingebaut, dass beim Einlesen der gemessenen Datenpunkte p so groß gewählt
wird, dass alle Datenpunkte zum berechneten Zeitsignal beitragen. Die letztlich
berechnete Größe ist der Betrag |F{S12 (f )(t)}| des komplexen Zeitsignals aus
dem Frequenzspektrum von 0 − 20 GHz.
Da die gemessenen Frequenzspektren bei ihrer höchsten Frequenz nicht auf Null
abfallen, wird die FFT-Routine in einem Fenster mit einem endlichen Wert auf
dem Intervallrand angewendet. Dies kann unter Umständen zu Oszillationen im
erhaltenen Zeitsignal führen. Abhilfe schaffen hier sog. Fensterfunktionen w(j) mit
j = 0, ..., N −1, die vor der Transformation mit den Spektren multipliziert werden.
Damit werden die Stützstellen gewichtet und die Randwerte per Konstruktion auf
Null gezwungen. Als Fensterfunktionen [62] wurden die Funktionen
1
2πj
w(j) =
1 − cos
2
N
µ
µ
¯
¯j −
¯
w(j) = 1 − ¯¯ N
N
2
2
und
w(j) = 1 −
Ã
j−
N
2
N
2
¶¶
¯
¯
¯
¯
¯
!2
(Hanning-Fenster) ,
(5.10)
(Bartlett-Fenster)
(5.11)
(Welch-Fenster)
(5.12)
implementiert. Die damit entstehenden Signale unterscheiden sich kaum voneinander bzw. von dem Zeitsignal eines Rechteckfensters. Dies spricht dafür, dass
die aus der FFT-Routine erhaltenen Zeitsignale intrinsische Eigenschaften des
Systems widerspiegeln und keine Effekte finiter Randwerte sind. Durch die Anwendung solcher Fenstertechniken kann es weiterhin geschehen, dass die charakteristische Zerfallszeit der Daten modifiziert wird [63]. Dies wurde an sämtlichen
erhaltenen Transformationen geprüft, trat jedoch nicht auf. Alle in dieser Arbeit
gezeigten Zeitsignale wurden mit einem Hanning-Fenster erhalten.
5.2
Nachweis der Quantenstreuechos
Die mit der FFT-Routine erhaltenen Zeitsignale enthalten ein Echoprofil sowie
zusätzliche Störungen“ (vgl. Abschnitt 5.2.1). In diesem Abschnitt soll der Ur”
sprung dieser Störungen erklärt sowie argumentiert werden, wieso die gefundenen Echos tatsächlich Quantenstreuechos sind. Abschließend wird der Zerfall der
Echosignale näher untersucht und eine mögliche Interpretation gegeben.
56
5.2.1
Signalform im Zeitbereich
Die Formen der erhaltenen Zeitsignale sind den Abb. 5.1 und 5.2 zu entnehmen,
wobei die einzelnen Auftragungen den fouriertransformierten Frequenzspektren
in den Abb. 4.7 und 4.8 entsprechen. Es ist deutlich zu erkennen, dass bis zu
einer Schwellenzeit tS keine Transmission stattfindet. Danach erscheint ein großes
Maximum, das anschließend mit der Zeit zerfällt. Das Profil der abfallenden Kurve
zeigt deutliche periodische Signale, die von weiteren Effekten überlagert werden.
Abb. 5.1: Zeitsignale von Messungen mit Reflektoren für den normalleitenden Kupfer(a) bzw. Bleiresonator (b) und den supraleitenden Fall (c), korrespondierend
zu Abb. 4.7. Es zeigen sich Echos in verschieden guter Ausprägung, die
teilweise von anderen Effekten überdeckt werden.
