Verfügbarkeit von Saatgut – eine logistische Herausforderung

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BAUERNBLATT | 4. Juni 2016 ■
„Nicht obligatorische Beschaffenheitsprüfung“ spart Zeit bei Anerkennung
Verfügbarkeit von Saatgut – eine logistische Herausforderung
In Schleswig-Holstein, dem Bundesland mit der spätesten Ernte
und den frühesten Aussaatterminen, ist die zeitgerechte Lieferung
des Saatgutes in nahezu jedem
Jahr eine echte Herausforderung
für alle Beteiligten. Da der Ernte­
termin des Saatgetreides wie auch
beim Konsumgetreide von den natürlichen Gegebenheiten, insbesondere der Witterung, abhängt,
kann auch eine rechtzeitige Bestellung keinen definierten Liefertermin sichern, es sei denn, der Handel hält Saatgut aus überlagerten
Partien vor.
Die Tendenz zur Überlagerung
hat in den vergangenen Jahren
zugenommen und ist sicherlich
zum Teil durch die guten Erträge
der vergangenen Jahre mit verursacht worden. Auch die Handelshäuser haben erkannt, dass es vorteilhaft ist, gewisse Mengen für
die nächste Aussaat vorzuhalten.
Dies kann aufgrund der benötigten Mengen, insbesondere beim
Getreidesaatgut, aber immer nur
Teilmengen umfassen. Der Bedarf
an Lagerkapazitäten wäre schlicht
zu hoch. Das Risiko, dass Partien
die gesetzlichen Vorgaben insbesondere für die Keimfähigkeit im
Folgejahr nicht mehr erfüllen, besteht, und nicht zuletzt verlangt
der Kunde häufig neue Ware aus
dem aktuellen Erntejahr. An dieser
Stelle sei deutlich darauf hingewiesen, dass überlagertes Saatgut mit
einer aktuellen Untersuchung der
Beschaffenheit genauso gut und
verkehrsfähig ist wie Saatgut aus
dem laufenden Erntejahr. Aus den
genannten Kapazitäts- und Logistikgründen wird der Großteil des
Saatguts aber immer aus der aktuellen Ernte kommen müssen.
Auf dem Weg des Saatgutes von
der Vermehrungsfläche bis in die
Drillmaschine des späteren Kunden
stellt die allseits bekannte und im
Ergebnis hoffentlich erfolgreiche
Feldbestandsprüfung des Vermehrungsbestandes nur einen kleinen
Zwischenschritt im amtlichen Anerkennungsverfahren dar. Es werden im Feld die Sortenechtheit, der
Gesundheitszustand und das Vorkommen von Fremdbesatz auf die
Einhaltung der gesetzlichen Mindestanforderungen überprüft.
Nach der Ernte wird die Rohware
gegebenenfalls zunächst getrock-
bis 14 Tagen. Auswertungen der vergangenen Jahre haben eine durchschnittliche Dauer von knapp zehn
Tagen vom Probeneingang
im Saatgutlabor bis zur Erteilung des Anerkennungsbescheides ergeben, wobei
die Streuung je nach Keimruhe erheblich sein kann.
Da aufgrund der Konzentrationsprozesse im Landhandel nur noch wenige,
dafür sehr große Aufbereitungsanlagen für Saatgut
betrieben werden, ist der
Aufwand insbesondere für
den Transport der Rohware und das anerkannte Saatgut gestiegen. Daraus lässt
sich ableiten, dass der ZeitDie rechtzeitige Bereitstellung von Saatgut ist eine logistische Herausforderung.
Fotos: Henning Brogmus bedarf für den gesamten
Produktionsprozess
des
net, was entweder auf dem Ver- fung unterzogen wird. Sind die Saatgutes deutlich länger als die eimehrungsbetrieb oder bei direkter Untersuchungen der technischen gentliche Untersuchungsdauer ist.
