Vorlesung Theoretische Chemie I Sommersemester 2015 Eckhard Spohr Lehrstuhl für Theoretische Chemie Universität Duisburg-Essen D-45141 Essen, Germany [email protected] 26. Juni 2017 Inhaltsverzeichnis I Einleitung und Motivation 1 Probleme der klassischen Physik zu Beginn des derts 1.1 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Zusatzmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Atomspektren . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Schwarzer Strahler . . . . . . . . . . . . 1.2.3 Spezifische Wärme . . . . . . . . . . . . 1.2.4 Photoelektrischer und Compton Effekt . 1.2.5 Dualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 20. Jahrhun. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2 2 2 4 6 6 8 2 Was ist Theoretische Chemie? 9 2.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.2 Teilgebiete der Theoretischen Chemie . . . . . . . . . . . . . . 9 2.3 Moderne theoretische Chemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3 Klassische Teilchen und Wellen 13 3.1 Klassische Teilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.2 Wellen (klassisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 4 Das Doppelspaltexperiment 16 II 20 Quantenmechanik 5 Axiome der Quantenmechanik 5.1 Wellenfunktion und Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte 5.2 Hermitesche Operatoren und physikalische Observable . . 5.2.1 Lineare Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Eigenfunktionen und Eigenwerte . . . . . . . . . . 5.2.3 Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.4 Kommutatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.5 Dirac-Notation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.6 Hermitesche Operatoren . . . . . . . . . . . . . . 5.2.7 Operatordarstellungen . . . . . . . . . . . . . . . iii . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 21 22 22 22 25 27 28 29 29 5.3 5.4 5.5 5.6 Erwartungswerte . . . . . . . . . . . . . . . . Die Schrödingergleichung . . . . . . . . . . . . 5.4.1 Zeitabhängige Schrödingergleichung . . 5.4.2 Zeitunabhängige Schrödingergleichung Die Unschärferelation . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 34 34 36 37 40 III Exakte Lösungen der stationären Schrödingergleichung 42 6 Eindimensionale Probleme 6.1 Das Teilchen im unendlich tiefen Kasten . . . . . . . . . . . . 6.1.1 Modell und Lösung der Schrödingergleichung . . . . . . 6.1.2 Zustände des Teilchens im Kasten . . . . . . . . . . . . 6.1.3 Erwartungswerte und Varianzen für das Teilchen im Kasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.4 Zusatzmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Der harmonische Oszillator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Federmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.2 Schrödingergleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.3 Lösung der Schrödingergleichung . . . . . . . . . . . . 6.2.4 Form der Wellenfunktionen und Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 45 45 49 54 57 58 58 59 62 67 7 Zwei- und Dreidimensionale Probleme in kartesischen Koordinaten 7.1 Das Teilchen im zweidimensionalen Kasten . . . . . . . . . . . 7.2 Das Teilchen im dreidimensionalen Kasten . . . . . . . . . . . 7.3 Der harmonische Oszillator in 3 Dimensionen . . . . . . . . . . 7.4 Erweiterung auf mehr als ein Teilchen . . . . . . . . . . . . . . 72 72 80 84 88 8 Zentralkraft-Probleme 8.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.1 Kugelkoordinaten . . . . . . . . 8.1.2 Teilchen auf der Kugeloberfäche 8.1.3 Das Teilchen auf dem Ring . . . 8.2 Der Drehimpuls . . . . . . . . . . . . . 90 90 91 94 95 97 iv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Produktansatz der Schrödingergleichung in Kugelkoordinaten . 102 9 Das Wasserstoffatom 110 9.1 Radiale Dichteverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 9.2 Entartung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 IV Mehrelektronenprobleme 121 10 Mehrelektronenprobleme ohne e-e-Wechselwirkung 122 10.1 Allgemeine Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 10.2 Variationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 10.3 Grundzustand des He-Atoms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 11 Mehrelektronenatome 11.1 Grundzustand des He-Atoms . . . . 11.2 Grundzustand des Li-Atoms . . . . 11.3 Der Spin . . . . . . . . . . . . . . . 11.4 Das Pauli-Prinzip . . . . . . . . . . 11.5 Die Eigenschaften von Atomen . . . 11.6 Drehimpulskopplung . . . . . . . . 11.7 Spin-Bahn-Kopplung und Hundsche 11.8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Moleküle 12.1 Die Born-Oppenheimer-Näherung . . . . . . . . . . 12.2 Die Linear Combination of Atomic Orbital-Methode 12.3 Die Wellenfunktionen des H+ 2 -Molekülions . . . . . 12.4 Das Wasserstoffmolekül . . . . . . . . . . . . . . . . 12.5 MO-Diagramme zweiatomiger Moleküle . . . . . . . v . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (LCAO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 129 130 131 134 136 140 143 147 149 . 149 . 152 . 157 . 159 . 159 “What I cannot create I do not understand” Richard Feynman Ich bin Herrn Prof. Dr. Georg Jansen dankbar für die Überlassung seines Vorlesungsskriptes. Einige Beispiele und Darstellungen sind diesem Skript entnommen. Der überwiegende Teil des vorliegenden Skriptes lehnt sich eng an P.W. Atkins and R. Friedman, “Molecular Quantum Mechanics”, Fourth edition, Oxford University Press, Oxford (2005, 2007) an. Ich danke Herrn Dr. Klaus Kolster, Dr. Sergej Piskunovs und PD Dr. Holger Somnitz für Fehlerkorrekturen und kritische Durchsicht des Skriptes sowie Frau Helga Fischer und Herrn Torsten de Montigny für die Hilfe bei der Anfertigung der Abbildungen. Teil I Einleitung und Motivation Inhaltsangabe 1 2 3 4 Probleme der klassischen Physik zu Beginn des 20. Jahrhunderts 2 1.1 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1.2 Zusatzmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1.2.1 Atomspektren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1.2.2 Schwarzer Strahler . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1.2.3 Spezifische Wärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.2.4 Photoelektrischer und Compton Effekt . . . . . . . 6 1.2.5 Dualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Was ist Theoretische Chemie? 9 2.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.2 Teilgebiete der Theoretischen Chemie . . . . . . . . . . . 9 2.3 Moderne theoretische Chemie . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Klassische Teilchen und Wellen 13 3.1 Klassische Teilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.2 Wellen (klassisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Das Doppelspaltexperiment 1 16 1 Probleme der klassischen Physik zu Beginn des 20. Jahrhunderts 1.1 Slide 2 Übersicht Ungeklärte experimentelle Probleme zu Beginn des 20. Jahrhunderts Um die Jahrhundertwende 1900 zeigte die klassische Physik (Mechanik, Thermodynamik, Elektrodynamik) mehr und mehr prinizipielle Unzulänglichkeiten bei der Beschreibung von Eigenschaften auf atomarer Ebene. • Atomspektren • Strahlung des schwarzen Körpers • Wärmekapazität bei niedrigen Temperaturen • Photoelektrischer und Compton Effekt • Dualität der Materie 1.2 Zusatzmaterial 1.2.1 Slide 3 Atomspektren Das Wasserstoffspektrum This figure not shown due to copyright reasons! goto hyperlink [http://www.astronomyknowhow.com/pics-res/hydrogen-spectra.jpg1 ] Slide 4 1 http://www.astronomyknowhow.com/pics-res/hydrogen-spectra.jpg 2 Atomspektren Die von Atomen emittierte Strahlung ist nicht kontinuierlich, sondern be1 1 steht aus Spektrallinien. Die Balmerserie(1885), ν̃ = RH (Wel− 22 m2 lenzahl ν̃ = ν/c) beschreibt eine Serie von Spektrallinien im sichtbaren Licht. 3 Die Rydberg-Konstante2 RH = 109737.32 cm−1 ist nach Johannes Rydberg 1 1 benannt, der die Formel für beliebige Serien (∗) ν̃ = RH − 2 wie 2 n m z. B. die Lyman-Serie (n=1, UV), Paschen-Serie (n=3), Bracket-Serie (n=4) und Pfund-Serie (n=5) erweitert hat, die alle nach Wissenschaftlern benannt sind. Die Formel ist ein Spezialfall des Ritzschen4 Kombinationsprinzips, wonach alle beobachteten Spektrallinien als Termdifferenz ν̃ = T1 − T2 geschrieben werden können. Bohrsches Atommodell Niels Bohr (Nobelpreis 1922)a erklärte die Termformel (∗) durch das Bohrsche Atommodell (1913), wonach die erlaubten Energieniveaus des Wasserstoffatoms durch die Formel 1 µe4 En = − 2 2 · 2 8h 0 n beschrieben werden (Verknüpfung von Strahlungstheorie und mechanischem Modell). Dabei heisst µ (1/µ = 1/mP + 1/me ) reduzierte Masse, e ist die Elementarladung, h ist die Plancksche Konstante, 0 ist die Permittivität des Vakuums (“Dielektrizitätskonstante”) und n eine positive ganze Zahl. a http://de.wikipedia.org/wiki/Niels Bohr 2 http://de.wikipedia.org/wiki/Rydberg-Konstante http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes Rydberg 4 http://de.wikipedia.org/wiki/Walter Ritz 3 3 Kritik des Bohrschen Atommodells: Das Bohrsche Atommodell (und die Weiterentwicklung durch Arnold Sommerfelda ) war zwar (näherungsweise) quantitativ korrekt, jedoch waren die Quantisierungsbedingungen für die erlaubten Elektronenbahnen (ebenfalls ein nicht haltbares Konzept(↔ Unschärferelation)) ad hoc. Mit Hilfe der Quantenmechanik ergeben sich diese Quantisierungsbedingungen zwangsläufig! a 1.2.2 Slide 5 http://de.wikipedia.org/wiki/Arnold Sommerfeld Schwarzer Strahler Schwarzer Strahler This figure not shown due to copyright reasons! goto hyperlink [http://rugth30.phys.rug.nl/quantummechanics/ derived/black body.htm txt CAVITY.gif5 ] Slide 6 5 http://rugth30.phys.rug.nl/quantummechanics/ derived/black body.htm txt CAVITY.gif 4 Strahlung des schwarzen Körpers • Stefan-Boltzmann-Gesetz M = σ · T 4 Stefan-Boltzmann-Gesetz M : emittierte Leistung, dividiert durch die emittierende Fläche σ : Stefan-Boltzmann-Konstante; Bei 1000 K emittiert 1 cm2 eines schwarzen Strahlers ca. 6 Watt. • Wiensches Verschiebungsgesetz λmax · T = const. Beobachtung Das Wellenlängenmaximum der emittierten Strahlung nimmt mit zunehmender Temperatur ab, d.h. das Frequenzmaximum nimmt mit zunehmender Temperatur zu. schwarz → rotglühend → gelbglühend → weißglühend • Rayleigh-Jeans-Gesetz ρ(λ) = 8πkT λ4 • “Ultraviolettkatastrophe” Interpretation Die Energiedichte (also die Energie pro Volumeneinheit im Wellenlängenbereich λ bis λ+dλ) nimmt mit zunehmender Frequenz ν (also abnehmendem λ) zu! Dieses Ergebnis wurde von Ehrenfest mit dem Namen “Ultraviolettkatastrophe” bezeichnet. • Planck’sches Strahlungsgesetz (1900) ρ(λ) = 8πhc e−hc/λkT λ5 1 − e−hc/λkT theoretische Begründung Energie wird in Einheiten von h · ν abgegeben Planck (1858-1947) führte die Naturkonstante h (Plancksche Konstante) ad hoc ein, um die experimentellen Ergebnisse zu erklären. Seine Formel erklärt die Schwarzkörperstrahlung vollständig. 5 1.2.3 Slide 7 Spezifische Wärme spezifische Wärme des Festkörpers bei niedrigen Temperaturen • Gesetz von Dulong und Petit: Cv ≈ 3R Interpretation Jedes Atom verhält sich wie ein klassischer Oszillator in 3 Dimensionen und kann beliebige Beträge an Energie aufnehmen. • Einstein: Cv = 3RfE (T ) mit fE (T ) = eΘE /2T ΘE · T 1 − eΘE /T 2 Interpretation Jedes Atom verhält sich wie ein Oszillator, kann aber nur angeregt werden, wenn die Anregungsenergie einen minimalen Wert übersteigt. Einstein nahm an, dass die Anregungsenergien für alle Oszillatoren gleich sind. Komplementarität zur Planckschen Theorie! • Debye: Cv = 3RfD (T ) mit fD (T ) = 3 T ΘD 3 Z 0 ΘD /T x4 ex dx (ex − 1)2 Interpretation Jedes Atom verhält sich wie ein Oszillator, kann aber nur angeregt werden, wenn die Anregungsenergie einen minimalen Wert übersteigt. Im Ggs. zu Einstein nimmt Debye eine Verteilung der charakteristischen Frequenzen (und damit Anregungsenergien) an. 1.2.4 Photoelektrischer und Compton Effekt Slide 8 6 Der Photoeffekt This figure not shown due to copyright reasons! goto hyperlink [https://www.llnl.gov/str/June05/gifs/Aufderheide3.jpg6 ] [http://hyperphysics.phy-astr.gsu.edu/hbase/imgmod2/pelec.gif7 ] Slide 9 Comptonstreuung This figure not shown due to copyright reasons! goto hyperlink [http://hyperphysics.phy-astr.gsu.edu/hbase/quantum/imgqua/compton.gif8 ] Slide 10 Photoelektrischer und Compton Effekt • Photoelektronen: EK = hν − Φ Beobachtung linearer Zusammenhang zwischen kinetischer Energie von Photoelektronen und der Frequenz des anregenden UV-Lichtes Emission von Elektronen ist spontan (auch bei niedriger Intensität), sobald die Strahlung eine Minimalfrequenz hat. • Einstein verknüpfte Planck’s Quantenhypothese mit dem Photoeffekt Erklärung (Einstein 1905) Das elektromagnetische Feld ist quantisiert und besteht aus Energiebündeln der Größe hν • G.N. Lewis prägte dafür den Begriff Photonen. • Licht (Photonen) hat also Teilchencharakter p • relativistische Energie E = m2 c4 + c2 p2 (Albert Einstein, 1879-1955, Nobelpreis 1921)a m=0⇒E =p·c Photon hat keine Ruhemasse, aber einen Impuls p und bewegt sich mit Lichtgeschwindigkeit. a http://de.wikipedia.org/wiki/Einstein 6 https://www.llnl.gov/str/June05/gifs/Aufderheide3.jpg http://hyperphysics.phy-astr.gsu.edu/hbase/imgmod2/pelec.gif 8 http://hyperphysics.phy-astr.gsu.edu/hbase/quantum/imgqua/compton.gif 7 7 • für Photonen: m = 0 ⇒ E = p · c = hν = h h hc =⇒ λ = oder p = λ p λ • Photonen haben einen wellenlängenabhängigen Impuls. • Experimentelle Bestätigung: Compton-Effekt Bei der inelastischen Streuung von Photonen an Elektronen (im ursprünglichen Experiment (1923) in Graphit) ändert sich 1 die Wellenlänge der Photonen um δλ = 2λC sin2 θ mit der 2 h Compton-Wellenlänge λC = . Diese Formel wird unter der me c Annahme abgeleitet, dass Photonen einen linearen Impuls h/λ besitzen. Die Quantenmechanik erklärt diesen dualen Charakter. Photonen haben einerseits Teilcheneigenschaften (z.B. einen linearen Impuls). Dies scheint ein Widerspruch zu zahlreichen Experimenten, die den Wellencharakter des Lichtes untermauern. Die Quantenmechanik erklärt diesen scheinbaren Widerspruch quantitativ, wohingegen die klassische Physik nicht einmal eine qualitative Erklärung zu geben vermag. 1.2.5 Slide 11 Dualität Dualität von Materie und Strahlung Die Synthese dieser Ideen und die Demonstration der engen Verknüpfung zwischen elektromagnetischer Strahlung und Materie begann mit Louis de Broglie (Nobelpreis 1929)9 , der die Universalität der de Broglie-Beziehung h λ = postulierte. p Dualität ⇒Dualität, d.h. gleichzeitige Wellen- (λ) und Teilcheneigenschaften (Impuls p) von Materie und Strahlung! 9 http://de.wikipedia.org/wiki/Louis-Victor de Broglie 8 2 Was ist Theoretische Chemie? 2.1 Slide 12 Motivation Theoretische Chemie Paul Adrian Maurice Dirac (1902-1984, Nobelpreis 1933)10 wird der Satz zugeschrieben, dass “Once the laws of quantum mechanics are understood, the rest is chemistry!” =⇒ (Theoretische) Chemie ist also einfach(?) die Anwendung der Gesetze der Quantenmechanik Dirac wird ebenfalls der folgende Satz zugeschrieben: “The underlying physical laws for the mathematical theory of a large part of physics and the whole of chemistry are thus completely known, and the difficulty is only that the exact application of these laws leads to equations much too complicated to be soluble.” =⇒ Theoretische Chemie ist also doch nicht einfach ein Teilgebiet der Ingenieurwissenschaften! 2.2 Slide 13 Teilgebiete der Theoretischen Chemie Theoretische Chemie Grundlagen • Die Lösung der Gleichungen ist sogar so komplex, dass man häufig die Quantenmechanik durch die klassische Mechanik ersetzen muss! • Für große Systeme mit einer großen Anzahl von Molekülen müssen gemittelte Größen berechnet werden. =⇒ Theoretische Chemie befasst sich mit 10 http://de.wikipedia.org/wiki/Dirac 9 1. Quantenmechanik 2. Quantenchemie 3. klassische Mechanik 4. statistische Mechanik (Thermodynamik) Slide 14 Teilgebiete der Theoretische Chemie 1. Theorie der Chemischen Bindung (z. B. Existenz von Molekülen, Geometrie, Bindungsenergien) 2. Theorie der Chemischen Reaktionen (z. B. Reaktionsdynamik, Reaktionskinetik) 3. Theorie der Molekülspektroskopie (z. B. Wechselwirkung von Molekülen mit elektromagnetischer Strahlung) 4. Theorie von Polymerstrukturen und -dynamik (z. B. Ionomere, Gasdiffusion, Scher- und Fließverhalten) 5. Theorie von Flüssigkeiten (z. B. Solvatation, Relaxationsphänomene) 6. Theorie von Festkörpern (z. B. Transporteigenschaften, mechanische Eigenschaften) 7. Oberflächentheorie (Surface Science) (z. B. Adsorption, Katalyse, Elektrochemie) 8. Mathematische Ordnungsstrukturen in der Chemie (z. B. Molekülstruktur und -topologie, Reaktionen, Organisation von Datenbanken) 9. . . . 