DEPARTMENT OF ELECTRICAL ENGINEERING Tel.:+43/(0)3842/402/311 Fax: +43/(0)3842/402/318 MONTANUNIVERSITÄT LEOBEN UNIVERSITY OF LEOBEN, AUSTRIA Institut für Elektrotechnik Franz-Josef-Straße 18 A-8700 Leoben Österreich, Austria INSTITUT FÜR ELEKTROTECHNIK http://www.unileoben.ac.at/~etechnik e-mail: [email protected] Vorstand: O.Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Helmut Weiß Übungen zu ELEKTROTECHNIK I Laborunterlagen Version: 3.1 02 / 2003 Dipl.-Ing. Dr. mont. Andreas Schmidhofer Literatur: [1] Weiß, H.: Vorlesungsunterlagen zu „Elektrotechnik I“, Institut für Elektrotechnik, Montanuniversität Leoben. [2] Krikava F., Ruhswurm H., Seiser J.: Grundlagen der Elektrotechnik, Band 1 und Band 2, R. Oldenbourg Verlag, Wien, 1990. Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 0 Inhalt der Laborübungen Es werden insgesamt acht verschiedene Übungen angeboten. Die Anzahl der zu absolvierenden Übungen hängt von Semesterwochenstunden ab, die laut Studienplan vorgesehen sind: der Anzahl der • Sechs Übungen für die Studienrichtungen B, IU, K, M, Mm, PE, W • Acht Übungen für die Studienrichtung G Die Termine für die Übungen sind im Aushang am Institut für Elektrotechnik und auf der Homepage angekündigt, wobei die Einteilung entsprechend der Übungsanzahl, dem Übungsinhalt und der Gruppe aus den reservierten Terminen (max. 8) laut Übungsplan erfolgt. Der Aushang dieser genauen Einteilung steht erst nach der Sicherheitsbelehrung zur Verfügung. Die vorliegenden Unterlagen beinhalten die Lehrinhalte für das SS2003 und sind daher nur für diesen Zeitraum gültig. Die Unterlagen sind auch auf der Institutshomepage als pdf- Files verfügbar. 0.1 Übersicht der Übungsinhalte Übung 1: " Elektrische Messtechnik, Messung von Widerständen" Bestimmung von Widerstandswerten mit der Anwendung - der strom-, bzw. spannungsrichtigen Messung - eines Digitalmultimeters - der Farbcodierung - Gleichstrom- Messbrücke Übung 2: "Oszilloskop, Schaltvorgänge" Ein- und Ausschaltvorgänge von R-C bzw. R-L Netzwerken - Messung des Spannungs- und Stromverlaufes - Bestimmung der Zeitkonstanten Übung 3: "R-L und R-C Netzwerke" Netzwerke bestehend aus Widerständen und Induktivitäten sowie aus Widerständen und Kondensatoren - Strom- und Spannungsmessungen - Anwendung der Kirchhoff’schen Gesetze - Rechnerische Überprüfung der Messwerte Seite 0.2 von 6 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Übung 4: "Elektronik: Operationsverstärker- Grundschaltungen" Invertierende und nicht- invertierende Operationsverstärker (OPV)- Grundschaltung. - Aufnahme des Amplituden – und Phasengangs - Darstellung der Messwerte im logarithmischen Maßstab - Handhabung des Oszilloskops Übung 5: "Leistungsmessung im Dreileiter- und Vierleitersystem" Messung der Schein- Wirk- und Blindleistung von symmetrischen und unsymmetrischen Verbrauchern: - Messung mit drei Wattmeter, - Zwei-Wattmeter-Methode (Aron- Schaltung) - Messung mit einem Wattmeter Bestimmung des Leistungsfaktors Übung 6: "Resonanzkreise" Serien- und Parallelresonanzkreis - Messung der Spannungen und Ströme - Bestimmung der Resonanzfrequenz Übung 7: "Leistungsmessung im Einphasennetz" Messung der Schein- Wirk- und Blindleistung von einphasigen Verbrauchern: - Messung mit einem Wattmeter - Bestimmung des Leistungsfaktors - Kompensation Übung 8: "Magnetismus" Messung der Flussdichte Messung der Hysterese- Kurve Seite 0.3 von 6 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 0.2 Vorausgesetzte Kenntnisse Für ALLE ÜBUNGEN werden die Kenntnisse der Kapitel 1.1 ... 1.5 Kirchhoff’sche Gesetze, Ohm’sches Gesetz, Serien- und Parallelschaltung von Widerständen, Spannungsquellen Kapitel 4 Elektrische Messgeräte Kapitel 6 Elektrische Energieverteilung, Sicherheitstechnik vorausgesetzt. Weiters werden noch folgende Kapitel für die jeweiligen Übungen vorausgesetzt: Übung Titel Kapitel Übung 1 Elektrische Messtechnik, Messung von Widerständen 3.1 Übung 2 Oszilloskop, Schaltvorgänge 1.6 Übung 3 R-L und R-C Netzwerke 2.1, 2.2, 2.3 Übung 4 Elektronik - OperationsverstärkerSchaltungen 5 Übung 5 Leistungsmessung im Dreileiter- und Vierleitersystem 3.2 Übung 6 Resonanzkreise 2 Übung 7 Leistungsmessung im Einphasennetz 3.2, 2.5 Übung 8 Magnetismus 7 Seite 0.4 von 6 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 0.3 Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 1 Gleichstrom............................................................................................................1 1.1 Kirchhoff’sche Gesetze ....................................................................................1 1.1.1 1. Kirchhoff´sches Gesetz (Knotenregel) ...................................................1 1.1.2 2. Kirchhoff´sches Gesetz (Maschenregel) ................................................2 1.2 Ohm’sches Gesetz ..........................................................................................2 1.3 Serienschaltung von Widerständen .................................................................3 1.4 Parallelschaltung von Widerständen................................................................5 1.5 Spannungsquellen ...........................................................................................8 1.6 Schaltvorgänge................................................................................................9 1.6.1 Allgemeines ...............................................................................................9 1.6.2 Schaltvorgänge an einer Induktivität („Spule“) .........................................10 1.6.3 Schaltvorgänge an einer Kapazität („Kondensator“) ................................15 1.6.4 Allgemeine Erklärungen...........................................................................20 1.6.5 Mess - Schaltung .....................................................................................22 Kapitel 2 2 Wechselstromkreise ..............................................................................................1 2.1 Einführung komplexer Zeiger...........................................................................1 2.1.1 Komplexe Spannung, komplexer Strom.....................................................1 2.1.2 Komplexe Impedanz Z ...............................................................................4 2.1.3 Komplexe Admittanz Y...............................................................................5 2.1.4 Komplexe Scheinleistung S .......................................................................5 2.2 Einzelne komplexe Impedanzen für R, L, C.....................................................7 2.3 Schaltungen von zwei komplexe Impedanzen .................................................8 2.4 Schaltungen mit R, L und C Elementen Resonanzkreise ....................12 2.4.1 Reihenschaltung von R, L und C .............................................................12 2.4.2 Parallelschaltung von R, L und C.............................................................15 2.5 Blindleistungskompensation ..........................................................................18 Kapitel 3 3 Messtechnik ..........................................................................................................1 3.1 Messung von Widerständen ...........................................................................1 3.1.1 Strom- / Spannungsmethode ...................................................................1 3.1.2 Widerstandscodierung .............................................................................4 3.1.3 Messbereichserweiterung ........................................................................5 3.1.4 Gleichstrom- Messbrücke (Wheatstone-Brücke)......................................7 3.1.5 Wechselstrom-Messbrücke......................................................................9 3.2 Leistungsmessung........................................................................................10 3.2.1 Einphasiger Verbraucher .......................................................................10 3.2.2 Dreiphasiger Verbraucher ......................................................................11 Seite 0.5 von 6 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Kapitel 4 4 Elektrische Messgeräte .........................................................................................1 4.1 Allgemeines .....................................................................................................1 4.1.1 Fehler bei analogen Messgeräten .............................................................1 4.1.2 Fehler bei digitalen Messgeräten...............................................................3 4.2 Analoge Messgeräte........................................................................................3 4.2.1 Drehspul-Messgerät...................................................................................3 4.2.2 Drehspul-Galvanometer.............................................................................7 4.2.3 Dreheisen- Messgerät................................................................................7 4.2.4 Elektrodynamisches Messgerät .................................................................9 4.3 Digitale Messgeräte .......................................................................................12 4.3.1 Digital-Multimeter (DMM) .........................................................................12 4.3.2 Digitales Wattmeter .................................................................................12 4.4 Oszilloskope ..................................................................................................13 4.4.1 Analog- Oszilloskope ...............................................................................13 4.4.2 Digital- Oszilloskope ................................................................................13 4.4.3 Tastkopf, Tastteiler ..................................................................................17 4.4.4 Erdungsproblematik bei Oszilloskopen ....................................................19 Kapitel 5 5 Elektronik - Operationsverstärkerschaltungen .......................................................1 5.1 Funktion des Operationsverstärkers...............................................................1 5.2 Lineare Anwendungen...................................................................................3 5.2.1 Nicht-invertierender Verstärker ................................................................4 5.2.2 Spannungsfolger (Impedanzwandler) ......................................................5 5.2.3 Invertierender Verstärker ........................................................................6 5.3 Nichtlineare Anwendungen.............................................................................9 5.3.1 Komparator ..............................................................................................9 5.3.2 Schmitt- Trigger (Schwellwert-Schalter).................................................10 5.3.3 Astabiler Multivibrator............................................................................12 Kapitel 6 6 Elektrische Energieverteilung, Sicherheitstechnik .................................................1 6.1 Elektrische Energieverteilung ..........................................................................1 6.2 Schutzmaßnahmen in Elektrischen Netzen .....................................................3 6.2.1 „5 Sicherheitsregeln“..................................................................................3 6.2.2 Berühren spannungsführender Teile .........................................................3 6.2.3 Schutz vor indirektem Berühren.................................................................4 6.2.4 Überstrom- Schutzeinrichtungen ...............................................................7 Kapitel 7 7 Magnetismus .........................................................................................................1 7.1 Grundlagen magnetischer Kreise .........................................................................1 7.2 Aufnahme der Hysteresekurve ................................................................................. 4 Seite 0.6 von 6 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen 1 Gleichstrom 1.1 Kirchhoff’sche Gesetze Die Berechnung von verzweigten Stromkreisen erfolgt im einfachsten Fall durch Anwendung der beiden Kirchhoff’schen Gesetze. Für die Erläuterung der beiden Gesetze betrachten wir folgendes beispielhafte Schaltbild: U1 I1 R1 I2 UB U2 R2 (1) I3 R3 I4 R4 Abb. 1.1 1.1.1 1. Kirchhoff´sches Gesetz (Knotenregel) Ii = 0 (1.1) Die Summe aller an einem Stromverzweigungspunkt („Knotenpunkt“) zufließenden und aller wegfließenden Ströme ist gleich Null. Hierbei werden zur Festlegung einer Bezugsrichtung die zufließenden Ströme mit positivem Vorzeichen („+“), und die wegfließenden Ströme mit negativem Vorzeichen (“-“) eingesetzt. Für den in Abb. 1.1 dargestellten Knoten (1) gilt folgende Gleichung: Seite 1.1 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen I1 − I 2 − I3 − I 4 = 0 1.1.2 (1.2) 2. Kirchhoff´sches Gesetz (Maschenregel) Für dieses Gesetz werden die Maschen eines elektrischen Netzwerkes betrachtet, womit ein beliebiger, über die Zweige des Netzwerkes geschlossener Weg bezeichnet wird. Ui = 0 (1.3) Die Summe aller in einer Masche wirkenden Spannungen ist gleich Null. Vorgehen bei der Festlegung einer Zählpfeilrichtung: 1. Alle Spannungsquellen der betreffenden Masche erhalten einen vom positiven Anschluss (+) zum negativen Anschluss (-) weisenden Spannungszählpfeil. 2. Die Ströme in den einzelnen Zweigen der Masche erhalten willkürlich gewählte Zählpfeile. 3. Alle passiven Verbraucher erhalten Spannungszählpfeile in der selben Richtung wie der durch den betreffenden Verbraucher fließende Strom („Verbraucher-Zählpfeilsystem“). 4. Es wird ein beliebiger Umlaufsinn als positive Umlaufrichtung festgelegt. 5. Gemäß obiger Maschenregel wird nun die Summe aller Spannungen dieser Masche gebildet, wobei alle Spannungen in Richtung der gewählten Umlaufrichtung positiv, und alle entgegengesetzt gerichteten Spannungen negativ einzusetzen sind. Für die in Abb. 1.1 strichliert eingezeichnete Masche gilt folgende Gleichung: − UB + U 2 + U1 = 0 (1.4) Wenn sich aufgrund der rechnerischen Auswertung der Kirchhoff´schen Gesetze eines Netzwerkes negative Werte für Ströme oder Spannungen ergeben, bedeutet dies nicht zwangsläufig einen Rechenfehler, sondern lediglich, dass die betreffende Zählpfeilrichtung eben in „falscher“ Richtung angenommen wurde, und daher die tatsächliche Richtung entgegen der angenommenen ist. 1.2 Ohm’sches Gesetz I= U R (1.5) Der durch einen Verbraucherwiderstand R fließende Strom I ist umso größer, je größer die treibende Spannung U und je kleiner der - den Stromfluss bremsende Widerstand R eines Verbrauchers ist. Seite 1.2 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen 1.3 Serienschaltung von Widerständen I UB R1 R2 R3 U1 U2 U3 Abb. 1.2 Ausgehend von Gleichung (1.3) folgt als Maschengleichung für Abb.1.2: − UB + U 2 + U1 + U3 = 0 (1.6) UB = (I R1 ) + (I R 2 ) + (I R 3 ) (1.7) Mit UB = I R Ges folgt: I R Ges = (I R1 ) + (I R 2 ) + (I R 3 ) Die Division durch I liefert den Gesamtwiderstand der Serienschaltung: R Ges = R1 + R 2 + R 3 (1.8) Spannungsteiler - Regel Es ist offensichtlich, dass bei einer Serienschaltung von Elementen durch jedes Element derselbe Strom I fließt. I = IR1 = IR 2 = IR 3 Daraus folgt unmittelbar „Spannungsteiler-Regel“: (1.9) die Aufteilung der Gesamtspannung U UB U U = 1 = 2 = 3 R ges R 1 R 2 R 3 gemäß folgender (1.10) Seite 1.3 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen „Die Gesamtspannung durch den Gesamtwiderstand ist gleich der Teilspannung durch den Teilwiderstand“. Daraus erhält man z.B. für die Teilspannung U 2 : U2 = R2 UB R Ges (1.11) •= Unbelasteter Spannungsteiler: Die Abb. 1.3 zeigt nochmals das Schaltbild eines unbelasteten Spannungsteilers und die zugehörige Formel zur Berechnung der Ausgangsspannung U2 des Spannungsteilers (z.B. die Teilspannung am Widerstand R2). R1 U1 R2 U2 Abb. 1.3 U2 = R2 R2 UB = UB R ges R1 + R 2 (1.12) •= Belasteter Spannungsteiler: In Abb. 1.4 ist an den Anschlüssen der Ausgangsspannung U2 eine Last (in diesem Beispiel ein Ohm’scher Widerstand R3) angeschlossen. Nun gilt nicht mehr die oben angeführte, einfache Formel des unbelasteten Spannungsteilers, vielmehr muss auch der Ausgangsstrom I2 durch den Widerstand R3 berücksichtigt werden. In dem in Abb. 1.4 gezeigten Beispiel ist folglich für die Teilspannung U2 der Teilwiderstand R23 bestehend aus der Parallelschaltung von R2 und R3 zu berücksichtigen, wodurch sich die Gleichung (1.13) ergibt. Seite 1.4 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen R1 I2 R2 U1 R3 U2 Abb. 1.4 U2 = R 23 R ges R2 R3 R 23 R2 + R3 UB = UB = UB R2 R3 R 23 + R1 + R1 R2 + R3 (1.13) 1.4 Parallelschaltung von Widerständen Iges Iges UB I1 U1 I2 U2 R1 I3 UB U3 R2 R3 Abb. 1.5 I1 U1 I2 U2 R1 I3 U3 R2 R3 Abb. 1.6 Die Schaltung in Abb. 1.6 ist identisch zur Schaltung in Abb. 1.5, lediglich mit einer veränderten Zeichnungsweise für die Knoten, um die später angeführte Knotengleichung klar zu erkennen. Ausgangspunkt sind die drei Maschengleichungen: UB − U1 = 0 → UB = U1 (1.14) UB − U 2 = 0 → UB = U 2 (1.15) UB − U3 = 0 → UB = U3 (1.16) Seite 1.5 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen Mit dem Ohmschen Gesetz folgt: U1 = I1 R 1 I1 = UB R1 (1.17) U 2 = I2 R 2 I2 = UB R2 (1.18) U3 = I3 R 3 I3 = UB R3 (1.19) UB R Ges (1.20) UB = IGes R Ges IGes = Durch Einsetzen in die Knotengleichung IGes = I1 + I2 + I3 (1.21) folgt: UB U U U = B + B + B R Ges R 1 R 2 R 3 (1.22) Der Gesamtwiderstand der Parallelschaltung berechnet sich mit R Ges = 1 R Ges = 1 1 1 zu + + R1 R 2 R 3 1 1 1 1 + + R1 R 2 R 3 (1.23) Vereinfachung für zwei parallele Widerstände: R Ges = R1 R 2 R1 + R 2 (1.24) Daraus ergibt sich bei Parallelschaltung von Widerständen ein Gesamtwiderstand RGes, welcher kleiner ist als der kleinste der parallel geschalteten Einzelwiderstände. Beispiel: Parallelschaltung von zwei gleichen Widerständen (R1 = R2 = R) R RGes = 2 Seite 1.6 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen Stromteiler - Regel Aus Abb. 1.5 ist ersichtlich, dass bei einer Parallelschaltung von Elementen an jedem Element dieselbe Spannung U anliegt. UB = UR1 = UR 2 = UR3 (1.25) Daraus folgt unmittelbar die Aufteilung des Gesamtstromes gemäß folgender „StromteilerRegel“: IGes R Ges = I1 R1 = I 2 R 2 = I3 R 3 (1.26) „Gesamtstrom mal Gesamtwiderstand ist gleich dem Teilstrom mal Teilwiderstand“. Daraus erhält man z.B. für den Teilstrom I2: I2 = R ges R2 (1 27) Iges Rechnung mit Leitwerten Der Leitwert G eines ohmschen Elements ist der Kehrwert des Widerstandes R: G= 1 I = R U ... Einheit: Siemens [S] = [Ω-1] (1.28) Je kleiner der Widerstand ist, desto größer ist dessen Leitwert, bzw. Strom-Leitfähigkeit und der Strom durch diesen Widerstand (bei gegebener Spannung). Der Gesamtleitwert der Parallelschaltung berechnet sich mit: G Ges = G1 + G 2 + G 3 = 1 (1.29) R Ges Bei Parallelschaltung von Widerständen addieren sich die Leitwerte. Seite 1.7 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen 1.5 Spannungsquellen Eine ideale Spannungsquelle stellt eine konstante, vom fließenden Laststrom unabhängige Spannung Uq zur Verfügung. Ri I k URi Uq l Ukl RL Abb. 1.8 Jede reale Spannungsquelle (z.B. Batterie) weist jedoch durch ihren nicht idealen inneren Aufbau einen Innenwiderstand Ri auf, welcher als Serienwiderstand dargestellt wird (siehe Abb. 1.8). Die von der Spannungsquelle an ihren Anschlüssen („Klemmen“) dem Lastwiderstand RL (z.B. Glühbirne) zur Verfügung gestellte „Klemmenspannung“ Ukl ist also um den Spannungsabfall URi, welcher durch den Strom I an Ri hervorgerufen wird, kleiner als die nominelle „Quellenspannung“ Uq der Spannungsquelle. Ukl = U q − URi (1.30) Die Größe dieser - die abgegebene Klemmenspannung Ukl vermindernden - Spannung URi ist über das ohmsche Gesetz UR i = I R i (1.31) direkt proportional zum fließenden Laststrom I. Ukl = Uq − I R i (1.32) Je größer der vom Verbraucher RL aufgenommene Strom I ist, desto kleiner wird die von der Spannungsquelle abgegebene Klemmenspannung Ukl an ihren äußeren Klemmen k und l („die Spannung geht bei Belastung in die Knie“). Seite 1.8 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen 1.6 Schaltvorgänge 1.6.1 Allgemeines Schaltvorgänge sind Einschwingvorgänge beim Ein- oder Ausschalten von Verbrauchern an einer Gleichspannungsquelle. Es muss hier mit - zeitabhängigen - Differenzialgleichungen gerechnet werden, da die komplexe Wechselstromrechnung nur für sinusförmige Vorgänge angewendet werden kann (siehe Kap. 2.1). Die Anzahl der unabhängigen Speicherelemente (L, C) in der Schaltung entspricht der Ordnung der entstehenden Differenzialgleichung - in unseren Fällen handelt es sich um ein Element (L oder C), so dass sich Differenzialgleichungen 1. Ordnung ergeben. Regeln für das Aufstellen der Differenzialgleichungen Bei Schaltvorgängen an Induktivitäten wird die Differenzialgleichung für den Strom i(t) durch die Schaltung aufgestellt, da bei Induktivitäten der Strom i(t) keine Unstetigkeiten aufweist (siehe Abb. 1.12 zum Umschaltzeitpunkt t1). Dadurch ergeben sich definierte Randbedingungen (Anfangs- und Endbedingungen) zur Lösung der Differenzialgleichung (siehe Kap. 1.6.2). Bei Schaltvorgängen an Kapazitäten wird die Differenzialgleichung für die