WePBE [email protected] Weiterentwicklung Psychiatrieversorgung Kanton Bern postfach 88 ch-4105 biel-benken Schlussbericht zur Evaluation der institutionellen ambulanten und teilstationären Psychiatrieversorgung des Kantons Bern unter besonderer Berücksichtigung der Pilotprojekte – Angebote, Lücken und Mängel Felix Amsler, Dorothea Jäckel und Rebecca Wyler 03.03.10 -2- Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 5 2 Evaluation Mobile Krisenintervention (MOKI) und Notfalltriage (NF) 8 2.1 Ausgangslage 8 2.2 Definitionen, Operationalisierung 9 2.3 Ziele der Evaluation 10 2.4 Kennwerte der MOKI/NF Erhebung 2009 Langenthal 10 2.4.1 Vorgehen 10 2.4.2 Anpassungen Statistik MOKI/NF-Triage 2009 11 2.4.3 Verrechenbare Leistungen in der MOKI und der NF-Triage 2009 12 2.4.4 Soziodemographische und funktionale Angaben in der MOKI und NF-Triage 13 2.4.5 ICD-10 Diagnosen 15 2.4.6 Kriseninterventionen und Hausbesuche während der MOKI 16 2.4.7 Leistungen und Dauer innerhalb der MOKI-Episoden 19 2.4.8 Leistungen in Anwesenheit und Abwesenheit der PatientInnen in MOKI und NF-Triage 19 2.4.9 Interviews mit Patienten und Angehörigen, welche durch eine MOKI betreut wurden 21 2.4.9.1 Erfahrungen mit der Klinikeinweisung 21 2.4.9.2 Die Mobile Krisenintervention arbeitet krisenvorbeugend 22 2.4.9.3 Das Gelingen einer MOKI 23 2.4.9.4 Die Erfahrungen der Angehörigen 24 2.4.10 Diskussion 25 2.5 Kennwerte der MOKI/NF Erhebung 2009 Biel 27 2.5.1 Einführung 27 2.5.2 Krisenepisoden 27 2.5.3 Soziodemographische und krisenbezogene Angaben in der MOKI und NF-Triage 29 2.5.4 ICD-10 Diagnosen 31 2.5.5 Leistungen innerhalb der Krisenepisoden 32 2.5.6 Diskussion 34 3 Evaluation WePBE Pilotprojekt: Akuttageskliniken Langenthal und Biel 35 3.1 Ausgangslage 35 3.2 Evaluationsinstrumente 37 3.3 Ergebnisse 39 3.3.1 Vorbehandelnde und nachbehandelnde Instanzen 39 3.3.2 Merkmale der in der Akuttageskliniken behandelten PatientInnen und Behandlungsmerkmale 40 3.3.2.1 Akuttagesklinik Langenthal 40 3.3.2.2 Akuttagesklinik Biel 44 3.3.3 Ergebnisse der Prozessmessungen 47 -3- 3.3.3.1 ATK Langenthal: Psychopathologie und funktionale Gesundheit 47 3.3.3.2 ATK Langenthal: Beurteilung durch die Pflegenden: Funktionale Gesundheit 49 3.3.3.3 ATK Biel: Psychopathologie und funktionale Gesundheit 50 3.3.3.4 ATK Langenthal Patientenbeurteilung: Beschwerden 52 3.3.3.5 ATK Biel Patientenbeurteilung: Beschwerden 53 3.3.3.6 ATK Langenthal Patientenbeurteilung: Lebensqualität 54 3.3.3.7 ATK Biel Patientenbeurteilung: Lebensqualität 54 3.4 Diskussion 55 4 Angebotsstruktur und Versorgungslandschaft 58 4.1 Ausgangslage 58 4.2 Datenlage komplementärer Versorgungsangebote 58 4.2.1 Richtwerte Wohnheime, betreutes Wohnen 59 4.3 Auswertung 59 4.4 Ergebnisse 60 4.4.1 Sozialmedizinische Institutionen: Wohnheime 60 4.4.2 Sozialmedizinische Institutionen: Tagesstätten 61 4.4.3 Sozialmedizinische Institutionen: Werkstätten 61 4.4.4 Sozialmedizinische Institutionen: Berufliche Massnahmen 63 4.4.5 Gesamte Angebote in sozialmedizinische Institutionen 63 4.5 Diskussion und Ausblick 66 4.5.1 European Service Mapping Schedule (ESMS-V3) 67 5 Schriftliche Befragungen 73 5.1 Psychiaterbefragung 73 5.1.1 Einführung 73 5.1.2 Ergebnisse 74 5.1.2.1 Teil1: Angaben über die an der Befragung teilgenommenen PsychiaterInnen 74 5.1.2.2 Teil2: Einschätzung der Qualität der Zusammenarbeit mit der institutionellen Psychiatrie 78 Teil 3: Beurteilung bestehender Versorgungslandschaften und bestmöglicher Versorgung durch verschiedene Akteure 84 5.1.2.3.1 Sozialpsychiatrische und rehabilitative Versorgung 84 5.1.2.3.2 Beurteilung bestmöglicher Versorgung verschiedener Patientengruppen 86 5.1.2.4 Teil 4: Patienten in den psychiatrischen Praxen) 91 5.1.2.4.1 Daten der Stichtagbefragung 91 5.1.2.4.2 Vergleich der Psychiaterdaten mit der Krankenhausstatistik MedStat 2008 103 5.1.3 Diskussion 111 5.2 Hausarztbefragung 118 5.2.1 Einführung 118 5.2.2 Ergebnisse 118 5.2.2.1 Rücklauf 118 5.2.2.2 Beschreibung der teilnehmenden Hausarztpraxen 118 5.1.2.3 -4- 5.2.2.3 Qualität der Zusammenarbeit mit andern Versorgern 119 5.2.2.4 Stichtagbefragung 123 5.2.2.4.1 Ausschliessliche psychiatrische Behandlung in hausärztlicher Praxis 125 5.2.3 Diskussion 127 6 Daten zur Versorgung aus verschiedenen Datenquellen 132 6.1 Santé Suisse Daten- und Tarifpool 132 6.1.1 Versorgung durch die freipraktizierenden Psychiaterinnen und Psychiater 132 6.1.2 Psychiatrische Leistungen Allgemeine und Innere Medizin 132 6.2 Vergleich verschiedener Quellen zur ambulanten Versorgung 135 6.2.1 Bevölkerungsdaten 135 6.2.2 Santé Suisse Datenpool Psychiatrie Erwachsene 135 6.2.3 Santé Suisse Tarifpool Allgemeine und Innere Medizin 135 6.2.4 Institutionelle ambulante Psychiatrie 138 6.2.5 Ambulant behandelte Patienten insgesamt 138 6.2.6 Medizinatlas Schweiz 138 6.2.7 Psychiaterbefragung 139 6.2.8 Hausarztbefragung 139 6.2.9 Kombination der Daten 140 7 Fazit 142 7.1 Grundlagen 142 7.1.1 Ausgangslage Versorgungslandschaft und mangelhafte Datengrundlage 142 7.2 Zusammenfassung pro Untersuchungseinheit 143 7.2.1 MOKI/ Notfalltriage 143 7.2.2 ATK 144 7.2.3 Aufbau und Implementierung neuer Versorgungsangebote 145 7.2.4 Angebotsstruktur und Versorgungslandschaft 146 7.2.5 Freipraktizierende Psychiater 147 7.2.6 Grundversorger 147 7.2.7 Zusammenfassung Behandlungszahlen 148 -5- 1 Einleitung Im Rahmen der Weiterentwicklung der Psychiatrieversorgung im Kanton Bern, WePBE wurde unter anderem die teilstationäre und ambulante Versorgungssituation psychisch Kranker untersucht. Im Gegensatz zur stationären Versorgung ist der Informationsstand im teilstationären und ambulanten Bereich geringer und wird z.B. über die MedStat noch nicht vollständig abgebildet 1. An einzelnen Stützpunkten wurden zusätzliche ambulante und teilstationäre Daten bereits erhoben, die im Rahmen der jetzigen Evaluation genutzt wurden. In den beiden Pilotregionen Oberaargau und Biel wurde die gemeindeintegrierte Akutbehandlung ausgebaut. Dafür wurden Versorgungsangebote geschaffen, die NotfallAbklärungen bzw. -Triagen und Mobile Kriseninterventionen (MOKI) anbieten und die psychiatrische Behandlung weitgehend im gewohnten Lebensumfeld der PatientInnen durchführen. In beiden Regionen wurden zudem psychiatrische Akuttageskliniken eröffnet. Am Psychiatriestützpunkt Biel wurde die Mobile Krisenintervention im Rahmen eines Umzuges und damit verbundenen Konzeptänderungen ab Anfang 2008 neu aufgebaut, parallel und unabhängig von der schon lange bestehenden gemeindenahen Versorgung. Am Psychiatriestützpunkt Langenthal ist die Mobile Krisenintervention seit 2004 integrierter Teil des Versorgungsangebots. Die systematische Auswertung der seit Mitte 2007 vorliegenden Daten lieferten Informationen darüber, welche Leistungen in welchem Umfang bei welchen PatientInnen im Rahmen der Mobilen Krisenintervention und Notfall-Triage erbracht wurden und halfen dabei, die Datenerfassung und –auswertung der teilstationären und ambulanten Angebote in den beiden Pilotregionen neu zu konzipieren und auszubauen. Daneben wurden Workshops mit den beiden Behandlungsteams durchgeführt. Aufgrund dieser Erfahrungen wurde in beiden Diensten mit Unterstützung der Informatik ein System aufgebaut, welches die Datenerfassung vereinfachen und in die normalen Betriebsabläufe eingliedern sollte. Da die beiden Dienste unterschiedliche Klinikinformationssysteme besitzen, musste diese Arbeit doppelt gemacht werden. Es zeigte sich, dass diese Prozesse überaus schwerfällig abliefen, mehr noch in Biel, wo die Informatik mit einem externen Anbieter zusammenarbeitet. Dies führte dazu, dass dieser Bericht zum Teil nur kurze Beobachtungszeiträume abdeckt. Um die neu zu eröffnenden Akut-Tageskliniken sinnvoll zu dokumentieren, wurden die bestehenden Institutionen zu den von ihnen verwendeten Instrumenten befragt. Daraus wurde ein Erhebungsinstrument entwickelt, welches Informationen aus dem Blickwinkel der Ärzte, der Pflegenden und der Patienten selbst ermöglicht. Um die Institutionen zu ermutigen, mit diesen Instrumenten zeitnah Daten zu erheben, wurden diese Instrumente so ausgestattet, dass individuelle Resultate für jeden Patient unmittelbar nach dem Eingeben der Daten ver1 Dass dies nicht nur im Kanton Bern der Fall ist geht auch aus dem Leitfaden zu Psychiatrie der GDK (2008) hervor. -6- fügbar waren. Aufgrund verschiedenster Probleme (später als geplante Eröffnung, zuwenig Ressourcen, um von Beginn weg mit dem System zu arbeiten, unvollständige Datenerhebung) sind auch zu den ATK zum jetzigen Zeitpunkt erst wenige Daten vorhanden. Mit dem European Service Mapping Schedule (ESMS) wurde als erstes die bestehenden Versorgungsangebote der Region Langenthal charakterisiert. Im Verlaufe der Arbeiten wurde begonnen, die Daten zu ergänzen mit den durch SOMED erfassten Informationen. Mit der sehr konstruktiven Unterstützung durch Herrn Hug von der GEF gelang es in einem aufwändigen Prozess, eine gute Grundlage für zukünftige Arbeiten zu legen. Die schriftliche Befragung der Berner Psychiaterinnen und Psychiater bildet ein Herzstück dieser Evaluation. Mit einem Rücklauf von über 50% kann sie als in hohem Mass repräsentativ angeschaut werden. Sie gibt einen guten Überblick über die Zusammenarbeit mit andern Versorgern, vor allem der institutionellen Psychiatrie, und über die Einschätzungen, welche ambulant versorgten Patienten durch Institutionen und welche durch niedergelassene Psychiater oder Hausärzte betreut werden sollen. Einen sehr guten Einblick in die Klientel der Niedergelassenen bildet die Stichtagserhebung, welche 500 Patienten umfasst. Die Charakterisierung dieser Patienten geht viel weiter als bei MedStat, erlaubt aber auch den Vergleich mit den MedStat-Daten. Die parallel durchgeführte schriftliche Befragung der Hausärzte im Kanton Bern wird durch den schlechten Rücklauf von 12% beeinträchtigt. Sie bestätigt jedoch den Eindruck, dass die Hausärzte sehr viele psychiatrisch auffällige Patienten in der Praxis haben, die nicht anderweitig behandelt werden. Die Erhebung der Tarmed-Daten von Santé Suisse zu den Leistungen der niedergelassenen Psychiaterinnen und Psychiater und der psychiatrischen Leistungen der Grundversorger rundet die Untersuchung ab, ermöglicht eine Mengenschätzung und validiert die mit der Psychiaterbefragung erhobenen Daten eindrücklich. Der Quervergleich mit den Daten der institutionellen Anbieter zeigt auf, dass die Niedergelassenen 2/3 und Institutionen 1/3 der ambulanten Patienten behandeln. Umgekehrt bilden die Santé Suisse Daten die psychiatrischen Leistungen der Hausärzte nur mangelhaft ab – obwohl mehr als ein Drittel der Patienten als psychiatrisch auffällig angeschaut werden, betragen die psychiatrisch verrechneten Tarmed-Leistungen nur etwa 1% der Gesamtleistungen. Bei der Auseinandersetzung mit all diesen Informationen zeigte sich immer wieder, wie mangelhaft viele Datengrundlagen sind. Das Evaluationsteam war in sehr viel höherem Mass als erwartet damit beschäftigt, Grundlagen dafür zu schaffen, dass überhaupt Daten erhoben werden konnten. Uneinheitliche Datenerhebungssysteme, sogar innerhalb des Kantons, erschwerten diese Aufbauarbeit zusätzlich. Es ist deshalb zu hoffen, dass diese Arbeiten ins- -7- besondere für die Pilotprojekte fortgeführt und wenn möglich auch auf vergleichbare Institutionen des Kantons ausgedehnt werden oder sogar in kantonsübergreifende Qualitätsentwicklungs-Projekte einfliessen. -8- 2 Evaluation Mobile Krisenintervention (MOKI) und Notfalltriage (NF) 2.1 Ausgangslage Im Rahmen der Weiterentwicklung der Psychiatrieversorgung im Kanton Bern, WePBE soll u.a. die teilstationäre und ambulante Versorgungssituation psychisch Kranker untersucht werden. Im Gegensatz zur teilstationären und stationären Versorgung ist der Informationsstand im ambulanten Bereich geringer und wird z.B. über die MedStat noch nicht vollständig abgebildet. Perspektivisch soll diese Evaluation dazu beitragen, ein Reportingsystem aufzubauen, das später in geplante Klinikinformationssysteme implementiert werden kann. In den beiden Pilotregionen Oberaargau und Biel wird die gemeindeintegrierte Akutbehandlung ausgebaut. Dafür wurden Versorgungsangebote geschaffen, die Notfall-Triagen und Mobile Kriseninterventionen (MOKI) anbieten und die psychiatrische Behandlung weitgehend im gewohnten Lebensumfeld der PatientInnen durchführen. In beiden Regionen werden zudem psychiatrische Akuttageskliniken eröffnet. Am psychiatrischen Dienst Langenthal ist die Mobile Krisenintervention seit 2004 integrierter Teil des Versorgungsangebots. Die systematische Auswertung der vorliegenden Daten soll zum einen Informationen darüber liefern, welche Leistungen in welchem Umfang bei welchen PatientInnen im Rahmen der Mobilen Krisenintervention und Notfall-Triage erbracht wurden. Eine Auswertung der Leistungen für das Jahr 2008 wurde vorgängig durchgeführt. Seit Anfang 2009 wurden in Zusammenarbeit mit den beiden Pilotregionen Möglichkeiten entwickelt die Leistungen in der Mobilen Krisenintervention – in Biel zusätzlich die aufsuchenden Hilfen durch die Gemeindepsychiatrie – sowie die Leistungen der Notfall-Triage in die EDV-Systeme der beiden psychiatrischen Dienste zu implementieren. Die technischen Möglichkeiten sind an den beiden psychiatrischen Diensten nunmehr realisiert, Dateneingabe und -weiterverarbeitung sind jedoch noch nicht Teil der täglichen Routine. Inhaltlich besteht weiterhin das Problem, dass nicht alle psychiatrischen Institutionen im Kanton Bern ihre ambulanten Behandlungen in der MedStat erfassen. Dies bedeutet einen enormen Informationsverlust, der die Vergleichsmöglichkeiten unterschiedlicher Regionen sehr einschränkt. Dieses Problem ist offenbar seit Jahren bekannt und findet z.B. auch im „Dolder Bericht“ kritische Erwähnung. Auf dem Hintergrund, dass die Implementierung neuer ambulanter Versorgungsangebote das Ziel verfolgt, reduzierend auf stationäre Behandlungen zu wirken, bestehen hier nach wie vor grosse Informationsmängel. -9- 2.2 Definitionen, Operationalisierung Als allgemeine Beschreibung und Orientierungspunkt von Krise und Notfall wurden folgende Definitionen entwickelt. Dabei schliessen sich diese beiden Begriffe nicht aus, sondern es gilt, dass jeder Notfall auch eine Krise ist. Notfall: Akute Situation, die sofort, d.h. in diesem Moment, eine Massnahme erforderlich macht; oft besteht in diesen Situationen eine akute Lebensbedrohung (Selbstoder Fremdgefährdung); wenn die Massnahme durchgeführt wurde, ist die Notfallsituation beendet. Ein Notfall beinhaltet im Normalfall eine einzige Intervention. Krise: Relativ akut veränderte Situation, die schnelle Hilfe erfordert; oft ist nicht genau vorhersehbar, wie es weitergeht; es sind häufigere Termine, mehrere Interventionen über einen Zeitraum von Tagen oder gar einigen Wochen, eventuell häufige Settingveränderung bzw. -anpassungen nötig; auch in einer Krisensituation, die kein Notfall ist, kann eine Gefährdung (Suizidalität) vorhanden sein, aber weniger akut und besser kontrollierbar. Bei einer Krise handelt es sich um einen länger andauernden instabilen Zustand, deren Behandlung sich über einen Zeitraum von einigen Tagen bis zu mehreren Wochen ziehen kann. Die Krise ist beendet, wenn ein stabiles neues Setting etabliert worden ist. Ein Resultat des Workshops bestand in der Erkenntnis, dass sich Kriseninterventionsepisoden im Rahmen der MOKI in den beiden Psychiatriezentren Langenthal und Biel unterschiedlich realisieren. In Langenthal werden Kriseninterventionen von einem MOKI-Team durchgeführt, das im Anschluss an eine Krise auch die stabilisierende Nachbetreuung übernehmen kann und so zum Teil auch längerfristige Begleitungen anbietet. Eine Krise ist demnach auch dadurch definiert, dass sie durch die MOKI behandelt wird. Das Psychiatriezentrum Biel hält kein eigenes Team vor, sondern die Mobile Krisenintervention obliegt einer Pflegefachfrau, die häufig gemeinsam mit dem Arzt/der Ärztin die Krisenintervention durchführt. Da im Rahmen der Gemeindenahen Versorgung ebenfalls Kriseninterventionen angeboten werden, wird hier Krise eher als eine spezifische Behandlungssituation verstanden, in der die Krisenintervention nicht dadurch definiert ist von welchem Team/Ressort sie durchgeführt wird. Abb. 1 verdeutlicht die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Mobilen Krisenintervention und Notfalltriage an den beiden Psychiatriezentren. -10- Abb. 1: Organisation von MOKI und NF an den beiden Psychiatriezentren 2.3 Ziele der Evaluation Im Rahmen der Evaluation sollen alle Episoden erfasst werden können, bei denen eine Notfallsituation oder eine Krise besteht, welche ein schnelles Eingreifen notwendig macht. Erhoben werden Behandlungsmerkmale wie Dauer und Art der Einzelinterventionen in den Krisenepisoden, klinische Parameter wie das psychosoziale Funktionsniveau (GAF) und Suizidalität bei Krisenbeginn und deren Abschluss, erbrachte Leistungen im Rahmen der Kriseninterventionen bzw. der Notfalltriage sowie Patientenmerkmale der medizinischen Statistik (MedStat). Damit war die technische Notwendigkeit gegeben, unterschiedliche Datenquellen (Tarmed, MedStat) patientenbezogen zu verknüpfen sowie neue Variablen in die unterschiedlichen Leistungserfassungssysteme der Psychiatriezentren zu implementieren. Die Realisierung der technischen Lösungen war zeitaufwändig und für die Psychiatriezentren mit zusätzlichen Kosten verbunden, da die Informatiklösungen durch die externen Firmen der Kliniksysteme entwickelt werden mussten. 2.4 Kennwerte der MOKI/NF Erhebung 2009 Langenthal 2.4.1 Vorgehen Im psychiatrischen Dienst Langenthal wurden im Zeitraum von 01.01.09 bis 30.06.09 folgende Daten erhoben: • sämtliche Leistungen, die im Rahmen der Mobilen Krisenintervention (MOKI) erbracht wurden • ein Teil der Leistungen, die im Rahmen der Notfall-Triage (NF) bezeichnet, erbracht wurden • die Angaben der Medizinischen Statistik, der in der MOKI und NF behandelten PatientInnen -11- Der vorliegende Excel-Datensatz besteht aus 1820 Records. Ein Record umfasst für einen/eine PatientIn eine oder mehrere Leistungen, die an einem Tag in der MOKI oder der NF-Triage von einer Fachkraft ausgeführt wurden. Leistungen, die von zwei Fachkräften gemeinsam ausgeführt wurden, lassen sich nur bruchstückhaft rekonstruieren, da die Daten keine Angaben über den Zeitpunkt der Leistungen enthalten. Damit liegen die im Folgenden dargelegten Werte leicht über den tatsächlichen Leitungen, welche die PatientInnen erhalten haben. Jeder Record des Datensatzes beinhaltet also ein oder mehrere Kontakte zum/zur PatientIn und/oder zu in die Behandlung involvierten anderen Personen oder Stellen sowie ggf. Wegzeiten. Da es sich in Langenthal bei der MOKI – in Abgrenzung zur NF-Triage – um mittel- oder längerfristige Interventions- bzw. Behandlungsphasen handelt, werden diese als Episoden bezeichnet. Der NF-Triage Dienst weist einmalig den akut psychisch Kranken einer adäquaten Behandlungsform zu. Dies wird als Fall gefasst, wobei eine Person – nimmt sie die NF mehrfach in Anspruch – mehrere Fälle generiert (Tab. 1). Tab. 1 Definition Fälle, Episoden, Kontakte in der MOKI und NF Fall Patient pro Notfall-Triage (NF) Episode Behandlung eines Patienten in der Mobilen Krisenintervention (MOKI) ohne Unterbruch, der länger als 2 Monaten dauert. Danach beginnt eine neue Episode. Record Leistungen, die ein Patient während eines Tages von einer Fachkraft erhalten hat Kontakt entspricht einem Record, entspricht in der NF einem Fall Die vorliegenden Kennwerte sollen einen Überblick geben über die im ersten Semester 2009 erbrachten Leistungen in der MOKI und – mit o.g. Einschränkungen – in den dokumentierten NF am Psychiatrie Stützpunkt Langenthal. Ausgehend von der am Psychiatriestützpunkt Langenthal verwendeten Systematik werden durch unterschiedliche Gruppierungen der Daten weiterführende Analysen angestellt. Die statistischen Auswertungen wurden mit dem Statistikprogramm JMP® 7.0.2 (SAS Institute, Cary, NC) vorgenommen. 