1.5 Mechanisches Gleichgewicht Beispiel Tauchen: Auch beim Tauchen lassen sich die viele der besprochenen Aspekte beobachten, z. B. Austarieren im Wasser mit Bleigürteln und Tarierweste; Bedeutung des Umgebungsdrucks in den unterschiedlichen Tiefen: T Lungenvolumen (Gerätetauchen / Freitauchen, Schnorcheln Boyle-Mariotte-Gesetz. 1.5 Mechanisches Gleichgewicht 1.5.1 Schwerpunkt, Schwerelinie und Unterstützungsfläche T T T 43 Barotrauma (Lunge, Ohr), Löslichkeit von Gasen in Flüssigkeiten (proportional zum Partialdruck, Gesetz von Henry), Schnorchellänge (30 cm; max. 70 cm Wassertiefe; Unterdruck, Totraum). Als Schwerpunkt wird der Punkt eines Körpers bezeichnet, in dem man sich dessen Gewicht oder dessen Masse vereinigt denkt. Vielfach wird er auch Massenmittelpunkt genannt. Schwerpunkt = Massenmittelpunkt Greift eine Kraft direkt im Schwerpunkt eines Körpers an, so erfolgt keine Drehbewegung (s. Drehmoment, S. 29). Bei symmetrischen Gegenständen mit homogener Dichte fällt dieser Schwerpunkt mit dem Symmetriezentrum zusammen, so z. B. bei einer Kugel. Der Schwerpunkt muss aber nicht unbedingt im Inneren eines Körpers liegen (Abb. 1.72). Abb. 1.73 Während des Bückens kann der Schwerpunkt außerhalb des Körpers liegen. einen Einfluss auf die Lage des Körperschwerpunktes. Schwerpunkt bestimmen Abb. 1.72 Der Schwerpunkt kann bei einem Ring oder bei einem Winkel außerhalb der Körpers liegen. Besteht ein Gegenstand aus mehreren spezifisch unterschiedlich schweren Materialien – ist er inhomogen – verschiebt sich der Schwerpunkt aus der geometrischen Mitte je nach Verteilung der Massen. Bei beweglichen Körpern, wie z. B. beim menschlichen Körper, ändert der Schwerpunkt fast ständig seine Position durch die Bewegung von Armen oder Beinen, des Kopfes oder Rumpfes (Abb. 1.73). Selbst die pulsierende Verschiebung von Blutvolumen hat Wird ein frei beweglicher Körper an einem Faden aufgehängt, liegt der Schwerpunkt stets senkrecht unter dem Aufhängepunkt (Wirkung der Schwerkraft). Durch das Aufhängen an unterschiedlichen Körperpunkten kann die räumliche Position des Schwerpunktes durch den Schnittpunkt dieser Linien (Lote) ermittelt werden. Dies kann mit einem Stück Karton, das an verschiedenen Ecken leicht drehbar zwischen den Fingern gehalten oder besser noch an einer Nadel (Drehachse) aufhängt wird, leicht nachvollzogen werden. Ähnlich wurden bereits im 19. Jahrhundert die Schwerpunkte einzelner menschlicher Körperteile und des gesamten Körpers bestimmt. Dazu wurden eingefrorene Leichenteile verwendet (Braune und Fischer, 1889). Eine andere Möglichkeit, den Schwerpunkt eines Gegenstandes heraus- Hüter-Becker/Dölken, Biomechanik, Bewegungslehre, Leistungsphysiologie, Trainingslehre (ISBN 3131368616), © 2005 Georg Thieme Verlag 1 1 44 1 Biomechanik und Bewegungslehre zufinden, ist die Verwendung einer Art Wippe: Der Körper wird so lange verschoben, bis der Schwerpunkt sich genau über der Drehachse befindet. Dann wird genau wie beim Aufhängen in jeder Ebene eine Senkrechte erhalten, die sich räumlich gesehen im Schwerpunkt schneiden. – Beide Verfahren lassen sich in der Praxis nicht so leicht umsetzen. Heute