Spannung uC(t) an der Kapazität aufgestellt, da bei Kapazitäten die Spannung uC(t) keine Unstetigkeiten aufweist (siehe Abb. 1.16 zum Umschaltzeitpunkt t1). Dadurch ergeben sich definierte Randbedingungen (Anfangs- und Endbedingungen) zur Lösung der Differenzialgleichung (siehe Kap. 1.6.3). Die nachfolgend beschriebenen Schaltvorgänge stellen den allgemeinen Fall von unterschiedlichen Widerständen (R1, R2) und somit unterschiedlichen Zeitkonstanten (τ1, τ2) im Lade- und im Entladekreis dar. Vorbemerkungen: Der Zählpfeil für i(t) wurde für das Laden (siehe Abb. 1.10, bzw. Abb. 1.14) und für das Entladen (siehe Abb. 1.11, bzw. Abb. 1.15) jeweils in derselben Richtung durch L, bzw. C gewählt, so dass ein unmittelbarer Vergleich der Stromrichtung durch L, bzw. C vor und nach dem Umschalten (Zeitpunkt t1) in der Darstellung des zeitlichen Verlaufs von i(t), bzw. uC(t) in der Übersicht der Abb. 1.12 und Abb. 1.16 möglich ist. Der Zählpfeil für uR2(t) im Entladekreis von L, bzw. C (siehe Abb. 1.11 und Abb. 1.15) wurde so gewählt, dass er in die selbe Richtung wie der durch R2 fließende Strom i(t) während des Entladens zeigt (übliches Zählpfeilsystem für Verbraucher: gleiche Richtung von Spannungszählpfeil und Stromzählpfeil). Seite 1.9 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen 1.6.2 Schaltvorgänge an einer Induktivität („Spule“) R1 + uR1(t) 1 R2 0 2 S UE L _ i(t) uR2(t) uL(t) Abb. 1.9 + R1 R2 i(t) uR1(t) UE uL(t) L L _ uR2(t) uL(t) i(t) Abb. 1.10 Abb. 1.11 In Abb. 1.9 ist der komplette Schaltkreis für das Laden und Entladen der Induktivität L gezeigt. Der Schalter S wird zu Beginn des Ladens (Zeitpunkt t0) von der Ausgangsposition „0“ in Position „1“ bewegt, wodurch sich der in Abb. 1.10 dargestellte Schaltkreis ergibt. Bei Beginn des Entladens (Zeitpunkt t1) wird der Schalter S von Position „1“ unmittelbar in Position „2“ bewegt, womit sich der Stromkreis gemäß Abb. 1.11 ergibt. Einschalten einer Induktivität (Aufladen) Die Maschengleichung lautet: uL ( t ) + u R1 ( t ) = UE (1.33) mit dem Zusammenhang zwischen Strom und Spannung an der Induktivität Seite 1.10 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen uL ( t ) = L di( t ) dt (1.34) und am Ohm’schen Widerstand uR1 ( t ) = R1 i( t ) (1.35) Daraus ergibt sich für i(t) eine inhomogene Differenzialgleichung 1. Ordnung: L di( t ) + R1 i( t ) = UE dt (1.36) mit der Randbedingung: U∞ UE = R1 R1 i( t = ∞ ) = I∞ = (1.37) Die allgemeine Lösung dieser Differenzialgleichung ergibt: U i( t ) = E R1 t æ − ö ç1 − e τ1 ç è (1.38) wobei die Zeitkonstante mit der Definition τ1 := L R1 (1.39) errechnet wird. Bestimmung der Spannung uL(t) an der Induktivität U di( t ) uL ( t ) = L =L E dt R1 uL ( t ) = UE e − t t æ æ 1 ö ö − τ1 UE R1 − τ1 ç− ç− ÷ e L = e ç ç τ ÷ R1 L è è 1 t τ1 (1.40) Bestimmung der Spannung uR1(t) am Widerstand R1: Seite 1.11 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen t æ − ö τ1 ç uR1 ( t ) = R1 i( t ) = UE 1 − e ç è (1.41) Probe: uL ( t ) + uR1 ( t ) = UE , bzw. uR1 ( t ) = UE − uL ( t ) ... die Summe der Spannungen uR1(t) und uL(t) ergibt UE (= konstant). Ausschalten einer Induktivität (Entladen) Die Maschengleichung lautet: uL ( t ) + uR 2 ( t ) = 0 (1.42) mit Gleichung (1.34) sowie mit u R 2 ( t ) = R 2 i( t ) (1.43) ergibt sich für i(t) eine homogene Differenzialgleichung 1. Ordnung: L di( t ) + R 2 i( t ) = 0 dt (1.44) Randbedingung: i( t = t 1 ) = I1 aktueller Strom durch L beim Beginn des Entladens. Die allgemeine Lösung dieser Differenzialgleichung ist: i( t ) = I1 e − t τ2 (1.45) wobei die Zeitkonstante τ 2 := L R2 (1.46) beträgt. Bestimmung der Spannung uL(t) an der Induktivität: t t æ 1 ö − τ2 R − di( t ) = L I1 çç − uL ( t ) = L e = −L I1 2 e τ2 dt L è τ2 uL ( t ) = − I1 R 2 e − t τ2 = U1,n e − t τ2 (1.47) (Index: U1,n ... U1 unmittelbar nach dem Umschalten) Seite 1.12 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen Bestimmung der Spannung uR2(t) am Widerstand R2: uR2 ( t ) = R 2 i( t ) = I1 R 2 e − t τ2 (1.48) Probe: uL ( t ) + uR 2 ( t ) = 0 , bzw. uR 2 ( t ) = −uL ( t ) ... die Summe der Spannungen uR2(t) und uL(t) ergibt Null. uL(t), uR1(t), uR2(t) Einschalten Ausschalten uR1(t) UE uR2(t) U1,v t1 t τ1 τ2 uL(t) U1,n= = - (I1 x R2) i(t) UE/R1 i(t) I1 t τ1 t1 Abb. 1.12 Seite 1.13 von 22 τ2 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen Prinzipiell sei darauf hingewiesen, dass auf Grund unterschiedlicher Widerstände im Ladekreis (R1) und im Entladekreis (R2) die Lade-Zeitkonstante (τ1) im allgemeinen Fall ungleich zu jener während des Entladens (τ2) ist. Verlauf von uL(t): Bei Induktivitäten zeigt der Verlauf von uL(t) beim Umschalten vom Aufladen zum Entladen (= Zeitpunkt t1) eine Unstetigkeit. Die Spannung springt von dem unmittelbar vor dem Umschalten vorhandenen Wert U1,v auf den negativen Wert U1,n unmittelbar nach dem Umschalten. Indizes 1,v, bzw. 1,n bedeuten: U1 unmittelbar vor, bzw. nach dem Umschalten. Die Spannung uL(t) an der Induktivität startet also beim Beginn des Entladens von einem negativen Startwert U1,n , welcher durch den Wert des zum Umschaltzeitpunkt fließenden Stromes I1 und durch den im Entladekreis vorliegenden Widerstand R2 bestimmt wird (siehe Gleichung (1.47)). Vorsicht beim Entladen mit offenem Entladekreis (R2 = ∞): Das Entladen von Induktivitäten muss über einen Widerstand R2 < ∞ erfolgen, der die Spannung uL(t) auf einen tolerierbaren Wert begrenzt. Beim Abschalten eines induktiven Verbrauchers mit offenen Klemmen ohne parallelem R2 (R2 = ∞) entsteht kurzzeitig eine unendlich hohe Spannung an der Induktivität ( u L ( t ) = −I ⋅ ∞ nach Gleichung (1.47)), welche als Überschlag sichtbar sein und zur Beschädigung des Verbrauchers und der Schaltorgane führen kann. Erkennbar ist dies z.B. im Haushalt beim Ausschalten induktiver Verbraucher (Heizlüfter, ...) durch kurzzeitige Funken am Schalter. Ebenso kann durch Spannungsmessung an induktiven Verbrauchern mit digitalen Messgeräten beim Ausschalten der induktiven Verbraucher ein Schaden des Messgerätes oder ein Auslösen der internen Sicherung durch die kurzzeitig hohe Ausschaltspannung verursacht werden. Verlauf von uR1(t), uR2(t): Die Spannung uR1(t) ist nur während des Ladens vorhanden, die Spannung uR2(t) nur während des Entladens. Es muss jeweils immer die Bedingung der Maschengleichung erfüllt sein, dass die Summe aus uL(t) und uR1(t) den konstanten Wert UE, bzw. die Summe aus uL(t) und uR2(t) den Wert Null ergibt. Verlauf von i(t): Der Strom i(t) verläuft während des gesamten Umschaltvorganges stetig ohne Sprungstelle. Darin zeigt sich die Begründung für die oben empfohlene Vorgangsweise, bei Schaltvorgängen an Induktivitäten die Differenzialgleichung für i(t) zu lösen. Seite 1.14 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen 1.6.3 Schaltvorgänge an einer Kapazität („Kondensator“) R1 + 1 R2 0 2 S uR1(t) C UE _ uR2(t) uC(t) i(t) Abb. 1.13 R2 R1 + i(t) uR1(t) uC(t) UE _ C C uR2(t) uC(t) i(t) Abb. 1.14 Abb. 1.15 In Abb. 1.13 ist der komplette Schaltkreis für das Laden und Entladen der Kapazität C gezeigt. Der Schalter S wird zu Beginn des Ladens (Zeitpunkt t0) von der Ausgangsposition „0“ in Position „1“ bewegt, wodurch sich der in Abb. 1.14 dargestellte Schaltkreis ergibt. Bei Beginn des Entladens (Zeitpunkt t1) wird der Schalter S von Position „1“ unmittelbar in Position „2“ bewegt, womit sich der Stromkreis gemäß Abb. 1.15 ergibt. Einschalten einer Kapazität (Aufladen) Die Maschengleichung lautet: u C ( t ) + uR1 ( t ) = UE (1.49) mit dem Zusammenhang zwischen Strom und Spannung an der Kapazität i( t ) = C du C ( t ) dt (1.50) Seite 1.15 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen und am Ohm’schen Widerstand uR1 ( t ) = R1 i( t ) = R1C du C ( t ) dt (1.51) Daraus ergibt sich für uC(t) eine inhomogene Differenzialgleichung 1. Ordnung: uC ( t ) + R1C du C ( t ) = UE dt (1.52) mit der Randbedingung: u C ( t = 0 ) = 0 . Die allgemeine Lösung dieser Differenzialgleichung ist t æ − ö τ1 ç u C ( t ) = UE 1 − e ç è (1.53) wobei die Zeitkonstante mit τ1 := R1C (1.54) errechnet wird. Bestimmung des Stromes i(t): du ( t ) i( t ) = C C = C UE dt t t æ æ 1 ö ö − τ1 æ 1 ö − τ1 ç − ç − ÷÷ e C U = Eç çR ⋅C e ç ç τ ÷÷ è 1 è è 1 t − U i( t ) = E e τ1 R1 (1.55) Bestimmung der Spannung uR1(t) am Widerstand R1: uR1 ( t ) = R1 i( t ) = UE e − t τ1 Probe: u C ( t ) + uR1 ( t ) = UE , bzw. (1.56) uR1( t ) = UE − uC ( t ) ... die Summe der Spannungen uR1(t) und uC(t) ergibt UE (= konstant). Seite 1.16 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen Ausschalten einer Kapazität (Entladen) Die Maschengleichung lautet: u C ( t ) + uR 2 ( t ) = 0 (1.57) mit Gleichung (1.50) und uR2 ( t ) = R 2 ⋅ i( t ) = R 2 ⋅ C ⋅ du C ( t ) dt (1.58) ergibt sich für uC(t) eine homogene Differenzialgleichung 1. Ordnung: uC ( t ) + R 2 C du C ( t ) =0 dt (1.59) Randbedingung: u C ( t = t 1 ) = U1 aktuelle Spannung an C bei Beginn des Entladens Die allgemeine Lösung dieser Differenzialgleichung ist: u C ( t ) = U1 e − t τ2 (1.60) wobei die Zeitkonstante τ2 = C R2 (1.61) beträgt. Bestimmung des Stromes i(t): t t æ æ 1ö − du ( t ) 1 ö − τ2 i( t ) = C C = C U1 çç − ÷÷ e τ2 = C U1 çç − e dt è R2 × C è τ2 t t − U − i( t ) = − 1 e τ 2 = I1,n e τ2 R2 (1.62) (Index: I1,n ... I1 unmittelbar nach dem Umschalten) Bestimmung der Spannung uR2(t) am Widerstand R2: uR 2 ( t ) = R 2 i( t ) = − U1 e − t τ2 Probe: uR2 ( t ) + u C ( t ) = 0 (1.63) uR2 ( t ) = −u C ( t ) ... die Summe der Spannungen uR2(t) und uC(t) ergibt Null. Seite 1.17 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen uC(t), uR1(t), uR2(t) Einschalten Ausschalten UE U1 uR1(t) uC(t) t t1 τ1 τ2 i(t) UE/R1= uR2(t) =I0 i(t) t1 I1,v τ1 I 1,n = t τ2 = - U1/R2 Abb. 1.16 Prinzipiell sei darauf hingewiesen, dass aufgrund unterschiedlicher Widerstände im Ladekreis (R1) und im Entladekreis (R2) die Lade-Zeitkonstante (τ1) im allgemeinen Fall ungleich zu jener während des Entladens (τ2) ist. Verlauf von i(t): Bei Kapazitäten zeigt der Verlauf von i(t) beim Umschalten vom Aufladen zum Entladen (= Zeitpunkt t1) eine Unstetigkeit. Der Strom springt von dem unmittelbar vor dem Umschalten vorhandenen Wert I1,v auf den negativen Wert I1,n unmittelbar nach dem Umschalten. Indizes 1,v, bzw. 1,n bedeuten: I1 unmittelbar vor, bzw. nach dem Umschalten. Seite 1.18 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen Der Strom i(t) im Entladekreis startet also beim Beginn des Entladens mit einem negativen Startwert I1,n , welcher durch den Wert der zum Umschaltzeitpunkt an der Kapazität anliegenden Spannung U1 und durch den im Entladekreis vorliegenden Widerstand R2 bestimmt wird (siehe Gleichung (1.62)). Vorsicht beim Entladen mit kurzgeschlossenem Entladekreis (R2 = 0): Das Entladen von Kapazitäten muss unbedingt über einen Widerstand R2 > 0 erfolgen, der den Strom i(t) auf einen tolerierbaren Wert begrenzt. Beim Entladen eines Kondensators über einen Kurzschluss (R2 = 0) würde kurzzeitig ein unendlich hoher Strom im Entladekreis entstehen ( i(t)= -U1/0, siehe Gleichung (1.56)), welcher zu Beschädigungen führen kann. Vorsicht beim Berühren von kapazitiven Verbrauchern kurz nach dem Abschalten: Weiters erkennt man, dass das Absinken der Spannung uC(t) am Kondensator bei einer großen Zeitkonstante (abhängig von τ2 = C R2) entsprechend langsam - der e-Funktion folgend - abläuft. Es kann also durchaus der Fall sein, dass ein Kondensator, der z.B. auf eine Spannung von 230 V aufgeladen wurde, nach Abschalten der Versorgungsspannung noch für einige Zeit (τ2 - abhängig) eine gefährlich hohe Spannung aufweist. Nach Abschalten der Versorgungsspannung ist vor Berühren von Schaltungen, bzw. Verbrauchern mit kapazitiven Elementen eine entsprechende Entladezeit abzuwarten, bzw. ist eine Entlade-Einrichtung vorzusehen! Verlauf von uC(t): Die Spannung uC(t) verläuft während des gesamten Umschaltvorganges stetig ohne Sprungstellen. Darin zeigt sich die Begründung für die oben empfohlene Vorgangsweise, bei Schaltvorgängen an Kapazitäten die Differenzialgleichung für uC(t) zu lösen. Verlauf von uR1(t), uR2(t): Die Spannung uR1(t) ist ja nur während des Ladens vorhanden, die Spannung uR2(t) nur während des Entladens. Es muss jeweils immer die Bedingung der Maschengleichung erfüllt sein, dass die Summe aus uC(t) und uR1(t) den konstanten Wert UE, bzw. die Summe aus uC(t) und uR2(t) Null ergibt. Seite 1.19 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen 1.6.4 Allgemeine Erklärungen Das Einschalten, bzw. das Ausschalten einer Gleichspannung entspricht unmittelbar nach dem Schaltbeginn einer sehr steilen, hochfrequenten (da rechteckförmigen) Spannungsänderung (f -> ∞). Diese Frequenz- Wirkung ist bei Überlegungen zum frequenzabhängigen Impedanzverhalten von L und C zu berücksichtigen. Induktivität L Die Impedanz einer Induktivität L ist proportional zur Frequenz f. .... siehe Kap.2: komplexe Impedanz (bei Sinus-Spannung) Z L = jω L = j2πf L Dadurch wirkt L für den ersten - hochfrequenten - Schaltaugenblick als unendlich hohe Impedanz, womit kein Strom fließt und die gesamte Spannung UE an L abfällt. i( t = 0) = 0 u L ( t = 0 ) = UE u R ( t = 0) = 0 Mit zunehmender Zeitdauer verliert der Rechtecksprung immer mehr an Frequenz-Wirkung, d.h. die Impedanzwirkung von L wird immer geringer, und für t = ∞ wirkt UE nur noch als Gleichspannung (f=0), bei der die Impedanz von L gleich Null ist und die gesamte Spannung UE an R1 abfällt, bzw. der Strom nur durch R1 begrenzt wird. uL (t = ∞) = 0 u R ( t = ∞ ) = UE U i( t = ∞ ) = E R1 Die Zeitverläufe zwischen t = 0 und t = ∞ folgen einer e-Funktion gemäß der Lösung der Differenzialgleichung. Kapazität C Die Impedanz einer Kapazität C ist umgekehrt proportional zur Frequenz f. 1 1 .... siehe Kap.2: komplexe Impedanz (bei Sinus-Spannung) Z C = = jω C j2πf C Dadurch wirkt C für den ersten - hochfrequenten - Schaltaugenblick als unendlich kleine Impedanz, d.h. die Spannung UE fällt zur Gänze an R1 ab, bzw. der Strom wird nur noch durch R1 begrenzt. u C ( t = 0) = 0 u R ( t = 0 ) = UE U i( t = 0) = E R1 Seite 1.20 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen Mit zunehmender Zeitdauer verliert der Rechtecksprung immer mehr an Frequenz-Wirkung, d.h. die Impedanzwirkung von C wird immer größer, und für t = ∞ wirkt UE nur noch als Gleichspannung (f = 0), bei der die Impedanz von C unendlich hoch ist, wodurch kein Strom fließt und die gesamte Spannung UE an C abfällt. u C ( t = ∞ ) = UE uR ( t = ∞) = 0 i( t = ∞ ) = 0 Die Zeitverläufe zwischen t = 0 und t = ∞ folgen einer e-Funktion gemäß der Lösung der Differenzialgleichung. Zeitkonstante Die Zeitkonstante τ stellt eine Verkürzung der mathematischen Schreibweise dar, indem der Nenner des e-Exponenten mit τ abgekürzt wird. Daraus ergeben sich die verschiedenen Definitionen für τ bei Schaltvorgänge an L und an C. Durch diese Definition erkennt man, dass τ die Zeitdauer angibt, nach welcher der Zeitverlauf auf den e-ten Teil (= 36.8 %) des Startwertes abgesunken ist (bei fallender eFunktion), bzw. auf den e-ten Teil (63.2 %) des Endwertes angestiegen ist (bei steigender e-Funktion). Bei steigender e-Funktion: 1− e − t=τ τ = 1 − e −1 = 0.632 = 63.2 % (1.64) Bei fallender e-Funktion: e − t =τ τ = e −1 = 0.368 = 36.8 % (1.65) Die Zeitkonstante τ kann auf folgende Weise ermittelt werden: 1. Einzeichnen des 63.2% Levels bei steigender e-Funktion bzw. 36.8 % Levels bei fallender e-Funktion vom stationären Wert (t >>). Mit Hilfe der Cursor – Funktion des Oszilloskops können die Zeitkonstanten sehr genau ermittelt werden. 2. Tangente an den Zeitverlauf im Startzeitpunkt legen und den Schnittpunkt der Tangente mit dem stationären Wert bilden (Ausdruck muss vorhanden sein, ungenau). Seite 1.21 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Version 3.1, 02/2003 Laborunterlagen 1.6.5 Mess - Schaltung In Abb. 1.17 ist beispielsweise die Mess- Schaltung zur Darstellung des zeitlichen Verlaufs der Kondensatorspannung uc(t) auf einem Oszilloskop gezeigt. Ein Funktionsgenerator erzeugt einen rechteckförmigen Spannungsverlauf, welcher die Serienschaltung aus R und C speist. Die Rechteckflanken entsprechen dabei dem Einschalten einer Gleichspannung (bei der positiven Flanke) bzw. dem Ausschalten einer Gleichspannung (bei der negativen Flanke). Dadurch erspart man sich den Aufwand eines mechanischen Schalters, welcher in den vorangegangenen Abbildungen für das Ein- und Ausschalten verwendet wurde, und der Verlauf der Ein- und Ausschaltvorgänge kann als periodisches Signal dargestellt und die Zeitkonstante τ gemessen werden. R Koaxial-Kabel FG C Ch1 uC(t) Oszilloskop FG ... Funktionsgenerator (Rechtecksignal) Abb. 1.17 Für die Messpraxis ist Erdungsproblematik der Oszilloskope zu beachten - siehe Kap. 4.4). Seite 1.22 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 2 Wechselstromkreise 2.1 Einführung komplexer Zeiger 2.1.1 Komplexe Spannung, komplexer Strom Zur Vereinfachung der mathematischen Behandlung von Wechselstromkreisen wird ein Bezug zwischen sinusförmigen Zeitverläufen und Zeigerdiagrammen in der komplexen Zahlenebene hergestellt. Diese Möglichkeit ist auf sinusförmige Signale beschränkt, und z.B. nicht für Schaltvorgänge (z.B. in Kap. 1) verwendbar. Im û I t 0 ϕu ϕi i(t) (ω t=0 ) î ϕi U (ω t ϕ =0) u Re u(t) Abb. 2.1 Wie das Beispiel in Abb. 2.1 zeigt, kann der zeitliche Sinusverlauf in die komplexe Zahlenebene projiziert werden. Es gilt folgende Zuordnung zwischen komplexer Größe U und realer Zeitgröße u(t): Komplexer Zeiger U: Realer Zeitverlauf u(t): Betrag (Länge des Zeigers) Phase (Winkel des Zeigers) - Scheitelwert (Amplitude) oder Effektivwert Nullphasenwinkel ϕ0 (ϕu ,bzw. ϕi) Bei der gewählten Darstellung in Abb. 2.1 rotiert der Zeiger mit fortschreitender Zeit im Gegenuhrzeigersinn, und der Imaginärteil der komplexen Zahl entspricht dem physikalisch auftretenden Momentanwert u(t). Der Zeiger selbst gilt also immer nur für einen Seite 2.1 von 23 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Zeitaugenblick, und dessen Imaginärteil ist die Momentaufnahme des gerade aktuellen Momentanwerts der Größe u(t). Üblicherweise wird das Zeigerbild für t = 0 gezeichnet, so dass die Winkel der komplexen Zeiger dem Nullphasenwinkel (ϕu und ϕi in Abb. 2.1) entsprechen. Für die Zeigerdarstellung können die Beträge der Zeiger entweder als Scheitelwerte oder als Effektivwerte der Sinusgrößen maßstäblich eingezeichnet werden. Üblicherweise wird die Darstellung in Effektivwerten verwendet (da z.B. auch die meisten Messgeräte den Effektivwert anzeigen). Veranschaulichung anhand Abb. 2.1 Hier ist als Zeigerdiagramm die Momentaufnahme zum Zeitpunkt (ωt = 0) gezeigt, womit die Winkel der Zeiger U und I den Null-Phasenwinkeln (= Phasenwinkel zum Zeitpunkt t = 0) von u(t) und i(t) entsprechen. Der Imaginärteil der Zeiger repräsentiert den physikalisch realen Momentanwert von u(t), bzw. i(t) zum Zeitpunkt t = 0. Zu späteren Zeitpunkten hin (also bei Fortschreiten entlang der ωt-Achse im Zeitdiagramm) wird in diesem Beispiel der Momentanwert von i(t) kleiner, während u(t) noch im Ansteigen begriffen ist. Das zeigt sich auch im Zeigerdiagramm, wo bei fortschreitender Zeit, also bei Weiterdrehen der Zeiger im Gegenuhrzeigersinn (z.B. mathematisch positive Richtung), der Imaginärteil des Zeigers I bereits absinkt, während jener von U noch ansteigt. Zur Darstellung einer Sinusgröße ist es ausreichend, den Zeiger für eine bestimmten Zeitaugenblick in der komplexen Ebene darzustellen. Daraus kann der Scheitelwert (oder der Effektivwert, je nach gewähltem Maßstab) und die Phasenverschiebung zum Zeitpunkt t = 0 abgelesen werden und daraus die Sinusschwingung als zeitlicher Verlauf dargestellt werden. Die einzelnen Momentanwerte von u(t) zu verschiedenen Zeitpunkten werden für die komplexe Zeigerdarstellung also nicht benötigt. Man erkennt zeitlich voreilende Signale daran, dass diese im Zeigerdiagramm bei Umlauf in Uhrzeigerrichtung zuerst erreicht werden. Im gewählten Beispiel ist u(t) gegenüber i(t) um den Winkel ∆ϕ = ϕ u − ϕ i nacheilend. Um verschiedene sinusförmige Signale in einem Zeigerdiagramm darzustellen, wird jedes Signal mit Amplitude und Phasenwinkel des selben, beliebig gewählten Zeitpunkts des zeitlichen Verlaufs als Zeiger dargestellt - üblicherweise werden die Zeiger für den Zeitpunkt (ωt = 0), also mit den Null-Phasenwinkeln gezeichnet. Voraussetzung für die Darstellung verschiedener Signale ist, dass alle Zeitsignale dieselbe Frequenz aufweisen, so dass also alle Zeiger mit der selben Geschwindigkeit rotieren, da die Zeiger nur dann für alle Zeitpunkte (für alle möglichen Zeigerlagen) einen fixen Bezug zueinander aufweisen. In diesem Fall ist also die Darstellung eines einzelnen momentanen Zeigers jeder darzustellenden Sinusgröße ausreichend, um daraus die Amplitude (bzw. meist den Effektivwert) und die gegenseitige - zeitliche - Phasendifferenz der Signale abzulesen. Für diese Zeiger können alle Rechenregeln für komplexe Zahlen angewendet werden. So entspricht z.B. die Differenz der Phasenwinkel der beiden komplexen Zeiger U und I der tatsächlichen zeitlichen Phasendifferenz zwischen u(t) und i(t). Seite 2.2 von 23 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Phasenwinkel ϕ: Definition des Phasenwinkels zwischen u(t) und i(t): Im I ϕ := ϕ ui = ϕ u − ϕ i ϕui ϕi ϕu (2.1) U Re Abb. 2.2 Abb. 2.2 zeigt den allgemeinsten Fall eines Zeigerdiagramms von U und I. Daraus ist ersichtlich, dass mit der angeführten Definition der Phasenwinkel ϕui von I nach U gerichtet ist und in Gegenuhrzeiger-Richtung (also in mathematisch positiver Richtung) positiv gezählt wird. In Abb. 2.2 ist der Verbraucher als Beispiel Ohm’sch- kapazitiv, erkennbar aus der Nacheilung der Spannung und aus dem negativen Vorzeichen des Phasenwinkels ϕ. Unterstrichene Größen (z.B. U, I, Z, Y, S) symbolisieren komplexe Zahlen, bestehend aus Realteil und Imaginärteil, bzw. Betrag und Phase: U = U∠ϕ u mit: U ..... komplexe Größe mit Betrag und Phase U ..... Effektivwert von u(t) „Betrag“ ϕu .... Nullphasenwinkel von u(t) „Phase“ Vorteile der komplexen Schreibweise Bei der Durchführung von mathematischen Operationen zeigt sich der große Vorteil einer komplexen Schreibweise, wie am Beispiel einer Division zweier Sinus-Signale gezeigt werden soll (dabei seien die Winkel ϕu und ϕi die Null-Phasenwinkeln von u(t) und i(t) ). Zeitdarstellung: Komplexe Darstellung: u( t ) = û sin(ωt + ϕ u ) U = û e j(ωt + ϕu ) = û∠ϕu = i( t ) = î sin(ωt + ϕ i ) I = î e j(ωt + ϕi ) = î ∠ϕi = u( t ) û sin(ωt + ϕ u ) = i( t ) î sin(ωt + ϕ i ) U U eff ∠ϕu U eff = = ∠(ϕu − ϕi ) I Ieff ∠ϕi Ieff i Seite 2.3 von 23 ( ( ) 2 Ueff ∠ϕu ) 2 Ieff ∠ϕi Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 In der Zeitdarstellung sind trigonometrische Formeln zur weiteren Behandlung notwendig, während in der komplexen Schreibweise lediglich die Beträge zu dividieren und die Phasenwinkel zu subtrahieren sind. In der komplexen Rechnung ist es sinnvoll, für Additionen und Subtraktionen die Darstellung in Realteil und Imaginärteil, sowie für Multiplikationen und Divisionen die Darstellung in Polarkoordinaten (Betrag, Phase) zu verwenden. Ebenso können die mathematischen Grundoperation anschaulich in der komplexen Zahlenebene durch vektorielle Verschiebungen graphisch gelöst werden. Einschränkungen zur komplexen Rechnung Wie bereits erläutert, ist die komplexe Zeigerdarstellung nur für harmonische (sinusförmige und kosinusförmige) Größen von Spannung und Strom möglich, wobei nur eine Frequenz auftreten darf und ausschließlich lineare Elemente (R, L oder C) vorhanden sein dürfen. 