2.4.2 Anpassungen Statistik MOKI/NF-Triage 2009 Eine Episode in der MOKI ist zeitlich unbegrenzt, wird aber abgeschlossen nach einem Unterbruch von mindestens drei Monaten (90 Tage), da dann auch ein neuer Behandlungsfall in der MedStat eröffnet werden sollte. Die Zuteilung „neuer Pat.“ ist nicht befriedigend, fehlende Trennschärfe zur internen Zuweisung, aber auch die Frage, wann ein Pat. als neu zu bezeichnen ist, ist noch nicht abschliessend geklärt. -12- Zusätzliche Klassifikation zur Kategorie „Hausbesuche“: Wenn Leistungen in Anwesenheit der Pat. (ohne Telefonate mit Pat.) erbracht wurden und gleichzeitig Wegezeiten angegeben sind. Diagnosen: Beschränkung auf erste Diagnose und Abschneiden auf die ICD-10 Hauptgruppe, Zellbesetzung der F9 Gruppe gering (<3%), wird zusammengefasst unter der Variabe „Sonstige“. Die Angaben zum psychosozialen Funktionsniveau (GAF) zu Beginn und am Ende der Krisenepisode können ohne Definition, wann eine Krise als beendet bezeichnet werden kann, noch nicht aussagekräftig erhoben werden. Denkbar wäre hier den GAF am Ende der Krisenenpisode dann zu erheben, wenn die stabilisierende Begleitung nach der Krise beginnt oder die Begleitung in die Langzeitbegleitung übergeht bzw. durch die Nachbehandler fortgesetzt wird. Für die vorliegende Auswertung sind ausschliesslich die GAF Angaben bei einer Notfalltriage und zu Beginn der MOKI berücksichtigt worden. 2.4.3 Verrechenbare Leistungen in der MOKI und der NF-Triage 2009 Gesamthaft wurden im ersten Semester 2009 in einem Excel File 1820 Kontakte (Records) erfasst, die sich aus 1749 MOKI Kontakten und 71 NF-Triage Kontakten (Fällen) zusammensetzen. Demnach wurden verrechenbare Leistungen in der MOKI und der NF-Triage von 1661.6 Stunden erbracht. Hochgerechnet auf das gesamt Jahr entspricht das Leistungsvolumen dem von 2008. 2 Gesamthaft wurden 182 PatientInnen im MOKI und/oder der NF-Triage behandelt, 128 im MOKI und 68 in der NF-Triage, 14 davon in beiden Stellen (Abb. 2). 2 Aus der Erhebung 2008 ist bekannt, dass 9.5% der gesamthaft erbrachten Leistungen in der MOKI und 2.5% in der NF-Triage nicht verrechenbar sind -13- Abb. 2: Anzahl PatientInnen mit NF-Triage und/oder MOKI MOKI und NF an einem Tag wurde in zehn Fällen bei neun PatientInnen durchgeführt (dies entspräche den MOKIs, wie sie im psychiatrischen Dienst Biel verstanden werden). Von den 128 in der MOKI behandelten PatientInnen, hatten 124 PatientInnen eine und vier PatientInnen zwei MOKI Episoden. Gesamthaft sind also 132 Episoden zu verzeichnen (Tab. 2). Insgesamt wurden von den 128 erfassten PatientInnen 25 (19.5%) neu im ersten Semester 2009 in die MOKI aufgenommen. Tab. 2: Übersicht Anzahl PatientInnen, Fälle, Episoden im MOKI und NF nur NF MOKI & NF nur MOKI Summe PatientInnen 54 (29.7%) 14 (7.7%) 114 (62.6%) 182 Fälle (NF) 56 (78.9%) 15 (21.1%) - 71 Episoden (MOKI) - 14 (10.6%) 118 (89.4%) 132 2.4.4 Soziodemographische und funktionale Angaben in der MOKI und NF-Triage PatientInnen, die nur in der MOKI behandelt wurden (N=114) sind statistisch signifikant älter als diejenigen, die ausschliesslich in der NF-Triage vorstellig wurden (N=54) (MW 49 Jahre, SD 15.6 vs. MW 39.9 Jahre, SD 13.8, p < .001). 3 Ausserdem ist die NF-Triage PatientIn- 3 auch wenn, die 14 PatientInnen die sowohl im MOKI als auch in der NF behandelt wurden einbezogen werden – unabhängig, ob sie in die MOKI oder NF Gruppe eingerechnet werden, wird der Unterschied statistisch signifikant p < .01 -14- negruppe statistisch signifikant häufiger Teil- oder Vollzeit erwerbstätig (p < .0001). Der grösste Anteil der PatientInnen mit 78% lebt selbständig allein oder mit anderen zu Hause, lediglich ein kleiner Teil (3.5%) von ihnen wird durch die Spitex betreut. Die Zuweisung zur MOKI und/oder NF-Triage erfolgte bei knapp einem Drittel der PatientInnen durch klinische Institutionen (ambulante, teil- oder vollstationäre somatische oder psychiatrische Behandlung). Ebenfalls fast ein Drittel der PatientInnen wird durch niedergelassende Psychiaterinnen, HausärztInnen oder nicht ärztliche PsychotherapeutInnen zugewiesen, gefolgt von den Anmeldungen durch die PatientInnen selbst oder deren Angehörige/Bezugspersonen (Tab. 3). Tab. 3: Beschreibung der Stichprobe bei Eintritt nur NF (N=54) MOKI & NF (N=14) nur MOKI (N=114) Alter MW 39.9, SD 13.8 49.1, SD 21.2 MW 49.5, SD 15.6 Geschlecht, Nationalität 26 (48.2%) weiblich, 45 (83%) CH 8 (57.1%) weiblich, 11 (79%) CH 67 (58.8%) weiblich, 99 (87%)CH Zivilstand ledig: 24 (44.4%) verheiratet, zusammenlebend: 20 (37%) verheiratet, getrennt lebend: 2 (3.7%) verwitwet: 2 (3.7%) geschieden: 5 (9.3%) ledig: 8 (57.1%) verheiratet, zusammenlebend: 6 (42.9%) ledig: 47 (41.2%) verheiratet, zusammenlebend: 25 (21.9%) verheiratet, getrennt lebend: 9 (7.9%) verwitwet: 11 (9.7%) geschieden: 21 (18.4%) Aufenthalt vor Eintritt Zuhause (mit Spitex): 43 (30.3%) Heim: 6 (11.1%) (psychiatrische) Klinik: 2 (3.7%) Sonstige: 3 (5.6%) Zuhause (mit Spitex): 9 (64.3%) Heim: 2 (14.3%) (psychiatrische) Klinik: 2 (14.3%) Sonstige: 1 (7.1%) Zuhause (mit Spitex): 90 (63.4%) Heim: 7 (6.1%) (psychiatrische) Klinik: 11 (9.7%) Sonstige: 6 (5.3%) voll- oder teilzeitig erwerbstätig 23 (42.6%) 1 (7.1%) 14 (12.3%) Zuweisung durch selbständig, Angehörige: 16 (29.3%) HA, PsychiaterIn, PsychotherapeutIn: 19 (35.2%) klinische Institution: 14 (25.9%) Sonstige: 5 (9.3%) selbständig, Angehörige: 5 (35.7%) HA, PsychiaterIn, PsychotherapeutIn: 2 (14.3%) klinische Institution: 5 (35.7%) Sonstige: 2 (14.3%) selbständig, Angehörige: 30 (26.3%) HA, PsychiaterIn, PsychotherapeutIn: 35 (30.7%) klinische Institution: 37 (32.5%) Sonstige: 12 (10.5%) Das psychosoziale Funktionsniveau, erhoben über die Global Assessment of Functioning Scale (GAF, Achse V des DSM-IV) unterscheidet sich nicht statistisch signifikant zwischen der Gruppe der MOKI PatientInnen und der aus der NF-Triage. Mit einem GAF von durch- -15- schnittlich 52.1, SD 13 (Anfangsmessung bei MOKI PatientInnen, N=69) und 53, SD 11.8 (NF-Triage, N=48) handelt es sich eine belastete Population mit deutlichen Einschränkungen der sozialen Funktionen. Am stärksten belastet ist die Gruppe der PatientInnen (N=13), die sowohl im MOKI als auch in der NF-Triage behandelt wurde (MW 47.3, SD 12.4). Aufgrund der Datenlage (missings) und der Uneinheitlichkeit im Zeitpunkt der Erhebung lassen sich keine Aussagen über Veränderungen des psychosozialen Funktionsniveaus MOKI-Episode Beginn und Ende ableiten. Von 102 der 182 PatientInnen liegen MedStat zum Austritt vor. 4 Knapp zwei Drittel der NFTriage und MOKI PatientInnen werden nach Austritt stationär oder teilstationär weiter behandelt und entspricht damit im Vergleich zum Eintritt einem umgehrten Verhältnis der Behandlungsart. Bei über einem Drittel der PatientInnen kann die Krise ohne stationäre oder teilstationäre Behandlung im häuslichen Umfeld bewältigt werden (Tab. 4). Tab. 4: Beschreibung der Stichprobe bei Austritt nur NF (N=40) MOKI & NF (N=10) nur MOKI (N=52) Aufenthalt nach Austritt Zuhause: 18 (45%) Heim: 2 (5%) (psychiatrische) Klinik: 20 (50%) Zuhause: 2 (20%) (psychiatrische) Klinik: 8 (80%) Zuhause: 17 (32.7%) Heim: 3 (5.8%) (psychiatrische) Klinik: 30 (57.7%) Sonstige: 2 (3.9%) Behandlung nach Austritt (teil)stationäre Behandlung: 23 (57.5%) HA, PsychiaterIn, Sozialdienst: 7 (17.5%) Ambulatorium: 4 (10%) Sonstige: 6 (15%) (teil)stationäre Behandlung: 9 (90%) HA, PsychiaterIn, Sozialdienst: 1 (10%) (teil)stationäre Behandlung: 32 (61.5%) HA, PsychiaterIn, Sozialdienst: 8 (15.4%) Ambulatorium: 2 (3.9%) Sonstige: 10 (19.2%) 2.4.5 ICD-10 Diagnosen Die Gruppe der affektiven Störungen ist über die gesamte Anzahl der Fälle (N=182) in der MOKI in der NF-Triage am häufigsten vertreten (30.8%) gefolgt von den schizophrenen (29.1%) und den neurotischen Störungen (19.2%). Sowohl die F3-Fallgruppe als auch die F4-Fallgruppe wurde statistisch signifikant häufiger in der NF-Triage behandelt (p < .05 und p < .01) als die Fallgruppe der schizophrenen Störungen (Abb. 3). Die MitarbeiterInnen der MOKI/NF-Triage weisen darauf hin, dass der Anteil F6 Diagnosen insbesondere bei den 4 52 MOKI und/oder NF-Triage PatientInnen befanden sich am 30.06.2009 noch in Behandlung d.h. 65% der Austrittsmissings. Von den 38 MOKI PatientInnen , die sich zu diesem Zeitpunkt noch in Behandlung befanden gehört rund ein Drittel zu der Gruppe der Langzeitbegleitungen (mit und ohne Krisenbegleitung). -16- durch die Notfall-Triage behandelten PatientInnen tatsächlich höher ausfallen dürfte als abgebildet. Das Zeitfenster für die psychiatrische Diagnostik ist gering und der für die Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen gebotene Beobachtungszeitraum nicht gegeben. Abb. 3: Häufigkeiten der Diagnosegruppen in der MOKI und NF-Triage (N=182) 2.4.6 Kriseninterventionen und Hausbesuche während der MOKI Die in der MOKI erbrachten Leistungen lassen sich trennscharf in zwei Gruppen einteilen: 1. Leistungen im Rahmen von Kriseninterventionen sowie Begleitungen nach Krisen 2. Leistungen im Rahmen von Langzeitbegleitungen Die beiden Gruppen unterscheiden sich statistisch signifikant hinsichtlich ihrer Dauer sowie ihrer Kontaktfrequenz. PatientInnen, die längerfristig durch das MOKI Team begleitet werden, erhalten zwar gesamthaft mehr Leistungen in Stunden als PatientInnen mit Krisenintervention und stabilisierender Begleitung nach Krise, diese fällt jedoch niederfrequenter aus und enthält ausserdem weniger Hausbesuche (Tab. 5). -17- Tab. 5: Leistungen in der MOKI Krisenintervention & stabilisierende Begleitung nach Krise (N=66) Langzeitbegleitung (N=66) Sig. Episodendauer in Tagen MW 33.5, SD 39.2 MW 98.8, SD 62.4 < .0001 Anzahl der Kontakte pro Woche MW 0.6, SD 0.4 MW 0.3, SD 0.3 < .001 Leistungen in Stunden MW 7.3, SD 9 16.5, SD 21.3 < .01 MW 27.7, SD 30.3 < .01 Anteil Hausbesuche von Kontakten MW 44.6, SD 34.2 in % Vergleicht man den Anteil der Hausbesuche in den verschiedenen Interventionsformen wird ersichtlich, dass Kriseninterventionen, die in Langzeitbegleitungen durchgeführt wurden ebenfalls mit Hausbesuchen einher gehen (Abb.4). PatientInnen, die Hausbesuche erhalten haben sind statistisch signifikant 5 älter (MW 51.4 Jahre, SD 16.7) als diejenigen ohne Hausbesuche (44.8 Jahre, SD 13.4). Abb.4: Hausbesuche bei unterschiedlichen Interventionen 5 p < .05 -18- Im ersten Semester 2009 wurden 577 Kriseninterventionen und 572 stabilisierende Begleitungen nach Krisen, 602 Hausbesuche, 225 Kriseninterventionen mit Hausbesuch und 258 stabilisierende Begleitungen nach Krise mit Hausbesuch durchgeführt. Weitere 1147 Kontakte fanden entweder im Ambulatorium statt oder Daten (z.B. Wegezeiten, die auf Hausbesuche deuten) fehlen. Bei 34 Episoden (26%) sind im Erhebungszeitraum keine Hausbesuche durchgeführt worden. Eine Gruppierung über die Interventionen der MOKI-Episoden bietet Abb. 5. Bei 84 der 132 MOKI-Episoden ist eine Anfangsmessung des psychosozialen Funktionsniveaus (GAF) vorgenommen worden. Abb. 5: Interventionstypen in der MOKI Die PatientInnen, die durch die MOKI eine Langzeitbegleitung erhielten und im Erhebungszeitraum keine Krise durchlebten, verfügen über ein statistisch signifikantes höheres psychosoziales Funktionsniveau (Tab. 6). Tab. 6: Psychosoziales Funktionsniveau zu MOKI Beginn Krisenintervention & stabilisierende Begleitung nach Krise (N=44) Krisenintervention & stabilisierende Begleitung nach Krise in Langzeitbegleitung (N=28) GAF zu Behand- MW 47.8, SD 13.4 (A) MW 51.1, SD 11 (A) lungsbeginn Langzeitbegleitung (N=10) Sig. MW 61, SD 12 (B) < .05 -19- 2.4.7 Leistungen und Dauer innerhalb der MOKI-Episoden Eine MOKI-Episode umfasste durchschnittlich einen Zeitraum von 66.2 Tagen (SD 61.4 Median 46.5 Tage, Range 1-167) und enthielt im Mittel 13.3 Kontakte 6 (SD 17.3, Median 7, Range 1-103). Die erbrachten Leistungen betrugen pro MOKI-Episode im Durchschnitt 11.9 Stunden (SD 16.9, Median 5.8, Range 1-120.1). Werden die Anzahl der Kontakte innerhalb einer individuellen Episode berücksichtigt, wurden im Mittel Leistungen im Umfang von 55 Minuten erbracht (SD 29, Median 53, Range 10-210). Abb. 6 zeigt die Verteilung der Leistungen auf die verschiedenen Kategorien. Abb. 6: Verteilung sämtlicher erbrachter Leistungen in der MOKI Werden die Dauer der MOKI-Kontakte nicht in Relation zu den einzelnen Episoden gesetzt sondern pro Kontakt berechnet zeigt sich, dass die durchschnittliche Dauer aller erbrachten Leistungen pro Kontakt in der NF statistisch signifikant höher als in der MOKI (MW 74 Minuten, SD 36 vs. MW 54 Minuten, SD 44, p < .001) ist. 2.4.8 Leistungen in Anwesenheit und Abwesenheit der PatientInnen in MOKI und NFTriage Die durchschnittliche Dauer der erbrachten Leistungen in Anwesenheit des/der PatientIn unterscheidet sich ebenso wie die der durchschnittliche Dauer der Gesamtleistungen zwischen MOKI und NF-Triage. Leistungen in Anwesenheit beinhalten direkte persönliche 6 ein Kontakt entspricht einem Record, es können auch mehrere Leistungen innerhalb eines Records – sofern sie von der gleichen Fachkraft erbracht wurden – dokumentiert sein. -20- und telefonische Kontakte, Begleitungen sowie Pflegeleistungen. Es finden sich statistisch signifikante Mittelwertunterschiede zwischen der Leistungsdauer in Stunden in Anwesenheit des/der PatientIn. In der NF-Triage ist sie höher als in der MOKI (MW 66 Minuten, SD 30.8. vs. MW 38 Minuten, SD 33.7, p < .0001). 69.6% (1096 Stunden) der Gesamtleistungen (1574 Stunden) in der MOKI wurden in Anwesenheit der PatientInnen erbracht und umfassen damit mehr als doppelt so viele Stunden als in Abwesenheit erbrachten Leistungen (Abb. 7). Abb. 7: Summe der Leistungen in Anwesenheit und Abwesenheit der PatientInnen in der MOKI und NF-Triage -21- 2.4.9 Interviews mit Patienten und Angehörigen, welche durch eine MOKI betreut wurden Im Frühjahr 2009 war es uns möglich, fünf Interviews mit Betroffenen und Angehörigen in der Region Oberaargau zu führen und zu erfahren, wie sie die Mobile Krisenintervention erlebt haben. Die Betroffenen zeigten unterschiedliche Störungsbilder: Frau Z. leidet an ADHS mit Kontrollverlust und ausfälligen Wutausbrüchen, Frau M. ist psychisch behindert mit psychotischen Schüben. Auch die manisch-depressive Frau Sch. leidet unter psychotischen Episoden. Herr J. lebt mit der Diagnose schizo-affektive Störung und Herr H. mit einer Depression mit suizidalen Phasen. 2.4.9.1 Erfahrungen mit der Klinikeinweisung Der erste Fokus liegt auf den Schilderungen, wie die psychiatrische Behandlung vor dem Einsatz einer MOKI aussah, und dabei werden bei allen Betroffenen Schwierigkeiten mit der stationären Behandlung laut. Nach Herr J. hatte ihn vor der MOKI niemand vor einer Klinikeinweisung beschützt. Herr J. erklärt die Bedeutung der Zwangsmassnahmen sehr deutlich: „Das Damoklesschwert der Zwangsmassnahmen hängt über einen. Jedes Mal beginnt das gleiche Rad zu drehen, der innerlich ablaufende Prozess beim Eintritt in die Klinik ist aufwühlend und unangenehm. Erst wenn man aufgrund eines FFEs von der Polizei oder Pflegefachleuten gepackt wird, wird man aggressiv, weil sie einem den Raum nehmen. Niemand sagt da, man solle den Patienten doch erst ankommen lassen. Dann die Gurte, die Spritzen, dies würde jeden aggressiv machen.“ Frau Sch.s Erklärung geht in die ähnliche Richtung: „Es macht einen riesigen Unterschied, ob man per FFE stationär eingeliefert wird, oder ob man freiwillig in die Klinik kommt, wieviel man dann vom Angebot profitieren kann.“ Dank der MOKI hätte sie eine Krise auch schon zuhause aushalten können, seit zwei Jahren sei sie nicht mehr stationär behandelt worden. Für Frau Sch. steht fest: Wenn es keine MOKI gegeben hätte, hätte sie sich wohl in diesem akuten Zustand das Leben genommen. Herr H. meint zum Aufenthalt, die anderen Patienten auf der geschlossenen Abteilung zu erleben, führte bei ihm damals zur Überzeugung, Psychosen seien insofern ansteckend, dass andere psychisch erkrankten Personen einen runterziehen. So sei er durch die Klinik aufgrund seiner Anfälligkeit nur noch kränker geworden. „Das viele Alleinsein, der seltene Besuch von Familie oder Freunden, die Wochenenden waren schwierig“ (Frau Z., Betroffene) oder „drei Monate in der Klinik, auf sich alleine gestellt, am Wochenende keine Therapie, kein Programm…ich hatte in meinem Leben noch nie an solch grosser Langweile und Leere gelitten.“ (Herr Z., Angehöriger, selber Klinikerfahrung). -22- Die Zeit nach der Klinik sei auch nicht einfach gewesen, man musste sich alleine zurechtfinden. „Der Klinikaufenthalt nützt, solange ich in der Klinik bin, wenn ich aber austrete, bin ich wie ein rohes Ei, muss von vorne anfangen.“ (Frau Z., Betroffene). Noch pointierter ausgedrückt: „Dann bist du ein paar Wochen dort, klebst Papiertaschen zusammen, dann kommt die Meldung „Sie können jetzt wieder heimgehen.“ Du stehst vor dem Gebäude und denkst: „Ja, und was jetzt?“ (Frau Sch., Betroffene). 2.4.9.2 Die Mobile Krisenintervention arbeitet krisenvorbeugend Herr H. ist überzeugt, wenn sich heute eine grobe Krise mit Suizidalität anbahnen würde, würde er wohl doch den stationären Aufenthalt einer MOKI vorziehen. Aber wie er schon mit seinem Psychiater besprochen hatte, fände im stationären Rahmen eine Talfahrt erst richtig statt, Depression und Angst würden verstärkt. In einer MOKI könne man viel flexibler und früher reagieren. Herr J. kann eine klare Bilanz ziehen: „Wenn es das MOKI nicht gegeben hätte, wären meine Krisen nicht abgefedert worden und ich hätte wieder stationäre Aufenthalte durchleben müssen. Seit meiner Betreuung durch das MOKI (2006) musste ich kein stationäres Angebot mehr nutzen.“ Herr J. hat 18 stationäre Aufenthalte, häufig mit FFE, hinter sich. Im Gesetz über die fürsorgerische Freiheitsentziehung und andere Massnahmen der persönlichen Fürsorge (FFEG) (Erlass der BSG), Abschnitt III, Artikel 8, Absatz 3, steht geschrieben, dass „eine fürsorgerische Freiheitsentziehung nur angeordnet werden darf, wenn weniger einschneidende Massnahmen wirkungslos geblieben sind oder wenn solche sich als unzureichend erweisen würden.“ Herr J. bemerkt, dass diese weniger weitgehenden Massnahmen meistens gar nicht bestehen würden, und deswegen würden viele per FFE in die Klinik eingewiesen. Herr J. erklärt, wenn er heute im öffentlichen Raum auffällig würde, könne er an seine MOKI-Mitarbeiterin oder seinen Psychiater verweisen, so könne der direkte Weg in die Klinik unterbrochen werden. Zudem käme es dank frühzeitiger Rücksprache mit der MOKIMitarbeiterin gar nicht so weit, dass sein Verhalten so auffällig würde. So ist er überzeugt: „Ein Klinikaufenthalt kann mit einer MOKI wirklich vermieden werden!“ Der erste Besuch der MOKI-Mitarbeiterin beschreibt Frau Z. mit einem „Wow“, sie fühlte sich geborgen und verstanden. Die fachliche Ausbildung der MOKI-Mitarbeiterin war Herrn H. sehr wichtig, seit sie ihn betreut, hatte er keine stationären Aufenthalte mehr. „Es war eine Fachperson bei mir, welche abschätzen konnte, wie es mir ging, wo ich stand und welche eingegriffen hätte, wenn ich instabiler geworden wäre.“ In den Gesprächen ging es darum, die Kontrolle zu wahren. Denn wenn es schlimmer geworden wäre, hätte die MOKIMitarbeiterin gehandelt, da ist sich Herr H. sicher. Zuhause war es ihm wohl, die sozialen Kontakte waren da, und er konnte viele anstehende grössere Hausarbeiten verrichten. Die -23- Besuche fanden etwa einmal in der Woche statt, wenn es dringend war, konnten sie sich auch häufen. Die telefonische Erreichbarkeit zu jeder Zeit sei sehr wertvoll. Auch Frau Sch. weiss, dass sie bei ihrer MOKI-Fachperson immer anrufen kann, und das gibt ihr viel Zuversicht, den Alltag zu meistern, sie fühlt sich aufgehoben. Diese Kontaktmöglichkeit ist wie ihr Notfallhebel. In der MOKI lerne man sehr kompetente Fachpersonen mit viel Lebenserfahrung kennen, die einen begleiten. Und man sei immer Mensch, würde als solcher wahrgenommen. Dass Herr J. in seinem sozialen Netz bleiben kann, schätze er sehr. Er habe durch die MOKI-Fachperson und seinem Psychiater gelernt, sich selber besser zu verstehen. Die MOKIMitarbeiterin sei wie eine Freundin für ihn, er könne seine Ängste und Probleme mit ihr besprechen. Die Gespräche mit ihr seinen freundschaftlicher, mit dem Psychiater distanzierter, aber es brauche beides. Sein Psychiater meine, bei aufkommenden Suizidgedanken solle er unbedingt dem Tagesarzt anrufen. Herr J. meldet sich da lieber bei der MOKI-Fachperson, da sie seine Geschichte kenne und das Gespräch ihn beruhige. Es sei einfacher, sich mit ihr zu unterhalten, und ihre ständige Erreichbarkeit sei wertvoll. Sie sei gut im motivieren, zeige auf, welche positiven Aspekte sie von ihm spüre, sie lobe ihn, zeige ihm ihre Bedenken auf, was ehrlich sei und er sehr schätze. 