ist es möglich, über dreidimensionale Computermodelle und unter Berücksichtigung der Gewebedichten, Körper- und Teilschwerpunkte rechnerisch zu ermitteln. Der Schwerpunkt ist also ein fiktiver Punkt; er ist stellvertretend für unendlich viele Massenelemente des Körpers, die der Wirkung von Einzelkräften ausgesetzt sind. Da diese Teilkräfte alle die gleiche Richtung (zum Erdmittelpunkt), aber verschiedene Angriffspunkte (das jeweilige Massenelement) innerhalb des Körpers haben, drehen sie den Körper so lange, bis er sich im Gleichgewicht befindet. Die Summe (Resultierende) dieser Teilkräfte greift dabei in einem Punkt an, dem sogenannten Schwerpunkt. Schwerpunkt verlagern kann, und zwar gerade so, dass er das Kippen dann durch Vorwärtsbewegung eines Beines aufhält.“ (Kamke u. Walcher 1994). Unterstützungsfläche Durch das Vorsetzen des Beines verändert sich die Größe und Lage der Unterstützungsfläche so, dass der Körperschwerpunkt immer über ihr liegt, die Schwerelinie also immer durch sie verläuft. Die Unterstützungsfläche (Standfläche) ist die von den Auflagepunkten eingerahmte Fläche – nicht nur die jeweilige Auflagefläche und auch nicht die Summe der Berührungsflächen. Unterstützungsfläche (Abb. 1.75). = eingerahmte Fläche Die Wirkungslinie dieser resultierenden Kraft wird Schwerelinie genannt. Schwerelinie Die Schwerelinie ist somit die gedachte Verbindungslinie vom Schwerpunkt des Körpers zum Erdmittelpunkt (Verbindung der Massenmittelpunkte). Solange die Schwerelinie durch die Unterstützungsfläche des Körpers geht, wird von Standfestigkeit gesprochen (Abb. 1.74). Verläuft die Schwerelinie außerhalb der Unterstützungsfläche, kommt es zur Kippbewegung – die Wirkungslinien von Gewichtskraft und Stützkraft stimmen nicht überein, es bildet sich ein Kräftepaar, das für die Rotation verantwortlich ist. Abb. 1.74 Verläuft die Schwerelinie außerhalb der Unterstützungslinie, kippt der Körper. „Auch das Gehen des Menschen ist die Folge von Kippungen, die dadurch verursacht werden, dass der Mensch durch Muskelbewegungen seinen Abb. 1.75 Die Unterstützungsfläche im Stand. Die Standfestigkeit kann verbessert werden durch: T Vergrößerung der Unterstützungsfläche: Veränderung der Beinstellung (breitspuriges Stehen oder Gehen, verschiedene Ausgangsstellungen, Einsatz von Gehhilfen (Stock, Rollator). T Tieferlegen des Schwerpunktes: (Seitenlage, Bauch- oder Rückenlage, Automobiltechnik, „Stehaufmännchen“-Tassen. T Erhöhung des Gewichtes („Beschweren“). Zur Schulung des Gleichgewichtsinns wird die Unterstützungsfläche gezielt verringert mit Hilfe von Einbeinstand, Zehenstand, Kreisel oder Pezziball. Während sich beim Pezziball die Unterstützungsfläche je nach Auflagefläche (Aufblasdruck) und Fußstellung ändern kann, bleibt sie beim Kreisel immer nahezu punktförmig, abhängig von der Unterlage. Beispiele: T Stehen auf beiden Beinen (breit, schmal), T Einbeinstand, T Einbeinstand an der Wand angelehnt (Wieso können wir auf dem der Wand zugewandten Bein nicht stehen?), Hüter-Becker/Dölken, Biomechanik, Bewegungslehre, Leistungsphysiologie, Trainingslehre (ISBN 3131368616), © 2005 Georg Thieme Verlag