2.1.2 Komplexe Impedanz Z Die Erweiterung des Ohm’schen Gesetzes auf sinusförmige Wechselsignale liefert folgende Grundgleichung für die komplexe Impedanz Z: Z= U U∠ϕ u U = ∠(ϕ u − ϕ i ) = Z∠ϕ Z = Z∠ϕ ui = I I∠ϕ i I (2.2) Der Winkel ϕZ der Impedanz Z entspricht also dem Phasenwinkel ϕui. Ohm’scher Verbraucher: Z R = R∠0° (2.3) Induktiver Verbraucher: Z L = jω L = ω L∠90° (2.4) Kapazitiver Verbraucher: ZC = 1 1 1 = −j = ∠ − 90° ωC ωC j ωC (2.5) Impedanzdreieck Die Darstellung von Z in der komplexen Zahlenebene mit Realteil und Imaginärteil, bzw. mit Betrag und Phase wird als „Impedanzdreieck“ bezeichnet. Allgemeine Benennungen von Impedanzen: Z = R + jX Z R X (2.6) ... Scheinwiderstand (Impedanz) ... Wirkwiderstand (Resistanz) ... Blindwiderstand (Reaktanz) Seite 2.4 von 23 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 2.1.3 Komplexe Admittanz Y Analog zum rein Ohm’schen Leitwert G liefert die Erweiterung auf sinusförmige Wechselsignale folgende Gleichung für die komplexe Admittanz Y: Y= I∠ϕi I I = = ∠(ϕi − ϕ u ) = Y∠ϕ Y = Y∠ − ϕ ui U U∠ϕu U (2.7) Der Winkel der Admittanz Y entspricht dem negativen Phasenwinkel ϕui. 1 ∠0° R Ohm’scher Verbraucher: Y R = G∠0° = Induktiver Verbraucher: YL = Kapazitiver Verbraucher: Y C = jωC = ωC∠90° 1 1 1 = −j = ∠ − 90° j ωL ωL ωL (2.8) (2.9) (2.10) Admittanzdreieck Die Darstellung von Y in der komplexen Zahlenebene mit Realteil und Imaginärteil, bzw. mit Betrag und Phase wird als „Admittanzdreieck“ bezeichnet. Allgemeine Benennungen von Admittanzen: Y = G + jB Y G B (2.11) ... Scheinleitwert (Admittanz) ... Wirkleitwert (Konduktanz) ... Blindleitwert (Suszeptanz) 2.1.4 Komplexe Scheinleistung S Definition der Leistungen eines Verbrauchers bei sinusförmiger Wechselspannung: Scheinleistung [VA] S = U eff Ieff (2.12) Wirkleistung [W] P = U eff Ieff cos ϕ = S cos ϕ (2.13) Seite 2.5 von 23 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Blindleistung [VAr] Q = U eff Ieff sin ϕ = S sin ϕ (2.14) Leistungsfaktor [-] cos ϕ = P S (2.15) Zur Überführung dieser Leistungsbegriffe in die komplexe Zeigerdarstellung wird die komplexe Scheinleistung S mit folgender Definition eingeführt: S := U I = U eff ∠ϕu Ieff ∠ − ϕ i = Ueff Ieff ∠(ϕ u − ϕ i ) = S∠ϕ u i * (2.16) mit I = Re{} I − Im{} I = I∠ − ϕ i * (2.17) als konjugiert komplexe Zahl von I Die Verwendung des konjugiert komplexen Wertes von I ist rein mathematisch begründet, denn so ist gewährleistet, dass P und Q als Realteil und Imaginärteil von S dargestellt werden können, um in der komplexen Betrachtung die selben Gleichungen für die Beträge von P, Q und S zu erhalten, wie in der physikalisch realen Zeitdarstellung: Komplexe Scheinleistung [VA] S = P + jQ = S∠ϕ ui (2.18) Wirkleistung [W] P = Re{S} = S cos ϕ = U eff Ieff cos ϕ (2.19) Blindleistung [VAr] Q = Im{ S} = S sin ϕ = U eff Ieff sin ϕ (2.20) Leistungsdreieck Die Darstellung von P in der reellen Achse, Q in der imaginären Achse und S als vektorielle Summe von P und Q wird als „Leistungsdreieck“ bezeichnet, wobei der Winkel von S gleich dem Phasenwinkel ϕui ist. Anmerkung: Würde man nicht I* sondern I für die Definition von S verwenden, wäre folgender Ausdruck das Ergebnis für S: S := U I = U eff ∠ϕ u Ieff ∠ϕ i = U eff Ieff ∠(ϕ u + ϕ i ) = S∠(ϕ u + ϕ i ) Das Ergebnis wäre eine komplexe Zahl S, deren Phasenwinkel nicht ϕ = ϕu - ϕi sondern ϕu + ϕi beträgt, wodurch sich für P und Q nicht die einfache Beziehung mittels Realteil und Imaginärteil von S ergeben würde. Seite 2.6 von 23 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 2.2 Einzelne komplexe Impedanzen für R, L, C Im Im IR IR R U U Re R Re G=1/R P=S ϕ=0° Abb. 2.3 Bei rein Ohm’schen Verbrauchern sind Strom und Spannung immer in Phase (ϕ = 0°). Die gesamte Leistung ist eine reine Wirkleistung (S = P). Im IL U L U Im ϕ=90° IL Re XL=jωL Re BL=1/XL=1/jωL QL=S Abb. 2.4 Bei rein induktiven Verbrauchern ist die Spannung über L immer um 90° gegenüber dem Strom durch L voreilend (ϕui = +90°; positiv, da von I nach U im - mathematisch positiven Gegenuhrzeigersinn gerichtet; vgl. Definition von ϕui). Die gesamte Leistung ist eine rein induktive Blindleistung (wurde mit positivem Vorzeichen festgelegt; S = jQL). IC U IC C ϕ=−90° U X C=1/jωC BC=1/XC=jωC QC=S Abb. 2.5 Bei rein kapazitiven Verbrauchern ist die Spannung über C immer um 90° gegenüber dem Strom durch C nacheilend (ϕui = -90°; negativ, da von I nach U im - mathematisch negativen - Uhrzeigersinn gerichtet; vgl. Definition von ϕui). Die gesamte Leistung ist eine rein kapazitive Blindleistung (wurde mit negativem Vorzeichen festgelegt; S = -jQC). Seite 2.7 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 2.3 Schaltungen von zwei komplexe Impedanzen Nachfolgend sind als Überblick über die komplexe Zeigerdarstellung jeweils zwei Möglichkeiten für Ohm’sch- induktives und für Ohm’sch- kapazitives Verhalten mit allen Zeigerdiagrammen (Spannungs-/Stromzeiger, Impedanzdreieck, Admittanzdreieck, Leistungsdreieck) dargestellt. R I Re{Y} L U UR U Z UL ϕ UL −ϕ jωL ϕ UR j Im{Y} S Y P R I jQL ϕ Abb. 2.6 : Ohm’sch- induktives Verhalten mit Serienschaltung von R und L I IL IR U R L Re{Y} U IR −ϕ Z −ϕ IL I jωL ϕ S j Im{Y} jQL ϕ Y P R Abb. 2.7 : Ohm’sch- induktives Verhalten mit Parallelschaltung von R und L R I C I UR UR U R P −ϕ ϕ UC −j UC U Z Y 1 ωC ϕ −ϕ jIm{Y} S jQ C Re{Y} Abb. 2.8 : Ohm’sch- kapazitives Verhalten mit Serienschaltung von R und C I IR U R IC ϕ I C Re{Z} jIm{Z} IC ϕ Z IR U −ϕ Y jωC S −ϕ 1 R Abb. 2.9 : Ohmsch- kapazitives Verhalten mit Parallelschaltung von R und C Seite 2.8 von 22 P jQ C Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Proportionalität der Zeigerdiagramme Im folgenden wird die Proportionalität zwischen den einzelnen Arten von Zeigerdiagrammen (d.h. gleiche Winkel in den Zeigerdiagrammen) anschaulich hergeleitet. Bei Betrachtung der Serienschaltung von z.B. R und L in Abb. 2.6 (analoges gilt für R und C in Abb. 2.8) erhalten wir für die Beträge der Teilspannungen: UR = I R UL = I X L U =IZ UR ~ R UL ~ X L U~Z Bei Serienschaltung sind die Beträge der Impedanzen R, X und Z proportional zu den Beträgen der Spannungen UR, UL (bzw. UC) und U. Weiters erhalten wir folgende Gleichungen für die Leistungen: P = U I cos ϕ = UR I Q = U I sin ϕ = UL I S = UI P ~ UR Q ~ UL S~U Bei Serienschaltung sind die Beträge der Leistungen P, Q und S proportional zu den Beträgen der Spannungen UR, UL (bzw. UC) und U. Das Spannungsdreieck ist proportional zum Impedanzdreieck und proportional zum Leistungsdreieck. -----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Bei Betrachtung der Parallelschaltung von z.B. R und L in Abb. 2.7 (analoges gilt für R und C in Abb. 2.9) erhalten wir für die Beträge der Teilströme: 1 U IR = IR ~ = G R R U 1 IL = IR ~ =B XL XL U 1 I~ = Y I= Z Z Bei Parallelschaltung sind die Beträge der Admittanzen G, B und Y proportional zu den Beträgen der Ströme IR, IL (bzw. IC) und I. Weiters erhalten wir folgende Gleichungen für die Leistungen: P = U I cos ϕ = U IR Q = U I sin(− ϕ ) = U IL P ~ IR Q ~ IL Seite 2.9 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen S = UI Version 3.1, 02/2003 S ~I Bei Serienschaltung sind die Beträge der Leistungen P, Q und S proportional zu den Beträgen der Ströme IR, IL (bzw. IC) und I. (wobei Q in umgekehrter Richtung zu IL, bzw. IC weist, da S mit I* definiert ist). Das Stromdreieck ist proportional zum Admittanzdreieck Leistungsdreieck (letzteres mit umgekehrten Vorzeichen von ϕ). und proportional zum Spannungen, Ströme Bei einer Serienschaltung fließt durch alle Elemente derselbe Strom, so dass es sinnvoll ist, den Strom in die 0°- Richtung zu legen. Die Spannungen über den einzelnen Elementen ergeben sich aus den obigen Grundregeln, und addieren sich - komplex, bzw. vektoriell - in Summe zur Gesamtspannung U. Bei einer Parallelschaltung liegt an allen Elementen die selbe Spannung an, so dass es sinnvoll ist, die Spannung in die 0°- Richtung zu legen. Die Ströme durch die einzelnen Elemente ergeben sich aus den obigen Grundregeln, und addieren sich - komplex, bzw. vektoriell - in Summe zum Gesamtstrom I. Impedanzdreieck, Admittanzdreieck Bei Serienschaltungen (Abb. 2.6, Abb. 2.8) addieren sich die Impedanzen, so dass diese direkt gezeichnet werden können, während für das Admittanzdreieck die komplexe Impedanz Z zu invertieren ist. Folglich gilt nicht: Re{Y}=1/R, Im{Y}=1/X, sondern Re{Y} und Im{Y} ergeben sich aus der komplexen Invertierung von Z. → Z = R + jX Y= 1 1 1 1 = ≠ + Z R + jX R jX !!!!! Bei Parallelschaltungen (Abb. 2.7, Abb. 2.9) addieren sich die Admittanzen, so dass diese direkt gezeichnet werden können, während für das Impedanzdreieck die komplexe Admittanz Y zu invertieren ist. Folglich gilt nicht: Re{Z}=1/R, Im{Z}=1/X, sondern Re{Z} und Im{Z} ergeben sich aus der komplexen Invertierung von Y. Y = G + jB = 1 1 + R jX → Z= 1 1 = ≠ R + jX 1 Y 1 + R jX Seite 2.10 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Leistungsdreieck Wie bereits gezeigt, ist das Leistungsdreieck proportional zum Spannungsdreieck, bzw. proportional zum Impedanzdreieck. Netzwerk: R-L Kombination Unabhängig davon, ob R und L in Serie oder parallel liegen (Abb. 2.6, Abb. 2.7), ergibt sich immer ein Ohm’sch- induktives Verhalten, d.h. ein positiver Phasenwinkel ϕui zwischen den Gesamtgrößen U und I, sowie ein Winkel mit selbem Vorzeichen und selber Größe für Z und S (bzw. ein negativer Winkel für Y). Netzwerk: R-C Kombination Unabhängig davon, ob R und C in Serie oder parallel liegen (Abb. 2.8, Abb. 2.9), ergibt sich immer ein Ohm’sch- kapazitives Verhalten, d.h. ein negativer Phasenwinkel ϕui zwischen den Gesamtgrößen U und I, sowie ein Winkel mit selbem Vorzeichen und selber Größe für Z und S (bzw. ein positiver Winkel für Y). Seite 2.11 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 2.4 Schaltungen mit R, L und C Elementen Resonanzkreise 2.4.1 Reihenschaltung von R, L und C Serienresonanz, Spannungsresonanz I UE R L UR UL C UC Abb. 2.10 Bei einer Serienschaltung von R, L und C addieren sich - analog zum oben Gesagten (Kap. 2.3) - die Teilspannungen an den einzelnen Elementen (mit komplexer Rechnung oder vektoriell) zur Gesamtspannung U. Für die gesamte Impedanz Z ergibt sich (vgl. Kap. 2.1.2 - komplexe Impedanzen): Z = R + j ωL + 1 1 = R + j ωL − = Re{ Z} + j Im{ Z} j ωC ωC (2.21) Aufgrund der Frequenzabhängigkeit ( ω = 2πf ) von Z lassen sich prinzipiell drei verschiedene Fälle mit folgenden beispielhaften Zeigerdiagrammen unterscheiden: I UR UC UE f < f0 UL UR=UE UC UL f = f0 Abb. 2.11 Seite 2.12 von 22 I UE UL UR f > f0 UC I Institut für Elektrotechnik 1 ωC 1 f = f 0 : ωL = ωC 1 f > f 0 : ωL > ωC f < f 0 : ωL < Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 → Im{Z} < 0, ϕ < 0°, UL<UC Ohm’sch- kapazitiv (2.22) → Im{Z} = 0, ϕ = 0°, UL=UC rein Ohm’sch (2.23) → Im{Z} > 0, ϕ > 0°, UL>UC Ohm’sch- induktiv (2.24) Bei kleinen Frequenzen (also kleinem ω) überwiegt die kapazitive Impedanz (1/ωC), es fällt ein größerer Teil der Gesamtspannung an C als an L ab (UC>UL), so dass die Schaltung in Summe Ohm’sch- kapazitiv wirkt (vgl. Abb. 2.11, links). Je kleiner nun die Frequenz wird, desto stärker wirkt die Kapazität, folglich strebt der Phasenwinkel ϕui (zwischen UE und I) gegen -90° (vgl. Abb. 2.12, rechts). Bei großen Frequenzen (also großem ω) überwiegt die induktive Impedanz (ωL), es fällt ein größerer Teil der Gesamtspannung an L als an C ab(UL>UC), so dass die Schaltung in Summe Ohm’sch-induktiv wirkt (vgl. Abb. 2.11, rechts). Je kleiner nun die Frequenz wird, desto stärker wirkt die Induktivität, folglich strebt der Phasenwinkel ϕui (zwischen UE und I) gegen +90° (vgl. Abb. 2.12, rechts). Resonanzfrequenz Als Resonanzfrequenz wird diejenige Frequenz bezeichnet, bei der die Spannung in Phase mit dem Strom ist. Das bedeutet, dass dabei die induktive Impedanz und die kapazitive Impedanz genau gleich groß sind (XL=XC), und sich somit aufgrund ihrer entgegengesetzten Phasenlage gegenseitig aufheben. Folglich heben sich auch die Teilspannungen an den Blindelementen (UL, UC) aufgrund ihrer entgegengesetzten Phasenlage auf. Es tritt somit eine „Spannungsresonanz“ (UL=UC) in dieser Schaltung auf. Die Teilspannungen an L und an C können auch sehr hohe Werte annehmen („Resonanzüberhöhung“), ohne dass dies - aufgrund der gegenseitigen Aufhebung - bei einer Messung der äußeren Gesamtgrößen U und I bemerkt werden würde. Aus der Resonanzbedingung der gegenseitigen Aufhebung von XL und XC folgt: Resonanz-Kreisfrequenz ω0: ωL = 1 → ω0 = ωC 1 (2.25) LC Resonanzfrequenz f0: f0 = ω 1 = 2π 2π (LC ) (2.26) Seite 2.13 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Impedanz bei Resonanz Als gesamte Impedanz Z wirkt lediglich R, der Betrag von Z ist ein Minimum, und der gesamte Schaltkreis wirkt nach außen hin wie ein Ohm’scher Widerstand R: 2 2 1 Z 0 = R + ωL − = ωC (R ) (2.27) 1 = R + j0 = R∠0° Z 0 = R + j ω 0 L − ω 0 C (2.28) 2 +0 =R Strom bei Resonanz Nachdem die Impedanz minimal wird, nimmt der Strom I ein Maximum an. Der Strom bei Resonanz beträgt I0 = U U = Z0 R (2.29) und ist in Phase zu U. In der folgenden Abb. 2.12 sind die charakteristischen Verläufe der Beträge der Gesamtimpedanz Z und des Gesamtstromes I sowie der Verlauf des GesamtPhasenwinkels ϕ in prinzipieller Form dargestellt. |Z|, |I| ϕ kapazitiv |I| |Z| induktiv +90° f 0 f0 f f0 -90° Abb. 2.12 Seite 2.14 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 2.4.2 Parallelschaltung von R, L und C Parallelresonanz, Stromresonanz Abb. 2.13 Bei einer Parallelschaltung von R, L und C addieren sich - analog zum oben Gesagten (Kap. 2.3) - die Teilströme durch die einzelnen Elemente (mit komplexer Rechnung oder vektoriell) zum Gesamtstrom I. Für die gesamte Admittanz Y ergibt sich (siehe Kap. 2.1.3 - komplexe Admittanzen): Y = G + jB L + jB C = 1 1 1 1 + + j ωC = + j ωC − = Re{ Y } + j Im{ Y } R j ωL R L ω (2.30) Aufgrund der Frequenzabhängigkeit ( ω = 2πf ) von Y lassen sich prinzipiell drei verschiedene Fälle mit folgenden beispielhaften Zeigerdiagrammen unterscheiden: IR UE IL I IC f < f0 UE IR=I IL IC f = f0 IC IL I UE IR f > f0 Abb. 2.14 f < f 0 : ωC < 1 ωL → Im{Y} < 0, ϕ > 0°, IC<IL Seite 2.15 von 22 Ohm’sch- induktiv (2.31) Institut für Elektrotechnik 1 ω⋅L 1 f > f 0 : ωC > ωL f = f 0 : ωC = Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 → Im{Y} = 0, ϕ = 0°, IC=IL rein Ohm’sch (2.32) → Im{Y} > 0, ϕ < 0°, IC>IL Ohm’sch- kapazitiv (2.33) Bei kleinen Frequenzen (also kleinem ω) überwiegt die induktive Admittanz (1/ωL), es fließt ein größerer Teil des Gesamtstromes durch L als durch C (IL>IC), so dass die Schaltung in Summe Ohm’sch- induktiv wirkt (siehe Abb. 2.14, links). Je kleiner nun die Frequenz wird, desto stärker wirkt die Induktivität, folglich strebt der Phasenwinkel ϕui (zwischen UE und I) gegen +90° (siehe Abb. 2.15, rechts). Bei großen Frequenzen (also großem ω) überwiegt die kapazitive Admittanz (ωC), es fließt ein größerer Teil des Gesamtstromes durch C als durch L (IC>IL), so dass die Schaltung in Summe Ohm’sch- kapazitiv wirkt (siehe Abb. 2.14, rechts). Je größer nun die Frequenz wird, desto stärker wirkt die Kapazität, folglich strebt der Phasenwinkel ϕui (zwischen UE und I) gegen -90° (siehe Abb. 2.15, rechts). Resonanzfrequenz Als Resonanzfrequenz wird diejenige Frequenz bezeichnet, bei der die Spannung und der Strom in Phase sind. Das bedeutet, dass dabei die induktive Admittanz BL (=1/XL) und die kapazitive Admittanz BC (=1/XC) betragsmäßig genau gleich groß sind, und sich somit aufgrund ihrer entgegengesetzten Phasenlage gegenseitig aufheben. Folglich heben sich auch die Teilströme durch die Blindelemente (IL, IC) aufgrund ihrer entgegengesetzten Phasenlage auf. Es tritt somit eine „Stromresonanz“ (IC=IL) in dieser Schaltung auf. Die Teilströme durch L und C können auch sehr hohe Werte annehmen („Resonanzüberhöhung“), ohne dass dies - aufgrund der gegenseitigen Aufhebung - bei einer Messung der äußeren Größen U und I bemerkt werden würde. Aus der Resonanzbedingung der gegenseitigen Aufhebung von BL und BC folgt: Resonanz-Kreisfrequenz ω0: ωL = 1 ωC → ω0 = 1 (2.34) LC Resonanzfrequenz f0: f0 = ω 1 = 2π 2π (LC ) (2.35) Es ergibt sich also für diese Schaltung dieselbe Berechnung für die Resonanzfrequenz wie für die Serienschaltung aus R, L und C. Seite 2.16 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Admittanz bei Resonanz Y 0 (ω 0 ) = Z0 = 1 1 1 1 = + j 0 = = G + j ω 0 C − R R ω0L R Y0 = 1 ∠0° R (2.36) 1 1 = R∠0° = Y0 1 1 + j ω 0 C − ω 0L R (2.37) Bei Resonanzfrequenz wirkt als gesamte Admittanz Y lediglich G (=1/R), der Betrag von Y ist ein Minimum, folglich die Impedanz Z ein Maximum, und der gesamte Schaltkreis wirkt nach außen hin wie ein Ohm’scher Widerstand mit G ( =1/R). Strom bei Resonanz: Nachdem die Impedanz maximal, bzw. die Admittanz minimal wird, nimmt der Strom I ein Minimum an. Der Strom bei Resonanz beträgt I0 = U U = U Y0 = = U G Z0 R (2.38) und ist in Phase zu U. In der folgenden Abb. 2.15 sind die charakteristischen Verläufe der Beträge der Gesamtimpedanz Z und des Gesamtstromes I sowie der Verlauf des GesamtPhasenwinkels ϕ in ihrer prinzipiellen Form dargestellt. |Z|, |I| ϕ |Z| |I| induktiv kapazitiv +90° f 0 f0 f f0 -90° Abb. 2.15 Realer Resonanzkreis Bei Verwendung realer Bauelemente sind auch deren Verluste – welche bei der Spule und des Kondensators durch zusätzliche Ohm’sche Widerstände repräsentiert werden - zu berücksichtigen. Seite 2.17 von 22 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 2.5 Blindleistungskompensation Wie bereits in Kap. 2.4 gezeigt wurde, kann bei z.B. gegebener Frequenz durch geeignete Wahl der Blindelemente L und/oder C der Resonanzfall bestimmt werden, so dass sich die Gesamtschaltung wie ein rein Ohm’scher Verbraucher verhält. Das bedeutet, die Eingangsgrößen U und I sind in Phase und die Gesamtschaltung nimmt keine Blindleistung Q, sondern ausschließlich Wirkleistung P auf. Für die Betrachtungen in diesem Kapitel gehen wir nun von einem Ohm’sch- induktiven Verbraucher aus, welcher z.B. als Reihenschaltung von R und L beschrieben wird (Abb. 2.16). Diese kann z.B. einen Elektromotor symbolisieren. Es soll nun eine Kapazität C bestimmt werden, die parallel zu dieser R-L-Reihenschaltung anzuschließen ist, so dass die Gesamtschaltung keine Blindleistung aufnimmt, sich also wie ein rein Ohm’scher Verbraucher verhält (Abb. 2.17). Im Unterschied zum vorigen Kapitel sind nun umgekehrt die notwendigen Blindelemente (zumindest eines davon) gesucht, so dass sich bei gegebener Frequenz ein reiner Wirkleistungsverbraucher ergibt. Nachdem dabei die durch die Induktivität L hervorgerufene Blindleistung durch die parallel geschaltete Kapazität C zu Null kompensiert wird, spricht man allgemein von „Blindleistungskompensation“. Wenn, wie in diesem Beispiel, die Kompensation durch Parallelschaltung eines Blindelements erfolgt, wird der Blindanteil des Stromes zu Null kompensiert, so dass hier auch der Ausdruck „Blindstromkompensation“ verwendet wird. I I* R I IC R C L U U Abb. 2.16 L Abb. 2.17 Zur Veranschaulichung der komplexen Rechnung sollen im folgenden zwei Möglichkeiten zur Bestimmung der Kompensationskapazität C erläutert werden. Seite 2.18 von 21 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 1. Möglichkeit: Spannungs-/Strom-Zeigerdiagramm Wenn Eingangsspannung und Eingangsstrom, d.h. U und Igemessen werden, kann man anhand des Spannungs-/Strom- Zeigerdiagramms die Bestimmung von C in folgenden Schritten durchführen: a.) Ausgangspunkt Die Schaltung in Abb. 2.16 wird zuerst für die R-L-Kombination noch ohne C mit dem Zeigerdiagramm nach Abb. 2.18 betrachtet, und danach die kompensierte Schaltung mit paralleler Kapazität C (Abb. 2.17) mit dem zugehörigen Zeigerdiagramm nach Abb. 2.19. U Re{I} ϕi ϕui I ϕui=0° U IC Im{I} I*=Re{I} Abb. 2.18 Abb. 2.19 Eine Größe darf in Zeigerdiagrammen beliebig angenommen werden, so dass z.B. in Abb. 2.18 der Strom I in die horizontale Richtung gelegt wird (so dass sich für U und I ein Zeigerdiagramm wie in Kap. 2.3, Abb. 2.6 ergibt). Im folgenden ist es einfacher, die Richtung von U in Abb. 2.18 als 0°- Richtung anzusehen, um so für die Projektionen von I parallel, bzw. normal zu U die Bezeichnungen Re{I}, bzw. Im{I} verwenden zu können. U = U∠0° I = I∠ϕ i = Re{I} + j Im{I} b.) Bestimmung des zu kompensierenden Phasenwinkels ϕ: Z = Z∠ϕ Z = Re{ Z} + j Im{ Z} = R + jωL ϕ = arctan (2.39) Im{ Z} ωL = arctan Re{Z} R (2.40) c.) Bedingung für Kompensation Damit der neue Strom I* in Phase zu U ist, muss der zusätzliche Strom IC betragsmäßig gleich groß sein wie Im{I} (siehe Abb. 2.19): IC = Im{I} = I sin ϕ (2.41) Seite 2.19 von 21 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Daraus ergibt sich unmittelbar die notwendige kapazitive Impedanz ZC: ZC = U 1 = j ωC I C (2.42) Der Betrag der Impedanz beträgt: ZC = U U 1 = = ωC I C I sin ϕ (2.43) Somit ergibt sich die erforderliche Kompensationskapazität C zu: C= I sin ϕ (2.44) U 2πf mit ωL ϕ = arctan R und |U|, |I| als Messgrößen. 