2.4.9.3 Das Gelingen einer MOKI Nach Frau Z. gelingt eine Mobile Krisenintervention, wenn genug Pflegefachleute eingeschaltet werden, die Organisation gut funktioniert und wenn nicht allzu viele Wechsel in der Betreuung stattfinden. Eine gewissenhafte und wohlwollende Unterstützung, diskretes Arbeiten und die Wahrung des Berufsgeheimnisses seien wichtig zur Reduktion der Krise. Ihr Ehemann steuert bei, das MOKI-Team müsse das Vertrauen aller Beteiligten gewinnen, die Situation genau einschätzen, Ressourcen suchen, Möglichkeiten zur Krisenreduktion aufzeigen und praktische Hilfe anbieten. Diese Arbeit fördere die Beruhigung der Situation. Für Frau Z. sei die MOKI insofern geeigneter als ein stationärer Aufenthalt, weil sie die Krise dort anpacke, wo sie entstanden sei, zuhause: „Ich muss lernen können, zuhause mit meiner Krise fertig zu werden. Die MOKI hilft mir dabei, eine stationäre Platzierung hätte nicht das Gleiche bewirkt. Die Klinik hilft einem nur, wenn man drin ist, wenn man wieder zuhause ist, ist man auf sich alleine gestellt. Eine Krise kann überstanden werden, danach geht es wieder weiter. Ich kann selber lernen, eine Krise zu überstehen.“ -24- 2.4.9.4 Die Erfahrungen der Angehörigen Der Ehemann von Frau Z. erklärt, dass seine Frau durch den MOKI-Einsatz ruhiger wurde, und er nun wusste, an wen er sich in einer schwierigen Situation wenden konnte. Das MOKITeam hatte auch Einzelgespräche mit ihm, was ihm gut tat. Kritisches Verhalten seiner Frau habe er schon früher bemerkt und darauf reagiert, durch die Zusammenarbeit mit dem MOKI-Team konnte er dieses Beobachten intensivieren. Er weiss jetzt, was er in den heiklen Situationen tun soll. Klar ist für ihn aber auch: „Dieser MOKI-Einsatz war auch nur möglich, weil ich meine Frau tragen konnte, weil ich da war und da blieb. Ein anderer Ehemann wäre eher davongelaufen.“ Als Angehöriger müsse man offen sein für eine solche Art von Hilfe, denn man mache sich verletzbar. Konstruktive Kritik gelte es zu akzeptieren, und man könne dem Gespräch nur bedingt ausweichen. Ohne Hilfe des Psychiaters und des MOKI-Teams hätte Herr Z. zu einer stationären Behandlung seiner Frau tendiert. Herr M, Ehemann von der betroffenen Frau M. sei schon an seine Grenzen gestossen, eine Zeitlang hörte er von vielen Seiten „Nein, bring sie ja nicht mit.“ Heute ginge es ihr besser, man könne mit ihr wieder etwas unternehmen. Er hätte sie schon etwas länger in der Klinik lassen wollen, „aber eigentlich bringt es nicht viel, wenn man länger stationär behandelt wird, da man total abgekapselt ist von allem, zu weit weg vom eigentlichen Leben.“ Stationäre Aufenthalte und dazwischen keine weitere Behandlung bringe nicht viel. Deshalb findet Herr M. die MOKI ein gutes Angebot, kostengünstiger als andere, und weiss trotzdem, dass nur Angehörige mit guten Nerven und viel Zeit mitarbeiten können. Er würde heute nicht mehr lange zuwarten bei einer sich anbahnenden Krise, da würde vorher ein Kontakt zum MOKITeam hergestellt. Die Mutter von Herrn J, nun im Altersheim, war immer wieder schockiert darüber, dass ihr Sohn selber nicht einmal wusste, warum er in der Klinik gelandet sei. Jeden Sonntag ging sie zu ihm, die Besuche empfand sie als verwirrend, manchmal war ihr, als wolle ihr Sohn ihr irgendetwas vormachen. Man sei nicht zu ihm durchgekommen, erst nach der Klinik sei das wieder möglich gewesen: „Als Laie steht man wie der Esel vor dem Berg. Über die Jahre hinweg hat man sich Wissen über die Krankheit angeeignet, aber für die Angehörigen ist diese Arbeit schon schwierig.“ Nach den Klinikaufenthalten kam der Sohn zu ihr, es sei ihm nicht gut gegangen, sei abwesend, unansprechbar gewesen und sei umher geirrt. Er selber freute sich, wieder zuhause zu sein, konnte aber nicht darüber reden, was ihn beschäftigte. Heute findet sie, ihrem Sohn gehe es viel besser, seit seine Medikation abgestimmt, und er im MOKI aufgehoben sei. Sie müsse sich nicht mehr darum kümmern, jetzt könne sie in Ruhe eine alte Frau im Altersheim sein. Frau J. meint, die Freundschaft zwischen der MOKI-Fachperson und ihrem Sohn ma- -25- che es aus, dass es so gut funktioniere. Sie hätten einander gern, akzeptieren einander und hätten sich in dieser Zeit auch gut kennen gelernt. Er wisse, dass er jederzeit Fragen stellen könne, zu einem Gespräch gehen könne. Die MOKI-Mitarbeiterin sei ausgebildet dafür, sie habe die Kraft, welche sie als Mutter nicht mehr hätte. Für den Bruder von Herrn H. waren die Besuche in der Klinik nur frustrierend. Schon beim Gebäude dachte man, man könne darin gar nicht gesund werden. Schreie aus den Gängen und die geschlossene Abteilung waren befremdend. Als Angehöriger könne man in diesen Krisensituationen nicht viel machen, das frustrierte ihn immer wieder. Da nütze alles GutZureden nichts, man begreife die Welt des Betroffenen nicht, könne das Erzählte nicht nachvollziehen. Helfen würden nur noch Medikamente und die Unterstützung von Fachpersonen. Der Einstieg der MOKI war eine neue Situation. Er denke oft: „Wenn es dieses Angebot damals schon gegeben hätte, wäre wohl ein stationärer Aufenthalt gar nie nötig gewesen.“ Damit eine MOKI gelingen könne, sei gegenseitiges Vertrauen wichtig, dass konnte zwischen seinem Bruder und der MOKI-Mitarbeiterin entstehen. Zu einem Psychiater habe man nicht das gleiche Verhältnis. Schon zu Beginn der Erkrankung könne man mit einer MOKI eingreifen. Einige würden sich ihre psychische Auffälligkeit nicht eingestehen wollen, die Hilfe nicht annehmen. Wenn der Betroffene starke Selbstmordgedanken habe, wenn hohe Aggressivität auftauche, könne eine MOKI nicht mehr ausreichen. Das Zuhause müsse intakt sein, die Angehörigen belastbar. Aber als Bruder behaupte er eben, durch die MOKI sei die Hemmschwelle viel geringer, Hilfe anzunehmen, und so brauche es gar nicht erst zu einer Krise zu kommen. „Eine stationäre Einweisung ist immer ein einschneidendes Erlebnis, und wenn das vermieden werden kann, dann ist das nur gut. Dank einer MOKI fällt man als Patient ev. auch nicht so in die Tiefe, kann weitergetragen werden. In der Klinik wird man unter anderen akuten Fällen weniger gesund.“ Die MOKI könnte sehr viel Geld einsparen, daneben würde es nur halb so viele stationäre Kliniken brauchen, wenn das Angebot flächendeckend eingesetzt würde. 2.4.10 Diskussion Der Leistungsumfang in der MOKI und NF-Triage fällt niedriger aus als im 2008, da lediglich das erste Semester 2009 in die Analyse einbezogen wurde. Wie sich anhand der Auswertung 2008 zeigte können MOKI Episoden über länger als sechs Monate dauern. Knapp zwei Drittel der im MOKI und der NF-Triage behandelten PatientInnen werden anschliessend teilstationär oder stationär weiter behandelt. Ein Drittel bewältigt die Krise im häuslichen Umfeld und wird anschliessend institutionell ambulant, durch HausärztInnen, Niedergelassene oder Sozialdienste weiter betreut. Bei diesem Anteil könnte es sich um die- -26- jenigen PatientInnen handeln, bei denen ein Klinikaufenthalt durch die MOKI Intervention vermieden werden konnte. Die PatientInnen in den Interviews schätzen das Versorgungsangebot der MOKI sehr, betonen die krisenabfedernde Funktion und haben die Erfahrung gemacht, dass so in einem stabilen häuslichen Umfeld stationäre Behandlungen vermieden werden können. PatientInnen, die sich zuvor in stationärer Behandlung befanden, kann die MOKI helfen, wieder in ihren Alltag hinein zu finden. Und schliesslich kann ein Eintritt in eine stationäre Behandlung durch die Begleitung der MOKI gemässigter und weniger verstörend für die Betroffenen und ihre Angehörigen gestaltet werden. MOKI kann also in der Krise selbst, im Anschluss an eine akute Krise oder in der Langzeitbegleitung zum Einsatz kommen. Betrachtet man die MOKI als Interventionsform, die dann indiziert ist, wenn sich PatientInnen in einer krisenhaften Verfassung befinden, vorübergehend einen erhöhten komplexen Hilfe- und damit einhergehend Koordinationsbedarf haben und einer engmaschigen Betreuung bedürfen, so ist MOKI unabhängig von der ausführenden Funktionseinheit einer Institution zu verstehen. In diesem Fall handelte es sich um gemeindenahe, komplexe Interventionen, die ambulant behandelten PatientInnen in Krisenzeiten grundsätzlich zur Verfügung stehen sollte. Im Vergleich der MOKI-Fälle bei Krisenintervention und stabilisierender Begleitung nach Krise finden sich charakteristische Unterschiede zu den Fällen der Langzeitbegleitung. Letztgenannte Fälle werden, sofern sie nicht der akuten oder stabilisierenden Krisenintervention bedürfen, weniger oft Zuhause aufgesucht, ihre Betreuungsfrequenz ist niedriger und ihr psychosoziales Funktionsniveau höher. Im Sinne einer Behandlungskontinuität ist eine längerfristige Begleitung, auch nach Abklingen der eigentlichen Krise hinaus, sinnvoll und erstrebenswert. Gleichzeitig führt diese Praxis jedoch dazu, dass die MOKI Funktionseinheit an ihre Kapazitätsgrenzen stösst und der Zugang für neue PatientInnen erschwert ist. Perspektivisch könnte eine Identifizierung der drei Patientengruppen 1. Krisenintervention und stabilisierende Begleitung nach Krise, 2. Langzeitbegleitung mit Kriseninterventionen und 3. Langzeitbegleitung zur Entwicklung von dem am individuellen Hilfebedarf der PatientInnen angepassten Organisationsformen beitragen z.B. durch die Implementierung von kleinen multidisziplinären Teams, die das Case-Managment und die kontinuierliche Behandlung von PatientInnen mit langfristigem und komplexen Hilfebedarf übernehmen. -27- 2.5 Kennwerte der MOKI/NF Erhebung 2009 Biel 2.5.1 Einführung Im psychiatrischen Dienst Biel wurden im Zeitraum von 01.01.09 bis 31.12.09 − Krisenepisoden, die Patientenmerkmale zu Beginn und am Ende der Krise abbilden sowie ein Teil der Angaben der Medizinischen Statistik der behandelten PatientInnen erfasst − Leistungen erfasst, die im Rahmen der Krisenepisode erbracht wurden, − Leistungen erfasst, die nicht im Rahmen einer Krisenepisode erbracht wurden aber Kriseninterventionen beinhalten Die vorliegenden Kennwerte sollen einen Überblick geben über die im 2009 erbrachten Leistungen in der MOKI und Krisenintervention am Psychiatrischen Dienst Biel. Ausgehend von der am Psychiatriestützpunkt Biel verwendeten Systematik werden durch unterschiedliche Gruppierungen der Daten weiterführende Analysen angestellt. Die statistischen Auswertungen wurden mit dem Statistikprogramm JMP® 7.0.2 (SAS Institute, Cary, NC) vorgenommen. 2.5.2 Krisenepisoden Am Psychiatrischen Dienst Biel werden Krisenepisoden – anders als in Langenthal – nicht aus den durch die MOKI und NF-Triage Teams erbrachten Leistungen rekonstruiert, sondern Krisenepisoden werden durch die psychiatrischen Fachkräfte als diejenigen Situationen, die den Definitionen einer Krise oder eines Notfall entsprechen, identifiziert und im Kliniksystem erfasst. Innerhalb einer Krisenepisode werden die in Tab. 7 definierten Variablen erfasst. Die erbrachten Leistungen werden separat von den Krisenepisoden erfasst. Eine klinikinterne Codierung ermöglicht eine differenziertere Abbildung der Leistungen als dies durch die Tarmed-Codierung möglich wäre. Hausbesuche und Wege als Leistungen der aufsuchenden Hilfen können mit Hilfe der klinikinternen Codierung abgebildet werden. -28- Tab. 7: Variablen der MOKI/NF-Erhebung Bei Beginn der Krisenepisode Datum Beginn Krisenepisode a) Eintrittsart in Krise b) c) Suizidalität Beginn Krisenepisode a) b) c) Neuer Patient: noch keine Behandlung im psychiatrischen Dienst (Ambi, MOKI/NF-Abklärung oder gemeindenaher Psychiatrie) Wiedereintritt Patient: neuer Fall nach 3 oder mehr Monaten Unterbruch bzw. Settingwechsel (gemäss MedStat) Übertritt aus anderem Ressort: Patient aus psychiatrischem Dienst Wechsel des Ressort z.B. von Ambi zu MOKI/NF-Abklärung keine Suizidalität Suizidalität vorhanden, absprachefähig c) Suizidalität vorhanden, nicht absprachefähig GAF Beginn Krisenepisode Bei Ende der Krisenepisode Datum Ende Krisenepisode Art der Beendigung der Krisenepisode Höchste Suizidalität im Verlauf der Krisenepisode a) b) c) Stabilisierung Keine Stabilisierung (Verlegung in teilstationäres/ stationäres Angebot) Behandlungsabbruch a) b) c) keine Suizidalität Suizidalität vorhanden, absprachefähig c) Suizidalität vorhanden, nicht absprachefähig GAF Ende Krisenepisode Am Psychiatrischen Dienst Biel werden Krisenleistungen von vier Ressorts/Services erbracht, die sich bei Bedarf ergänzen und kombiniert werden können: 1. Ambulante Sprechstunde: psychiatrisch/psychotherapeutische Behandlung ohne komplexen Hilfebedarf, praktisch keine F2 Diagnosen 2. Notfalltriage (NF): Ärztliche Abklärung, Krisenintervention und Triage 3. Ambulante Equipe/Krisenintervention (MOKI): aufsuchende Hilfen durch Pflege und/oder SozialarbeiterIn 4. Gemeindenahe Psychiatrie: Schwerpunktmässig für PatientInnen mit F2 Diagnosen mit komplexem Hilfebedarf (multiprofessionelles Team) Geplant ist, zukünftig Krisenleistungen durch konsequente Verwendung der entsprechenden Ressort/Service-Codes d.h. als NF-Triage und/oder MOKI im System zu erfassen. Auf diese Weise kann der Ressort/Service-Code Aufschluss darüber geben, ob es sich bei der er- -29- brachten Leistung um eine mobile Krisenleistung im Sinne der MOKI oder um aufsuchende Hilfen im Rahmen einer rehabilitativen Langzeitbehandlung handelt. Gerät beispielsweise ein/e PatientIn aus der Ambulanten Sprechstunde oder der Gemeindenahen Psychiatrie in eine akute Krise soll die durchgeführte Notfalltriage oder aufsuchende Hilfe durch NF und/oder MOKI codiert werden unabhängig davon, welches Service Team die Leistung erbracht hat. Gesamthaft wurden 113 Krisenepisoden bei 111 PatientInnen dokumentiert. Für neun der 113 Krisenepisoden liegen keine Leistungsangaben vor. Die verbleibenden 104 Krisenepisoden wurden durch die Notfalltriage und/oder Mobile Krisenintervention, die Ambulante Sprechstunde und die Gemeindenahe Psychiatrie behandelt (Tab. 8). Tab. 8: Übersicht Anzahl behandelter Krisenepisoden 2009 NF und/oder MOKI Krisenepisoden 94 (83%) Ambulante Sprechstunde Gemeindenahe Psychiatrie keine Angaben 7 (6%) 3 (3%) 9 (8%) 2.5.3 Soziodemographische und krisenbezogene Angaben in der MOKI und NFTriage Der grösste Anteil der PatientInnen (101) mit 91% lebt selbständig allein oder mit anderen zu Hause, lediglich ein/e PatientIn wurde durch die Spitex betreut. Die Zuweisung erfolgte bei etwa der Hälfte der Fälle (56 von 110 Fällen) selbständig oder durch Angehörige, bei 18% durch klinische Institutionen (ambulante, teil- oder vollstationäre somatische oder psychiatrische Behandlung). Nur ein Zehntel der Behandlungsfälle wird durch niedergelassende Psychiaterinnen oder HausärztInnen zugewiesen (Tab. 9) -30- Tab. 9: Beschreibung der Krisenepisoden bei Eintritt Alter (N=113) MW 42.1, SD 15.4 Geschlecht, Nationalität (N=112) 60 (53.1%) weiblich, 83 (74.1%) CH Aufenthalt vor Eintritt (N=110) Zuhause (mit Spitex): 101 (91.8%) Heim: 5 (4.5%) (psychiatrische) Klinik: 3 (2.7%) Sonstige: 1 (1 %) Zuweisung durch (N=110) selbständig, Angehörige: 56 (51.1%) HausärztIn, PsychiaterIn: 12 (10.9%) klinische Institution: 20 (18%) Sonstige: 22 (20%) Eintrittsart (N=113) Neue/r PatientIn: 73 (64.6%) Wiedereintritt PatientIn: 3 (2.7%) Übertritt aus anderem Ressort des Psychiatrischen Dienstes: 37 (32.7%) Das psychosoziale Funktionsniveau, erhoben über die Global Assessment of Functioning Scale (GAF, Achse V des DSM-IV) liegt bei Eintritt mit durchschnittlich 38.8 Punkten (SD 13.5) in einem Bereich mit bereits starken Beeinträchtigungen. Am Ende der Krisenepisode werden statistisch signifikante Besserungen (p < .0001) erzielt mit einem MW von 45.3 (SD 18.3) Punkten. Das Ausmass der Beeinträchtigung zeigt sich neben dem GAF auch in der Suizidalität wie Tab. 10 zu entnehmen ist. Tab. 10: Suizidalität während der Krisenepisode Suizidalität Beginn Krisenepisode (N=110) keine Suizidalität:76 (69.1%) Suizidalität vorhanden, absprachefähig: 26 (23.6%) Suizidalität vorhanden, nicht absprachefähig: 8 (7.3%) Suizidalität Ende Krisenepisode (N=87) keine Suizidalität: 66 (75.9%) Suizidalität vorhanden, absprachefähig: 13 (14.9%) Suizidalität vorhanden, nicht absprachefähig: 8 (9.2%) Höchste Suizidalität während der Krisenepisode (N=88) keine Suizidalität: 63 (71.6%) Suizidalität vorhanden, absprachefähig: 17 (19.3%) Suizidalität vorhanden, nicht absprachefähig: 8 (9.1%) Bei 57 Krisenepisoden ist die psychiatrische Behandlung zum 31.12.2009 offenbar noch nicht abgeschlossen. Von 56 der 113 Krisenepisoden liegen MedStat zum Austritt vor. Über -31- zwei Drittel dieser Krisenepisoden PatientInnen werden nach Austritt stationär oder teilstationär weiter behandelt. Zwölf (22%) PatientInnen konnten die Krise ohne stationäre oder teilstationäre Behandlung in ihrem häuslichen Umfeld bewältigen (Tab. 11). Tab. 11: Beschreibung der Krisenepisoden bei Austritt Aufenthalt nach Austritt (N=56) Zuhause: 12 (22%) Psychiatrische Klinik: 40 (71%) unbekannt: 4 (7%) Behandlung nach Austritt (N=56) (teil)stationäre Behandlung: 41 (73.2%) PsychiaterIn, Sozialdienst: 7 (12.5%) Sonstige: 8 (14.3%) Art der Krisenbeendigung (N=91) Stabilisierung: 29 (31.9%) keine Stabilisierung (Verlegung in teilstationäres/stationäres Angebot: 49 (53.8%) Behandlungsabbruch: 13 (14.3%) 2.5.4 ICD-10 Diagnosen Die Gruppen der schizophrenen und neurotischen Störungen sind über die gesamte Anzahl der Krisenepisodenfälle (N=113) am stärksten vertreten gefolgt von der Gruppe der affektiven Störungen (Abb. 8). Abb. 8: Häufigkeiten der Diagnosegruppen den Krisenepisoden (N=113) -32- 2.5.5 Leistungen innerhalb der Krisenepisoden Bei 92 der 113 Krisenepisoden liegen Datumsangaben zum Anfang und Ende vor. Bei neun Behandlungsfällen liegen keine Informationen über die während der Krisenepisode erbrachten Leistungen vor. Eine Krisenepisode dieser 83 verbleibenden Behandlungsfälle dauerte im Mittel 11.2 Tage (SD 19.6, Median 1 Tag, Range 1-101) und enthielt durchschnittlich an 3.3 Tagen Kontakt zu den/der PatientIn (SD 8.1, Median 1 Tag, Range 1-72). Die Behandlung während der Krisenepisoden ist hochfrequent mit einem Verhältnis von 0.7 Kontakttagen pro Krisenepisodentag. