Aufladung von Verbrennungsmotoren Helmut Pucher • Karl Zinner Aufladung von Verbrennungsmotoren Grundlagen, Berechnungen, Ausführungen 4. Auflage Mit 348 Abbildungen Helmut Pucher Berlin, Deutschland Karl Zinner Augsburg, Deutschland ISBN 978-3-642-28989-7 ISBN 978-3-642-28990-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-28990-3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Vieweg © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1975, 1980, 1985, 2012 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer Vieweg ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media www.springer-vieweg.de Vorwort Das seit 1975 bislang in drei Auflagen erschienene Buch von Karl Zinner über die Aufladung von Verbrennungsmotoren ist längst zu einem „Klassiker“ der Literatur über die Aufladetechnik geworden. In Forschung und Entwicklung zu aufgeladenen Motoren Tätige stützen sich auch heute noch auf den „Zinner“, wenn es um Fragen der Grundlagen zur Aufladetechnik geht. Wenn nunmehr nach 27 Jahren die 4. Aufl. erscheint – Karl Zinner ist 1991 verstorben –, so nicht, weil die von ihm beschriebenen Grundlagen der Aufladetechnik keine Gültigkeit mehr besäßen, sondern weil sich die Welt des Verbrennungsmotors und mit ihm die Aufladetechnik seither so enorm weiterentwickelt haben, dass deren Behandlung in einem Fachbuch einer Neuausrichtung und so mancher Ergänzung bedarf. Neben der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Aufladung bei Großmotoren, die, nicht zuletzt dank der Aufladung, inzwischen effektive Wirkungsgrade bis zu 55 % erreichen können, hat seit der 3. Aufl. insbesondere die Aufladung von Fahrzeugmotoren den größten Entwicklungsschub erfahren. So sind Nutzfahrzeug- und Pkw-Dieselmotoren heute praktisch alle aufgeladen, und auch bei Ottomotoren setzt sich dieAufladung immer weiter durch. Durch Downsizing, also die Darstellung einer gewünschten Nennleistung durch einen Motor möglichst kleinen Hubvolumens, der dazu entsprechend hoch aufgeladen werden muss, gelingt es bei Pkw-Motoren, den Kraftstoffverbrauch und damit die CO2 -Emission immer weiter zu senken. Der Einsatz neuer Aufladetechniken, insbesondere der geregelten zweistufigen Aufladung, macht es möglich, zusätzlich zur Steigerung von Wirkungsgrad und Leistungsdichte auch die seit dem Erscheinen der 3. Aufl. drastisch verschärften Abgasgesetze zu erfüllen. Da auch Großmotoren inzwischen immer strengeren Umweltauflagen zu genügen haben, ihre bereits hohen Wirkungsgrade aber unbedingt erhalten bleiben bzw. sogar noch weiter gesteigert werden sollen, werden derzeit auch für diese Motorenkategorie zweistufige Aufladesysteme entwickelt. Entsprechend werden in der vorliegenden Neuauflage neben den Grundlagen der Aufladung diese neuen Aufladetechniken und Aufladestrategien behandelt und ihr Einfluss auf Kraftstoffverbrauch und Abgasemission anhand praktischer Anwendungsbeispiele verdeutlicht. Das Buch wendet sich auch in seiner 4. Aufl. in erster Linie an Ingenieurinnen und Ingenieure, die sich mit Forschung, Konstruktion und Entwicklung von aufgeladenen V VI Vorwort Motoren und den zugehörigen Aufladeaggregaten zu befassen haben, aber ebenso an Studierende des Maschinenbaus und der Fahrzeugtechnik und schließlich an alle, die ihre Kenntnisse auf diesem wichtigen und interessanten Gebiet des Motorenbaus vertiefen wollen. Dass ich diese Neuauflage erarbeiten durfte, empfinde ich als eine große persönliche Ehre. Professor Zinner kenne und schätze ich, seit ich 1968 als junger Ingenieur in die Motorenforschung der M.A.N. in Augsburg kam, die damals unter seiner Leitung stand. Damals war ich auch für ein Semester sein Vorlesungsassistent bei seiner aufladetechnischen Vorlesung an der TU München, aus deren Manuskript Zinner schließlich die 1. Aufl. dieses Buches entwickelt hat. Wer durch die Zinnersche Schule gegangen ist, konnte von ihm viel Fachliches und viel Wichtiges für das Wirken als Ingenieur und als Vorgesetzter lernen. Zu Letzterem gehörte auch, dass er seinen Mitarbeitern immer genügend Freiraum zur Entwicklung eigener Vorschläge gab und sich diesen gegenüber dann auch aufgeschlossen zeigte. Diese nachhaltigen Erfahrungen begleiteten mich auch während meines Wirkens als Hochschullehrer