2. Möglichkeit: Impedanz- und Admittanzdreieck Ohne Messung von Spannung und Strom kann die notwendige Kapazität C über die Impedanzen, bzw. Admittanzen berechnet werden. Damit I in Phase zu U ist, muss sowohl der Winkel der neuen Gesamtimpedanz Z* (inkl. parallelem C) als auch jener der neuen Gesamt- Admittanz Y* Null werden. Re{Y} Z Y*=Re{Y} −ϕ ϕ Im{Y} jωL ϕ=0° jωC Y R Abb. 2.20 Abb. 2.21 Abb. 2.22 Da in diesem Fall die Kapazität C parallel hinzugeschaltet wird, ist es einfacher, mit Admittanzen zu rechnen, da diese bei Parallelschaltungen einfach addiert werden können (siehe Kap. 2.3), so dass die Berechnung in folgenden Schritten abläuft: a.) Berechnen der Impedanz Z der Serienschaltung aus R und L (Abb. 2.20): Z = Z∠ϕ Z = Re{ Z} + j Im{ Z} = R + jωL Seite 2.20 von 21 Institut für Elektrotechnik (R Z = 2 + (ωL ) 2 Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 ) (2.45) b.) Umrechnen dieser Impedanz in eine Admittanz Y (Abb. 2.21): 1 1 = Z R + j ωL Y= Y = 1 = Z (2.46) 1 (R 2 + (ωL ) 2 ) (2.47) c.) Bedingung für Kompensation Die - komplexe, bzw. vektorielle - Addition dieser Admittanz mit der Admittanz YC des parallelen Kondensators muss eine neue Gesamt- Admittanz Y* ergeben, deren Imaginärteil Null ist (Abb. 2.22). Somit müssen YC und Im{Y} betragsmäßig gleich groß sein, bzw. sich vektoriell gegenseitig aufheben: Y C = Im{ Y } = Y sin ϕ = (R 1 2 + (ωL ) 2 ) sin ϕ (2.48) Für sin ϕ folgt aus Abb. 2.20, bzw. Abb. 2.21: Im{ Y } Im{ Z} ωL = = = Y Z Z sin ϕ = (R ωL 2 + (ωL ) 2 ) (2.49) Damit ergibt sich für die notwendige Admittanz von C aus Gleichung (2.47) und (2.48): YC = ωL R + (ωL ) 2 (2.50) 2 Aus Y C = ωC (siehe Kap. 2.1.3) folgt für die notwendige Kompensationskapazität C: C= L (2.51) R + (ωL ) 2 2 Seite 2.21 von 21 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 3 Elektrische Messtechnik 3.1 Messung von Widerständen Widerstände werden in der Elektrotechnik in vielfältigster Weise eingesetzt, z.B. - Schutztechnik, Strombegrenzung Messtechnik, Vor – und Nebenwiderstand zur Messbereichserweiterung Elektrowärme, Ausnutzung der Verlustwärme, (Bügeleisen, Wassererhitzung...) Es gibt aber auch „Anwendungen“, bei denen der Ohm’sche Widerstand nicht erwünscht ist, z.B. bei Erdungsanlagen oder Innenwiderstände von Spannungsquellen und Strommessgeräten. 3.1.1 Strom- / Spannungsmethode Die Bestimmung des unbekannten Widerstandes RX erfolgt indirekt durch Messung der Spannung U über RX und des Stromes I durch RX. Im Idealfall ist der Innenwiderstand eines Strom-Messinstrumentes (Amperemeter) gleich Null und jener eines Spannungs-Messgerätes (Voltmeter) unendlich hoch. Reale Amperemeter weisen einen sehr kleinen, aber von Null verschiedenen Innenwiderstand und reale Voltmeter einen sehr großen, aber nicht unendlich hohen Innenwiderstand auf. Diese Eigenschaft führt dazu, dass je nach Anordnung der Messgeräte entweder die Messung des Stromes oder die Messung der Spannung verfälscht wird, und man zwei prinzipielle Messschaltungen unterscheidet. Spannungsrichtige Messung RA A IRV UB IX IA RV V Abb. 3.1 Seite 3.1 von 19 RX UX=UV Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Bei dieser Anordnung misst das Voltmeter die Spannung direkt am unbekannten Widerstand RX, also unverfälscht, während das Amperemeter nicht nur den durch RX fließenden Strom IX erfasst, sondern auch den durch das Voltmeter fließenden Strom IRV („Stromfehler“). IA ... vom Amperemeter angezeigter Strom UV ... vom Voltmeter angezeigte Spannung RV ... Innenwiderstand des Voltmeters IRV ... Strom durch das Voltmeter (da RV < ∞) Bestimmung von RX aus den Anzeigen: RX = UV IA (3.1) Bestimmung von RX durch exakte Berechnung: RX = UX UV = = IX I A − IRV UV U IA − V RV (3.2) Diese Methode wird zur Messung kleiner Widerstände RX verwendet (RX << RV). •= Erklärung aus der Gleichung für RX: Je kleiner RX ist, desto größer ist der Strom I X = I A − UV durch RX und desto kleiner ist die RV UV auf die Ermittlung des kleinen RX. RV verfälschende Auswirkung des Terms •= Erklärung aus Überlegung: Je kleiner RX ist, desto größer ist der Strom IX gegenüber dem, die Strommessung verfälschenden Strom IRV, d.h. also, desto kleiner wird der Unterschied zwischen dem tatsächlichen Strom IX durch RX und dem gemessenen Strom IA (inkl. IRV). Stromrichtige Messung RA IX=IA A UB UV V URA RV Abb. 3.2 Seite 3.2 von 19 RX UX Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Hier wird der Strom direkt am unbekannten Widerstand RX, also unverfälscht, gemessen, während das Voltmeter nicht nur die am Widerstand RX anliegende Spannung UX misst, sondern auch den Spannungsabfall URA, welcher durch den Strom IX an RA erzeugt wird. Bestimmung von RX aus den Anzeigen: RX = UV IA (3.3) Bestimmung von RX durch exakte Berechnung: RX = U X U V − URA U V − I A R A = = IX IA IA (3.4) Diese Methode wird zur Messung großer Widerstände RX verwendet (RX >> RA). •= Erklärung aus der Gleichung für RX: Je kleiner RA gegenüber dem gesuchten RX ist, desto geringer ist die verfälschende Auswirkung des Terms I ⋅ R A auf die Bestimmung von RX. •= Erklärung aus Überlegung: Je größer RX ist, umso kleiner wird der Strom IX und die von IX an RA erzeugte, die Spannungsmessung verfälschende Spannung URA, d.h. umso kleiner wird der Unterschied zwischen der tatsächlichen Spannung UX und der gemessenen Spannung UV. Bei der Messung von Widerständen mit Hilfe der spannungs- bzw. stromrichtigen Messmethode muss darauf geachtet werden, dass die Nennleistung des Widerstandes nicht überschritten wird. Eine deutliche Erwärmung des Widerstandes führen zu zusätzlichen Fehlern. UX und Pmax > U X I X kann die max. mögliche Spannung UB IX errechnet werden, wenn die Widerstand annähernd bekannt ist: Mit Hilfe der Formeln R X = UX < Pmax RX (3.5) Innenwiderstände von Messgeräten Wie bereits angeführt, ist im Idealfall der Innenwiderstand eines Strom-Messinstrumentes (Amperemeter) gleich Null und jener eines Spannungs-Messgerätes (Voltmeter) unendlich hoch. Wenn nun z. B. bei Verwendung eines digitalen Multimeters (vgl. Kap. 4.3) eine Spannung gemessen werden soll und der Messart-Wahlschalter versehentlich auf Stellung „Strommessung“ (anstelle „Spannungsmessung“) eingestellt ist, dann fließt aufgrund des – im Idealfall unendlich kleinen Innenwiderstandes in der Strommess-Position - ein „unendlich“ hoher Strom durch das Messgerät, bzw. unterbricht eine Überstrom-Schutzeinrichtung den Seite 3.3 von 19 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 hohen Strom. Daraus folgt die Notwendigkeit einer sorgfältigen Einstellung des Multimeters auf die Messgröße. Beispiel: Innenwiderstände von Messgeräten 1. Analoges Multimeter Normameter S2 z.B. Spannungsmessung: Messbereich 50 mV 5V 150 V 500 V Innenwiderstand 167 Ω 16.7 kΩ 500 kΩ 1.67 MΩ z.B. Strommessung: Bei der Strommessung wird der Spannungsabfall bei Vollausschlag (= Messbereichsendwert ME) angegeben, woraus der Innenwiderstand (bei Vollausschlag) berechnet werden kann: Messbereich 15 mA 1.5 A 25 A Spannungsabfall Innenwiderstand Messbereichsendwert 0.1 V 6.67 Ω 0.2 V 0.133 Ω 0.15 V 0.006 Ω 2. Digitales Multimeter (DMM): Unigor 355 z.B. Spannungsmessung Messbereich 300 mV 3V 30 V 300 V Innenwiderstand Gleichspannung > 20 MΩ 11 MΩ 10 MΩ 10 MΩ Innenwiderstand Wechselspannung 5 MΩ 5 MΩ 5 MΩ 5 MΩ z.B. Strommessung (Gleichspannung und Wechselspannung) Messbereich Innenwiderstand 30 mA 300 mA 3A 10 V 200 mV 300 mV 110 mV 350 mV Innenwiderstand Messbereichsendwert 6.67 Ω 1Ω 36.6 mΩ 35 mΩ Seite 3.4 von 19 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 3.1.2 Widerstandscodierung Die in der Elektronik verwendeten Ohm’schen Widerstände sind farbcodiert. Der Wert sowie die Genauigkeitstoleranz werden in Form von Farbringen auf den Widerstandskörper aufgedruckt. Man legt den Widerstand so vor sich hin, dass das Ende links zu liegen kommt, welches einen kürzeren Abstand zum ersten Farbring aufweist. Von links nach rechts betrachtet repräsentieren die ersten beiden Farbringe (bzw. die ersten drei, wenn fünf Ringe aufgedruckt sind) die ersten zwei (bzw. drei) Ziffern des Widerstandswertes. Der nächste Ring stellt den Multiplikator dar, und der letzte Ring (ganz rechts) zeigt die Toleranz des Widerstandswertes dar. In Abb. 3.3 ist die Widerstandscodierung graphisch dargestellt. Diese muss nicht auswendig gelernt werden, sondern kann jederzeit in Tabellen nachgeschlagen werden. Abb. 3.3 Beispiele: •= Widerstand mit vier Farbringen, von links nach rechts: rot - rot - rot – silber ... 22 ⋅ 10 2 = 2200 Ω , Toleranz: ± 10 % •= Widerstand mit fünf Farbringen von links nach rechts: blau - grau - schwarz - blau - gold ... 680 ⋅ 10 6 = 680 MΩ , Toleranz: ± 5 % Seite 3.5 von 19 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 3.1.3 Messbereichserweiterung Wenn die zu messende elektrische Größe (z.B. Spannung oder Strom) größer als der Messbereich des verwendeten Messgerätes ist, dann kann man beispielsweise durch Zuschalten eines Ohm’schen Widerstandes eine Messbereichserweiterung durchführen. Bei Voltmetern wird dabei ein Ohm’scher Widerstand in Serie zum Messgerät geschaltet (Vorwiderstand), bzw. bei Ampere-Metern ein Ohm’scher Widerstand parallel zugeschaltet (Nebenwiderstand, Shunt- Widerstand). Messbereichserweiterung bei Spannungsmessgeräten I RV V UV Rvor Uvor Umess Abb. 3.4 In Abb. 3.4 ist gezeigt, wie durch das Hinzufügen eines Vorwiderstandes Rvor in Serie zum Voltmeter aus der zu messenden Spannung Umess eine kleinere Spannung UV am Voltmeter wird. Hier wird das Prinzip des Spannungsteilers angewendet (siehe Kap. 1), welches wie folgt zur notwendigen Größe des Vorwiderstandes Rvor führt. U vor U = V R vor R V (3.6) U vor = Umess − U V (3.7) I= Mit ergibt sich æU ö R vor = R V çç mess − 1 è UV (3.8) Man erhält somit bei gegebenen Werten des Voltmeters (Innenwiderstand RV und zulässige Messgröße UV) sowie der zu messenden Spannung Umess den notwendigen Wert für den Vorwiderstand Rvor. Beispiel: Für die Messung einer Spannung von 1000 V ( = Umess) steht ein Voltmeter mit einem Messbereich von 0 ... 100 V und einem Innenwiderstand RV von 100 kΩ zur Verfügung. Wie groß muss der einzufügende Vorwiderstand RV sein, damit am Messgerät maximal 100 V angezeigt werden? æU ö æ 1000 ö R vor = R V çç mess − 1÷÷ = 100 ⋅ 10 3 ç − 1 = 900 kΩ è 100 è UV Seite 3.6 von 19 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Messbereichserweiterung bei Strommessgeräten Imess IN RN IA RA A U Abb. 3.5 In Abb. 3.5 ist gezeigt, wie durch Hinzufügen eines Nebenwiderstandes Rvor (ShuntWiderstandes) parallel zum Amperemeter aus dem zu messenden Strom Imess ein kleinerer Strom IA am Amperemeter wird. Hier wird das Prinzip des Stromteilers angewendet (siehe Kap. 1), welches wie folgt zur notwendigen Größe des Nebenwiderstandes RN führt: U = IN R N = I A R A (3.9) Mit IN = Imess − IA (3.10) ergibt sich: RN = RA (3.11) Imess −1 IA Man erhält somit bei gegebenen Werten des Amperemeters (Innenwiderstand RA und zulässige Messgröße IA) sowie des zu messenden Stromes Imess den notwendigen Wert für den Nebenwiderstand RN. 3.1.4 Gleichstrom- Messbrücke (Wheatstone- Brücke) I1 I U1 I3 R1 R3 U3 + _ I0~0 UB I2 U2 I Seite 3.7 von 19 R2 0 U0 R 4 I4 U4 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Abb. 3.6 Vier Widerstände sind in der dargestellten Weise an eine bekannte Betriebsspannung UB geschaltet, wobei einer dieser Widerstände der unbekannte Widerstand RX ist. In der Brückendiagonale ist ein hochohmiges Galvanometer zur Anzeige der Brückenspannung U0 angeordnet. Für unsere Betrachtungen kann der Innenwiderstand des Galvanometers als unendlich hoch angesehen werden, d.h. I0 = 0 A. Prinzipiell unterscheidet man zwei Möglichkeiten des Betriebs: •= nicht-abgeglichene Brücke, •= abgeglichene Brücke. Nicht-abgeglichene Brücke Aus I0 = 0 A folgen zwei Knotengleichungen. I1 = I2 I3 = I4 U1 U2 UB = = R1 R 2 R 1 + R 2 U3 U 4 UB = = R3 R4 R3 + R4 U1 = UB R1 R1 +R 2 U 3 = UB R3 R 3 +R 4 Als Maschengleichung ergibt sich für die obere Masche die Brückendiagonalspannung für die nicht-abgeglichene Messbrücke: æ ö ç ö æ R3 R1 1 1 ÷÷ = UB ç − U 0 = U 3 − U1 = UB çç − ç R R è R 3 +R 4 R1 +R 2 çç 1 + 4 1 + 2 R3 R1 è (3.12) Wenn drei Widerstände bekannt sind und U0 gemessen wird, kann der unbekannte vierte Widerstand berechnet werden. Anwendung Die Brückenschaltung nach dem Ausschlagverfahren wird vor allem zur Bestimmung von Widerstandsänderungen verwendet (z.B. Temperaturänderungen, Kraft- und DrehmomentMessungen mit Dehnungsmessstreifen, indem die Veränderung der BrückendiagonalSpannung U0 gemessen und daraus die Änderung ∆RX des unbekannten Widerstandes RX bestimmt wird. Dies ist weniger aufwendig, als ständig einen Abgleich der Brücke durchführen zu müssen. æ ö ç 1 1 U0 = UB çç − R R2 çç 1 + 4 1 + R3 R X + ∆R X è (3.13) Seite 3.8 von 19 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Beispiel: Temperaturmessung mit temperaturabhängigem Widerstand Bei einer kontinuierlichen Temperaturmessung wird bei einer Referenztemperatur (z. B. 20 °C) einmal ein Abgleich der Brücke durchgeführt (d.h. U0 = 0). Danach wird jeweils die zu einer veränderten Temperatur zugehörige Spannung U0 gemessen und daraus gemäß Gleichung (3.13) die Widerstandsänderung ∆RX berechnet, welche in einem direkten Zusammenhang mit der Temperatur steht. Der genaue Wert des Widerstandes ist dabei von geringerer Bedeutung, da lediglich die Änderung ∆RX in die Berechnung eingeht. Abgeglichene Brücke Man spricht von einer abgeglichenen Brücke, wenn sich die Diagonalspannung U0 zu Null ergibt. Dies wird genau dann erreicht, wenn folgende Bedingung erfüllt ist (direkt ersichtlich bei Nullsetzen des Klammerausdrucks in Gleichung (3.12) R1 R 3 = R2 R4 (3.14) Wenn einer dieser Widerstände der unbekannte Widerstand RX ist, dann kann dieser durch die drei anderen, bekannten Widerstände berechnet werden. Wenn z.B. R1 der unbekannte Widerstand RX ist, dann gilt: RX = R2 R3 R4 (3.15) In der Praxis wird einer der bekannten Widerstände als verstellbarer Widerstand (Potentiometer) ausgeführt und dann so lange verstellt, bis die Brückenspannung Null ist. Es geht weder die Speisespannung UB noch die Brückendiagonalspannung U0 in die Bestimmung von RX ein. Zum Erreichen der Abgleichbedingung ist kein Voltmeter im herkömmlichen Sinn notwendig, sondern es genügt ein Messgerät mit lediglich einer Nullanzeige und möglichst großer Empfindlichkeit im Bereich um den Ausschlag Null (Galvanometer, siehe Kap. 4). Anwendung: Die Brückenschaltung nach dem Abgleichverfahren wird zur Messung von unbekannten Festwiderständen verwendet, indem der unbekannte Widerstand RX mit drei bekannten Widerständen verglichen wird, so dass obige Widerstandsbedingung erfüllt ist. 3.1.5 Wechselstrom-Messbrücke Im Unterschied zur Gleichstrom-Messbrücke wird diese mit Wechselspannung gespeist. An die Stelle der Ohm’schen Widerstände treten komplexe Impedanzen Z1, Z2, Z3, Z4, welche durch beliebige Kombination aus R, L und C realisiert sein können. Analog zur Herleitung bei der Gleichstrom-Messbrücke ergibt sich als Bedingung für eine abgeglichene Brücke: Seite 3.9 von 19 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Z1 Z 3 = Z2 Z 4 (3.16) Für die Abgleichbedingung der Brücke gibt es nun zwei Gleichungen: Trigonometrische Form: Gleichsetzen der Realteile und Gleichsetzen der Imaginärteile Polarform: Gleichsetzen der Beträge und Gleichsetzen der Winkeln 1. Bedingung: Amplitudenabgleich Z1 Z 4 = Z 2 Z 3 2. (3.17) Bedingung: Phasenabgleich ϕ1 + ϕ 4 = ϕ 2 + ϕ 3 (3.18) 3.2 Leistungsmessung 3.2.1 Einphasiger Verbraucher In Abb. 3.7 ist als Beispiel eine beliebige, einphasige R-L-C-Kombination dargestellt. P Abb. 3.7 Zur Messung der Wirkleistung P werden Wattmeter (digital, analog) eingesetzt. Zur Messung benötigt das Wattmeter Informationen über den fließenden Strom und über die anliegende Spannung (siehe Kap. 4), welche dadurch gewonnen werden, dass das Wattmeter zwei Anschlüsse aufweist, welche in den Strompfad geschaltet werden, sowie zwei Anschlüsse, welche in den Spannungspfad geschaltet werden. P = cW α (3.19) 3.2.2 Dreiphasiger Verbraucher Begriffe Seite 3.10 von 19 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Einphasiger Verbraucher .... zwei Anschlüsse (z.B. Glühbirne). Dreiphasiger Verbraucher - symmetrisch: identische Impedanz aller drei Phasen; - unsymmetrisch: verschiedene Impedanzen in den drei Phasen; - in Dreileitersystem: d.h. drei zuführende Leitungen (L1, L2, L3) (Dreieckschaltung; oder Sternschaltung ohne Mittelpunktsleiter); - in Vierleitersystem: d.h. vier zuführende Leitungen (L1, L2, L3, N) (Sternschaltung mit herausgeführtem Mittelpunktsleiter Mp - auch als Nulleiter N bezeichnet). Verkettete Spannung .... die außen zwischen zwei Zuleitungen des Dreiphasensystems anliegende Spannung. Phasenspannung (Strangspannung) .... die direkt über einer der drei Phasen anliegende Spannung (Wicklungsstrang - andere Bezeichnung für die einzelne Phase eines dreiphasigen Verbrauchers, in Anlehnung an die Wicklungen eines dreiphasigen Motors). Phasenstrom (Strangstrom) .... der in einer Phase (im „Wicklungsstrang“) fließende Strom. Leiterstrom (Außenleiterstrom) .... der von den äußeren Zuleitungen in den dreiphasigen Verbraucher fließende Strom. Dreileitersystem (z.B. Dreieckschaltung; Sternschaltung ohne Mittelpunktsleiter) Jeweils für Sternschaltung und für Dreieckschaltung ist beispielhaft in Abb. 3.8 ein symmetrischer und in Abb. 3.9 ein unsymmetrischer dreiphasiger Verbraucher dargestellt. P1 a a b b c c L1 P2 L2 L3 Seite 3.11 von 19 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Abb. 3.8 P1 a a b b c c L1 P2 L2 L3 Abb. 3.9 Wenn ein symmetrischer oder ein unsymmetrischer dreiphasiger Verbraucher an ein Dreileitersystem angeschlossen ist, dann werden zwei Wattmeter in der gezeigten Weise angeschlossen, dass der Spannungspfad der beiden Wattmeter jeweils mit einem Anschluss an der dritten, nicht mit einem Wattmeter versehenen Phase verbunden ist („AronSchaltung“). Pges = P1 + P2 = c W α 1 + c W α 2 (3.20) Herleitung (unter Ausnützung der Kirchhoff’schen -Regel, so dass die Summe der drei Phasenströme I1, I2 und I3 gleich Null ist): Pges = Pph1 + Pph 2 + Pph3 = U1 I1 + U 2 I 2 + U3 I3 = U1 I1 + U 2 I 2 + U3 (− I1 − I2 ) = (U1 − U3 ) I1 + (U 2 − U3 ) I 2 = U13 I1 + U 23 I 2 = P13 + P23 = c W α 1 + c W α 2 (3.21) Als Gesamtleistung ergibt sich somit die Summe der beiden Wirkleistungen, welche mit den zwei Wattmetern gemessen wurden (in Abb. 3.9 mit P1, P2 bezeichnet), die in diesem Beispiel zwischen die Phasen 1 und 3, bzw. 2 und 3 geschaltet sind. Für die gesamte Wirkleistung des dreiphasigen Verbrauchers sind die beiden WattmeterAnzeigen zu addieren, wobei ein eventuell negatives Vorzeichen einer Anzeige für die Summenbildung als negativ zu berücksichtigen ist. Bei digitalen Wattmetern wird ein negativer Wert durch ein „Minus“- Vorzeichen am Display dargestellt, während bei analogen Wattmetern die Spannungsanschlüsse umzupolen sind, um den entgegengesetzten Zeigerausschlag in den Ablesebereich zu invertieren (dieser umgepolte, ursprünglich negative Ausschlag ist mit einem negativen Vorzeichen in der Rechnung zu berücksichtigen). Vierleitersystem - symmetrischer Verbraucher (Sternschaltung mit herausgeführtem Mittelpunktsleiter) Seite 3.12 von 19 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 L1 P1 L2 L3 N(Mp) Abb. 3.10 Wenn ein dreiphasiger symmetrischer Verbraucher an ein Vierleitersystem (also Sternschaltung mit herausgeführtem Mp- Leiter) angeschlossen ist, dann genügt die Verwendung eines einzigen Wattmeters (mit dem Spannungspfad wie in Abb. 3.10 gegen den Mp- Leiter geschaltet) in einer der drei Phasen, dessen Wirkleistungsanzeige mit 3 multipliziert wird. Pges = 3 P1 = 3 c W α1 (3.22) Vierleitersystem - unsymmetrischer Verbraucher (Sternschaltung mit herausgeführtem Mittelpunktsleiter) P1 L1 P2 L2 P3 L3 N(Mp) Abb. 3.11 Wenn ein dreiphasiger, unsymmetrischer Verbraucher an ein Vierleitersystem (also Sternschaltung mit herausgeführtem Mp- Leiter) angeschlossen ist, dann sind drei Wattmeter notwendig, welche jeweils mit ihrem Spannungspfad gegen den Mp- Leiter zu