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass 52% der Krisenepisoden nur einen Tag umfassten. Die erbrachten Leistungen pro Krisenepisode betrugen im Mittel 4.4 Stunden (SD 9.1, Median 2.9 Stunden, Range 0.5-83). Werden die Anzahl der Kontakte innerhalb einer individuellen Episode berücksichtigt, wurden im Mittel Leistungen im Umfang von 79.8 Minuten pro Kontakt erbracht (SD 68.5, Median 60 Minuten, Range 0-680). Bei den 21 Behandlungsfällen ohne Enddatum (und damit ohne Information über die Dauer der Krisenepisode) liegen Leistungsangaben vor. Pro Kontakt wurden hier im Mittel Leistungen von 58.4 Minuten (SD 51.3, Median 60 Minuten, Range 0-380) erbracht. Die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen könnten darin begründet sein, dass bei den Behandlungsfällen ohne Enddatum der Krisenepisode Leistungen mit geringerem zeitlichem Umfang bereits ausserhalb der akuten Krisensituation erbracht wurden. Gesamthaft stellen sich die Leistungen dar, wie in Abb. 9: Verteilung erbrachter Krisenleistungen (N=104) abgebildet. Abb. 9: Verteilung erbrachter Krisenleistungen (N=104) -33- Bei diesen 104 Behandlungsfällen sind bei 17 (16%) ein oder mehrere Hausbesuche durchgeführt worden. Gesamthaft wurden 39 Hausbesuche im 2009 durchgeführt. Die Erfassung der Krisenepisoden am Psychiatrischen Dienst Biel wurde 2009 im Rahmen der Evaluation der Pilotprojekte begonnen und ist noch nicht vollständig etabliert. Auf diesem Hintergrund dürfte der Umfang der tatsächlichen (aufsuchenden) Krisenleistungen über denen liegen, die erfasst wurden. Aus diesem Grund sollen in einem nächsten Schritt, zusätzlich die Leistungen des Dienstes gezeigt werden, die ausserhalb von Krisenepisoden erbracht wurden. Dafür liegt uns ein weiterer Datensatz vor, in dem Leistungen von 945 PatientInnen mit 1071 Behandlungsfällen vom 01.01. bis 31.12.2009 dokumentiert sind, die durch die vier Services am Psychiatrischen Dienst Biel behandelt wurden. In diesem Datensatz sind auch PatientInnen erfasst, die Leistungen im Rahmen einer Krisenepisode bezogen haben, allerdings sind hier nur die Leistungen erfasst, die sie ausserhalb der Krisenepisode erhielten d.h. Doppelzählungen können ausgeschlossen werden. Die Resultate sind in Tab. 12 zusammengestellt. Im Rahmen der Gemeindenahen Psychiatrie wurden 1050 Hausbesuche abgehalten. Tab. 12: Leistungen ausserhalb und/oder ohne Krisenepisoden Ärztliche Leistungen in Stunden Nicht-ärztliche Leistungen in Stunden Leistungen gesamt in Stunden Ambulante Sprechstunde ohne Hausbesuch 2540.3 2515.4 5055.7 Ambulante Sprechstunde mit Hausbesuch 4.8 47.0 51.8 NF und/oder MOKI ohne Hausbesuch 483.4 346.4 829.8 NF und/oder MOKI mit Hausbesuch 14.7 46.2 60.8 Gemeindenahe Psychiatrie ohne Hausbesuch 965.4 3108.6 4074.0 Gemeindenahe Psychiatrie mit Hausbesuch 25.8 1165.5 1191.4 Zusammengefasst lässt sich sagen, dass 2009 insgesamt 1134 Hausbesuche durchgeführt wurden, die grosse Mehrheit mit 1050 (92.6%) in der Gemeindenahen Psychiatrie, 39 (3.4%) im Rahmen der ambulanten Sprechstunde und 45 (4.0%) in der NF-Triage und/oder MOKI. Ob es sich bei den Hausbesuchen durch die ambulante Sprechstunde und die Gemeindenahe Psychiatrie um krisenbezogene Interventionen oder um aufsuchende Hilfen im Rahmen von rehabilitativen Langzeitbegleitgleitungen handelt, lässt sich anhand der Datenlage nicht feststellen. -34- 2.5.6 Diskussion Die vorliegende Auswertung der Mobilen Kriseninterventionen am Psychiatrischen Dienst Biel weist einige Einschränkungen auf. Dies ist mit bedingt durch die Tatsache, dass das aufsuchende Krisenangebot während einer umfassenden Neustrukturierungsphase am Psychiatrischen Dienst implementiert wurde, die konzeptionelle Arbeit noch nicht abgeschlossen war und die technischen Voraussetzungen einer Datenerfassung für Krisenepisoden parallel zu der Einführung der neuen Versorgungsangebote entwickelt werden mussten. Gesamthaft lässt sich feststellen, dass die Erfassung von Krisenepisoden mit ihren dazu gehörigen Charakteristika grundsätzlich einen gangbaren und sinnvollen Weg für derartige Evaluationen darstellt. Darüber hinaus können Evaluationen dazu beitragen, dass individuelle patientenbezogene Therapie- und Hilfeplanungen am Psychiatrischen Dienst integriert werden und mit gezieltem Ressourceneinsatz erfolgen können. Die Erfassung der Krisenepisoden ist noch nicht in die Routine übernommen worden, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass innerhalb eines Jahres tatsächlich mehr Krisenepisoden vorhanden waren als dokumentiert wurden und die Datenbasis der vorliegenden Auswertung darstellen. Krisenleistungen zusätzlich über den NF und/oder MOKI Ressort/Service-Code zu kennzeichnen, auch wenn es sich um PatientInnen handelt, die durch die ambulante Sprechstunde oder die Gemeindenahe Psychiatrie versorgt werden, kann helfen, Leistungen deutlicher zu charakterisieren und sollte in Zukunft noch konsequenter durch alle Mitarbeitenden am Stützpunkt umgesetzt werden. Die Verknüpfung der Krisenepisodenmerkmale mit den MedStat Angaben ist technisch grundsätzlich möglich. Da der Datenexport jedoch nicht durch die Informatik des psychiatrischen Dienstes selbständig vorgenommen werden kann sondern durch die Softwarefirma durchgeführt werden muss, sollte bei zukünftigen Evaluationen die Vollständigkeit der exportierten MedStat Variablen gewährleistet werden, um die Patientengruppe mit Krisenepisoden umfassender beschreibbar zu machen. Dies würde zu der Identifikation von Patientengruppen, die immer wieder in akute Krisensituationen geraten, ebenfalls einen wichtigen Beitrag leisten. Gesamthaft betrachtet kann festgestellt werden, dass die Mobile Krisenintervention – über die aufsuchenden Hilfen der Gemeindenahen Psychiatrie hinaus – in die Versorgung am Psychiatrischen Dienst implementiert wurde und genutzt wird. Im Vergleich zu der Pilotregion Langenthal fällt auf, dass in Biel gesamthaft etwa halb so viele Hausbesuche im 2009 durchgeführt wurden wie in Langenthal (1134 vs. 2160). Dies ist zu einem Teil sicherlich einer noch unvollständigen Dokumentation geschuldet. Möglicherweise handelt sich darüber hinaus aber auch um ein noch nicht vollständig genutztes Versorgungspotenzial, das bei krisenerfahrenen PatientInnen dazu beitragen könnte stationäre Behandlungen zu verkürzen oder sogar zu verhindern. -35- 3 Evaluation WePBE Pilotprojekt: Akuttageskliniken Langenthal und Biel 3.1 Ausgangslage Im Vorfeld der Evaluation der beiden neu eröffneten Akuttageskliniken ist zwischen November 2008 und Januar 2009 eine Befragung bei den zehn psychiatrischen Tageskliniken im Kanton Bern durchgeführt worden. Das Ziel dieser Erhebung bestand darin, einen Überblick über eingesetzte Instrumentarien im Rahmen der Behandlung, Dokumentation und Qualitätssicherung zu erhalten. Sieben der zehn Tageskliniken verwenden entsprechende Instrumente. Von den sechs psychiatrischen Rehabilitationstageskliniken werden nur in drei über die MedStat hinausgehende Erhebungen durchgeführt. Als Gründe werden Kapazitätsengpässe oder Zeitmangel angegeben. Auch diejenigen Tageskliniken, welche diverse Instrumente verwenden, bringen zum Ausdruck, dass sie aus Kapazitätsgründen einzelne Verfahren streichen, oder auf katamnestische Untersuchungen nach Behandlungsabschluss bzw. Austritt verzichtet mussten. Vorzugsweise werden Statusmessungen beim Eintritt und zum Teil mit denselben Instrumenten auch beim Austritt durchgeführt, teilweise kommen auch eigentliche Prozessmessungen zum Einsatz. Mit den Messungen werden therapeutische Ziele und Inhalte verfolgt, und/oder sie werden zu Forschungszwecken durchgeführt. Bei einer Tagesklinik spielt die Qualitätssicherung eine explizite Rolle. Neben klinisch-diagnostischen Verfahren werden Fragebögen (Beschwerden, Lebensqualität, Motivation, Kontrollüberzeugungen, Persönlichkeit) eingesetzt. Die Instrumente werden insbesondere dann als hilfreich beurteilt, wenn sie in den tagesklinischen Alltag integriert sind und sich aus den Resultaten therapeutisches Handeln ableiten lässt z.B. die Entwicklung von Therapiezielen. Die elektronische Erfassung der Daten erfolgt bei ca. jeder zweiten Tagesklinik Die verwendeten Instrumente sind in Tab. 13 zusammengestellt. Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine grosse Heterogenität in der Art des Instrumenteneinsatzes aufgrund verschiedener Zielsetzungen und unterschiedlicher personeller Kapazitäten besteht. Die Ergebnisse dieser Befragung stellte schliesslich die Basis der Entwicklung eines Evaluationsinstrumentariums für die beiden jetzt zu erhebenden Akuttageskliniken dar. -36- Tab. 13: Bisher verwendete Instrumente in den Tageskliniken des Kantons Bern TK-Nr. Verwendete Instrumente zu bestimmten Zeitpunkten Akut-Tagesklinik 1 Eintritt: AMDP, PANSS, BRM(E)S, BeBi, BeLP, FKK, GAF, eigene Fragen zu Selbst- oder Fremdgefährlichkeit, Bestehende Unterstützung und Kooperationsbereitschaft Austritt: AMDP, GAF Rehabilitations-Tageskliniken 2 Es werden keine zusätzlichen Instrumente eingesetzt. 3 Es werden keine zusätzlichen Instrumente eingesetzt, da keine Kapazitäten vorhanden sind. 4 Eintritt: CGI, BSI, BFW/E, Definition von Zielvereinbarungen (ZV) Austritt: CGI, BSI, BFW/E, Einschätzung Zielerreichung der ZV Während Behandlung alle 6 Wochen: BSI, BFW/E, Einschätzung Zielerreichung der ZV 6 Monate nach Austritt: BSI, BFW/E, Einschätzung Zielerreichung der ZV 5 Eintritt/Austritt: SCL-90-R, BDI Während Behandlung: SKID-II, FAMOS und INK 6 CGI 7 Es liegen keine Angaben vor, welche zusätzlichen Instrumente verwendet werden. Psychotherapie-Tageskliniken 8 Eintritt/Austritt: BDI, SCL-90-R, IIP-D, INK, EMOREG-B1, PSSI Spez. Prozessdiagnositik: SEB wöchentlich Bei spez. Diagnose: weitere diagnosespezifischeTests 9 Eintritt/Austritt:SCL-90-R, GBB-24, IIP-D, ESK, BDI, BSS, GAF 10 Eintritt: BDI, CGI, BTI Austritt: CGI AMDP BDI: BeBi BeLP BFW/E: BRM(E)S BSI: BSS: BTI: CGI: EMOREG-B1: ESK: FKK GAF: AMDP-System, Manual zur Dokumentation psychiatrischer Befunde, 8., überarbeitete Auflage, Hrsg. von Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie (AMDP) Beck-Depressions-Inventar, dt. Bearb. nach Hautzinger, Keller, Kühner Berliner Bedürfnisinventar: „Fragebogen für Klienten“ erfasst das Behandlungsbedürfnis, d.h. den Behandlungsbedarf aus subjektiver Sicht der Patienten, „Fragebogen für Betreuer/ Behandler" erfasst den Behandlungsbedarf aus Sicht professioneller Helfer, nach Hoffmann, Priebe, Isermann, und Kaiser Das Berliner Lebensqualitätsprofil ist ein strukturiertes Interview zur Bewertung der Lebensqualität, nach Priebe et al. Berner Fragebogen zum Wohlbefinden für Erwachsene nach Grob et al. Bech-Rafaelsen-Melancholie-Skala, Erfassung des depressiven Syndroms, Anwendung im ambulanten wie stationären Bereich. Die BRM(E)S wurde ausgehend von psychometrischen Analysen zur Hamilton-Depressions-Skala (HAMD) entwickelt, dt. Bearb. nach Stieglitz, Smolka, Bech und Helmchen Brief Symptome Inventory Das Brief Symptom Inventory (BSI), eine Kurzform der SCL-90-R, nach Derogatis Beeinträchtigungs-Schwere-Score, nach Schepank Berner Therapiezielinventar, nach Grosse Holtforth Clinical Global Impression, nach Guy Emotionsregulations-Beobachtungsbogen, nach Znoj Existenzskala, nach Längle, Orgler und Kundi Fragebogen zu Kompetenz- und Kontrollüberzeugungen, nach Krampen Global Assessment of Functioning, Achse V des DSM-IV -37- GBB-24: IIP-D: PANSS PSSI Giessener Beschwerdebogen, nach Brähler und Scheer Inventar zur Erfassung interpersonaler Probleme (Langform), nach Horowitz, Strauß und Kordy Positive und negative Syndrom-Skalierung, nach Kay, Opler, und Fiszbein Persönlichkeits-Stil- und Störungs-Inventar: Selbstbeurteilungsinstrument von Persönlichkeitsstilen als nicht-pathologische Entsprechungen der in DSM-IV und ICD-10 beschriebenen Persönlichkeitsstörungen, nach Kuhl und Kazén SCL-90-R: Die Symptom-Checkliste, nach Derogatis SEB Stations-Erfahrungsbogen, nach Sammet und Schauenburg SKID-II: Strukturiertes Klinisches Interview für DSM IV Das SKID-II ist ein Verfahren zur Diagnostik der zehn auf Achse-II sowie der zwei im Anhang des DSM-IV aufgeführten Persönlichkeitsstörungen, dt. Bearb. nach Wittchen, Zaudig und Fydrich FAMOS: Fragebogen zur Analyse Motivationaler Schemata, nach Grosse Holtforth INK: Inkongruenzfragebogen, nach Grosse Holtforth, und Grawe Einschätzung Zielerreichung der Zielvereinbarungen: 5-stufige Skala: 0=Ziel nicht erreicht, 1=Ziel ansatzweise erreicht, 2=Ziel teilweise erreicht, 3=Ziel weitgehend erreicht, 4=Ziel vollständig erreicht (ähnlich GAS, nur nicht bezogen auf therapeutische Ziele sondern auf pflegerische) Nach Eröffnung der Akuttagesklinik in Langenthal im Dezember 2008 und der in Biel im Februar 2009 konnte mit der Evaluation im Februar bzw. im April 2009 begonnen werden. Beide Akuttageskliniken waren zu diesem Zeitpunkt konzeptionell noch nicht konsolidiert. Im Behandlungsangebot, wie den Öffnungszeiten und Personalsituation existieren Unterschiede zwischen den beiden Akuttageskliniken, diese sind jedoch nicht Gegenstand dieser Evaluation. 3.2 Evaluationsinstrumente Die Auswahl der Evaluationsinstrumente umfasst Selbst- und Fremdratings, es werden Instrumente eingesetzt, die sowohl der Status- als auch der Prozessdiagnostik dienen. Des Weiteren wurde der Auswahl die Kriterien der Güte der Verfahren, deren Verbreitung und der Ökonomie in der Anwendung zu Grunde gelegt. Um eine Vergleichbarkeit der in den Akuttageskliniken behandelten Patientengruppen, mit denen, die im stationären Setting behandelt werden zu erreichen, wurden die im Rahmen des Pilotprojekts „Ergebnisrelevante Qualitätsmessungen in der Psychiatrie“ 7 verwendeten Instrumente berücksichtigt. Die Evaluation nutzt drei Perspektiven, nämlich die 1. der ÄrztInnen/PsychologInnen (klinisch) 2. der Pflege/Sozialarbeit/therapeutischen MitarbeiterInnen (Aktivitäten/Partizipation) 3. der PatientInnen (Therapieerfolg, Lebensqualität, Behandlungszufriedenheit) 7 Nationale Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken ANQ. http://www.anq.ch/psychiatrie/ -38- Um sowohl den Status als auch Veränderungen abbilden zu können werden Eintritts- und Austrittsmessungen bei allen im Evaluationszeitraum in den psychiatrischen Akuttagesklinken behandelten PatientInnen durchgeführt (Tab. 14). Ausserdem wird die An- bzw. Abwesenheit jedes/r PatientIn durch ihre/seine Bezugsperson täglich dokumentiert. Tab. 14: Evaluationsinstrumente Eintritt 1. Woche Austritt letzte Woche X X X X OQ-45.2 X X WHOQOL-BREF X X McLean PoC® plus ANQ X X Verwendete Instrumente ÄrztInnen/PsychologInnen PANSS, GAF, Suizidalität Pflege/Sozialarbeit/therapeutische MitarbeiterInnen Mini-ICF-P PatientInnen PANSS: Positive and Negative Syndrome Scale for Schizophrenia GAF: Global Assessment of Functioning, DSM- IV, Achse V Mini-ICF-P: Mini ICF Rating für psychische Störungen OQ-45.2: Outcome Questionnaire WHOQOL-BREF: Kurzform des WHO-Instruments zur Erfassung von Lebensqualität (WHOQOL-100) McLean PoC® plus ANQ: McLean Perception of Care plus Erweiterung von durch ANQ Den beiden Akuttageskliniken wurden sämtliche Erhebungsinstrumente mit Anleitungen zur Verfügung gestellt. Im Februar 2009 fand gemeinsam mit den Verantwortlichen der beiden psychiatrischen Dienste und der Akuttageskliniken und dem Evaluationsteam eine Informationssitzung statt. Im August 2009 folgte ein gemeinsamer Workshop, in dem die bisherigen Erfahrungen mit den neu eröffneten Akuttageskliniken, den dort behandelten PatientInnen und den Evaluationsinstrumenten thematisiert und diskutiert wurden. Die Datenerfassung der o.g. Instrumente erfolgte zunächst in Papierform und wurde anschliessend in eine speziell eingerichtete Exceltabelle übertragen. Darin können individuelle Behandlungsprofile für die PatientInnen erstellt werden. Auf diese Weise ist es für die Akuttageskliniken möglich, die individuellen Behandlungsergebnisse in übersichtlicher Form abzubilden. Die Auswertung erfolgte mit der Statistiksoftware JMP® 7.0.2 (SAS Institute, Cary, NC). -39- 3.3 Ergebnisse Im Erhebungszeitraum vom 16.02. bis 31.12.2009 sind 37 PatientInnen in die Akuttagesklinik Langenthal aufgenommen worden, 30 sind bis Ende 2009 ausgetreten. Von diesen liegen weitgehend vollständige Angaben vor. Fehlende Angaben finden sich vor allem bei den durch die PatientInnen auszufüllenden Erhebungsinstrumenten. In Biel wurden vom 06.04 bis 31.12.2009 33 PatientInnen aufgenommen (ein/e PatientIn 2x), 30 sind bis zum 31.12.2009 ausgetreten. Daten aus den Erhebungsinstrumenten liegen für den Zeitraum vom 06.04 bis 16.10.2009 vor und beziehen sich auf 26 Behandlungsfälle. Knapp die Hälfte der PatientInnen hat in den Selbsteinschätzungsinstrumenten Angaben gemacht. Bei einem Fremdratingsinstrument (Mini-ICF-P) kam es bei der Eintrittsmessung zu Antwortverzerrungen, da die Angaben in zu starkem Masse auf die Angaben der PatientInnen abgestützt wurden. Die Akuttageskliniken haben ihren Betrieb aufgenommen und in unterschiedlichem Umfang ihr Versorgungsangebot ausgebaut. Die Auslastung der Akuttageskliniken betrug im Erhebungszeitraum in Langenthal 82% und in Biel 48% 8. Die durchschnittliche Behandlungsdauer in verrechneten Tagen ist in der ATK Langenthal knapp doppelt so hoch wie in der ATK Biel (Tab. 15). Tab. 15: Belegung und Aufenthaltsdauer in den Akuttageskliniken Zeitraum Plätze Pflegetage PatientInnen Aufenthaltsdauer Langenthal 16.02. - 31.12.09 8 1467 (1800 bei100%) 30 MW 48.9 Tage, 10.43 Wochen Biel 06.04. - 31.12.09 8 726 (1514 bei 100%) 30 MW 24.2 Tage, 5.9 Wochen 3.3.1 Vorbehandelnde und nachbehandelnde Instanzen Sowohl in Biel als auch in Langenthal wird das neue akuttagesklinische Behandlungsangebot schwerpunktmässig von PatientInnen genutzt, die vorgängig in der eigenen Institution behandelt wurden. Ebenso verhält es sich mit der nachbehandelnden Instanz, die bei über der Hälfte der aus der ATKs entlassenen PatientInnen innerhalb der eigenen Institution liegt. Insbesondere PatientInnen, die am jeweiligen psychiatrischen Dienst über die Notfall-Triage zugewiesen werden oder sich bereits in ambulanter Behandlung befinden, werden in die ATKs aufgenommen und werden nach Austritt institutionell ambulant weiter behandelt. 8 Es liegen keine Angaben vor von PatientInnen, die bereits nach wenigen Tagen wieder aus der ATK ausgetreten sind. Demnach liegen die tatsächlichen Pflegetage etwas über den hier angegebenen. -40- 3.3.2 Merkmale der in der Akuttageskliniken behandelten PatientInnen und Behandlungsmerkmale 3.3.2.1 Akuttagesklinik Langenthal 68% der PatientInnen sind weiblich und 40% der PatientInnen 30 Jahre alt oder jünger (s. demographische Angaben ATK Thurgau, die über eine ähnliche Altersstruktur in ihrer ATK berichten) 81% lebten vor Eintritt in die ATK selbständig alleine oder mit anderen. 14 (38%) PatientInnen sind arbeitslos, 6 (16%) beziehen eine IV-Rente. Mit anderen Worten 54% der ATK PatientInnen sind zum Zeitpunkt ihrer tagesklinischen Behandlung nicht in das Arbeitsleben integriert und verfügen über keine Tagesstruktur z.B. über eine Beschäftigung in einer beschützen Werkstätte (Tab. 16). Tab. 16: Patientenmerkmale ATK Langenthal Alter MW 39., Median 38, SD 15.2, Range 16-64 Geschlecht, Nationalität (N=37) 25 (66%) weiblich, 31 (84%) CH Erkrankungsdauer (in Jahren) MW 5.2, Median 3, SD 5.7, Range 0-21 Anzahl Hospitalisationen (tst. & stat.) (N=32) MW 3, Median 2.5, SD 2.9, Range 0-14 Dauer Hospitalisationen (in Wochen) (N=31) MW 7.4, Median 6, SD 6.3, Range 0-25 Zivilstand (N=37) ledig: 17 (46%) verheiratet, zusammen lebend: 13 (35%) verheiratet, getrennt lebend: 3 (8%) geschieden: 4 (11%) Erwerbstätigkeit (N=37) voll- oder teilzeit erwerbstätig, Hausarbeit im eigenen Haushalt: 13 (35%) arbeitslos: 14 (38%) anderes: 10 (27%) Zustand bei Aufnahme (N=37) erstmaliges Auftreten eines Zustandes: 5 (14%) Fortdauer eines lange bestehenden Zustandes: 10 (27%) Verschlechterung eines lange bestehenden Zustandes: 14 (38%) Wiederauftreten eines lange bestehenden Zustandes: 6 (16%) Deutliches Abweichen eines früher bestehenden Zustandes 2 (5%) Suizidalität bei Eintritt (N=37) keine Suizidalität: 35 (95%) PatientIn suizidal, aber absprachefähig: 2 (5%) Suizidalität bei Austritt (N=28) keine Suizidalität: 27 (96%) PatientIn suizidal, aber absprachefähig: 1 (4%) -41- Neben der fehlenden Tagesstruktur sind mit der Ausgliederung aus dem Arbeitsleben geringere finanzielle Ressourcen verbunden. Von den 19 PatientInnen, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, müssen elf (58%) mit weniger als 2000 CHF im Monat auskommen. Leider liegen nur für sechs PatientInnen der 19 PatientInnen ohne Erwerbstätigkeit Angaben zu einer möglichen Schuldensituation vor, vier von diesen sechs sind verschuldet. Die im Erhebungszeitraum in der ATK behandelten PatientInnen weisen heterogene psychiatrische Störungsbilder auf. Drei Viertel der Eintrittsdiagnosen entfallen auf schizophrene, affektive und neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen, wobei der Anteil der affektiven Störungen mit 40% den grössten Anteil darstellt (Abb. 10). Abb. 10: ICD-10 Diagnosen bei Eintritt in die ATK Langenthal 20 der 30 PatientInnen, die bis zum 31.12.2009 aus der ATK ausgetreten sind, lebten vor dem Eintritt in die ATK selbständig Zuhause und kehrten nach ihrem Austritt dorthin zurück. Fünf PatientInnen, die vor Eintritt in die ATK stationär behandelt wurden sind nach Austritt ebenfalls wieder nach Hause zurück gekehrt. Zwei PatientInnen wurden nach Austritt aus der ATK stationär weiterbehandelt, zwei PatientInnen wechselten in die reguläre Tagesklinik. Die Indikation für die ATK erhoben über ihre Behandlungsalternativen deckt sich weitgehend mit den Angaben der Literatur (Briscoe et al., 2004). Auf Seiten der stationären/ teilstationären Behandlungsalternativen zur ATK entfällt der grösste Anteil auf die stationäre Behandlung (49%) gefolgt von der ambulanten Behandlung im Ambulatorium oder durch niedergelassene PsychiaterIn, HausärztIn (27%) und der in der regulären psychiatrischen Tagesklinik (16%;Tab. 17). -42- Tab. 17: Behandlungsmerkmale ATK Langenthal Eintritte 37 PatientInnen , noch in Behandlung: 7 PatientInnen (Stichtag 31.12.09) Behandlungsdauer (in Wochen) (N=30) MW 10.42, Median 12.9, SD 4.43, Range 1.3-15.6 Behandlungstage (N=30) MW 48.9, Median 56, SD 21.6 Range 7-70 Aufenthalt vor Eintritt in ATK (N=37) Zuhause, alleine (mit Spitex): 9 (25%) Zuhause, mit anderen: 22 (59%) Psychiatrische Klinik: 6 (16%) Behandlungsalternativen zu ATK (N=37) Stationäre Behandlung: 18 (49%) Reguläre Tagesklinik: 6 (16%) Gemeindepsychiatrisches aufsuchendes Angebot: 1 (3%) Ambulante Betreuung (durch Ambulatorium, Psychiater, Psychotherapeut, Hausarzt): 10 (27%) Andere 2 (5%) Aufenthalt nach Austritt (N=30) Zuhause, alleine: 6 (20%) Zuhause, mit anderen: 19 (64%) Psychiatrische Klinik: 3 (10%) Rehabilitationsklinik: 1 (3%) Strafvollzugsanstalt: 1 (3%) Behandlung nach Austritt (N=29) Praktizierender Arzt/in: 1 (3.5%) Praktizierender Psychiater/in: 9 (31%) Nicht ärztlicher Psychotherapeut/in: 1 (3.5%) Psychiatrie, eigene Institution, ambulant: 14 (48%) Psychiatrie, andere Institution, stationär: 2 (7%) Psychiatrie, eigene Institution, teilstationär: 2 (7%) Wegzeit Wohnung - ATK einfach (in Minuten) MW 22.2, Median 20, SD 13.9, Range 5-60 (N=29) 28 (76%) der 37 PatientInnen sind vor ihrem Eintritt in die ATK ein- oder mehrmalig (teil)stationär behandelt worden (zum Vergleich: ATK Thurgau 66%). 