an der TU Berlin, wobei ich mich in meiner eigenen aufladetechnischen Vorlesung natürlich auch auf den „Zinner“ stützte. An dieser Stelle möchte ich mich beim Springer-Verlag dafür bedanken, dass er mich mit der Abfassung der vorliegenden Neuauflage betraut hat. Mein Dank gilt auch allen Autoren von Fachaufsätzen und deren Firmen für die Überlassung von aktuellem Bildmaterial. Die jeweilige Quelle ist zu den daraus entstandenen Abbildungen des Buches angegeben. Abbildungen ohne Quellenangabe sind entweder eigene Darstellungen oder so aus der 3. Aufl. übernommen. Berlin im Februar 2012 Helmut Pucher Formelzeichen und Abkürzungen Zeichen Einheit Bedeutung (Lateinische Buchstaben) A AK AT ATeff AW a a B b be c c0 cm cm cp cu cu cv D D g HA HZ Hu h h hsL hsT ht m2 m2 m2 m2 m2 – m/s s m g/kWh m/s m/s m/s m/s J/(kg · K) m/s m/s J/(kg · K) m m m/s2 kJ kJ kJ/kg m J/kg J/ kg J/ kg kJ/kg Querschnitt Kolbenfläche Turbinen (ersatz)querschnitt effektiver Turbinenquerschnitt Wandfläche Anzahl der Kurbelwellenumdrehungen je Arbeitsspiel Schallgeschwindigkeit Beschleunigungswert Breite effektiver spezifischer Kraftstoffverbrauch Absolutgeschwindigkeit isentrope Ausströmgeschwindigkeit an der Turbine Meridiankomponente der Absolutgeschwindigkeit mittlere Kolbengeschwindigkeit spezifische Wärmekapazität bei konstantem Druck Umfangsgeschwindigkeit Umfangskomponente der Absolutgeschwindigkeit spezifische Wärmekapazität bei konstantem Volumen Durchmesser Bohrung des Zylinders Schwerebeschleunigung der Erde technische Arbeitsfähigkeit des Abgases nach dem Auslass technische Arbeitsfähigkeit des Abgases im Zylinder Heizwert geodätische Höhe spezifische Enthalpie spez. isentrope Enthalpiedifferenz des Laders spez. isentrope Enthalpiedifferenz der Turbine spezifische technische Arbeitsfähigkeit VII VIII I i k k L L min M Md mA mB mE mLZ mZ ṁ ṁB ṁLZ NOx n n na nL nM nP PA Pe Pi PL PT p pA pE pe pi pr pL pZ pZmax Q QB QW q R r r S Formelzeichen und Abkürzungen A – – W/(m2 · K) m kg/kg Nm Nm kg kg kg kg kg kg/s kg/s kg/s g/kWh – min−1 , s−1 min−1 min−1 min−1 min−1 kW/m2 kW kW kW kW bar bar bar bar bar bar bar bar bar J kJ kJ J/kg J/(kg · K) – kJ/kg J/K Stromstärke Übersetzungsverhältnis Koeffizient allgemein Wärmedurchgangskoeffizient Länge Mindestluftbedarf des Kraftstoffs, massebezogen Drehmoment Drehmoment ausgeströmte Masse Kraftstoffmasse im Zylinder eingeströmte Masse Luftmasse im Zylinder Masse im Zylinder Massenstrom Kraftstoffmassenstrom Luftmassenstrom je Zylinder spezifische NOx -Emission Polytropenexponent Drehzahl Arbeitsspielfrequenz Laderdrehzahl Motordrehzahl Propellerdrehzahl Kolbenflächenleistung effektive Motorleistung innere (= indizierte) Motorleistung Laderleistung Turbinenleistung Druck Abgasdruck Einlassdruck effektiver Mitteldruck indizierter Mitteldruck Reibmitteldruck Ladedruck Zylinderdruck maximaler Zylinderdruck Wärme zugeführte Verbrennungsenergie je Arbeitsspiel Wandwärme je Arbeitsspiel spezifische Wärme (spezifische) Gaskonstante Reaktionsgrad Verdampfungsenthalpie Entropie Formelzeichen und Abkürzungen s s s T T TK TL TW TZ Tt t U u u ü VC Vf VH Vh V hL VZ V̇ v Wi WL WT w w wt x x xAGR xR Y ZAB z z m m J/(kg · K) K, ◦ C – m2 K, ◦ C K K K, ◦ C s J J/kg m/s – m3 , l m3 m3 , l m3 , l m3 , l m3 m3 /s m3 /kg J J J J/kg m/s J/kg m kg/kg, % – % J/kg ◦ KW – m IX Hub des Zylinders Wandstärke, Bauteildicke spezifische Entropie Temperatur Trimm der Radialturbine Turbinenkonstante Ladelufttemperatur Wandtemperatur Zylindertemperatur Taupunkttemperatur Zeit innere Energie spezifische innere Energie Umfangsgeschwindigkeit Übersetzungsverhältnis Kompressionsvolumen Füllvolumen Gesamthubvolumen des Motors Hubvolumen des Zylinders Hubvolumen des Laders Zylindervolumen Volumenstrom spezifisches Volumen innere Arbeit des Zylinders je Arbeitsspiel Laderarbeit je Motorarbeitsspiel Turbinenarbeit je Motorarbeitsspiel spezifische Arbeit Relativgeschwindigkeit spezifische technische Arbeit Weg absolute Feuchte der Luft Abgasrückführrate Regelweg spezifische Stutzenarbeit Zündabstand Zylinderzahl des Motors Höhenintervall zur (geodätischen) Referenzhöhe (Griechische Buchstaben) α α α αZ β W/(m2 · K) 1/K ◦ W/(m2 · K) ◦ konvektiver Wärmeübergangskoeffizient thermischer Ausdehnungskoeffizient