pmxxx-15 - Schlee-HI-Viruserkennung

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Rheinische
Friedrich-WilhelmsUniversität Bonn
Dezernat 8
Hochschulkommunikation
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Die Achillesferse des HI-Virus
Forscher der Uni Bonn zeigen, wie der Körper Retroviren
entdeckt und wie das HI-Virus sich zu tarnen versucht
Forscher der Universität Bonn haben herausgefunden, auf welche Weise
Körperzellen das Erbgut so genannter Retroviren entdecken können. Zu
dieser Gruppe zählt auch der Erreger der Immunschwäche-Krankheit
AIDS, das HI-Virus 1. Gleichzeitig scheint das HI-Virus diesen wichtigen
Abwehrmechanismus größtenteils zu unterlaufen. Die Forscher stellen
ihre Ergebnisse im renommierten Journal „Nature Immunology“ vor.
Die erste Verteidigungslinie des Immunsystems gegen Krankheitserreger
ist die angeborene Immunität. Sie beruht auf spezialisierten SensorProteinen, den Rezeptoren. Diese erkennen fremde Strukturen, zum
Beispiel Zellwand-Bestandteile von Bakterien oder auch das Erbgut von
Viren. Als Erbgut-Sensor fungiert dabei ein zelluläres Molekül namens
cGAS. Wenn cGAS virale DNA erkennt, schlägt der Sensor sogleich Alarm.
Es beginnt eine Kaskade, in deren Zug das Immunsystem aktiviert wird
und sich die Zelle und ihre Nachbarn gegen die Virusinfektion wappnen.
An der genauen Beschreibung dieser Kaskade waren Wissenschaftler des
Uniklinikums Bonn in früheren Arbeiten wesentlich beteiligt.
Die DNA vieler Viren ist doppelsträngig: Sie besteht aus zwei Fäden, die
sich wie zwei miteinander verdrehte Kabel umeinander winden. Bislang
dachte man, dass cGAS nur solche doppelsträngige DNA erkennen kann.
Das Erbgut von Retroviren wie HIV-1 besteht dagegen aus RNA. RNA ist
eng mit der DNA verwandt, in Retroviren jedoch stets einzelsträngig.
Wenn sich Retroviren in menschlichen Zellen vermehren, wird die RNA in
DNA „umgeschrieben“. Auch diese ist dann aber einzelsträngig.
Entsprechend groß war die Überraschung, als man entdeckte, dass cGAS
auch durch das HI-Virus 1 aktiviert wird.
Verdrillte DNA
Den ersten Schritt zu einer Erklärung lieferten kürzlich verschiedene
Arbeitsgruppen: Sie konnten zeigen, dass Einzelstrang-DNA sogenannte
„Haarnadel“-Strukturen ausbilden kann – so ähnlich, wie sich ein
einzelnes Kabel mit sich selbst verdrillen kann, so dass es zwei
miteinander verdrehten Kabeln ähnelt. Solche DNA-Strukturen bilden
dann also kurze Doppelstränge, und diese werden vom cGAS-Sensor
detektiert.
„Die Haarnadel-Strukturen, die sich bei HIV-1 ausbilden können, sind
aber eigentlich zu kurz, um von cGAS erkannt zu werden“, sagt Dr.
Leitung: Dr. Andreas Archut
Tel.: 0228/73-7647
Fax: 0228/73-7451
E-Mail: [email protected]
Internet: www.uni-bonn.de
Meinhard-Heinze-Haus
Poppelsdorfer Allee 49
53115 Bonn
Nr. 176/2014
Bonn, 07.09.2015
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Rheinische
Friedrich-WilhelmsUniversität Bonn
Martin Schlee. Der Forscher vom Institut für Klinische Chemie und
Klinische Pharmakologie am Uniklinikum Bonn ist Letztautor der Studie.
Zusammen mit Kollaborationspartnern aus Bonn, München und Erlangen
konnte seine Arbeitsgruppe nun zeigen, warum es dennoch funktioniert:
cGAS erkennt zusätzlich zu dem kurzen doppelsträngigen Stück spezielle
Bausteine im nicht verdrillten einzelsträngigen Stück, sogenannte
Guanosine. Dadurch wird die zelluläre Antwort deutlich verstärkt. „Wenn
wir die Guanosine aus diesen Strukturen entfernen, kann die Zelle nicht
mehr auf die einzelsträngige DNA reagieren“, erläutert Erstautorin AnnaMaria Herzner. „Wenn wir zusätzliche Guanosine einfügen, reagiert sie
dagegen stärker.“
Wie HIV-1-Viren das Immunsystem unterlaufen
Interessanterweise ist die DNA, die während der HIV-1-Infektion entsteht,
besonders arm an Guanosinen. „HIV-1-Viren scheinen durch das
Immunsystem darauf selektioniert worden zu sein, Guanosine aus ihrer
DNA zu eliminieren“, sagt Prof. Dr. Gunther Hartmann, Leiter des
Instituts für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie sowie
Sprecher des Exzellenzclusters ImmunoSensation. „Möglicherweise
gelingt es ihnen so, einer Entdeckung durch die Zelle teilweise zu
entgehen.“
Dass diese DNA-Erkennung tatsächlich von großer klinischer Bedeutung
ist, zeigt eine neue Arbeit des Massachusetts Institute of Technology
(MIT) in Boston. Es gibt Menschen, die mit HIV-1 infiziert sind, das Virus
aber so gut unterdrücken, dass es nicht mehr nachweisbar ist.
Bestimmte Immunzellen dieser so genannten „Elite Controller“ reichern
so viel HI-Virus-DNA an, dass diese – möglicherweise über die noch
verbleibenden Guanosine – dennoch erkannt werden kann. Sie lösen so
eine starke Immunantwort aus, die das Virus dauerhaft unterdrückt.
Somit scheint das HIV-1-Erbgut auch in diesen Immunzellen über den
von Dr. Martin Schlee und Kollegen entdeckten Mechanismus erkannt zu
werden.
Die beteiligten Forscher aus Bonn sind Mitglieder des DFG-geförderten
Exzellenzclusters Immunosensation. Sie arbeiten zudem im Deutschen
Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) eng zusammen.
Publikation: Sequence-specific activation of the DNA sensor cGAS by Yform DNA structures as found in primary HIV-1 cDNA; Nature
Immunology; DOI: 10.1038/ni.3267
Kontakt für die Medien:
Dr. rer. nat. Martin Schlee
Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie
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des Universitätsklinikums Bonn
Tel. 0228/28751148
E-Mail: [email protected]
Bildzeilen:
Das Forscherteam (von links nach rechts): Dr. Thomas Zillinger, Dr.
Christoph Coch, Eva Bartok, Steven Wolter, Dr. Anna-Maria Herzner, Dr.
Marion Goldeck, Dr. Martin Schlee, Prof. Dr. Gunther Hartmann. © Foto:
Rolf Müller/UKB
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