schalten sind. Die gesamte Wirkleistung des dreiphasigen Verbrauchers ergibt sich aus der Summe aller drei angezeigten Wirkleistungen. Pges = P1 + P2 + P3 = c W α 1 + c W α 2 + c W α 3 In diesem Fall ist keine negative Wattmeter-Anzeige möglich. Seite 3.13 von 19 (3.23) Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Gesamtleistung eines dreiphasigen Verbrauchers Die gesamte Leistung (Wirk-, Blind- oder Scheinleistung) eines dreiphasigen Verbrauchers ergibt sich aus der Summe der einzelnen Leistungen in den drei Phasen (= Strängen). Es gilt für einen unsymmetrischen, dreiphasigen Verbraucher: Pges = P1 + P2 + P3 = Uph1 Iph1 cos ϕ ph1 + Uph 2 Iph 2 cos ϕ ph 2 + Uph3 Iph3 cos ϕph3 (3.24) Q ges = Q1 + Q 2 + Q 3 = Uph1 Iph1 sin ϕ ph1 + Uph 2 Iph 2 sin ϕ ph 2 + Uph3 Iph3 sin ϕ ph3 (3.25) S ges = S1 + S 2 + S 3 = Uph1 Iph1 + Uph 2 Iph 2 + Uph3 Iph3 (3.26) Für einen symmetrischen, dreiphasigen Verbraucher sind die Effektivwerte Uph, Iph und der Phasenwinkel ϕph in jeder Phase identisch, so dass sich folgende Vereinfachungen ergeben: Pges = 3 Uph Iph cos ϕ ph (3.27) Q ges = 3 Uph Iph sin ϕ ph (3.28) S ges = 3 Uph Iph (3.29) Dreieckschaltung Abb. 3.12 zeigt das Schaltbild eines symmetrischen, dreiphasigen Verbrauchers in Dreieckschaltung (mit beliebigen, aber in allen Phasen identischen Impedanzen Z). L1 IL1 U12 L2 I12 Z I23 IL2 U23 L3 U31 U12 IL3 U31 Z Z U23 I31 Abb. 3.12 Bei Dreieckschaltung ist der Betrag der Phasenspannung gleich der außen anliegenden, verketteten Spannung (z.B. U12). Der Betrag des Phasenstromes ist um den Faktor 1/√3 kleiner als der Außenleiterstrom. Somit kann die Wirkleistung mit den außen zugänglichen Größen (verkettete Spannung Uverk, Leiterstrom IL) wie folgt geschrieben werden: Seite 3.14 von 19 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen PGes = 3 Uph Iph cos ϕ ph = 3 U verk IL 3 Version 3.1, 02/2003 cos ϕ ph = 3 U verk IL cos ϕ ph (3.30) In Abb. 3.13 ist das Zeigerdiagramm der Spannungen und Ströme gezeigt, welches wie folgt entsteht: 1. Für die außen anliegenden, verketteten Spannungen, welche bei Dreieckschaltung gleich den Phasenspannungen sind, kann die Richtung einer Spannung beliebig angenommen werden (in diesem Fall z.B. ϕ=0° für U12), die übrigen Spannungen ergeben sich durch Phasen-Nacheilung um jeweils 120°. Der Effektivwert der verketteten Spannungen sei z.B. 400 V. U12 = 400∠(0°) V U23 = 400∠( −120°) V U31 = 400∠( −240°) V = 400∠(120°) V U31 I31 I23 IL3 ϕ3 IL2 U12 ϕ1 ϕ2 I12 IL1 U23 Abb. 3.13 2. Die Phasenströme I12, I23, I31 seien in jeder Phase jeweils um den selben Winkel (da symmetrisch) gegenüber den Phasenspannungen phasenverschoben, z.B. um 45° nacheilend (also Z beispielhaft als Ohm´sch- induktiver Verbraucher angenommen). Der Effektivwert der Phasenströme sei z.B. 5 A. I12 = 5∠( −45°) A I23 = 5∠( −165°) A I31 = 5∠(75°) A Seite 3.15 von 19 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 3. Die Außenleiterströme IL1, IL2, IL3 erhält man durch vektorielle Addition der Phasenströme gemäß der Kirchhoff´schen Knotengleichung. IL1 = I12 − I31 = 5∠( −45°) − 5∠(75°) = 8.66∠( −75°) A IL 2 = I23 − I12 = 5∠( −165°) − 5∠( −45°) = 8.66∠(165°) A IL 3 = I31 − I23 = 5∠(75°) − 5∠( −165°) = 8.66∠( 45°) A Aus der maßstäblichen, vektoriellen Addition oder aus der komplexen Rechnung erhält man für die Beträge (z.B. Effektivwerte) der Ströme folgende allgemeine Formel: Iph = IL (3.31) 3 Ferner gilt: Uph = U verk (3.32) Sternschaltung L1 IL1 U12 U31 L2 U23 IL2 IL3 L3 U1 Z U2 IL1 Z Z U3 IL3 Abb. 3.14 Die Abb. 3.14 zeigt das Schaltbild eines symmetrischen, dreiphasigen Verbrauchers in Sternschaltung (mit beliebigen, aber in allen Phasen identischen Impedanzen Z) Bei Sternschaltung ist der Betrag der Phasenspannung um den Faktor 1/√3 kleiner als die außen anliegende, verkettete Spannung. Der Betrag des Phasenstromes ist gleich dem Außenleiterstrom IL. Somit kann die Wirkleistung mit den außen zugänglichen Größen (verkettete Spannung Uverk, Leiterstrom IL) wie folgt geschrieben werden: PGes = 3 Uph Iph cos ϕ ph = 3 U verk 3 IL cos ϕph = 3 U verk IL cos ϕ ph (3.33) In Abb. 3.15 ist das Zeigerdiagramm der Spannungen und Ströme gezeigt, welches wie folgt entsteht: Seite 3.16 von 19 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 1. Da für symmetrische Verbraucher in Sternschaltung auch die Phasenspannungen ein 120°-System bilden, kann hier auch von den Phasenspannungen ausgegangen werden kann. Die Richtung einer Spannung kann beliebig angenommen werden (in diesem Fall z.B. ϕ=0° für U1), die übrigen Phasenspannungen ergeben sich durch Phasen-Nacheilung um jeweils 120°. Der Effektivwert der Phasen-Spannungen sei z.B. 230 V. U1 = 230∠(0°) V U2 = 230∠( −120°) V U3 = 230∠( −240°) V = 230∠(120°) V U12 U3 IL3 U31 ϕ3 IL2 ϕ2 45°=ϕ1 U1 IL1 U2 U23 Abb. 3.15 2. Die verketteten Spannungen ergeben sich gemäß Kirchhoff´scher Maschenregel: U12 = U1 − U2 = 230∠(0°) − 230∠( −120°) = 400∠(30°) V U23 = U2 − U3 = 230∠( −120°) − 230∠( −240°) = 400∠( −90°) V U31 = U3 − U1 = 230∠( −240°) − 230∠(0°) = 400∠(150°) V 3. Die Phasenströme sind identisch zu den Außenleiterströmen IL1, IL2, IL3. Die Ströme sind jeweils um den selben Winkel (da symmetrisch) gegenüber den Phasenspannungen phasenverschoben, z.B. um 45° nacheilend (also Z beispielhaft als Ohm´sch- induktiver Verbraucher angenommen). Der Effektivwert der Phasenströme sei z.B. 5 A. IL1 = 5∠( −45°) A IL 2 = 5∠( −165°) A IL3 = 5∠(75°) A Aus der maßstäblichen, vektoriellen Addition oder aus der komplexen Rechnung erhält man für die Beträge (z.B. Effektivwerte) der Spannungen folgende allgemeine Formel: Uph = U verk (3.34) 3 Ferner gilt: Seite 3.17 von 19 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Iph = IL Version 3.1, 02/2003 (3.35) Seite 3.18 von 19 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Allgemeine Leistungsformeln für symmetrische Verbraucher Unabhängig von der Schaltung des Verbrauchers (Dreieckschaltung oder Sternschaltung) können folgende allgemeingültige Gleichungen für symmetrische Verbraucher aufgestellt werden, wenn ausschließlich die außen zugänglichen Größen (verkettete Spannung Uverk, Leiterstrom IL) verwendet werden: L1 IL Uverk L2 Uverk IL Uverk L3 Dreiphasiger Verbraucher IL Abb. 3.16 PGes = 3 U verk IL cos ϕ ph (3.36) Q Ges = 3 U verk IL sin ϕ ph (3.37) S Ges = 3 U verk IL (3.38) Seite 3.19 von 19 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 4 Elektrische Messgeräte 4.1 Allgemeines Fehler - Definitionen Absoluter Fehler Fa fa = x A − x W (4.1) Relativer Fehler Fr xA − xW 100 [%] xW fr = mit (4.2) xA .... angezeigter Wert (Istwert) xW .... wahrer Wert (Sollwert) 4.1.1 Fehler bei analogen Messgeräten Die Klassengenauigkeit gibt den maximal auftretenden Fehler in [%] des MessbereichsEndwertes des Messgerätes bei Nennbedingungen (Temperatur, Frequenz, Kurvenform, ...) an. Die Genauigkeitsklasse ist in der Anzeigeskala des analogen Messgerätes angegeben. Da sich die Klasse auf den Messbereichs-Endwert bezieht, bedeutet dies bei kleinen Zeigerausschlägen zwangsläufig einen höheren relativen Fehler (in [%]), während der absolute Fehler (in [A]) gleich bleibt! Dies soll folgendes Beispiel verdeutlichen (wobei der Messgeräte-Typ nicht untersucht wird). Beispiel (Abb. 4.1): 100 90 80 70 60 50 40 30 A 110 120 Genauigkeitsklasse Kl. = 1.0 (entspricht 1.1 A), Messbereichs-Endwert = 110 A Messbereich: 20 A ... 110 A Anzeigebereich: 0 A ... 120 A à nichtlinearer Anfangsbereich: 0 ... 20 A nichtlinearer Überlastbereich: 110 A ... 120 A 20 0 1,0 Abb. 4.1 Seite 4.1 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Beispiel: Fehlerbetrachtung Messwert (entspricht ME) : 110 A x A,min −max = 110 A ± 1.1 A = 108.9 A ... 111.1 A f a,max = (x W ± 1.1 A ) − x W = ±1.1 A Absoluter Fehler: f a = ±0.01 ME = ±1.1 A ± 1.1 A ) − x W 100 = ±1.1% xW Messwert: 50 A x A,min −max = 50 A ± 1.1 A = 48.9 A ... 51.1 A fr = (x W f a,max = (x W ± 1.1 A ) − x W = ±1.1 A ± 1.1 A ) − x W 100 = ±2.2% xW Messwert: 25 A x A,min −max = 25 A ± 1.1 A = 23.9 A ... 26.1 A fr = (x W f a,max = (x W ± 1.1 A ) − x W = ±1.1 A fr = fr Fr (x W ± 1.1 A ) − x W 100 = ±4.4% xW [%] Der absolute Fehler f a = f a,max von 1% bezogen auf den Messbereichsendwert bleibt konstant ( ± 1.1A ). Der relative Fehler fr ändert sich als Funktion des Messwertes. fr Fr 10 100 [%] 8 6 10 4 2 xAA/ME X / ME 1 1 10 100 [%] Abb. 4.2 xXAA/ME / ME 20 40 60 80 100 [%] Abb. 4.3 Zur Veranschaulichung ist für ein Messgerät der Klasse 1.0 in Abb. 4.2 die starke Zunahme des relativen Messfehlers Fr bei kleinen Messwerten in logarithmischer Skalierung und in Abb. 4.3 in linearer Skalierung dargestellt. Auf der Abszisse ist der angezeigte Messwert XA bezogen auf den Messbereichs-Endwert ME in [%] angegeben. Für unser Beispiel ist 100 % also mit 110 A als Messbereichs-Endwert gleichzusetzen, bei welchem der angenommene Klassenfehler von 1 % Gültigkeit besitzt. Aus dieser Überlegung folgt die Forderung nach überlegter Auswahl der analogen Messgeräte: Der Messbereich des verwendeten Messgerätes sollte zur Vermeidung großer Messfehler so eingestellt werden, dass die zu messende Größe größer als 1/3 des Messbereichsendwertes ist. Seite 4.2 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 4.1.2 Fehler bei digitalen Messgeräten Der Fehler von Digitalmultimetern wird durch einen proportionalen Anteil (% vom Messwert) und einen konstanten Anteil charakterisiert (Digits). f = ±(% v. M. + Digits ) (4.3) Beispiel: Fehler von Digitalmultimeter (DMM) 1. Digitalmultimeter Unigor 355 (Quelle: Bedienungsanleitung) DC – Spannungs-Messbereich, 30 V: ± (0.05 % v. M. + 3 D) , Auflösung 1 mV AC – Strom- Messbereich, 300 mA: ± (0.5 % v. M. + 30 D) , Auflösung 10 µA 2. Digitalmultimeter Fluke 189 (Quelle: Bedienungsanleitung) DC – Spannungs- Messbereich, 50 V: ± (0.03 % v. M. + 3 D) , Auflösung: 1mV AC – Strom - Messbereich, 400 mA: ± (0.75 % v. M. + 5 D) , Auflösung: 10 µA Beispiel: Berechnung vom maximalen absoluten und relativer Fehler Anzeige im 30 V DC Messbereich: 25.341 V f a,max = ±(0.0005 ⋅ 25.341 + 3 ⋅ 0.001) = ±(0.01267 + 0.003 ) = ±0.01567 V x A,min −max = 25.341 ± 0.01567 V = 25.325 V... 25.357 V fr,max = (25.341 ± 0.01567 V) - 25.341 V = ±0.0618 % 25.341 V Einstellzeit Die Zeit, die der Zeiger benötigt, bis er nach einer sprungartigen Änderung der Messgröße in den Toleranzbereich der Klassengenauigkeit eingeschwungen ist. Ursache sind bei analogen Messgeräten die mechanische Zeigerträgheit und bei digitalen Messgeräten die notwendigen internen Signalumsetzungen. 4.2 Analoge Messgeräte 4.2.1 Drehspul-Messgerät Bildung des Zeigerausschlags Der Aufbau des Messgerätes ist in zwei verschiedenen Abbildungen (Abb. 4.4, Abb. 4.7) gezeigt. Eine drehbar gelagerte Spule befindet sich im radial homogenen Magnetfeld eines Permanentmagneten. Wenn nun die Spule von einem Strom durchflossen wird (in diesem Fall ist es der zu messende Strom) dann erfährt jeder Leiter der Spule eine Kraft gemäß ( r r r F = I l ×B ) (4.4) Seite 4.3 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Abb. 4.5: Symbol für Drehspulmesswerk Abb. 4.6 Symbol für Drehspulmesswerk mit Gleichrichter Abb. 4.4 Abb. 4.7 Wenn B und l normal aufeinander stehen, gilt F = IlB (4.5) Gesamtkraft aller w Windungen der Spule Fges = w I l B (4.6) Jede Windung (zwei Leiter) bildet einen Hebelarm um die Drehachse des Zeigers, wodurch sich ein stromproportionales, elektrisches Moment Me auf die Spule ergibt: Me = 2 r w I l B = k I (4.7) Seite 4.4 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Die Spule ist über eine Spiralfeder - welche sowohl der Stromzuführung als auch als mechanisches Gegenmoment dient - drehbar gelagert, wodurch die Spule ein drehwinkelproportionales Gegendrehmoment Mmech erfährt Mmech = D α (4.8) (... D: Drehfeder-Konstante, α: Drehwinkel) Die Spule wird durch den fließenden Strom I so weit verdreht, bis das elektrische, auslenkende Moment Me gleich dem rückstellenden Drehmoment Mmech wird. Mmech = M e (4.9) 2r w IlB = D α (4.10) Somit ergibt sich ein Zeigerausschlagwinkel α, welcher proportional zum Messstrom I ist: α= 2 r w IlB = k1 I D (4.11) α ~ i( t ) (4.12) Dämpfung: Nachdem jedes Masse-Feder-System (in diesem Fall aus drehbar beweglicher Spulenmasse und Drehfeder bestehend) mechanische Schwingungen ausführt, bevor es den stationären Ruhezustand annimmt, wird auch der Zeiger des Messgerätes erst nach Ablauf dieser mechanischen Einstellzeit eine ruhende Anzeige des Messwerts ermöglichen. Die Gleichungen (4.9) und (4.10) stellen somit das statische Gleichgewicht der wirkenden Momente dar, welches sich erst nach Abklingen der Einschwingvorgänge einstellt. Zur Verkürzung dieser Einstellzeit wird die drehbare Spule auf einem Aluminiumrahmen gewickelt. Bei jeder zeitlichen Änderung des Magnetfeldes, welches ein magnetisch leitfähiges Material durchsetzt, werden in diesem Material Spannungen induziert, welche aufgrund des geringen magnetischen Widerstandes von Aluminium in diesem Ströme hervorrufen („induzieren“). Diese sogenannten „Wirbelströme“ erzeugen ein Magnetfeld, welches ihre Ursache (i.e. die Bewegung der stromdurchflossenen Spule) zu hemmen versucht, also dämpft. Diese dämpfende Wirkung ist proportional zur Änderungsgeschwindigkeit des Magnetfeldes und somit proportional zur Winkelgeschwindigkeit des Zeigers, wodurch ja eine Dämpfungseinrichtung charakterisiert ist. Abb. 4.8 Seite 4.5 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 In Abb. 4.8 sind drei typische Fälle gezeigt: • Kriechende Einstellung des Anzeigewertes (starke Dämpfung) • Aperiodischer Grenzfall (ideale Dämpfung) • Überschwingen (geringe Dämpfung) Es gilt also, einen Kompromiss zwischen hoher Empfindlichkeit (große Einstellzeit, geringe Dämpfung) und geringer Einstellzeit (geringe Empfindlichkeit, große Dämpfung) zu finden. Strommessung, Spannungsmessung Das Drehspulmessgerät ist prinzipiell ein Strom-Messgerät, wird jedoch weitverbreitet als Spannungsmesser verwendet, indem intern der Strom über einen definierten Messwerkwiderstand geführt wird, an welchem die Messspannung abfällt. Wechselgrößen Bei Wechselströmen sehr kleiner Frequenz folgt der Zeiger dem Momentanwert des Stromes, während bei genügend hohen Frequenzen (z.B. auch 50 Hz) der Zeiger aufgrund seiner mechanischen Trägheit nicht mehr folgen kann und den zeitlichen Mittelwert anzeigt, welcher bei sinusförmigen Wechselgrößen Null ist. Um dennoch den Effektivwert von sinusförmigen Wechselgrößen zu messen, wird im beschriebenen Messwerk ein Gleichrichter vorgeschaltet, so dass das Messwerk den zeitlichen Mittelwert der gleichgerichteten Stromes i( t ) erfasst. |i(t)| t T Abb. 4.9 Der zeitliche Mittelwert i( t ) des von einem Vollweg-Gleichrichter gelieferten, pulsierenden Gleichstromes i(t) ( = Gleichrichtwert) lautet: i( t ) = 1T ∫ i(t ) dt T0 (4.13) Daraus folgt für den Gleichrichtwert einer pulsierenden Gleichspannung (Abb. 4.9): i( t ) = 1 T/2 2 2 î ( t ) sin(ωt ) dt = ..... = î = 2 Ieff = 0.9 Ieff ∫ T 0 π π Seite 4.6 von 24 (4.14) Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Damit ergibt sich für den Formfaktor F einer sinusförmigen Wechselgröße, welcher als Verhältnis von Effektivwert zu Gleichrichtwert definiert ist: F= Ieff = 1.11 | i( t ) | (4.15) Die Skala des Messgerätes ist nun so eingeteilt, dass dieser Formfaktor F = 1.11 berücksichtigt wird. Somit wird der vom Zeiger gemessene Mittelwert des pulsierenden, gleichgerichteten Stromes aufgrund der Skaleneinteilung mit dem Formfaktor für sinusförmige Größen multipliziert. Das Drehspulmessgerät mit eingebautem Gleichrichter zeigt ausschließlich für sinusförmige Wechselgrößen den korrekten Effektivwert an, da der Formfaktor für andere Wechselgrößen (z.B. Dreieckspannung, Rechteckspannung) nicht 1.11 beträgt (... andere Kurvenform für die Integral-Berechnung gemäß Gleichung (4.12)). 4.2.2 Drehspul-Galvanometer Galvanometer werden zur Messung sehr kleiner Spannungen und Ströme vor allem als NullAnzeigegeräte in Messbrücken (siehe. Kap. 3) verwendet. Für die geforderte Messung sehr kleiner Messgrößen ist eine große Empfindlichkeit notwendig, welche im Galvanometer durch ein schwache Dämpfung des Zeiger-FederSystems und eine Spule mit hoher Windungszahl (größere Ablenkkraft bei gleichem Messstrom; siehe Gleichung (4.6)) erreicht wird. Dafür muss jedoch eine größere Einstellzeit in Kauf genommen werden. 4.2.3 Dreheisen- Messgerät Abb. 4.11 Symbol für DreheisenMessgerät Seite 4.7 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Abb. 4.10 Abb. 4.12 Bildung des Zeigerausschlags Im Magnetfeld der vom Messstrom durchflossenen Spule befinden sich ein festes und ein bewegliches Blechplättchen, wodurch beide Plättchen vom selben Magnetfeld erfasst und magnetisiert werden. Folglich stoßen sich die Plättchen gegenseitig ab, wodurch das bewegliche, drehbar gelagerte Plättchen entsprechend der Größe des Messstromes ausgelenkt wird. Herleitung über Energiebilanz: Von der Spule aufgenommene magnetische Energie: Wmagn = 1 2 LI 2 (4.16) Moment des bewegten Plättchens: Me = dW 1 dL(α ) 2 = I dα 2 dα (4.17) Rückstellendes, mechanisches Gegenmoment: Mmech = D α (4.18) Gleichsetzen des elektrischen, auslenkenden Moments Me mit dem rückstellenden mechanischen Moment Mmech liefert den Zeigerausschlagwinkel α= 1 dL(α ) 2 ⋅ I = f (α ) I 2 2 D dα (4.18) Seite 4.8 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 α ~ i( t ) 2 (4.19) Der Zeigerausschlag ist direkt proportional zum Quadrat des Momentanwerts i(t). Wechselgrößen Die gewünschte Anzeigegröße ist der Effektivwert des gemessenen Stromes ( = Wurzel des quadratischen Mittelwerts): Ieff = 1T 2 ∫ i( t ) dt T0 (4.20) Es gilt nun, aus der Zeigerausschlag-Proportionalität zum quadratischen Mittelwert eine Proportionalität zum Effektivwert herzustellen, was durch folgende zwei Maßnahmen erreicht wird: a.) Aufgrund der mechanischen Trägheit des Messwerk-Zeigers folgt der Zeiger nicht dem schnell pulsierenden Quadrat i(t)2 des Momentanwerts des Messstromes (z.B. 50 mal pro Sekunde bei einer Frequenz von 50 Hz), sondern folgt dem zeitlichen Mittelwert des quadratischen Momentanwerts: i( t ) = 1T 2 ∫ i(t ) dt T0 (4.21) b.) Die Skala des Messgerätes wird nun nicht proportional zu diesem Mittelwert eingeteilt, sondern durch spezielle Formgebung der Blechplättchen wird eine Wurzelabhängigkeit vom Mittelwert ( = Effektivwert; Gl. 4.16) erreicht. Das Dreheisen-Messgerät misst also ohne Umweg über Gleichrichter den echten Effektivwert von Wechselgrößen jeder Art (z.B. Sinus-, Dreieck-, Rechtecksignale). Das Dreheisen-Messwerk ist robust gegen Überlast, da es keine stromdurchflossenen bewegten Teile enthält, und weist gegenüber dem Drehspul-Messwerk einen wesentlich höheren Eigenverbrauch auf, da das magnetische Feld für die Zeigerauslenkung erst durch den durch die Spule fließenden Messstrom aufgebaut werden muss (bei Drehspulinstrumenten: Permanentmagnet). Seite 4.9 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 4.2.4 Elektrodynamisches Messgerät Abb. 4.14 Symbol für elektrodynamisches Messgerät Abb. 4.13 Abb. 4.15 Bildung des Zeigerausschlags Dieses Messwerk kann als Sonderfall eines Drehspul-Messwerks angesehen werden, dessen feststehender Permanentmagnet durch eine von einem zweiten Messstrom durchflossene Spule ersetzt ist. Es fließt also ein Messstrom I2 durch die bewegliche Spule und ein Messstrom I1 durch die feststehende Spule. Die Herleitung der Gleichung für den Zeigerausschlag ist analog zu jener des DrehspulMesswerks (siehe Gleichung (4.11)), so dass für den Zeigerausschlagwinkel gilt: Seite 4.10 von 24 Institut für Elektrotechnik α= Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 2 r2 w 2 I 2 l B1 D (4.22) (Index 1: feststehende Spule, Index 2: bewegliche Spule) Für die magnetische Flussdichte B1 der feststehenden, von I1 durchflossenen Spule gilt (siehe Kap. 7) B1 = µ w 1 I1 = k 1 w 1 I1 l (4.23) Daraus folgt für den Zeigerausschlag: α= K1 I1 I 2 D (4.24) Der Zeigerausschlag ist proportional zum Produkt der beiden Messströme I1, I2 (zwei Strompfade). Wenn einer der beiden Messströme zwischen die Spannungsanschlüsse eines Verbrauchers geschalten wird, ist dessen Stromfluss direkt proportional zur Spannung U am Verbraucher. (4.25) I 2 ~ U1 Wenn nun u1(t) und i1(t) sinusförmige Wechselsignale mit einer Phasenverschiebung ϕ zueinander sind, dann gilt α= K1 1 1 u1 ( t ) i1 ( t ) = ... = K û î cos ϕ − K û î cos( 2ωt + ϕ) D 2 2 (4.26) Aufgrund der mechanischen Trägheit kann der Zeiger dem zweiten - mit doppelter Kreisfrequenz pulsierenden - Term nicht folgen, so dass lediglich der zeitlich konstante, erste Term relevant ist. α = K U eff Ieff cos ϕ = K 1 P (4.27) α ~P (4.28) Der Zeigerausschlag ist proportional zur Wirkleistung P. Wattmeter-Konstante Die Skala von analogen Wattmetern weist eine dimensionslose Skalierung in „Skalenteilen“ [Skte.] auf. Für die Anpassung an den Maximalwert der Messgröße sind verschiedene Messbereichsendwerte für Spannungspfad und für Strompfad einstellbar. Die Umwandlung der Anzeige in [Skte.] in die Einheit [W] erfolgt mit Hilfe der „WattmeterKonstante“ cW . cW = mit: UME IME α ges in [W/Skte.] (4.29) UME - Messbereichs-Endwert des Wattmeter-Spannungspfades [V] Seite 4.11 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 IME - Messbereichs-Endwert des Wattmeter-Strompfades αges - Gesamt-Skalenteile der Wattmeterskala [A] [Skte.] Die Wattmeter-Konstante hängt also vom gewählten Messbereich am Wattmeter ab. P = cW α W Einheiten: [W ] = [Skte.] Skte. (4.30) Die am Wattmeter abgelesene Leistung in [Skte.] wird mit der aus den Wattmeterdaten berechneten Wattmeter-Konstante cW multipliziert und ergibt die Wirkleistung in [W]. Aus der Anzeige der Wirkleistung allein erkennt man nicht, wie groß die anliegende Spannung oder der durch das Messgerät fließende Strom ist (ob also das Wattmeter spannungsmäßig oder strommäßig bereits überlastet ist). Folglich ist auf eine sorgfältige Wahl der Spannungs- und Strom-Messbereiche des Wattmeters bezüglich der maximal auftretenden Messwerte zu achten. 