Winkel der Absolutgeschwindigkeit konvektiver Wärmeübergangskoeffizient im Zylinder Winkel der Relativgeschwindigkeit X γ ε ε ηA ηe ηi ηm ηsT ηsL ηmL ηmT ηmTL ηT ηTm ηTL ηTLK ηρ κ λ λ λa λf λl λs λV μ ν π πL πT ϕ ϕ ρL σth ψ ω Formelzeichen und Abkürzungen ◦ – – – – – – – – – – – – – – – – – – W/(m · K) – – – – – – – – – – ◦ KW – – – kg/m3 N/mm2 J/kg kg · m2 s−1 Abkürzungen und Indizes 1D 3D A eindimensional dreidimensional Abgas Winkel Verdichtungsverhältnis des Motors Geschwindigkeitsverhältnis Ausströmwirkungsgrad effektiver Wirkungsgrad des Motors innerer (= indizierter) Wirkungsgrad des Motors mechanischer Wirkungsgrad des Motors isentroper Turbinenwirkungsgrad isentroper Laderwirkungsgrad mechanischer Wirkungsgrad des Laders mechanischer Wirkungsgrad der Turbine mechanischer Wirkungsgrad des Turboladers Turbinenwirkungsgrad mittlerer Turbinenwirkungsgrad Turboladerwirkungsgrad Aufladewirkungsgrad Gütegrad des Ladeluftkühlers Isentropenexponent Luftverhältnis Wärmeleitzahl Luftaufwand Füllgrad Liefergrad Spülgrad Verbrennungsluftverhältnis Durchflussbeiwert Laufzahl der Turbine (= u/c0 ) Druckverhältnis Laderdruckverhältnis Turbinendruckverhältnis Kurbelwinkel relative Feuchte der Luft Druckziffer Durchflussfunktion Dichte der Luft thermische Spannung spezifische Dissipation polares Massenträgheitsmoment Winkelgeschwindigkeit Formelzeichen und Abkürzungen A AGR AL AÖ AS ATL AV a a B CFD CVT const. D DWL E EL EÖ ES e e eq F FES ges i HD HDA HDL HDL HDT HDV K K KSM L L Lauf LLK LP LTV M m m m Auslass Abgasrückführung Auslassleitung Auslass-Öffnet Auslass-Schließt Abgasturbolader Auslassventil Austritt außen Brennstoff, Kraftstoff Computational Fluid Dynamics Continuously Variable Transmission konstant Düse, Leitrad Druckwellenlader Einlass Einlassleitung Einlass-Öffnet Einlass-Schließt Eintritt effektiv äquivalent Fahrzeug Frühes Einlass-Schließen gesamt innen, indiziert Hochdruck Hochdruckabgas Hochdruckluft Hochdrucklader Hochdruckturbine Hochdruckverdichter Kolben Kühlmittel Kennfeld-stabilisierende Maßnahme Luft Lader Laufzeit Ladeluftkühler Ladepumpe Lufttaktventil Motor mechanisch mittel Meridiankomponente XI XII max MCR min ND NDA NDL NDL NDT NDV NEDC NOx NT n nenn OT R red ref rev SES SiC SiN Stau Stoß s sp spül T TL t t th th u u v UT V VTG VÜ W WG Z ZK ZOT Formelzeichen und Abkürzungen maximal maximum continuous rating minimal Niederdruck Niederdruckabgas Niederdruckluft Niederdrucklader Niederdruckturbine Niederdruckverdichter New European Driving Cycle Stickoxide Nutzturbine nach NennOberer Totpunkt Laufrad reduziert Referenz reversibel Spätes Einlass-Schließen Siliziumkarbid Siliziumnitrid Stauaufladung Stoßaufladung isentrop Spalt Spülung Turbine Turbolader technisch total theoretisch thermisch Umgebung in Umfangsrichtung vor Unterer Totpunkt Verdichter variable Turbinengeometrie Ventilüberschneidung Wand Wastegate Zylinder Zwischenkühler Zünd-OT, Totpunkt am Ende der Kompressionsphase Inhalt 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 4 2 Definition und Ziele der Aufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Zusammenhang zwischen Motorleistung und Aufladung . . . . . . . . . . 2.2 Überblick über die verschiedenen Aufladeverfahren . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Art der Ladedruckerzeugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Laderbauart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Arbeitsverfahren des Motors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 5 8 8 11 11 11 3 Die Anfänge der Aufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Ottomotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Dieselmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Flugmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Die Anfänge der Abgasturboaufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 13 15 18 19 24 4 Der theoretische Motorprozess bei Aufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Mechanische Aufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Abgasturboaufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 25 26 28 5 Laderbauarten und Laderkennfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Thermodynamik und Verdichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Laderbauarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Lader der Verdrängerbauart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3 Lader der Strömungsbauart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 33 39 39 40 45 58 XIII XIV Inhalt 6 Druckverhältnis-Volumenstrom-Kennfeld des Motors . