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Allgemeines
1.1
Untersuchungsmethoden bei Heimtieren
Heimtiere sind eine heterogene Gruppe verschiedener Tierarten, die
sich anatomisch und physiologisch teilweise erheblich voneinander unterscheiden. Darum sollten dem behandelnden Tierarzt die tierartlichen
Besonderheiten bekannt sein. Insgesamt gelten für Heimtiere jedoch die
gleichen tierärztlichen Grundsätze wie für andere Tierarten. Um die
Ursache für bestehende Symptome zu finden und eine Diagnose stellen
zu können, sind eine ausführliche Anamnese und eine gründliche klinische Untersuchung notwendig. Erfahrungen aus der täglichen Praxis
zeigen, dass genau das oft unterschätzt wird und nicht selten wichtige
anamnestische Fragen unbekannt sind sowie relevante Befunde über­
sehen werden.
1.1.1Anamnese
Neben den allgemeinen Fragen zu Haltung, Fütterung, Impfstatus (Kaninchen und Frettchen), Kot- und Harnabsatz, Futter- und Wasseraufnahme, Vorerkrankungen, Vorbehandlungen und deren Erfolg, Erkrankungen von Partnertieren etc. hat die Beschreibung der Symptome
durch den Tierhalter eine große Bedeutung. Bedingt durch Stress und
Aufregung sind nämlich die Symptome bei der klinischen Untersuchung
in der tierärztlichen Praxis häufig nicht offensichtlich. Insbesondere
Kaninchen und Nager zeigen Symptome oft erst im fortgeschrittenen
Krankheitsstadium. Somit ist eine frühzeitige Erkennung von Problemen
wichtig.
Tipp
Einen Anamnesebogen (z. B. aus Rijnberk und Sluijs1) kann der Patientenbesitzer während der Wartezeit ausfüllen. So wird verhindert, dass wichtige
Fragen vergessen werden. Zudem gibt der Anamnesebogen die Möglichkeit,
später eine ausführlichere Beratung durchzuführen und die Lebensbedingungen des Patienten nachhaltig positiv zu beeinflussen.
Mülller: HeimtierSkills. ISBN: 978-3-7945-3111-0. © Schattauer GmbH
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1 Allgemeines
1.1.2Handling
Die detaillierten Handling- und Probenentnahmemethoden werden bei
den einzelnen Tierarten abgehandelt. Generell gilt: Bevor eine Unter­
suchung beginnt, sollten alle Utensilien bereit liegen. Ein ruhiger Umgang, ggf. unterstützt mit einem Handtuch oder Zellstoff, vermeidet
Verletzungen des Untersuchers und des Patienten.
1.1.3
Klinische Untersuchung
Die allgemeine klinische Untersuchung der Heimtiere unterscheidet
sich nicht maßgeblich von der Untersuchung bei Kleintieren. Wichtig
ist, dass eine allumfassende klinische Untersuchung mit Beurteilung
von Ver­halten und Allgemeinbefinden, Erhebung der Vitalparameter
sowie gründlicher Adspektion, Palpation und Auskultation vorgenommen wird. Das gilt für jedes Tier und jeden Besuch. Gerade bei
Tieren, die regelmäßig, z. B. aufgrund von Zahnproblemen vorgestellt
werden, wird oft auf die Allgemeinuntersuchung verzichtet und somit
die Chance vergeben, frühzeitig Erkrankungen zu erkennen.
Verhalten und Allgemeinbefinden
Die Beurteilung von Verhalten und Körperhaltung erfolgt, wenn sich
das Tier noch in der Transportbox befindet. Für die weitere Untersuchung wird das Tier aus dem Transporter genommen und bei größeren
Arten (bis Rattengröße) der Transporter möglichst vom Untersuchungstisch entfernt, damit das Tier nicht ständig versucht, dorthin zu gelangen. Der Transporter sollte aber immer in Reichweite stehen, sodass im
Notfall der Patient sofort zurückgesetzt werden kann.
Erhebung der Vitalparameter
Zu den Vitalparametern, die bei einer Allgemeinuntersuchung erhoben
werden sollten, gehören Körpergewicht, Körpertemperatur, Herzfrequenz, Atemfrequenz, Atmungstyp und -tiefe, die Beurteilung des Ernährungszustands, des Hautturgors, der konjunktivalen Schleimhäute
sowie die Palpation der Lymphknoten.
Referenzbereiche der Vitalparameter finden sich in den jeweiligen Tierartenkapiteln oder unter www.schattauer.de/3111
Mülller: HeimtierSkills. ISBN: 978-3-7945-3111-0. © Schattauer GmbH
1.1 Untersuchungsmethoden bei Heimtieren
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Tipp
Es sollten Thermometer mit entsprechend kleinen Messsonden verwendet
werden.
yy Bei kleineren Nagerarten wird meist auf die Bestimmung der Kör­
pertemperatur verzichtet. Aufgrund der geringen Größe kann es bei
kleinen Heimtierarten (ab Rattengröße) schwierig sein, die Körpertemperatur bei einem klinisch munteren Tier zu messen. Gegebenenfalls muss darauf verzichtet werden.
yy Fieber wird v. a. bei Frettchen nachgewiesen. Bei den anderen Kleinsäugern stellt eine erhöhte Körpertemperatur eine Ausnahme dar.
Hypothermie ist oft ein Anzeichen für einen vorliegenden Schock
und erfordert umgehend Therapiemaßnahmen!
yy Die Messung des Pulses ist meist nur bei Frettchen und Kaninchen
möglich.
yy Das Körpergewicht wird mit einer entsprechend geeigneten Waage
gemessen. Je nach Tierart kann das Tier direkt auf die Waage gesetzt
werden (Kaninchen, Meerschweinchen, Chinchillas) oder es wird in
einem kleinen Behältnis gewogen.
yy Die Herzfrequenz kann bis 360 Schläge pro Minute meist noch gut
erfasst werden. Es muss immer von beiden Seiten auskultiert werden.
Herznebengeräusche sind bei hohen Frequenzen oft nur erfassbar,
wenn sie laut sind. Gedämpfte Herztöne können Hinweise auf Thorax- oder Perikarderguss sowie auf präkardiale Massen sein.
Tipp
Um Herzfrequenzen bis 360 pro Minute auskultatorisch zu erfassen, zählt man
am besten über 15 s die Schläge so, dass man immer nur von 1–9 zählt: 1 bis
9–1, 1 bis 9–2, 1 bis 9–3, 1 bis 9–4, 1 bis 9–5; 1 bis 9–6; 60 × 4 = 240.
yy Viel wichtiger als das genaue Zählen der Atemfrequenz ist die Beur-
teilung des Atemtyps und der Atemtiefe. Nicht selten sind die Ursachen einer Dyspnoe nicht im Respirationstrakt lokalisiert (Kap. 1.9.2).
yy Der Ernährungszustand wird durch Palpation des gesamten Körpers,
v. a. im Bereich der Wirbelsäule beurteilt. Die Wirbelsäulenfortsätze
sollten gut bemuskelt sein.
Mülller: HeimtierSkills. ISBN: 978-3-7945-3111-0. © Schattauer GmbH
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