28 der 37 PatientInnen sind durch die institutionelle Psychiatrie an die ATK überwiesen worden (59% aus der eigenen Institution, 16% aus anderen Institutionen). Dieser Umstand sowie die Behandlungsalternativen verweist die ATK auf die Funktion einer der institutionellen Behandlung vor- als auch nachgelagerten Tagesklinik und entspricht einem integrierten Versorgungsangebot. Aufgrund der schmalen Datenbasis und der gegenwärtig noch fehlenden Möglichkeit die ATK-Daten mit (teil)stationären Angaben zu vergleichen, sind die Ergebnisse mit entsprechender Vorsicht zu interpretieren. Zu bedenken ist auch, dass sich die in der ATK behandelte Klientel nach der Konsolidierungsphase der Tagesklinik noch verändern kann z.B. durch Selektion oder Verschiebungen im Indikationsbereich (Briscoe & Priebe, 2007). -43- Die durchschnittliche Anzahl der Behandlungstage (verrechnete Tage) von 49 Tagen im Mittel unterscheidet sich kaum von der in der regulären Tagesklinik des ZPP 9 mit 48 Tagen (Median 33, SD 46.1). Zum Vergleich: Die Akut-Tagesklinik in Thurgau gibt 33.3 Behandlungstage im Mittel an. Im Vergleich zur durchschnittlichen Behandlungsdauer (verrechnete Tage) im stationären Setting liegt die der ATK über der der Kriseninterventions-Station Niederbipp (MW 29 Tage, Median 21, SD 25.7) und ist vergleichbar mit der im PZM (MW 45 Tage, Median 31.5, SD 46.4). 10 Die durchschnittliche Behandlungsdauer von 73 Tagen (incl. Wochenenden und nicht verrechenbaren Tagen aufgrund Abwesenheit) liegt im Mittel eine Woche unter der in der Literatur angegebenen (Kallert et al., 2004; Kallert et al., 2007). Gemäss den Angaben der PatientInnen ist ihnen die Umstellung vom tagesklinischen Wochenprogramm und umgekehrt nicht schwergefallen. 20 von 25 PatientInnen (80%) geben an, dass ihnen die Umstellung vom Wochenende auf den Montag leicht oder eher leicht gefallen sei. In der ATK Thurgau sind mit diesem Wechsel andere Erfahrungen gemacht worden. Die PatientInnen waren im Erhebungszeitraum vom 16.02. bis 16.10.2009 durchschnittlich 90% der arbeitsklinischen Behandlungszeit präsent. Nehmen sie bei Abwesenheit nicht selbständig Kontakt zur ATK auf, telefoniert die ATK oder sucht sie Zuhause auf. Dies war bei 7 (23%) PatientInnen der Fall. Die PatientInnen beurteilen die erhaltene Unterstützung, regelmässig in die ATK zu kommen unisono mit „genau richtig“. 9 Vergleichsangaben von Institutionen im Kanton Bern sind entnommen aus Medstat 2008 Quelle Medstat 2008, nur PatientInnen aus der Region Oberaargau (MS-Region 15) 10 -44- 3.3.2.2 Akuttagesklinik Biel 20 (77%) der PatientInnen sind weiblich, 28% der PatientInnen 30 Jahre alt oder jünger, 24 (94%) leben vor dem Eintritt in die ATK selbständig alleine oder mit anderen. 6 (23%) der PatientInnen sind arbeitslos, 3 (12%) beziehen eine IV-Rente. In geringerem Umfang als die PatientInnen der ATK in Langenthal sind 35% der PatientInnen der ATK Biel nicht in das Erwerbsleben integriert und verfügen über keine Tagesstruktur. Im Vergleich zu der Klientel, die in psychiatrischen Kliniken behandelt wird und die mindestens zu zwei Dritteln aus dem Erwerbsleben exkludiert ist, verfügen die ATK PatientInnen in Biel über ein recht hohes Integrationsniveau. Weitere Angaben zur wirtschaftlichen Situation liegen nicht vor (Tab. 18). Tab. 18: Patientenmerkmale ATK Biel Alter MW 39, Median 39, SD 12.1, Range 20-65 Geschlecht, Nationalität (N=26) 20 (78%) weiblich, 19 (73%) CH Erkrankungsdauer (in Jahren) MW 3.8, Median 2, SD 5.3, Range 0-20 Anzahl Hospitalisationen (tst. & stat.) (N=21) MW 1.1, Median 1, SD 1.3, Range 0-4 Dauer Hospitalisationen (in Wochen) (N=13) MW 10, Median 5, SD 13.6, Range 0-52 Zivilstand (N=26) ledig: 13 (50%) verheiratet, zusammen lebend: 8 (31%) verheiratet, getrennt lebend: 3 (11%) verwitwet: 1 (4%) geschieden: 1 (4%) Erwerbstätigkeit (N=26) voll- oder teilzeit erwerbstätig, Hausarbeit im eigenen Haushalt: 15 (58%) arbeitslos: 6 (23%) anderes: 5 (19%) Zustand bei Aufnahme (N=25) erstmaliges Auftreten eines Zustandes: 4 (16%) Fortdauer eines lange bestehenden Zustandes: 11 (44%) Verschlechterung eines lange bestehenden Zustandes: 7 (28%) Wiederauftreten eines lange bestehenden Zustandes: 3 (12%) Suizidalität bei Eintritt (N=26) keine Suizidalität: 16 (61%) PatientIn suizidal, aber absprachefähig: 9 (35%) PatientIn suizidal, nicht absprachefähig: 1 (4%) Suizidalität bei Austritt (N=20) keine Suizidalität: 16 (80%) PatientIn suizidal, aber absprachefähig: 3 (15%) PatientIn suizidal, nicht absprachefähig: 1 (5%) -45- Die im Erhebungszeitraum in der ATK behandelten PatientInnen weisen ein heterogenes Spektrum psychischer Störungen auf. Über 80% der Eintrittsdiagnosen entfallen auf schizophrene, affektive und neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen, wobei letztgenannte ICD-10 Hautgruppe mit 42% den grössten Anteil darstellt (Abb. 11). Abb. 11: ICD-10 Diagnosen bei Eintritt in die ATK Biel 17 der 21 PatientInnen, die vor dem Eintritt in die ATK selbständig Zuhause lebten, kehrten nach ihrem Austritt aus der ATK dorthin zurück. Zwei PatientInnen wurden nach ihrem Austritt stationär psychiatrisch weiterbehandelt. Die Indikation zur akuttagesklinischen Behandlung, operationalisiert über die Behandlungsalternativen ist in seiner Verteilung der in Langenthal ähnlich (Tab. 19). Zwölf (57%) der 21 PatientInnen waren vor ihrem ATK Aufenthalt ein oder mehrmals in (teil)stationärer psychiatrischer Behandlung. 16 der 26 PatientInnen sind durch die institutionelle Psychiatrie zugewiesen worden (15,6% durch die eigene Institution, ambulant), vier (15%) PatientInnen wurden durch ein somatisches Spital zugewiesen. Wie in Langenthal wird offenbar auch in Biel die ATK vor allem von PatientInnen genutzt, die in der eigenen Institution bereits ambulant behandelt werden und die in krisenhaften Phasen eine Behandlungsintensivierung in der ATK erfahren oder durch die Notfall-Triage an die ATK vermittelt werden. Die durchschnittliche Behandlungsdauer (verrechnete Tage) ist mit 20 Tagen in der ATK Biel wesentlich kürzer als in der Rehabilitationstagesklinik in Biel, in der die PatientInnen 2008 (Quelle MedStat 2008) im Mittel 148 Tage (Median 124, SD 119, Range 1-579) behandelt -46- werden. Auch im Vergleich zur ATK Langenthal sowie zur ATK Thurgau ist die Behandlungsdauer in Biel deutlich kürzer. Tab. 19: Behandlungsmerkmale ATK Biel Eintritte 26 PatientInnen , noch in Behandlung: 5 PatientInnen (Stichtag 16.10.09) Behandlungsdauer (in Wochen) (N=21) MW 4.9, Median 4.4, SD 3.1, Range 0.3-10.6 Behandlungstage (N=21) MW 20.2, Median 19, SD 12.9 Range 2-47 Aufenthalt vor Eintritt in ATK (N=26) Zuhause, alleine: 13 (50%) Zuhause, mit anderen: 11 (42%) Zuhause, alleine mit Spitex: 1 (4%) Psychiatrische Klinik: 1 (4%) Behandlungsalternativen zu ATK (N=25) Stationäre Behandlung: 13 (52%) Reguläre Tagesklinik: 1 (4%) Mobile Krisenintervention: 1 (4%) Gemeindepsychiatrisches aufsuchendes Angebot: 4 (16%) Ambulante Betreuung (durch Ambulatorium, Psychiater, Psychotherapeut, Hausarzt): 6 (24%) Aufenthalt nach Austritt (N=21) Zuhause, alleine: 10 (48%) Zuhause, mit anderen: 8 (38%) Psychiatrische Klinik: 2 (9%) anderes Krankenhaus: 1 (5%) Behandlung nach Austritt (N=20) Praktizierender Psychiater/in: 7 (35%) Psychiatrie, eigene Institution, ambulant: 10 (50%) Allgemeinspital, Somatik: 1 (5%) Psychiatrie, eigene Institution, stationär: 1 (5%) Psychiatrie, andere Institution, stationär: 1 (5%) Wegzeit Wohnung - ATK einfach (in Minuten) MW 21.8, Median 20, SD 8.5, Range 10-45 (N=20) Ähnlich wie in Langenthal geben die elf PatientInnen der ATK Biel ebenfalls an, dass ihnen die Umstellung auf das Wochenende und der Wiedereinstieg in die ATK leicht oder eher leicht gefallen sei. Von 20 der 31 PatientInnen liegen Angaben vor, sie waren im Erhebungszeitraum durchschnittlich während 85% der Öffnungszeiten präsent. Nehmen sie bei Abwesenheit nicht selbständig Kontakt zur ATK auf, telefoniert die ATK oder sucht sie Zuhause auf. Dies war bei 5 (25%) PatientInnen der Fall. Das Ausmass der Unterstützung durch das Personal regelmässig in ATK zu kommen wird mehrheitlich als „genau richtig“ bewertet, für drei PatientInnen war die Unterstützung zu wenig für eine/n zu intensiv. -47- 3.3.3 Ergebnisse der Prozessmessungen 3.3.3.1 ATK Langenthal: Psychopathologie und funktionale Gesundheit Mit einem GAF von durchschnittlich 45.1 bei Eintritt zeigen sich ernste Symptome oder Beeinträchtigungen in der sozialen, beruflichen und schulischen Leistungsfähigkeit. Im MiniICF-P, der eine differenzierte Beurteilung der funktionalen Gesundheit erlaubt, finden sich mittelgradige Beeinträchtigungen in der Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit und der Selbstbehauptungsfähigkeit (Tab. 20). Tab. 20: Änderungen des psychosozialen Funktionsniveaus und der funktionalen Gesundheit ATK Langenthal GAF Eintritt GAF Austritt Sig. MW 45.3, Median 45, SD 8.3, Range 32-65 MW 54, Median 52, SD 13.6, Range 32-80 < .001 Mini ICF-P Eintritt Mini ICF-P Austritt Sig. MW 23.3, Median 22, SD 7.8, Range 6-39 MW 19.5, Median 21.5, SD 9.1, Range 2-36 < .05 (N=28) Bedenkt man die leicht ausgeprägten depressiven Symptome im PANSS, bei denen es sich allerdings um die im Mittel am stärksten ausgeprägten Symptome handelt, wirken die Befunde im Mini-ICF-P nachvollziehbar und lassen an die depressive kognitive Triade denken. Veränderungen i.S. von Verbesserungen finden sich aus den drei Perspektiven (ärztlicher Dienst, Pflege, PatientInnen), wie die Ein- und Austrittsmessungen zeigen (Abb. 12) -48- * gemäss Lindenmayer Faktoren (1995) Abb. 12: Psychopathologie (PANSS) Eintritt vs. Austritt ATK Langenthal Die Verbesserungen im GAF erreichen mit einer mittleren Differenz von 8.7 Punkten (relative Effektstärke rES=8.7%) werden sowohl statistisch (p < .001) als auch klinisch hochsignifikant. Ähnliches gilt für die erreichten Verbesserungen in der funktionalen Gesundheit im Mini-ICF-P mit einer rES=7.25%, p <.05. Hinsichtlich der Psychopathologie werden auf dem Faktor Depressivität klinisch bedeutsame Verbesserungen erzielt (rES=7.8%) und die Veränderungen sind statistisch höchstsignifikant (p < .001). Zum Austritt beurteilen 18 der 25 PatientInnen (72%) PatientInnen im PoC die Veränderung ihrer psychischen Erkrankung als verbessert oder sehr verbessert, sechs (24%) stellten keine Veränderung fest und ein/e PatientIn erlebte eine Verschlechterung. Positive Veränderungen finden sich also nicht nur auf der Ebene der Psychopathologie sondern auch im psychosozialen Funktionsniveau und der Funktionalen Gesundheit. Diese Befunde decken sich mit denen in der Literatur (Kallert et al., 2007). Gesamthaft muss jedoch festgehalten werden, dass die PatientInnen trotz der Fortschritte, die sie in der ATK machen konnten, auch bei Austritt noch merkliche Beeinträchtigungen aufweisen. Sie sind in der Ausübung von Aktivitäten und Rollenfunktionen in verschiedenen Lebensbereichen nach wie vor eingeschränkt (s.a. Resultate Mini-ICF-P) Die Gesamtbeurteilung über die in der ATK erhaltene Behandlung und Betreuung durch die PatientInnen fällt positiv aus. Auf der PoC Skala von 1 (denkbar schlechteste) bis 10 (denk- -49- bar beste) bewerten die PatientInnen Behandlung und Betreuung in der ATK im Mittel mit 8.5, SD 1.5, Range 5-10. Bis auf eine/n PatientIn sind alle vom 16.02. bis 31.12.2009 in die ATK ein- und ausgetretenen PatientInnen psychopharmakologisch behandelt worden. 3.3.3.2 ATK Langenthal: Beurteilung durch die Pflegenden: Funktionale Gesundheit Das Mini-ICF-P basiert auf der International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) und erfasst das Ausmass einzelner Fähigkeitsstörungen von PatientInnen, die deren Ausübung von Aktivitäten und von Rollenfunktionen in verschiedenen Lebensbereichen beeinträchtigen. Das Mini-ICF-P ist damit in gewisser Weise ein ähnliches aber differenzierteres Instrument als die GAF-Skala. Das Mini-ICF-P Rating besteht aus 13 Items, die die Fähigkeiten einer Person hinsichtlich ihrer funktionalen Gesundheit/Beeinträchtigung abbilden. Bei der Urteilsbildung können alle verfügbaren Informationen berücksichtigt werden, d.h. anamnestische und ggf. fremdanamnestische Angaben ebenso wie Beobachtungen in der Untersuchungssituation. Die Beurteilungen sollten nicht subjektive qualitative Selbsteinschätzungen der PatientInnen wiedergeben, sondern Urteile des Raters sein, die er aus möglichst detaillierten Verhaltensschilderungen ableitet. Es wird beurteilt, ob der/die PatientIn die Aktivitäten ausführen könnte (Leistungsfähigkeit/capacity) und nicht ob sie im Alltag gegenwärtig tatsächlich ausgeführt werden (Leistung/performance). Beobachtungsdaten können aus dem Behandlungsalltag in der ATK gewonnen werden. Wie auch im psychosozialen Funktionsniveau konnte die PatientInnen der ATK Langenthal deutliche Verbesserungen in der funktionalen Gesundheit während der Behandlung erreichen. Die mittlere Differenz von -3.8 Punkten (rES=7.3%) erreicht sowohl statistisch (p < .05) als auch klinisch Signifikanz (Abb. 13). -50- Abb. 13: Funktionale Gesundheit (Mini-ICF-P) Eintritt vs. Austritt ATK Langenthal 3.3.3.3 ATK Biel: Psychopathologie und funktionale Gesundheit Mit einem GAF von durchschnittlich 46.4 bei Eintritt zeigen sich ernste Symptome oder Beeinträchtigungen in der sozialen, beruflichen und schulischen Leistungsfähigkeit. Die Verbesserungen im GAF erreichen mit einer mittleren Differenz von 5.3 Punkten und aufgrund des kleinen N sowie der grossen Streuung keine statistische Signifikanz. Da bei Eintritt in die ATK die Beurteilung der funktionalen Gesundheit auf Basis der Patientenangaben zu positiv geratet wurde, bleiben diese Angaben für Auswertung unberücksichtigt (Tab. 21). Tab. 21: Änderungen des psychosozialen Funktionsniveaus ATK Biel GAF Eintritt GAF Austritt Sig. MW 46.4, Median 46, SD 12.0, Range 25-70 MW 51.6, Median 53, SD 14.2, Range 29-70 n.s. (N=14) -51- Die Austrittsergebnisse zeigen, dass die PatientInnen der ATK Biel in einem etwas stärkeren Masse in ihrer funktionalen Gesundheit eingeschränkt sind als diejenigen der ATK Langenthal bei Austritt insbesondere hinsichtlich der Gruppenfähigkeit und Selbstpflege (Abb. 14). Abb. 14: Funktionale Gesundheit (Mini-ICF-P) bei Austritt ATK Biel Zum Austritt beurteilen neun von elf (82%) PatientInnen im PoC die Veränderung ihrer psychischen Erkrankung als verbessert oder sehr verbessert. Die Gesamtbeurteilung über die in der ATK erhaltene Behandlung und Betreuung durch die PatientInnen fällt positiv aus. Auf der PoC Skala von 1 (denkbar schlechteste) bis 10 (denkbar beste) bewerten die elf PatientInnen Behandlung und Betreuung in der ATK im Mittel mit 8.5, SD 1.8, Range 4-10. Einschränkend muss hier allerdings festgehalten werden, dass von fast der Hälfte der behandelten PatientInnen keine Angaben vorliegen. Die Verbesserungen der PatientInnen sind im Mittel auf drei der fünf PANSS Lindenmayer Faktoren bedeutsam. Klinisch und statistisch signifikante Veränderungen konnten auf den Faktoren der Negativ- und Positivsymptome sowie der Erregung erreicht werden (rES < 5%, p < .05; Abb. 15). -52- * gemäss Lindenmayer Faktoren (1995) Abb. 15: Psychopathologie (PANSS) Eintritt vs. Austritt ATK Biel Von 19 der 21 PatientInnen, die im Erhebungszeitraum in die ATK ein- und ausgetretenen sind liegen Angaben zur psychopharmakologischen Behandlung vor. 16 (84%) von ihnen sind psychopharmakologisch behandelt worden. 3.3.3.4 ATK Langenthal Patientenbeurteilung: Beschwerden Der OQ-45.2 ist ein Selbstbeurteilungsinstrument und enthält 45 Fragen, die sich darauf beziehen, wie sich der/die PatientIn in der vergangenen Woche gefühlt hat. Es sind sowohl positive und negative Fragen (Itempolung) enthalten. Die 5-stufige Likert-Skala reicht von „nie“ bis „immer“. Es werden Summen auf den drei Subskalen (Symptombelastung, zwischenmenschliche Beziehungen, soziale Integration) und ein Gesamtsummenscore gebildet. Das Instrument eignet sich, um Therapieverläufe und -erfolge abzubilden und wird im Rahmen des ANQ-Pilotprojekts Psychiatrie eingesetzt. Auf allen den Skalen Zwischenmenschliche Beziehungen und Soziale Integration finden sich statistisch signifikante Verbesserungen 11 mit relativen Effektstärken (rES) von mehr als 5%, auf der Symptomskala beträgt die relative Effektstärke 10.8% (Abb. 16). 