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Allgemeines und Äquivalenter Spülquerschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Zweitaktmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Viertaktmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 59 62 64 7 Zusammenwirken von Lader und Motor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 7.1 Dynamische Aufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 7.1.1 Abgestimmtes Saugsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 7.1.2 Impulsaufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 7.2 Mechanische Aufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 7.2.1 Viertaktmotor mit Verdrängerlader . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 7.2.2 Viertaktmotor mit Strömungslader . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 7.2.3 Zweitaktmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 7.3 Abgasturboaufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 7.3.1 Unterschiede im Betriebsverhalten des abgasturboaufgeladenen Motors im Vergleich zum mechanisch aufgeladenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 7.3.2 Hauptgleichungen der Abgasturboaufladung . . . . . . . . . . . . . . 83 7.3.3 Berechnung des effektiven Turbinenquerschnitts . . . . . . . . . . 87 7.3.4 Einfluss der pulsierenden Turbinenbeaufschlagung . . . . . . . . 95 7.3.5 Turbinenkennfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 7.4 Einfluss der Ladeluftkühlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 8 Motorprozess-Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Zylinderprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Zustandsänderungen in den Gaswechselleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3.1 Nulldimensionale und eindimensionale Simulation . . . . . . . . 8.3.2 Dreidimensionale Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Dynamischer Motorbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 113 114 123 123 129 131 133 9 Besonderheiten der Abgasturboaufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1 Einfluss der Abgasleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.1 Leitungszusammenfassungen bei verschiedenen Zylinderzahlen und Zündabständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.2 Technisch nutzbare Abgasenergie bei Stoßund Stauaufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.3 Abwandlungen der Stoßaufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2 Beschleunigungsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3 Drehmomentverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 135 135 138 147 150 156 159 Inhalt XV 10 Maßnahmen zur Verbesserung von Drehmoment- und Beschleunigungsverhalten bei Abgasturboaufladung . . . . . . . . . . . . . . . 10.1 Ausgangssituation und Gliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.2 Waste-Gate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3 Variable Turbinengeometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.4 Variable Verdichtergeometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5 Registeraufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.6 Zweistufige Aufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.6.1 Ungeregelte zweistufige Aufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.6.2 Geregelte zweistufige Aufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.7 Elektrisch angetriebener Zusatzverdichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.8 Mechanisch angetriebener Zusatzverdichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.9 Elektrisch unterstützter Abgasturbolader (euATL) . . . . . . . . . . . . . . 