4.3 Digitale Messgeräte 4.3.1 Digital-Multimeter (DMM) U-Eingang I-Eingang ADU _ Verarbeitung Digitalanzeige + R-Eingang Abb. 4.16 Abb. 4.16 zeigt stark vereinfacht das Schema eines Digital-Multimeters (DMM) zur Messung von elektrischen Größen (z.B. Spannung, Strom, Widerstand). Die Eingangsschaltung wirkt als Spannungsteiler, um die Eingangsspannung auf ein verarbeitbares Niveau zu senken. Hier erfolgt auch die (automatische oder manuelle) Umschaltung der Messbereiche des DMM entsprechend der Höhe der Messgröße. Der Analog-Digital-Umsetzer (ADU) erzeugt aus der analogen Messgröße ein digitales Signal zur Anzeige am LCD-Display. Seite 4.12 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Man unterscheidet grundsätzlich: • DMM mit eingebautem Gleichrichter („Effektivwertgleichrichter“), welche wie bei Drehspulinstrumenten bei Wechselsignalen nur für sinusförmigen Verlauf den korrekten Effektivwert anzeigen à Aufschrift „RMS“ (root-mean-square, Wurzel des quadratischen Mittelwerts = Effektivwert; vgl. Gl. 4.16). • DMM mit eingebautem Effektivwert-Umformer, welche den „echten“ Effektivwert unabhängig von der Kurvenform, also auch von nichtsinusförmigen Größen anzeigen besitzen die Aufschrift „True RMS“- oder „TRMS“ („Echt-Effektivwert-Messgeräte“). 4.3.2 Digitales Wattmeter Dieses ermöglicht neben der eigentlichen Messung der Wirkleistung (direkt in [W] angezeigt) auch die direkte Messung von Spannung, Strom und Leistungsfaktor cos ϕ , wobei bei letzterem zusätzlich eine Anzeige erfolgt, ob der zugehörige Phasenwinkel ϕ positiv oder negativ (also induktiv oder kapazitiv) ist. Seite 4.13 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 4.4 Oszilloskope Das Oszilloskop dient zur Darstellung zeitabhängiger Signale, nachdem mit - analogen und digitalen - Messinstrumenten lediglich ein konstanter Wert - in der Regel der Effektivwert jedoch nicht der zeitliche Verlauf der Messgröße erfasst werden kann. 4.4.1 Analog- Oszilloskope Die Analog- Oszilloskope beruhen auf dem Prinzip der Elektronenstrahl – Ablenkung in einer evakuierten Röhre. Das Mess – Signal wird auf Ablenkplatten geführt, der Elektronenstrahl erfährt eine proportionale Ablenkung in y – Richtung. Der fluoreszierend wirkende Schirm macht den Strahl sichtbar. Prinzipbedingt haben die Analog - Oszilloskope eine große Bauform und niedrige Grenzfrequenzen. Diese entsprechen daher nicht mehr dem Stand der modernen Messtechnik. 4.4.2 Digital- Oszilloskope Bei Digital- Oszilloskope werden die Messwerte mit Hilfe von schnellen Analog – Digital Umsetzer (ADU) zeitlich und amplitudenmäßig diskretisiert. Die Messwerte können abgespeichert und weiterverarbeitet werden. Man spricht daher auch von Digitalspeicheroszilloskope (DSO). Vertikaleinstellung, Vertikalmenü Die Abb. 4.17 zeigt das grundsätzliche Schema eines Digitaloszilloskops. Die Messwerte der einzelnen Kanäle werden je nach der gewünschten Dehnung in Vertikalrichtung [VOLTS/DIV, Spannung pro Skalenteilung] verstärkt und dem ADU zugeführt. Datenerfassung: Modus und Zeitbasis Vertikal: Verstärkung und position Kanäle Signalaufzeichnung Anzeige Schnittstelle Ext. Trigger Netz Seite 4.14 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Abb. 4.17 Kopplung In Zusammenhang mit den Einstellungen zur Vertikalablenkung des Messsignals ist ein Wahlschalter für die Kopplung des Eingangssignals vorgesehen: GND In Position GND wird intern im Oszilloskop Null Volt als Eingangsspannung angelegt, wodurch am Bildschirm die Nulllinie dargestellt wird und somit die Lage der Nulllinie am Bildschirm entsprechend der gewünschten Darstellung gewählt werden kann. AC In Position AC wird das Eingangssignal über eine interne „Hochpass“-Schaltung eingekoppelt, welche die hochfrequenten Anteile des Eingangssignals „passieren“ lässt („Hochpass“), die niederfrequenten Anteile bzw. einen eventuellen Gleichanteil des Eingangssignals sperrt. Wenn das Messsignal z.B. aus einem Sinusverlauf mit einem Gleichanteil besteht, dann gelangt in der Position AC lediglich der Wechselanteil zur Bildschirmanzeige, nicht jedoch der Gleichanteil. DC In Position DC wird das Eingangssignal direkt eingekoppelt, d.h. das Signal wird vollständig (inklusive Gleichanteil) dargestellt. Datenerfassung Die Messdaten können mit verschiedenen Methoden erfasst werden. Normaler Abtastmodus (Standard) Die Messsignale werden in gleich großen Intervallen ab. Dieser Modus erfasst jedoch keine schnellen Änderungen im analogen Signal, die möglicherweise zwischen den Abtastwerten auftreten. Spitzenwert Das Oszilloskop sucht die höchsten und niedrigsten Werte des Eingangssignals innerhalb eines Abtastintervalls. Auf diese Weise können kurze Impulse erfasst werden, die im normalen Abtastmodus nicht erfasst worden wären. Es tritt aber erhöhtes Rauschen auf. Mittelwert Die Messwerte werden über mehrere Signalwerte gemittelt, das Rauschen wird unterdrückt, führt aber dadurch zu einem Informationsverlust bei z.B. kurzen Signalen. Zeitbasis Mit der Zeitbasis ist die zeitliche Abtastung mit der Auswahl SEC/DIV einstellbar. Beispiel: Digitales Echtzeit- Oszilloskop Tektronix TDS 210 Horizontaleinstellung 5 ns/DIV – 5 s/DIV Triggerung Seite 4.15 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Zur Erzeugung eines stehenden Bildes auf dem Bildschirm ist es erforderlich, dass die Ablenkung in X- und in Y- Richtung in einer festen Beziehung zueinander stehen. Dies wird durch die Triggerung ( = engl. Auslösung) erreicht. Die Funktion des Triggers entspricht somit grundsätzlich der des Analog – Oszilloskop. Während jedoch beim Analog – Oszilloskop vom Trigger ein Sägezahngenerator ausgelöst wird, der die X- Ablenkung steuert, wird beim Digital Oszilloskop die Speicherung gesteuert. Die Triggerung kann sowohl intern über die Messsignale der Kanäle (üblich) oder über externe Signale ausgelöst werden. Als weiterer Triggersignaleingang steht nochein Signal zur Verfügung, das einen Bezug zur Frequenz der Versorgungsspannung des Oszilloskops hat (siehe Abb. 4.17). Beispiel: Digitales Echtzeit- Oszilloskop Tektronix TDS 210 Max. Abtastrate: 1GS/s (1 Gigasample/s = 109 Abtastungen/s) Aufzeichnungslänge: 2500 Abtastungen/ Kanal Der Triggerzeitpunkt wird über den Trigger – Level (einstellbarer Amplitudenwert) festgelegt. Weiters ist anzugeben, ob die Triggerung bei steigender oder bei fallender Flanke erfolgen soll. Mit dem Pretrigger kann die „Vorgeschichte“ vor dem Triggerereignis aufgezeichnet werden. Es können mit Hilfe des Posttriggers Signalverläufe dargestellt werden, die nach dem Triggerereignis auftreten. Je nach Speichertiefe ist aber nur eine bestimmte Aufzeichnungsdauer möglich. Aliasing Dieser Effekt tritt auf, wenn das Oszillokop die Signale nicht schnell genug abtastet, um eine präzise Signalaufzeichung zu ermöglichen. Beim Aliasing wird ein Signal angezeigt, das eine niedrigere Frequenz als das eigentliche Eingangssignal aufweist. Um das Aliasing zu vermeiden, muss das Signal mit einer Frequenz abgetastet werden, die mehr als doppelt so hoch ist, wie die höchste Frequenz der Komponenten des Eingangssignals. Beispiel: Ein Eingangssignal mit Frequenzkomponenten von 5 MHz muss mit mindestens 10 Millionen Abtastungen pro Sekunde abgetastet werden. Mit Hilfe der Zeitbasis kann die entsprechende Einstellung getätigt werden, um den Aliasing – Effekt zu vermeiden. Je kleiner die Zeitbasis eingestellt ist, umso höher muss die Abtastrate gewählt werden. Beispiel: Digitales Echtzeit- Oszilloskop Tektronix TDS 210 Zeitbasis Abtastungen/s Maximale Signalfrequenz 1µs 10 µs 5 ms 5s 250.0 MS/s 25.0 MS/s 50.0 kS/s 50.0 S/s 125.0 MHz 12.5 MHz 25.0 kHz 25.0 Hz Seite 4.16 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Beispiel eines Oszilloskop- Bildes: Abb. 4.18 Abb. 4.18 zeigt den Ausdruck eines digitalen Speicheroszilloskops (DSO), wobei folgende Informationen abgelesen werden können: Zeitablenkung: Signal-Ablenkung: Trigger-Level: Trigger-Flanke: Abtastrate: M5.00ms, d.h. 5 ms/DIV → 5 ms pro Rastereinheit → Abmessen der Periodendauer: T = 4 Einheiten = 20 ms → Frequenz (f = 1/T) = 50 Hz Die Frequenz des Signals kann auch vom Oszilloskop errechnet werden. Die erforderliche Einstellung ist über die Mathematik – Menüs zu tätigen. 1.00 V, d.h. 1 V/DIV → 1 V pro Rastereinheit → Scheitelwert (= Amplitude): û = 3 Einheiten = 3 V - 0.58 V fallend 50.0 kS/s. Der dargestellte Signalverlauf hat eine Frequenz f = 50 Hz, die deutlich unter der maximalen theoretischen Frequenz von 25 kHz liegt (Vermeidung des Aliasing Effekts) Schnittstelle Die vorhandene Schnittstelle ermöglicht die Bedienung des Oszilloskops über den PC, die Abspeicherung der Messdaten, sowie die bequeme Einbindung in ein automatisiertes Messsystem. Auf Grund der vorliegenden, intern gespeicherten Daten können auch Mathematikfunktionen aufgerufen, die von einfachen Funktionen wie z.B. Additionen, MinMax Auswertungen, Mittelwertbildung, Invertierungen bis zur Fourieranalyse von Signalen reichen. Seite 4.17 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Anzeige Die Darstellung der Messsignale erfolgt im auf elektronische Weise auf einem Flüssigkristallschirm. Somit gibt es keine Störeinflüsse durch magnetisch verseuchte Messumgebungen (im Gegensatz zu Analog – Oszilloskope). 4.4.3 Tastkopf, Tastteiler Durch diese Frequenzkompensation werden außerdem die durch lange Messkabel oder hohe Messfrequenzen möglichen kapazitiven Einstreuungen beseitigt. Um kapazitive Einstreuungen bei langen Messkabeln oder hohen Messfrequenzen zu vermeiden, werden sogenannte Tastköpfe eingesetzt. Wenn der Tastkopf zusätzlich einen Spannungsteiler aufweist, welcher hohe Messspannungen auf einen für das Oszilloskop verarbeitbaren Wert teilt, spricht man von einem Tastteiler. Dazu wird das Prinzip des Spannungsteilers angewendet (siehe Kap. 1), indem der Tastkopf mit dem eingebauten Widerstand RT vor das Oszilloskop geschaltet wird. Würde das Oszilloskop lediglich einen Ohm’schen Eingangswiderstand RO aufweisen, dann würde der Tastkopf nur einen Widerstand RT enthalten müssen, d.h. der Spannungsteiler in Abb. 4.19 wäre rein Ohm’sch mit RT und RO. Für diesen Fall würde die Formel des Ohm’schen Spannungsteilers wie folgt lauten: U1 U = 2 RT + RO RO (4. 31) Die am Oszilloskop anliegende Spannung U2 würde damit gemäß folgender Formel reduziert werden: U2 = R O U1 RT + RO (4.32) Da das Oszilloskop jedoch - wie in Abb. 4.23 und Abb. 4.24 gezeigt - zusätzlich zu RO eine Eingangskapazität CO aufweist, muss im Tastkopf parallel zu RT eine Kapazität CT geschaltet sein, damit der Spannungsteiler für alle Frequenzen dasselbe Teilerverhältnis zwischen U1 und U2 aufweist. Damit dies erfüllt wird, ist folgende Bedingung einzuhalten: R T CT = R OCO (4.33) „frequenzkompensierter, kapazitiver Spannungsteiler“ Abb. 4.19 zeigt das Prinzip eines Tastkopfes mit den internen Elementen RT und CT, wobei CT mittels Drehknopf veränderlich ausgeführt ist, und die Eingangsschaltung eines Oszilloskops mit RO und CO. Seite 4.18 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Abb. 4.20 zeigt nochmals das elektrische Schaltbild des entstehenden kapazitiven Spannungsteilers anschaulich herausgezeichnet. Tastkopf Signal Oszilloskop RT CT Signal U1 RO RT CT RO CO CO Masse U2 Masse Abb. 4.19 Abb. 4.20 Wenn der Tastkopf verschiedene Stufen bietet (z.B. 10:1, 100:1), dann ist auch die in ihm enthaltene Kapazität CT für jede Einstellung so zu verändern, dass Gleichung (4.33) erfüllt ist. Dazu weist der Tastkopf einen Drehknopf zur Verstellung von CT auf. Vor Verwendung eines Tastkopfes sollte stets ein Abgleich zur Überprüfung der korrekten Einstellung von CT durchgeführt werden. Durchführung des Tastkopf-Abgleichs: Am Oszilloskop befindet sich ein Anschluss, welcher eine Rechteckspannung zu Testzwecken liefert (meist mit „Cal“ bezeichnet - Kalibrierknopf). Der Tastkopf wird mit seinem Koaxial-Kabelende an einen Signaleingang des Oszilloskops angeschlossen, und die Tastkopf-Spitze wird mit dem Kalibrieranschluss verbunden. Dadurch wird am Oszilloskop das Rechtecksignal dargestellt. Der Drehknopf des Tastkopfes wird nun so lange verstellt, bis das Rechtecksignal am Leuchtschirm als exaktes Rechteck auftritt (also keine gekrümmten Ecken zeigt). Wenn dies erreicht ist, dann liegt Frequenzkompensation vor, d.h. es werden alle Frequenzen ohne Verzerrungen am Oszilloskop dargestellt. Seite 4.19 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 4.4.4 Erdungsproblematik bei Oszilloskopen 1. Sicherheitsproblematik Beispiel: Darstellung der Wechselspannung einer 230 V-Steckdose mittels Oszilloskop. Zwischen dem Phasenleiter (z.B. L1) und dem Nulleiter (N-Leiter) liegt die Phasenspannung 230 V. Das Oszilloskop- Messkabel ist zur besseren elektrischen Abschirmung (Schutz vor Einkopplung von Störspannungen) als Koaxial-Kabel ausgeführt, d.h. ein Anschluss ist als Innenleiter ausgeführt, welcher vom zweiten, als Außenleiter ausgeführten Anschluss umgeben ist. Der Außenleiter ist der Masseleiter, da er im Oszilloskop mit dem metallischen Gehäuse des Oszilloskops verbunden ist. Das Gehäuse seinerseits ist über den Schutzleiter (PE-Leiter, „Protection Earth“; siehe Kap. 6) mit dem Nullpunkt des speisenden DreiphasenTransformators (dessen Sekundärseite in den Abbildungen dargestellt ist) verbunden. Es ist also darauf zu achten, dass lediglich am Innenleiter die zu messende Spannung anliegen darf, während am Masseleiter immer Nullpunktsspannung als Bezugsspannung anliegen muss. Die folgenden Erläuterungen beziehen sich auf die Problematik, wenn der Masseleiter an die zu messende Spannung (hier: Phase L1) und nicht an die Nullspannung angeschlossen wird. Prinzipiell ist anzumerken, dass für den ordnungsgemäßen und sicheren Betrieb von elektrischen Geräten ein vorhandener PE-Leiter (gelb-grüner Schutzleiter) nicht unterbrochen werden darf ! 230 V L1 Koaxial-Kabel L2 Oszilloskop L3 N PE Abb. 4.21 Wenn der Masseleiter des Oszilloskop- Kabels mit dem 230 V - Phasenleiter verbunden wird, wird somit die 230 V - Spannung über Masseleiter, Oszilloskop- Gehäuse und PELeiter mit dem Nullpunkt des speisenden Trafos verbunden. Dadurch fließt ein hoher Kurzschlussstrom über den PE-Leiter, wodurch der Fehlerstrom-Schutzschalter (FISchalter) den Stromkreis unterbricht, um bei Berühren des Gehäuses einen gefährlich hohen Strom über den Körper zu verhindern. Seite 4.20 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen 230 V L1 Version 3.1, 02/2003 Koaxial-Kabel L2 Oszilloskop L3 N PE Abb. 4.22 Eine gefährliche und daher unzulässige Möglichkeit stellt die Unterbrechung des PE-Leiters dar. Das Gehäuse des Oszilloskops liegt auf dem selben Potenzial wie die gerade gemessene Spannung, so dass bei Berührung des Gehäuses abhängig von der Höhe der gemessenen Spannung (sowie vom Körper- und Bodenwiderstand) ein gefährlich hoher Strom über den Körper fließen kann (nachdem der vorgesehene Fehler-Stromweg über den PE-Leiter unterbrochen ist). Und selbst wenn lediglich ungefährlich kleine Ströme über den Körper fließen (aufgrund kleiner Messspannung oder großen Bodenwiderstandes), kann das Messergebnis durch den abfließenden Strom verfälscht werden (Einkopplung eines Magnetfeldes in den geschlossenen Stromkreis). 230 V Koaxial-Kabel L1 L2 L3 Oszilloskop Trenntrafo N PE Abb. 4.23 Ebenso unzulässig ist die Verwendung eines Trenntrafos in der Versorgungsleitung des Oszilloskops, da dieser auch eine Unterbrechung des PE-Leiters bewirkt und wiederum die im vorigen Beispiel angeführten Probleme auftreten können. Seite 4.21 von 24 Institut für Elektrotechnik 230 V Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Koaxial-Kabel L1 L2 Oszilloskop L3 N PE Abb. 4.24 Eine mögliche und sichere Abhilfe für obige Problematik stellt die Verwendung eines zusätzlichen, isolierten Gehäuses dar (Prinzip der Schutzisolierung), wodurch die am Oszilloskop -Gehäuse anliegende Spannung keinen Stromfluss über den Körper hervorrufen kann, nachdem kein geschlossener Stromkreis vorliegt. In diesem Zusammenhang ist die neueste Generation von tragbaren Oszilloskopen zu erwähnen, welche keinen Masse-Bezug mehr aufweisen, über Batterie oder Akku versorgt werden und mit einem schutzisolierten Gehäuse versehen sind. Dadurch sind keine Probleme hinsichtlich Erdung und Spannungsverschleppung zu erwarten. 230 V L1 Koaxial-Kabel Spannungswandler L2 Oszilloskop L3 N PE Abb. 4.25 Die sicherste und somit empfehlenswerte Möglichkeit ist die Verwendung eines Spannungswandlers (oder eines elektronischen Trennverstärkers) im Messkreis, wodurch eine Potenzialtrennung erfolgt. Es kann über den Trafo, bzw. über den Trennverstärker kein Strom von der Primärseite auf die Sekundärseite fließen. Es wird also ein geschlossener Stromkreis verhindert, so dass die Spannung am Masseleiter keinen Stromfluss über den PE-Leiter oder über den Körper hervorrufen kann. Seite 4.22 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 2. Messproblematik Selbst wenn, wie oben empfohlen, die Messschaltung galvanisch vom versorgenden Spannungsnetz getrennt ist, können bei der gleichzeitigen Darstellung mehrerer Signale aufgrund der Oszilloskop- internen Masseverbindung Messprobleme auftreten, welche im folgenden erklärt werden sollen. Mehrkanal- Oszilloskope ermöglichen die gleichzeitige Darstellung mehrerer Signale (z.B. Zweikanal- oder Vierkanal- Oszilloskop). Für den Aufbau einer Messschaltung mit mehreren Signalen ist jedoch zu beachten, dass - wie oben angeführt - jeder Signaleingang des Oszilloskops mit einem Koaxial-Anschluss versehen ist, dessen Außenleiter intern im Oszilloskop mit dem Gehäuse verbunden ist („Masse-Punkt“). Das bedeutet also, dass jeweils alle am Außenleiter angeschlossenen Punkte eines Messsignals intern am gemeinsamen Massepunkt verbunden sind. Die dabei auftretende Problematik zeigen Abb. 4.26 und Abb. 4.27. Hierbei sollen als Messaufgabe die beiden Spannungen U1 über R1 und U2 über R2 auf zwei vertikalen Kanälen eines Zweikanal- Oszilloskops gleichzeitig dargestellt werden. Koaxial-Kabel U1 R1 Ch1 Ch2 U2 Masse R2 Koaxial-Kabel Abb. 4.26 In Abb. 4.26 sind die beiden Messspannungen so an das Oszilloskop angeschlossen, dass das jeweils im Schaltbild „obere“ Potenzial an den Innenleiter und das jeweils „untere“ Potenzial an den Außenleiter („Masseleiter“) des Koaxial-Kabels angeschlossen wird. Man erkennt, dass aufgrund der internen Verbindung der Außenleiter jedes Koaxial-Kabels mit dem gemeinsamen Masse-Anschluss auf diese Weise der Widerstand R2 widerstandslos überbrückt (kurzgeschlossen) wird. In diesem Fall wird somit als Signal des Kanals 2 (Ch 2) Null Volt anstatt der Messspannung U2 dargestellt. Seite 4.23 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Koaxial-Kabel U1 "invertiert" R1 Ch1 Ch2 U2 Masse R2 Koaxial-Kabel Abb. 4.27 Die beschriebene Problematik wird bei Anwendung einer Messschaltung nach Abb. 4.27 vermieden. Die Messung der Spannung U1 erfolgt auf die selbe Weise wie in Abb. 4.26. Die Messspannung U2 wird nun jedoch in umgekehrter Art so an das Oszilloskop angeschlossen, dass das im Schaltbild „obere“ Potenzial an den Außenleiter („Masseleiter“) und das „untere“ Potenzial an den Innenleiter des Koaxial-Kabels angeschlossen wird. Auf diese Weise bleibt die Oszilloskop - bedingte Verbindung der Außenleiter beider KoaxialKabel mit dem gemeinsamen Massepunkt ohne Auswirkung, da nun zwei Punkte der Schaltung über die Oszilloskop- Masse kurzgeschlossen werden, welche auch in der Schaltung selbst ohnedies direkt verbunden sind, sich also auf gleichem Potenzial befinden („unterer“ Punkt von R1 und oberer“ Punkt von R2). Da bei dieser Anschlussart die Messspannung U2 negativ (bei Gleichspannung), bzw. mit 180° Phasenverschiebung (bei Wechselspannung) am Bildschirm dargestellt werden würde, muss zur Vorzeichenumkehr der INV – Modus (Invertierung) am Oszilloskop eingestellt werden. Bei der Darstellung mehrerer Signale ist also zu berücksichtigen, dass alle MasseAnschlüsse (Außenleiter) der koaxialen Signaleingänge am Oszilloskop intern mit dem gemeinsamen Massepunkt verbunden sind. Eventuell ist aus diesem Grund ein Signal invertiert am Oszilloskop darzustellen. Grundsätzlich sollte man die Koaxial – Messleitungen so kurz als möglich halten, um Einstreuungen (kapazitive und induktive Beeinflussung) auf diese Messleitungen weitgehend zu vermeiden. Seite 4.24 von 24 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.0, 02/2003 5 Elektronik - Operationsverstärkerschaltungen 5.1 Funktion des Operationsverstärkers Die Arbeitsweise von Operationsverstärkern wird von ihrer äußeren Beschaltung bestimmt, während der innere Aufbau in weitem Maß für das Verständnis seiner Anwendungen unerheblich ist. Der Operationsverstärker wird je nach äußerer Beschaltung entweder in linearen Anwendungen als Verstärker für Spannungen und Ströme verwendet (siehe Kap. 5.2) oder in nichtlinearen Anwendungen als Schalter (siehe Kap. 5.3), wobei dieser sowohl für Gleichsignale als auch für Wechselsignale Verwendung findet. Für Wechselsignale hoher Frequenz sind jedoch gewisse Einschränkungen zu beachten. I1+ UD I1- U2 U1+ U1- - UB 0V + UB Abb. 5.1 