Es zeigt sich, dass diese Echos in den unterschiedlichen Messungen unterschiedlich
ausgeprägt sind. In den meisten Messungen sind zwischen 5 und 10 Echomaxima
zu erkennen; weitere Maxima werden durch das Rauschen überdeckt. In einigen
Messungen jedoch wurden Echos über einen sehr langen Zeitraum bis hin zum
etwa 100. Maximum gefunden. Derartige Signale wurden bei Messungen mit beiden Deckeln erhalten, ebenso bei supraleitenden oder normalleitenden Messungen
mit dem Cu-Resonator. Die Gemeinsamkeit liegt in der deutlichen Ausgeprägtheit
der Resonanzen im Frequenzspektrum, die wiederum durch die hohe Güte bedingt
ist. Bei Messungen mit einem Bleiresonator konnten im normalleitenden Zustand
57
Abb. 5.2: Zeitsignale für Messungen ohne Reflektoren, korrespondierend zu Abb. 4.8.
nicht derart lange Echosignale beobachtet werden. Es konnte jedoch nicht geklärt
werden, wieso mit dem Deckel ohne Reflektoren mit der Kombination der inneren
Antennen die Resonanzen und die Echos bei einer supraleitenden Messung nur
sehr undeutlich und kurz sichtbar sind. Betrachtet man in diesem Fall hingegen
die Antennenkombination S1 − S2, so findet man auch Echos über einen längeren
Zeitraum. In Abb. 5.3 ist das Zeitsignal einer solchen Messung über einen langen
Zeitraum aufgetragen. Derartige Messungen erlauben es, die Zeit zwischen zwei
Echomaxima in Abhängigkeit von der Zeit t − tS nach dem entsendeten Impuls
über eine lange Zeit hinweg zu bestimmen. Damit kann die Zeitentwicklung der
Echoperiode experimentell bestimmt werden.
Aus den Spektren, die mit einer Kombination einer Sendeantenne S1 oder S2
und einer Empfangsantenne E3 oder E4 ausgemessen wurden, ergaben sich fast
nie Echos. Dies lässt sich durch die Position der Antennen mit dem Potentialmodell einfach interpretieren: Während die beiden Sendeantennen vorwiegend die
erste oder dritte Mode anregen können, sind die beiden genannten Empfangsantennen so positioniert, dass sie vorwiegend Signale der zweiten Mode empfangen.
Die Transmission in Bereichen, in denen Resonanzen zu erwarten sind, sind also
geringer als bei einer symmetrischen Antennenwahl.
Die Form dieser Zeitsignale lässt sich folgendermaßen interpretieren: Die Zeit tS
58
Abb. 5.3: Dieses Zeitspektrum wurde aus einer Messung von der Antennenkombination S1 − S2 im supraleitenden Fall ohne Einsatz der Reflektoren gewonnen.
Zwischen den hohen Maxima, die auf stehende Wellen auf Kabeln zwischen
den Endsteckern zurückgeführt werden konnten, sind Echos klar zu erkennen (markiert). Auch zu späten Zeiten nach vielen Echomaxima ist noch ein
typisches Echoprofil deutlich sichtbar, wie die eingezeichnete Grafik zeigt.
bis zum ersten von Null verschiedenen Signal entspricht gerade dem minimalen
Signalweg eines Pulses zwischen den Anschlüssen am Netzwerkanalysator, also
der Summe aus allen äußeren Kabellängen und dem Weg im Billard, wobei zu
berücksichtigen ist, dass die Lichtgeschwindigkeit
√ in den mit einem Dielektrikum
gefüllten Kabeln um einen Faktor von etwa 2 geringer ist als im Vakuum. Die
in den Zeitsignalen sichtbaren weit herausragenden Maxima stellen Mehrfachreflexionen zwischen den Endsteckern der Kabel dar. Dementsprechend verschieben
sich die Maxima zu kürzeren Zeiten hin, wenn man kürzere Kabellängen wählt.
Abbildung 5.4 zeigt einen Vergleich zweier Signale bei langen und kurzen Kabellängen.
Bei Messungen, die mit einer Abtastrate von 200 kHz aufgenommen wurden, zeigten sich zunächst weitere periodische Effekte wie in Abb. 5.5 gezeigt: Messungen
bei einer Abtastrate von 50 kHz zeigten diese Artefakte nicht. Die Artefakte konnten auf die Messprozedur des Netzwerkanalysators zurückgeführt werden. Üblicherweise wird der Netzwerkanalysator im sog. Ramp-Modus betrieben, in dem
59
Abb. 5.4: Vergleich von Zeitsignalen erhalten aus Messungen mit langen bzw. kurzen
Kabeln (oben bzw. unten) ohne Reflektoren von Antenne S1 zu E1. Je länger
der Kabelweg ist, desto länger ist auch die Schwellenzeit bis zum ersten
von 0 verschiedenen Signal. Außerdem verschieben sich die hohen Maxima
im Zeitsignal, welche die Echos überdecken, relativ zur Schwellenzeit zu
kürzeren Frequenzen, wenn man die Kabellänge vermindert. Diese Peaks
werden daher als Signaturen von stehenden Wellen auf den Kabeln gedeutet.