10.10 Umblasen von Ladeluft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.11 Zufuhr von fremdverdichteter Luft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.11.1 Zufuhr in die Ladeluftleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.11.2 Jet-Assist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.11.3 Zufuhr direkt in den Zylinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.12 Kombinierte Aufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 161 164 167 173 178 184 184 190 197 198 201 202 203 203 206 207 209 211 11 Besondere Aufladeverfahren unter Nutzung der Abgasenergie . . . . . . . 11.1 Turbokühlung und Millerverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.1 Turbokühlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.2 Millerverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Turbocompound-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.2 Mittelschnellläufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.3 Langsamläufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.4 Nutzfahrzeugmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3 Hyperbar-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.4 COMPREX-Druckwellenaufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5 Turbobrake . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 215 215 217 225 225 228 233 236 240 243 249 252 12 Ladeluftkühlung und Ladeluftkühler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2 Ladeluftkühler-Bauarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.1 Wassergekühlte Ladeluftkühler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.2 Luftgekühlte Ladeluftkühler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3 Ladeluftkühlsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.4 Taupunktunterschreitung im Ladeluftkühler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 255 260 260 262 263 265 268 XVI Inhalt 13 Sonderfragen der Aufladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.1 Mechanische und thermische Motorbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.2 Motorbetrieb in großer Höhe (Höhenleistung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3 Einfluss der Aufladung auf die Abgasemission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.2 Abgasrückführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.3.3 Abgasnachbehandlungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 269 274 280 280 283 285 286 14 Konstruktionsmerkmale von Aufladeaggregaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.1 Allgemeines und Verdrängerlader . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2 Abgasturbolader für Fahrzeugmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2.1 Grundaufbau und Gehäuse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2.2 Laufzeug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.2.3 Lagerung und Schmierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3 Abgasturbolader für Großmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3.1 Allgemeines und Grundaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3.2 Verdichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3.3 Radialturbine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3.4 Axialturbine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3.5 Lagerung und Schmierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14.3.6 Turbolader-Reinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 287 288 288 293 299 304 304 305 306 308 311 316 318 15 Anwendungsbeispiele von aufgeladenen Motoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.1 Motorrad-Motoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2 Pkw-Motoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.1 Pkw-Ottomotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.2.2 Pkw-Dieselmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.3 Nutzfahrzeugmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.4 Schnelllaufende Hochleistungsdieselmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.5 Mittelschnelllaufende Viertakt-Dieselmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.6 Langsamlaufende Zweitakt-Dieselmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15.7 Flugmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 319 322 322 332 339 342 345 350 356 361 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 Kapitel 1 Einleitung In den vorangegangenen Auflagen wurde jeweils in der Einleitung zunächst