Sommerfest der Europa-Studien 2016 Trotz zahlreicher Exkursionen und diverser Festivals fanden sich am frühen Nachmittag ZWISCHEN DEN (LEHR)STÜHLEN? etwa 30 Personen in den Kunstsammlungen Interdisziplinarität in den Europa-Studien Chemnitz ein. Professor_innen, Dozent_innen, Am 2. Juli 2016 fand zum 12. Mal das Sommerfest der Europa-Studien statt. Das jährlich stattfindende Event stand diesmal unter dem Motto „ZWISCHEN DEN LEHRSTÜHLEN? Interdisziplinarität in den Europa-Studien“ und bot wieder die Gelegenheit zum Austausch zwischen Studierenden, Alumni und Dozent_innen der Europa-Studien. Alumni und Studierende waren gekommen, um an der Konferenz mitzuwirken. Im Fokus stand dieses Jahr die Interdisziplinarität: Was bedeutet Interdisziplinarität für die EuropaStudien? Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich aus einem interdisziplinären Studium? Wie wird Interdisziplinarität am Institut und der Fakultät gelebt? Welche zukünftigen Projekte können realisiert werden? Um jene Fragen beantworten zu können, wurden zwei Impulsvorträge und drei Workshops gehalten. Zuerst richtete der Direktor des Instituts für Europäische Studien, Prof. Dr. Matthias Niedobitek, einige einleitende Worte an die Hörer- Die im letzten Jahr erstmalig durchgeführte schaft und erinnerte dabei an die Entwicklung Konferenz fand großen Anklang bei den des Sommerfests. Teilnehmer_innen und war somit wieder Bestandteil des Sommerfests. Die Kunstsammlungen Chemnitz erwiesen sich als würdiger Veranstaltungsort für die diesjährige Konferenz, bevor man sich abends im Kraftwerk e.V. zusammenfand, Sommerfest zu begehen. um das eigentliche 2004 fand dieses noch als eine Art disziplinären Ausbildung fest, welche jedoch Abschlussball im Chemnitzer Hof statt, bevor es mehr und mehr 2006 institutionalisiert wurde und seitdem gefordert ist. im Forschungsprozess jährlich an wechselnden Veranstaltungsorten stattfindet. 2015 wurde das Sommerfest zudem durch die Konferenz ergänzt. Viktoria Domnikova und Neslihan Altun vertraten den Vorstand der Initiative EuropaStudien e. V. und richteten ein paar herzliche Worte an die Gäste. „Eine einfache Definition von Interdisziplinarität besagt, dass Forscher unterschiedlicher Disziplinen an gleichen Problemen arbeiten“, brachte Prof. Dr. Stefan Garsztecki hervor. Im Folgenden nannte er auch das Hauptmotiv für Interdisziplinarität – die Komplexität von Problemen. Politik, Wirtschaft und Wissen- Prof. Dr. Stefan Garsztecki, Inhaber der schaft bedienen sich ihr, um zufrieden- Professur Kultur- und Länderstudien Ostmittel- stellendere Ergebnisse zu erzielen. Ein Problem europas, referierte anschaulich und umfassend ist es, sagte Garsztecki, dass Interdisziplinarität über die Bedeutung der Interdisziplinarität enorm fordernd und das Kennenlernen der allgemein verschiedenen Disziplinen und Methoden sehr und den Zusammenhang von Interdisziplinarität und den Europa-Studien. zeitintensiv sei. Er riet den Studierenden sich Er begann mit einer begrifflichen Differen- entweder zierung der fokussieren, welches interdisziplinär angegan- Interdisziplinarität in der akademischen Ausbil- gen werden kann, oder sich im Rahmen des dung zu charakterisieren. Dabei stellte er eine Masters auf ein oder zwei Disziplinen zu eher ergänzende Funktion im Gegensatz zur spezialisieren. und versuchte die Rolle auf ein zentrales Thema zu In der anschließenden Diskussion tauschten European Studies und die unterschiedlichen sich die Teilnehmer_innen über ihre eigenen Herangehensweisen und Forschungsmethoden Erfahrungen aus und stellten positive wie führen zu effizienteren Problemlösungen. Dass negative Interdisziplinarität Europa-Studierende in der Lage seien die gegenüber. Prof. Dr. Teresa Pinheiro, Inhaberin Gesamtheit der Europäischen Union, aber auch der Professur Kultureller und Sozialer Wandel, die der einzelnen Mitgliedstaaten zu analy- stellte fest, dass die Europa-Studien eine gute sieren und Zusammenhänge zu sehen, welche Möglichkeit bieten, sich auszuprobieren und zu andere Menschen vielleicht erst später erken- orientieren, um festzustellen, was einem