1. – 7. überlappen mit der (theoretischen) Physik 8. überlappt mit Mathematik und Informatik 2.3 Slide 15 Moderne theoretische Chemie 10 Bedeutung heute starke Zunahme in den letzten 30 Jahren Theoretische Chemie ist Computerchemie: Einsatz des Computers zur Lösung chemischer Probleme Ursachen dieser Entwicklung: • Zuwachs an Rechenkapazität (Moore’s Law)11 Moore’s Law “The complexity for minimum component costs has increased at a rate of roughly a factor of two per year. Certainly over the short term this rate can be expected to continue, if not to increase. Over the longer term, the rate of increase is a bit more uncertain, although there is no reason to believe it will not remain nearly constant for at least 10 years. That means by 1975, the number of components per integrated circuit for minimum cost will be 65,000.” G.E. Moore “Cramming more components onto integrated circuits”, Electronics Magazine, 19.4.1965. • algorithmische Verbesserungen der Software • verbesserte graphische Benutzerinterfaces (GUIs) Slide 16 Moderne Theoretische Chemie In weiten Bereichen der chemischen Forschung spielt die Unterstützung durch Rechnungen eine immer wichtigere Rolle. Dies gilt sowohl für kleinere Moleküle (z. B. Stabilität und Struktur von Radikalen, chemische Verschiebungen (NMR), Schwingungsspektroskopie) als insbesondere auch für größere Moleküle wie Makromoleküle und Proteine (z. B. Visualisierung von Strukturen, Struktur-Wirkungsbeziehungen in der pharmazeutischen Forschung) und Molekülverbände (z. B. Docking, Materialsimulationen, also Simulationen mit Umgebung, chemische Reaktionen) . Es geht weltweit 1/3 der Kapazität von Supercomputern in chemische Anwendungen. Die Chemie liegt 11 http://de.wikipedia.org/wiki/Moore’s Law 11 damit weit an der Spitze! Vor diesem Hintergrund muß sich auch die Ausbildung in Theoretischer Chemie muss verändert werden! Mehr Theorie / Mehr Computation / Mehr Programmierung / Mehr Mathematik / Mehr Physik / Mehr Physikalische Chemie 12 3 Klassische Teilchen und Wellen 3.1 Slide 17 Klassische Teilchen Klassische Teilchen • Newton’s Bewegungsgleichungen dv dt d2 x = m · ẍ = m 2 = F dt m · a = m · v̇ = m • oft ist F = − dV (x) dx • V = V (x) heißt Potentialfunktion • Beispiele: • Hookesches Federgesetz F = −kx V = 21 kx2 • Bewegung im (konstanten) Gravitationsfeld der Erde F = −mg mgx (oft: z) Slide 18 Verallgemeinerung • n wechselwirkende Teilchen x −→ xi ∂ d −→ dx ∂xi • Newtons Bewegungsgleichungen dvi dt d2 xi ∂V ({x1 , . . . , xn }) = mi · ẍi = mi 2 = Fi = − dt ∂xi mi · ai = mi · v̇i = mi • → Molekulardynamik 13 V = 3.2 Slide 19 Wellen (klassisch) Klassische Wellen • Ortsabhängigkeit einer freien (ebenen) Welle: φ(x) = cos kx oder φ(x) = sin kx • äquivalent (mathematisch bequem) φ(x) = cos kx + i sin kx = eikx k= 2π λ • Zeitabhängigkeit φ(t) = cos ωt − i sin ωt = e−iωt ω = 2πν = 2πcν̃ • Gesamtwellenfunktion ψ(x, t) = Aφ(x) · φ(t) = A ·ei(kx−ωt) |{z} Amplitude kx − ωt heißt die Phase der Welle. Bezug zu den “Materiewellen” atomarer Teilchen h Man ersetzt E = hν = ~ω und p = , und erhält die Wellenλ funktion sich frei bewegender Teilchen als i ψ(x, t) = A · e ~ (p·x−E·t) ~= h 2π Chemgapedia http://www.chemgapedia.de/...12 Slide 20 12 http://www.chemgapedia.de/vsengine/vlu/vsc/de/ch/1/pc/pc 11/pc 11 01/pc 11 01 01.vlu.html 14 Operatoren • Man kann den Impuls aus der Wellenfunktion z.B. so gewinnen ~ ∂ ~ i ψ(x, t) = · pψ(x, t) = pψ(x, t) i ∂x i ~ Operator ~ ∂ ist ein Operator, durch dessen “Anwendung auf die Weli ∂x lenfunktion” wir die physikalische “Observable” des Impulses berechnen können. Slide 21 Aufenthaltswahrscheinlichkeit eine freie Welle ist im ganzen Raum ausgebreitet Wo befindet sich das Teilchen? Antwort: Irgendwo im Raum, mit überall gleicher Wahrscheinlichkeit W (x, y) = const. Beobachtung: ψ ∗ (x, t) · ψ(x, t) = A2 = const. ⇒ Vermutung: W (x, t) = ψ ∗ (x, t)·ψ(x, t) könnte eine Wahrscheinlichkeitsdichte sein 15 4 Slide 22 Das Doppelspaltexperiment Klassische Teilchen (Schrotkugeln) P2 Gewehr P12 x P1 Detektor Doppelspalt Auffangwand Häufigkeitsverteilungen Teilchen aus “Teilchenquelle” fliegen durch den Spalt oder werden an einer Kante abgelenkt. Man beobachtet die Verteilungen P1 , P2 , P12 , wenn Spalt 1, Spalt 2, oder beide Spalte offen sind. Offensichtlich ist 1. P12 = P1 + P2 2. Es treffen nur ganze Kugeln auf. Slide 23 Klassische Wellen (Wasserwellen) 16 P2 P12 Wellenerreger x P1 Detektor Doppelspalt Auffangwand Offensichtlich ist 1. P12 6= P1 + P2 Wellen zeigen Interferenzerscheinungen. 2. Die Intensität kann jeden beliebigen Wert zwischen 0 und der maximalen Intensität annehmen. Slide 24 Das Verhalten von Elektronen 17 P2 P12 Elektronenquellle x P1 Detektor Doppelspalt Auffangwand Offensichtlich ist 1. P12 6= P1 + P2 Elektronen zeigen Interferenzerscheinungen 2. Die Stärke der Detektorimpulse ist immer gleich groß. 3. Selbst wenn die Elektronen einzeln nacheinander ankommen, misst man stets ganze Elektronen, ihre Verteilung zeigt jedoch das Interferenzmuster 4. Es scheint, als ob die Elektronen mit sich selbst interferieren. Slide 25 Welle-Teilchen-Dualismus • Das Elektron verhält sich als Welle, soweit es die Statistik der Ereignisse betrifft. • Andererseits verhält sich das Elektron als Partikel, da bei jeder Messung immer nur ein ganzes Teilchen im Detektor auftrifft. 18 Kopenhagener Interpretation (↔ Viel-Welten-Theorie) – Kollaps der Wellenfunktion: Dem Teilchen stehen 2 Wege offen, die es gleichzeitig benutzt ⇒ Interferenz – Der Messprozess beeinflusst (stört) das Elektron und legt fest, welchen Weg es benutzt. 19 Teil II Quantenmechanik Inhaltsangabe 5 Axiome der Quantenmechanik 21 5.1 Wellenfunktion und Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte . 21 5.2 Hermitesche Operatoren und physikalische Observable . . 22 5.2.1 Lineare Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 5.2.2 Eigenfunktionen und Eigenwerte . . . . . . . . . . 22 5.2.3 Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 5.2.4 Kommutatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 5.2.5 Dirac-Notation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 5.2.6 Hermitesche Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . 29 5.2.7 Operatordarstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . 29 5.3 Erwartungswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 5.4 Die Schrödingergleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 5.4.1 Zeitabhängige Schrödingergleichung . . . . . . . . 34 5.4.2 Zeitunabhängige Schrödingergleichung . . . . . . . 36 5.5 Die Unschärferelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 5.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 20 5 5.1 Slide 26 Axiome der Quantenmechanik Wellenfunktion und Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte Axiom I Die Grundlagen der Quantenmechanik können in Form von Axiomen bzw. Postulaten formuliert werden: Postulat I: Der Zustand eines quantenmechanischen Systems ist vollständig durch eine Wellenfunktion Ψ(r1 , r2 , . . . rN , t) beschrieben. Die Funktion Ψ ist im Allgemeinen komplexwertiga . a http://de.wikipedia.org/wiki/Komplexe Zahl ri (oder ~ri ) sind dabei die Koordinaten von Teilchen i, t die Zeit. Wir werden sehen, dass die Wellenfunktion des Systems, also sein Zustand, häufig durch Quantenzahlen a, b, . . . charakterisiert werden kann. Die Zustände sind dann abzählbar oder quantisiert, und können als Wellenfunktion Ψa,b,... (r1 , r2 , . . . rN , t) geschrieben werden. Für ein einzelnes Teilchen ist die Wellenfunktion ψa,b,... (~r, t) Slide 27 Bornsche Interpretation Interpretation als Wahrscheinlichkeitsdichte Das Absolutquadrat der Wellenfunktion Ψ∗ (~r, t)Ψ(~r, t) kann als Wahrscheinlichkeitsdichte p(r, t) interpretiert werden. ψ ∗ (~r, t)ψ(~r, t) dxdydz | {z } p(x,y,z,t) ist dann die Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen im infinitesimalen Volumenelement dV = dxdydz am Punkt ~r im Raum zur Zeit t zu finden, also zwischen x und x + dx, y und y + dy und z und z + dz. 21 Z∞ Z∞ Z∞ Offenbar ist dann ψ ∗ (~r)ψ(~r)dxdydz = 1 die Wahrscheinlich- −∞ −∞ −∞ keit, das Teilchen irgendwo im Raum zu finden. 5.2 5.2.1 Slide 28 Hermitesche Operatoren und physikalische Observable Lineare Operatoren Lineare Operatoren Ein Operator Ô wirkt auf eine Funktion f und erzeugt eine neue Funktion g: g = Ôf linearer Operator Ein linearer Operator hat die Eigenschaft Ô(αf + βg) = αÔf + β Ôg . Operatoren in der Quantenmechanik sind lineare Operatoren. Multiplikation und Differentiation sind Beispiele für lineare Operatoren. α und β sind Skalare (Zahlen), f und g sind Funktionen. Operatoren werden durch einˆcharakterisiert. 5.2.2 Slide 29 Eigenfunktionen und Eigenwerte Eigenfunktionen und Eigenwerte I Definition: Eine Funktion f ist Eigenfunktion zu einem Operator Ô, wenn Ôf = αf mit konstanten α. Die Konstante (Skalar) α heißt dann Eigenwert. Eigenfunktionen sind also Spezialfälle von Funktionen, die für jeden Operator charakteristisch sind. 22 Slide 30 Beispiel: Gegeben sei die Funktion f (x) = cos(3x + 5). • sei Ô1 = d dx Ô1 f (x) = −3 sin(3x + 5) =⇒ f (x) ist keine Eigenfunktion von Ô1 . • sei Ô2 = d2 dx2 = Ô1 Ô1 d d d Ô2 f (x) = dx f (x) = dx [−3 sin(3x + 5)] = −9 cos(3x + 5) ist eine dx Eigenfunktion von Ô2 zum Eigenwert -9. • Ist exp(3x + 5) eine Eigenfunktion von Ô1 oder Ô2 ? Ô1 exp(3x + 5) = 3 exp(3x + 5) Ô2 exp(3x + 5) = d 3 exp(3x dx + 5) = 9 exp(3x + 5) ⇒ exp(3x + 5) ist eine Eigenfunktion von Ô1 (mit Eigenwert 3) und von Ô2 (mit Eigenwert 9). Slide 31 Eigenfunktionen und Eigenwerte II wichtige Eigenschaften: 1. Die Menge aller Eigenfunktionen fn zu einem gegebenen Operator Ô (mit den entsprechenden Eigenwerten αn ) bildet eine vollständige Funktionenmenge. Man sagt, dass die Funktionen dieser vollständigen Funktionenmenge den Hilbertraum aufspannen. (Die Funktionen spielen die Rolle von Einheitsvektoren in diesem Raum, analog zum bekannten dreidimensionalen Vektorraum.) Die Gesamtheit dieser Funktionen sowie aller möglichen Linearkombinationen daraus nennt man Hilbert-Rauma . a http://de.wikipedia.org/wiki/Hilbert-Raum 23 2. Eine Funktion, die über dem gleichen Definitionsbereich definiert ist, kann nach diesen Funktionen entwickelt werden, d.h. eine Funktion g kann durch X g= cn f n n mit skalaren Koeffizienten cn dargestellt werden. 3. Die Menge der Eigenwerte {αn } nennt man auch das Eigenwertspektrum des Operators Ô. Slide 32 Eigenfunktionen und Eigenwerte III Spezialfall: entartete Eigenwerte Gibt es mehrere Eigenfunktionen des Operators Ô, z.B. fn und fm zum gleichen Eigenwert αn = αm = α (man spricht dann von entarteten Eigenwerten), so ist jede Linearkombination dieser Funktionen ebenfalls eine Eigenfunktion des Operators Ô. Beweis: Ôg = Ô k X cn f n = = cn αfn = α n=1 Slide 33 cn Ôfn n=1 k X n=1 k X k X n=1 Lineare Unabhängigkeit 24 cn fn = αg Definition Eine Funktionenmenge g1 , g2 , . . . gn heißt linear unabhängig, wenn es keinen Satz von Koeffizienten c1 , c2 , . . . cn gibt (außer dem trivialen Satz ci = 0∀i), für den gilt: n X ci g i = 0 . i=1 Ein Satz von Funktionen, der nicht linear unabhängig ist, heißt linear abhängig. • Es ist möglich, aus n Basis(Eigen)funktionen eines Operators Ô einen Satz von n linear unabhängigen Funktionen zu erzeugen. • Jede Funktion im Hilbertraum ist als Linearkombination des vollständigen Funktionensatzes (=Basis) darstellbar. 5.2.3 Slide 34 Operatoren Integrale über Operatoren I Es wurde weiter oben kurz eine “Analogie” zwischen Hilbertraum (der Funktionen) und dem (dreidimensionalen) Vektorraum angesprochen. Das Analogon zum Skalarprodukt ~a · ~b = c sind Integrale über Funktionen und/oder Operatoren der Form Z I = f ∗ Ôgdτ , wobei dτ ein verallgemeinertes Volumenelement ist (z.B. dτ = dxdydz für Funktionen, die nur von einem Satz Koordinaten abhängen. Da die Anwendung des Operators Ô auf g wieder eine Funktion, h, Z Z ergibt, ist I = f ∗ Ôgdτ = f ∗ hdτ ein Integral über 2 Funktionen. Slide 35 25 Integrale über Operatoren II • Für den Z Operator Ô = 1 (Multiplikation mit 1) nennt man das Integral ∗ S = fm fn dτ das Überlappungsintegral. • Wenn S = 0 ist, klassifiziert man die Funktionen in Analogie zum dreidimensionalen Vektorraum als orthogonal (analog zu zwei aufeinander senkrechten Vektoren). Z • Der Spezialfall n = m von S = fn∗ fn dτ heißt Normierungsintegral. Z • Eine Funktion fn heißt (auf 1) normiert, wenn S = fn∗ fn dτ = 1 gilt. In der Regel kann man leicht einen Normierungsfaktor N finden, der eine Funktion fn normiert. Slide 36 Beispiel: Normierungsfaktor Sei f eine Funktion, wobei f (x) = sin(πx/L) im Definitionsbereich [0; L], ansonsten 0. • Das Normierungsintegral lautet ZL S= 0 r ⇒ N= f ∗ f dx = ZL 1 ! N 2 sin2 (πx/L)dx = LN 2 = 1 . 2 0 2 L 1/2 2 Die normierte Funktion lautet also f = sin(πx/L) (s. ÜbungsL aufgabe). Slide 37 26 Orthonormalitätsbedingung Eine Menge von Funktionen, die (a) normiert und (b) paarweise orthogonal sind, genügt der Orthonormalitätsbedingung Z ∗ fm fn dτ = δnm . δnm heißt Kroneckerdelta, und hat den Wert 1 für n = m, andernfalls 0. 5.2.4 Slide 38 Kommutatoren Kommutativität Zwei Operationen heißen kommutativ, wenn das Ergebnis unabhängig von der Reihenfolge der Anwendung der Operationen ist. (Genauer: Es muss noch angegeben werden, auf welche Menge man sich bezieht.) • Z.B. sind Addition und Multiplikation auf den Mengen der natürlichen, ganzen, rationalen, reellen und komplexen Zahlen N, Z, Q, R, C kommutativ. Definition: Kommutator Im allgemeinen sind zwei Operatoren  und B̂ nicht kommutativ. Man definiert den Kommutator [Â, B̂] von  und B̂ als [Â, B̂] = ÂB̂ − B̂  Slide 39 Beispiel: Kommutator Betrachten wir die Operatoren x̂ und p̂x := 27 ~ d . i dx [x̂, pˆx ]f = (x̂pˆx − pˆx x̂)f ~ ∂(x · f ) ~ ∂f − = x· i ∂x i ∂x ~ ∂f ~ ∂f − f +x· (Kettenregel) = x· i ∂x i ∂x ~ = − f i =⇒ [x̂, pˆx ] = − 5.2.5 Slide 40 ~ = i~ i Dirac-Notation Vereinfachung der Schreibweise: Dirac(“Bracket”)-Notation Z Integrale des Typs I = f ∗ Ôgdτ kommen in der Quantenmechanik so häufig vor, dass eine vereinfachte, auf Dirac13 zurückgehende, Notation sehr praktisch ist. Diracsche “Bracket”-Notation Z fm ∗ Ôfn dτ =< m|Ô|n > |n >:= fn heißt ket und ist eine Funktion. Z ∗ < m| := fm dτ heißt bra und ist ein linearer (Integral)Operator. < m|Ô|n > nennt man bracket. Wenn Ô = 1 ist, schreibt man vereinfacht < m|n >. Per definitionem gilt < m|n >=< n|m >∗ . < m|n >= 13 R ∗ f dτ = fm n R fm fn∗ dτ http://de.wikipedia.org/wiki/Dirac 28 ∗ = R fn∗ fm dτ ∗ = (< n|m >)∗ 5.2.6 Slide 41 Hermitesche Operatoren Hermitesche Operatoren Definition Ein Operator Ô heißt hermitesch, wenn für zwei beliebige Funktionen fn und fm Z ∗ Z ∗ ∗ fm Ôfn dτ = fn Ôfm dτ gilt. In Diracschreibweise: < m|Ô|n >=< n|Ô|m >∗ . Eine alternative Definition lautet Z Z ∗ fm Ôfn dτ = (Ôfm )∗ fn dτ . Slide 42 Axiom II Postulat II: Observable Physikalische Observable werden in der Quantenmechanik durch hermitesche Operatoren repräsentiert, die die Kommutatorbeziehungen [q, pq0 ] = i~δqq0 [q, q 0 ] = 0 [pq , pq0 ] = 0 erfüllen. Dabei stehen q und q 0 jeweils für x, y, z und pq und pq0 für die zugehörigen linearen Impulse. i ist die imaginäre Einheit, ~ = h/2π. Hermitesche Operatoren haben reelle Eigenwerte. =⇒ Messbare Größen sind reell! 5.2.7 Operatordarstellungen Slide 43 29 Darstellungen Ein großer Teil der Quantenmechanik kann mit solch abstrakten Operatoren entwickelt werden. Die spezifische Wahl von Operatoren für eine Observable führt zu spezifischen Darstellungen: • Ortsdarstellung Positionsoperator: x̂ → x· ~ ∂ Impulsoperator: p̂x → i ∂x • Impulsdarstellung ~ ∂ i ∂px Impulsoperator: p̂x → px · Positionsoperator: x̂ → • Es gibt weitere Darstellungen, z.B. die Besetzungszahldarstellung. Wir werden uns auf die Ortsdarstellung beschränken. Slide 44 Konstruktion von Operatoren in der Quantenmechanik I • Ortsoperator: x̂ → x· • Impulsoperator: p̂x → ~ d i dx • Operator der kinetischen Energie T̂ m (px )2 ~2 d2 in x-Richtung: Tklassisch = (vx )2 = →− 2 2m 2m dx2 ~2 ∂2 ∂2 ∂2 ~2 2 ~2 • in 3 Dimensionen: T̂ = − + + =− ∇ =− ∆ 2m ∂x2 ∂y 2 ∂z 2 2m 2m ∇: Nabla-Operator, ∆: Laplace-Operator Slide 45 30 Konstruktion von Operatoren in der Quantenmechanik II • Operator der potentiellen Energie: V̂ (x, y, z) → V (x, y, z)· • z.B. V̂ (x, y, z) = − 2 √Ze 4π0 2 x2 +y 2 +z 2 Ze · · = V̂ (r) = − 4π 0r für die Coulombwechselwirkung eines Elektrons mit einem Kern der Ladungszahl Z. • Hamiltonoperator der Gesamtenergie z.B. des Wasserstoffatoms ~2 2 e2 Ĥ = − ∇ − · 2m 4π0 r Allgemeine Vorschrift In der Ortsdarstellung ersetzt man 1. x̂ durch Multiplikation mit x· 2. pˆx durch den Differentialoperator ~ ∂ i ∂x 3. und analog für y und z. 5.3 Slide 46 Erwartungswerte Matrixelemente Z • Ausdrücke der Art ψ ∗ Ôφdτ = hψ|Ô|φi nennt man auch Matrixele- mente des Operators Ô. • Der Spezialfall Z ψ ∗ Ôψdτ = hψ|Ô|ψi = hOiψ (ψ = φ) heißt Erwartungswert des Operators Ô im Zustand ψ. • Erwartungswerte von hermiteschen Operatoren sind reell: 31 Beweis: ∗ hÔi Z = ∗ ∗ ψ Ôψdτ Z ψ Ôψ ∗ dτ Z (Ôψ ∗ )ψdτ Z ψ ∗ Ôψdτ = = = = hÔi Slide 47 Axiom III Postulat III: Wenn ein System durch eine Wellenfunktion ψ beschrieben ist, dann ist der Mittelwert einer physikalischen Größe in einer Serie von Messungen durch den Erwartungswert des zugehörigen Operators bestimmt. Ist eine Wellenfunktion ψ eine Eigenfunktion des Operators Ô, dann gilt natürlich Ôψ(~r, t) = ak ψ(~r, t). =⇒ Ist ψ ein Eigenzustand des Operators Ô, dann wird bei jeder Messung der gleiche Wert erhalten! Postulat III’: Ist die Wellenfunktion ψ eine Eigenfunktion von Ô, so ist der Erwartungswert einer Messung gleich dem Eigenwert des Operators. Slide 48 Axiom IV: Bornsche Interpretation Postulat IV: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Teilchen im Volumenelement dτ = dx · dy · dz um den Punkt r zu finden, ist |ψ(r)|2 dτ = ψ ∗ (r)ψ(r)dτ . 