11 Symptome p < .0001, Zwischenmenschliche Beziehungen p < .001, Soziale Integration p < .01 -53- Abb. 16: Subjektive Beschwerden (OQ-45.2) Eintritt vs. Austritt ATK Langenthal 3.3.3.5 ATK Biel Patientenbeurteilung: Beschwerden Auf allen drei Skalen des OQ-42.2 bilden sich Verringerungen der Beschwerden ab, die sogar auf der Symptom-Skala statistisch und klinisch werden (p <.05) und eine relative Effektstärke von 9.25% aufweisen, aber aufgrund der sehr kleinen Stichprobengrösse kritisch zu betrachten sind (Abb. 17). Abb. 17: Subjektive Beschwerden (OQ-45.2) Eintritt vs. Austritt ATK Biel -54- 3.3.3.6 ATK Langenthal Patientenbeurteilung: Lebensqualität Die WHOQOL-BREF bildet als Kurzform mit 24 Items die subjektive Lebensqualität in vier Bereichen (Domänen) ab. Diese umfassen das physische und psychische Wohlbefinden, die sozialen Beziehungen sowie Umwelt. Den positiven und negativen Aussagen werden auf einer 5-stufigen Likert-Skala Werte von 1 bis 5 zugeordnet. Die Lebensqualität der Globaldomäne wird bei Eintritt tiefer als mittelmässig eingeschätzt und hat sich beim Austritt leicht in Richtung guter Beurteilung der Lebensqualität (relative Effektstärke rES=12.8%, p < .001) und höherer Zufriedenheit mit der Gesundheit verschoben (rES=7.2%, p < .01; Abb. 18). Abb. 18: Lebensqualität (WHOOQL-BREF) Eintritt vs. Austritt ATK Langenthal 3.3.3.7 ATK Biel Patientenbeurteilung: Lebensqualität Ebenso wie bei den Ergebnissen der ATK Langenthal verbessert sich die selbstbeurteilte Lebensqualität der PatientInnen auf der Globaldomäne (rES=6%) auch in Biel. Die Resultate der insgesamt geringen Veränderungen in der Lebensqualität sowohl in Biel aus auch in Langenthal korrespondieren mit den Befunden in der Literatur (Priebe et al., 2006; Abb. 19). -55- Abb. 19: Lebensqualität (WHOOQL-BREF) Eintritt vs. Austritt ATK Biel 3.4 Diskussion Die Evaluationsresultate bringen auf der einen Seite relevante Erkenntnisse der in den beiden Akuttageskliniken versorgten PatientInnen hervor weisen auf der anderen Seite eine Reihe von Einschränkungen auf. Der Erhebungszeiträume von zehneinhalb Monaten in Langenthal und sechseinhalb Monaten in Biel konnten nur geringe Stichprobengrössen hervorbringen. Die Akuttageskliniken befanden sich im Evaluationszeitraum in ihrer Neueröffnungsund Einarbeitungsphase, das klinische Angebot war noch nicht konsolidiert. Hinzu kommt, dass die Erhebungsinstrumente in den beiden Akuttageskliniken unterschiedlich umfassend zum Einsatz kamen und sich die Datenqualität der ATK Biel noch steigern liesse. Der regelmässige Einsatz des Instrumentariums sowie die Datenerfassung wird dann von den betreffenden Psychiatriestützpunkten als therapeutisch sinnvoll und praktikabel beurteilt, wenn die Resultate dem klinischen Erkenntnisgewinn dienen, sie in die Behandlungsplanung einfliessen und ausreichend personelle Ressourcen vorhanden sind. Die Rückmeldungen aus dem Workshop im August 2009 replizieren damit die Ergebnisse der vorgängigen Tagesklinikbefragung. Eine Evaluation, die Rahmenbedingungen und Konzepte der Institution nicht berücksichtigt und sich fast ausschliesslich auf Patientenmerkmale und deren Veränderung bezieht, bleibt zwangsläufig unvollständig und lässt Fragen nach unterschiedlichen Effekten der Behandlung offen. Ob und wenn ja in welchem Umfang die neuen akuttagesklinischen Angebote auf die Inanspruchnahme der vollstationären Behandlungsangebote Auswirkungen haben, kann auf der jetzigen Datengrundlage noch nicht beantwortet werden. Erkenntnis bringend wäre, einen umfassenderen Vergleich zwischen den in der ATK und den im stationären Setting behandelten PatientInnen anzustellen, als er mittels der MedStat Merkmale möglich ist. Erste -56- Kontakte zum Nationalen Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ) wurden im Sommer 2009 geknüpft, die sich möglicherweise im 2010 ausbauen liessen. Auch auf dem Hintergrund, qualitätssichernde Verfahren i.S. eines Reportings in der teilstationären Behandlung einzusetzen, ist es dringend zu empfehlen die Evaluation fortzusetzen. Darüber hinaus haben Merkmale, die nicht routinemässig in der MedStat erfasst werden, wie Psychopathologie und funktionale Gesundheit prädiktiven Wert hinsichtlich des Inanspruchnahmeverhaltens von psychiatrischen Versorgungsangeboten und geben relevante Hinweise auf den individuellen Hilfebedarf des/der einzelnen PatientIn. Die vorliegende Evaluation zeigt, dass die Behandlung in den Akuttageskliniken positive Effekte auf Störungsmerkmale, psychosoziales Funktionsniveau und funktionale Gesundheit der PatientInnen hat. Die Zufriedenheit Seitens der PatientInnen mit der teilstationären Behandlung ist ausgeprägt. Für PatientInnen z.B. mit Familienverpflichtungen (Langenthal) oder sozialen Rückzugstendenzen (Biel) können möglicherweise besonders von dem akuttagesklinischen Setting profitieren, anderenfalls wäre diese Patientengruppe eventuell psychiatrisch unterversorgt geblieben. Bei der Betrachtung der bisherigen Evaluation auf einer inhaltlichen Ebene, lassen sich positive Auswirkungen auf die konzeptionelle Ausrichtung und Ausgestaltung sowie Teamprozesse finden, wie sich auf dem Workshop im August 2009 zeigte. Eine neu eröffnete Akuttagesklinik muss sich in die bestehenden regionalen Behandlungsangebote einfügen. So werden in der ATK-Biel mehr PatientInnen mit neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen behandelt, die psychosozial etwas weniger beeinträchtigt sind als die Langenthaler PatientInnen. Dass unterschiedlich starke Behandlungseffekte in den beiden Akuttageskliniken erzielt werden, hängt möglicherweise mit der Intensität der akutttagesklinischen Behandlung zusammen (Dosiseffekte). Eventuell können aber auch klinisch bedeutsame Verbesserungseffekte durch eine optimale Nachbehandlung erzielt werden. Damit sind Aspekte der geeigneten Allokation tangiert. Konzeptionelle Fragestellungen, wie Funktion der Tagesklinik i.S. einer vorgeschalteten oder nachgeschalteten Akuttagesklinik, ihre Integration in die bestehenden Versorgungsangebote, die Indikation zur akuttagesklinischen Behandlung, notwendige Dauer der Behandlung, um die akute Krankheitsphase zu überwinden und klinisch signifikante und nachhaltige Verbesserungen zu erzielen sind im Rahmen von Katamnesen und von Vergleichen zu klinischen Populationen zu untersuchen. -57- Literatur Angermeyer, M. C., Kilian, R. & Matschinger, H. (2000). WHOQOL-100 und WHOQOLBREF. Handbuch für die deutsche Version der WHO Instrumente zur Erfassung von Lebensqualität. Göttingen: Hogrefe. Briscoe, J. & Priebe, S. (2007). Day hospital care. Psychiatry, 6(8), 321-324. Briscoe, J., McCabe, R., Priebe, S. & Kallert, T. (2004). A national survey of psychiatric day hospitals. Psychiatric Bulletin, 28(5), 160-163. Kallert, T. W., Matthes, C., Glöckner, M., Eichler, T., Koch, R. & Schützwohl, M. (2004). Akutpsychiatrische tagesklinische Behandlung: Ein effektivitätsgesichertes Versorgungsangebot? Psychiatrische Praxis, 31(8), 409-419. Kallert, T. W., Priebe, S., McCabe, R., Kiejna, A., Rymaszewska, J., Nawka, P., Ocvar, L., Raboch, J., Starkova-Kalisova, L., Koch, R. & Schützwohl, M. (2007). Are day hospitals effective for acutely ill psychiatric patients? A European multicenter randomized controlled trial. Journal of Clinical Psychiatry, 68(2), 278-287. Kay, S. R., Fiszbein, A. & Opler, L. A. (1987). The Positive and Negative Syndrome Scale (PANSS) for Schizophrenia. Schizophrenia Bulletin, 13(2), 261-276. Lambert, M. J., Hannöver, W., Nisslmüller, K., Richard, M. & Kordy, H. (2002). Fragebogen zum Ergebnis von Psychotherapie. Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie, 31(1), 40-46. Linden, M. & Baron, S. (2005). Das "Mini-ICF-Rating für psychische Störungen (Mini-ICF-P)". Ein Kurzinstrument zur Beurteilung von Fähigkeitsstörungen bei psychischen Erkrankungen. Rehabilitation 44(3), 144-151. Linden, M., Baron, S. & Muschalla, B. (in Vorbereitung). Mini-ICF-Rating für psychische Störungen. Ein Kurzinstrument zur Beurteilung von Fähigkeits- bzw. Kapazitätsstörungen bei psychischen Störungen Göttingen: Hogrefe. Lindenmayer, J.-P., Grochowski, S. & Hyman, R. B. (1995). Five factor model of schizophrenia: Replication across samples. Schizophrenia Research, 14(3), 229-234. Priebe, S., Jones, G., McCabe, R., Briscoe, J., Wright, D., Sleed, M. & Beecham, J. (2006). Effectiveness and costs of acute day hospital treatment compared with conventional in-patient care: Randomised controlled trial. British Journal of Psychiatry, 188(3), 243249. -58- 4 Angebotsstruktur und Versorgungslandschaft 4.1 Ausgangslage Im Rahmen der Evaluation der psychiatrischen Versorgung ist neben den Pilotprojekten und der Versorgung durch die ambulanten Grundversorger in den psychiatrischen, allgemeinmedizinischen und internistischen Praxen die Versorgung durch die sozialmedizinischen Institutionen erhoben worden. Eine integrierte psychiatrische Versorgung bedarf einer breiten Perspektive über bestehende Versorgungsangebote – auch über Leistungsträger bedingte Begrenzungen hinaus. Um die psychiatrische Versorgungslandschaft im Kanton Bern in umfassender Weise darzustellen, wurde zunächst der Einsatz des European Service Mapping Schedule (ESMS-V3) (Johnson & Kuhlmann, 2000) diskutiert und exemplarisch umgesetzt, da bisher kein Einrichtungskatalog 12 o.ä existiert, der Strukturmerkmale der sozialmedizinischen Institutionen im Kanton Bern ESMS-V3 kompatibel abbildet. Die Darstellung dieses Instrumentes sowie der Versuch, die Versorgungsstruktur der Pilotregion Oberaargau (MS-Region 15) mittels ESMS abzubilden, finden sich am Ende dieses Kapitels. Diese Ausarbeitungen geben einen Einblick in die Möglichkeiten einer strukturierten Erfassung und Abbildung von Versorgungsangeboten. In einem nächsten Schritt wurde geprüft, ob die Angaben der BfS-Statistik der sozialmedizinischen Institutionen (SOMED) in das ESMS-V3 überführt werden können. Rasch wurde jedoch deutlich, dass die dort erfassten Institutionsmerkmale einen anderen Schwerpunkt setzen als das ESMS-V3 und keine Kompatibilität besteht. Damit nicht gänzlich auf eine Abbildung der Wohn- und Tagesstruktursituation psychisch kranker Menschen im Kanton Bern verzichtet werden muss, wird im Folgenden der Versuch unternommen auf Basis der SOMED zumindest einen Ist-Stand der Wohn- und Tagesstruktursituation psychisch Kranker abzubilden. Die so gewonnenen Angaben vermögen – trotz diverser Einschränkungen der Datenqualität – die Versorgung psychisch Kranker ausserhalb der subsidiären und institutionellen Versorgung im Kanton abzubilden. 4.2 Datenlage komplementärer Versorgungsangebote Gesamthaft betrachtet muss die Datenlage zur Versorgung psychisch Kranker ausserhalb des stationären Versorgung sowohl in der Schweiz als auch im europäischen Ausland als 12 weder http://www.wabe.ch/ (Wohn-, Arbeits-, Beschäftigungs-, Entlastungs- und Schulungsmöglichkeiten für Menschen mit einer Behinderung und/oder einer sozialen Indikation) noch die Verzeichnisse von Pro mente sana http://www.promentesana.ch/ verfügen über die für das ESMS-V3 benötigte Eindeutigkeit und Strukturierung in den Merkmalen der sozialmedizinischen Institutionen -59- undurchsichtig und wenig Orientierung bietend betrachtet werden. Nach dem Einsetzen der Enthospitaliserungsbewegung ist eine Fülle von komplementären Versorgungsangeboten entstanden, die in ihren Bezeichnungen sowie Ausrichtungen und Konzeptionen zum Teil erheblich differieren, sowie regional in unterschiedlichem Umfang und Dichte implementiert sind. Diese Angebote umfassen i.d.R. Hilfen in den Lebensbereichen Wohnen, Arbeit & Ausbildung, Tagesstruktur, Beschäftigung und Freizeitgestaltung mit dem Ziel, psychisch beeinträchtigten Menschen eine in die Gesellschaft integrierte weitgehend selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen. Im vorliegenden Bericht werden die sozialmedizinischen Versorgungsangebote im Kanton Bern in Bezug auf die SOMED Systematik dargestellt. Darin werden die in Institutionen vorhandenen Plätze nach Wohnheimen mit und ohne Beschäftigung, Tagesstätten, Werkstätten, Institutionen für berufliche Massnahmen und einer Restkategorie (andere) differenziert. 4.2.1 Richtwerte Wohnheime, betreutes Wohnen Auf Basis der Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation WHO muss von einem Bedarf von 3-5 Wohnplätzen pro 10’000 Einwohner für die Pflege chronisch Kranker ausgegangen werden (Becker et al., 2008, S. 51). In ihrer Arbeit haben Brieger et al. (2003) im deutschen Bundesland Sachsen-Anhalt mittels ESMS-V3 die psychiatrische Versorgung abgebildet. Demnach werden 2.4 Plätze pro 10’000 Einwohner im betreuten Wohnen (befristeter Aufenthalt, keine 24-Std. Betreuung) und 24 Plätze pro 10’000 Einwohner im Wohnheim mit unbefristetem Aufenthalt und 24-Std. Betreuung vorgehalten. Insgesamt gibt es in Deutschland im betreuten Wohnen (befristeter Aufenthalt, keine 24-Std. Betreuung) erhebliche regionale Unterschiede. Die Angebote reichen von 1.6 bis 10.3 Plätzen pro 10’000 Einwohner. In einer europäischen Studie (Becker et al., 2002) findet sich das grösste Platzangebot in zeitlich unbegrenzten Wohnangeboten mit täglicher oder 24-Std. Betreuung in Raten von 0.35 Plätzen (Santander) bis 15 Plätzen (Kopenhagen) pro 10’000 Einwohner. Auf Basis dieser Angaben sind Vorsorgungsangebote im Bereich Wohnen nach wie vor stark in institutionellen Wohnheimen angesiedelt. Demgegenüber ist das betreute Einzelwohnen als Versorgungsangebot gering entwickelt. Wenn im Rahmen des Abbaus von Plätzen im Langzeitbereich der psychiatrischen Spitäler ein 24-Stunden Betreuungsangebot gegen ein anderes ausgetauscht wird, entsteht Transinstitutionalisierung; Enthospitalisierung ist nicht gleichbedeutend mit Entinstitutionalisierung. 4.3 Auswertung In die Auswertung eingeschlossen wurden sämtliche Plätze für Erwachsene über 20 Jahre der sozialmedizinischen Institutionen im Kanton Bern (BSV und nicht BSV subventioniert) -60- sowie alle KlientInnen über 20 Jahre, die im 2008 Versorgungsangebote der Institutionen in Anspruch genommen haben. Die SOMED-Daten über die MS-Regionen im Kanton Bern wurden von der Abteilung für wissenschaftliche Auswertung der Gesundheits- und Fürsorgedirektion aggregiert zur Verfügung gestellt. Diese Datenaufbereitung berücksichtigt nicht die Anzahl der sozialmedizinischen Institutionen sondern bildet die Summen der zur Verfügung stehenden Plätze in den einzelnen MS-Regionen ab. Anhand Platzangaben in den verschiedenen Institutionstypen und dem prozentualen Anteil der KlientInnen mit psychischen Beeinträchtigungen, Suchtbehinderung oder Eingliederungsproblemen kann auf die Inanspruchnahme bzw. Nutzung der sozialmedizinischen Angebote geschlossen werden. Darüber hinaus kann über die Inanspruchnahme von Plätzen durch KlientInnen mit psychischen Beeinträchtigungen auf die Rate genutzter Plätze pro 10'000 Einwohner geschlossen werden. Das Kernstück der Auswertung stellt die Übersicht in Tab. 22 dar. Im Folgenden soll schwerpunktmässig auf diejenigen Plätze fokussiert werden, die von KlientInnen mit psychischer Beeinträchtigung genutzt werden. Die absoluten und prozentualen Angaben der Plätze, die durch KlientInnen mit psychischen Beeinträchtigungen, Suchtbehinderung oder Eingliederungsproblemen genutzt werden, zeigen möglicherweise Schwerpunkte einiger Institutionen bezüglich der Hauptbehinderungen ihrer betreuten KlientInnen an. Da keine Angaben auf Institutionsebene vorliegen, wird im Folgenden auf ihre vertiefte Darstellung verzichtet und für detaillierte Informationen auf Tab. 22 verwiesen. KlientInnen mit Suchtbehinderung oder Eingliederungsproblemen sind separat aufgeführt und sind ebenfalls nicht Gegenstand der folgenden Ausführungen. 4.4 Ergebnisse Die zur Verfügung stehenden Plätze in den sozialmedizinischen differieren über die MSRegionen erheblich, ebenso wie die Nutzung der vorhandenen Plätze durch KlientInnen mit psychischen Beeinträchtigungen. Bedingt durch die aggregierte Aufbereitung der Daten können keine Angaben statistischer Signifikanz dieser Unterschiede ermittelt werden. Nicht abgebildet wird auf der KlientInnenebene die unterschiedliche Inanspruchnahme sozialmedizinischer Angebote innerhalb oder ausserhalb ihrer Wohnregion, massgeblich ist die Region der Institution. 4.4.1 Sozialmedizinische Institutionen: Wohnheime Von den 3968 im Kanton Bern zur Verfügung stehenden Wohnheimplätzen (mit und ohne Beschäftigung) wurden 714 Plätze (18.0%) durch KlientInnen mit psychischen Beeinträchtigungen genutzt. Dies entspräche einer Rate von 9.2 Plätzen pro 10'000 Einwohner. Im Vergleich zwischen den MS-Regionen Stadt Bern und Nicht-Stadt Bern ist die Rate der Plätze pro 10'000 Einwohner in der Region Stadt Bern um vier Plätze tiefer (6.3 vs. 10.5 Plätze pro -61- 10'000 Einwohner). Psychisch beeinträchtigte KlientInnen in Wohnheimen wohnten also eher nicht in der Stadt Bern. Über alle MS-Regionen betrachtet streut die Rate der Plätze, die von psychisch beeinträchtigten KlientInnen in Anspruch genommen wurden zwischen 0 (MSRegion 22) und 35.3 (MS-Region 21). Diese Resultate korrespondieren mit denen des Richtwerteberichts Kanton Bern, in dem 9.6 Wohnheimplätze für psychisch Kranke pro 10’000 Einwohner angegeben werden (Hoffmann, 2006, S. 51). Einschränkend muss bei der Zuordnung der KlientInnen zu Plätzen in Wohnheime auf Plausibilitätsprobleme innerhalb der SOMED Systematik hingewiesen werden. Diese Unschärfen sind durch fehlende Eingabevorgaben bedingt. Abb. 20 zeigt die Zuordnung zu Wohnheimplätzen aufgrund der Eingaben im SOMED und die Anzahl der Klienten, die aufgrund dieser Angaben keinem Angebot eindeutig zugeordnet werden konnte. Durch die Zusammenfassung der Wohnheime mit und ohne Beschäftigung wurde versucht dieser Schwäche entgegen zu wirken. 4.4.2 Sozialmedizinische Institutionen: Tagesstätten Von den 302 im Kanton Bern zur Verfügung stehenden Tagesstätten Plätzen wurden 141.1 Plätze (46.7%) durch KlientInnen mit psychischen Beeinträchtigungen genutzt. Dies entspräche einer Rate von 1.8 Plätzen pro 10'000 Einwohner. Im Vergleich zwischen den MSRegionen Stadt Bern und Nicht-Stadt Bern ist die Rate der Plätze pro 10'000 Einwohner in der Region Stadt Bern um 2.3 Plätze höher (3.1 vs. 0.7 Plätze pro 10'000 Einwohner). Psychisch beeinträchtigte KlientInnen besuchten Tagesstätten eher in der Stadt Bern. Über alle MS-Regionen betrachtet streut die Rate der Plätze, die von psychisch beeinträchtigten KlientInnen in Anspruch genommen wurden, zwischen 0 (MS-Regionen 12, 16, 19, 22, 23) und 3.1 (MS-Region 11). 4.4.3 Sozialmedizinische Institutionen: Werkstätten Von den 1850 im Kanton Bern zur Verfügung stehenden Werkstattplätzen wurden 555.5 Plätze (30.0%) durch KlientInnen mit psychischen Beeinträchtigungen genutzt. Dies entspräche einer Rate von 7.2 Plätzen pro 10'000 Einwohner. Im Vergleich zwischen den MSRegionen Stadt Bern und Nicht-Stadt Bern ist die Rate der Plätze pro 10'000 Einwohner in der Region Stadt Bern um vier Plätze höher (9.3 vs. 5.3 Plätze pro 10'000 Einwohner). Psychisch beeinträchtigte KlientInnen in Werkstätten arbeiteten eher in der Stadt Bern. Über alle MS-Regionen betrachtet streut die Rate der Plätze, die von psychisch beeinträchtigten KlientInnen in Anspruch genommen wurden zwischen 0 (MS-Regionenen 12, 21) und 16.1 (MSRegion 23). -62- Abb. 20: Plausibilität der Zuordnung der KlientInnen zu den Variablen Wohnheim mit Beschäftigung und Wohnheim ohne Beschäftigung -63- 4.4.4 Sozialmedizinische Institutionen: Berufliche Massnahmen Von den 713 im Kanton Bern zur Verfügung stehenden Plätzen für berufliche Massnahmen wurden 293.5 Plätze (41.2%) durch KlientInnen mit psychischen Beeinträchtigungen genutzt. Dies entspräche einer Rate von 3.8 Plätzen pro 10'000 Einwohner. Im Vergleich zwischen den MS-Regionen Stadt Bern und Nicht-Stadt Bern ist die Rate der Plätze pro 10'000 Einwohner in der Region Stadt Bern um elf Plätze höher (12.7 vs. 1.2 Plätze pro 10'000 Einwohner). Psychisch beeinträchtigte KlientInnen absolvierten berufliche Massnahmen eher in der Stadt Bern. Über alle MS-Regionen betrachtet streut die Rate der Plätze, die von psychisch beeinträchtigten KlientInnen in Anspruch genommen wurden zwischen 0 (MSRegionen 12, 14, 20) und 12.7 (MS-Region 11). 