die Frequenzquelle auf einer Frequenz einschwingt und dann bei bis zu 801 Datenpunkten ein Signal gemessen wird. Die zu den einzelnen Punkten gehörigen
Frequenzen werden dabei elektronisch aus der von der Quelle vorgegebenen Frequenz konvertiert. Dieses Verfahren ist fehlerbehaftet und führt im fouriertransformierten Signal zu Artefakten wie in Abb. 5.5. Genauer hingegen ist der sog.
Step-Modus, bei dem die Frequenzquelle für jeden Datenpunkt einzeln eine Frequenz vorgibt. Dadurch erhöht sich unter Umständen die Messzeit, aber auch die
Genauigkeit der gemessenen Signale. Diese Methode ist daher für Untersuchungen
im Zeitbereich empfehlenswert.
Aus der Form der fouriertransformierten Spektren kann man zwei Feststellungen treffen: Zum einen kann auf Grund der vorliegenden Daten nicht entschieden
werden, ob die Reflektorantennen einen positiven oder negativen Effekt auf die
Messungen haben. Die Spektren beider Deckel unterscheiden sich zum Teil massiv, wogegen die Echos in beiden Fällen ähnlich gut messbar sind. Zum anderen
60
Abb. 5.5: Der Betriebsmodus des Netzwerkanalysators ist ausschlaggebend für die
Qualität der berechneten Zeitsignale. Im Ramp-Modus, bei dem die Frequenz nur nach je einer bestimmten Anzahl an Messpunkten optimal eingeschwungen wird, kommt es bei manchen Abtastraten zu signalüberlagernden
Maxima im Zeitbereich. Es ist dann das eigentliche Signal mit Echos und
Maxima durch stehende Wellen auf Kabeln, hier eine normalleitende Messung von S1 zu E1 ohne Reflektoren, sowie ein überlagertes periodisches
Signal (tw. markiert) zu erkennen.
erscheint es für Untersuchungen im Zeitbereich sinnvoll, supraleitende Messungen mit normalleitenden zu kombinieren. Supraleitende Messungen haben den
Vorteil, dass Resonanzen und demnach, wie im nächsten Abschnitt argumentiert
werden wird, auch Echos gut zu sehen sind. Der Nachteil ist allerdings neben dem
experimentellen Aufwand, dass lange Kabelwege und mehrere Verschraubungen
der Kabel notwendig sind, was in Teilen der Zeitsignale störende Maxima hervorruft. Die Bandbreite der in dieser Arbeit präsentierten Ergebnisse konnte nur
durch eine Kombination aus sowohl supraleitenden Messungen als auch solchen
bei Raumtemperatur erhalten werden.
61
5.2.2
Identifikation der Wellenechos
Bisher wurden die Formen von Frequenz- und Zeitspektren interpretiert; es steht
jedoch noch die Diskussion direkter Nachweise der Quantenstreuechos aus. In
diesem Abschnitt werden direkt aus dem Experiment erhaltene Argumente dafür
gegeben, dass die gesehenen Echos tatsächlich die gesuchten Quantenstreuechos
sind.
Aus den Ergebnissen von Abschnitt 4.3.2 und den Formen der Zeitsignale lässt
sich schließen, dass das Auftreten der zu einer Mode gehörenden Resonanzen eine notwendige Bedingung für das Auftreten von Echos ist. In den Spektren sind
meist die Resonanzen der dritten Mode dominant. Durch eine nur bereichsweise
Anwendung der FFT-Routine auf Intervalle unterhalb und oberhalb der Resonanzen der dritten Mode konnten dementsprechend nahezu keine Echos erhalten
werden. Wird die Routine hingegen nur auf ein 2 GHz breites Fenster, in welchem die Resonanzen enthalten sind, angewendet, zeigen sich Echos im Zeitsignal
- das Experiment entspricht den theoretischen Erwartungen. Unklar ist in diesem
Zusammenhang noch, ob Echos durch eine Überlagerung zweier Resonanzen als
Schwebung entstehen, oder ob auch eine einzelne Resonanz für ein Echo verantwortlich sein kann. Ist letzteres der Fall, so können mehrere Resonanzen verschiedene Echos mit verschiedenen Perioden hervorrufen. Dies führt zu Schwebungen
der Echosignale selbst und wurde in Simulationen an ähnlichen Streusystemen
entdeckt [64].