32 Für Wellenfunktionen von Systemen aus n Teilchen ist ψ ∗ (x1 , y1 , z1 , x2 , y2 , z2 , . . . , xn , yn , zn , t) · ψ(x1 , y1 , z1 , x2 , y2 , z2 , . . . , xn , yn , zn , t) · dx1 dy1 dz1 . . . dxn dyn dzn die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen 1 im Volumen dV1 = dx1 · dy1 · dz1 um (x1 , y1 , z1 ) und gleichzeitig das Teilchen 2 im Volumen dV2 = dx2 · dy2 · dz2 um (x2 , y2 , z2 ), etc., zu finden. Slide 49 Normierung der Wellenfunktion I • Die Wahrscheinlichkeit, das Teilchen 1 irgendwo im Raum zu finden und gleichzeitig das Teilchen 2 irgendwo im Raum zu finden, usw., muss gleich 1 sein. • also müssen physikalisch sinnvolle Wellenfunktionen ψ normiert sein: Z∞ Z∞ Z∞ Z∞ Z∞ 1 = ... −∞ −∞ −∞ −∞ −∞ ψ ∗ (x1 , y1 , z1 , x2 , . . . , t)ψ(x1 , y1 , z1 , x2 , . . . , t) dx1 dy1 dz1 dx2 . . . Slide 50 Normierung der Wellenfunktion II Gilt stattdessen Z∞ Z∞ Z∞ Z∞ Z∞ (∗) A = ... −∞ −∞ −∞ −∞ −∞ ψ ∗ (x1 , y1 , z1 , x2 , . . . , t)ψ(x1 , y1 , z1 , x2 , . . . , t) dx1 dy1 dz1 dx2 . . . 1 mit 0 < A < ∞ (∗∗), so ist φ = √ ψ normiert. A 33 • Funktionen, die (*) und (**) erfüllen, heißen quadratintegrierbar oder quadratintegrabel oder normierbar. • Die Gesamtheit aller quadratintegrablen Funktionen für das n-Teilchensystem heißt der Hilbertraum für das n-Teilchensystem. • Bemerkung: ψ hängt im Allgemeinen von der Zeit t ab, die Konstante A aber nicht. Slide 51 Normierung der Wellenfunktion II • |ψ|2 ist eine Wahrscheinlichkeitsdichte • |ψ|2 dxdydz ist eine Wahrscheinlichkeit 5.4 5.4.1 Slide 52 Die Schrödingergleichung Zeitabhängige Schrödingergleichung Axiom V Postulat V: Die zeitliche Entwicklung der ψ(x1 , y1 , z1 , x2 , . . . , zn , t) wird durch die Wellenfunktion zeitabhängige Schrödingergleichung i~ ∂ψ = Ĥψ ∂t beschrieben. • Ĥ ist der Hamiltonoperator, der im Allgemeinen explizit von der Zeit abhängig sein kann. • Zeitabhängigkeit über den Operator V̂ der potentiellen Energie • für ein einzelnes Teilchen gilt ~2 ∂ 2 ∂2 ∂2 Ĥ = − + + + V (x, y, z, t) 2m ∂x2 ∂y 2 ∂z 2 34 ~2 ∂ 2 + V (x) 2m ∂x2 zeitabhängige Schrödingergleichung in einer Dimension • in einer Dimension: Ĥ = − 2 2 ~ ∂ = − 2m ψ(x, t) + V (x)ψ(x, t) i~ ∂ψ(x,t) ∂t ∂x2 Slide 53 Statt einer Herleitung • Wir hatten weiter oben gesehen, dass eine Wellenfunktion für atomare Systeme die Form i ψ(x, t) = A · e ~ (p·x−E·t) besitzt. • Für ein freies Teilchen in einer Dimension ist E = Ekin , mit der kinep2x tischen Energie Ekin = 2m ∂ψ(x, t) −i • i~ = i~ · E ψ(x, t) = Eψ(x, t) ∂t ~ • − −~2 i2 2 ~2 ∂ 2 ψ(x, t) + V (x)ψ(x, t) = p ψ(x, t) + V (x)ψ(x, t) 2m ∂x2 2m ~2 x = Ekin ψ(x, t) + V (x)ψ(x, t) = Eψ(x, t) =⇒ Schrödingergleichung ist erfüllt. Slide 54 Der Hamiltonoperator eines Vielteilchensystems n-Teilchen-Operator Ĥ = n X i=1 wobei ∆i = Teilchen ist. ~2 − ∆i + V ({~ri }, t) 2m ∂2 ∂2 ∂2 + + der Laplace-Operator für das i. ∂x2i ∂yi2 ∂zi2 35 Man beachte: Der Operator der kinetischen Energie entkoppelt (d.h., ist eine einfache Summe über Teilchen). Alle Kopplungen im Vielteilchensystem stecken in der Potentialfunktion V ({~ri }, t). 5.4.2 Slide 55 Zeitunabhängige Schrödingergleichung Separation der Wellenfunktion Ortsfunktion & Zeitfunktion • meistens ist die potentielle Energie nicht explizit zeitabhängig • das System ist dann konservativ (wobei angenommen wurde, dass keine geschwindigkeitsabhängigen Wechselwirkungsterme auftreten) V̂ (x1 , y1 , z1 , x2 , . . . zn , t) = V̂ ({x}, t) → V̂ ({x}) • Dann kann man ψ(x1 , y1 , z1 , x2 , . . . zn , t) = ψ({x}, t) schreiben als ψ({x}, t) = φ({x}) · χ(t) (∗) • Man nennt dies einen Separationsansatz für eine partielle Differentialgleichung. Die Schrödingergleichung ist eine solche. Slide 56 Produktansatz • Die Schrödingergleichung lautet mit (∗): ∂ [φ({x}) · χ(t)] = Ĥ[φ({x}) · χ(t)] ∂t ∂ φ({x}) · i~ χ(t) = χ(t) · Ĥφ({x}) ∂t i~ =⇒ links wirkt kein Differentialoperator auf φ und rechts keiner auf χ. Slide 57 36 Zeitunabhängige Schrödingergleichung • Wir machen nun einen mathematisch unsauberen (aber gerechtfertigten) Trick, indem wir die Gleichung durch φ({x}) und χ(t) dividieren ∂ 1 1 · χ(t) = · Ĥφ({x}) =⇒ i~ χ(t) ∂t φ({x}) oder i~ ∂χ(t) Ĥφ({x}) ∂t = χ(t) φ({x}) R(t) = S({x}) = E = const. Zeitunabhängige Schrödingergleichung Ĥφ({x}) = Eφ({x}) 5.5 Slide 58 Die Unschärferelation Unschärfe Nichtvertauschbare Operatoren bewirken, dass verschiedene Observablen nicht gleichzeitig exakte Werte annehmen können. Messungen erzeugen Unschärfe, indem bei verschiedenen Messungen des gleichen Systems unterschiedliche Messwerte beobachtet werden (sei es durch meßtechnische Probleme (Ungenauigkeit) oder wie hier durch prinzipielle Eigenschaften des Systems bedingt). Diese Unschärfe wird (auch bei “klassischen” Messungen) durch die Varianz ∆A2 = h(A − hAi)2 i quantifiziert. h. . .i symbolisiert dabei einen Mittel- oder Erwartungswert. Slide 59 37 Die Unschärferelation Es gilt: ∆A2 = = = = h(A − hAi)2 i hA2 − AhAi − hAiA + hAihAii hA2 i − hAi2 − hAi2 + hAi2 hA2 i − hAi2 (Ausmultiplizieren) weilhhAii = hAi ∆A = {hA2 i − hAi2 }1/2 heißt Standardabweichung Unschärferelation Seien ∆A = {hA2 i − hAi2 }1/2 und ∆B = {hB 2 i − hBi2 }1/2 1 Dann gilt ∆A∆B ≥ h[Â, B̂]i 2 Slide 60 Beweis der Unschärferelation I • Seien hAi = hψ|Â|ψi und hBi = hψ|B̂|ψi. • Operatoren für die Verteilung von Einzelwerten von A und B sind dann ˆ =  − hAi und δB ˆ = B̂ − hBi. δA ˆ δB] ˆ = [ − hAi, B̂ − hBi] = [Â, B̂] =: iĈ, weil hAi • Natürlich gilt [δA, und hBi Skalare (Zahlen) sind. • Man betrachtet nun für reelles, ansonsten beliebiges α das Integral Z 2 ˆ ˆ dτ ≥ 0 . I = (αδA − iδB)ψ Slide 61 38 Beweis der Unschärferelation II Z n o∗ n o ˆ ˆ ˆ ˆ (αδA − iδB)ψ (αδA − iδB)ψ dτ I = Z ˆ + iδB)(α ˆ ˆ − iδB)ψdτ ˆ = ψ ∗ (αδA δA (Hermitizität) ˆ + iδB)(α ˆ ˆ − iδB)i ˆ = h(αδA δA (Erwartungswert) 2 2 2 ˆ ˆ = α h(δA) i + h(δB) i ˆ δB ˆ − δB ˆ δAi ˆ (Ausmultiplizieren) −iαhδA ˆ 2 i + h(δB) ˆ 2 i + αhĈi = α2 h(δA) ≥ 0 Slide 62 Beweis der Unschärferelation III ˆ 2 i + h(δB) ˆ 2 i + αhĈi 0 ≤ I = α2 h(δA) !2 h Ĉi ˆ 2i α + = h(δA) ˆ 2i 2h(δA) 2 ˆ 2i − +h(δB) =⇒ I = =⇒ hĈi ˆ 2i 4h(δA) (quadr. Ergänzung) gilt für beliebiges α, also insbesondere auch für dasjenige α, das den ersten Term verschwinden läßt 2 hĈi 2 ˆ ≥0 h(δB) i − ˆ 2i 4h(δA) ˆ 2 ih(δB) ˆ 2 i ≥ 1 hĈi2 h(δA) 4 Slide 63 39 Beweis der Unschärferelation IV ˆ 2i = h(δA) = = = h( − hAi)2 i hÂ2 − 2ÂhAi + hAi2 i hÂ2 i − 2hAihAi + hAi2 hÂ2 i − hAi2 h(δA)2 i ist also die mittlere quadratische Abweichung von A von seinem Mittelwert. q q 2 ˆ ˆ2 Analoges gilt für B. mit ∆A = δA , ∆B = δB =⇒ 5.6 Slide 64 ∆A∆B ≥ 21 |hCi| Zusammenfassung Weitere Eigenschaften der Wellenfunktion • Die Schrödingergleichung ist eine DGL 2. Ordnung bzgl. der Koordinaten der Teilchen ⇒ ψ({x}) muss überall stetig sein ⇒ ∂ ψ({x}) muss stetig an allen Stellen sein, an denen die po∂xi tentielle Energie stetig ist. • Natürlich muss ψ eindeutig sein (genau genommen: ψ ∗ ψ muss eindeutig sein). • die Wellenfunktion darf nicht über einen endlichen Bereich unendlich groß werden Slide 65 40 y(x) y(x) Physikalisch korrekte und inkorrekte Wellenfunktionen x y(x) y(x) x x x 41 Teil III Exakte Lösungen der stationären Schrödingergleichung Inhaltsangabe 6 Eindimensionale Probleme 6.1 6.2 7 8 44 Das Teilchen im unendlich tiefen Kasten . . . . . . . . . . 45 6.1.1 Modell und Lösung der Schrödingergleichung . . . 45 6.1.2 Zustände des Teilchens im Kasten . . . . . . . . . 49 6.1.3 Erwartungswerte und Varianzen für das Teilchen im Kasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 6.1.4 Zusatzmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Der harmonische Oszillator . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 6.2.1 Federmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 6.2.2 Schrödingergleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 6.2.3 Lösung der Schrödingergleichung . . . . . . . . . . 62 6.2.4 Form der Wellenfunktionen und Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Zwei- und Dreidimensionale Probleme in kartesischen Koordinaten 72 7.1 Das Teilchen im zweidimensionalen Kasten . . . . . . . . 72 7.2 Das Teilchen im dreidimensionalen Kasten . . . . . . . . . 80 7.3 Der harmonische Oszillator in 3 Dimensionen . . . . . . . 84 7.4 Erweiterung auf mehr als ein Teilchen . . . . . . . . . . . 88 Zentralkraft-Probleme 8.1 90 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 42 9 8.1.1 Kugelkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 8.1.2 Teilchen auf der Kugeloberfäche . . . . . . . . . . 94 8.1.3 Das Teilchen auf dem Ring . . . . . . . . . . . . . 95 8.2 Der Drehimpuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 8.3 Produktansatz der Schrödingergleichung in Kugelkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Das Wasserstoffatom 110 9.1 Radiale Dichteverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 9.2 Entartung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 43 6 Slide 66 Eindimensionale Probleme Die Schrödingergleichung in einer Dimension • wir betrachten Wellenfunktionen, die nur von einer Variablen abhängen d.h. die Bewegung eines einzigen Teilchens ist eingeschränkt auf eine Raumrichtung (x-Achse). 1D-SGL: Ĥψ(x) = Eψ(x) ~2 d2 + V (x) ψ(x) = Eψ(x) − 2m dx2 44 6.1 6.1.1 Slide 67 Das Teilchen im unendlich tiefen Kasten Modell und Lösung der Schrödingergleichung Das Teilchen im unendlich tiefen Kasten • Das Teilchen soll sich zwischen x = 0 und x = L frei bewegen können (frei bedeutet: kräftefrei: ⇒ V = const. wähle oBdA: V = 0) • aber nicht außerhalb dieses “Kastens” der Länge L gelangen können. (außerhalb des Kastens ist die potentielle Energie also “unendlich groß”) Systemskizze V(x)=0 V(x) 0 Slide 68 V(x) L x Lösungsweg • Unterteilung des Definitionsbereiches in 3 Bereiche 1. Für x ≤ 0 gilt V (x) → ∞. 2. Für 0 < x < L gilt V (x) = 0. 3. Für x ≥ L gilt wie für Bereich 1 V (x) → ∞. Slide 69 45 Bereiche 1 und 3 • Wir sind nur an endlichen Energien E des Teilchens interessiert. ~2 d2 ⇒ − + V (x) ψ(x) = Eψ(x) 2m dx2 kann nur durch ψ(x) = 0 für x ≤ 0 und x ≥ L erfüllt sein. Dann gilt natürlich auch ρ(x) = ψ ∗ (x)ψ(x) = 0 für x ≤ 0 und x ≥ L, d.h. das Teilchen kann sich nicht außerhalb des Bereiches 0 < x < L aufhalten. • die Aufenthaltswahrscheinlichkeit außerhalb des “Potentialtopfes” verschwindet also, in Übereinstimmung mit der Problemstellung. Slide 70 Bereich 2 Für 0 < x < L gilt V (x) = 0. Somit lautet die zu lösende Differentialgleichung (DGL) ~2 d2 − ψ(x) = Eψ(x). 2m dx2 Die Energie E muss immer größer oder gleich 0 sein, da E immer ≥ Vmin = 0 ist, also Ekin ≥ 0! • gesucht: Funktion ψ(x), deren 2. Ableitung proportional zum Negativen ihrer selbst ist. • Wir wissen: d2 sin(ax) = −a2 sin(ax) dx2 d2 cos(ax) = −a2 cos(ax) dx2 ⇒ Lösungsansatz ψ(x) = A sin(ax) + B cos(ax) (A, B und a sind noch festzulegen!). Slide 71 46 Eigenwerte d2 d2 ψ = [A sin(ax) + B cos(ax)] dx2 dx2 d2 d2 = A 2 sin(ax) + B 2 cos(ax) dx dx = A · (−a2 ) · sin(ax) + B · (−a2 ) · cos(ax) = −a2 [A sin(ax) + B cos(ax)] = −a2 ψ(x) Somit ist ~2 a2 −~2 d2 ψ(x) = ψ(x) = Eψ(x) 2m dx2 2m ⇒ E= ~2 a2 2m A, B, und a müssen noch durch die Randbedingungen festgelegt werden. Slide 72 Randbedingungen ! (i) ψ(0) = ψ(L) = 0 da die Wellenfunktion im Topf stetig in die Wellenfunktion außerhalb des Topfes übergehen muss. Z∞ (ii) Die Normierungsbedingung ψ ∗ (x)ψ(x)dx = −∞ ZL 0 47 ! ψ ∗ (x)ψ(x)dx = 1 Anschlußbedingungen – aus (i) folgt an der Stelle x = 0: ! ψ(0) = A sin(0 · a) +B cos(0 · a) = 0 ⇒ B=0 | {z } | {z } 0 1 ! – damit gilt an der Stelle x = L: ψ(L) = A sin(L · a) = 0 – A 6= 0, da sonst ψ(x) = 0 auch im Potentialkasten ! ⇒ sin(L · a) = 0 – analog, n 6= 0, da sonst überall ψ(x) = 0: – Zur Erinnerung: sin(nπ) = 0 für n = 1, 2, 3, . . . – Man kann also die Bedingung ψ(L) = 0 immer dann nπ erfüllen, wenn L · a = n · π ist, also wenn a = L – kleinstes n ist n = 1 – negatives n nicht möglich, da ψ−n = −ψn wäre (identisches |ψ|2 !) Slide 73 Energieeigenwerte • zulässige Energiewerte E = ~2 a2 ~2 π 2 ⇒ En = · n2 2m 2mL2 n = 1, 2, 3, . . . Nur wenn E einen der Eigenwerte En annimmt, hat die Schrödingergleichung für das Teilchen im Kasten eine physikalisch sinnvolle (d.h. mit den Randbedingungen verträgliche) Lösung Offenbar ist E “gequantelt”! Slide 74 48 Normierung Z L ∗ ∗ L Z ψ (x)ψ(x)dx = A A (iii) ! sin2 (ax)dx = 1 0 0 Z L nπx L ! )dx = |A|2 = 1 L 2 0 r 2 ⇒ Wir wählen A = L 2 |A| sin2 ( r • Man hätte durchaus die Freiheit, A = − 2 zu wählen. L r oder A = i oder A = eiα 2 L r 2 mit beliebigem reellem α L • Diese Wahlfreiheit besteht, weil nur das Betragsquadrat der Wellenfunktion physikalische Bedeutung hat. 6.1.2 Slide 75 Zustände des Teilchens im Kasten Zustände Zusammenfassend gilt also für n = 1, 2, 3, . . . ~2 π 2 2 h2 2 n = n 2mL2 8mL2 r nπ 2 Wellenfunktionen ψn (x) = sin ·x L L Energiezustände En = • Es existieren unendlich viele Eigenwerte und (normierte) Eigenfunktionen für das Teilchen im Kasten. 49 • Die Grundzustandsenergie (n=1) lautet E1 = ~2 π 2 h2 = 2mL2 8mL2 • Die Energien der angeregten Zustände En = E1 · n2 , n = 2, 3, . . . • n heißt Quantenzahl Slide 76 Nullpunktsenergie • Die minimale Energie des Grundzustands des Teilchens im Kasten ist immer vorhanden. • Sie kann nicht konvertiert werden. • Dieser unveränderliche minimale Energiebeitrag heißt auch Nullpunktsenergie. Slide 77 Spektrum der Zustände • Anregungsenergien zwischen zwei aufeinanderfolgenden Zuständen ∆En = En+1 − En = E1 · (2n + 1) • Die Energien der angeregten Zustände wachsen quadratisch mit der Quantenzahl n • die Anregungsenergien zwischen benachbarten Zuständen linear Slide 78 50 Massenabhängigkeit 1. E1 ∝ 1 m damit sind alle Energien umgekehrt proportional zur Masse des Teilchens ⇒ auch ∆E ∝ Slide 79 1 m Größenabhängigkeit 2. E1 ∝ 1 L2 alle Energien sind umgekehrt proportional zum Quadrat der Länge des Kastens ⇒ auch ∆E ∝ Slide 80 1 L2 Quasikontinuum Größenabschätzung: L = 2 Å(≈Atom), m = me 51 → ∆E1 ≈ 4.5 · 10−18 J → ν̃ ≈ 225000 cm−1 (mit ∆E = hcν̃; vglbar der Rydbergkonstanten (Ry = 1.097·105 cm−1 = 1.097 · 107 m−1 )! Betrachten wir den Grenzfall • großer Massen L = 2 Å, m = 1 g → ∆E1 ≈ 1.8 · 10−33 J → ν̃ ≈ 9 · 10−11 cm−1 ! • oder großer Kastenlängen L = 1 cm, m = me → ∆E1 ≈ 4.2 · 10−45 J → ν̃ ≈ 2.1 · 10−22 cm−1 ! Dann rücken die Energien der Zustände also sehr dicht zusammen. → Es sieht so aus, als wären (fast) beliebige kontinuierliche Variationen der Energie möglich. Die Energieniveaus sind quasikontinuierlich wie in der klassischen Physik Slide 81 Wellenfunktionen und Wahrscheinlichkeitsdichten • Grundzustandswellenfunktion und zugehörige Wahrscheinlichkeitsdichte r πx 2 sin L L πx 2 sin2 = L L ψ1 (x) = ρ1 (x) = |ψ1 (x)|2 • Wellenfunktionen der angeregten Zustände und zugehörige Wahrscheinlichkeitsdichten für n = 2, 3, . . . r πx 2 sin ·n L L πx 2 = sin2 ·n L L ψn (x) = ρ1 (x) = |ψ1 (x)|2 52 Slide 82 Wellenfunktionen und Aufenthaltswahrscheinlichkeiten • die Zahl der Knoten (Nulldurchgänge von ψ(x)) nimmt mit zunehmendem n zu (wie n − 1). • Für sehr hohe Quantenzahlen gibt es sehr viele Knoten. Slide 83 Bohr’sches Korrespondenzprinzip Für großes n gilt: • Man wird in der Regel den Zustand des Systems nur als eine Überlagerung von Zuständen mit ähnlichem n finden. • Sind viele dieser Zustände überlagert, ergibt sich eine Wahrscheinlichkeitsdichte ρ ≈ const. • wie in der klassischen Physik Dies ist ein Beispiel für das Bohr’sche Korrespondenzprinzip zwischen Quantenmechanik und klassischer Mechanik. Slide 84 Alternative Darstellung 53 Wellenfunktionen oder Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichten werden im Potentialtopf bei Energie E eingezeichnet (s. z.B. Atkins). 6.1.3 Slide 85 Erwartungswerte und Varianzen für das Teilchen im Kasten Grundzustand des Teilchens im Kasten Energieerwartungswert • Der Energieerwartungswert im GZ ist ZL ∗ hEiψ1 = hψ1 |Ĥ|ψ1 i = ψ1 ∗ Ĥψ1 dx 0 ZL = ψ1 ∗ E1 ψ1 dx 0 ZL = E1 ψ1 ∗ ψ1 dx = E1 0 • In einem Eigenzustand des Operators (hier Ĥ) ist natürlich der Erwartungswert des Operators gleich dem Eigenwert! Slide 86 54 Grundzustand des Teilchens im Kasten Erwartungswert des Ortes • Der Ortserwartungswert im GZ (n = 1) ist r !2 ZL 2 πx πx sin( )x sin( )dx L L L hxiψ1 = hψ1 ∗ |x̂|ψ1 i = 0 = 2 L ZL x sin2 πx L dx = L 2 (s. Übungsaufgabe) Rechenweg 0 • Der zustandsgemittelte Aufenthaltsort des Teilchens ist also in der Mitte des Potentialkastens! (nicht unerwartet!) Slide 87 Grundzustand des Teilchens im Kasten Erwartungswert des Impulses • Der Impulserwartungswert im GZ ist hpx iψ1 2 ~ ∂ |ψ1 i = = hψ1 ∗ | i ∂x L ZL sin( πx πx ~ ∂ ) sin( )dx L i ∂x L 0 = 2 L ZL sin πx ~π L iL cos πx L dx = 0 0 aus Symmetriegründen • Der zustandsgemittelte Impuls des Teilchens ist also 0. (MaW: das Teilchen bewegt sich “genauso oft” nach links wie nach rechts!) (ebenfalls nicht unerwartet!) Slide 88 55 Grundzustand des Teilchens im Kasten Varianzen Um diese Mittelwerte ergeben sich Schwankungen der Messung von Ort oder Impuls (Ort und Impuls sind, da [x̂, Ĥ] 6= 0 und [p̂x , Ĥ] 6= 0, nicht gleichzeitig mit der Energie scharf messbar) in Form von Standardabweichungen und Varianzen 2 • Varianzen (∆A)2 = hÂ2 i − hÂi q p 2 • Standardabweichungen σA = (∆A)2 = hÂ2 i − hÂi s p • Standardabweichung des Ortes σx = (∆x)2 = hx̂2 i − hx̂i2 |{z} schon berechnet • Standardabweichung des Impulses σpx = p (∆px )2 = s hpˆx 2 i − hp̂x i2 | {z } schon berechnet Slide 89 Orts-Impuls-Unschärfe im Grundzustand 1 1 2 2 2 • hx̂ i = hψ1 |x̂ |ψ1 i = L − 3 2π 2 L √ 2 ⇒ σx = √ π −6 π 12 • hp̂2x i = hψ1 |p̂2x |ψ1 i = • ⇒ σ px = ~π L r =⇒ σx · σpx = ~ r • da ~2 π 2 L2 π2 − 6 12 π2 − 6 1 ≈ 0.568, ist auf jeden Fall σx · σpx > ~ 12 2 Die Heisenberg’sche Unschärferelation ist also erfüllt. 