der Frage nachgegangen, ob auch in Zukunft in genügender Menge für Verbrennungsmotoren geeignete Kraftstoffe zur Verfügung stehen würden. In der dritten Auflage (1985) wird dazu festgestellt, dass seit 50 Jahren der Verbrauch von Erdöl und die Entdeckung neuer Erdölquellen sich ungefähr die Waage gehalten hätten. Wenngleich dies bislang weitgehend immer noch zutrifft, so gehen doch die aktuellen Prognosen der Ölkonzerne dahin, dass in den Jahren 2020–2030 der weltweite Hochpunkt der Erdölförderung (Peak-Oil) erreicht wird, unabhängige Experten halten diese Situation sogar schon jetzt für gegeben [1, 2]. Auf Basis der Daten von 2008 wird die statische Reichweite der Erdöl-Reserven1 , d. h. unter Annahme eines gleich bleibenden jährlichen Verbrauchs, mit 41 Jahren prognostiziert. Berücksichtigt man hingegen eine jährliche Wachstumsrate im Erdölverbrauch von 2 %, beträgt die zugehörige dynamische Reichweite 31 Jahre. In [3] wird unter Berücksichtigung der (konventionellen) Reserven und zusätzlich der Ressourcen2 , jeweils vom Datenstand Ende 2004, eine statische Reichweite von insgesamt 146 Jahren genannt, was bei jährlich 2 % Mehrverbrauch einer dynamischen Reichweite von immerhin noch rund 70 Jahren entspricht. Bezüglich Erdgas wird in [3], basierend auf dem Datenstand Ende 2004, die statische Reichweite von Reserven plus Ressourcen mit 137 Jahren angegeben, was unter der Annahme einer jährlichen Verbrauchszunahme von 2 % eine dynamische Reichweite von rund 67 Jahren ergibt. Laut [4] schätzt die (deutsche) Bundesanstalt für Geowissenschaften die statische Reichweite von Erdgas, auf Basis der Daten von 2006, sogar auf 487 Jahre, was bei 2 % jährlicher Verbrauchszunahme einer dynamischen Reichweite von 120 Jahren gleichkommt. Demgemäß kann davon ausgegangen werden, dass auch zum Betrieb von Verbrennungsmotoren noch über viele Jahrzehnte Kraftstoffe aus fossilen Quellen 1 Reserven umfassen die sicher nachgewiesenen und mit bekannter Technologie wirtschaftlich gewinnbaren Vorkommen in der Erdkruste [3]. 2 Ressourcen sind Vorkommen, die noch nicht wirtschaftlich zu fördern sind oder die noch nicht sicher ausgewiesen sind, aber aufgrund geologischer Indikatoren erwartet werden. Preissteigerungen an den Weltrohstoffmärkten und neue Explorationsergebnisse können Ressourcen in Reserven überführen [3]. H. Pucher, K. Zinner, Aufladung von Verbrennungsmotoren, DOI 10.1007/978-3-642-28990-3_1, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012 1 2 1 Einleitung bereitgestellt werden können. Zudem entstehen aus den weltweiten Bemühungen um die Erschließung von erneuerbaren Energien auch alternative Kraftstoffe, etwa die Alkoholkraftstoffe der so genannten zweiten Generation. Diese werden nicht aus stärke- und/oder zuckerhaltigen Agrarprodukten, wie Getreide oder Zuckerrohr, gewonnen, sondern aus den Abfällen bei deren Verarbeitung zu Nahrungsmitteln, wie etwa aus Stroh, oder aus Holzabfällen. Auch lassen sich flüssige Kraftstoffe für Diesel- oder Ottomotoren heute ohne größere Umwandlungsverluste aus natürlichen gasförmigen Kraftstoffen, insbesondere aus Erdgas, oder auch aus anderen brennbaren Gasen, etwa aus Biogas, herstellen und dabei speziell auf die jeweiligen motorischen Belange zuschneiden. In stationären Motorenanlagen, etwa in Blockheizkraftwerken, können gasförmige Kraftstoffe aber auch direkt eingesetzt werden, in entsprechenden Gasmotoren. Der Einsatz von gasförmigen Kraftstoffen in Fahrzeugmotoren spielt wegen der geringen Speicherdichte von gasförmigen Kraftstoffen hingegen eher eine untergeordnete Rolle, wenngleich in den letzten Jahren der Betrieb von Pkw mit Erdgas durchaus einen gewissen Stellenwert erreicht hat. Die Verringerung des spezifischen Kraftstoffverbrauchs, die aus wirtschaftlichen Gründen seit jeher ein wichtiges Ziel bei der Entwicklung von Verbrennungsmotoren darstellt, ist in den letzten Jahren immer noch wichtiger geworden, zum einen entstanden aus dem Wissen um die Endlichkeit der fossilen Primärenergiequellen, zum anderen aus den Forderungen zur Reduzierung der weltweiten CO2 -Emission. Schließlich ist bei gegebenem Kohlenstoffgehalt des eingesetzten Kraftstoffs die spezifische CO2 -Emission des Motors (in g/kWh oder g/km) dem spezifischen