gefällt, nen, verdeutlichte Hellmuth am Beispiel des EU- um dann im Master eine Spezialisierung Mitgliedschaftsreferendums in Großbritannien. Aspekte der vorzunehmen. Lisa Eichhorst, Bachelorabsolventin der Europa-Studien, merkte jedoch an, dass sie durch das Fehlen bestimmter Lehrveranstaltungen Probleme bei der Suche nach einem Masterstudienplatz für VWL hatte. Nur an wenigen Universitäten hätten die erlangten Fähigkeiten ausgereicht. Tino Hellmuth, Masterstudent der Europäischen Integration an der Technischen Universität Chemnitz, referierte im zweiten Impulsvortrag über die interdisziplinäre Ausrichtung seines Masterstudiengangs. Die Verknüpfung verschiedener Fachbereiche gebe den Studierenden die Chance, die Europäische Union nicht nur als einen supranationalen bürokratischen Staatenverbund zu sehen, sondern auch hinter dessen Fassade blicken zu können. Das breitgefächerte Angebot an Disziplinen der Vielen Stimmberechtigten sei erst nach dem Votum bewusst geworden, welche Tragkraft ihre Entscheidung zur Folge hatte. Hellmuth stellte die These auf, die Brexit-Befürworter Nigel Farage und Boris Johnson haben sich die Bequemlichkeit vieler Menschen in Großbritannien zu Nutze gemacht, um das Vereinigte Königreich aus dem Prozess der Europäischen Integration heraus zu nehmen. Um eine derartige Gefahr für andere EU-Staaten abzuwenden, seien die Europa-Studierenden in der Pflicht ihr vielgliedriges Wissen zu teilen und lich erläuterte die Gruppe Chancen, Verbes- einzusetzen, um den Bürgern zu helfen Europa serungsvorschläge sowie Hürden und Probleme besser verstehen zu können. im Umgang mit Interdisziplinarität. Als wichtigste Chancen wurden neben Flexibilität, Individualität und Offenheit auch Meinungspluralität, neue Denkperspektiven sowie ein hohes Maß an Einflussmöglichkeiten bei der Gestaltung des Studiums genannt. Viele Teilnehmer_innen wiesen darauf hin, dass es Nach einer gemütlichen Kaffeepause mit einer großen Auswahl an selbstgebackenem Kuchen und anderem Gebäck, setzte sich die gleichzeitig eine große Herausforderung sei, so viele Wahlmöglichkeiten zu haben und sehr viel Selbstdisziplin erfordere. Veranstaltung mit den drei Workshops fort, die sich verschiedenen Themen widmeten. Die Workshops fanden in Form des World Cafés statt. Das heißt, es gab drei verschiedene Tische mit großen Postern, auf denen die Ergebnisse festgehalten wurden. Nach 30 Minuten wechselte jede Gruppe zum nächsten Man müsse sich selbst darum bemühen, sich in Tisch, um sich dort dem nächsten Thema zu bestimmten widmen und an die Gedanken der Vorgän- Angeregt wurde mehr Input im Bereich ger_innen anzuknüpfen. Diese Methode hat zu Wissenschaftliches Arbeiten und mehr Semina- einer regen Diskussion beigetragen und war ein re zu Methoden der empirischen Sozialfor- voller Erfolg. schung. Außerdem wurde eine Verknüpfung der Im ersten Workshop, moderiert von Alumna Inhalte der verschiedenen Lehrveranstaltungen Sabine Völkl, stand die Frage im Raum: gewünscht. Interdisziplinarität als Herausforderung? Inhalt- Im zweiten Workshop ging es darum zu Bereichen zu spezialisieren. diskutieren, wie Interdisziplinarität am Institut benenfalls zu einer Überschreitung der Regel- für Europäische Studien gelebt wird und welche studienzeit führen kann. Zukünftig würden sich Projekte in Zukunft realisiert werden können. die Studierenden noch mehr Kooperation Geleitet wurde dieser Tisch von Manja Berte, zwischen den Dozent_innen wünschen. Zu wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Profes- gemeinsamen interdisziplinären Seminaren z.B. sur Romanische Kulturwissenschaft. Allgemein zum Thema Kritische Europa-Studien wurde wurde von den Studierenden gelobt, dass die angeregt. Europa-Studien die Partizipation an Projekten und Initiativen sowie ein Auslandssemester ermöglichen. Dies alles trage dazu bei, dass Dinge aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden können. Den dritten Workshop begleitete Sebastian Schellhammer, Doktorand am Lehrstuhl für Mathematik und Nanotechnik der Technischen Universität Dresden. Ziel war es, zu erörtern, wie Interdisziplinarität in der Lehre