56 6.1.4 Slide 90 Zusatzmaterial Integral RL 0 hxi = x sin2 ( πx )dx L 2 L ZL 2 x sin πx L 2L dx = 2 π 0 Zπ y sin2 ydy 0 Zπ Substitution: y = πx/L ⇒ dx = dx dy dy 1 y · [1 − cos(2y)]dx 2 Additionstheorem = L dy π = 2L π2 = y=π 2L y 2 1 1 − cos(2y) − y sin(2y) 2 π 4 8 4 y=0 0 partielle Integration 02 π2 = π π 1 1 2L − cos(2π) − sin(2π) − + cos(0) + sin(0) 2 | {z } | {z } | {z } π 4 8 4 4 8 4 | {z } = 2L π 2 L = 2 π 4 2 =1 =0 57 =1 =0 6.2 Der harmonische Oszillator 6.2.1 Slide 91 Federmodell Modell • Eine Masse m sei durch eine Feder mit einer Wand verbunden. • Auslenkungen aus der Ruhelage (x = 0), in der die Feder entspannt ist, seien nur entlang einer Achse (der x-Achse) möglich. Slide 92 Federkraft und Hookesches Gesetz • Für (kleine) Auslenkungen ist die Rückstellkraft F~ = −k · ~x. k heißt Federkonstante • Kräfte sind die negativen Ableitungen der potentiellen Energie ~ . F~ = −∇V Slide 93 Wechselwirkungspotential • Da die Kraft nur von x abhängen soll (und damit das Potential), sieht 1 man leicht, daß V (x, y, z) = V (x) = kx2 2 ∂V (x) kx ∂x ∂V (x) ~ (x) = • denn ∇V ∂y = 0 = kx~ex = k~x ∂V (x) 0 ∂z Slide 94 58 Hamilton-Funktion und Hamilton-Operator • Die kinetische Energie der Masse m ist T = p~2 px 2 = 2m 2m • die klassische Hamiltonfunktion (also die Gesamtenergie) lautet px 2 1 2 + kx H(px , x) = T + V = 2m 2 • der entsprechende Hamiltonoperator in der Quantenmechanik lautet Ĥ = T̂ + V̂ = p̂2x 1 + kx̂2 2m 2 ~ 2 d2 1 2 oder explizit Ĥ = − + kx 2m dx2 2 6.2.2 Slide 95 Schrödingergleichung Schrödingergleichung des Harmonischen Oszillators Ĥψ(x) = Eψ(x) ⇐⇒ − man definiert a2 := √ ~2 d2 ψ(x) 1 2 + kx ψ(x) = Eψ(x) 2m dx2 2 ~ k·m und multipliziert alle Terme mit 2m 2 ·a ~2 und erhält d2 ψ(x) x2 2a2 mE + ψ(x) = ψ(x) = εψ(x) dx2 a2 ~2 r 2a2 mE 2 m mit der Definition ε := = ·E ~2 ~ k −a2 Slide 96 59 Variablentransformation ξ = x/a Man definiert eine neue Variable ξ = dann ist und x a d d =a· dξ dx d2 d2 2 = a · dξ 2 dx2 Damit erhält man schließlich d2 ψ(ξ) + (ε − ξ 2 )ψ(ξ) = 0 dξ 2 Slide 97 Ansätze zur Lösung der Schrödingergleichung des harmonischen Oszillators Man kann diese Gleichung auf mehrere Arten lösen. 1. klassisches Verfahren durch Lösen der Differentialgleichung mit Produktund Potenzreihenansatz =⇒ Eigenfunktionen und Eigenwerte 2. algebraisches Verfahren mit Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren =⇒ Eigenwerte und Matrixelemente Die Kenntnis von Eigenfunktion und Eigenwert ist äquivalent zur Kenntnis von Eigenwert und allen Matrixelementen. (Beide Techniken liefern die gleiche Einsicht in das Problem.) Slide 98 60 Eigenwerte • Man erhält als Eigenwerte für die Werte ε = 2n + 1, n = 0, 1, 2, . . . und mit den Definitionen r ~ 2a2 mE 2 m 2 a := √ und ε := E erhält man = ~2 ~ k k·m r 1 1 k E = ~ω n + =~ n+ , n = 0, 1, 2, . . . 2 m 2 Slide 99 Eigenfunktionen √ p 4 mit ξ = x/a = x √m·k = mω x ~ ~ r mω 2 mω 2 x e− 2~ x ψn (x) = Nn Hn (x/a)e−(x/a) /2 = Nn Hn ~ ψn (x) = Nn Hn (ξ)e−ξ 2 /2 mit den Hermiteschen Polynomen Hn (ξ) = (−1)n eξ 2 dn −ξ2 e dξ n und den Normierungsfaktoren m · ω 1/4 1 1/2 Nn = ~π 2n n! Slide 100 Hermitesche Polynome 61 H0 (y) H1 (y) H2 (y) H3 (y) H4 (y) H5 (y) H6 (y) H7 (y) H8 (y) 6.2.3 Slide 101 = = = = = = = = = 1 2y 4y 2 − 2 8y 3 − 12y 16y 4 − 48y 2 + 12 32y 5 − 160y 3 + 120y 64y 6 − 480y 4 + 720y 2 − 120 128y 7 − 1344y 5 + 3360y 3 − 1680y 256y 8 − 3584y 6 + 13440y 4 − 13440y 2 + 1680 Lösung der Schrödingergleichung Lösung der Schrödingergleichung Asymptotischer Lösungsansatz Schrödingergleichung d2 ψ(ξ) + (ε − ξ 2 )ψ(ξ) = 0 2 dξ Für sehr große Werte von ξ gilt ξ 2 ε und damit asymptotisch (also für ξ → ±∞) d2 ψ̃ − ξ 2 ψ̃(ξ) = 0 dξ 2 Diese Differentialgleichung hat die allgemeine Lösung 1 2 1 2 ψ̃(ξ) = Ae− 2 ξ + Be+ 2 ξ Damit ψ̃(ξ) normierbar bleibt, muss ψ̃(ξ) → 0 für ξ → ±∞ B=0 Slide 102 62 =⇒ Lösungsansatz für die Schrödingergleichung 1 2 Die asymptotische Lösung ψ̃(ξ) ∼ e− 2 ξ verwendet man als Ansatz für eine allgemeine Lösung für alle ξ, nicht nur für sehr große. 1 2 ψ(ξ) = N H(ξ)e− 2 ξ ist ein Produkt aus Normierungskonstante N (später festzulegen), einer unbekannten “Korrektur”Funktion H(ξ) (als nächstes zu bestimmen) und der bereits bekannten asympotischen Lösung ψ̃(ξ) Slide 103 Ableitungen des Lösungsansatzes ψ = N H(ξ)ψ̃(ξ) Differenziert man ψ(ξ) nach der Kettenregel, so erhält man dψ(ξ) d − 1 ξ2 = N e 2 · H(ξ) dξ dξ − 12 ξ 2 dH(ξ) − 12 ξ 2 · H(ξ) + e = N −ξe dξ und d2 ψ(ξ) = N dξ 2 1 2 1 2 dH(ξ) (ξ 2 − 1)e− 2 ξ H(ξ) − 2ξe− 2 ξ dξ 2 1 2 d H(ξ) +e− 2 ξ dξ 2 Slide 104 63 Differentialgleichung für H(ξ) d2 ψ(ξ) + (ε − ξ 2 )ψ(ξ) = 0 dξ 2 1 2 und Multiplikation von links mit e 2 ξ /N ergibt Einsetzen in die SGL (ξ 2 − 1)H(ξ) − 2ξ dH(ξ) d2 H(ξ) + + (ε − ξ 2 )H(ξ) = 0 dξ dξ 2 oder H 00 (ξ) − 2ξH 0 (ξ) + (ε − 1)H(ξ) = 0 Slide 105 Potenzreihenansatz für H(ξ) I Gleichungen der Form H 00 (ξ) − 2ξH 0 (ξ) + (ε − 1)H(ξ) = 0 löst man durch Potenzreihenentwicklung Ansatz H(ξ) = ⇒ H 0 (ξ) = ⇒ H 00 (ξ) = ∞ X j=0 ∞ X j=0 ∞ X aj ξ j j · aj ξ j−1 j(j − 1) · aj ξ j−2 j=0 Einsetzen: ∞ P j=0 j(j − 1) · aj ξ j−2 − 2ξ ∞ X {z ξ...ξ j−1 →ξ j 64 ∞ P j=0 j=0 | Slide 106 j · aj ξ j−1 +(ε − 1) } aj ξ j = 0 Potenzreihenansatz für H(ξ) II ∞ X j(j − 1) · aj ξ j−2 j=0 ⇓ ∞ X j j · aj ξ + (ε − 1) j=0 {z | −2 ∞ X ∞ X aj ξ j = 0 j=0 } j(j − 1) · aj ξ j−2 j=2 | {z } mit k + 2 := j ∞ X (k + 2)(k + 2 − 1) · ak+2 ξ k+2−2 {z } |k=0 und nach Umbenennen k → j ∞ X {(j + 2)(j + 1)aj+2 + (ε − 1 − 2j)aj } ξ j = 0 j=0 Slide 107 Potenzreihenansatz für H(ξ) III Rekursionsformel ∞ X {(j + 2)(j + 1)aj+2 + (ε − 1 − 2j)aj } ξ j = 0 j=0 Diese Gleichung kann nur dann für alle ξ gelten, wenn jede einzelne Potenz von ξ verschwindet. ⇒ (j + 2)(j + 1)aj+2 = (2j + 1 − ε)aj Dies ist eine Rekursionsformel für die aj • kennt man a0 , sind alle weiteren a2 , a4 , a6 , . . . festgelegt. • kennt man a1 , sind alle weiteren a3 , a5 , a7 , . . . festgelegt. a0 und a1 kann man prinzipiell frei wählen, da man später noch den Normierungsfaktor bestimmen muss. Slide 108 65 Abbruchbedingung Man kann nun zeigen (tun wir aber nicht), dass i.A. für einen beliebigen Wert von ε die Funktion H(ξ) so schnell wächst, dass das Produkt 1 2 H(ξ)e− 2 ξ für ξ → ±∞ nicht gegen Null strebt. =⇒ Die Wellenfunktion ist dann nicht normierbar. Für normierbare Lösungen muss die Potenzreihe für H(ξ) also bei irgendeiner maximalen Potenz n (also bei ξ n ) abbrechen. ! also: an+2 = 0 ⇒ Slide 109 2n + 1 − ε ! =0 (n + 2)(n + 1) =⇒ 2n + 1 − ε = 0 oder εn = 2n + 1 Quantenzahl n εn = 2n + 1 Es fällt wieder automatisch eine Quantenzahl n an, die die verschiedenen möglichen Lösungen (für die maximalen endlichen Potenzen von ξ) durchzählt. r 2 m E ε war definiert als ε = ~ k Die Energieniveaus des harmonischen Oszillators lauten dann r En = ~ Slide 110 66 k m 1 n+ 2 Frequenz des Oszillators 1 1 En = ~ω n + = hν n + 2 2 1 Frequenz: ν = 2π r k m r Kreisfrequenz: ω = 2πν = k m Frequenz des quantenmechanischen Oszillators ist dieselbe wie die des klassischen Oszillators Die Energie des klassischen Oszillators hängt direkt von der Amplitude (maximale Auslenkung) der Schwingung ab und kann kontinuierlich variieren Die Energie des quantenmechanischen Oszillators ist wieder gequantelt. 6.2.4 Slide 111 Form der Wellenfunktionen und Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte Wellenfunktionen 1 2 ψ(ξ) = Nn Hn (ξ)e− 2 ξ mit 67 Hn (ξ) = n X aj ξ j j=0 (n) aj+2 = 2(j − n) (n) a (j + 2)(j + 1) j wenn n gerade, dann verschwinden alle aj für ungerades j wenn n ungerade, dann verschwinden alle aj für gerades j Slide 112 Grundzustand ψn (x) = Nn Hn (ξ)e−ξ mit ξ = x/a = √ 4 x √m·k ~ 2 /2 = p mω ~ x m · ω 1/4 1 1/2 und Nn = ~π 2n n! 1 • EGZ = E0 = ~ω 2 ψ0 (x) = = m · ω 1/4 ~π m · ω 1/4 1 mω 2 x ~ · 1 · 1 · e− 2 1 mω 2 x ~ e− 2 s ~π r 1 mω 2 1 m·ω 4 √ = · e− 2 ~ x ~ π Slide 113 68 1. Angeregter Zustand ψn (x) = Nn Hn (ξ)e−ξ mit ξ = x/a = √ 4 x √m·k ~ 2 /2 = p mω ~ x m · ω 1/4 1 1/2 und Nn = ~π 2n n! 3 • E1 = ~ω 2 m · ω 1/4 1 1/2 r mω 1 mω 2 ψ1 (x) = ·2 · x · e− 2 ~ x ~π 2 ~ s r 3 1 mω 2 2 mω 4 √ = · x · e− 2 ~ x ~ π Slide 114 ψ(x) and ρ(x) = |ψ(x)|2 dx ψ0(x) ψ1(x) ρ0(x) ρ1(x) ψ3(x) ψ4(x) ρ3(x) Slide 115 ρ4(x) 69 ψ2(x) ρ2(x) ψ5(x) ρ5(x) Darstellung im “Topf der potentiellen Energie” Slide 116 Eigenschaften I • Zahl der Knoten(=Nulldurchgänge der Wellenfunktion) = Quantenzahl n • Die niedrigste Energie 21 ~ω > 0 Nullpunktsenergie Ein quantenmechanischer Oszillator ist niemals in Ruhe! Er “schwingt immer um seine Gleichgewichtslage”! Slide 117 Eigenschaften II 70 • Ein klassischer Oszillator dürfte sich, bei den gegebenen Energien, nicht im Bereich außerhalb der gelben Parabel aufhalten. (Hier wäre wegen En = T + V und V > En die kinetische Energie T negativ)! • Ein quantenmechanischer Oszillator darf sich in diesem klassisch “verbotenen” Bereich aufhalten. Die Wellenfunktion hat eine endliche Amplitude und Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte in diesem Bereich. Tunneleffekt Dieses Hinein’tunneln’ in klassisch verbotene Bereiche ist ein allgemeines Phänomen der Quantenmechanik Der Name dafür ist Tunneleffekt Slide 118 Unschärferelation p ∆x2 ∆p2x ist im Grundzustand des harmop ~ nischen Oszillators gegeben durch ∆x2 ∆p2x = . 2 • Die Orts-Impulsunschärfe • Es gilt also das Gleichheitszeichen in der Unschärferelation Zustand minimaler quantenmechanischer Unschärfe Der GZ des HO ist derjenige quantenmechanische Zustand mit der minimal möglichen Orts-Impuls-Unschärfe. Slide 119 Der harmonische Oszillator: Ein Modell für zweitatomige Moleküle • Alle obigen Resultate gelten auch für zweiatomige Schwinger • x ist dann die Differenz zwischen aktuellem Atomabstand und dem Gleichgewichtsabstand re : x = x2 − x1 − re • Dazu muss m → µ = m1 · m2 ersetzt werden. m1 + m2 • µ heißt reduzierte Masse. 71 7 Zwei- und Dreidimensionale Probleme in kartesischen Koordinaten 7.1 Slide 120 Das Teilchen im zweidimensionalen Kasten Das Teilchen im Kasten • Das Teilchen soll sich zwischen x = 0 und x = Lx und y = 0 und y = Ly frei bewegen können (frei bedeutet: kräftefrei: ⇒ V = const. wähle oBdA: V = 0) • aber nicht außerhalb dieses “Kastens” der Dimension (Fläche) Lx · Ly gelangen können. (außerhalb des Kastens ist die potentielle Energie also “unendlich groß”) Systemskizze Slide 121 Die Schrödingergleichung im zweidimensionalen Kasten ~2 ∂ 2 ∂2 • − + ψ(x, y) = Eψ(x, y) 2m ∂x2 ∂y 2 72 für 0 ≤ x ≤ Lx und 0 ≤ y ≤ Ly . • ψ(x, y) = 0 für alle anderen Werte von (x, y). • Lösung: Produktansatz ψ(x, y) = X (x) · Y(y) ~2 ∂ 2 ∂2 X (x) · Y(y) = E · X (x) · Y(y) − + 2m ∂x2 ∂y 2 ~2 ∂ 2 X (x) ~2 ∂ 2 Y(y) −Y(y) − X (x) = E · X (x) · Y(y) 2m ∂x2 2m ∂y 2 1 · X (x) · Y(y) − Slide 122 ~2 1 ∂ 2 X (x) ~2 1 ∂ 2 Y(y) − = E 2m X (x) ∂x2 2m Y(y) ∂y 2 Faktorisierung ~2 1 ∂ 2 X (x) ~2 1 ∂ 2 Y(y) − − = |{z} E 2m X (x) ∂x2 2m Y(y) ∂y 2 ⇓ | {z } | {z } ⇓ ⇓ Fkt. nur von x Fkt. nur von y Konstante • Die Summe einer Funktion, die nur von x abhängt, und einer anderen Funktion, die nur von y abhängt, kann nur dann konstant sein, wenn jede der beiden Funktionen für sich konstant ist. ~2 1 ∂ 2 X (x) = Ex 2m X (x) ∂x2 ~2 1 ∂ 2 Y(y) − = Ey 2m Y(y) ∂y 2 − Slide 123 73 2 Schrödingergleichungen in einer Dimension ~2 ∂ 2 X (x) = Ex X (x) 2m ∂x2 ~2 ∂ 2 Y(y) − = Ey Y(y) 2m ∂y 2 Ex + Ey = E − • Die Lösungen für diese beiden Gleichungen kennen wir aber schon! Es sind die gleichen Lösungen wie die des Teilchens im eindimensionalen Kasten. Slide 124 Lösungen der eindimensionalen Gleichung =⇒ ~2 π 2 · j 2 j = 1, 2, 3, . . . 2mLx 2 ~2 π 2 Ey(k) = · k 2 k = 1, 2, 3, . . . 2mLy 2 j und k sind unabhängig voneinander r 2 jπ Xj (x) = sin ·x Lx Lx s 2 kπ Yk (y) = sin ·y Ly Ly Ex(j) = Slide 125 74 Energieeigenwerte und Eigenfunktionen des zweidimensionalen Problems ~2 π 2 ~2 π 2 2 · j + · k2 2mLx 2 2mLy 2 ~2 π 2 j 2 k2 = + j, k = 1, 2, 3, . . . 2m Lx 2 Ly 2 s jπ kπ 4 · sin · x · sin ·y ψj,k (x, y) = Lx · Ly Lx Ly Ej,k = • Die Lösungen enthalten zwei Quantenzahlen j und k! • Die Lösungen hängen von der Form des Kastens (via Lx und Ly ) ab! • Es ist denkbar, dass 2 unterschiedliche Kombinationen (j, k) den gleichen Energiewert liefern! Dieses Phänomen nennt man (Energie)Entartung Slide 126 Grundzustand im quadratischen Kasten • Betrachten wir als Spezialfall einen quadratischen Kasten mit Lx = Ly = L. • Die Energieeigenwerte lauten dann ~2 π 2 j 2 k2 E = + 2m L2 L2 ~2 π 2 2 2 = j + k = ε[j 2 + k 2 ] 2 2mL • Der Grundzustand (1, 1) ist gegeben durch E1,1 = 2ε, da j, k ≥ 1 sein müssen. • Der Grundzustand ist nicht entartet, d.h., es gibt nur eine Kombination von j und k (beide = 1). 75 r • Die Wellenfunktion des Grundzustandes ist ψ1,1 (x, y) = π sin ·y L Slide 127 π 4 ·x · ·sin L2 L Angeregte Zustände im quadratischen Kasten E = ε[j 2 + k 2 ] • Der 1. angeregte Zustand ist gegeben durch E = 5ε. • Er ist zweifach entartet. • Energie des Zustandes (1, 2): j = 1, k = 2 =⇒ E1,2 = ε[1 + 4] = 5ε r π 4 2π • Wellenfunktion ψ1,2 (x, y) = · sin · x · sin ·y L2 L L • Energie des Zustandes (2, 1): j = 2, k = 1 =⇒ E2,1 = ε[4 + 1] = 5ε r π 4 2π • Wellenfunktion ψ2,1 (x, y) = · sin · x · sin ·y L2 L L Slide 128 Entartung • Man erkennt leicht, dass alle Zustände, in denen j = k ist, nicht oder einfach entartet sind. • Alle anderen Zustände, für die j 6= k ist, sind zweifach entartet. Slide 129 76 Wellenfunktionen im quadratischen Kasten • Es gibt Knotenlinien. • Die Wellenfunktionen zu entarteten Zuständen lassen sich durch Rotation ineinander überführen. Slide 130 Rechteckiger Kasten • Der allgemeine Fall ist der, für den Lx 6= Ly ist. • Der Grundzustand ist immer durch ψ1,1 und E1,1 gegeben. • Die Reihenfolge der angeregten Zustände hängt von der Form des Kastens ab. Slide 131 Energieniveaus im Rechteck-Kasten mit Ly = 2Lx k2 ~2 π 2 j 2 k2 ~2 π 2 j 2 + = + E = 2m L2x L2y 2m L2x 4L2x ~2 π 2 2 2 = = ε̃ 4j 2 + k 2 2 4j + k 8mLx 77 j k 4j 2 + k2 1 1 1 1 1 2 2 2 1 2 3 4 5 1 2 3 5 8 13 20 29 17 20 25 ... • Anregung in y-Richtung ist leichter. • Die Zustände (j, k) = (2, 2) und (1, 4) sind entartet. Man nennt dies auch zufällige Entartung. • Es gibt weniger entartete Energieniveaus als für den quadratischen Kasten. • Entartung ist eine Konsequenz der Symmetrie. Die hier beobachtete zufällige Entartung ist die Konsequenz einer “versteckten” Symmetrie. Slide 132 Wellenfunktionen im Rechteck-Kasten mit Ly = 2Lx Slide 133 Zufällige Entartung von ψ1,4 und ψ2,2 78 • Versteckte Symmetrie: Man kann durch Rotation der Hälften der Wellenfunktion um 90◦ die beiden Wellenfunktionen ineinander überführen. (Eine Knotenlinie geht mitten durch den Kasten, und die Wellenfunktion verschwindet auch an den Rändern.) 79 7.2 Slide 134 Das Teilchen im dreidimensionalen Kasten Das Teilchen im Kasten • Das Teilchen soll sich zwischen x = 0 und x = Lx und y = 0 und y = Ly und z = 0 und z = Lz frei bewegen können (frei bedeutet: kräftefrei: ⇒ V = const. wähle oBdA: V = 0) • aber nicht außerhalb dieses “Kastens” der Dimension (Volumen) Lx · Ly · Lz gelangen können. (außerhalb des Quaders ist die potentielle Energie also “unendlich groß”) Systemskizze Slide 135 Die Schrödingergleichung im dreidimensionalen Kasten ~2 ∂ 2 ∂2 ∂2 • − + + ψ(x, y, z) = Eψ(x, y, z) 2m ∂x2 ∂y 2 ∂z 2 für 0 ≤ x ≤ Lx , 0 ≤ y ≤ Ly und 0 ≤ z ≤ Lz . • ψ(x, y, z) = 0 für alle anderen Werte von (x, y, z). 80 • Lösung: Produktansatz ψ(x, y, z) = X (x) · Y(y) · Z(z) ~2 ∂ 2 ∂2 ∂2 X YZ = E · X YZ − + + 2m ∂x2 ∂y 2 ∂z 2 ~2 ∂ 2 X ~2 ∂ 2 Y ~2 ∂ 2 Z −YZ − X Z − X Y = E · X YZ 2m ∂x2 2m ∂y 2 2m ∂z 2 1 · X YZ − Slide 136 ~2 1 ∂ 2 X ~2 1 ∂ 2 Y ~2 1 ∂ 2 Z − − 2m X ∂x2 2m Y ∂y 2 2m Z ∂z 2 = E Faktorisierung ~2 1 ∂ 2 X − X ∂x2} | 2m {z ~2 1 ∂ 2 Y − 2m Y ∂y 2 | {z } ⇓ ⇓ ~2 1 ∂ 2 Z =E − Z ∂z 2} | 2m{z ⇓ Fkt. nur von x Fkt. nur von y Fkt. nur von z • Die Summe dreier Funktionen, von denen eine nur von x, eine nur von y und eine nur von z abhängt, kann nur dann konstant sein, wenn jede der drei Funktionen für sich konstant ist. ~2 1 ∂ 2 X 2m X ∂x2 ~2 1 ∂ 2 Y − 2m Y ∂y 2 ~2 1 ∂ 2 Z − 2m Z ∂z 2 − Slide 137 = Ex = Ey = Ez Energieeigenwerte und Eigenfunktionen des dreidimensionalen Problems 81 Die Lösungen sind bekannt, und können analog zu denen in einer und zwei Dimensionen konstruiert werden: ~2 π 2 ~2 π 2 ~2 π 2 2 2 · j + · k + · l2 2mLx 2 2mLy 2 2mLZ 2 ~2 π 2 j 2 k2 l2 = + + j, k, l = 1, 2, 3, . . . 