Kraftstoffverbrauch direkt proportional. Einmal abgesehen von einer mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzelle, stellt der Verbrennungsmotor nach wie vor den effizientesten Wandler von Primärenergie in Form von Kraftstoff in mechanische Energie dar, und dies auf der Basis einer ausgereiften und daher zuverlässigen und zudem kostengünstigen Technik. So können heute die großen Zweitakt-Dieselmotoren, wie sie bevorzugt zum Antrieb von Containerschiffen eingesetzt werden, bereits effektive Wirkungsgrade bis zu 55 % erreichen [5, 6], und es sind Mittelklasse-Pkw mit Normverbräuchen von < 5 l/100 km auf dem Markt. Allerdings wird die Entwicklung aller Arten von Verbrennungsmotoren heute vor allem von der Forderung nach Einhaltung der ständig weiter verschärften Abgasemissions-Grenzwerte getrieben, wobei Maßnahmen zur Abgasschadstoff-Reduzierung vielfach den Bemühungen um die Senkung des Kraftstoffverbrauchs zuwiderlaufen. Dass dennoch bislang der Verbrennungsmotor allen diesen Anforderungen gerecht werden konnte, ist in einem hohen Maß der Aufladung zu verdanken, die deshalb heute aus keiner Motorenkategorie mehr wegzudenken ist. Aber ist es denn überhaupt noch sinnvoll, für Straßenfahrzeuge die doch sehr komplexe Entwicklung der Verbrennungsmotoren weiter zu betreiben, um die immer schärferen Abgasvorschriften erfüllen zu können, wenn es doch die umweltfreundliche Technologie des Elektroantriebs gibt? Schließlich habe der Elektromotor einen höheren Wirkungsgrad als der Verbrennungsmotor und der elektrische Antrieb, etwa eines Pkw, sei völlig emissionsfrei, wie immer wieder inÄußerungen von Medien und Einleitung 3 auch von Politikern zu hören ist. Sofern der Strom für den Elektromotor aus einem kalorischen Kraftwerk kommt, so konnte dieser allenfalls mit einem Wirkungsgrad vergleichbar dem eines Verbrennungsmotors bereitgestellt werden und dabei sind auch Abgasemissionen frei geworden. Wenn dieses zwar nicht auf den elektrischen Strom aus erneuerbaren Energien, wie Wasserkraft, Wind und Sonne, zutrifft, so bleibt auf alle Fälle aber das größte Problem der Elektrofahrzeuge bestehen, nämlich das der Speicherung von elektrischer Energie in einem Fahrzeug. Da solche Energiespeicher, in der Regel Batterien, sehr schwer und vor allem sehr teuer sind, verfügen von Oberleitungen oder sonstigen Stromabnehmern unabhängige Elektrofahrzeuge (Elektroauto) im Vergleich zu verbrennungsmotorisch angetriebenen Fahrzeugen über sehr geringe Reichweiten, ihr entscheidender Nachteil. Dieser lässt sich über einen als Range-Extender fungierenden, zusätzlich ins Elektroauto eingebauten Verbrennungsmotor etwas mindern. Dieser Verbrennungsmotor treibt dabei nicht direkt das Fahrzeug an, sondern einen elektrischen Generator, der im Bedarfsfall für einen ausreichenden Ladezustand der Fahrbatterie zu sorgen hat. Eine weiter gehende, wenn auch relativ teure, Lösung des Problems der geringen Reichweite von Elektrofahrzeugen stellen die Hybridfahrzeuge dar. Diese verfügen sowohl über einen elektrischen als auch über einen verbrennungsmotorischen Antrieb und ermöglichen, wie alle elektrisch getriebenen Fahrzeuge, auch eine Bremsenergie-Rückgewinnung. So kann ein Hybridantriebskonzept beispielsweise bei einem Stadtbus deutlich den Kraftstoffverbrauch verringern, weil dessen Fahrprofil davon geprägt ist, dass er in kurzen Abständen jeweils unter Bremsen in eine Haltebucht einfährt und kurz darauf unter Beschleunigung wieder aus dieser ausfährt. Aus der beim Einfahren zurückgewonnenen Bremsenergie kann ein Teil der beim Ausfahren aufzuwendenden Beschleunigungsenergie gedeckt werden. Das reine Elektrofahrzeug, insbesondere das Elektroauto, wird für den (emissionsfreien!) Betrieb in Großstädten und als Fahrzeug für die tägliche Fahrt zur Arbeitsstätte und zurück sicherlich seinen Stellenwert finden. Es ist aber nicht abzusehen, dass es für einen Allround-Einsatz, als Stadtfahrzeug und für die Urlaubsreise mit der ganzen Familie, geeignet sein wird, wie er mit Fahrzeugen mit verbrennungsmotorischem Antrieb oder auch mit Hybridantrieb heute Praxis ist. Erst recht in allen anderen bisherigen Anwendungsbereichen des Verbrennungsmotors, zum Antrieb von Nutzfahrzeugen (Lkw, Bus), von