Ein weiteres Argument beruht auf einer Analyse der Zeitspanne zwischen zwei aufeinanderfolgenden Echomaxima. Hierfür ergaben sich aus den Betrachtungen des
Hufeisens THuf eisen = (4.67 ± 0.14) ns, aus der klassischen Simulation der gleiche
Wert TSimulation = (4.67 ± 0.62) ns und aus dem Potentialmodell die moden- und
zeitabhängigen Vorhersagen in Abb. 3.13. Die Zeit Texp zwischen zwei Echomaxima wurde in den Messungen zu bestimmten Zeitpunkten t − tS nach dem ersten
Signal zum Zeitpunkt tS bestimmt, indem die Intervalldauer abgelesen wurde, in
der eine bestimmte Anzahl an Maxima liegt. Der gesuchte Zeitabstand wurde aus
dieser Länge berechnet, und als Fehler die Standardabweichung der Breite der
einzelnen Maxima im Intervall angegeben. Abbildung 5.6 zeigt die gute Übereinstimmung zwischen den Vorhersagen des Potentialmodells und den gemessenen
Daten. Auch hier wird wieder die dominierende Rolle der dritten Mode deutlich.
Bestätigt wird weiterhin die Vermutung, dass die Zeit zwischen zwei Echomaxima im quantenmechanischen Fall wegen dynamischen Tunnelns geringer ist als
im klassischen.
Eine Möglichkeit für periodische Maxima im Zeitbereich, die nicht auf Echos beruhen, sind neutralstabile Bahnen, sog. Bouncing Ball Orbits. Den Ergebnissen
anderer Experimente [65] nach sollten diese jedoch im Zeitbereich als schmale Maxima erscheinen und nicht als eine sinusartige“ Funktion, womit diese Möglich”
keit ausgeschlossen ist.
62
Abb. 5.6: Vergleich der experimentell bestimmten Echoperioden in Abhängigkeit der
Zeit nach dem Puls mit den aus dem Potentialmodell theoretisch erhaltenen
Kurven. Es zeigt sich eine gute Übereinstimmung sowohl in der Kurvenform - zunächst wird ein Abfall der Echoperiode und dann eine Sättigung
beobachtet - als auch in absoluten Werten. Die Messdaten entsprechen am
besten der zur dritten Mode gehörigen Kurve, was durch die gespeicherte
Energie und die Anregbarkeit des Resonators bei den Antennenpositionen
verstanden werden kann.
Ein weiteres Argument macht sich die Idee zu Nutze, dass Echos auf den beiden
Seiten des Billards abwechselnd ausgekoppelt werden. Es wurde daher eine Messung mit der Antennenkombination S1 − E1, bei der nach der Interpretation von
Gleichung (4.1) für offene Systeme das Feld am Ort der Antenne S1 ausgemessen
wird, mit einer Messung mit der Antennenkombination S1 − S2 verglichen. Die
erste registriert die transmittierten Echos, die letzte die reflektierten. Abbildung
5.7 zeigt beide Zeitsignale, wobei das zu S1−S2 gehörende verschoben und reskaliert wurde. Tatsächlich sieht man, wie erwartet, ein verschobenes Verhalten der
beiden Signale.