2m Lx 2 Ly 2 Lz 2 s jπx kπy lπz 8 ψj,k,l (x, y, z) = · sin sin sin Lx Ly Lz Lx Ly Lz Ej,k,l = • Die Lösungen enthalten drei Quantenzahlen j, k, und l! • Die Lösungen hängen von der Form des Quaders (via Lx , Ly und Lz ) ab! • Es ist denkbar, dass mehrere unterschiedliche Kombinationen (j, k, l) den gleichen Energiewert liefern! Slide 138 Energieniveaus im Würfel Lx = Ly = Lz = L E = j k l j 2 + k 2 + l2 1 1 1 3 1 1 2 1 2 1 2 1 1 6 6 6 1 2 2 2 1 2 2 2 1 1 1 2 2 3 3 2 3 1 3 1 2 3 2 3 1 2 1 9 9 9 ... 14 14 14 14 14 14 ... ~2 π 2 2 j + k 2 + l2 = ε̃ j 2 + k 2 + l2 2 2mL 82 j k l j 2 + k 2 + l2 4 6 4 2 3 1 ... 41 41 ... (3 Permutationen) (6 Permutationen) • Aufgrund der kubischen Symmetrie beobachtet man regelmäßig Entartung. • Man beobachtet unterschiedliche Entartungsgrade g. • z.B. ist g = 1 für den Grundzustand. • g = 3 für die Zustände E = 6ε̃ und E = 9ε̃. • g = 6 für den Zustand E = 14ε̃. • g = 9 für den Zustand E = 41ε̃! (normale und zufällige Entartung) 83 7.3 Slide 139 Der harmonische Oszillator in 3 Dimensionen Potentielle Energie I • Bei der Lösung des Harmonischen Oszillators in einer Dimension war 1 die potentielle Energie der Masse an der Feder durch Epot (x) = kx2 2 gegeben. Die Feder konnte sich nur in x-Richtung bewegen. • Man kann dies auf 3 Dimensionen verallgemeinern. Dazu nimmt man an, dass die Feder an einem Punkt fixiert ist, und in alle Raumrichtungen ausgelenkt werden kann. Slide 140 Potentielle Energie II Die potentielle Energie lautet allgemein (wieder mit der Annahme, dass das Hookesche Gesetz erfüllt ist) 1 1 1 V (x, y, z) = kx x2 + ky y 2 + kz z 2 2 2 2 Diese Gleichung nimmt an, dass die Federkraft in unterschiedlichen Richtungen unterschiedlich stark wirkt. Nimmt man dagegen an, dass kx = ky = kz = k, dann gilt 1 1 V (x, y, z) (x2 + y 2 + z 2 ) = V (r) = kr2 2 2 wobei r2 = x2 +y 2 +z 2 das Abstandsquadrat der Masse von der Gleichgewichtslage im Raum ist. Slide 141 84 Hamilton Operator Ĥ = Ĥ = = + + ~2 ∂ 2 ∂2 − + + 2m ∂x2 ∂y 2 ~2 ∂ 2 ∂2 − + + 2m ∂x2 ∂y 2 ~2 ∂ 2 1 2 − + kx 2m ∂x2 2 ~2 ∂ 2 1 2 − + ky 2m ∂y 2 2 1 2 ~2 ∂ 2 + kz − 2m ∂z 2 2 ∂2 + ∂z 2 ∂2 + ∂z 2 1 2 kr 2 1 k(x2 + y 2 + z 2 ) 2 • Ĥ zerfällt aufgrund der speziellen Form der potentiellen Energie (∝ r2 ) in die Summe aus drei harmonischen Oszillatoren. Slide 142 Schrödingergleichung • Man kann wieder einen Produktansatz machen: ψ(x, y, z) = X (x)Y(y)Z(z). • Die Schrödingergleichung lautet dann 1 2 ~2 ∂ 2 + kx X YZ Ĥψ(x, y, z) = − 2m ∂x2 2 1 2 ~2 ∂ 2 + ky X YZ + − 2m ∂y 2 2 ~2 ∂ 2 1 2 + − + kz X YZ 2m ∂z 2 2 = E · X YZ • Man dividiert wieder durch X YZ und erhält die Slide 143 85 Faktorisierte Schrödingergleichung 1 ~2 ∂ 2 X 1 2 − + kx X 2m ∂x2 2 1 ~2 ∂ 2 Y 1 2 + − + ky Y 2m ∂y 2 2 2 2 1 ~ ∂ Z 1 2 + − + kz Z 2m ∂z 2 2 = E 1 ĤX YZ = X YZ • Wieder ist die Summe von drei Funktionen, von denen jede von genau einer unabhängigen Variable abhängt, eine Konstante. ⇒ Jeder der Klammerausdrücke für sich muss wieder konstant sein. Slide 144 Eindimensionale Schrödingergleichung • Man erhält also, z.B. für die x-Richtung 1 2 1 ~2 ∂ 2 X + kx − = Ex X 2m ∂x2 2 Multiplikation mit X 2 2 ~ ∂ X 1 + kx2 X = Ex · X − 2 2m ∂x 2 • Dies ist wieder die Schrödingergleichung eines harmonischen Oszillators. • Analoges gilt für die y und die z-Richtung • Das Problem des kugelsymmetrischen Harmonischen Oszillators kann also in drei eindimensionale harmonische Oszillatorprobleme transformiert werden. Slide 145 86 Eigenwerte und Eigenfunktionen des Harmonischen Oszillators in drei Dimensionen Ej,k,l ψj,k,l 1 1 1 = ~ω j + + ~ω k + + ~ω l + 2 2 2 3 = ~ω j + k + l + 2 j, k, l = 0, 1, 2, . . . x y z 2 2 2 2 = Njkl Hj Hk Hl e−(x +y +z )/2a a a a Hj , Hk , Hl sind wieder Hermitesche Polynomen, und a und ω sind wie zuvor definiert. Njkl ist ein Normierungsfaktor. • Die Nullpunktsenergien sind additiv! Slide 146 Energieeigenwerte E = ~ω j + k + l + j+k+l+ 3 2 Permutationen j k l 0 0 0 3/2 1 1 0 0 5/2 3 2 1 0 1 0 0 7/2 7/2 3 3 3 2 1 0 1 1 0 0 1 9/2 9/2 9/2 3 6 1 4 3 2 2 0 1 2 1 0 0 0 1 11/2 11/2 11/2 11/2 3 6 3 3 ... • Entartungsgrad g steigt rasch mit der Energie an. • g(3/2) = 1 (GZ) • g(5/2) = 3 87 3 2 und Entartung • g(7/2) = 6 • g(9/2) = 10 • g(11/2) = 15 Slide 147 Symmetrie und Entartung • Man nennt einen Energieeigenwert der Schrödingergleichung n-fach entartet, wenn er durch n unterschiedliche Kombinationen der zugehörigen Quantenzahlen realisiert werden kann. • Weist das zu lösende Problem und damit der zugehörige Hamiltonoperator eine oder mehrere Symmetrien auf, so finden sich in seinem Energiespektrum entartete Eigenwerte. • Der Umkehrschluß (Entartung ⇒ Symmetrie) gilt nicht. Es kann zu zufälligen Entartungen kommen. 7.4 Slide 148 Erweiterung auf mehr als ein Teilchen Schrödingergleichung für 1 Teilchen • Produktansatz: ψ(x, y, z) = X (x)Y(y)Z(z). • Schrödingergleichung: Ĥψ(x, y, z) = + + = ~2 ∂ 2 1 2 − + kx X YZ 2m ∂x2 2 ~2 ∂ 2 1 2 + ky X YZ − 2m ∂y 2 2 ~2 ∂ 2 1 2 − + kz X YZ 2m ∂z 2 2 E · X YZ • E = Ex + Ey + Ez = ~ω (j + 12 ) + (k + 21 ) + (l + 12 ) Slide 149 88 Schrödingergleichung für 2 Teilchen • Produktansatz: ψ(x1 , y1 , z1 , x2 , . . .) = X1 (x1 )Y1 (y1 )Z1 (z1 )X2 (x2 )Y2 (y2 )Z2 (z2 ). • Schrödingergleichung: = + + + + = Slide 150 Hψ(x1 , y1 , z1 , x2 , y2 , z2 ) 1 2 ~2 ∂ 2 + kx X1 Y1 Z1 X2 Y2 Z2 − 2m ∂x21 2 1 ~2 ∂ 2 1 2 − + ky X1 Y1 Z1 X2 Y2 Z2 2m ∂y12 2 1 1 2 ~2 ∂ 2 + kz X1 Y1 Z1 X2 Y2 Z2 − 2m ∂z12 2 1 .. . 1 2 ~2 ∂ 2 + kz X1 Y1 Z1 X2 Y2 Z2 − 2m ∂z22 2 2 E · X 1 Y 1 Z1 X 2 Y 2 Z2 Schrödingergleichung für 2 Teilchen • E = Ex1 + Ey1 + Ez1 + Ex2 + Ey2 + Ez2 • E = ~ω (j1 + 21 ) + (k1 + 12 ) + (l1 + 21 ) + (j2 + 12 ) + (k2 + 12 ) + (l2 + 12 ) Slide 151 Schrödingergleichung für N Teilchen E = Ex1 + Ey1 + Ez1 + Ex2 + Ey2 + Ez2 + Ex3 + . . . E = ~ω (j1 + 21 ) + (k1 + 12 ) + (l1 + 21 )+ (j2 + 12 ) + (k2 + 12 ) + (l2 + 12 ) + (j3 + 21 ) + . . . E= k=3N X k=1 1 ~ω(nk + ) mit nk den Quantenzahlen für den k. Freiheitsgrad 2 89 8 Zentralkraft-Probleme 8.1 Slide 152 Einleitung Der dreidimensionale harmonische Oszillator in kartesischen Koordinaten • Die potentielle Energie des symmetrischen (kx = ky = kz = k) HamiltonOperators des dreidimensionalen harmonischen Oszillators läßt sich aufgrund seiner speziellen Form auch als abstandsabhängige potentielle Energie schreiben: ∂2 ∂2 ~2 ∂ 2 + + Ĥ(x, y, z) = − 2m ∂x2 ∂y 2 ∂z 2 1 + k x2 + y 2 + z 2 2 | {z } r2 Kann man den kinetischen Energie-Anteil vielleicht ebenfalls als Funktion von r und zwei weiteren Winkelkoordinaten formulieren? Slide 153 Der dreidimensionale harmonische Oszillator in Kugelkoordinaten • Kann man den kinetischen Energie-Anteil vielleicht ebenfalls als Funktion von r und zwei weiteren Winkelkoordinaten formulieren? Etwa in der Form? Ĥ(r, ϑ, φ) = − ~2 1 ∆(r, ϑ, φ) + kr2 2m 2 • Klassisch ist diese Zerlegung der kinetischen Energie in einen Radialanteil und einen Drehimpulsanteil möglich. • Man zerlegt dabei die kinetische Energie im kartesischen Koordinatensystem in zwei Komponenten, nämlich die der Radialbewegung weg von einem (wählbaren) Ursprungspunkt und die einer Drehbewegung um eine Achse durch den Ursprungspunkt Slide 154 90 Beispiel: Planetenbewegung • Die Bewegung der Planeten um die Sonne (oder des Mondes um die Erde) ist eine Drehbewegung auf einer elliptischen Bahn, wobei die Sonne (bzw. die Erde) in einem Brennpunkt stehen. (Kepler’sche Gesetze)14 • Die Bewegung findet (wenn man von äußeren störenden Einflüssen absieht), in einer Ebene statt. (Ebene der Ekliptik ≈ 23.5◦ für die Erde) • Durch diverse (zeitlich veränderliche) Störungen (z.B. durch die Konstellation anderer Planeten) variiert die elliptische Bahn der Erde um die Sonne langfristig (Radialbewegung). 8.1.1 Slide 155 Kugelkoordinaten Kugelkoordinaten • Azimutwinkel “Theta” θ oder ϑ (→ Breitengrad) • Winkel “Phi” φ oder ϕ (→ Längengrad) 14 http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes Kepler 91 • z = r cos ϑ • ρ = r sin ϑ • x = r sin ϑ cos ϕ • y = r sin ϑ sin ϕ • Die Ersetzung {x, y, z} → {r, ϑ, ϕ} nennt man eine Koordinatentransformation. Slide 156 Laplace-Operator in Kugelkoordinaten Koordinatentransformation • Annahme: Koordinatentransformation x = x(r, ϑ, ϕ) y = y(r, ϑ, ϕ) z = z(r, ϑ, ϕ) • Weiterhin gebe es eine Rücktransformation r = r(x, y, z) ϑ = ϑ(x, y, z) ϕ = ϕ(x, y, z) • Dann gilt für eine Funktion f (r, ϑ, φ) ∂f ∂r ∂f ∂ϑ ∂f ∂ϕ ∂f = + + ∂x ∂r ∂x ∂ϑ ∂x ∂ϕ ∂x Slide 157 92 ∂ ∂x Differentialoperatoren und ∂2 ∂x2 In Operatorschreibweise ∂ ∂x f = ∂r ∂x ∂ ∂r + ∂ϑ ∂x ∂ ∂ϑ + ∂ϕ ∂x ∂ϕ ∂x ∂ ∂ϕ f Also ∂ ∂x = ∂r ∂x ∂ ∂r + ∂ϑ ∂x ∂ ∂ϑ + ∂ ∂ϕ und Slide 158 ∂2 ∂x2 ∂r ∂ ∂ϑ ∂ ∂ϕ ∂ = + + ∂x ∂r ∂x ∂ϑ ∂x ∂ϕ ∂r ∂ ∂ϑ ∂ ∂ϕ ∂ + + ∂x ∂r ∂x ∂ϑ ∂x ∂ϕ Laplace-Operator in Kugelkoordinaten • . . . analog für y und z • =⇒ . . . =⇒ . . . 2 2 ∂2 ∂ ∂ + + 2 2 ∂x ∂y ∂z 2 2 ∂ 2 ∂ + 2 ∂r r ∂r 1 1 ∂ ∂ sin ϑ 2 r sin ϑ ∂ϑ ∂ϑ 2 1 1 ∂ 2 r2 sin ϑ ∂φ2 2 ∂ 2 ∂ Λ2 + + ∂r2 r ∂r r2 ∆ = = + + =: mit dem Legendreschen Operator Λ = Λ(ϑ, ϕ) Slide 159 93 Hamilton-Operator in Kugelkoordinaten ~2 Ĥ = V (r) − 2m ∂2 ∂r2 2 + r ∂ ∂r − ~2 Λ2 2mr2 • mr2 ist das Trägheitsmoment der Masse m im Abstand r vom Ursprung. • L̂2 = −~2 Λ2 ist der Drehimpulsoperator. • Der winkelabhängige Term im Operator der kinetischen Energie hat also wie in der klassischen Mechanik die Struktur 1 Drehimpuls2 . 2 Trägheitsmoment 8.1.2 Slide 160 Teilchen auf der Kugeloberfäche Das Teilchen auf der Kugeloberfläche ~2 Ĥ = V (r) − 2m ∂2 ∂r2 2 + r ∂ ∂r ~ 2 Λ2 − 2mr2 • Was passiert, wenn wir den “Aktionsradius” des Teilchens auf die Kugeloberfläche (Radius R) begrenzen? (homo sapiens sapiens vor der Erfindung der Schaufel und des Flugzeugs) ∂ = 0! 1. ∂r 2. V (R) = 0, sonst V (r) → ∞ =⇒ Die Wellenfunktion in R-Richtung ist “uninteressant”! Slide 161 94 Schrödingergleichung des Teilchens auf der Kugel ~2 Ĥψ(ϑ, ϕ; R) = − 2mR2 1 ∂ ∂ sin ϑ sin ϑ ∂ϑ ∂ϑ 2 ∂ 1 ψ(ϑ, ϕ; R) + 2 sin ϑ ∂ϕ2 R ist ein Parameter. • Die Lösung dieser Differentialgleichung führt auf die sogenannten Kugelflächenfunktionen Ylm (s.u.). 8.1.3 Slide 162 Das Teilchen auf dem Ring Das Teilchen auf dem Ring (auf dem “Kugeläquator”) • Was passiert, wenn wir weiterhin den “Aktionsradius” des Teilchens auf den Äquator beschränken? 1. ϑ wird konstant sein: ϑ = 90◦ ⇒ sin ϑ = 1 ∂ = 0! 2. ∂ϑ 3. Formal wird aus der Variable ϑ wieder ein Parameter. • Die Schrödingergleichung des Teilchens auf dem “Ring” lautet 2 ~2 ∂ Ĥψ(ϕ; R, ϑ) = − ψ(ϕ; R, ϑ) 2 2mR ∂ϕ2 allgemein, auf einem Breitengrad: 2 ~2 ∂ = − ψ(ϕ; R, ϑ) 2 2 ∂ϕ2 2msin ϑR Slide 163 95 Lösung der Schrödingergleichung − ~2 ∂ 2 ψ(ϕ) = Eψ(ϕ) 2mR2 ∂ϕ2 ∂ 2 ψ(ϕ) 2mR2 E = − ψ(ϕ) ∂ϕ2 ~2 • Diese Lösung ist formal die Gleiche wie für das Teilchen im eindimensionalen Kasten. Diesmal ist jedoch die unabhängige Variable keine kartesische Koordinate, sondern eine periodische Winkelvariable. Die formale Lösung lautet ψ(ϕ) = a sin(ml ϕ) + b cos(ml ϕ) = Aeiml ϕ a, b sind reell, A i.A. komplex, i ist die imaginäre Einheit, ml ist ebenfalls reell. Slide 164 Quantisierungsbedingung für ml • Um die Schrödingergleichung zu erfüllen, muss natürlich gelten ml 2 = 2mR2 E ~2 oder E = ml 2 ~2 2mR2 • Da die Variable ϕ periodisch ist, muss man fordern eiml (ϕ+2π) ψ(ϕ + 2π) = ψ(ϕ) , oder iml ϕ i2ml π =e ·e = eiml ϕ um physikalisch eindeutige Lösungen zu erhalten. • Also ei2ml π = 1 =⇒ ml ist eine ganze Zahl. • Daraus ergibt sich als Quantisierungsbedingung für ml ml = 0, ±1, ±2, . . . Slide 165 96 Teilchen auf dem Ring Zusammenfassung Wellenfunktionen ψml = Aeiml ϕ Energieeigenwerte ~2 Emi = ml 2 2 2mR Quantenzahlen mi = 0, ±1, ±2, ±3 . . . Bemerkung Obwohl die Differentialgleichung identisch mit der des Teilchens im Kasten ist, sind die Randbedingungen unterschiedlich! Dies führt dann auch zu unterschiedlichen erlaubten Quantenzahlen (ml = 0). 8.2 Slide 166 Der Drehimpuls Drehimpuls (klassisch) ~ ist ein Vektor. • Der Drehimpuls L Er ist das Vektorprodukt aus Orts- und Impulsvektor. ~ = ~r × p~ L y · pz − z · py ~ = z · px − x · pz L x · py − y · px • Sind die Kräfte auf ein Teilchen radialsymmetrisch, so ist der Drehimpuls eine Konstante der Bewegung (Erhaltungsgröße). • Der Drehimpuls ist mit der Winkelgeschwindigkeit ω ~ und dem Trägheitstensor I über ~ = I~ω L verknüpft. Slide 167 97 Übergang zur Quantenmechanik ~ px → pˆx = i • x → x̂ = x · ∂ ∂x ∂ ∂ − z · ~i ∂y y · ~i ∂z ~ = z· ~ ∂ −x· ~ ∂ L i ∂x i ∂z ∂ ∂ − y · ~i ∂x x · ~i ∂y ∂ ∂ y ∂z − z ∂y ~ ∂ ∂ z ∂x − x ∂z = i ∂ ∂ x ∂y − y ∂x Operator des Quadrats des Drehimpulses: L̂2 = L̂2x + L̂2y + L̂2z Slide 168 Eigenschaften des Drehimpulsoperators: Kommutatoren der Komponenten h i L̂x , L̂y = L̂x L̂y − L̂y L̂x 2 ∂ ∂ ∂ ∂ ~ −z −x y z = i ∂z ∂y ∂x ∂z 2 ~ ∂ ∂ ∂ ∂ − z −x y −z i ∂x ∂z ∂z ∂y 2 ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ = ~i y ∂z z ∂x − y ∂z x ∂z − z ∂y z ∂x + z ∂y x ∂z ∂ ∂ ~ 2 ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ − i z ∂x y ∂z − z ∂x z ∂y − x ∂z y ∂z + x ∂z z ∂y ∂ ∂z = Slide 169 ∂ x = x ∂z ∂ ∂ ~ 2 ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ y z + z x − z y − x z i ∂z ∂x ∂y ∂z ∂x ∂z ∂z ∂y 98 Eigenschaften des Drehimpulsoperators Kommutatoren der Komponenten h i L̂x , L̂y = ~ 2 i ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ y ∂z z ∂x + z ∂y x ∂z − z ∂x y ∂z − x ∂z z ∂y ∂ ∂ Benutze ∂z z = 1 + z ∂z 2 ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ~ y + yz + zx = i ∂x ∂z ∂x ∂y ∂z 2 ~ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ − zy + x +xz i ∂x ∂z ∂y ∂z ∂y ~ ~ ∂ ∂ = · −x y i i ∂x ∂y = i~L̂z Slide 170 Kommutatoren der Drehimpulsoperatoren • Kommutatoren i h L̂x , L̂y = i~L̂z h i 2 L̂x , L̂ = 0 h i h L̂z , L̂x = i~L̂y i L̂y , L̂z = i~L̂x h L̂y , L̂ 2 i =0 h L̂z , L̂ 2 i =0 (Beweise in den Übungen) Konsequenzen – Ein beliebiger Zustand des Systems kann immer nur ein Eigenzustand für eine der 3 Drehimpulskomponenten sein. – Die Zustände des Systems sind gleichzeitig Eigenzustände des Absolutbetragsquadrates des Drehimpulses, L̂2 . – Also haben L̂2 und (beispielsweise) L̂z gemeinsame Eigenfunktionen. Slide 171 99 Der Operator des Quadrates des Drehimpulses • Mit den Definitionen der kartesischen Komponenten des Drehimpulses L̂x , L̂y , L̂z kann man den Operator L̂2 des Quadrates des Drehimpulses ausdrücken als L̂2 = L̂2x + L̂2y + L̂2z • Eine etwas langwierige Rechnung zeigt, dass man L̂2 auch durch 2 1 ∂ ∂ 1 ∂ 2 2 sin ϑ + L̂ = −~ 2 sin ϑ ∂ϑ ∂ϑ sin ϑ ∂φ2 ausdrücken kann (s.o., ohne Beweis). Slide 172 Die Drehimpulsoperatoren in Kugelkoordinaten Unter Verwendung der Koordinatentransformationsgleichungen für Kugelkoordinaten lassen sich auch die Komponenten des Drehimpulsoperators in Kugelkoordinaten angeben: ∂ ∂ ~ − sin ϕ − cot ϑ cos ϕ L̂x = i ∂ϑ ∂ϕ ~ ∂ ∂ L̂y = cos ϕ − cot ϑ sin ϕ i ∂ϑ ∂ϕ ~ ∂ L̂z = i ∂ϕ Anmerkung: L̂z und das Teilchen auf dem Ring besitzen die gleichen Eigenvektoren! Slide 173 Eigenwertgleichung des Drehimpulses • Die Schrödingergleichung des Teilchens auf der Kugel ~2 1 ∂ ∂ Ĥψ(ϑ, ϕ; R) = − sin ϑ 2 2mR sin ϑ ∂ϑ ∂ϑ 2 ∂ 1 ψ(ϑ, ϕ; R) + 2 sin ϑ ∂ϕ2 = Erot ψ(ϑ, ϕ; R) 100 läßt sich auch schreiben als Ĥψ(ϑ, ϕ) = L̂2 ~2 ψ(ϑ, ϕ) = − Λ̂2 ψ(ϑ, ϕ) = Erot ψ(ϑ, ϕ) 2mR2 2mR2 da R nur parametrisch auftaucht (d.h. R ist ein konstanter Parameter, keine Variable). • Letztendlich muss man also die Eigenwertgleichung für das Absolutquadrat des Drehimpulses, bzw. des Operators Λ2 , lösen: Slide 174 Eigenwertgleichung für Drehimpuls und Legendre-Operator I L̂2 ψ = (Erot · 2mR2 ) ψ bzw. h 1 ∂ Λ̂2 ψ(ϑ, ϕ) = sin ϑ sin ϑ ∂ϑ = − ∂ ∂ϑ + 1 sin2 ϑ ∂2 ∂ϕ2 i ψ(ϑ, ϕ) Erot · 2mR2 ψ(ϑ, ϕ) = kψ(ϑ, ϕ) ~2 Diese Gleichung (mit einem noch zu bestimmenden Eigenwert k) lässt sich durch Faktorisierung gemäß ψ = Θ(ϑ) · Φ(ϕ) faktorisieren und lösen. Slide 175 Eigenwertgleichung für Λ Lösungsweg • Faktorisierung ψ = Θ · Φ • Lösung der Gleichung für Φ (“Teilchen auf dem Ring”) liefert eine Quantenzahl ml (s.o.). • Variablensubstitution z = cos ϑ, Θ(ϑ) → P (z) (Legendre-Funktionen) 101 • Faktorisierung von P (z) (analog zum harmonischen Oszillator) P (z) = (1 − z 2 )|ml |/2 G(z) • Potenzreihenansatz für G(z) • Lösung G(z) führt wieder auf eine Rekursionsformel, die aus Normierungsgründen abbrechen muss (→ Quantenzahl l) k = l · (l + 1) Slide 176 mit l = 0, 1, 2, . . . und |ml | ≤ l Lösungen • Λ̂2 ψ = −l · (l + 1)ψ • L̂2 ψ = ~2 l · (l + 1)ψ • L̂z ψ = ~ml ψ • Anmerkung: ml = −l, −l + 1, . . . , l − 1, l ⇒ hLz 2 i ist immer kleiner als hL2 i (außer für l = 0). Dies bedeutet, dass der Drehimpulsvektor immer eine Komponente in der xy-Ebene hat (→ “Präzession” von Spins in der NMR-Spektroskopie). 