Der Operationsverstärker (kurz OPV) weist die in Abb. 5.1 gezeigten Anschlüsse auf. Zur Versorgung der inneren Elektronik des OPV sind an die bestimmungsgemäßen Anschlüsse die positive Versorgungsspannung (+UB, „Betriebsspannung“) und die negative Versorgungsspannung (-UB) anzuschließen. Die Größe dieser Spannung ist vom jeweiligen OPV- Typ abhängig und wird im entsprechenden Datenblatt angegeben (z.B. ± 12 V, ± 15 V). Die Null Volt-Anschlüsse für Versorgungsspannung, Ein- und Ausgangsspannung sind miteinander verbunden. Die Eingangsklemmen werden invertierender (-) Eingang, bzw. nicht-invertierender (+) Eingang genannt, was sich aus folgender prinzipiellen Funktion des OPV erklärt: U 2 = V0 (U1+ − U1− ) = V0 UD (5.1) V0 ist die offene Verstärkung, d.h. Verstärkung des unbeschalteten OPV. (im Gegensatz zur Verstärkung mit Gegenkopplung) Der OPV verstärkt die unmittelbar an seinen Eingängen anliegende Differenzspannung UD um den Verstärkungsfaktor V0. Die Verstärkung V0 beträgt im realen Fall ca. 104 - 107, für idealisierte (und in der Praxis ausreichend genaue) Überlegungen kann sie jedoch als unendlich groß angesehen werden. Seite 5.1 von 14 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.0, 02/2003 Wenn nun als U1+ eine positive Gleichspannung (gegenüber 0 V) und als U1- die Spannung 0 V angelegt wird, dann ergibt sich eine positive Eingangsdifferenzspannung UD. Diese wird vom OPV mit V0 verstärkt an den Ausgang gelegt (U2), wie folgendes Zahlenbeispiel zeigt: Beispiel: U1+ = 1 V, U1- = 0 V, V0 = 106 → U2 = 106 1 = 1000000 V = 1 MV (??) Der OPV würde also an seinem Ausgang eine Spannung von 1 Mio. Volt erzeugen, was natürlich nicht möglich ist, wie folgenden Überlegung zeigt: Abb. 2 zeigt vereinfacht, dass im Inneren des OPV der Ausgang über Transistoren (vereinfacht als steuerbare Stromquellen anzusehen) mit +UB, bzw. -UB verbunden ist. Somit kann U2 in positiver Richtung maximal +UB minus ca. 2 V als Spannungsabfall am Transistor aufweisen, bzw. in negativer Richtung maximal einen Wert, welcher um den Transistorspannungsabfall von ca. 2 V positiver ist als -UB. Beispiel: → → +UB = +15 V -UB = -15 V U2,max = 15 - 2 = 13 V U2,min = -15 - (-2) = -13 V U2,max und U2,min müssen nicht notwendigerweise betragsmäßig gleich groß sein. + UB UD -UB - U1+ U1- U2 Abb. 5.2 Daraus ergibt sich, dass der OPV die Eingangsdifferenzspannung UD um den Faktor V verstärkt an den Ausgang (U2) liefert (und dies in einem linearen Verhältnis zwischen UD und U2; linearer Bereich des OPV), dies jedoch nur soweit es ihm von der ihn versorgenden Betriebsspannung ermöglicht wird. Sobald also UD so groß ist, dass U2 den maximalen Wert in positiver oder negativer Richtung erreicht, kann U2 nicht weiter steigen (die Transistoren sind bereits voll durchgesteuert). Abb. 5.3 zeigt diese Begrenzung für folgende Werte: +UB = +15 V, -UB = -15 V, V0=106 U2 [V] +13 -15 U2 ideal real ideal real UD +15 [µV] -13 Begrenzung linear Begrenzung Seite 5.2 von 14 UD U0 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.0, 02/2003 Abb. 5.3 Es wird deutlich, dass bereits bei einer sehr kleinen Eingangs-Differenzspannung UD von lediglich ca. 10 µV (= 10 10-6 V) der OPV an den Anschlag getrieben wird. Für Anwendungen als linearer Verstärker (d.h. zum Erzeugen einer zur Eingangsspannung UD proportionalen Ausgangsspannung) ist der OPV ohne äußere Zusatzbeschaltung nicht verwendbar. Kleinste Eingangsspannungen, wie z.B. durch elektrostatische Aufladung der Luft, führen bereits zum „Endausschlag“ des OPV (Übersteuerung). Für das lineare, definierte Verstärken von Spannungen ist also der OPV von außen mit einer geeigneten Beschaltung zu versehen (z.B. Gegenkopplung mit Ohm’schen Widerständen) Ohne äußere Beschaltung mittels Gegenkopplung ist der OPV nur in nichtlinearer Anwendung als Komparator einsetzbar (siehe Kap. 5.3). Wechselspannungen: Die Ausführungen bezüglich Linearität gelten natürlich ebenso für Wechselspannungen, welche bei Übersteuerung sowohl im positiven als auch im negativen Bereich auf den Maximalwert begrenzt werden. Weiters ist für hohe Frequenzen eine Abnahme der Verstärkung und eine Phasenverschiebung festzustellen. Offsetspannung: Wie die Detailansicht der Abb. 5.3 zeigt, verläuft die Kennlinie nur für idealisierte Betrachtungen durch den Koordinaten-Nullpunkt, während in Realität die sogenannte Offsetspannung U0 berücksichtigt werden muss. Erklärung: Der OPV weist zwei separate Eingänge (+,-) auf, die im Inneren zwei verschiedenen Verstärkerstufen zugeführt werden. Nichtideale Eigenschaften des OPV (z.B. Bauteiltoleranzen, nicht exakt identische Eigenschaften der beiden Stufen) führen nun dazu, dass bei Anlegen der Spannung UD = 0 V der OPV am Ausgang eine von Null verschiedene Spannung U2 erzeugt (siehe Abb. 5.3 rechts). Die Offsetspannung U0 ist nun jene Spannung, welche als Differenzspannung UD am Eingang des OPV anzulegen ist, um U2 auf Null zu bringen. 5.2 Lineare Anwendungen Gegenkopplung Wie bereits in Kap. 5.1 erläutert, ist der OPV als linearer Verstärker nur dann einsetzbar, wenn er außen in Form einer Gegenkopplung beschaltet wird. Gegenkopplung bedeutet, dass ein Teil der Ausgangsspannung an den invertierenden (-) Eingang rückgeführt wird, und dort somit die verursachende Eingangsdifferenzspannung UD verringert. Im Unterschied dazu wird bei einer Mitkopplung (siehe Kap. 5.3) ein Teil der Ausgangsspannung des OPV auf den nicht-invertierenden (+) Eingang rückgeführt. Seite 5.3 von 14 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.0, 02/2003 5.2.1 Nicht-invertierender Verstärker I1+ ~ 0 + 15 V I2 UD ~ 0 - 15 V R1 IA I1- ~ 0 U1 IA Ug U2 R2 0V Abb. 5.4 Wirkungsweise Aufgrund des inneren OPV- Aufbau (unendlich hoher Eingangswiderstand) können die Eingangsströme I1+, I1- mit Null angesetzt werden. Der Ausgangsstrom der Schaltung (I2) ist im Leerlauf Null (d.h., wenn keine weiteren Verbraucher, bzw. wenn Verbraucher mit unendlich hohem Eingangswiderstand an U2 angeschlossen sind). Gegenkopplung: Die folgenden Betrachtungen gelten für den ersten, unmittelbar dem Einschalten der Eingangsspannung U1 ( =U1+) folgenden Zeitabschnitt. Der OPV weist eine begrenzte Reaktionsgeschwindigkeit auf, d.h., die Anstiegsgeschwindigkeit der Ausgangsspannung (dU2/dt) ist aufgrund der Innenschaltung des OPV limitiert (z.B. 5 V/µs). 1. Zeitpunkt: Es sei z.B. die Eingangsspannung U1 (=U1+, nicht-invertierend) ein positiver Gleichspannungswert von +5 V, und U1- gleich 0 V. Der OPV verstärkt diese positive Eingangsdifferenzspannung UD = + 5 V mit der Verstärkung V = ∞. Im ersten Augenblick wird nun U2 auf einen positiven Wert ansteigen, und entsprechend dem SpannungsteilerVerhältnis der beiden Widerstände R1, R2 wird auch die Gegenkopplungsspannung Ug ansteigen: Ug R2 = Ug = U2 R1 + R 2 (5.2) R2 U2 R1 + R 2 (5.3) Da Ug = U1- ist, wird die Spannung UD mit diesem Anstieg von Ug wie folgt kleiner: Seite 5.4 von 14 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.0, 02/2003 UD = U1+ − U1− = U1+ − Ug (5.4) 2. Zeitpunkt: Somit steigt U2 um einen gegenüber dem vorigen Zeitpunkt kleineren Wert an, was durch den Spannungsteiler R1, R2 auch für Ug gilt, so dass UD ebenfalls geringer wird. 3. Zeitpunkt: Der selbe Vorgang wiederholt sich nun mit einer wiederum kleineren Spannung UD. Die geschilderten Vorgänge setzen sich solange fort, bis die Ausgangsspannung U2 des OPV gerade so groß geworden ist, dass die Eingangsdifferenzspannung UD durch die von U2 verursachte Gegenkopplungsspannung Ug zu Null geworden ist (bei unendlich hoher Verstärkung V0 des OPV; bei realen Werten für V0 wird UD einen von Null verschiedenen, aber sehr kleinen Wert annehmen). U 2 = V0 UD = V0 (U1 − U g ) = V0 (U1 − R2 U2 ) R1 + R 2 (5.5) Dieser „Einschwingvorgang“ der Gegenkopplung wurde zeitlich gedehnt geschildert und ist in Realität wenige µs nach dem Zuschalten von U1 (=U1+) abgeschlossen. Resümee: Bei Beschaltung des OPV in Form einer Gegenkopplung kann unmittelbar nach dem Einschalten mit UD ≈ 0 V gerechnet werden. Daraus folgt (z.B. durch Ansetzen der Kirchhoff´schen Maschengleichung für den Eingangskreis: U1 - Ug - UD = 0, mit UD = 0), dass die Eingangsspannung U1 gleich der Gegenkopplungsspannung Ug ist. Für den als nicht-invertierender Verstärker beschalteten OPV gilt somit folgender Zusammenhang zwischen Ausgangsspannung U2 und Eingangsspannung U1: U 2 = (1 + R1 ) U1 R2 (5.6) Der Eingangsstrom I1 in dieser Schaltung ist gleich dem OPV- Eingangsstrom I1+ und somit näherungsweise gleich Null, so dass der Eingangswiderstand des nicht-invertierenden Verstärkers als unendlich hoch betrachtet werden kann. 5.2.2 Spannungsfolger (Impedanzwandler) I1+ ~ 0 + 15 V I2 UD ~ 0 - 15 V RL U2 I1- ~ 0 U1 0V 0V Abb. 5.5 Seite 5.5 von 14 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.0, 02/2003 Ein Vergleich der Abb. 5.5 mit Abb. 5.4 zeigt, dass der Spannungsfolger lediglich einen Sonderfall des nicht-invertierenden Verstärkers mit R1 → 0 und R 2 → ∞ darstellt. Daraus folgt für den Zusammenhang zwischen U2 und U1 U 2 = (1 + 0 ) U1 ∞ (5.7) U2 = U1 (5.8) Es „folgt“ also die Ausgangsspannung U2 direkt und mit selbem Vorzeichen der Eingangsspannung U1. Der Sinn der Schaltung erklärt sich aus der zweiten Bezeichnung „Impedanzwandler“, denn dieser weist einen sehr hohen (für „ideale“ OPV: unendlich hohen) Eingangswiderstand und einen sehr kleinen (für „ideale“ OPV: Null Ohm) Ausgangswiderstand auf. Dadurch wird z.B. eine dem OPV vorgeschaltete Schaltung nicht belastet, da von dieser kein Strom in Richtung der hochohmigen OPV- Schaltung abfließt. Die Energie zur Versorgung der Last RL (P = U2 I2) wird über die OPV- Versorgung zugeführt. 5.2.3 Invertierender Verstärker Ig R1 R2 + 15 V Ie I1-~0 I2=0 UD~0 Ia - 15 V I1+~0 U1 Ug U2 0V Abb. 5.6 Hier wird wiederum eine Gegenkopplung angewendet, d.h. Rückkopplung des Ausgangs auf den invertierenden (-) Eingang. Seite 5.6 von 14 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.0, 02/2003 Wirkungsweise Auf Grund seines inneren Aufbaus (unendlich hoher Eingangswiderstand) können die Eingangsströme I1+, I1- mit Null angesetzt werden. Der Ausgangsstrom der Schaltung (I2) ist im Leerlauf Null (d.h., wenn keine weiteren Verbraucher an U2, bzw. wenn Verbraucher mit unendlich hohem Eingangswiderstand angeschlossen sind). Gegenkopplung: Die folgenden Betrachtungen gelten für den ersten, unmittelbar auf das Einschalten der Eingangsspannung U1 folgenden Zeitabschnitt. 1. Zeitpunkt: Es sei z.B. die Eingangsspannung U1 ein positiver Gleichspannungswert von +5 V, während U1+ durch die Verbindung zur Masse (0 V) immer Null Volt beträgt, so dass im ersten Zeitpunkt UD gleich -5V ist. Der OPV verstärkt nun diese negative UD mit V0 = ∞. Im ersten Augenblick wird nun U2 auf einen negativen Wert ansteigen, d.h., dass nun folgender Ersatzstromkreis vorliegt: Ig R1 R2 Ie Ia U1 Ug 0V U2 0V Abb. 5.7 Da nun U1 positiv ist und U2 negativ wird, verschiebt sich auch die GegenkopplungsSpannung Ug ( = U1- des OPV) mit negativer werdender U2 in negative Richtung (entsprechend dem Spannungsteiler-Verhältnis der beiden Widerstände R1, R2). Durch die negativer werdende OPV- Eingangsspannung U1- (= Ug) wird UD kleiner, so dass auch der Anstieg von U2 (=V0 UD) kleiner wird. Dieser Vorgang wiederholt sich nun solange, bis die Ausgangsspannung U2 des OPV gerade so groß geworden ist, dass die Eingangsdifferenzspannung UD durch die von U2 verursachte Gegenkopplungsspannung Ug zu Null geworden ist (bei unendlich hoher Verstärkung V0 des OPV), bzw. bei realen Werten für V0 wird UD einen von Null verschiedenen, aber sehr kleinen Wert annehmen. Anmerkung: Für negative Eingangsspannungen ergeben sich negative Werte für die Ströme entsprechend dem Stromzählpfeilsystem von Abb. 5.7, d.h. der Strom (positive Ladungsträger) fließt physikalisch entgegengesetzt zur Richtung der Strompfeile. Dieser ganze „Einschwingvorgang“ der Gegenkopplung wurde zeitlich gedehnt geschildert und ist in der Realität unmittelbar nach dem Einschalten der Eingangsspannung U1 abgeschlossen. Seite 5.7 von 14 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.0, 02/2003 Resümee Bei Beschaltung des OPV mit einer Gegenkopplung kann unmittelbar nach dem Einschalten mit UD ≈ 0 V, also mit Ug ≈ 0 V gerechnet werden. Durch Anwendung der Kirchhoff´schen Knotenregel erhält man folgende Beziehung: I1 = Ig U1 − U g R1 = − (U 2 − U g ) U1 − U 2 = R1 R2 R2 mit Ug = 0 V Für den als invertierender Verstärker beschalteten OPV gilt somit folgender Zusammenhang zwischen Ausgangsspannung U2 und Eingangsspannung U1: U2 = − R2 U1 R1 (5.9) U1 wird also mit dem Faktor R2/R1 verstärkt und invertiert, das bedeutet für Gleichspannungen eine Vorzeichenumkehr, bzw. für Wechselspannungen eine Phasenverschiebung von 180°. Der Eingangsstrom I1 in diese Schaltung ist, wie die Abb. 5.6 zeigt, im Gegensatz zum nichtinvertierenden Verstärker nicht gleich dem OPV- Eingangsstrom (I1-) sondern gleich dem über die Gegenkopplung fließenden Strom Ig und somit auch nicht näherungsweise gleich Null. Folglich ist der Eingangswiderstand des invertierenden Verstärkers nicht unendlich hoch. Linearität Man sieht bei den bisherigen Schaltungen, dass die Ausgangsspannung U2 jeweils durch die äußere Beschaltung mit Widerständen bestimmt in einem linearen (proportionalen) Verhältnis zur Eingangsspannung U1 steht. Dies gilt jedoch immer nur für den Fall, dass der OPV nicht übersteuert wird, also U2 sich immer zwischen Ua,max und Ua,min bewegt. Beispiel: Invertierender Verstärker, U1 = 2 V, Scheitelwert, Sinus, R1 = 1 kΩ, R2 = 10 kΩ 10 --> U 2 = U1 = 20 V, Scheitelwe rt, Sinus (siehe Abb. 5.8) 1 Es ergibt sich ein sinusförmiger, zu u1(t) proportionaler Verlauf von u2(t) lediglich in jenen Zeitintervallen, in welchen der OPV nicht übersteuert wird, während in den übrigen Bereichen die Sinus-Spannung „abgekappt“ wird. Seite 5.8 von 14 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.0, 02/2003 u(t) [V] u2(t) 20 13 2 t -2 10 [ms] 20 u1(t) -13 -20 Abb. 5.8 Bei Übersteuerung des OPV verliert jede linear angewendete OPV- Schaltung ihre Linearität! 5.3 Nichtlineare Anwendungen 5.3.1 Komparator + 15 V I1-~0 I1+~0 Ue1 I2=0 - 15 V Ue2 U2 0V Abb. 5.9 Wie bereits in Kap. 5.1 angeführt, kann der unbeschaltete OPV nicht als linearer Verstärker verwendet werden. Die einzige Anwendung des OPV ohne äußere Beschaltung stellt der Vergleich zweier Spannungen dar („Komparator“). In dieser Schaltung erzeugt der OPV am Ausgang - abhängig vom Vorzeichen der Eingangsdifferenzspannung UD und somit abhängig davon, ob Ue1 größer oder kleiner als Ue2 ist - entweder die maximale Spannung U2,max = UB - 2 V, oder die minimale Spannung U2,min = -UB - (- 2 V). Seite 5.9 von 14 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.0, 02/2003 U 2 = U 2,max = +UB − 2 V ..... für U e1 > U e 2 (5.10) U 2 = U 2,min = −UB + 2 V ..... für U e1 < U e 2 (5.11) Dieser Sachverhalt ist in Abb. 5.10 graphisch dargestellt. ∆U ~ 20 µV U2 U2,max Ue1 Ue1=Ue2 U2,min Abb. 5.10 5.3.2 Schmitt- Trigger (Schwellwert-Schalter) Die Schaltung als Schmitt- Trigger ist derzeit nicht Inhalt und Lernstoff der Laborübungen und dient hier lediglich zur Abrundung des Themas. Die äußere Beschaltung zeigt große Ähnlichkeit mit jener des nicht-invertierenden Verstärkers, mit dem wichtigen Unterschied, dass die Rückführung des Ausgangssignals zum nicht-invertierenden (+) -Eingang hin erfolgt (Prinzip der Mitkopplung). I1- ~ 0 + 15 V UD R1 - 15 V IA I1+ ~ 0 U1 IA Um U2 R2 0V 0V Abb. 5.11 Beachte: UD ≠ 0 V (wie die folgenden Erklärungen zeigen). Wirkungsweise Der OPV an sich hat wiederum einen unendlich hohen Eingangswiderstand, so dass die Eingangsströme mit Null angesetzt werden können (I1+ = I1- = 0). Seite 5.10 von 14 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.0, 02/2003 Wie beim nicht-invertierenden Verstärker kann somit das Spannungsteiler-Verhältnis der Widerstände R1, R2 aufgestellt werden: Mitkopplung: Negativer Schwellwert: Es sei z.B. die Eingangsspannung U1 ( = U1-, invertierend) eine positive Gleichspannung von +5 V, und U1+ gleich Null V. Der OPV verstärkt nun diese negative EingangsspannungsDifferenz UD = - 5 V mit der Verstärkung V0 = ∞. Im ersten Augenblick wird nun U2 auf einen negativen Wert ansteigen und entsprechend dem Spannungsteiler-Verhältnis der beiden Widerstände R1, R2 wird auch die Mitkopplungsspannung Um ansteigen: Um = R2 U2 R1 + R 2 (5.12) Da Um = U1+ ist, wird UD jedoch mit diesem Anstieg von Um vergrößert: UD = U1+ − U1− = Um − U1− Das bedeutet, dass der OPV seine Ursache, i.e. die Spannung UD, vergrößert, und dadurch eine größere Spannung U2 erzeugen will (im Gegensatz zum nicht-invertierenden Verstärker, welcher UD bis auf Null verkleinert). Aus Kap. 5.1 ist bereits bekannt, dass U2 betragsmäßig begrenzt ist, und bei der kleinsten Abweichung der Spannung UD von Null - je nach Polarität - den maximalen oder den minimalen Wert annimmt. Der OPV nimmt also bei positiver Eingangsspannung U1 ( = U1-) sofort den minimalen Wert (-UB + 2V), z.B. -13 V, an. Daraus ergibt sich für Um ein von den Widerständen R1, R2 abhängiger, ebenfalls negativer Wert. Um,min = R2 U 2,min R1 + R 2 (5.13) Solange nun U1 positiver ist als dieser negative Wert von Um („negativer Schwellwert“), ist UD < 0 V und U2 = U2,min bzw. Um = Um,min. Positiver Schwellwert: Wenn nun U1 negativer wird als der genannte negative Wert von Um, dann wird UD > 0 V, und U2 springt sofort auf den maximalen Wert (+UB - 2 V), bzw. Um daraus resultierend ebenfalls auf einen maximalen, positiven Wert. Um,max = R2 U 2,max R1 + R 2 (5.14) Solange nun U1 negativer ist als dieser positive Wert von Um („positiver Schwellwert“), ist UD > 0 V und U2 = U2,max, bzw. Um = Um,max. Im folgenden Beispiel sind diese Ausführungen exemplarisch für eine sinusförmige Eingangsspannung U1 skizziert. Dabei ist die sehr hohe Übergangsgeschwindigkeit, welche durch den OPV- Typ bestimmt wird, durch Doppelpfeile dargestellt. Seite 5.11 von 14 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen U2 u(t) +13 -2 Version 3.0, 02/2003 [V] u2(t) 13 U1 2 u1(t) t 2 [ms] -2 -13 -13 Abb. 5.12 Beispiel: Abb. 5.13 (Abb.5.12 und 5.13):U1 = 2 Veff, Sinus U2,max = +13 V R1 = 5.5 kΩ U2,min = -13 V R2 = 1 kΩ 1 13 = +2 V Um,max = 5. 5 + 1 1 Um,min = ( −13) = −2 V 5. 5 + 1 Im Unterschied zum Komparator, welcher für positive und für negative Richtung ein und denselben Schwellwert aufweist, sind diese beim Schmitt- Trigger unterschiedlich. Es besteht eine Schalthysterese zwischen positivem und negativem Schwellwert (siehe Abb. 5.10, Abb. 5.12). 5.3.3 Astabiler Multivibrator Die Schaltung als astabiler Multivibrator ist derzeit nicht Inhalt und Lernstoff der Laborübungen und dient hier lediglich zur Abrundung des Themas. I1- ~ 0 + 15 V UD R3 - 15 V R1 IA C I1+ ~ 0 U1 IA Um 0V U2 R2 0V Abb. 5.14 Seite 5.12 von 14 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.0, 02/2003 Die Schaltung des astabilen Multivibrators ist ein Schmitt- Trigger, dessen Ausgangsspannung über einen RC- Tiefpass wieder auf den Eingang rückgeführt wird (Abb. 5.14). Zur Erläuterung sei Abb. 5.15 betrachtet: Das bereits bekannte Kippen der Ausgangsspannung ist strichpunktiert dargestellt, wie es für einen reinen Schmitt- Trigger auftreten würde, wobei für die Anschaulichkeit dieselben Kippspannung (+2 V, -2 V) wie in Abb. 5.13 gewählt wurde. Wenn man vom Schmitt- Trigger ausgeht, dann würde die Ausgangsspannung des OPV immer dann auf -13 V springen, wenn U1 größer wird als +2 V, bzw. auf +13 V, wenn U1 kleiner als -2 V wird. U1 [V] τ 13 2 t -2 5 10 15 20 25 30 [ms] U2,Schm.