Da im Phasenraum Echos durch eine Umkreisung der stabilen Insel entstehen,
sollte es keine Echos geben, wenn die stabile Insel zerstört wird. Hierzu wurden
kleine Störkörper in den inneren Bereich des Billards gebracht, ein Frequenzspek63
Abb. 5.7: Vergleich von Echoprofilen aus Messungen der Transmission durch das Billard (S1 − E1, oben) sowie der Reflexion (S1 − S2, unten). Wie erwartet
treten die Maxima abwechselnd auf, korrespondierend zur zeitlich alternierenden Auskopplung von Wellen aus den beiden Billardöffnungen. Eine der
beiden Kurven wurde zur übersichtlicheren Darstellung durch Multiplikation mit einem festen Faktor reskaliert, so dass sich die Amplituden beider
Messungen etwa gleichen. Die senkrechten Linien orientieren sich an den
Minima der Reflexionsmessung. Die Abweichungen sind auf die verschieden
langen Laufzeiten durch das Billard in den beiden Fällen zurückzuführen.
trum ausgemessen und das zugehörige Zeitsignal in Abb. 5.8 bestimmt. Auch hier
gibt es eine Übereinstimmung mit der Theorie, da keine Echos mehr zu sehen
sind.
5.2.3
Zerfall
Quantenmechanische Systeme zeigen bei hinreichend hoher Dissipation, selbst
wenn das zugehörige klassische System chaotisch ist und exponentiell zerfällt, ein
algebraisches Zerfallsverhalten [32, 33, 36, 66], d.h. P (t) = t−γ(n) , wobei P (t) die
Wahrscheinlichkeit dafür bedeutet, dass sich ein quantenmechanisches Teilchen
nach der Zeit t noch immer im Billard befindet. Der Zerfallsexponent γ ist von
der Anzahl der vom Billard durchgelassenen Moden n und damit von der Anzahl
64
Abb. 5.8: Durch zwei kleine Störkörper in der Größenordnung eines Zentimeters im
inneren Bereich des Billards wird die stabile Insel des klassischen Phasenraumes zerstört. Dementsprechend sind im Zeitsignal, hier von einer Messung
am normalleitenden Billard, keine Echos mehr zu sehen.
offener Zerfallskanäle abhängig. Die Rechnungen mit dem Potentialmodell (vgl.
Abschnitt 3.2), in dem metastabile Zustände nicht berücksichtigt werden, ergeben
ebenfalls ein algebraisches Verhalten, was als Überlagerung von exponentiellen
Zerfällen mit verschiedenen Zeitkonstanten interpretiert werden kann.
Aus Rechnungen von Seligman et al. [9] zu einem ähnlichen Streusystem wie dem
in dieser Arbeit betrachteten ergab sich dennoch ein exponentielles Zerfallsverhalten P (t) = exp (−λt). Es wurde darauf zurückgeführt, dass nach hinreichend
langer Zeit Echos durch einen Tunnelprozess einzelner Zustände aus der stabilen
Insel entstehen. Der Vergleich dieser Vorhersage mit den experimentellen Daten
gestaltet sich nicht einfach, da die Signale zunächst weder exponentiell noch algebraisch zu zerfallen scheinen. Als Beispiel sind die Zeitsignale von einer Messung
bei Raumtemperatur mit Reflektoren und dem inneren Antennepaar S1 − E1 in
Abb. 5.9 in einfach- und doppeltlogarithmischer Auftragung abgebildet; zum Vergleich zeigt Abb. 5.10 das exponentiell zerfallende Zeitsignal des voll chaotischen
Schneckenbillards aus [67].
Abbildung 5.9 ist entnehmbar, dass zu mittleren Zeiten nach einigen ersten Echo65
Abb. 5.9: Das Zerfallsverhalten des offenen Billards ist nicht eindeutig identifizierbar.
Die Zeitsignale zeigen weder in einfach- noch in doppeltlogarithmischer Auftragung die Gestalt einer Gerade. Exponentielles Zerfallsverhalten findet
dennoch innerhalb der gestirchelten Markierungslinien in der einfachlogarithmischen Auftragung nach einigen ersten Echomaxima statt, bevor die
Zerfallskurve in das Untergrundrauschen übergeht. Die angegebenen Konstanten sind die durch Geradenanpassung erhaltenen Zerfallskonstanten dieser Messung. Die Signale wurden aus Transmissionsmessungen der Antennen
S1 und E1 im normalleitenden Zustand mit Reflektoren gewonnen.
maxima ein exponentieller Zerfall stattfindet, jedoch das Verhalten des Zerfalls
über den gesamten Zeitraum hinweg weder durch einen algebraischen noch durch
einen exponentiellen Zerfall beschrieben wird. Dies wurde an mehreren Zeitsignalen beobachtet. Abbildung 5.11 gehört zu einer Kaltmessung von Antenne S1 zu
S2 ohne Reflektoren; sie lässt vermuten, dass mehrere Zerfallsmoden mit exponentiellem Zerfall gleichzeitig vorliegen. Insbesondere zerfallen die hohen Peaks, die
auf stehende Wellen in den Kabeln zurückgeführt wurden, schneller als die Echos.