8.3 Slide 177 Produktansatz der Schrödingergleichung in Kugelkoordinaten Separation der Schrödingergleichung in Kugelkoordinaten • Die Schrödingergleichung eines Teilchens in einem Zentralfeldpotential lautet also 2 ~2 ∂ 2 ∂ Ĥψ(r, ϑ, ϕ) = − + 2m ∂r2 r ∂r 2 2 ~Λ − + V (r) ψ(r, ϑ, ϕ) 2mr2 = Eψ(r, ϑ, ϕ) 102 • mit 1 Λ̂ = sin ϑ 2 Slide 178 ∂ ∂ϑ sin ϑ ∂ ∂ϑ 1 + sin2 ϑ ∂2 ∂φ2 • Macht man den Ansatz ψ(r, ϑ, ϕ) = R(r) · Θ(ϑ) · Φ(ϕ) und multipliziert mit 2mr2 , ~2 RΘΦ • so erhält man 2 r2 ∂ 2 ∂ 2mV (r) − + + R R ∂r2 r ∂r ~2 2mr2 E 1 2 Λ̂ (ϑ, ϕ)ΘΦ = − ΘΦ ~2 • oder 2 r2 ∂ 2 ∂ 2m(V (r) − E) − + + R R ∂r2 r ∂r ~2 1 2 = Λ̂ (ϑ, ϕ)ΘΦ ΘΦ Slide 179 2 r2 ∂ 2 ∂ 2m(V (r) − E) − + + R R ∂r2 r ∂r ~2 1 2 = Λ̂ (ϑ, ϕ)ΘΦ ΘΦ Dies ist wieder ein Ausdruck, dessen linke Seite nur von r und dessen rechte Seite nur von ϑ und ϕ abhängt. • Dies ist nur möglich, wenn beide Seiten gleich einer Konstanten sind, die wir k nennen. • Zunächst betrachtet man die rechte Seite. Slide 180 103 Faktorisierung der Drehimpulsgleichung Λ̂2 ΘΦ = kΘΦ Slide 181 ∂2 sin ϑ ΘΦ = kΘΦ ∂φ2 sin ϑ2 Multiplikation mit ergibt ΘΦ 2 1 ∂ ∂ 1 ∂ sin ϑ sin ϑ Θ+ Φ = k sin2 ϑ 2 Θ ∂ϑ ∂ϑ Φ ∂φ ∂ ∂ 1 sin ϑ sin ϑ Θ − k sin2 ϑ oder Θ ∂ϑ ∂ϑ 2 1 ∂ + Φ = 0 Φ ∂φ2 1 sin ϑ ∂ ∂ϑ 1 sin ϑ Θ ∂ ∂ϑ ∂ ∂ϑ 1 + sin2 ϑ sin ϑ ∂ ∂ϑ Θ − k sin2 ϑ 2 ∂ 1 Φ = 0 + Φ ∂φ2 • Wieder ist die Summe eines Ausdrucks, der nur von ϑ abhängt, und eines Ausdrucks, der nur von ϕ abhängt, eine Konstante, die wir −m2l nennen. ⇒ Beide Ausdrücke müssen jeweils konstant sein. Slide 182 Die Φ-Gleichung 2 1 ∂ = −m2l Φ ∂ϕ2 2 ∂ Φ = −m2l Φ ∂ϕ2 104 • Diese Gleichung hat Lösungen 1 Φml = √ eiml φ 2π mit ml = 0, ±1, ±2, . . . Slide 183 Die Θ-Gleichung 1 sin ϑ Θ ∂ ∂ϑ sin ϑ ∂ ∂ϑ Θ − k sin2 ϑ 2 1 ∂ + Φ = 0 Φ ∂φ2 {z } | =−ml 2 [Multiplikation mit Θ, Division durch sin2 ϑ] 1 ∂ ∂ m2l Θ = kΘ sin ϑ Θ− sin ϑ ∂ϑ ∂ϑ sin2 ϑ 1 sin ϑ Slide 184 ∂ ∂ϑ sin ϑ ∂ ∂ϑ ∂ ∂ϑ Θ = m2l k+ sin2 ϑ m2l k+ sin2 ϑ Θ Lösungen der Θ-Gleichung 1 sin ϑ ∂ ∂ϑ sin ϑ Θ = Θ Die Lösungen der DGL lauten 1/2 2l + 1 (l − |ml |)! |m | Θl ml (ϑ) = Pl l (cos ϑ) 2 (l + |ml |)! mit Eigenwerten k = l(l + 1) l = 0, 1, 2, . . . und |ml | ≤ l 105 |ml | • Pl Slide 185 heißen assoziierte Legendresche Polynome. Kugelflächenfunktionen • Das Produkt aus Θl ml (ϑ) und Φml (ϕ) heißt Kugelflächenfunktion Ylm (wobei das Subskript l in ml der Übersichtlichkeit halber weggelassen wird). englisch:“spherical harmonics” Slide 186 Kugelflächenfunktionen l ml Ylm (ϑ, ϕ) 0 0 q 1 4π 1 0 q 3 4π (→ s-Funktion) cos ϑ (→ pz -Funktion) q 3 1 ±1 ∓ 8π sin ϑe±iϕ (→ p-Funktionen) q 5 2 0 (cos2 ϑ − 1) 16π q 15 2 ±1 ∓ 8π cos ϑ sin ϑe±iϕ (d-Funktionen) q 15 2 ±2 sin2 ϑe±2iϕ 32π Slide 187 p-Orbitale • Die Funktion Y10 (ϑ, ϕ) läßt sich mit der Definition der Kugelkoordinaten auch schreiben als r 3 z Y10 = 4π r • Dies ist für die Funktionen Y1±1 nicht möglich. 106 • Wir können aber Linearkombinationen bilden, z. B. 1 ψpx = √ (Y1−1 − Y11 ) 2 r 3 1 = √ sin ϑe−iϕ + sin ϑe+iϕ 2 8π r r r 1 3 3 3 x = √ sin ϑ · 2 cos ϕ = sin ϑ cos ϕ = 4π 4π r 2 8π Slide 188 py -Orbital • Analog bilden wir i ψpy = √ (Y1−1 + Y11 ) 2 r i 3 = √ sin ϑe−iϕ − sin ϑe+iϕ 2 8π r r r 3 3 3 y 1 sin ϑ · 2 sin ϕ = sin ϑ sin ϕ = = √ 4π 4π r 2 8π • pz ist eine Eigenfunktion zu L̂2 und L̂z . • px und py sind nur Eigenfunktion zu L̂2 , aber nicht zu L̂z . Slide 189 Radialgleichung Die Schrödingergleichung lautete: 2 ∂ 2 ∂ 2m(V (r) − E) r2 + R − + R ∂r2 r ∂r ~2 1 2 = Λ̂ (ϑ, ϕ)ΘΦ |ΘΦ {z } = −l(l + 1) 107 R(r) Multiplikation mit 2 ergibt die Radialgleichung r 2 2 ∂ 2m(V (r) − E) ∂ + + R(r) − ∂r2 r ∂r ~2 l(l + 1) =− R(r) r2 Slide 190 Radialgleichung II 2 2 2m(V (r) − E) l(l + 1) ∂ ∂ + + R(r) = − R(r) − ∂r2 r ∂r ~2 r2 =⇒ [Umstellen] 2 2 l(l + 1) 2mE ∂ 2mV (r) ∂ + R(r) + + R(r) = R(r) − ∂r2 r ∂r ~2 r2 ~2 • Wir machen uns zunutze, dass gilt (rR)00 = (R + rR0 )0 = (R0 + R0 + rR00 ) = 2R0 + rR00 ∂R 1 2 0 0 = (r R ) R0 := (Beweis in Übungen) r ∂r 1 so dass der Term mit der geschweiften Klammer durch · (rR)00 ersetzt r werden kann. Slide 191 Radialgleichung III Man definiert dann u := r · R(r) und erhält aus 2 ∂ 2 ∂ + R(r) + − ∂r2 r ∂r 2mV (r) l(l + 1) + R(r) = ~2 r2 zunächst 2 1 ∂ 2mV (r) l(l + 1) − u(r) + + R(r) = r ∂r2 ~2 r2 und schließlich nach Multiplikation mit r 108 2mE R(r) ~2 2mE R(r) ~2 − ∂2 ∂r2 2mV (r) l(l + 1) 2mE u(r) + u(r) = + u(r) 2 2 ~ r ~2 • Bemerkung: Die Drehimpulsquantenzahl l taucht hier als Parameter der Differentialgleichung auf. Die Energie hängt im Allgemeinen auch von l ab (vgl. jedoch die Energiewerte des H-Atoms (s.u.)). 109 9 Slide 192 Das Wasserstoffatom Radiale Schrödingergleichung Ze2 in 4π0 r 2 ∂ 2mV (r) l(l + 1) 2mE − u(r) + + u(r) = u(r) ∂r2 ~2 r2 ~2 • Ersetzt man V (r) = − so erhält man − ∂2 ∂r2 2mZe2 l(l + 1) 2mE u(r) + − + u(r) = u(r) 4π0 r~2 r2 ~2 • Für das H-Atom ist natürlich Z = 1. Die Gleichung gilt jedoch für alle 1-Elektronen-Ionen (z.B. He+ , Li++ ). • Anmerkung: Dies ist eine eindimensionale Schrödingergleichung mit dem effektiven Potential Vef f = − Ze2 l(l + 1)~2 + 4π0 r 2mr2 • Der Drehimpulsterm spielt dabei die Rolle eines Zentrifugal”potentials”. Slide 193 Reduzierte Variable • Zur Eliminierung der physikalischen Konstanten führt man ein a0 = 4π0 ~2 0 h2 = me2 πme2 Bohrscher Atomradius (Dimension: Länge) sowie R∞ = me4 me4 = 64π 3 20 ~3 c 820 h3 c Rydberg-Konstante (Dimension: cm−1 ) • a0 = 0.52918 Å = 52.918 pm • R∞ = 109677.6 cm−1 Slide 194 110 Substitution der radialen SGL r und ε = a0 • Man definiert ρ = − n ∂2 ∂r2 − r12 + ∂ ∂r 2 r ∂ ∂r r2 o ∂ ∂r E hcR∞ und erhält aus h 2mZe2 R(r) + − 4π 2 + 0~ r h 2 2mZe R(r) + − 4π 2 0~ r l(l+1) r2 i R(r) = 2mE 2 R(r) i~ + l(l+1) R(r) = r2 2mE R(r) ~2 − ρ12 Slide 195 ∂ ∂ρ ρ2 ∂ ∂ρ h R(ρ) + − 2Z ρ + nach Einsetzen i l(l+1) R(ρ) = εR(ρ) ρ2 Asymptotische Betrachtung I • Für ρ → ∞ kann man die Terme l(l + 1) 2Z und vernachlässigen. ρ ρ2 • Für ρ → 0 wiederum dominiert der Drehimpulsterm l(l + 1) (wenn l > 0). ρ2 Der Term divergiert nach +∞. • Wenn l = 0 ist, dann dominiert der Coulombterm −∞. 2Z und divergiert nach ρ • Wir vermuten weiterhin (richtigerweise), dass ε < 0. Dies ist plausibel, da V (r) < 0 für alle r! Slide 196 Asymptotische Betrachtung II • Wir betrachten nur die sogenannten gebundenen Zustände (d.h. die normierbaren Lösungen der SGL). • Als asymptotische√Lösung ergibt sich Ras (ρ) = ρl exp(− −ερ). Slide 197 111 Transformierte Schrödingergleichung und Potenzreihenansatz √ • Mit dem Ansatz R(ρ) = f (ρ) · Ras (ρ) = f (ρ) · ρl exp(− −ερ) ergibt sich die Differentialgleichung für f (ρ) als √ df (ρ) 2 √ d2 f (ρ) l+1 = 2 − −ε dρ + ρ Z − −ε(l + 1) f (ρ) = 0 , ρ dρ2 die man wieder mit einem Potenzreihenansatz ∞ X f (ρ) = Ak ρk k=0 löst. Slide 198 Rekursionsformel • Man erhält (ohne Beweis) wieder eine Rekursionsformel für die Koeffizienten √ 2(l + k) −ε − 2Z Ak = Ak−1 k(k − 1) + Z(l + 1)k • Wieder wäre die Funktionen R(r) nicht normierbar, wenn nicht die Potenzreihe abbrechen würde, d.h. für irgendein k gilt: Ak = 0 √ • Daraus ergibt sich Ak = 2(l + k) −ε − 2Z = 0 bzw. √ Z −ε = l = 0, 1, 2, . . . , k = 1, 2, . . . l+k Slide 199 Lösung der Schrödingergleichung des H-Atoms εn = − Z2 n2 n = l + 1, l + 2, l + 3, . . . oder (da l ≥ 0) En = −hcR∞ εn = −hcR∞ Z2 n2 n = 1, 2, 3, . . . • Die zugehörigen Wellenfunktionen lauten ψnlm (r, ϑ, ϕ) = Rnl (r)Ylm (ϑ, ϕ) n = 1, 2, 3, . . . Slide 200 l = 0, 1, 2, . . . 112 m = −l, −l + 1, . . . , 0, 1, . . . , l − 1, l Radiale Wellenfunktion s Rnl (r) = − 4Z 3 (n − l − 1)! n4 a30 [(n + l)!]3 2Zr na0 l Zr − na e 0 L2l+1 n+l 2Zr na0 • Die Lq s (x) sind die sogenannten assoziierten Laguerre-Polynome (die durch die angegebene Rekursionsformel für die Ak und eine spezielle Wahl von A0 gegeben sind). • Die Wellenfunktionen des H-Atoms nennt man Orbitale. • (“orbit” → “orbital”) Slide 201 Radialfunktionen des H-Atoms n l Orbital Rnl (ρ) · 1 0 1s 2 2 0 2s 1 2p 3 3 3 0 3s 1 3p 2 3d a0 3/2 Z 2 · e−ρ/2 √ 1/8 (2 − ρ)e−ρ/2 √ 1/24 ρe−ρ/2 √ 1/243 (6 − 6ρ + ρ2 )e−ρ/2 √ 1/486 (4 − ρ)ρe−ρ/2 √ 1/2430 ρ2 e−ρ/2 • Anmerkung: ρ = (2Z/na0 ) · r ist abhängig von n!! =⇒ Für größere n fällt die Wellenfunktion langsamer ab, die Orbitale sind also “größer”! Slide 202 113 Energiediagramm Kontinuum ungebundene Zustaende nicht auf 1 normierbare Loesungen n=4 n=3 n=2 (200) 2s n=1 2 Slide 203 (211) (21-1) (210) 2pz (100) 1s 4 6 8 10 12 14 ρ/a0 Termschema des H-Atoms • Zustände En ∝ 1 n2 • E2s − E1s = −hcR∞ • E3s − E1s = −hcR∞ • E4s − E1s = −hcR∞ • E5s − E1s = −hcR∞ 1 4 − 1 = 0.75hcR∞ 1 9 − 1 = 0.88hcR∞ 1 16 − 1 = 0.9375hcR∞ 1 25 − 1 = 0.96hcR∞ • . . . Lyman-Serie • E3s − E2s = −hcR∞ 1 9 • E4s − E2s = −hcR∞ 1 16 • E5s − E2s = −hcR∞ 1 25 • E6s − E2s = −hcR∞ 1 36 − 1 4 = 0.138hcR∞ − 14 = 0.1875hcR∞ − 14 = 0.21hcR∞ − 14 = 0.222hcR∞ • . . . Balmer-Serie Slide 204 114 Skizzen der radialen Wellenfunktion Rnl (r) Anmerkungen: • Die y-Achse besitzt unterschiedliche Skalierung! • Beachten Sie die x-Achsenskalierung aufgrund der Definition von ρ = (2Z/na0 )· r. Slide 205 Orbitale Winkelanteil • Ylm (cos ϑ, ϕ) sind Kugelflächenfunktionen, also Funktionen, die auf der Oberfläche der Einheitskugel definiert sind (Definitionsbereich 0 ≤ ϑ < π und 0 ≤ ϕ < 2π). • eine übliche Datstellung dieser Funktionen ist, dass der Funktionswert entlang der Richtung, die durch (ϑ, ϕ) auf der Einheitskugel gegeben ist, aufgetragen wird. Die durch diese Punkte definierte Oberfläche charakterisiert das Orbital. Slide 206 s-Orbitale • s-Orbitale sind kugelsymmetrisch. • Die Funktion Y00 ist eine Konstante auf der Kugeloberfläche. • Der Graph dieser Funktion ist demzufolge eine Kugel. 115 Slide 207 p-Orbitale • p-Orbitale (∝ cos(ϑ) oder ∝ sin(ϑ)) sind positiv in einem Halbraum, negativ im anderen Halbraum. • Die Funktion Y10 besitzt demzufolge eine Knotenebene. • Die Funktion Y10 = pz besitzt zwei Bereiche unterschiedlichen Vorzeichens pz py px • px und py -Orbitale sehen gleich aus, sind nur um 90◦ in die x- bzw. yRichtung gedreht Slide 208 d-Orbitale • d-Orbitale sind gemischte Polynome 2. Grades in cos ϑ und sin ϑ. • Die Funktion Y2m besitzt demzufolge zwei Knotenebenen. • Die Funktion Y20 = dz 2 besitzt 3 Bereiche unterschiedlichen Vorzeichens. 116 + – + Slide 209 dxy , dxz , dyz , und dx2 −y2 Orbitale sind Linearkombinationen aus den Y2m , m = −2, −1, 1, 2. Sie sehen gleich aus, besitzen jedoch unterschiedliche Vorzugsrichtungen im Raum. d-Orbitale • dz 2 = Y20 ∝ (3 cos2 ϑ − 1) Zylindersymmetrie um die z-Achse positive Bereiche entlang der positiven und negativen z-Achse negativer Bereich in einem Ring in der xy-Ebene 1 • dxy = √ (Y22 − Y2−2 ) ∝ sin2 ϑ sin ϕ cos ϕ liegt in der xy-Ebene positive 2 Bereiche entlang der Hauptdiagonale x = y (45◦ and 225◦ ) negative Bereiche entlang der Nebendiagonale x = −y (135◦ and 315◦ ) 1 • dx2 −y2 = √ (Y22 + Y2−2 ) ∝ sin2 ϑ(cos2 ϕ − sin2 ϕ) liegt in der xy-Ebene po2 sitive Bereiche entlang der x-Achse (0◦ and 180◦ ) negative Bereiche entlang der y-Achse (90◦ and 270◦ ) Slide 210 d-Orbitale 1 • dxz = √ (Y21 − Y2−1 ) ∝ sin ϑ cos ϑ cos ϕ liegt in der xz-Ebene positive 2 Bereiche entlang der Hauptdiagonale x = z (45◦ and 225◦ ) negative Bereiche entlang der Nebendiagonale x = −z (135◦ and 315◦ ) 1 • dyz = √ (Y21 + Y2−1 ) ∝ sin ϑ cos ϑ cos ϕ liegt in der yz-Ebene positive 2 Bereiche entlang der Hauptdiagonale y = z (45◦ and 225◦ ) negative Bereiche entlang der Nebendiagonale y = −z (135◦ and 315◦ ) 117 9.1 Slide 211 Radiale Dichteverteilung Matrixelemente Durch die Koordinatentransformation (x, y, z) → (r, ϑ, ϕ) ändert sich nicht nur die Form des Laplace-Operators ∆, sondern auch die Integrationsgrenzen und das differentielle Volumenelement. Z∞ Z∞ dx −∞ −∞ Z∞ dy Z∞ dz → 2 Zπ r dr −∞ 0 Z2π sin ϑdϑ 0 dϕ 0 also dx dy dz → r2 dr sin ϑdϑ dϕ = r2 dr dcos ϑ dϕ Slide 212 Radiale Verteilungsfunktion I • Die Wellenfunktion ψnlm = Rnl (r)Ylm (ϑ, ϕ) ist natürlich in jedem Punkt (r, ϑ, ϕ) und damit auch für jeden Punkt (x, y, z) bekannt. • Es ist aber häufig wichtig, die Wahrscheinlichkeit zu kennen, das Teilchen in einer Kugelschale um den Ursprung, also in einer Schale zwischen r und r + dr, unabhängig von der Orientierung zu finden. • Diese Wahrscheinlichkeit P (r)dr ist gegeben durch Z Zπ Z2π 2 |ψnlm | dτ = P (r)dr = 0 Oberfläche |Rnl |2 |Ylm |2 r2 sin ϑdr dϑ dϕ 0 Zπ Z2π • Da die Ylm auf 1 normiert sind, gilt 0 Slide 213 118 0 |Ylm |2 sin ϑdϑ dϕ = 1 Radiale Verteilungsfunktion II • Daher gilt Zπ Z2π P (r)dr = 0 |Rnl |2 |Ylm |2 r2 sin ϑdr dϑ dϕ = |Rnl (r)|2 r2 dr 0 • P (r) = |Rnl (r)|2 r2 heißt radiale Verteilungsfunktion. • Multipliziert man P (r) mit dr, so erhält man die Wahrscheinlichkeit, das Elektron in einer Kugelschale zwischen r und r + dr zu finden. • Anmerkung: Die radiale Verteilungsfunktion ist in allen Orbitalen am Ursprung = 0, d.h., die Wahrscheinlichkeit, das Elektron am Ursprung zu finden, ist verschwindend gering. Slide 214 Skizzen der radialen Verteilungsfunktion Anmerkungen: • Die radiale Verteilungsfunktion ist für r = 0 immer Null! • Die Funktion hat n − l − 1 Knoten zwischen r = 0 und r = ∞. 9.2 Entartung Slide 215 119 Quantenzahlen • Drei Quantenzahlen bestimmen die Eigenzustände des H-Atoms. • Die Hauptquantenzahl n bestimmt die Energieeigenwerte (also die Eigenwerte des Hamiltonoperators Ĥ. Z2 En = −hcR∞ 2 n • Die Nebenquantenzahl l bestimmt die Eigenwerte des Drehimpulsoperators L̂2 . • Die magnetische Quantenzahl m bestimmt die Eigenwerte der z-Komponente des Drehimpulses L̂z . • Die drei Operatoren L̂2 , L̂z , Ĥ kommutieren paarweise und besitzen gemeinsame Eigenfunktionen, nämlich die Wassserstofforbitale ψnlm (r, ϑ, ϕ). Slide 216 Entartung • Zu jeder Hauptquantenzahl n gibt es n verschiedene Drehimpulsquantenzahlen l = 0, . . . n − 1. • Zu jeder Drehimpulsquantenzahl l gibt es 2l + 1 verschiedene magnetische Quantenzahlen m, nämlich −l, −l + 1, . . . , l − 1, l. • Die Gesamtzahl der Zustände zu gegebenem n ist also g(n) = n−1 X n−1 X l=0 l=0 (2l + 1) = 2 = 2 l+ n−1 X 1 l=0 n(n − 1) + n = n(n − 1) + n = n2 2 • Das H-Atom besitzt n2 entartete Energiezustände. • Die Entartung bei verschiedenen l-Zuständen bei gegebenem n im H-Atom ist “zufällig” (sie ist Ausdruck einer höheren Symmetrie des Coulombpotentials). 120 Teil IV Mehrelektronenprobleme Inhaltsangabe 10 Mehrelektronenprobleme ohne e-e-Wechselwirkung 122 10.1 Allgemeine Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 10.2 Variationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 10.3 Grundzustand des He-Atoms . . . . . . . . . . . . . . . . 128 11 Mehrelektronenatome 129 11.1 Grundzustand des He-Atoms . . . . . . . . . . . . . . . . 129 11.2 Grundzustand des Li-Atoms . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 11.3 Der Spin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 11.4 Das Pauli-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 11.5 Die Eigenschaften von Atomen . . . . . . . . . . . . . . . 136 11.6 Drehimpulskopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 11.7 Spin-Bahn-Kopplung und Hundsche Regeln . . . . . . . . 143 11.8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 12 Moleküle 149 12.1 Die Born-Oppenheimer-Näherung . . . . . . . . . . . . . . 149 12.2 Die Linear Combination of Atomic Orbital-Methode (LCAO)152 12.3 Die Wellenfunktionen des H+ 2 -Molekülions . . . . . . . . . 157 12.4 Das Wasserstoffmolekül . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 12.5 MO-Diagramme zweiatomiger Moleküle . . . . . . . . . . 159 121 10 10.1 Slide 217 Mehrelektronenprobleme ohne e-e-Wechselwirkung Allgemeine Lösungen Hamiltonoperator für N Elektronen • allgemeine Form: Ĥ = − N N N X N X X X e2 ~2 ∆i + Vext (~ri ) + 2m 4πε0 rij i=1 i=1 i=1 j=i+1 | {z } 00 j>i00 • Vext (~ri ) ist die potentielle Energie des i. Elektrons, also z. B. die CoulombEnergie dieses Elektrons im Feld von n Kernen k. Vext (~ri ) = − n X Zk e2 4πε0 rik k=1 Slide 218 Vernachlässigung der interelektronischen Wechselwirkung • Eine (schlechte) Näherung ist es, den Term N X i<j e2 4πε0 rij zu vernachlässigen. • Dann kann man offensichtlich Ĥ0 = − N N N X X X ~2 ∆i + Vext (~ri ) = ĥ(i) 2m i=1 i=1 i=1 schreiben. Ĥ0 ist also eine Summe aus Einelektronenoperatoren ĥ(i) mit ĥ(i) = − ~2 ∆i + Vext (~ri ) 2m Slide 219 122 Einelektronenhamiltonoperatoren ĥ(i) • Jeder dieser Einelektronenoperatoren sieht (bis auf den Laufindex i) wie der andere aus. • Er könnte z. B. die Form des Hamiltonoperators für – das Teilchen im Kasten – den harmonischer Oszillator – oder ein Atom mit Kernladungszahl Z (H-”ähnliches” Atom) haben. Slide 220 Wellenfunktionen des Mehrteilchenproblems • Nehmen wir an, wir haben das Einteilchenproblem gelöst, z. B. für N Elektronen im Kasten ~2 ∆i + Vext (~ri ) ψni (~ri ) = eni ψni (~ri ) ĥ(i)ψni (~ri ) = − 2m ni = 1, 2, . . . ∞ oder für N Elektronen im Zentralpotential eines Atomkerns mit Kernladungszahl Z ~2 ĥ(i)ψni li mi (~ri ) = − ∆i + Vext (~ri ) ψni li mi (~ri ) 2m = eni li ψni li mi (~ri ) Slide 221 Wellenfunktionen des Mehrteilchenproblems • Dann sind mögliche Lösungen des Mehrteilchenproblems Ĥ0 Ψ(~r1 , ~r2 , . . . , ~rN ) = EΨ(~r1 , ~r2 , . . . , ~rN ) gegeben durch 123 Ψ(~r1 , . . . , ~rN ) = ψn1 l1 m1 (~r1 ) · ψn2 l2 m2 (~r2 ) · . . . · ψnN lN mN (~rN ) N Y = ψni li mi (~ri ) i=1 mit E = en1 l1 + en2 l2 + . . . + enN lN = N X eni li i=0 Slide 222 Produktwellenfunktion • Die Faktorisierung der Wellenfunktion ist immer dann möglich, wenn der Hamiltonoperator eine Summe aus Termen ist. • Dann gilt auch die Additivität der Energien. • Man nennt die Wellenfunktion auch eine Produktfunktion (manchmal auch das Hartree-Produkt, s.u.). Slide 223 Beispiel: He-Atom ohne Elektron-Elektron-Wechselwirkung Ĥ0 = ĥ(1) + ĥ(2) ĥ(i) = − ~2 2e2 ∆i − . 