4.4.5 Gesamte Angebote in sozialmedizinische Institutionen Von den 6956 im Kanton Bern zur Verfügung stehenden Plätzen in sozialmedizinischen Institutionen wurden 1742.5 Plätze (25.1%) durch KlientInnen mit psychischen Beeinträchtigungen genutzt. Dies entspräche einer Rate von 22.5 Plätzen pro 10'000 Einwohner. Im Vergleich zwischen den MS-Regionen Stadt Bern und Nicht-Stadt Bern ist die Rate der Plätze pro 10'000 Einwohner in der Region Stadt Bern um 13.9 Plätze höher (32.2 vs. 18.4 Plätze pro 10'000 Einwohner). Psychisch beeinträchtigte KlientInnen nutzten Angebote sozialmedizinischer Institutionen eher in der Stadt Bern. Über alle MS-Regionen betrachtet streut die Rate der Plätze, die von psychisch beeinträchtigten KlientInnen in Anspruch genommen wurden zwischen 0 (MS-Regionen 12, 14, 20) und 12.7 (MS-Region 11). -64- Tab. 22: Übersicht der Plätze in sozialmedizinischen Institutionen und Nutzung durch KlientInnen -65- -66- 4.5 Diskussion und Ausblick Zunächst einmal unabhängig von den Hauptbehinderungen der in den sozialmedizinischen Institutionen behandelten KlientInnen besteht im Kanton Bern gesamthaft betrachtet ein umfangreiches Versorgungsangebot für behinderte Menschen. Mit dem hier gewählten Vorgehen ist über die Anzahl der KlientInnen mit psychischer Beeinträchtigung auf die von ihnen genutzten Plätze der einzelnen Versorgungsangebote geschlossen worden. Die von den KlientInnen genutzten Plätze in den sozialmedizinischen Institutionen und die daraus abgeleiteten Platzraten bezogen auf 10'000 Einwohner geben keinen Aufschluss darüber, ob die KlientInnen mit psychischer Beeinträchtigung in einer auf ihre Problemlagen ausgerichteten Institution betreut werden. Sie stellen kein Mass für sozialmedizinische Versorgungsangebote psychisch kranker Menschen dar, sondern ein Mass für die Inanspruchnahme bzw. Nutzung der sozialmedizinischen Institutionen in den Bereichen Wohnen, Arbeit, Ausbildung, Tagesstruktur und Beschäftigung. Selbst die Zuordnung bei der Erfassung durch die sozialmedizinischen Institutionen zu einer der Hauptbehinderungen ist mit einer gewissen Unschärfe versehen. Adäquate oder Fehlallokationen sind in dieser Weise nicht abbildbar. Die Nutzungsraten der sozialmedizinischen Institutionen pro 10'000 Einwohner sind schwerlich mit den WHO Richtwerten oder Raten aus dem europäischen Ausland zu vergleichen. Aus den Publikationen geht nicht hervor, ob die Kennziffern sich auf die gesamte oder nur erwachsene Population beziehen oder ob noch bestehende Kliniklangzeitplätze einberechnet wurden. Der Umfang, in dem KlientInnen mit psychischen Beeinträchtigungen Plätze in sozialmedizinischen Institutionen genutzt haben, weist regional deutliche Unterschiede auf. Im Vergleich zwischen der MS-Regionen 11 (Stadt Bern) und den übrigen MS-Regionen fällt eine Asymmetrie in den Bereichen Wohnen und Arbeiten auf. Obwohl die Raten aller genutzten Plätze pro 10'000 Einwohner durch KlientInnen mit psychischen Beeinträchtigungen in der MSRegion Stadt Bern insgesamt wesentlich höher liegen als in den übrigen MS-Regionen (32.2 Plätze vs. 18.3 Plätze pro 10'000 Einwohner), zeigt sich im Bereich Wohnheime ein umgekehrtes Verhältnis mit tieferen Raten in der MS-Region Stadt Bern im Vergleich zu den übrigen MS-Regionen. In den MS-Regionen Nicht-Bern fällt hingegen die geringe Platznutzung auf von KlientInnen mit psychischen Beeinträchtigungen in Tagesstätten, Werkstätten und berufliche Massnahmen ausgerichtete Institutionen. Auch wenn Wohnheime in den MSRegionen Nicht-Bern integrierte Beschäftigungsmöglichkeiten für ihre KlientInnen enthalten, sind viele dieser Arrangements wohl wenig geeignet, die soziale und berufliche Integration für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen zu befördern, sondern wirken eher in eine sozial exkludierende Richtung. Die Tatsache, dass rund zwei Drittel aller in psychiatrischen -67- Kliniken behandelten PatientInnen ohnehin bereits aus dem Erwerbsleben ausgegliedert sind, verleiht der Forderung nach Zugänglichkeit zu und Erreichbarkeit von rehabilitativen Angeboten eine gewisse Eindringlichkeit. Bezüglich der Datengrundlage ist festzustellen, dass Güte und Umfang der Informationen über sozialmedizinische Institutionen und ihre betreuten KlientInnen im Vergleich zur denen der psychiatrischen Kliniken gering sind. Differenzierte Angaben z.B. zu den Versorgungsangeboten im Bereich Wohnen liegen nicht vor. Versorgungsrelevante Aspekte wie Betreuungsdauer und Intensität, Flexibilität und Abstufungen des Betreuungsangebots oder auch Fragen bezüglich der Allokation bleiben vorerst unterbelichtet. Ein sinnvoller Schritt, um dieses Kenntnisdefizit mittelfristig zu beheben, bestünde in einer Vollerhebung der sozialmedizinischen Institutionen mittels ESMS-V3. Die Resultate könnten zu einer umfänglicheren Planungsgrundlage psychiatrischer Versorgung auch jenseits der institutionellen Psychiatrie beitragen. 4.5.1 European Service Mapping Schedule (ESMS-V3) Das European Service Mapping Schedule (ESMS-V3) (Johnson & Kuhlmann, 2000) ist ein standardisiertes und international anwendbares Instrument, das die Beschreibung und Klassifikation psychiatrischer Versorgungsangebote bezogen auf ihre Versorgungsregion ermöglicht. Das ESMS-V3 ist unterteilt in die folgenden vier Teilbereiche, dessen Kernstück den so genannten Versorgungsbaum und die Zuordnungsregeln enthält. 1. Einführende Fragen: Beschreibung der Region und der Bevölkerung, für die die ESMS-V3 Übersicht erstellt werden soll 2. Versorgungsbäume: die funktionsbezogene Zuordnung zu den einzelnen Kategorien anhand der standardisierten Beschreibung der Versorgungsangebote 3. Nutzungshäufigkeiten: Standardisierte Erfassung der Inanspruchnahme der einzelnen Versorgungsangebote durch die Bevölkerung der Region 4. Inventar der Einrichtungen: Detaillierte Beschreibung der einzelnen Versorgungsangebote in halbstandardisierter oder freier Form In Abhängigkeit von Fragestellung und Datenlage können auch lediglich Teilbereiche des ESMS-V3 eingesetzt werden. Ein- oder Ausschluss von Bevölkerungsgruppen, z.B. geistig Behinderte, müssen einleitend beschrieben werden, um die Vergleichbarkeit der Daten zu gewährleisten. Die Zuordnungsregeln des ESMS-V3 sind strukturiert, so dass die einzelnen Versorgungsangebote der dazustellenden Region eindeutig darstellbar sind. -68- Die Versorgungsangebote werden im ESMS-V3 Manual in vier Versorgungsgruppen eingeteilt: 1. Versorgungsangebote mit Übernachtung 2. Versorgungsangebote der Tagesbetreuung und strukturierten Aktivitäten 3. Ambulante und kommunale Versorgungsangebote 4. Versorgungsangebote der Selbst- und Laienhilfe Für diesen Evaluationsversuch wurde das ESMS-V3 um die Gruppe der niedergelassenen Psychiater erweitert: 5. Ärzte mit Praxistätigkeit FMH Psychiatrie und Psychotherapie Mit Ausnahme der Selbst- und Laienhilfe sind die Versorgungsgruppen ausdifferenziert in akute und nicht-akute sowie mobile und ortsfeste Versorgungsangebote mit offenem oder zeitlich begrenztem Aufenthalt. Es ist festzuhalten, dass mit dem ESMS-V3 Angebote und Plätze, aber nicht direkt Patienten dargestellt werden können, die Auslastung der Versorgungsangebote wird nicht abgebildet. Ebenfalls nicht erfasst werden kann, ob und in welchem Umfang psychisch Kranke in nicht auf diese Personengruppe ausgerichteten Institutionen betreut werden. In der Pilotregion Oberaargau sollte das ESMS-V3 probeweise zum Einsatz kommen, um die mobilen Versorgungsangebote der MOKI und Notfalltriage sowie die ab 2009 eingeführten Akuttageskliniken in ihrem Versorgungskontext abzubilden. Obwohl das ESMS-V3 eine klare Zuordnungsstruktur bereitstellt, gestaltete sich die Recherche vor allem der Wohnheime für psychisch Kranke (R8-R13) kompliziert. Durch den Bundesbeschluss über die NFA beziehen sich die aktuellsten Daten der Bedarfsplanung des Kantons Bern für Werkstätten und Wohnheime/Tagesstätten auf die Planungsperiode 2004-2006 (Stand 07.05.03). Über Wohnheime, die keine BSV bewilligten Plätze für psychisch Behinderte besitzen, sind die Angaben je nach Quelle widersprüchlich. Die Recherche im WABE ergibt, dass praktisch alle Wohnheime auch psychisch Behinderte aufnehmen. Darüber hinaus sind die Bezeichnungen der Angebote (z.B. Wohnheim, betreutes oder begleitetes Wohnen in eigener Wohnung/in zur Verfügung gestellter Wohnung) uneinheitlich und erschweren die eindeutige Zuordnung gemäss ESMS-V3. Positiv anzumerken ist, dass offenbar diverse Wohnheime ihr Betreuungsangebot ausdifferenzieren und sowohl eng- als auch weitermaschige Wohnbetreuung anbieten. Auf Grund der genannten Einschränkungen ist der ESMS-V3 Versorgungsbaum der Region Oberaargau in einem teilweise unvollständigen Zustand (Tab. 23). -69- Tab. 23: Versorgungsbaum Psychiatrische Dienste Oberaargau (MS Region 15) 1. Versorgungsangebote mit Übernachtung speziell gesicherte Unterbringung R1 1.1.0.0.0 Krankenhaus R2 1.2.1.0.0 andere R3 1.2.2.0.0 Betreuung rund um die Uhr R4 1.3.1.1.1 Betreuung nur am Tage, aber jeden Tag R5 1.3.1.1.2 Betreuung rund um die Uhr R6 1.3.1.2.1 Betreuung nur am Tage, aber jeden Tag R7 1.3.1.2.2 akut (Aufnahme innerhalb 24 Stunden; Wohnung wird beibehalten) KIS Spital Niederbipp (15 Plätze) PZM (ausserhalb der ESMS Region) Klinik St. Urban (4 Plätze) (ausserhalb der ESMS Region, ausserkantonal, keine Aufnahmepflicht) Klinik SGM (25 Plätze) Klinik Wysshölzli (mind. 12 bis max. 48 Wochen, 35 Plätze für Frauen) stoffgebundene Abhängigkeiten i.d.R. legale Subtanzen und Essstörungen) Herzogenbuchsee Stiftung Lebensgemeinschaften behinderter Menschen: Calendula Übergangswohnheim/ Aussenwohngruppe Herzogenbuchsee, 6/4 von 10 von 34 Plätzen Stiftung Werkstätte für Behinderte: Wohnheim Mättenbach Madiswil, 1 von 25 Plätzen nicht akut Krankenhaus zeitlich begrenzter Aufenthalt (fest definiert) Verweildauer offen: andere Einrichtung Verweildauer unklar R8-R13 zeitlich begrenzter Aufenthalt: Betreuung rund um die Uhr incl. nächtlichem Pikettdienst R8 1.3.2.1.1 Trägerverein Solidarität Wohn4tel Langenthal (max. 2 Jahre, nachts Pikettdienst) 14 Plätze Betreuung nur am Tage, aber jeden Tag R9 1.3.2.1.2 Bärg u Tal internes und externes Wohnen Huttwil (Dauer?) 9 Plätze – keine BSV Bewilligung? Betreuung nur am Tage, nicht jeden Tag R10 1.3.2.1.3 Stiftung Lebensgemeinschaften behinderter Menschen: Calendula Wohncoaching, Herzogenbuchsee, (Dauer?) 3 von 6 Plätzen -70- Verweildauer offen: Betreuung rund um die Uhr incl. nächtlichem Pikettdienst R11 1.3.2.2.1 Betreuung nur am Tage, aber jeden Tag R12 1.3.2.2.2 Betreuung nur am Tage, nicht jeden Tag R13 1.3.2.2.3 RAZ Herzogenbuchsee (von der 24 Stunden Betreuung mit nächtlichem Pikettdienst bis zum externen beleiteten Wohnen im Studio) 7 von 68 Plätzen Wohngemeinschaft Gässli, Kleindietwil (12 Betreuung, 12 Stunden Pikettdienst) 10 Plätze – keine BSV Bewilligung? 2. Versorgungsangebote der Tagesbetreuung und strukturierte Aktivität akut D1 2.1.1.0.0 Tagesklinik Langenthal (15 Plätze), Akut-Tagesklinik Langenthal (8 Plätze) D2 2.1.2.1.1 RAZ Herzogenbuchsee, (17 von 170 Plätzen) Stiftung Werkstätte für Behinderte Madiswil (25 von 90 Plätzen) nicht akut hohe Intensität (mind. vier Halbtage pro Woche): geschützte Arbeit, bezahlt (> 50% des örtl. Mindestlohnes) arbeitsähnliche Beschäftigung D3 2.1.2.1.2 andere strukturierte Tätigkeit D4 2.1.2.1.3 sozialer Kontakt D5 2.1.2.1.4 geschützte Arbeit, bezahlt (> 50% des örtl. Mindestlohnes) D6 2.1.2.2.1 arbeitsähnliche Beschäftigung D7 2.1.2.2.2 niedrige Intensität (weniger als vier Halbtage pro Woche): andere strukturierte Tätigkeit D8 2.1.2.2.3 sozialer Kontakt D9 2.1.2.2.4 Tagesstätte Calendula, Herzogenbuchsee Bärg u Tal Kreativwerkstatt (Anzahl Plätze?) Huttwil -71- 3. Ambulante und kommunale Versorgungsangebote Notfallversorgung mobil: rund um die Uhr (24 h/d an allen Tagen d. Woche) O1 2.2.1.1.1 begrenzte Öffnungszeiten O2 2.2.1.1.2 rund um die Uhr (24 h/d an allen Tagen d. Woche) O3 2.2.1.2.1 begrenzte Öffnungszeiten O4 hohe Intensität (Kontakt mind. 3x wöchentlich mgl.) MOKI Langenthal 2.2.1.2.2 Notfalltriage MOKI Langenthal Ambulatorium Langenthal, Ambulatorium Niederpipp O5 2.2.2.1.1 Spitex mittlere Intensität (Kontakt mind. 2x wöchentlich mgl.) O6 2.2.2.1.2 Spitex niedrige Intensität O7 2.2.2.1.3 Spitex hohe Intensität (Kontakt mind. 3x wöchentlich mgl.) O8 2.2.2.2.1 mittlere Intensität (Kontakt mind. 2x wöchentlich mgl.) O9 2.2.2.2.2 niedrige Intensität O10 2.2.2.2.3 4. Versorgungsangebote der Selbsthilfe und Laienhilfe S 3.0.0.0.0 Club 88 für Menschen mit psychischen Krankheiten, Langenthal 5. Ärzte mit Praxistätigkeit FMH Psychiatrie und Psychotherapie P 4.0.0.0.0 12 niedergelassene PsychiaterInnen FMH ortsfest: Dauerbetreuung mobil: ortsfest: In der Gegenüberstellung dieser Rekonstruktion der Versorgungslandschaft der MS-Region 15 mit den SOMED Angaben 2008 zeigen sich bereits einige Abweichungen. So werden auf Basis der SOMED Daten etwa 20 Plätze mehr von psychisch kranken Menschen in Wohnheimen genutzt. -72- Literatur Becker, T., Hoffmann, H., Puschner, B. & Weinmann, S. (2008). Versorgungsmodelle in Psychiatrie und Psychotherapie. Stuttgart: Kohlhammer. Becker, T., Hülsmann, S., Knudsen, H. C., Martiny, K., Amaddeo, F., Herran, A., Knapp, M., Schene, A. H., Tansella, M., Thornicroft, G., Vázquez-Barquero, J. L. & Epsilon Study Group. (2002). Provision of services for people with schizophrenia in five European regions. Social Psychiatry and Psychiatric Epidemiology, 37(10), 465-474. Brieger, P., Wetzig, F. & Bocker, F. M. (2003). Institutions and services of psychiatric care in Saxony-Anhalt: Assessment with the European Services Mapping Schedule. European Psychiatry, 18(3), 145-147. Hoffmann, H. (2006). Richtwerte für die Psychiatrieversorgung des Kantons Bern. Expertise im Auftrag der Dienststelle Psychiatrie der Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern. (unveröffentlicht). Johnson, S. & Kuhlmann, R. (2000). The European Service Mapping Schedule (ESMS): development of an instrument for the description and classification of mental health services. Acta Psychiatrica Scandinavica, 102(Suppl. 405), 14-23. -73- 5 Schriftliche Befragungen 5.1 Psychiaterbefragung 5.1.1 Einführung Mit Unterstützung der schweizerischen Gesellschaft und der bernischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, der GEF und Mitglieder der Strategiegruppe konnte das WePBE-Evaluationsteam einen Fragebogen entwerfen, der zum Ziel hatte, der Beitrag psychiatrischer Praxen an die Psychiatrieversorgung des Kantons Bern zu erfassen. Der entstandene Fragebogen besteht aus vier Teilen: Teil 1 erhebt Daten über den Berufsalltag, die psychiatrisch-psychotherapeutische Arbeitsweise und Schwerpunkte, Kapazitäten und Praxisorganisation der niedergelassenen PsychiaterInnen. In Teil 2 folgt eine Einschätzung der Versorgung und Qualität der Zusammenarbeit mit andern Akteuren des Systems. Teil 3 enthält Fragen über die Einschätzung zur bestmöglichen Versorgung einzelner Patientengruppen und Teil 4 erhebt Stichtagsdaten der Klientel mit Angaben zu soziodemographischen, krankheits- und behandlungsbezogenen Themen. Zwischen April und Juni 2009 wurden insgesamt 292 niedergelassene Psychiaterinnen und Psychiater im Kanton Bern über E-Mail oder Postadresse angefragt, an der Erhebung teilzunehmen. 218 gaben ihre E-Mail-Adresse an und konnten eingeladen werden. Insgesamt 142 Personen aktivierten ihren Fragebogen anhand eines Passwortes, 122 beantworteten ihn. Bezüglich der Anzahl Eingeladene entspricht dies einer Rücklaufquote von 56% (Abb. 21). Abb. 21: Vorgehen und Rücklauf -74- 5.1.2 Ergebnisse 5.1.2.1 Teil1: Angaben über die an der Befragung teilgenommenen PsychiaterInnen Tab. 24: Angaben über Person und Praxis der Befragten Alter Total: MW 54.1, Median 54, SD 7.1, R 36-71 MS 11 (N=67): MW 55.1, Median 55, SD 7.2, R 40-70 Ø-MS 11 (N=54): MW 53.4, Median 53, SD 7.1, R 36-71 Geschlecht In eigener Praxis seit (in Jahren) Total: 64 (47.1 %) weiblich MS 11: 33 (48.5%) weiblich Ø-MS 11: 25 (46.3%) weiblich Total: MW 12.7, Median 11, SD 7.8, R 1-34 MS 11 (N=62): MW 14.2, Median 12, SD 7.9, R 2-34 Ø-MS 11 (N=51): MW 11.8, Median 10, SD 7, R 1-28 MS-Region Verrechenbare eigene Arbeitszeit pro Woche (in Stunden) 11 Bern: 81 (57 %), Rücklauf 60% 12 Erlach-Seeland: 3 (2.1%), Rücklauf 60% 13 Biel: 13 (9.2%), Rücklauf 72,2% 15 Oberaargau: 9 (6.3%), Rücklauf 69,2% 16 Burgdorf: 9 (6.3%), Rücklauf 75% 18 Aaretal: 1 (0.7%), Rücklauf 50% 20 Thun: 19 (13.4%), Rücklauf 82.6% 23 Oberland Ost: 6 (4.2%), Rücklauf 85.7% 42 Murten: 1 (0.7%), Rücklauf 100% Total: MW 30.8, Median 30, SD 16.3, R 1-100 MS 11 (N=66): MW 30.4, Median 30, SD 12.3, R 5-70 Ø-MS 11 (N=53): MW 32.9, Median 30, SD 19.5, R 1-100 Anzahl Patienten pro Jahr Total: MW 108.5, Median 90, SD 67.2, R 4-350 MS 11 (N=66): MW 98.8, Median 89.5, SD 56.6, R 22-350 Ø-MS 11 (N=53): MW 122.1, Median 108, SD 77.2, R 4-350 Anzahl Konsultationen pro Jahr Total: MW 1188.0, Median 1120, SD 618.4, R 23-3375 MS 11 (N=66): MW 1192.9, Median 1135, SD 563.1, R 180-2970 Ø-MS 11 (N=53): MW 1196.1, Median 1120, SD 685.1,R 23-3375 Anteil psychotherapeutischer Tätigkeit (in %) Total: MW 60.8, Median 60, SD 19.2, Range 5-95 MS 11 (N=66): MW 61.7, Median 70, SD 20.1, R 20-95 Ø-MS 11 (N=52): MW 59.7, Median 60, SD 18.3, R 5-99 Anteil psychiatrischer Tätigkeit (in %) Total: MW 39.3, Median 40, SD 19.2, Range 1-95 MS 11 (N=66): MW 38.3, Median 30, SD 20.1, R 5-80 Ø-MS 11 (N=52): MW 40.3, Median 40, SD 18.3, R 1-95 -75- Tab. 24 führt die persönlichen Daten der Befragten auf, ihr Alter, Geschlecht, in welcher MSRegion sie tätig sind, wie ihr Arbeits- und Behandlungsvolumen aussieht und wie hoch ihr Anteil an psychotherapeutischer und psychiatrischer Arbeit ist. Aufgeteilt nach MS-Region 11 (Bern) oder Nicht-11, unterscheiden sich die einzelnen Mittelwerte nur unwesentlich bezüglich Alter, Geschlecht, Arbeitszeit pro Woche und Anteil psychotherapeutischer und psychiatrischer Tätigkeit. Über 50 Prozent der Befragten kann eine Therapie auch in Englisch anbieten, gefolgt von Französisch, Italienisch und anderen Sprachen, es gibt allerdings sehe wenige Personen mit Kenntnissen in balkanesischen Sprachen. Die häufigste nicht therapeutische Tätigkeit ist Supervision, gefolgt von anderen Arbeiten und der Erstellung von Gutachten. Die befragten Psychiaterinnen und Psychiater geben als diagnostische Schwerpunkte am häufigsten affektive und neurotische Störungen an, als therapeutische Schwerpunkte am häufigsten Erwachsene und Einzeltherapie an (Tab. 25). Tab. 25: Schwerpunkte in der Praxis der Befragten Sprache (N=116) Englisch: 60 (51.7%) Italienisch: 26 (22.4%) Französisch: 56 (48.3%) Andere: 23 (19.8%) Nicht therapeutische Tätigkeiten (N=119) Supervision: 50 (42%) Andere: 53 (44.5%) Schwerpunkte (N=122) F1: 17 (13.9%) Erwachsene: 115 (94.3%) F2: 42 (34.4%) Ältere: 22 (18%) F3: 100 (82%) KJP: 14 (11.5%) F4: 92 (75.4%) Einzel-Therapie: 114 (93.4%) F45: 60 (49.2%) Paar-/Familien-Therapie: 41 (33.6%) F6: 72 (59%) Gruppen-Therapie: 9 (7.4%) Gutachten: 14 (11.8%) Andere: 94 (77%) -76- Tab. 26 stellt die Angaben zu Praxiskapazitäten, Wartefristen und Praxisorganisation zusammen. -77- Tab. 26: Angebot und Organisation der Praxis Beurteilung der Kapazitäten Freie Kapazitäten: 12 Auslastung richtig: Zuviele Patienten: Total: (N=112) (9.9%) 75 (62%) 34 (28.1%) MS 11 (N=67) 6 (9%) 45 (67.2%) 16 (23.9%) Ø-MS 11 (N=54) 6 (11.1%) 30 (55.6%) 18 (33.3%) Krisenintervention Angebot möglich: Erster Termin (in Tagen): Total: (N=112) 63 (56.3%) MW 4.0, Median 2.5, SD 4.3, R 1-30 MS 11 (N=62) 37 (59.7%) (N=36): MW 4.0, Median 3, SD 3, R 1-14 Ø-MS 11 (N=50) 26 (52%) (N=26): MW 4.0, Median 2, SD 5.8, R 1-30 Angebot IPPB Angebot möglich: Erstgespräch (in Wochen): Total: (N=114) 89 (78.1%) MW 2.9, Median 2, SD 2.1, Range 1-8 MS 11 (N=68) 50 (78.1%) (N=50): MW 2.6, Median 2, SD 2, R 1-8 Ø-MS 11 (N=50) 39 (78%) (N=42): MW 3.2, Median 2, SD 2.3, R 1-8 Behandlungsbeginn (in Wochen): MW 4.1, Median 3, SD 3.0, Range 1-12 MW 3.6, Median 3, SD 2.8, R 1-12 MW 4.7, Median 4, SD 3.2, R 1-12 Angebot Psychotherapie Angebot möglich: Erstgespräch (in Wochen): Total: (N=114) 85 (74.6%) MW 3.2, Median 2, SD 2.5, Range 0-12 (N=46): MS 11 (N=64) 50 (78.1%) MW 2.8, Median 2, SD 2.2, R 0-8 Ø-MS 11 (N=50) 35 (70%) (N=35): MW 3.7, Median 3, SD 2.8, R 1-12 Behandlungsbeginn (in Wochen): MW 5.1, Median 4, SD 3.8, Range 0-24 MW 4.4, Median 4, SD 3.1, R 0-12 MW 5.86, Median 5, SD 4.6, R 1-24 Organisation der Praxis (N=119) Gemeinschaftspraxis mit Psychiatern: 40 (33.6%) Gemeinschaftspraxis mit som. Ärzten: 15 (12.6%) Einzelpraxis: 61 (51.3%) Delegation zu Psychologe: 38 (31.9%) Erreichbarkeit (N=119) Sekretariat (zu Bürozeiten): 18 (15.1%) Selbst zu Bürozeiten: 61 (51.3%) Selbst einmal pro Stunde: 47 (39.5%) Selbst einmal pro Tag: 21 (17.6%) Anrufbeantworter: 99 (83.2%) Ferienablösung (N=119) Inst. Psychiatrie: 64 (53.8%) Psychiater/Hausärzte: 72 (60.5%) Keine: 19 (16%) -78- 5.1.2.2 Teil2: Einschätzung der Qualität der Zusammenarbeit mit der institutionellen Psychiatrie Von den 122 Psychiaterinnen und Psychiater beantworteten 109 die Fragen über die Qualität der Zusammenarbeit mit der institutionellen Psychiatrie bezogen auf die stationären, teilstationären und ambulanten Angebote. Am besten wird die Behandlung (70% gut bis sehr gut) eingeschätzt. Informationsfluss und Zugänglichkeit bei Notfällen finden etwa 60% positive Einschätzungen. Am schlechtesten beurteilt werden die Kollaboration (z.B. bzgl. Behandlungszielen) und der Zugang zu freien Plätzen mit je etwa 50% positiven Einschätzungen (Abb. 22). Diese Resultate bekräftigen Aussagen aus den Hearings, wo erklärt wird, dass wenn ein persönlicher Zugang zur Klinik besteht, man Arbeitskollegen kennt, die Zusammenarbeit viel besser läuft (siehe Anhang 2 g.). Auch der Wunsch, akute Fälle schneller zuweisen zu können, ist verbreitet (Anhang 2, i.). sehr gut gut mässig mangelhaft Einschätzung der