Die Echos selbst zerfallen am Anfang schneller als spätere Echos, an welche in der
einfachlogarithmischen Auftragung in Abb. 5.9 eine Gerade angepasst wurde. Zumindest im Mikrowellenexperiment ist das Zerfallsverhalten somit komplizierter
als erwartet. Denkbar ist es, dass die Frequenzabhängigkeit der Tunnelwahrscheinlichkeit aus der stabilen Insel zu einer zeitabhängigen Zerfallskonstante für einen
exponentiellen Zerfall führt. Metastabile Zustände führen in dieser Interpretation
zu einer Überlagerung von exponentiellen Zerfällen mit verschiedenen Zerfallskonstanten. Weiterhin wird vermutet, dass die anfänglichen Echos zu chaotisch
gestreuten Zuständen in der chaotischen Hülle und die späteren Echos mit sauberem exponentiellen Zerfallsverhalten zu regulärer Dynamik in der stabilen Insel
im klassischen Phasenraum korrespondieren. Demnach ist das Kurzzeitverhalten
wichtig für das inverse Streuproblem: Aus der Echoperiode der ersten Echos kann
der Entwicklungsparameter des Hufeisens des klassischen Phasenraums bestimmt
werden.
66
Abb. 5.10: Zeitsignal des vollchaotischen Billards aus der Familie der Pascalschen
Schnecken. Dieses geschlossene System zerfällt sehr deutlich exponentiell,
und die Zerfallskonstante ist geringer als die des offenen Billards.
Tabelle 5.1 enthält eine Zusammenstellung der durch Anpassen von Geraden an
die halb- und / oder doppeltlogarithmischen Auftragungen der Zeitsignale erhaltenen Zerfallskonstanten. Zum Vergleich sind bei einigen Messungen sowohl eine
algebraische Zerfallskonstante γ als auch eine exponentielle λ angegeben, wobei
letztere den lokalen Zerfall der Echos besser beschreibt. Manche Signale besitzen
nach den ersten Echomaxima auch ein rein exponentielles Verhalten.
Es ist zu erkennen, dass die normalleitende gegenüber der supraleitenden Messung
mit Reflektoren und dem Antennenpaar S1 − E1 eine höhere Zerfallskonstante
hat: Die quasigebundenen Zustände haben damit wie erwartet eine geringere Lebensdauer. Auch ist festzustellen, dass das Schneckenbillard als nicht dissipatives
System normalleitend fast so stabil ist wie die beste der aufgeführten supraleitenden Messungen am offenen Billard. Es wurde weiterhin festgestellt, dass bei oben
nicht aufgeführten Warmmessungen die Zerfallskonstanten groß waren, wenn die
Resonatoren längere Zeit nicht poliert wurden. Es ist anzunehmen, dass in diesem
Fall die Bleischicht an ihrer Oberfläche oxidiert und der Resonator eine geringere
Leitfähigkeit besitzt, weshalb der Zerfall schneller geschieht.
Letztlich wurde noch überprüft, ob die Größen aus der Modellrechnung und den
Messungen, die die Dissipation beschreiben, konsistent sind. Unter der Annahme
67
Abb. 5.11: Dieses Zeitsignal, entstanden aus einer Kaltmessung des Antennenpaares
S1 − S2 ohne Reflektoren, gibt Anlass zur Vermutung, dass der beobachtete Zerfall eine Überlagerung verschiedener exponentieller Zerfälle ist. Es
ist deutlich ein exponentieller Zerfall der Maxima durch stehende Wellen in den Kabeln sowie ein langsamerer, ebenfalls exponentieller Zerfall
der Echos zu erkennen. In anderen Messungen wurden ähnlicherweise zwei
Bereiche, in denen jeweils die Echos exponentiell zu zerfallen scheinen, beobachtet.
eines exponentiellen Zerfalls ist mit Q = 2πf /Γ und Γ = 2λ feststellbar, dass
die gemessenen Breiten und die bestimmten Zerfallskoeffizienten von der Größenordnung her zu gleichen Güten korrespondieren. Eine theoretische Abschätzung
der Güte mit Gleichung (3.23) des Potentialmodells führt ebenso zur erwarteten
Größenordnung.