2m 4πε0 ri • Schauen wir uns unterschiedliche Elektronenkonfigurationen an: • 1s2 beide Elektronen im 1s-Orbital. • 1s 2s Elektronen 1 im 1s-Orbital Elektron 2 im 2s-Orbital. Slide 224 124 Energie der Elektronenkonfiguration 1s2 Ĥ0 Ψ1s2 (~r1 , ~r2 ) = (ĥ(1) + ĥ(2))ψ1s (~r1 ) · ψ1s (~r2 ) = (ĥ(1)ψ1s (~r1 ))ψ1s (~r2 ) + ψ1s (~r1 )(ĥ(2)ψ1s (~r2 )) = (e1s ψ1s (~r1 ))ψ1s (~r2 ) + ψ1s (~r1 )(e1s ψ1s (~r2 )) = (e1s + e1s ) ψ1s (~r1 )ψ1s (~r2 ) | {z } E1s2 = E1s2 Ψ1s2 (~r1 , ~r2 ) Slide 225 Energie der Elektronenkonfiguration 1s 2s Ĥ0 Ψ1s 2s (~r1 , ~r2 ) = (ĥ(1) + ĥ(2))ψ1s (~r1 ) · ψ2s (~r2 ) = (ĥ(1)ψ1s (~r1 ))ψ2s (~r2 ) + ψ1s (~r1 )(ĥ(2)ψ2s (~r2 )) = (e1s ψ1s (~r1 ))ψ2s (~r2 ) + ψ1s (~r1 )(e2s ψ2s (~r2 )) = (e1s + e2s ) ψ1s (~r1 )ψ2s (~r2 ) | {z } E1s 2s = E1s 2s Ψ1s 2s (~r1 , ~r2 ) ähnlich ist (Elektron 2 im 1s-Zustand, 1 im 2s-Zustand) Ĥ0 Ψ2s 1s (~r1 , ~r2 ) = (ĥ(1) + ĥ(2))ψ2s (~r1 ) · ψ1s (~r2 ) = (e2s + e1s ) ψ2s (~r1 )ψ1s (~r2 ) | {z } E2s 1s = E2s 1s Ψ2s 1s (~r1 , ~r2 ) Slide 226 Entartung • Offensichtlich gilt E1s 2s = E2s 1s , da die Anregung vom 1. Elektron von 1s in 2s oder vom 2. Elektron äquivalent ist. 125 • Die Elektronen verhalten sich physikalisch gleich. • Es liegt also im 1s 2s-Zustand eine Entartung vor. • Die allgemeine mathematische Lösung für die Elektronenkonfiguration 1s 2s (für ein beliebiges Elektron im 1s-Zustand und das andere Elektron im 2sZustand) lautet also Ĥ0 [aΨ1s 2s (~r1 , ~r2 ) + bΨ2s 1s (~r1 , ~r2 )] = E1s 2s [aΨ1s 2s (~r1 , ~r2 ) + bΨ2s 1s (~r1 , ~r2 )] mit beliebigem a und b. • Sinngemäß gilt Ähnliches für andere Konfigurationen des Pseudo-He-Atoms sowie für Konfigurationen von Pseudo-Atomen mit mehr als zwei Elektronen. 10.2 Slide 227 Variationsprinzip Variationsprinzip Von allen Wellenfunktionen beschreibt diejenige den Grundzustand eines Systems (am Besten), die den niedrigsten Erwartungswert der Energie liefert. Slide 228 Beweis des Variationsprinzips I • Der Beweis beruht auf der Tatsache, dass jede Funktion mit gleichem Definitionsbereich nach den Eigenfunktionen eines hermiteschen Operators entwickelt werden kann. Man benutzt die Eigenfunktionen des Hamiltonoperator und zeigt so leicht, dass jede Funktion einen höheren Energieerwartungswert besitzt als der wahre Grundzustand. • Sei f({x}) eine Funktion auf dem Definitionsbereich {x}. • Der Definitionsbereich {x} kann ein- oder mehrdimensional sein. 126 • Kenne ich die Eigenfunktionen ψi ({x}), i = 1, 2, . . . eines Hermiteschen Operators, die auf dem gleichen Definitionsbereich definiert sind, so kann ich f schreiben als f ({x}) = c0 ψ0 + c1 ψ1 + c2 ψ2 + . . . = ∞ X ci ψi ({x}) i=0 Slide 229 Beweis des Variationsprinzips II • Wir wählen als Hermiteschen Operator den Hamiltonoperator Ĥ des Systems. • Wir ordnen die Wellenfunktionen in der üblichen Weise, so dass ψ0 die Grundzustandsenergie von Ĥ ist. • Der Erwartungswert der Energie im Zustand f lautet hĤif hf |f i · hĤif = hf |Ĥ|f i · hf |f i−1 ∞ ∞ X X = h ci ψi |Ĥ| cj ψj i = = i=0 ∞ ∞ XX i=0 j=0 ∞ X ∞ X j=0 ci ∗ cj hψi |Ĥ|ψj i = ci ∗ cj Ej hψi |ψj i = i=0 j=0 = ∞ X i=0 j=0 ∞ X ∞ X ci ∗ cj hψi |Ej |ψj i ci ∗ cj Ej δij i=0 j=0 |ci |2 Ei ≥ E0 i=0 Slide 230 ∞ X ∞ X ∞ X |ci |2 = E0 hf |f i q.e.d i=0 Konsequenzen aus dem Variationsprinzip • hĤif ≥ E0 • Selbst wenn wir den GZ nicht kennen, können wir eine echte obere Grenze für den Energiewert des GZ angeben, indem wir den Energieerwartungswert für eine wie auch immer ausgewählte Funktion berechnen. 127 • Je besser wir diese Funktion wählen, desto näher kommen wir (von oben) an die wahre Grundzustandsenergie heran. • Man kann auf diesem Prinzip Algorithmen entwickeln, um möglichst gute Näherungen zu finden =⇒ Basis der Quantenchemie • Berechnet man mit einem Variationsverfahren einen Energieerwartungswert, der niedriger als die wahre Grundzustandsenergie liegt, so liegt entweder ein Rechenfehler vor oder die theoretische Beschreibung berücksichtigt eine wesentliche Eigenschaft des Systems nicht oder unzureichend! 10.3 Slide 231 Grundzustand des He-Atoms He-Energie ohne e-e-WW • Der experimentelle Wert der Grundzustandsenergie des He-Atoms liegt bei −79 eV = −2.9065 Hartree. • 79 eV an Energie müssen aufgebracht werden, um das He-Atom in ein He++ (ein α-Teilchen) und 2 Elektronen in unendlichem Abstand voneinander zu dissoziieren. • E1s2 = 2 · −hcR∞ Z 2 = −8EH = −108.8eV • Die berechnete Energie ist niedriger als die experimentelle Energie ⇒ Widerspruch zum Variationsprinzip • Der Grund für den Widerspruch ist naürlich leicht gefunden: Vernachlässigung der Elektron-Elektron-Wechselwirkung! 128 11 11.1 Slide 232 Mehrelektronenatome Grundzustand des He-Atoms Bessere Näherung: Verwendung von Ψ1s2 als Grundzustandswellenfunktion • Die exakte Wellenfunktion des He-Grundzustandes ist nicht bekannt. • Nehmen wir an, dass die oben berechnete Wellenfunktion Ψ1s2 den Grundzustand hinreichend gut beschreibt, (dass also die Wellenfunktion durch die Elektron-Elektron-WW nicht stark beeinflusst wird). • Dies ist wieder eine Näherung, die zumindest besser als die totale Vernachlässigung der e-e-Wechselwirkung sein sollte. • Dazu muss man den Erwartungswert hΨ1s2 |Ĥ|Ψ1s2 i berechnen. Slide 233 Energieerwartungswert im Grundzustand Ψ1s2 e2 i 4πε0 r12 = hψ1s (1)|hψ1s (2)|ĥ(1)|ψ1s (1)i|ψ1s (2)i hĤi = hĥ(1) + ĥ(2) + + hψ1s (1)|hψ1s (2)|ĥ(2)|ψ1s (1)i|ψ1s (2)i e2 + hψ1s (1)|hψ1s (2)| |ψ1s (1)i|ψ1s (2)i 4πε0 r12 e2 = e1s + e1s + hψ1s (1)|hψ1s (2)| |ψ1s (1)i|ψ1s (2)i 4πε0 r12 e2 = −108.8 + hψ1s (1)|hψ1s (2)| |ψ1s (1)i|ψ1s (2)i 4πε0 r12 = −108.8eV + 34eV = −74.8eV > E0 = −79eV =⇒ Kein Widerspruch zum Variationstheorem! • (Das hier skizzierte Verfahren ist ein Beispiel für die Anwendung der Störungstheorie (1. Ordnung)). Slide 234 129 Coulombintegral J1s 1s • Das Integral J1s 1s = = e2 hΨ1s2 | |Ψ 2 i 4πε0 r12 1s Z Z Z Z Z Z dx1 dy1 dz1 dx2 dy2 dz2 e2 |Ψ|2 4πε0 r12 =: (1s 1s|1s 1s) heißt Coulombintegral • Coulombintegrale sind zentrale Größen, die in der ab initio Quantenchemie berechnet werden müssen (milliardenfach!). • Fazit: Physikalisch ist (scheint?) alles in Ordnung! 11.2 Slide 235 Grundzustand des Li-Atoms Li-Energie im (hypothetischen) Zustand Ψ1s3 • Experimentelle Energie des Li-Atoms: −203.4 eV • Wir nehmen an, dass die Wellenfunktion des Li-Atoms durch Ψ1s3 = ψ1s (1) · ψ1s (2) · ψ1s (3) beschrieben werden kann, dass sich also alle Elektronen im niedrigsten Orbital befinden. • Wir berechnen wieder den Energieerwartungswert e2 1 1 1 hĤi = hĥ(1) + ĥ(2) + ĥ(3) + + + i 4πε0 r12 r13 r23 für das Li-Atom ist Z=3 = 3 ∗ (−9 ∗ 13.6)eV + 3 ∗ 51eV = Slide 236 −214.2eV < E0 = −203.4eV 130 Fazit • Eine schlechte Wellenfunktion liefert eine Energie, die niedriger als die experimentelle Energie ist. =⇒ Widerspruch zum Variationstheorem! • Es liegt der Verdacht nahe, dass in der Beschreibung der elektronischen Eigenschaften etwas fehlt! Elektronenspin 11.3 Slide 237 Der Spin Der Stern-Gerlach-Versuch • Beobachtung: In einem inhomogenen Magnetfeld spaltet ein Atomstrahl aus Ag-Atomen ([Kr]4d10 5s1 (2 S1/2 )) in zwei Teilstrahlen auf. • die 5s-Elektronen des Ag-Atoms sollten keinen Drehimpuls, also auch kein magnetisches Moment besitzen! • Interpretation: Elektronen besitzen aufgrund eines inneren Drehimpulses ein magnetisches Moment. • Man nennt den inneren Drehimpuls Elektronenspin. • Der Spin ist durch zwei mögliche Einstellungen bzgl. einer raumfesten Achse charakterisiert. spin-up spin-down = ˆ = ˆ ↑ ↓ = ˆ = ˆ α-Spin β-Spin • Die Spin-Einstellung stellt einen zuätzlichen Freiheitsgrad für ein Elektron dar, die man als “zusätzliche Koordinate” σ (mit nur 2 möglichen Werten) auffassen kann. Slide 238 131 Koordinaten und Spinorbitale • Die Spinkoordinate σ, die nur zwei Werte (α und β) annehmen kann, muss zu den Ortskoordinaten hinzugefügt werden. {~r, α} ~x = {~r, σ} = {~r, β} • Orbitale (=Einelektronenwellenfunktionen) hängen nicht nur von ~r, sondern von ~x ab ψ(~r)|αi χ(~x) = χ(~r, σ) = ψ(~r)|βi • Die χ(~x) heißen Spinorbitale, während man die bisher betrachteten ψ(~r) rein räumliche Orbitale oder Raumorbitale nennt. Slide 239 Spinquantenzahlen • Der Spin verhält sich “kinematisch” wie ein Bahndrehimpuls. ⇒ Er wird durch zwei Quantenzahlen bestimmt. • Die Quantenzahl s charakterisiert den Betrag des Spins. • Die Quantenzahl ms charakterisiert die Spineinstellung bzgl. einer räumlichen Achse (z.B. der z-Achse). Slide 240 Eigenwerte • Die Wirkung der Operatoren auf die Dirac’schen “kets” läßt sich in folgender Weise beschreiben: 3 ŝ2 |αi = ~2 s(s + 1)|αi = ~2 |αi 4 3 2 2 2 ŝ |βi = ~ s(s + 1)|βi = ~ |βi 4 1 ~|αi 2 1 ŝz |βi = ~ms |βi = − ~|βi 2 ŝz |αi = ~ms |αi = 132 →s= 1 2 1 2 1 → ms = − 2 → ms = + • Anmerkung: Das Wirkung der Spinoperatoren auf die Eigenfunktionen ist analog zu der der Bahndrehimpulsoperatoren, jedoch mit halbzahligen Quantenzahlen! Slide 241 Spinorbitale I • Spinorbitale sind Produkte aus Raumorbitalen und einer “Spinfunktion”, die nicht explizit definiert ist, für die aber die Wirkung von Operatoren und die Werte von Matrixelementen bekannt sind. • Vernachlässigt man die Spin-Bahn-Kopplung (s.u.), dann sieht der Hamiltonoperator mit Spin genauso aus wie der bisher ohne Spin betrachtete Hamiltonoperator für Elektronen. • Spinorbitale für das H-Atom: χnlm (~x) = χnlm (~r, σ) = Slide 242 ψlmn (~r) |αi ψlmn (~r) |βi Spinorbitale II • Wenn der Hamiltonoperator nicht vom Spin abhängt sind α- und β-Spinorbitale entartet: Ĥψlmn (~r)|αi = Enl ψlmn (~r)|αi Ĥψlmn (~r)|βi = Enl ψlmn (~r)|βi • Für Spinorbitale gilt ŝ2 χ(~x) = ŝ2 ψ(~r)|αi = ψ(~r)ŝ2 |αi = ψ(~r)~2 s(s + 1)|αi = ~2 s(s + 1)ψ(~r)|αi = ~2 s(s + 1)χ(~r) ŝz χ(~r) = ~ms χ(~x)analog ŝ2 und ŝz “wirken nicht” auf den räumlichen Anteil des Spinorbitals. 133 11.4 Slide 243 Das Pauli-Prinzip Ununterscheidbare Teilchen • Elemenarteilchen (also auch Elektronen, Protonen, etc.) sind untereinander ununterscheidbar! • Das bedeutet 1. Der Hamiltonoperator muss symmetrisch in den Teilchenkoordinaten sein. (Kein Elektron darf “ausgezeichnet” sein.) 2. Die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte |Ψ|2 der Vielteilchenwellenfunktion muss invariant (unveränderlich) sein bzgl. Vertauschung von Teilchenkoordinaten. =⇒ Ψ(~x1 , ~x2 , . . . , ~x , . . . , ~x , . . . , ~xN ) i j = ±Ψ(~x1 , ~x2 , . . . , ~x , . . . , ~x , . . . , ~xN ) j i • Relativistischen Überlegungen führen dazu, dass Elektronen als Fermionen (Teilchen mit halbzahligem Spin) antisymmetrische Wellenfunktionen haben müssen. Slide 244 Das Pauli-Prinzip Die Wellenfunktion von Elektronen ist antisymmetrisch bezüglich der Vertauschung der Ortskoordinaten und Spineinstellungen jeweils zweier beliebiger Elektronen. • Die Mehrelektronenwellenfunktion Ψ hängt nicht, wie weiter oben angenommen, nur von den ~ri ab, sondern von den ~xi . Ψ(~r1 , ~r2 , . . . , ~rN ) −→ Ψ(~x1 , ~x2 , . . . , ~xN ) Damit ist ausgeschlossen, dass ein Spinorbital “zweifach besetzt” ist, denn Ψ(~x1 , ~x2 ) = χ1s (~r1 , α(1))χ1s (~r2 , α(2)) = ψ1s (~r1 )|α(1)iψ1s (~r2 )|α(2)i = ψ1s (~r2 )|α(2)iψ1s (~r1 )|α(1)i = Ψ(~x2 , ~x1 )6= −Ψ(~x1 , ~x2 ) Slide 245 134 Konsequenzen • Man kann jedoch leicht Wellenfunktionen konstruieren, deren “Raumorbitale” zweifach besetzt sind, nämlich mit Elektronen verschiedener Spineinstellung. z.B. Ψ(~x1 , ~x2 ) = ψ1s (~r1 )|α(1)iψ1s (~r2 )|β(2)i −ψ1s (~r1 )|β(1)iψ1s (~r2 )|α(2)i y Ψ(~x2 , ~x1 ) = ψ1s (~r2 )|α(2)iψ1s (~r1 )|β(1)i −ψ1s (~r2 )|β(2)iψ1s (~r1 )|α(1)i = −Ψ(~x1 , ~x2 ) • Dies kann man auch in Form einer Determinante schreiben χ1s (~r1 , α(1)) χ1s (~r1 , β(1)) Ψ(~x1 , ~x2 ) = χ1s (~r2 , α(2)) χ1s (~r2 , β(2)) ψ (~r )|α(1)i ψ1s (~r1 )|β(1)i = 1s 1 ψ1s (~r2 )|α(2)i ψ1s (~r2 )|β(2)i Slide 246 Slater-Determinanten • In dieser Form kann das Rezept zur Konstruktion von Mehrelektronenwellenfunktionen verallgemeinert werden. Konstruiert man aus einem Satz von Spinorbitalen eine sogenannte SlaterDeterminante χ1 (~x1 ) χ2 (~x1 ) . . . χN (~x1 ) 1 χ1 (~x2 ) χ2 (~x2 ) . . . χN (~x2 ) Ψ(~x1 , ~x2 , . . . , ~xN ) = √ . .. . . .. . . N ! .. . χ1 (~xN ) χ2 (~xN ) . . . χN (~xN ) so erfüllt diese automatisch das Pauli-Prinzip. Slide 247 135 Antisymmetrisierungsoperator • andere Schreibweise für Slaterdeterminanten: Ψ(~x1 , ~x2 , . . . , ~xN ) = |χ1 χ2 χ3 . . . χN i oder Ψ(~x1 , ~x2 , . . . , ~xN ) = Âχ1 (~x1 ) · χ2 (~x2 ) · . . . · χN (~xN ) •  heißt Antisymmetrisierungsoperator.  erzeugt eine Slaterdeterminante aus einem Produkt von Orbitalen. • für zwei Teilchen 1  = (1 − P̂12 ) 2! • für drei Teilchen 1  = (1 − P̂12 − P̂13 − P̂23 + P̂12 P̂23 + P̂13 P̂23 ) 3! • P̂ij heißt Permutationsoperator (Transpositionsoperator) P̂ij Ψ(~ x1 , ~ x2 , . . . , ~ xi , . . . , ~ xj , . . . , ~ xN ) = Ψ(~ x1 , ~ x2 , . . . , ~ xj , . . . , ~ xi , . . . , ~ xN ) Slide 248 Nicht-wechselwirkende Elektronen Die Eigenfunktionen von Hamiltonoperatoren für nicht-wechselwirkende Elektronen können immer als Slater-Determinante geschrieben werden. Ĥ|χ1 χ2 χ3 . . . χN i = E|χ1 χ2 χ3 . . . χN i E = e1 + e2 + . . . + eN • Anmerkungen 1. |χ1 χ2 . . . χi . . . χi . . . , χN i = 0 (Zwei Zeilen der Determinante sind identisch!) 2. Will man zusätzliche Forderungen wie die nach “guten” Quantenzahlen für den Gesamtspin erfüllen, muss man oft Linearkombinationen mehrerer (entarteter) Slater-Determinanten bilden. 11.5 Die Eigenschaften von Atomen Slide 249 136 Li-Atom II • Das Pauli-Prinzip sagt uns, dass nur 2 Elektronen im 1s-Zustand sein können, und dass das 3. Elektron offensichtlich im 2s-Zustand sein muss. • Entsprechend gilt für die Gesamtenergie nun statt 1 1 1 e2 + + i hĤi = hĥ(1) + ĥ(2) + ĥ(3) + 4πε0 r12 r13 r23 = 3 ∗ (−9 ∗ 13.6)eV + 3 ∗ 51eV = −214.2eV vielmehr 13.6 eV + Vee 22 −200.0eV > E0 = −203.4eV hĤi = 2 ∗ (−9 ∗ 13.6) − 9 ∗ = ⇒ Kein Widerspruch zum Variationsprinzip. Slide 250 Orbitale und Elektronenkonfiguration • Wir hatten weiter oben gesehen, dass die Elektron-Elektron-Abstoßung von 2 Elektronen im 1s-Orbital des He-Atoms ca. 34 eV beträgt, im 1s-Orbital des Li-Atoms ca. 51 eV. • Die abstoßende Wechselwirkung ist ∝ Z, weil stärker geladene Kerne die Elektronen im Mittel stärker anziehen, so dass auch die Abstoßung zunimmt. 2 e ⇒ Offensichtlich ist der Erwartungswert h 4π i abhängig von den Einelek0r tronenorbitalen. • Die Elektron-Elektron-Abstoßung hebt die Entwartung der Zustände zu unterschiedlichem Drehimpuls l (H-Atom) auf ! • Die Zustände der Atome sind daher nicht nur wesentlich durch die Hauptquantenzahlen, sondern durch durch die Elektronenkonfiguration (und damit den Drehimpuls) charakterisiert. Slide 251 137 Mehrelektronenatome ohne Elektron-Elektron-Wechselwirkung 1s • Pseudo-He 1s2 2s, 2p • Pseudo-C 1s2 2s2p3 • Pseudo-N 1s2 2s2 2p3 1s 2s, 2p 1s • Hier wurde angenommen, dass die Elektronen zunächst einfach auf die Raumorbitale verteilt werden (s. Hundsche Regeln). Slide 252 Mehrelektronenatome mit Elektron-Elektron-Wechselwirkung • Durch die Elektron-Elektron-Wechselwirkung ändern sich die Gesamtenergien • Die Orbitalenergien ändern sich und spalten (teilweise) auf. • Anmerkung: Die Gesamtenergien sind bei Berücksichtigung der e-e-WW nicht die Summe der Orbitalenergien (Vermeidung von Doppelzählungen). • C 1s2 2s2 2p2 2s 2p 1s Elektronenkonfiguration des C-Atoms ändert sich. • N 1s2 2s2 2p3 2s 2p 1s Elektronenkonfiguration des N-Atoms bleibt gleich. Slide 253 138 Konfigurationsenergien • Die relative Energie der Orbitale zum Drehimpuls l hängt vom “Füllgrad” der Schale ab, also von der Anzahl der Elektronen, und damit von der Kernladungszahl Z. • Durch die Elektron-Elektron-Abstoßung liegen die s-Orbitale niedriger als die p-Orbitale zu gegebener Hauptquantenzahl, die p-Orbitale niedriger als die d-Orbitale. • Dies kann soweit gehen, dass für bestimme Werte von Z, die 4s-Orbitalenergie niedriger liegt als die 3d-Orbitalenergie. → d-Elemente (Übergangsmetalle) • Berechnung erfolgt z.B. über die Methode des Selbstkonsistenten Feldes (Hartree-Fock-Verfahren, ThC II). Slide 254 Konfigurationsenergien Slide 255 Ionisierungsenergien 139 Slide 256 Das Aufbauprinzip • Aus den Energieschemata in Abhängigkeit von der Kernladungszahl Z ergeben sich die Regeln für die Konstruktion des Periodensystems • Nacheinander werden besetzt: 1s → 2s → 2p → 3s → 3p → 4s → 3d → 4p → 5s → 4d → 5p → 6s → 4f → 5d → 6p → 7s → 5f → 6d → . . . • Die Periodizität des Periodensystems ergibt sich dabei aus den relativen Abständen der Konfigurationsenergien. • Es gibt Ausnahmen von den Regeln, so z.B. bei d9 s2 → d10 s1 Silber ist 1-wertig, nicht 2-wertig wie Cu! • Der Grund ist letztendlich, dass der GZ durch die Minimierung der Gesamtenergie, nicht durch die Minimierung des höchsten besetzten Orbitals (“HOAO”) bestimmt wird. 11.6 Drehimpulskopplung Slide 257 140 Additionsregeln I • Aufgrund der Ununterscheidbarkeit der Elektronen kann weder der Bahndrehimpuls ˆli noch der Spin si eines Elektrons i eine Observable sein! • Betrachten wir ein Beispiel mit zwei Elektronen in p-Orbitalen (li = 1) l1 1 1 1 1 • Zustände: 1 1 1 1 1 Slide 258 m1 1 1 1 0 0 0 -1 -1 -1 l2 1 1 1 1 1 1 1 1 1 m2 1 0 -1 1 0 -1 1 0 -1 M = m1 + m2 2 1 0 1 0 -1 0 -1 -2 L? 2 m1 1 1 1 0 0 0 -1 -1 -1 l2 1 1 1 1 1 1 1 1 1 m2 1 0 -1 1 0 -1 1 0 -1 M = m1 + m2 2 1 0 1 0 -1 0 -1 -2 L? 2 2 Additionsregeln II l1 1 1 1 1 • Zustände: 1 1 1 1 1 2 • 2 Zustände (M = ±2) sind nur möglich, wenn der Gesamtdrehimpuls L den Wert 2 annimmt (|M | ≤ L!). • Es gibt 3 Zustände mit M = 0! • Es gibt je 2 Zustände mit M = +1 und M = −1! Slide 259 141 Addition von Bahndrehimpulsen • Der Gesamtbahnimpuls und seine z-Komponente sind durch folgende Operatoren bestimmt: L̂ = ˆl1 + ˆl2 + . . . + ˆlN L̂z = ˆl1,z + ˆl2.z + . . . + ˆlN,z Regel Zwei Bahndrehimpulse werden vektoriell addiert! Der Betrag (die Quantenzahl L) kann ganzzahlige Werte zwischen |~l1 + ~l2 | und |~l1 − ~l2 | annehmen. • Im Beispiel ergibt dies die Zustände L = 2 (5-fach entartet), L = 1 (3-fach entartet) und L = 0 (1-fach entartet). ⇒ insgesamt 9 Zustände des Gesamtdrehimpulses (= Zahl der Ausgangszustände) • Zustände zu verschiedenem Gesamtbahndrehimpuls L klassifiziert man mit Großbuchstaben. L = 0, 1, 2, 3, . . . → S, P, D, F, . . . Slide 260 Addition von Spins • Für Spins gilt analog Regel Zwei Spins werden vektoriell addiert! Der Betrag (die Quantenzahl S) kann ganzzahlige Werte zwischen |~s1 + ~s2 | und |~s1 − ~s2 | annehmen. • Kopplung zweier Spins kann nur auf die Gesamtspins S = 1 und S = 0 führen. • Gesamtspinzustände S charakterisiert man entsprechend ihrer Multiplizität (=Zahl der MS -Zustände). • Zustände mit S = 0 heißen Singuletts. • Zustände mit S = 1 heißen Tripletts. • Zustände mit S = Slide 261 1 2 (nur ein ungepaarter Spin) heißen Dubletts. 