Dr. H. Farshbaf-Shaker, Dr. D. Depner Fakultät für Mathematik Universität Regensburg WS 2010/11 22.02.2011 Klausur zur Funktionalanalysis – Lösungsvorschlag (6 Punkte pro Aufgabe) Aufgabe 1 Sei U ⊂ X eine dichte Teilmenge in einem normierten Vektorraum, Y ein Banachraum und A ∈ e L(U, Y ) ein linearer, beschränkter Operator. Zeigen Sie, dass dann eine eindeutige Fortsetzung A e ∈ L(X, Y ) mit A e = A. Außerdem gilt kAk e = kAk. von A auf X existiert, d.h. A U Beweis. Zu x ∈ X wähle eine Folge (yi )i∈N ⊂ U mit yi → x. Dann ist (Ayi )i∈N eine Cauchy-Folge in Y , denn kAyi − Ayj k ≤ kAk kyi − yj k → 0 für i, j → ∞ . Da Y Banachraum ist, existiert der Grenzwert von (Ayi )i∈N und wir definieren e := lim Ayi . Ax i→∞ Obige Definition ist unabhängig von der Wahl der Folge (yi )i∈N , denn für zwei Folgen (yi )i∈N und (ỹi )i∈N in U mit yi , ỹi → x folgt kAyi − Aỹi k ≤ kAk kyi − ỹi k → 0 . e stetig, denn A e ist linear und Außerdem ist A e = lim kAyi k ≤ kAk lim kyi k = kAk kxk . kAxk i→∞ i→∞ e ≤ kAk. Die Eindeutigkeit von A e mit den entsprechenden EigenschafDaraus folgt insbesondere kAk e ten folgt aus der Dichtheit von U . Falls nämlich A wie gefordert existiert, so gibt es für beliebiges e e x ∈ X eine Folge (ui )i∈N in U mit ui → u und wegen der Stetigkeit von A und A = A folgt dann U e e i ) = limi→∞ A(ui ). A(x) = limi→∞ A(u Schließlich gilt noch kAk = sup y∈U , kyk≤1 kAyk = sup y∈U , kyk≤1 e ≤ kAyk sup e = kAk e , kAyk y∈X , kyk≤1 wobei die Ungleichung richtig ist, da das Supremum rechts über eine größere Menge gebildet wird. e = kAk. Insgesamt folgt also auch kAk Aufgabe 2 Sei X ein normierter Raum, n ∈ N und {x1 , . . . , xn } ⊆ X linear unabhängig. Zeigen Sie: Für jedes α1 , . . . , αn ∈ K gibt es ein x0 ∈ X 0 so dass x0 (xi ) = αi für alle 1 ≤ i ≤ n. Beweis. Sei Y := span{x1 , . . . , xn }. Dann ist {x1 , . . . , xn } eine Basis von Y (da {x1 , . . . , xn } ⊆ X linear unabhängig). Definiere f : Y → K, f (xi ) := αi durch lineare Fortsetzung auf Y . Dann ist f ∈ Y 0 , da jede lineare Abbildung auf einem endlich-dimensionalen Raum stetig ist. Der Satz von Hahn Banach liefert eine Fortsetzung x0 ∈ X 0 für f mit x0 |Y = f , d.h. insbesondere x0 (xi ) = f (xi ) = αi für alle i ∈ {1, . . . , n}. Aufgabe 3 (i) Geben Sie ein Beispiel für eine schwach konvergente Folge, die nicht stark konvergiert. Beweisen Sie Ihre Behauptungen. (ii) Sei H ein Hilbertraum, x ∈ H und (xn )n∈N eine Folge in H. Zeigen Sie die folgende Äquivalenz: xn → x stark in H ⇐⇒ xn * x schwach in H und kxn k → kxk . Beweis. zu (i): Wähle im Folgenraum l2 (N) die Standardfolge en für n ∈ N, die an der n-ten Stelle eine 1 hat und sonst nur Nullen.PDann gilt en * 0, denn für y ∈ l2 (N) gilt, da l2 (N) ein Hilbertraum ist mit Skalarprodukt (a, b) = ∞ j=1 aj bj , dass (en , y)l2 = ∞ X (en )j yj = yn → 0 , j=1 da yn → 0 wegen Endlichkeit der Reihe über |yn |2 . Also folgt die schwache Konvergenz gegen 0. Die Folge (en )n∈N ⊂ l2 (N) kann aber nicht stark konvergieren, denn sonst müsste sie gegen 0 konvergieren (aus stark folgt schwach konvergent), was aber wegen ken kl2 = 1 nicht möglich ist. Andere Möglichkeit: Betrachte die Funktionenfolge un (x) := sin(nx) in L2 (0, π). Nutze das Beispiel 5.6 über oszillierende Funktionen aus der Vorlesung um zu zeigen, dass un * 0 in L2 (0, π). Allerdings gilt kun k2L2 (0,π) = π/2 > 0, also konvergiert un nicht stark gegen 0. zu (ii): “⇒” ist klar. “⇐”: Es gilt kxn − xk2 = (xn − x, xn − x) = kxn k2 − (x, xn ) − (xn , x) + kxk2 → kxk − 2 (x, x) + kxk = 0 . Aufgabe 4 (i) Formulieren Sie den Satz vom abgeschlossenen Graphen (ohne Beweis). (ii) Sei H ein Hilbertraum und A : H → H linear mit (v, Aw) = (Av, w) für alle v, w ∈ H. Zeigen Sie, dass A stetig ist. zu (i): Seien X, Y Banachräume und A : X → Y linear. Dann ist A genau dann stetig, wenn A abgeschlossen ist, d.h. gr(A) = {(x, Ax) | x ∈ X} ⊂ X × Y ist abgeschlossen. zu (ii): Wir zeigen, dass gr(A) abgeschlossen ist in H × H. Dazu seien vn → v, Avn → w, dann ist zu zeigen, dass Av = w. 1.Möglichkeit: Für u ∈ H gilt: (Av − w, u) = (v, Au) − (w, u) ←− (vn , Au) − (Avn , u) = (Avn , u) − (Avn , u) = 0 . Das heißt (Av − w, u) = 0 für alle u ∈ H und somit Av = w. 2.Möglichkeit: Zeige, dass Avn * Av und nutze dann, dass aus starker Konvergenz die schwache folgt (d.h. insbesondere Avn * w) und dass der schwache Grenzwert eindeutig ist. Daraus folgt schließlich Av = w. Zur schwachen Konvergenz sei u ∈ H beliebig, dann gilt: (Avn , u) = (vn , Au) → (v, Au) = (Av, u) . Aufgabe 5 Sei (en )n∈N ein Orthonormalsystem eines Hilbertraumes H, (λn )n∈N eine beschränkte Folge in K, und sei der Operator T ∈ L(H) definiert durch T x := ∞ X λn (x, en ) en für x ∈ H . n=1 Zeigen Sie, dass T genau dann kompakt ist, wenn λn → 0 für n → ∞. Beweis. “⇒”: Falls nicht λn → 0, so existiert eine Teilfolge mit |λnk | ≥ C > 0 für alle k ∈ N. Dann ist q kT enk − T enl k2 = |λnk enk − λnl enl |2 = |λnk |2 + |λnl |2 ≥ C und das ist ein Widerspruch zur Kompaktheit von T , da (enk ) eine beschränkte Folge ist und T enk somit eine konvergente P Teilfolge besitzen müsste. “⇐”: Setze TN x := N n=1 λn (x, en ) en für N ∈ N. Da dimR(TN ) < ∞, ist TN kompakt. Außerdem gilt, da (en )n∈N Orthonormalsystem: 2 k(T − TN )xk = k ∞ X 2 λn (x, en )en k ≤ n=N +1 ∞ X n=N +1 2 2 2 2 |λn | |(x, en )| ≤ sup |λn | n>N ∞ X |(x, en )|2 n=N +1 2 ≤ sup |λn | kxk , n>N wobei hier die Besselsche Ungleichung verwendet wurde. Daraus folgt dann kT − TN k ≤ sup |λn | → 0 für N → ∞ , n>N da λn → 0 für n → ∞. Da K(H) abgeschlossen ist in L(H), folgt T ∈ K(X). Name: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragen: jeweils mit Begründung beantworten, zusätzliche Blätter sind erlaubt. (2 Punkte pro Frage) 1.) Geben Sie jeweils ein Beispiel für einen unendlich-dimensionalen Banachraum mit zugehöriger Norm und für einen unendlich-dimensionalen Hilbertraum mit zugehörigem Skalarprodukt an. 1.) C 0 (Ω) mit kuk = sup R x∈Ω |u(x)|, 2 2.) L (Ω) mit (f, g) = Ω f g dx. 2.) Charakterisieren Sie präkompakte Mengen in C 0 ([0, 1]) mit Hilfe des Satzes von Arzela-Ascoli. A ⊂ C 0 ([0, 1]) präkompakt genau dann wenn A beschränkt und gleichgradig stetig ist, d.h. (i) sup sup |f (x)| < ∞ , f ∈A x∈[0,1] (ii) sup |f (x) − f (y)| → 0 für |x − y| → 0 . f ∈A 3.) Beschreiben Sie die linearen Funktionale eines Hibertraumes mit Hilfe des Riesz’schen Darstellungssatzes. Nach dem Riesz’schen Darstellungssatz ist J : H → H 0 , x 7→ Jx mit hy, Jxi = (y, x) für alle x, y ∈ H ein konjugiert linearer isometrischer Isomorphismus, d.h. alle linearen Funktionale haben die Form (. , x) für ein x ∈ H. 4.) Welche der Lebesgue-Räume Lp (Rn ) für 1 ≤ p ≤ ∞ sind separabel, welche reflexiv? Geben Sie außerdem für 1 ≤ p < ∞ den Dualraum an. Lp (Rn ) ist für 1 ≤ p < ∞ separabel und für 1 < p < ∞ reflexiv. 0 Es gilt außerdem (Lp (Rn ))0 = Lp (Rn ) für 1 ≤ p < ∞ mit p1 + p10 = 1. 5.) Seien X, Y Banachräume und A : X → Y linear, stetig und bijektiv. Ist dann A−1 stetig? Begründen Sie Ihre Antwort. Die Inverse A−1 ist in diesem Fall stetig nach dem Satz der inversen Abbildung (direkte Folgerung aus dem Satz der offenen Abbildung, dieser als Begründung reicht auch). 1,2 6.) Sei Ω ⊂ Rn offen und beschränkt, ∅ 6= M und konvex und u ∈ M R ⊂1 H0 2(Ω) abgeschlossen sei das Minimum der Energie E(u) := Ω 2 |∇u| − u dx in M . Stellen Sie die zugehörige Variationsungleichung auf. Z (∇u · ∇(v − u) − (v − u)) dx ≥ 0 für alle v ∈ M . Ω 7.) Sei X ein Banachraum und T ∈ K(X) ein kompakter Operator. Zeigen Sie, dass die Fixpunktgleichung T x = x nur endlich viele linear unabhängige Lösungen x ∈ X besitzt. Es gilt {x | T x = x} = N (I − T ) ist ein Untervektorraum und N (I − T ) ∩ B1 (0) ⊂ T (B1 (0)) präkompakt, also muss N (I − T ) endlich-dimensional sein.