68
Tabelle 5.1: Charakteristischen Zerfallskonstanten. Zu einigen Messungen ist auch ein
algebraischer Zerfallsparameter angegeben, der durch eine Geradenanpassung an die beobachteten Echos in doppeltlogarithmischer Auftragung
erhalten wurde.
Messung
γ
Klassische Simulation
1.7
Quantenmechanische Modellrechnung
2.05
Warmmessug an der Schnecke
Kaltmessung S1 − E1 mit Reflektoren
1.65
Kaltmessung S2 − E2 mit Reflektoren
Kaltmessung S1 − S2 ohne Reflektoren 1.85
Kaltmessung S2 − E2 ohne Reflektoren
2.2
Warmmessung S1 − E1 mit Reflektoren
Warmmessung S1 − E1 ohne Reflektoren
69
λ/ns−1
0.0105
0.008
0.05
0.01
0.018
0.017
0.018
6
Schlussbemerkungen und Ausblick
Quantenstreuechos, deren Ursprung in der Streudynamik gemischter Systeme mit
einer chaotischen Hülle und mindestens einer instabilen periodischen Bahn liegt,
wurden im Rahmen dieser Arbeit erstmals experimentell nachgewiesen. Hierzu
wurden Transmissionsmessungen an normal- und supraleitenden Mikrowellenresonatoren durchgeführt und die erhaltenen Spektren mit einer Fouriertransformation in den Zeitbereich überführt. Durch einen Separationsansatz der Helmholtzgleichung konnte ein Modell aufgestellt werden, was es erlaubt, sowohl die
gemessenen Frequenzspektren als auch die daraus erhaltenen Zeitsignale zu interpretieren und qualitativ zu verstehen.
Es gibt noch weitere Aspekte, die am offenen Billard oder an ähnlichen Geometrien untersucht werden könnten. Die folgende Zusammenstellung gibt einen
Überblick über die gegenwärtig diskutierten offenen Fragestellungen:
• Bei einer geeigneten Änderung der Berandungen kann sich eine stabile Insel im klassischen Phasenraum in zwei Inseln teilen. Dies korrespondiert zu
zwei stabilen Bahnen mit einer instabilen Bahn dazwischen auf der Symmetrieachse des Billards. Durch diese Periodenverdopplungsbifurkation“ sollte
”
der Abstand zweier benachbarter Echos abnehmen, weil die beiden stabilen
Inseln kleiner sind als die ursprüngliche.
• Das Zerfallsverhalten des offenen Billards wird als gleichzeitiger Zerfall von
metastabilen Zuständen im Inneren des Billards interpretiert. Fraglich ist,
weshalb die extrem langen Echos nur in manchen Zeitsignalen zu sehen sind.
Es wird vermutet, dass diese späten“ Echos zu Zuständen in der stabilen
”
Insel des klassischen Phasenraumes korrespondieren, und lediglich die ersten nicht exponentiell zerfallenden Echos durch Wellenpakete verursacht
werden, die in der chaotischen Hülle lokalisiert sind. Für das inverse Streuproblem sind daher lediglich die ersten Echomaxima von Interesse.
• Die Anzahl der Zustände für eine Mode im Potentialmodell sollte aus dem
Phasenraumvolumen berechenbar sein. Erste Abschätzungen zeigen, dass es
nur wenige Resonanzen gibt, d.h. fast alle wurden gemessen.
• Die Frequenz der Echos kann in Abhängigkeit der Zeit besser durch eine
gefensterte Fouriertransformation bestimmt werden. Damit wäre auch eine
zuverlässigere Fehlerabschätzung als in 5.6 möglich.
• Seligman et al. fanden in einem System eine Schwebung von Echos [64],
die durch die Wechselwirkung zweier breiter Zustände im Potentialtopf zu
Stande kamen. Im Experiment konnten solche Schwebungen nicht beobachtet werden. Es wird jedoch vermutet, dass Echos selbst Schwebungen von
70
Resonanzen sind. Echos können demnach nur bei mindestens zwei Resonanzen auftreten, und bei vier Resonanzen wäre eine Schwebung sichtbar.