142 Addition von mehreren Drehimpulsen • Die Kopplung von mehr als zwei Spins (oder Bahndrehimpulsen) kann man sich so vorstellen, dass zunächst 2 Spins gekoppelt werden, dann das Ergebnis mit dem 3., usw. • Mehr als 2 Drehimpulse können entsprechend zu Gesamtdrehimpulszuständen mit höherem L oder S führen. • Die entsprechenden Wellenfunktionen sind Linearkombinationen von Produkten von Orbitalen. • Die entsprechenden Koeffizienten heißen Clebsch-Gordon-Koeffizienten. • Der Gesamtspin ist wieder ein Drehimpuls, ebenso wie der Gesamtbahndrehimpuls. Beide können wieder miteinander koppeln (=wechselwirken), und dabei einen Gesamtdrehimpuls J~ bilden. 11.7 Slide 262 Spin-Bahn-Kopplung und Hundsche Regeln Spin-Bahn-Kopplung • Der innere Drehimpuls (Spin) der geladenen Elektronen bewirkt ein magnetisches Moment, mit dem der Bahndrehimpuls der Elektronen wechselwirkt. • Es gibt also einen Zusatzterm im Hamilton-Operator, der bisher nicht berücksichtigt wurde. • Man kann zeigen, dass dieser Term die Form einer Kopplung zwischen Gesamtspin Ŝ und Gesamtbahndrehimpuls L̂ annimmt. • Man nennt diesen Effekt daher Spin-Bahn-Kopplung (Spin-Orbit-Coupling). HSO = Ze2 ~ ·S ~ L 8πε0 m2e r3 c2 ~ ·S ~ = ξ(r) L • Verglichen mit der Kern-Elektron-Anziehung und der e-e-Abstoßung ist HSO klein. ⇒ EHSO ist eine Störung der Konfigurationsenergie. Slide 263 143 Erwartungswerte des Spin-Bahn-Kopplungsoperators • Zustände sind jetzt durch “gute Quantenzahlen” L, S, J, und mJ charakterisiert (Gesamtdrehimpuls J). ESO = hL, S; J, MJ |ĤSO |L, S; J, MJ i = J(J + 1) − L(L + 1) − S(S + 1) Z 4 e4 hcR∞ (4πε0 ~c)2 2n3 L(L + 1/2)(L + 1) • Die Energie ESO ist klein, aber sie spaltet die Zustände zu gegebenem L, S und J auf. • Dies führt zur beobachtbaren Feinstruktur der Atomspektren. • Zustände zu festem L, S, J nennt man Terme • Der Grundzustand eines Vielelektronenatoms ist also keine Konfiguration, sondern ein Term. Slide 264 Hundsche Regeln • Die Hundschen Regeln beschreiben die Reihenfolge der Terme und legen insbesondere fest, wie man den Grundzustand eines Atoms findet. • 1. Hundsche Regel Der Term mit maximaler Spin-Multiplizität hat die niedrigste Energie! • 2. Hundsche Regel Bei gegebener Spin-Multiplizität hat der Term mit dem höchstem LWert die niedrigste Energie • 3. Hundsche Regel Für Atome mit weniger als halb gefüllten Schalen hat der Zustand mit dem kleinsten J-Wert die niedrigste Energie. Slide 265 144 Beispiel: Grundzustand des Kohlenstoffatoms I • Die Elektronenkonfiguration ist 1s2 2s2 2p2 . • Die Orbitaldrehimpulse li sind (0,0,0,0,1,1). • Als praktische Regel gilt: Volle Schalen oder Unterschalen brauchen nicht betrachtet zu werden • Also betrachten wir die Subkonfiguration 2p2 mit l1 = l2 = 1 und s1 = s2 = 1/2 • L kann nach den Regeln der Drehimpulskopplung die Werte 0, 1, 2 (S, P, D) annehmen. • S kann nach den Regeln der Drehimpulskopplung die Werte 0 oder 1 annehmen • 1. Hundsche Regel: S = 1 ⇒ Triplett. • 2. Hundsche Regel: L maximal. Demnach würde man D erwarten. Slide 266 Beispiel: Grundzustand des Kohlenstoffatoms II • Jedoch ist die Spinfunktion in Triplett-Funktionen stets symmetrisch bzgl. Vertauschung der zwei Elektronen. Ebenso ist die D-Funktion symmetrisch, während die P -Funktion antisymmetrisch bzgl. Vertauschung der zwei Elektronen ist. • 3 D ist also aufgrund des Pauli-Prinzips nicht möglich, wohl aber 3 P . • 3. Hundsche Regel: für 2p2 (weniger als halb besetzt) soll J minimal sein. L = S = 1 =⇒ J = 0, 1, 2. Also ist J = 0 der gesuchte Zustand. • Der Grundzustand des C-Atoms ist 3 P0 . Slide 267 145 Hundsche Regeln “verbesserte” Formulierung nach Haken / Wolf • 1. Hundsche Regel Der Term mit maximaler Spin-Multiplizität hat die niedrigste Energie! Elektronen mit gleichem l werden so aufgefüllt, dass der Gesamtspin P S= si maximal wird. • 2. Hundsche Regel Unter Beachtung des Pauli-Prinzips werden die Elektronen mit gleichem P l so auf die ml verteilt, dass |Lz | = | ml ~| = mL ~ ein Maximum wird. L ist dann gleich mL . • 3. Hundsche Regel Für Atome mit weniger als halb gefüllten Schalen hat der Zustand mit dem kleinsten J-Wert die niedrigste Energie. Slide 268 Beispiel: Die Na-D-Linie I • Das Na-Atom hat die Elektronenkonfiguration 1s2 2s2 2p6 3s. • Die teilweise besetzte Schale hat ein Elektron im l = 0 und s = 1/2-Zustand. Es ist nur j = 1/2 möglich! • Der Grundzustand ist demzufolge 2 S1/2 (“Duplett-S-Einhalb”). • Anregungen des N a-Atoms erfolgen in 4s bzw. 4p bzw. 4d-Orbitale. Die 4s-Orbitale sind die energetisch niedrigsten. • Für die Abregung (“Emission von Licht”) sind die Übergangswahrscheinlichkeiten (bei weitem) am größten für den Übergang aus dem 4p-Zustand. • Begründung: Photonen besitzen einen Spin von S = 1 (sie sind Bosonen). Drehimpulserhaltung erfordert, dass das Photon den Drehimpuls “mitnimmt”. ⇒ Auswahlregel ∆L = 1 Slide 269 146 Beispiel: Die Na-D-Linie II • Die 4p-Konfiguration des Na-Atoms besteht aus einem L = 1 Elektron mit Spin S = 1/2. Mögliche Werte des Gesamtdrehimpulses J sind also J = 3/2 oder J = 1/2. • Die Natrium-Doppellinie (D-Linie) setzt sich zusammen aus den Übergängen 2 2P 2 2 1/2 → S1/2 und P3/2 → S1/2 11.8 Slide 270 Zusammenfassung Zusammenfassung Atomphysik • Das bisher vorgeschlagene Schema ist anwendbar, wenn die Spin-Bahn-Kopplungsenergie klein im Vergleich zur e-e-Abstoßung ist. • Dann koppeln zunächst die ˆli zu L̂ und die ŝi zu Ŝ (Russell-SaundersKopplung), die dann zu Jˆ koppeln. • Für schwere Kerne (hohes Kernladungszahl Z) koppeln die individuellen ˆli stärker an die ŝi zu einem ĵi , die dann wieder zu einem Jˆ koppeln (jjKopplung). Slide 271 Virialtheorem • Für alle Atome gilt hT̂ i = − 12 hV̂ i als Konsequenz des allgemeinen Virialtheorems: 147 Falls V (λ~r1 , λ~r2 , . . . , λ~rN ) = λν V (~r1 , ~r2 , . . . , ~rN ), so gilt hT̂ i = • Coulomb-Wechselwirkung: V ∝ 1 r ν hV̂ i 2 y ν = −1 • Harmonischer Oszillator: V ∝ r2 y ν = +2 148 12 Slide 272 Moleküle Vorbemerkungen • Da Atome viele ununterscheidbare Elektronen besitzen, sind ihre Zustände durch interelektronische Coulomb- und Austausch-Wechselwirkungen bestimmt. • Je 2 Elektronen können in einem Raumorbital existieren. (jedes in einem unterschiedlichen Spinorbital). • Dies ist analog bei Molekülen der Fall. Hier nennt man die entsprechenden Einelektronenzustände Molekülorbitale. • Wir hatten beim Atom die Bewegung des Kerns immer vernachlässigt, da man diese kinematisch exakt abseparieren kann. • Bei Molekülen spielt die Kernbewegung eine größere Rolle (Schwingungen). Die Separation ist nicht exakt möglich. • Im dynamischen Molekül bewegen sich sehr leichte Massen (Elektronen) und 103 − 104 mal schwerere Massen (Kerne). 12.1 Slide 273 Die Born-Oppenheimer-Näherung Ein einfaches Molekül mit einem Elektron: H+ 2 ~ AB = R ~B − R ~A R ~A ~reA = ~re − R ~B ~reB = ~re − R 149 Ĥ = T̂A + T̂B + V̂AB + T̂e + V̂eA + V̂eB ~2 ZA ZB e 2 ~2 ∆A − ∆B + = − 2mA 2mB 4πε0 RAB 2 2 ZA e ZB e2 ~ ∆e − − − 2me 4πε0 reA 4πε0 reB T̂i : kinetische Energieoperatoren Slide 274 Elektronischer Hamiltonoperator • Der Gesamt-Hamilton-Operator ~2 ~2 ZA ZB e 2 ∆A − ∆B + 2mA 2mB 4πε0 RAB ~2 ZA e 2 ZB e2 − ∆e − − 2me 4πε0 reA 4πε0 reB Ĥ = − enthält Terme, die das Elektron im Feld der Kerne beschreiben 2 2 2 ~ A, R ~ B ) = − ~ ∆e − ZA e − ZB e Ĥel (R 2me 4πε0 reA 4πε0 reB • der elektronische Hamiltonoperator Ĥel hängt implizit über reA und reB von R̂A und R̂B ab. Slide 275 Elektronische Schrödingergleichung • In der Born-Oppenheimer-Näherung löst man zunächst die elektronische Schrödingergleichung ~ A, R ~ B )φel (~re ; R ~ A, R ~ B ) = Eel (R ~ A, R ~ B )φel (~re ; R ~ A, R ~ B) Ĥel (R ~ A und R ~B bei festgehaltenem R • Dadurch hängt Eel und φel parametrisch von den Koordinaten der Kerne ab. Slide 276 150 Schrödingergleichung der Kerne ~ A, R ~ B ) = Eel (R ~ A, R ~ B ) + VAB • mit der Definition EBO (R • gelangt man zur SGL für die Kernbewegung h i ~ A, R ~ B ) φnuc (R ~ A, R ~ B) T̂A + T̂B + EBO )(R ~ A, R ~ B) = Eφnuc (R • Die Gesamtwellenfunktion ist dann ~ A, R ~ B ) = φel (~re ; R ~ A, R ~ B ) · φnuc (R ~ A, R ~ B) φ(~re , R • Der suggerierte Separationsansatz ist nicht exakt, aber häufig ausreichend. • Eigentlich müsste die Gesamtwellenfunktion in eine Summe aus Produkten dieser Art entwickelt werden, also etwa X ~ A, R ~ B) = ~ A, R ~ B ) · φi,nuc (R ~ A, R ~ B) φ(~re , R φi,el (~re ; R i Slide 277 Anmerkungen • Physikalische Motivation: Die Elektronen sind so leicht, dass sie den Kernen instantan folgen können. ~ A, R ~ B ) hängt eigentlich nur von den internen Koordinaten ab, also hier • Eel (R z. B. nur von RAB . • Dies kann man durch Separation von Massenschwerpunkts- und Rotationsbewegung berücksichtigen. • In der Nähe von Req gilt EBO (RAB ) = 12 kAB (RAB − Req )2 . → harmonischer Oszillator als Modell für schwingende chemische Bindungen 151 12.2 Slide 278 Die Linear Combination of Atomic Orbital-Methode (LCAO) Das einfachste Molekül H2+ • Die gesuchte Wellenfunktion des einen Elektrons im H2+ nennt man Molekülorbital (MO). • MOs sind analog zu AOs Einelektronenwellenfunktionen. • Der minimale Ansatz für die Wellenfunktion ist ψ = c1 ψ1 + c2 ψ2 mit ψ1 und ψ2 den Atomorbitalen (hier 1s-Orbitale) der beiden H-Atome an deren jeweiligen Ort. • ψ ist eine Linearkombination von Atomorbitalen (LCAO). Slide 279 Variationsprinzip • In mathematischer Formulierung bedeutet das Variationsprinzip, dass E = hEi = hψ|Ĥ|ψi ≥ E0 hψ|ψi sein muss. • Wir erhalten also die optimalen Koeffizienten c1 und c2 (diejenigen, die die bestmögliche Energie mit dem obigen LCAO-Ansatz ergeben) durch Minimierung des Energieerwartungswertes. Slide 280 152 Energieerwartungswert • E = hc1 ψ1 + c2 ψ2 |Ĥ|c1 ψ1 + c2 ψ2 i hc1 ψ1 + c2 ψ2 |c1 ψ1 + c2 ψ2 i E = c∗1 c1 hψ1 |Ĥ|ψ1 i + c∗1 c2 hψ1 |Ĥ|ψ2 i + c∗2 c1 hψ2 |Ĥ|ψ1 i + c∗2 c2 hψ2 |Ĥ|ψ2 i c∗1 c1 hψ1 |ψ1 i + c∗1 c2 hψ1 |ψ2 i + c∗2 c1 hψ2 |ψ1 i + c∗2 c2 hψ2 |ψ2 i Man definiert Sij = hψi |ψj i (Überlappungsintegrale) und Hij = hψi |Ĥ|ψj i (Matrixelemente des Hamiltonoperators) • Wenn die Atomorbitale normiert sind, ist Sii = 1 (aber nicht Sij = 0)! ∗ = S und H = H ∗ = H . • Für reelle Atomorbitale gilt Sij = Sji ji ij ji ji E = Slide 281 c∗1 c1 H11 + c∗1 c2 H12 + c∗2 c1 H12 + c∗2 c2 H22 c∗1 c1 S11 + c∗1 c2 S12 + c∗2 c1 S12 + c∗2 c2 S22 Energieminimierung • E ist minimal, wenn alle ∂E = 0). ∂c∗i ∂E ∂ci • Wir bilden die Ableitungen = 0 für alle ci (oder, analog, wenn alle ∂E . ∂c∗i • Anstatt nun E = c∗1 c1 H11 + c∗1 c2 H12 + c∗2 c1 H12 + c∗2 c2 H22 c∗1 c1 S11 + c∗1 c2 S12 + c∗2 c1 S12 + c∗2 c2 S22 nach der Quotientenregel abzuleiten, und dann = 0 zu setzen, kann man auch die Gleichung E · [c∗1 c1 S11 + c∗1 c2 S12 + c∗2 c1 S12 + c∗2 c2 S22 ] = [c∗1 c1 H11 + c∗1 c2 H12 + c∗2 c1 H12 + c∗2 c2 H22 ] rechts und links ableiten (implizite Differentiation). Slide 282 153 Ableitungen ∂ E · [c∗1 c1 S11 + c∗1 c2 S12 + c∗2 c1 S12 + c∗2 c2 S22 ] ∂c∗1 ∂ = [c∗1 c1 H11 + c∗1 c2 H12 + c∗2 c1 H12 + c∗2 c2 H22 ] ∂c∗ 1 ⇒ E [c1 S11 + c2 S12 ] = [c1 H11 + c2 H12 ] analog: Ableiten nach c∗2 E [c1 S12 + c2 S22 ] = [c1 H12 + c2 H22 ] oder nach Umsortieren in c1 und c2 -Terme (H11 − ES11 )c1 + (H12 − ES12 )c2 = 0 (H12 − ES12 )c1 + (H22 − ES22 )c2 = 0 Slide 283 Säkulardeterminante des Gleichungssystems • Das Gleichungssystem (H11 − ES11 )c1 + (H12 − ES12 )c2 = 0 (H12 − ES12 )c1 + (H22 − ES22 )c2 = 0 hat genau dann eine nichttriviale Lösung (d.h. nicht: c1 = c2 = 0), wenn die Säkulardeterminante (H11 − ES11 ) (H12 − ES12 ) ! (H12 − ES12 ) (H22 − ES22 ) = 0 verschwindet. • allgemein: det(Hij − Sij E) = 0 Slide 284 154 Energieeigenwerte • Für H+ 2 gilt H11 = H22 und S11 = S22 = 1. • Man erhält (H11 − E)2 − (H12 − ES12 )2 = 0 ⇒ (H11 − E) = ±(H12 − ES12 ) H11 ∓ H12 = E ∓ ES12 H11 ± H12 H11 S12 ∓ H11 S12 ⇒ E± = ± 1 ± S12 1 ± S12 H12 − H11 S12 = H11 ± 1 ± S12 β = H11 ± 1 ± S12 β = H12 − H11 S12 heißt reduziertes Resonanzintegral. Slide 285 Resonanzintegral β 1 ± S12 H12 − H11 S12 = H11 ± 1 ± S12 H11 · (1 ± S12 ) ± (H12 − H11 S12 ) = 1 ± S12 H11 ± H12 α ± β∗ = = 1 ± S12 1 ± S12 E± = H11 ± • β ∗ heißt Resonanzintegral. • Grenzwertbetrachtung: S12 , β ∗ → 0 =⇒ keine Bindung • Energieerniedrigung des bindenden Orbitals ist kleiner als die Energieerhöhung des antibindenden Orbitals Slide 286 155 Abstandsabhängigkeit S12 = S12 (RHH ) β ∗ = β ∗ (RHH ) ~ 1 )|ψ1s (~r − R ~ 2 )i S12 = hψ1s (~r − R ~ 1 )|ψ1s (~r − R ~ 1 − R)i ~ = hψ1s (~r − R • die r-Abhängigkeit verschwindet durch die Integration, die R1 -Abhängigkeit aufgrund der freien Wählbarkeit des Koordinatenursprungs. • die Winkelabhängigkeit verschwindet, weil der Raum isotrop ist ⇒ S12 = S12 (R) • Analog werden H11 und H12 (α und β ∗ ) ebenfalls nur noch von R abhängen. • der exponentielle Abfall von ψ1s führt zu einem exponentiellen Abfall der Integrale für große R. Slide 287 Eigenvektoren • Nacheinander setzt man E+ = H11 + das Gleichungssystem β β und E− = H11 − in 1 + S12 1 − S12 (H11 − ES11 )c1 + (H12 − ES12 )c2 = 0 (H12 − ES12 )c1 + (H22 − ES22 )c2 = 0 ein und erhält dann für jeden Energieeigenwert die Koeffizienten c1 und c2 (d.h. den Eigenvektor bzw. Eigenfunktion) (→ Übungsaufgabe). • Man erhält H11 + H12 β = H11 + 1 + S12 1 + S12 H11 − H12 β E− = = H11 − 1 − S12 1 − S12 E+ = Slide 288 156 EF: ψ+ = ψ1 + ψ2 EF: ψ− = ψ1 − ψ2 Beispiel: Eigenfunktion ψ+ H11 + H12 E+ = 1 + S12 H11 + H12 H11 + H12 H11 − S11 c1 + H12 − S12 c2 = 0 1 + S12 1 + S12 H11 + H11 S12 − H11 − H12 c1 + 1 + S12 H12 + H12 S12 − H11 S12 − H12 S12 c2 = 0 1 + S12 H11 S12 − H12 H12 − H11 S12 c1 + c2 = 0 1 + S12 1 + S12 (H11 S12 − H12 ) c1 + (H12 − H11 S12 ) c2 = 0 =⇒ c1 = c2 Slide 289 Bemerkungen • Man erhält aus 2 AOs 2 Molekülorbitale Allgemein: aus n AOs n MOs! • Wenn β = H12 − H11 S12 < 0, dann liegt das MO ψ+ niedriger als die beiden AOs. • Das MO ψ− liegt höher als die beiden AOs. • Die Absenkung von ψ+ ist geringer als die Anhebung von ψ− 12.3 Slide 290 Die Wellenfunktionen des H+ 2 -Molekülions Bindende Wellenfunktion eines Wasserstoffmolekülions 157 Slide 291 Antibindende Wellenfunktion eines Wasserstoffmolekülions Slide 292 Abstandsabhängigkeit 158 12.4 Slide 293 Das Wasserstoffmolekül Hamiltonoperator • Im Rahmen der Born-Oppenheimer-Näherung hat der elektronische Hamiltonoperator für die Elektronen 1 und 2 im Feld der Kerne A und B die Form Ĥ = T̂1 + T̂2 + V̂A1 + V̂A2 + V̂B1 + V̂B2 + V̂12 = T̂1 + V̂A1 + V̂B1 + T̂2 + V̂A2 + V̂B2 + V̂12 2 • Ohne den Elektron-Elektron-Wechselwirkungsterm V̂12 = 4πe0 r12 hätte er die Form einer Summe von 2 Hamiltonoperatoren Ĥ1 und Ĥ2 für H+ 2: Ĥ = Ĥ1 + Ĥ2 Slide 294 Slater-Determinante • Wir wollen die Orbitale des H+ 2 ψ+ = ψσ als Näherungen für die Orbitale des H2 benutzen. • Analog zu den Vielteilchenatomen erstellen wir die Grundzustandswellenfunktion des H2 als eine Slaterdeterminante von Spinorbitalen. • Diese generieren wir, indem wir von unten Elektronen maximal paarweise in die Molekülorbitale einfügen und diese antisymmetrisieren • Die Slaterdeterminante lautet dann 1 ψσ (~r1 )|α1 i ψσ (~r1 )|β1 i Ψσ2 = √ 2 ψσ (~r2 )|α2 i ψσ (~r2 )|β2 i • Energie Eσ2 = 2Eσ + hV12 i mit Eσ = H11 + β/(1 − S12 ) (oder Vernachlässigung von V̂12 ). 12.5 Slide 295 MO-Diagramme zweiatomiger Moleküle 159 Regeln für die Kombination von Atomorbitalen Die durch die Elektron-Elektron-Wechselwirkungen modifizierten Atomorbitale und Atomorbitalenergien bilden zusammen mit dem LCAO-Konzept die Grundlage der Molekülorbital-Diagramme. Regeln: 1. Man braucht nur AOs zu kombinieren, deren Überlappung nicht Null ergibt (z. B. aus Symmetriegründen). 2. Man braucht nur energetisch ähnliche AOs (in erster Näherung) zu verwenden. 3. Man besetzt die Orbitale von unten nach oben. Slide 296 MO-Diagramm für H2 • Energieabsenkung • bindende Wechselwirkung → chemische Bindung Slide 297 MO-Diagramm für He2 160 • Energieerhöhung (das obere Orbital ist stärker erhöht als das untere abgesenkt ist) • antibindende Wechselwirkung → keine chemische Bindung Slide 298 MO-Diagramm für ein heteropolares Molekül MX • Energieabsenkung eines Elektrons ist klein, des anderen Elektrons groß • bindende Wechselwirkung → chemische Bindung • Bindender Zustand dem niedrigeren Orbital ähnlicher. 161