Lokomotiven auf nicht-elektrifizierten Strecken, von Schiffen und von Fahrzeugen in der Landwirtschaft, im Bauwesen und in der Bergwerkstechnik, wird der Verbrennungsmotor seine dominierende Stellung behaupten können, und es wird bald nur noch aufgeladene Motoren geben. Allerdings setzt dies voraus, dass kontinuierlich an der Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors gearbeitet wird, die in hohem Maße gemeinsam mit der Entwicklung alternativer Kraftstoffe betrieben werden muss. Entsprechend muss die Beschäftigung mit dem Verbrennungsmotor eine wichtige Disziplin in der Ingenieurausbildung an Hochschulen und Universitäten bleiben. Kaum eine andere Disziplin bietet Studierenden so sehr die Möglichkeit, ihr im Studium erworbenes Grundlagenwissen zu Mathematik, Physik, Mechanik, Thermodynamik, Strömungslehre, Informationstechnik und Konstruktionstechnik im 4 1 Einleitung Zusammenspiel einzusetzen und zu vertiefen, wie es in der Anwendung auf den Verbrennungsmotor möglich und auch erforderlich ist. Der Verbrennungsmotor besitzt auf alle Fälle das Potenzial, auch immer weiter verschärften Umweltauflagen gerecht zu werden, was ihm zu einem hohen Maß erst durch die vielfältigen Techniken der Aufladung ermöglicht wird, die ihrerseits noch über viel Entwicklungspotenzial verfügt. So behält auch der am Schluss der Einleitung zur dritten Auflage zitierte Titel eines Vortrags von E. Jenny [7], eines Pioniers der Aufladetechnik, nach wie vor seine Gültigkeit: Pressure charging – still a fascinating task for engineers Literatur 1. BP (2011) BP Energy Outlook 2030. London, January 2011 2. Agenda 21 (2012) Erdöl-Daten. Ressourcen, Reserven, Verbrauch, Reichweite. http://www. agenda21-treffpunkt.de/daten/erdoel.htm. Zugegriffen: 13 Jan. 2012 3. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2006) Verfügbarkeit und Versorgung mit Energierohstoffen. BMWi, Abt. III 4. Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e. V. (2008) Reserven und Ressourcen. Potenziale für die zukünftige Erdgas- und Erdölversorgung. Bericht 09/2008 5. Rupp M (2006) Waste Heat recovery for lower engine fuel consumption and emissions. Technical Information, ABB Turbo Systems Ltd. 6. MAN Diesel (2009) Thermo Efficiency System (TES) for Reduction of Fuel Consumption and CO2 Emission. Druckschrift 5510-0030-01ppr Aug 09 7. Jenny E (1982) Pressure charging – still a fascinating task for engineers. Conference Turbocharging and Turbochargers, Institute of Mechanical Engineers, London, Paper C42 Kapitel 2 Definition und Ziele der Aufladung 2.1 Zusammenhang zwischen Motorleistung und Aufladung Die effektive Motorleistung Pe eines Verbrennungsmotors ergibt sich gem. Gl. (2.1) Pe = ṁB · Hu · ηe (2.1) aus dem zugeführten Kraftstoffmassenstrom ṁB , dem Heizwert H u des Kraftstoffs und dem effektiven Wirkungsgrad ηe . Das Produkt ṁB · Hu entspricht dem bei vollständiger Verbrennung freigesetzten Verbrennungswärmestrom und damit der zugeführten Kraftstoffleistung, welche mit dem Wirkungsgrad ηe in mechanische Leistung umgewandelt und an der Kupplung des Motors abgegeben wird. Zur Verbrennung der Kraftstoffmasse mB je Zylinder und Arbeitsspiel ist, je nach vorliegendem Verbrennungsverfahren des Motors, ein bestimmter Luftmassenstrom ṁLZ bzw. eine bestimmte Luftmasse mLZ je Zylinder und Arbeitsspiel erforderlich. Dieser Zusammenhang kommt im Verbrennungsluftverhältnis λV λV = mLZ ṁLZ = Lmin · mB Lmin · ṁB (2.2) zum Ausdruck, mit L min als dem Mindestluftbedarf des Kraftstoffs. Die je Zylinder und Arbeitsspiel zur Verbrennung von mB verfügbare Luftmasse mLZ hängt außer von der Zylindergröße, beschrieben durch das Zylinderhubvolumen V h , und der Luftdichte ρL vor dem Motoreinlass sowie vom Liefergrad λl des Motors ab. mLZ λl = (2.3) Vh · ρ L Der Liefergrad stellt ein Maß für die Strömungsgünstigkeit des Einlasstrakts eines Motors dar. Er hängt außer von festen geometrischen Größen, wie Länge und Querschnitt des Einlasskanals, Größe und Anzahl der Einlassorgane (Ventile, Schlitze), von der Wahl der (Einlass-)Steuerzeiten und vor allem von der Motordrehzahl nM ab. H. Pucher, K. Zinner, Aufladung von Verbrennungsmotoren, DOI 10.1007/978-3-642-28990-3_2, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012 5