gestaltet Hervorgehoben wurden von den Teilneh- werden mer_innen die verschiedenen Projektmöglich- zwischen reinen Disziplinen und Interdis- keiten, wie z. B. Flüchtlinge in Sachsen, Asyl in ziplinarität spielt eine zentrale Rolle und sollte Chemnitz – Produktion eines Radiofeatures, der auch so von den Dozent_innen kommuniziert ES-Spiegel, das Filmprojekt „alles cultura“, das werden. Lehrende müssen Brücken bauen und Seminar aufzeigen, was Interdisziplinarität ist und wie es „Kritisches Denken“ und das Doktorandenkolloquium. Kritisch wurde angeregt, dass ein hohes Maß an Engagement zu Zeitschwierigkeiten und gege- kann. Die reflektierte Trennung in der Lehre gelebt wird. Sei es in Form von Staffelvorlesungen oder gemeinsamen Lehrveranstaltungen, in denen zwei oder mehrere Lehrende aus unterschiedlichen Disziplinen völlig neuen Konsens führen können. referieren. Bei Plan- und Rollenspielen hingegen kann der Studierende aus einer bestimmten Perspektive heraus argumentieren und mit Studierenden, welche eine andere Perspektive vertreten, interagieren. Zur Eröffnung der Abendveranstaltung im Kraftwerk e.V. begrüßte Jana Beinhorn, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Professur Kultureller und Sozialer Wandel, die Gäste mit einigen einleitenden Worten. Die Moderation Diese Methode, sagte Schellhammer, eigne sich des Abends übernahm der Europastudent Georg hervorragend, um einerseits eine spezielle Stelzpflug. Martin Bauch von der Professur Disziplin zu vertiefen und andererseits ein Romanische Kulturwissenschaft fasste zu Gefühl für die anderen Disziplinen zu be- Beginn des Abends die Ergebnisse der kommen. Abschließend wurde noch zu größe- Konferenz ren Gruppenarbeiten angeregt, welche sich über Meinungen zum Thema Interdisziplinarität bei ein ganzes Semester erstrecken und sich den Gästen ein. zusammen und holte einige dementsprechend mit einer größeren Forschungsfrage beschäftigen. Die verschiedenen Ergebnisse der einzelnen Blickwinkel sollen zum Schluss in einer Expertenrunde zusammengetragen werden, um Unstimmigkeiten aufzuzeigen, welche durch die verschiedenen Herangehensweisen entstanden sind, aber auch in der Diskussion zu einem Vor der Eröffnung des Buffets vom Catering Suppengrün wurden alle Gäste zum Gruppenfoto nach draußen gebeten. jedoch noch auf die Gäste. Zur Halbzeitpause spielte die Band „South of Blue“, bestehend aus mehreren Erasmus-Studenten, ein sehr ansprechendes und kurzweiliges Konzert. Im Anschluss wurde reichhaltig gegessen und das Programm fortgesetzt. Der Vorstand der Initiative Europa-Studien e.V., in Vertretung von Viktoria Domnikova und Neslihan Altun, Mit Beginn der zweiten Halbzeit lag das präsentierte einen Kurzfilm, in dem die Interesse vieler jedoch wieder beim Teilnehmer_innen die Rolle unterschiedlicher Fußballspiel. Durch die anschließende Ver- Disziplinen einnahmen, welche untereinander längerung und das Elfmeterschießen harrten interagierten. Mit diesem Kurzfilm verab- viele Gäste angespannt vor dem Fernseher aus. schiedete sich der aktuelle Vorstand gleich- Der Erfolg der deutschen Nationalmannschaft zeitig und es gab nun die Gelegenheit zur förderte die gute Laune der Anwesenden Vorstellung des neuen Vorstandes durch Marcel zusätzlich. Reinhardt. Neben dem Sommerfest fand am 2. Juli 2016 auch das Viertelfinal-Spiel der Fußball EM zwischen Deutschland und Italien statt. Aufgrund des großen Interesses an dem Spiel wurde im Foyer im Vorfeld ein Fernseher aufgebaut, um die Übertragung zu gewährleisten. Das eigentliche Programm wurde jetzt spontan etwas gekürzt. Ein Highlight wartete Mit dem Abpfiff des Spiels war auch der Abend langsam beendet und der DJ Christopher Degelmann versorgte die letzten verbliebenen Gäste mit einigen musikalischen Klängen, bevor Teilnehmerzahl war erfreulich und die am auch diese den Weg nach Hause fanden. Programm Mitwirkenden gaben ihr Bestes, um Insgesamt war das diesjährige Sommerfest das Sommerfest der Europa-Studien 2016 zu eine gelungene Veranstaltung. Die beiden Lokalitäten eigneten sich hervorragend, die einem vollen Erfolg werden zu lassen. Autor: Martin Müller