Anlieferung des Erntegutes in ei- Reinheit, des Fremdbesatzes und
nem Erfassungslager beziehungs- der Tausendkornmasse noch relativ
„Nicht obligatorische
weise im Aufbereitungsbetrieb des zügig durchzuführen, kommt bei
Beschaffenheitsprüfung“
Landhändlers erfolgt. Die getrock- der Ermittlung der Keimfähigkeit
nete Rohware wird dann gereinigt, ein weiterer Aspekt hinzu, die soZum Zwecke der Vereinfachung
um die gesetzlichen Anforderun- genannte Dormanz oder Keimruhe. und Beschleunigung des Anerkengen, insbesondere hinsichtlich der
nungsverfahrens, ohne jedoch den
Reinheit und des Fremdbesatzes
Verbraucherschutz zu vernachlässiBestimmung der
einzuhalten.
gen, hat der Gesetzgeber bereits
Keimfähigkeit
Während der Aufbereitung wervor über zehn Jahren das Verfahden aus der jeweiligen SaatgutIm Hinblick auf die Fallzahlsta- ren der sogenannten „nicht obligapartie, die maximal 30 t umfassen bilität und die Verhinderung von torischen Beschaffenheitsprüfung“
darf, repräsentative Proben gezo- Auswuchs ist die Keimruhe eine (NoB) eingeführt. Die Unterschiegen, von denen die Anerkennungs- durchaus wünschenswerte Ei- de zum zuvor beschriebenen herprobe im akkreditierten Labor der genschaft, die aber bei der Be- kömmlichen Anerkennungsverfahsogenannten Beschaffenheitsprü- stimmung der Keimfähigkeit zu- ren sind zum Teil gravierend und
nächst gebrochen werden muss. können, je nach betrieblichen GeDies erfolgt durch die Vorküh- gebenheiten, zu einer erheblichen
lung der Keimprobe, die 100 Kör- Zeiteinsparung auf dem Produkner in vierfacher Wiederholung tionsweg führen. Voraussetzung
umfasst. Je nach Witterungsbe- für die Teilnahme an diesem Verdingungen, Sorte sowie weiteren fahren ist neben einigen techniFaktoren kann eine Vorkühldauer schen Voraussetzungen insbesonvon zwei bis zu sechs Tagen not- dere das Einverständnis zur Veröfwendig sein, in Ausnahmefällen fentlichung von Kontrollprobenerauch noch mehr. Hinzu kommt die gebnissen. Auch darf nur Saatgut
Dauer der eigentlichen Keimfähig- von Feldbeständen, die uneingekeitsuntersuchung mit Auszählun- schränkt erfolgreich feldbesichtigt
gen nach vier und nach acht Tagen. wurden, im Rahmen dieses VerfahDie so ermittelten Ergebnisse wer- rens zur Anerkennung vorgestellt
den sowohl den beteiligten Un- werden. Insbesondere erhöhter
ternehmen mitgeteilt als auch Besatz mit anderen Getreidearten
der Landwirtschaftskammer für im Feld, auch wenn eine Reinigung
die Zertifizierung der jeweiligen technisch möglich ist, wird bei dieSaatgutpartie übermittelt. In der sem Verfahren nicht toleriert.
Summe steht beispielsweise beim
Wie bereits der Name aussagt,
„Geprüft nach § 12 (1b) SaatgutV“ – Winterweizen somit eine Untersu- wird nicht mehr jede Saatgutpartie
die erforderliche Kennzeichnung von chungsdauer vom Probeneingang auf die Einhaltung der Mindestanbis zur Datenübermittlung von acht forderungen an die Beschaffenheit
„NoB-anerkanntem“ Saatgut.
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■ BAUERNBLATT | 4. Juni 2016
Tabelle: Anzahl der Saatgutpartien und der Beanstandungen im NoB-Verfahren, 2012 bis 2015
2015
2014
2013
2012
Anzahl Partien
mit ­NoB-Anerkennung
Anzahl untersuchter
­Kontrollproben
496
561
372
390
109
122
124
105
untersucht. Es ist möglich, Einheiten bis zu 120 t, also vier Saatgutpartien, in einer Probe zusammenzufassen und untersuchen zu lassen.