-Tr. -13 Abb. 5.15 Nun ist jedoch die Wirkung des Kondensators C zu berücksichtigen, welcher über den Widerstand R3 von der Ausgangsspannung U2 des OPV aufgeladen. In Abb. 5.16 ist dieses Detail der Aufladung eines Kondensators über einen Widerstand nochmals gezeichnet (mit denselben Spannungsbezeichnungen wie in Abb. 5.14), für welches bekanntermaßen gilt: UC = U1 = U 2 (1 − e − t τ (5.15) ) mit τ = R3 C (5.16) Daraus wird deutlich, dass sich die Kondensatorspannung (d.h. die Eingangsspannung U1 des Multivibrators) gemäß einer e-Funktion an die vorne anliegende, rechteckförmige Spannung (d.h. Ausgangsspannung U2 des OPV) annähert (Abb. 5.17). Seite 5.13 von 14 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen u(t) [V] Version 3.0, 02/2003 τ 13 u2(t) u1(t) R3 U2 C U1 0V t 5 10 Abb. 5.16 15 20 25 [ms] Abb. 5.17 Der Ladevorgang in der Abb. 5.17 ist im Spannungsverlauf des Multivibrators (siehe Abb. 5.15) deutlich wiederzuerkennen. Bei einem gerade aktuellen Wert der OPVAusgangsspannung U2 von +12 V steigt die Eingangsspannung U1 ausgehend von -2 V gemäß einer e-Funktion mit dem Endwert +12 V an (punktierter Verlauf), und sobald U1 den Wert der positiven Kippspannung (in diesem Beispiel +2 V) erreicht, springt U2 auf -12 V. Nun gelangt diese negative Spannung an den Tiefpass (bestehend aus R3, C), so dass sich der Kondensator C unmittelbar auf den Wert -12 V umzuladen beginnt, und die Spannung U1 gemäß einer e-Funktion mit dem Endwert -12 V absinkt, bis diese den Wert der negativen Kippspannung (-2 V) erreicht hat und sich das Spiel wiederum umkehrt. Der astabile Multivibrator weist keinen stabilen Zustand auf, er erzeugt vielmehr eine Dauerschwingung mit dem in Abb. 5.15 gezeigten Verlauf, wobei der Wert des Umschaltpunktes (im gezeigten Beispiel +2 V, -2 V) von den Werten des Widerstandsteilers R1, R2 abhängt, die Frequenz wird weiters auch von den Werten R3 und C bestimmt wird τ = RC . Seite 5.14 von 14 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 6 Elektrische Energieverteilung, Sicherheitstechnik 6.1 Elektrische Energieverteilung KraftwerksGenerator Trafo Trafo Trafo Haushalt G Höchstspannungsnetz Hochspannungsnetz Mittelspannungsnetz Niederspannungsnetz (220 kV) (110 kV) (20 kV) (400 V) Abb. 6.1 Abb. 6.1 zeigt das prinzipielle Schema der Energieübertragung vom Kraftwerksgenerator bis hin zum Hausanschluss. Dabei werden für die Überwindung der längsten Distanzen höchste Spannungsniveaus verwendet, die dann zur Feinverteilung auf niedrigere Niveaus transformiert werden, bis hin zur 400 V - Spannungsverteilung (verkettete Spannung im unmittelbaren Siedlungsbereich. Die elektrische Energieübertragung über große Distanzen erfolgt auf möglichst hohem Spannungsniveau, um die Verluste in den Zuleitungen gering zu halten. Diese Aussage soll anhand folgender Abb. 6.2 veranschaulicht werden: RL I UG UL UN PN Abb. 6.2 Ausgangspunkt der Überlegungen ist als Verbraucher z.B. eine Transformatorstation mit einer bestimmten Leistungsaufnahme PN, die als konstante Größe vorgegeben sei (z.B. 200 kW zur Versorgung einer Siedlung). UN bezeichnet die „Netzspannung“, mit welcher der Verbraucher gespeist werden soll. Seite 6.1 von 8 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Die Formel für die vorgegebene Leistungsaufnahme des Verbrauchers lautet: PN = I UN (6.1) Der gesamte Leitungswiderstand der Hin- und Rückleitung ist durch RL symbolisiert und wird durch folgende allgemeine Formel berechnet: RL = ρl A (6.2) wobei ρ .... spezifischer Widerstand des Leitermaterials l ..... gesamte Leitungslänge A ... Leitungsquerschnittsfläche Die gesamte Verlustleistung PL der Leitung (Hin- und Rückleitung) ergibt sich zu: PL = I UL = I 2 R = I2 ρl A (6.3) Mit Berücksichtigung der Gleichung (6.1) folgt für die Leitungsverluste PL: 2 P ρ⋅l PL = N UN A (6.4) Nachdem der spezifische Widerstand ρ für ein bestimmtes Leitermaterial und die Leitungslänge l vorgegeben sind, kann eine Verringerung der Verlustleistung PL in der Leitung lediglich durch Erhöhung der Spannung UN oder durch Erhöhung des Leitungsquerschnittes A erfolgen. Da einerseits der Erhöhung des Querschnittes A naturgemäß Grenzen gesetzt sind und andererseits durch die quadratische Abhängigkeit die Beeinflussung der Spannung größere Auswirkung auf eine Verringerung von PL besitzt, werden zur Energieübertragung über weite Distanzen hohe Spannungsniveaus verwendet. Anmerkung: Im Zuge einer Harmonisierung der Spannungsniveaus verschiedener Staaten wurde vor einigen Jahren das damalige Niveau 220 V, bzw. 380 V auf das Niveau 230 V, bzw. 400 V geändert. Seite 6.2 von 8 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 6.2 Schutzmaßnahmen in Elektrischen Netzen 6.2.1 „5 Sicherheitsregeln“ Für das Arbeiten an elektrischen Anlagen sind folgende fünf Sicherheitsregeln in der angegebenen Reihenfolge unbedingt einzuhalten: 1. 2. 3. 4. 5. Allpolig und allseitig abschalten ! Gegen Wiedereinschalten sichern ! Auf Spannungsfreiheit prüfen ! Erden und Kurzschließen ! Benachbarte spannungsführende Teile abdecken und Gefahrenstellen eingrenzen ! Vor dem Wiedereinschalten der Anlage ist sinngemäß in umgekehrter Reihenfolge vorzugehen ! 6.2.2 Berühren spannungsführender Teile In der einführenden Sicherheitsbelehrung wurde erklärt, dass international genormt Spannungen über 50 V (Effektivwert) als gefährlich eingestuft werden, so dass deren Berühren unter allen Umständen verhindert werden muss. Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten, mit spannungsführenden Teilen von elektrischen Verbrauchern in Berührung zu kommen. Direktes Berühren Damit wird das Berühren von betriebsmäßig unter Spannung stehenden Teilen verstanden, wie z.B. beim Öffnen des Gerätegehäuses zu Reparaturzwecken. Dieses Berühren setzt also ein Fehlverhalten des Bedieners voraus, indem die fünf Sicherheitsregeln für Arbeiten an elektrischen Anlagen nicht vollständig eingehalten wurden. Indirektes Berühren Dies bezeichnet das Berühren von betriebsmäßig nicht unter Spannung stehenden Anlagenteilen, wie z.B. das Metallgehäuse eines Heizstrahlers. Hier liegt also kein Bedienungsfehler vor, sondern es ist die Folge eines Isolationsfehlers zwischen inneren spannungsführenden Geräteteilen und dem außen zugänglichen Gehäuse. Seite 6.3 von 8 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 6.2.3 Schutz vor indirektem Berühren Wenn auch jedes elektrische Gerät mit einer Isolation versehen ist, so muss doch davon ausgegangen werden, dass diese im Lauf der Zeit altert und schadhaft werden kann. Folglich sind zusätzliche Maßnahmen notwendig, um indirektes Berühren von spannungsführenden Geräteteilen zu verhindern, wobei man - abhängig vom verwendeten Gerätetyp - prinzipiell drei Schutzprinzipien unterscheidet. Schutzkleinspannung Geräte, die mit Spannungen bis maximal 42 V betrieben werden ( = „Schutzkleinspannung“), benötigen keinen besonderen Berührungsschutz. Derartige Verbraucher finden für kleine Leistungen sowie bei besonderen Sicherheitsauflagen Anwendung (z.B. Klingel, Türöffner, Kinderspielzeug mit max. 24 V). Da die Leistung gleich ist dem Produkt aus Spannung und Strom, würden beim Betrieb eines Verbrauchers mit größerer Leistung (z.B. Heizstrahler) bei Verwendung einer derart kleinen Spannung große Ströme fließen. Dies würde größere Verluste erzeugen und höhere Leitungsquerschnitte erfordern, so dass deren Betrieb an kleiner Spannung nicht sinnvoll ist. Die Anschlussstecker dürfen keinesfalls in Steckdosen für höhere Spannung (z.B. 220 V Steckdose) passen, um Beschädigungen des Geräts zu vermeiden ! Schutzisolierung Unterwerk (Drehstromtrafo) 230 V L1 Haushalts-Stromkreis Schuko-Steckdose Sicherungen ("Schutzkontakt") L2 400 V elektrischer Verbraucher L3 N PE Verlängerungs- Gerätekabel Anschlußkabel Basisisolierung (Betriebsisolierung) Abb. 6.3 Seite 6.4 von 8 Schutzisolierung Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Geräte mit Schutzisolierung weisen zusätzlich zur Betriebsisolierung (Basisisolierung) eine zweite Isolierung auf, womit selbst bei der oben angeführten Möglichkeit einer schadhaften Betriebsisolierung weiterhin Berührungsschutz besteht (Abb. 6.3). Die Anschlusskabel dieser Geräte weisen keinen Schutzleiter (s.u.) auf und sind somit mit dem typischen, zweipoligen Flachstecker versehen. Da der Schutz durch die zusätzliche Isolierung erfolgt, darf kein Kabel mit Schutzleiter (s.u.) direkt an das Gerät angeschlossen werden. Die Anschlusskabel dieser Geräte bilden also eine untrennbare Einheit mit dem Gerät und können nicht vom Gerät abgesteckt werden. Dadurch wird gewährleistet, dass ein Kabel mit Schutzleiter (z.B. herkömmliches Verlängerungskabel, wie in Abb. 6.3 gezeigt) nicht direkt an das Gerät sondern lediglich an das geräte- eigene Anschlusskabel angeschlossen wird und der Schutzleiter (PE-Leiter; s.u.) nicht zum Gerät gelangt. Abb. 6.4: Symbol auf schutzisolierten Geräten Das Symbol in Abb. 6.4 gibt an, dass das betreffende Gerät schutzisoliert ist. Schutzleiter Geräte mit elektrisch leitfähigem Gehäuse müssen die Versorgungsspannung angeschlossen werden. leitende Verbindung zwischen Gehäuse und dem Transformators dar. Der Schutzleiter wird auch Earth“). über einen sogenannten Schutzleiter an Dieser Schutzleiter stellt eine elektrisch Mittelpunkt (Nullpunkt) des speisenden als PE- Leiter bezeichnet („Protection Der Schutzleiter hat eine genormte, grün-gelb gestreifte Farbe und darf keinesfalls an spannungsführende Leitungen angeschlossen werden ! Die Anschlusskabel weisen rundliche Schutzkontakt-Stecker („Schuko“-Stecker) auf, welche neben den zwei Betriebsleitungen für den Stromhinfluss und Stromrückfluss den Schutzleiterkontakt in doppelter Ausführung enthalten. Als Beispiel wird in den Abb. 6.5 und 6.6 ein einphasiger 230 V - Verbraucher betrachtet, für welchen die Spannung der angedeuteten 230 V - Steckdose durch Verbindung der Hausanschlussleitung mit Phase und Mittelpunkt im Unterwerk hergestellt wird (siehe Kap. 3 - dreiphasige Verbraucher). Vom Unterwerk ist die in Stern geschaltete Sekundärseite des speisenden Drehstromtransformators dargestellt. Bei Sternschaltung eines dreiphasigen Erzeugers oder Verbrauchers liegt zwischen zwei Außenleitern (Phasen) die „verkettete“ Spannung (400 V für das Haushalts-Stromnetz) und zwischen einer Phase und dem Mittelpunkt (Nullpunkt) die Phasenspannung (= Uverk/√3 = 230 V bei Uverk = 400 V) an. Daraus ergeben sich die beiden in Haushalten verfügbaren Spannungsniveaus (230 V für einphasige Steckdosen und 400 V für Drehstromsteckdosen, z.B. Waschmaschine). FI- Schutzschalter Seite 6.5 von 8 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Der FI- Schutzschalter, auch Fehlerstrom-Schutzschalter genannt (F ... für Fehler, I ... für Stromstärke), dient zur Differenzstrom-Überprüfung (siehe Abb. 6.5 und Abb. 6.6). Wenn I1 gleich I2 ist, dann bleibt der FI- Schutzschalter inaktiv, wenn jedoch I1 ≠ I2 wird, dann ist dies auf jeden Fall ein Fehlerfall, da der Strom nicht mehr betriebsmäßig über den N-Leiter zurückfließt, und der FI- Schutzschalter löst aus, d.h. er unterbricht die Stromzufuhr zum Verbraucher (strichliert eingezeichneter Wirkpfeil am FI- Schutzschalter in Abb. 6.5, Abb. 6.6). Der FI- Schutzschalter ist im Haushalts-Verteilerkasten montiert und sollte monatlich einmal mit der Prüftaste ( = bewusste, gezielte Auslösung mittels kleinem Prüf-Differenzstrom) auf Funktionsfähigkeit überprüft werden. FI- Schutzschalter im Normalbetrieb Unterwerk (Drehstromtrafo) 230 V L1 L2 Haushalts-Stromkreis Sicherungen I1 Schuko-Steckdose ("Schutzkontakt") 400 V L3 FI-Schutzschalter N I2 elektrischer Verbraucher PE Abb. 6.5: Normalbetrieb: FI- Schutzschalter löst nicht aus Im normalen Betriebsfall fließt der Strom von L1-Anschluss des Unterwerkes über den FISchutzschalter, Verbraucher und wieder FI- Schutzschalter zurück zum Mittelpunkt des speisenden Trafos. In diesem Fall ist die Größe des hinfließenden Stromes I1 gleich jener des rückfließenden Stromes I2, der FI- Schutzschalter löst nicht aus und der Stromkreis bleibt aktiv. FI- Schutzschalter im Fehlerfall Wenn ein Isolationsfehler auftritt, so dass die innen im Verbraucher vorhandene Spannung an das äußere Gehäuse gelangt (in Abb. 6.6 symbolisch durch den Strompfeil dargestellt), dann fließt der eigentliche Rückstrom I2 entweder teilweise oder vollständig über das Gehäuse und den Schutzleiter zum Mittelpunkt des Trafos zurück. Seite 6.6 von 8 Institut für Elektrotechnik Unterwerk (Drehstromtrafo) 230 V L1 L2 L3 N PE Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Haushalts-Stromkreis Schuko-Steckdose I1 ("Schutzkontakt") Sicherungen 400 V FI-Schutzschalter IF I2 elektrischer Verbraucher Abb. 6.6: Fehlerbetrieb: FI- Schutzschalter löst aus Das Wirkungsprinzip des FI- Schutzschalters hat zwei Vorteile: • Die Spannung bleibt nicht am Gehäuse bestehen (was den Bediener bei Berührung gefährden würde), sondern die Spannung wird durch den Stromfluss über den Schutzleiter sofort abgebaut. • Der über den FI- Schutzschalter rückfließende Strom I2 ist nicht mehr gleich groß wie der hinfließende Strom I1, sondern wesentlich kleiner, so dass der FI- Schutzschalter sofort bei Erkennen der Ungleichheit auslöst und den Stromkreis unterbricht. 6.2.4 Überstrom- Schutzeinrichtungen Während FI- Schutzschalter als Fehlerstromschutz fungieren, wirken Sicherungen und Sicherungsautomaten als Überstromschutz. Die Überstrom-Schutzorgane sind in Abb. 6.3, 6.5 und 6.6 vereinfacht mit „Sicherungen“ bezeichnet, obwohl im Haushaltsbereich die früher verwendeten Schmelzsicherungen vielfach durch Sicherungsautomaten ersetzt wurde. Leitungsschutzsicherungen (Schmelzsicherungen) Die Sicherungspatrone aus Porzellan ist in ihrem zylindrischen Hohlraum mit trockenem Sand gefüllt, in welchem der stromführende Leiter als feiner „Schmelzdraht“ verlegt ist. Wenn durch einen Fehler ein über dem Nennstrom der Sicherung fließender Strom auftritt, dann „schmilzt“ der feine Draht innerhalb der Sicherung durch und unterbricht somit den Stromfluss. Der umgebende Sand ist ein schlechter Wärmeleiter, um zu verhindern, dass Seite 6.7 von 8 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 sich der Schmelzdraht bei einem Überlaststrom abkühlt, noch bevor er abschmilzt und den Stromkreis unterbricht. Leitungsschutzschalter (Sicherungsautomaten) Diese vereinigen ebenso wie die Sicherungsautomaten die zwei Funktionen Überlastschutz und Kurzschlussschutz in folgender Weise: Überlastschutz: Bei kleineren Überströmen unterbricht der Automat erst verzögert den Stromfluss, wenn diese Überströme länger andauern. Kurzschlussschutz: Bei einem großen Überstrom (z.B. Kurzschluss im angeschlossenen Gerät) löst der Automat sofort aus und unterbricht den Stromfluss. Der Vorteil der Sicherungsautomaten ist ihre Wieder-Einschaltbarkeit nach Behebung des Störfalles gegenüber dem notwendigen Sicherungstausch bei Schmelzsicherungen. Seite 6.8 von 8 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 7 Magnetismus 7.1 Grundlagen magnetischer Kreise Im folgenden wird die Vorgehensweise bei der Untersuchung eines magnetischen Kreises erläutert. a.) Magnetische Durchflutung Ausgangspunkt sei ein stromdurchflossener Leiter. Wenn ein Leiter aus mehreren Windungen besteht, dann trägt der Stromfluss jeder Windung zum Erzeugen eines Magnetfeldes bei. Daraus ergibt sich die Definition für die magnetische Durchflutung Θ = wI [A] (7.1) welche die „Ursache“ des Magnetfeldes (= Summe aller in den Windungen fließenden Ströme) darstellt. Die magnetische Durchflutung ist umso größer, je mehr stromdurchflossene Windungen vorhanden sind. b.) Magnetische Erregung Aus dem Durchflutungsgesetz (vereinfacht für einen geschlossenen Kreis aus nur einem Material, z.B. geschlossener Eisenring) H lm = w I (7.2) folgt für magnetische Erregung (auch magnetische Feldstärke genannt) : H= wI lm [A/m] (7.3) wobei lm die mittlere Länge des magnetischen Pfades ist. Die magnetische Erregung ist bei gegebener Geometrie und Windungszahl proportional zur Stromstärke I. c.) Magnetische Flussdichte, Hysteresekurve Die magnetische Erregung H erzeugt nun eine magnetische Flussdichte B, deren Größe sich aus der Hysteresekurve ergibt. Seite 7.1 von 6 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Der Zusammenhang zwischen erzeugender magnetischer Erregung H und erzeugter Flussdichte B lautet: B = µH = µ wI lm [T] oder [Vs/m2] (7.4) Für die Permeabilität µ gilt: µ = µ 0 µr (7.5) wobei µ0 ... Permeabilitätskonstante in Vakuum (= 4π 10-7 [Vs/Am]) µr ... Permeabilitätszahl des verwendeten Materials: µr = 1 in Luft, µr >> 1 in ferromagnetischer Materie (gemäß Hysteresekurve). Sättigungsbereich µ r = 1 B µr >> 1 Neukurve in ferromagnetischer Materie BR Luft µ r = 1 HC H Abb. 7.1 Für Luft ergibt sich also ein proportionaler Zusammenhang zwischen B und H mit sehr kleinen erzeugten Flussdichten B gemäß dem kleinen Proportionalitätsfaktor µ=µ0 (strichliert eingezeichnete Gerade in Abb. 7.1). In einem geschlossenen, ferromagnetischen Kreis (z.B. Eisenring) ist µr nicht konstant, sondern von H abhängig und wesentlich größer als in Luft. Daher ist auch die erzeugte Flussdichte B nicht konstant, sondern verläuft entlang der werkstoffabhängigen Hystereseschleife des verwendeten Materials mit wesentlich höheren Werten als in Luft. Seite 7.2 von 6 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Man kann sich dies veranschaulichen, wenn man bedenkt, dass die magnetische Permeabilität µ auch magnetische Leitfähigkeit genannt wird, da eben bei hohen Werten für µr (also bei ferromagnetischen Materialien) aus einer gegebenen magnetischen Erregung H ein großes Magnetfeld B erzeugt wird (siehe Gleichung (7.4)), das Material also magnetisch leitfähiger ist. d.) Magnetischer Fluss Der magnetische Fluss Φ symbolisiert die Summe aller magnetischen Feldlinien in der betrachteten Materie. Die magnetische Flussdichte B ist der magnetische Fluss Φ bezogen auf die betrachtete Querschnittsfläche A, also die Summe der magnetischen Feldlinien pro Querschnittsfläche. B= φ A (7.6) Durch Umformung von (7.6) errechnet sich der magnetische Fluss mit φ=BA [Vs] (7.7) Die Hysteresekurve gibt den Magnetisierungsbedarf, d.h. die notwendige magnetische Erregung H, an, um eine bestimmte magnetische Flussdichte B (und in der Folge einen magnetischen Fluss φ) zu erzeugen. Der Zusammenhang zwischen B und H ist lediglich für Luft linear (in Abb. 7.1 strichliert eingezeichnet), jedoch ist das von einer bestimmten magnetischen Erregung erzeugte Magnetfeld (Flussdichte B) in Luft wesentlich geringer als in ferromagnetischen Materialien. Bei ferromagnetischen Materialien verläuft B in Abhängigkeit von H lediglich beim erstmaligen Magnetisieren des Materials vom Koordinaten-Nullpunkt beginnend (strichpunktiert eingezeichnete Kurve in Abb. 7.1, auch „Neukurve“ genannt). Der Normalfall ist, dass im Material auch bei Abschalten der magnetischen Erregung H noch ein Restmagnetismus erhalten bleibt (Remanenzflussdichte BR in Abb. 7.1). Erst bei einer Magnetisierung des Materials in der Größe der sogenannten „Koerzitiv- Erregung“ HC mit entgegengesetzter Polarität (z.B. Änderung der Stromflussrichtung) geht die Flussdichte B gegen Null. Bei Wechselströmen erfolgt ein ständiger Wechsel der Stromflussrichtung (siehe Sinusschwingung), so dass also in ferromagnetischer Materie ständig die Hysteresekurve entlang der Schleife durchfahren wird („Hystereseschleife“).. Die Fläche der Hysterese- Schleife ist ein Maß für die auftretenden Verluste durch das Ummagnetisieren. Materialien mit schmaler Hysterese- Schleife können mit geringeren Verlusten ummagnetisiert werden („weichmagnetische Materialien“) und werden folglich für Maschinen, Transformatoren verwendet, welche Wechselströmen ausgesetzt sind. Seite 7.3 von 6 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Materialien mit breiter Hystereseschleife verursachen bei Wechselströmen größere Verluste („hartmagnetische Materialien“) und werden deshalb für Dauermagnete verwendet, welche das Magnetfeld beibehalten sollen. Denn je breiter die Hystereseschleife ist, desto größer ist die Remanenzflussdichte BR auf der Ordinate, welche nach Abschalten der Magnetisierung (H=0) erhalten bleibt. Das magnetische Wechselfeld ist lediglich dann ebenfalls sinusförmig (sinusförmiger Verlauf von B und φ), wenn der die Erregung H erzeugende Strom nur so groß ist, dass die Flussdichte B noch im näherungsweise linearen Bereich liegt (andernfalls geht die Proportionalität zwischen H und B verloren, und ein sinusförmiger Strom erzeugt keine sinusförmige Flussdichte B mehr → Sättigungsbereich der Hysteresekurve, „das ferromagnetische Material geht in Sättigung“). 7.2 Aufnahme der Hysteresekurve Die Darstellung der Hysteresekurve erfolgt mit dem Oszilloskop (siehe Abb. 7.2), welches lediglich Spannungen als Eingangsgrößen verarbeiten kann. Daher ist es notwendig, spannungsproportionale Zusammenhänge der Größen B und H herzustellen: • zwischen der magnetischen Erregung H und einer Spannung ux, welche an den horizontalen Signaleingang des Oszilloskops angeschlossen wird, • sowie zwischen der magnetischen Flussdichte B und einer Spannung uy, die an den vertikalen Signaleingang des Oszilloskops angeschlossen wird. i2 i1 ux u1 R2 u2 i=0 Oszi uy C i2 R1 Abb. 7.2 Zusammenhang zwischen H und ux Das Magnetfeld in der gezeigten Messanordnung wird vom Strom i1 erzeugt, welcher zusammen mit den w Windungszahlen die magnetische Durchflutung Θ bildet. Die dadurch hervorgerufene magnetische Erregung H ergibt sich gemäß Gleichung (7.3) zu: H= w i1 lm (7.8) Seite 7.4 von 6 Institut für Elektrotechnik Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 Der Strom i1 ruft am Widerstand R1 gemäß Ohm’schen Gesetz eine proportionale Spannung ux hervor: u x = i1 R1 (7.9) Somit erhält man den gesuchten proportionalen Zusammenhang darzustellenden Größe H und der darstellbaren Spannung ux: H= zwischen w ux l m R1 der (7.10) Zusammenhang zwischen B und uy Das Induktionsgesetz gibt die Spannung ui an, welche bei einer zeitlichen Änderung des einen Leiter durchsetzenden Magnetfeldes im Leiter erzeugt („induziert“) wird. In unserem Fall ist die induzierte Spannung die auf der Sekundärseite vorherrschende Spannung u2, welche vom magnetischen Wechselfeld (sinusförmig, wenn im ungesättigten Bereich der Hysteresekurve) der Primärwicklung erzeugt wird. u2 = w 2 dφ d(B A ) dB = w2 = w2 A dt dt dt (7.11) wobei w2 die Windungszahl der Sekundärwicklung ist. Damit erhalten wir für die magnetische Flussdichte B: B= 1 w2 A ∫ u 2 dt (7.12) Wir benötigen nun eine Beziehung, mit deren Hilfe die Spannung uy proportional zum Integral von u2 wird. Dies wird in zwei Stufen erreicht: 1. Die Maschengleichung für den Sekundärkreis liefert in komplexer Schreibweise: 1 U 2 = I 2 R 2 + jωC (7.13) Wenn R2 >> (1/ωC) gewählt wird, gilt näherungsweise: U 2 = I2 R 2 , bzw. in Zeitdarstellung: u 2 = i 2 R 2 (7.14) 2. Es wird ein Kondensator C zu Hilfe genommen, dessen grundlegende Gleichung für die Messanordnung lautet: Seite 7.5 von 6 Institut für Elektrotechnik i2 = C Übungen zu Elektrotechnik I Laborunterlagen Version 3.1, 02/2003 du y du c =C (siehe Schaltvorgänge in Kap. 1) dt dt (7.15) Durch Umformung erhält man: uy = 1 ∫ i 2 dt C (7.16) Durch Einsetzen von Gleichung (7.13) erhalten wir eine Spannung uy, die proportional zum Integral von u2 ist (wie oben angeführt): uy = 1 ∫ u 2 dt R 2C (7.17) Somit ergibt sich folgender proportionaler Zusammenhang zwischen B und uy: B= R 2C uy w 2A (7.18) Seite 7.6 von 6