• Durch eine gefensterte Fouriertransformation um die prominentesten Resonanzen könnte das Langzeitverhalten der Echosignale sichtbar werden. Mit
dieser Methode kann ein Vergleich von Reflexions- und Transmissionssignalen wie in Abb. 5.7 auch auf längeren Zeitskalen durchgeführt werden.
71
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Danksagung
Am Ende dieser Arbeit möchte ich all jenen Danken, die zu ihrem Gelingen beigetragen haben.
Zunächst danke ich Herrn Professor Dr. Dr. h. c. mult. A. Richter für die interessante Aufgabe und das Vertrauen, dass er damit in mich gesetzt hat. Besonders
danke ich ihm für die Möglichkeit, an den Dynamics Days“ in Heidelberg und
”
an einem Workshop über Billards am Centro Internacional de Ciencias (CIC) in
Cuernavaca, Mexico teilzunehmen - dort habe ich sehr viel dazugelernt.
Für die gute Zusammenarbeit, das lustige Betriebsklima, die qualifizierte Betreuung und die grenzenlose Bereitschaft, diese Arbeit zu korrigieren, bedanke ich
mich bei den Kollegen der Chaosgruppe, Frau Dr. Barbara Dietz-Pilatus und
den Herren Dipl.-Phys. Christian Dembowski, Andreas Heine und Maksim MiskiOglu.
Herrn Professor Dr. T.H. Seligman gilt mein herzlicher Dank für zahlreiche Gespräche über die Streuechos, viel Inspiration und seine freundliche Einladung an
das CIC. Auch Carlos Mejı́a Monasterio danke ich sehr für die Korrespondenz
über dieses Projekt.
Der Studienstiftung des Deutschen Volkes danke ich ebenso herzlich für ihre
langjährige Unterstützung sowie die Motivation und Freude an meinem Beruf,
die ich nicht zuletzt durch sie immer wieder neu gewonnen habe.
Herrn Creter, Herrn Häckl und seiner Crew aus der Mechanikwerkstatt des IKPs
danke ich sehr für die schnelle und akkurate Konstruktion des Billards, ohne die
die Messungen sicherlich nicht so erfolgreich gewesen wären. Auch allen anderen
Mitarbeitern und Kollegen des IKP sei herzlichst für ihre Hilfsbereitschaft und
Freundlichkeit gedankt.
Ein weiterer Dank gilt den Herren Prof. Dr. Feile und Prof. Dr. Fujara, die mit
viel eigenem Einsatz dafür sorgten, dass ich termingerecht flüssiges Helium für
eine Kaltmessung bekommen konnte.
Ein ganz persönlicher Dank geht an meine Freunde, meine Mitstreiter in der
Freiwilligen Feuerwehr Hering und natürlich an meine Familie, die meine Zielstrebigkeit mit ganzer Kraft unterstützten.
Hiermit versichere ich, die vorliegende Diplomarbeit ohne Hilfe Dritter nur mit den
angegebenen Hilfsmitteln angefertigt zu haben. Alle Stellen, die aus den Quellen
entnommen wurden, sind als solche kenntlich gemacht worden. Diese Arbeit hat
in gleicher Form noch keiner Prüfungsbehörde vorgelegen.
Darmstadt, den 2. Juni 2003
(Thomas Friedrich)
Erklärung zur Diplomarbeit
1.
Mir ist bekannt, daß ein Exemplar der Diplomarbeit Bestandteil
der
Prüfungsakten wird und bei der TU Darmstadt verbleibt
( 19 Abs. 7 Diplomprüfungsordnung / Allgemeiner Teil (DPO/AT) vom
15. Juli 1991 (Amtsblatt 1992, S. 23) in der Fassung der zweiten Änderung
vom 7. Februar 1994 (Amtsblatt S. 441)).
2. Ich bin damit einverstanden, daß die Diplomarbeit in den
Bibliotheksbestand der TU Darmstadt aufgenommen und öffentlich
zugänglich gemacht wird.
Darmstadt, 2. Juni 2003
(Thomas Friedrich)
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