Das NoB-Verfahren geht an dieser
Stelle aber noch weiter und verlangt auch nicht mehr die vorherige
komplette Aufbereitung der Partien. Vielmehr ist es möglich die Probe aus der Rohware beispielsweise
unter Zuhilfenahme einer Laborreinigung zu reinigen und so die Anerkennungsprobe zu erzeugen. Der
Saatgutwirtschaft wird damit eine
erhebliche Eigenverantwortung
übertragen, da der Grad der Reinigung im Probenmaßstab mit dem
später erzielten Ergebnis der großtechnischen Anlage übereinstimmen sollte. Ergibt die Beschaffenheitsprüfung, dass die Mindestanforderungen erfüllt sind, werden
die maximal vier zu dieser Probe
gehörigen Partien anerkannt. Für
die Saatgutwirtschaft besteht der
Vorteil darin, dass Saatgutpartien
anerkannt werden können, ohne
die zeit- und kostenintensiven
Transporte und Reinigung durchführen zu müssen. Zeichnet sich im
davon Unterschreitung der gesetzlichen
­Mindestanforderungen außerhalb der Toleranz
Reinheit
Keimfähigkeit
Besatz
0
0
0
0
0
0
4
10
0
0
0
0
Verlauf der Saison eine Nachfrage nach Saatgut dieser Sorten ab,
kann ohne Zeitverlust das Saatgut
aufbereitet, gebeizt, abgepackt
und direkt ausgeliefert werden.
Der Kunde kann dem amtlichen
Etikett entnehmen, ob er Saatgut
erhalten hat, dass nach den Vorschriften für die „nicht obligatorische Beschaffenheitsprüfung“ anerkannt wurde. In diesem Fall steht
auf dem Etikett der Hinweis „geprüft nach § 12 (1b) SaatgutV“.
Um den Kunden zu schützen und
das System zu überwachen, müssen zwingend während der Aufbereitung für jede Einzelpartie mit
maximal 30 t Partiegröße Kontrollproben gezogen werden. Um diese Proben möglichst repräsentativ
zu erstellen, ist ein zugelassenes
automatisches Probenahmegerät
in der Saatgutaufbereitungsanlage vorgeschrieben. Von den so
hergestellten Kontrollproben wird
zeitnah nach der Aufbereitung zunächst eine Probe je Einheit im
Auftrag der Landwirtschaftskammer untersucht. Erfüllt diese Probe die gesetzlich Mindestanforde-
rungen an die Beschaffenheit, ist
das Verfahren damit abgeschlossen. Werden die Anforderungen
unterschritten, werden alle weiteren zu dieser Einheit gehörigen
Proben ebenfalls untersucht.
Kontrollprobenergebnisse
werden veröffentlicht
Zu bestimmten Terminen werden die Ergebnisse aus den Untersuchungen der Kontrollproben
bundesweit veröffentlicht. Auf der
Homepage der Arbeitsgemeinschaft der Anerkennungsstellen
unter www.ag-akst.de sind weitere Informationen sowie die Kontrollprobenergebnisse unter dem
Punkt „nicht obligatorische Beschaffenheitsprüfung“ zu finden.
Ebenfalls enthalten ist dort ein Entschädigungskatalog, der bestimmte Preisnachlässe bei deutlicher
Unterschreitung der gesetzlichen
Mindestanforderungen vorsieht.
Die mehrjährige Auswertung der
Ergebnisse aus der Untersuchung
der Kontrollproben in der Tabelle zeigt, dass sich NoB-anerkann-
tes Saatgut hinsichtlich der Saatgutqualität nicht verstecken muss.
Es gab in den vergangenen beiden
Jahren keine Beanstandungen hinsichtlich der Saatgutqualität, sodass für den Kunden der Vorteil
des Zeitgewinns im Vordergrund
stehen sollte.
FAZIT
Auch in diesem Jahr, gleich, ob
es eine frühe oder späte Ernte gibt, wird die zeitgerechte
Anerkennung und Disposition des Saatgutes wieder eine
große Herausforderung für
alle Beteiligten sein. Durch
standardisierte Untersuchungen kann der Kunde bei aktuell beprobter und untersuchter Ware auf die Angaben auf
dem amtlichen Etikett vertrauen, ganz gleich, ob es sich
um Ware aus dem vergangenen oder dem aktuellen Erntejahr handelt. Das Verfahren
der „nicht obligatorischen Beschaffenheitsprüfung“ sichert
eine schnellere Versorgung
des Marktes mit Getreidesaatgut, ohne dass dabei die hohen Standards bei der Anerkennung von Saatgut auf der
Strecke bleiben.
Henning Brogmus
Landwirtschaftskammer
Tel.: 0 43 31-94 53-350
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