Qualität der Zusammenarbeit mit der stationären Psychiatrie 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% m Infor ation ti bora Kolla on n Beha g dlun Freie e Plätz älle Not f Abb. 22: Zusammenarbeit mit der stationären Psychiatrie Auf die Frage nach dem am häufigsten genutzten Angebot gaben 89 Psychiaterinnen und Psychiater eine Antwort: Zu 50.6 % werden die Universitären Psychiatrischen Dienste Bern als das am häufigsten genutzte stationäre Angebot angegeben, gefolgt vom Psychiatriezentrum Münsingen (20.2 %), der Klinik Wyss (11.2%), der Privatklinik Meiringen (4.5%), der Kriseninterventionsstation Niederbipp (3.4%), dem psychiatrischen Dienst RSE (4.5%), dem psychiatrischen Dienst RST (1.1%) und der Restkategorie (4.5%). Die häufige Nennung der UPD lässt sich durch den Umstand erklären, dass die grösste Gruppe der Befragten aus dem Raum Bern stammen. -79- Die Einschätzung der Zusammenarbeit mit den wichtigsten drei Leistungserbringern UPD, PZM und Klinik Wyss wurden in den Berechnungen mit den restlichen Nennungen als „andere“ verglichen (Abb. 23). Der Informationsaustausch und die Behandlungsqualität werden bei den UPD mit 40% der Antworten „mässig bis mangelhaft“ am schlechtesten bewertet, die restlichen Gruppierungen zeigen Angaben zwischen 10% und 20%. Auch in der Kollaboration erhält die UPD die schlechtesten Noten mit über 50% mässig bis mangelhaft, knapp gefolgt vom PZM. Umgekehrt verhält es sich bei der Zugänglichkeit zu freien Plätzen und in Notfällen, wo die UPD mit 70-80% die besten Bewertungen erhalten (Abb. 23). sehr gut gut mässig mangelhaft 100% Einschätzung der Qualität der Zusammenarbeit mit der stat. Psychiatrie nach Leistungserbringer 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% Information Kollaboration Behandlung Freie Plätze andere PZM Klinik Wyss UPD Bern andere PZM Klinik Wyss UPD Bern andere PZM Klinik Wyss UPD Bern andere PZM Klinik Wyss UPD Bern andere PZM Klinik Wyss 0% UPD Bern 10% Notfälle Abb. 23: Zusammenarbeit mit der stationären Psychiatrie nach Leistungserbringer Ähnlich wie der stationären Psychiatrie wird auch bei den teilstationären Angeboten insgeamt am meisten die Zugänglichkeit zu freien Plätzen und in Notfällen bemängelt, Information, Kollaboration und Behandlungsqualität werden im Schnitt zu 80% gut bis sehr gut bewertet (Abb. 24). -80- sehr gut gut mässig mangelhaft Einschätzung der Qualität der Zusammenarbeit mit der teilstationären Psychiatrie 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% on tion lätze lung mati bora hand eie P a r e ll Infor F o B K älle Not f Abb. 24: Zusammenarbeit mit der teilstationären Psychiatrie Die teilstationären Dienste der UPD werden am häufigsten als die wichtigsten Zusammenarbeitspartner genannt, natürlich auch, weil die grösste Gruppe der Befragten aus dem Raum Bern stammt (Tab. 27). Tab. 27: Am häufigsten genannte teilstationäre Angebote Am häufigsten genannte teilstationäre TK UPD: 20 (20.6%) TATzE UPD: 5 (5.2%) Angebote (N= 97) PTK UPD: 12 (12.4%) TK Burgdorf: 5 (5.2%) KIZ UPD: 10 (10.3%) TK Interlaken: 4 (4.1%) TK Biel: 9 (9.3%) TK Klinik Wyss: 4 (4.1%) ATK UPD: 7 (7.2%) PSOMA Lindenhof: 4 (4.1%) TK Langenthal: 7 (7.2%) ATK Langenthal: 1 (1.%) TK Thun: 7 (7.2%) andere: 2 (2.1%) Die Aussagekraft der Aussagen zur Zusammenarbeit nach Region muss etwas relativiert werden, weil einzelne Dienste nur sehr selten genannt werden (PD Burgdorf und Interlaken). Allerdings sind die Unterschiede zwischen den Regionen nur klein; ausser bei dem PD Interlaken wird die Zugänglichkeit zu freie Plätze und bei Notfällen mehrheitlich als mässig bis mangelhaft beurteilt während die übrigen Dimensionen mehrheitlich positiv eingeschätzt werden (Abb. 25). -81- sehr gut gut mässig mangelhaft Einschätzung der Qualität der Zusammenarbeit mit der teilstat. Psychiatrie nach Leistungserbringer 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% UPD PD Biel PD L'thal PD Thun PD B'dorf PD I'laken Kollaboration Behandlung Freie Plätze UPD PD Biel PD L'thal PD Thun PD B'dorf PD I'laken UPD PD Biel PD L'thal PD Thun PD B'dorf PD I'laken Information UPD PD Biel PD L'thal PD Thun PD B'dorf PD I'laken 0% UPD PD Biel PD L'thal PD Thun PD B'dorf PD I'laken 10% Notfälle Abb. 25: Zusammenarbeit mit der teilstationären Psychiatrie nach Leistungserbringer Die Bewertung der ambulanten psychiatrischen Angebote ist sehr ähnlich wie die der teilstationären (Abb. 26). Allerdings wird die Zugänglichkeit für freie Plätze und Dienste in Notfällen als weniger kritisch eingeschätzt (40% mässig bis mangelhaft). sehr gut gut mässig mangelhaft Einschätzung der Qualität der Zusammenarbeit mit der ambulanten Psychiatrie 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% ation m Infor Kolla ti bora on Beha ndlu ng Freie e Plätz Abb. 26: Zusammenarbeit mit der ambulanten Psychiatrie älle Not f -82- Für ambulante Angebote bleibt die UPD häufigster Ansprechpartner, gefolgt von Thun, Burgdorf und Biel (Tab. 28). Tab. 28: Am häufigsten genannte ambulante Angebote Am häufigsten zusammengearbeitete Ambi UPD: 18 (21.4%) PD Langenthal: 4 (4.8%) ambulante Angebote (N= 84) UPD (allg.): 16 (19%) PD Interlaken: 4 (4.8%) PD Thun: 10 (11.9%) amb. Angebot PZM: 4 (4.8%) PD Burgdorf: 8 (9.5%) MOKI Langenthal: 2 (2.4%) PD Biel: 6 (7.1%) andere: 7 (8.3%) KIZ UPD: 5 (6%) Der Vollständigkeit wegen wurden auch hier die Bewertungen nach psychiatrischem Dienst aufgeteilt, wiederum mit der Einschränkung, dass nicht alle Dienste genügend Einschätzende hatten (Abb. 27). Die UPD und der PD Thun zeigen die schlechtesten Beurteilungen, was Informationsfluss und Behandlungsqualität angeht. Die Zugänglichkeit wird in Biel (80%), aber auch in Thun (60%) am meisten bemängelt. Auffallend ist die durchgehend gute bis sehr gute Beurteilung von Langenthal. sehr gut gut mässig mangelhaft 100% Einschätzung der Qualität der Zusammenarbeit mit der amb. Psychiatrie nach Leistungserbringer 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% UPD PD Biel PD L'thal PD Thun PD B'dorf PD I'laken Kollaboration Behandlung Freie Plätze UPD PD Biel PD L'thal PD Thun PD B'dorf PD I'laken UPD PD Biel PD L'thal PD Thun PD B'dorf PD I'laken Information UPD PD Biel PD L'thal PD Thun PD B'dorf PD I'laken 0% UPD PD Biel PD L'thal PD Thun PD B'dorf PD I'laken 10% Notfälle Abb. 27: Zusammenarbeit mit der ambulanten Psychiatrie nach Leistungserbringer -83- Von 115 Psychiaterinnen und Psychiater gaben 98.3% an, mit Hausärzten zusammen zu arbeiten. Wie diese Zusammenarbeit qualitativ bewertet wird, ist in Abb. 28 ersichtlich. Die Einschätzungen fallen sehr positiv aus, indem alle Beurteilungspunkte zu mindestens 80% als gut bis sehr gut beurteilt werden. Aus den Ergebnissen der Stichtagserhebung wissen wir, dass der Hausarzt mit 26.9% als w Zuweiser fungiert. Wenn der behandelnde Psychiater für den Klienten regelmässigen Kontakt zu anderen Akteuren pflegen muss, führt er diesen am zweithäufigsten mit einem Hausarzt (13.5%). Interessanterweise beurteilen Hausärzte aus der Hausarztbefragung die Zusammenarbeit mit den Psychiatern viel weniger positiv. Aus den Hearings ist bekannt, dass Psychiater mit den ihnen bekannten Hausärzten gut zusammenarbeiten, sich aber eher aus formellen Veranstaltungen zurückziehen, um weiteren Kontaktaufnahmen aus dem Weg zu gehen (siehe Anhang 1 e.). sehr gut gut mässig mangelhaft Einschätzung der Qualität der Zusammenarbeit mit Hausärzten 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% on tion lätze lung mati bora hand eie P a r e ll Infor F o B K Abb. 28: Zusammenarbeit mit den Hausärzten älle Not f -84- 5.1.2.3 Teil 3: Beurteilung bestehender Versorgungslandschaften und bestmöglicher Versorgung durch verschiedene Akteure Im dritten Teil der Psychiaterbefragung ging es darum, Meinungen über die bestehende sozialpsychiatrische und rehabilitative Versorgungslandschaft einzuholen und zu erfragen, welche Patientengruppe durch welche psychiatrischen Akteure am besten behandelt werden könnte. 5.1.2.3.1 Sozialpsychiatrische und rehabilitative Versorgung Für die Beurteilung der sozialpsychiatrischen und rehabilitativen Versorgungslandschaft wurde zwischen den Bereichen Arbeit, tagesstrukturierenden Angeboten und Wohnen für temporär und chronisch erkrankte psychiatrische Patienten unterschieden. Gefragt wurde, ob genügend Angebote bestehen und wie sie qualitativ zu beurteilen sind. 115 PsychiaterInnen haben sich dazu geäussert. Insgesamt findet eine Mehrheit der Befragten, dass das Angebot zu klein ist, dabei wird nicht unterschieden wird zwischen temporär und chronisch krank (Abb. 29). Um die 60% der Befragten sehen zuwenig sozialpsychiatrische und rehabilitative Angebote im Kanton Bern, im Gegensatz zu den restlichen 30%, welchen die Anzahl Angebote genügen. 15% finden die Qualität der Angebote mangelhaft, im Bereich Wohnen sind es ca. 7%. genügend Angebote zuwenig Angebote mangelnde Qualität Beurteilung der sozialpsychiatrischen/ rehabilitativen Versorgungslandschaft 100 90 80 70 60 % 50 40 30 20 Arbeit Abb. 29: Beurteilung Versorgungslandschaft Tagesstruktur chronisch krank temp. krank chronisch krank temp. krank chronisch krank 0 temp. krank 10 Wohnen -85- Im Folgenden werden die Beurteilungen, nun nicht mehr nach temporär und chronisch Erkrankten getrennt, dafür nach Regionen Bern (n=64), Seeland (n=14), Emmental (n=9), Oberaargau (n=8), und Oberland (n=19). Bezüglich Arbeit nehmen 50 bis 75% aller Befragten einen Mangel an Angeboten auf, der höchste Wert in der Region Emmental. Tagesstrukturierende Angebote werden in den Regionen Emmental, Oberaargau und Oberland etwa gleich häufig als genügend und als ungenügend eingeschätzt während in den restlichen Regionen die Haltung überwiegt, es habe zuwenig Angebote. Bezüglich Wohnangebote fällt die hohe Zufriedenheit auf im Oberaargau mit 75% der Einschätzungen als genügend. Dar Anteil an mangelhafte Qualität der Angebote differenziert hingegen nicht zwischen den Regionen (Abb. 30). Angebote Tagesstruktur Oberland Emmental Oberaargau Bern Seeland Oberland Emmental Oberaargau Bern Angebote Arbeit Seeland Oberland Oberaargau Seeland Emmental 100 90 80 70 60 % 50 40 30 20 10 0 Beurteilung der sozialpsychiatrischen/rehabilitativen Versorgungslandschaft nach Region Bern genügend Angebote zuwenig Angebote mangelnde Qualität Angebote Wohnen Abb. 30: Beurteilung Versorgungslandschaft nach Region Diese Resultate widerspiegeln einige Äusserungen der interviewten PsychiaterInnen in den Hearings (Anhang 1 b.): Unter „Veränderungen des Berufsalltags“ ist von einem härter gewordenen Arbeitsklima in der freien Marktwirtschaft die Rede, welches Mobbing- und Burnout-Opfer in die Praxis bringt. Nischenarbeitsplätze für psychisch Behinderte seien seltener geworden. Für ambulante und teilstationäre Dienste wünschen sich die Interviewten mehr niederschwellige tagesstrukturierende Angebote, welche auch für Nicht-IV-Empfänger zugänglich sein sollten. Über den Wunsch nach mehr Wohnangeboten ist weniger die Rede. Obwohl das Fehlen von Wohnangeboten gleichermassen bemängelt wird wie dasjenige für Arbeits- und Tagesstrukturangebote, muss festgehalten werden, dass sich der Stichtagserhebung nur 5.6% der Patienten in einem Wohn- oder Altersheim oder einer sozialmedizinischen Institution befinden. Der Grossteil der Klientel lebt zuhause, dort liegt wohl auch der Fokus der befragten PsychiaterInnen. -86- 5.1.2.3.2 Beurteilung bestmöglicher Versorgung verschiedener Patientengruppen In einem nächsten Schritt ging es darum zu erfahren, für welche Gruppen von Patienten sich die befragten PsychiaterInnen am ehesten zuständig fühlen und welche sie bei anderen psychiatrischen Versorgungsanbietern besser behandelt sehen. 92 gaben hierzu eine Antwort. Die PsychiaterInnen mussten dabei beantworten, welche von fünf Behandlungsangeboten sehr, eher, eher nicht oder gar nicht gut geeignet sind. Bewertet wurden die eigene Praxis, andere psychiatrische Praxis, institutionell ambulante Angebote, die Hausarzt-Praxis und die Versorgung durch delegierte Psychotherapeuten. In Abb. 31 bis Abb. 34 wird für die unterschiedlichen Störungsbilder jeweils der Anteil der sehr gut geeigneten Anbieter dargestellt. Über alle Beurteilungen hinweg empfinden die PsychiaterInnen ihre Praxiskollegen als etwas geeigneter als sie selbst. Weiter werden die Delegierten PsychotherapeutInnen mehrheitlich am schlechtesten eingeschätzt. Abb. 31 zeigt die einzelnen Antwortmuster für unterschiedliche Ausprägungen von schizophrenen Patienten. eigene Praxis andere Praxis inst. ambulant Hausarzt del. Psychologe Geeignetste psychiatrische Versorgungsanbieter (Schizophrenie) 100 90 80 70 60 % 50 40 30 20 10 0 Stö 1: Stö 2: Stö 3: Stö 1 Stö 2 Stö 3 Chronische Schizophrenie mit Negativsymptomatik, sozial gut integriert Akute Schizophrenie mit Positivsymptomatik Chronische Schizophrenie mit Negativsymptomatik und Suchtproblematik, Chronische Schizophrenie mit Negativsymptomatik und eingeschränkter Fähigkeit, für sich zu sorgen, Chronische Schizophrenie mit Negativsymptomatik, sozialen und finanziellen Probleme, Akute Schizophrenie mit Positivsymptomatik und hohem Bedarf an Krisenversorgung und Integrationsarbeit (Eltern, IV) Abb. 31: Geeignetste Versorgungsanbieter bei Schizophrenie Für die Störungsgruppe 1, sozial gut integrierte chronische Schizophrenie mit Negativsymptomatik, werden sowohl Psychiater als auch institutionelle Versorger etwa gleichermassen -87- als am geeignetsten für eine adäquate Behandlung eingeschätzt. Bei Störungsgruppe 2, akute Schizophrenie mit Positivsymptomatik, wird das institutionelle Angebot für eine Behandlung als besser geeignet erachtet. Noch deutlicher sind die Unterschiede für die Störungsgruppe 3, verschiedene Arten von Schizophrenie, welche vermehrt nach aussen gerichtete und vernetzende Aktivitäten des Therapeuten erfordern. Für die in Abb. 32 zusammengestellten Störungsgruppen fühlen sich die PsychiaterInnen am meisten zuständig und es zeigen sich weniger starke Unterschiede zwischen den Behandelnden. eigene Praxis andere Praxis inst. Ambulant Hausarzt del. Psychologe Geeignetste psychiatrische Versorgungsanbieter (hohe Zuständigkeit) 100 90 80 70 60 % 50 40 30 20 10 0 Stö 4: Stö 5: Stö 6: Stö 4 Stö 5 Stö 6 Gerontopsychiatrische Patienten ohne kognitive Einschränkungen Patienten mit schweren Persönlichkeitsstörungen Patienten mit somatoformen Störungen Abb. 32: Geeignetste Versorgungsanbieter: hohe Zuständigkeit der PsychiaterInnen Für die Störungsgruppe 4, gerontopsychiatrische Patienten ohne kognitive Einschränkungen, werden, mit deutlichen Einschränkungen bei den Delegierten Psychologen, alle Behandelnden als kompetent angesehen. Solche Patienten finden sich allerdings in hoher Anzahl weder in der Stichtagserhebung (5.9% sind über 65-jährig), noch in den häufigsten Diagnosegruppen der Hearings. Dort ist aber die Rede (unter j.), dass man solche Patienten gerne sehen würde, diese aber lange beim Hausarzt bleiben, von Familie getragen oder dann im Heim landen würden. Bei den Konsiliardiensten wären aber 50% der Klienten über 65-jährig, Bedarf wäre da. -88- Auch für schwere Persönlichkeitsstörung, Störung 5, fühlen sich die PsychiaterInnen zuständig. Mit 14% in der Stichtagserhebung ist diese Diagnose relativ häufig vertreten, in den Hearings ist sogar von im Schnitt 30% der Klientel die Rede (siehe a.). Für somatoforme Störungen halten sich Psychiaterinnen und Psychiater als am ehesten zuständig. Diese Patientengruppe macht nach Aussagen in den Hearings etwa 40% der Klientel aus. Die Auswertungen der Stichtagserhebung zeigen 27.5% an neurotischen Störungen. So fühlen sich die Befragten für Störungen 5 und 6 nicht nur zuständig, sie sehen sie auch tatsächlich häufig in ihren Praxen. Abb. 33 zeigt Störungsbilder, bei denen die Befragten ihre Zuständigkeit am niedrigsten beurteilen. eigene Praxis andere Praxis inst. Ambulant Hausarzt del. Psychologe Geeignetste psychiatrische Versorgungsanbieter (niedrige Zuständigkeit) 100 90 80 70 60 % 50 40 30 20 10 0 Stö 7 Stö 8 Stö 9 Stö 10 Stö 11 Stö 7: Stö 8: Stö 9: Gerontopsychiatrische Patienten mit kognitiven Einschränkungen Patienten mit somatoformen Störungen und schlechten Deutschkenntnissen Patienten mit schweren Persönlichkeitsstörungen und anhaltender psychischer Instabilität (Suizidalität und Erregungszustände) Stö 10: Patienten mit schweren Persönlichkeitsstörungen und Suchtproblematik Stö 11: Patienten mit schweren Abhängigkeitserkrankungen Abb. 33: Geeignetste Versorgungsanbieter: niedrige Zuständigkeit der PsychiaterInnen Sobald gerontopsychiatrische Patienten kognitive Einschränkungen aufweisen, somatoforme Patienten schlecht deutsch sprechen, F6-Patienten anhaltend instabil sind, oder eine Suchtproblematik im Vordergrund steht, werden die institutionellen ambulanten Angebote als zuständig angesehen. Auch der Hausarzt oder delegierte PsychotherapeutInnen werden als weniger zuständig eingeschätzt. Diese Beurteilungen widerspiegeln wiederum jene aus den Hearings: unter b., Veränderungen des Alltags, werden mehr somatoforme Fälle beobachtet -89- als früher, komplexer mit Sprachschwierigkeiten und oftmals mit wenig Heilungserfolgen verbunden. Diese Veränderungen machen den Psychiatern in der Praxis zu schaffen. So würden Suchtpatienten, auch mit Persönlichkeitsveränderungen und schwerste Persönlichkeitsstörungen mit hoher Gewaltbereitschaft den Rahmen der psychiatrischen Praxis sprengen (unter j.). Daraus kann geschlossen werden, dass die Bereitstellung von ambulanten institutionellen Angebote mit erhöhter Netzwerkarbeit und zusätzliche Behandlungsmethoden (Gruppenangebote, etc.) für komorbide Patienten als notwendig erscheint, da sich die befragten PsychiaterInnen dazu weniger befähigt fühlen. O-Ton Hearings: „Komplexe Erkrankungen können in einem Zentrum besser abgeklärt werden“ (unter d.). Zudem haben die Patienten aus der Stichtagserhebung zu nur 3.6% eine F1-Diagnose, was Beurteilung der Störungsgruppe 11 erklärbar macht. In Abb. 34 werden Aufgabengruppen zusammenstellt, welche ungeachtet der Diagnose unterschiedliche Arten von Netzwerkarbeit nötig machen. eigene Praxis andere Praxis inst. Ambulant Hausarzt del. Psychologe Geeignetste psychiatrische Versorgungsanbieter (nach Aufgabengruppen) 100 90 80 70 60 % 50 40 30 20 10 0 Auf 1: Auf 2: Auf 3: Auf 4: Auf 5: Auf 6: Auf 1 Auf 2 Auf 3 Auf 4 Auf 5 Auf 6 Erhalt des Arbeitsplatzes, häufige Kontakte mit Arbeitgeber notwendig Beschaffung eines Arbeitsplatzes, häufige Kontakte mit IV-Stelle/RAV notwendig Unterstützung bei der Lebensführung und dadurch häufige Kontakte mit Hilfesystem (Wohnbegleitung, Sozialdienst, Vormund, etc.) notwendig Überwinden von sozialer Desintegration; Aufbau einer Tagesstruktur Case-Management Aufgaben/Vernetzungsarbeit Unterstützung des Patienten in seinen familiären Strukturen und dadurch häufige Kontakte mit Angehörigen notwendig Abb. 34: Geeignetste Versorgungsanbieter nach Aufgabengruppen -90- Bei allen Aufgaben wurde die institutionellen Anbieter als eindeutig am meisten zuständig erklärt. Für die Aufgabe 1, Erhalt des Arbeitsplatzes inkl. Notwendigkeit häufiger Kontakte mit Arbeitgebern, und Aufgabe 6, Unterstützung des Patienten in seinen familiären Strukturen mit häufigen Kontakten mit Angehörigen, waren aber die Unterschiede zur eigenen Zuständigkeit am geringsten. Kontakte mit Arbeitgebern und Angehörigen bilden Teil des Berufsalltags, was auch aus der Stichtagbefragung hervorgeht (regelmässiger Kontakt mit Angehörigen 15.4%, mit Arbeitgeber 3.3%). In den Hearings ist das Thema Erhaltung eines Arbeitsplatzes stark diskutiert (siehe b. und l.). Hingegen werden die ambulanten Institutionen klar bevorzugt, wenn sozialarbeiterische Kompetenzen gefragt sind. Doch auch für diese Aufgaben werden Hausarzt und delegierte PsychotherapeutInnen als noch weniger zuständig eingeschätzt als die Psychiater selbst. Die Befragten anerkennen, dass Hausärzte wohl keine zeitlichen Kapazitäten dafür zur Verfügung haben. -91- 5.1.2.4 Teil 4: Patienten in den psychiatrischen Praxen) 5.1.2.4.1 Daten der Stichtagbefragung Im für die Befragten aufwändigsten Teil der Psychiaterbefragung, der Stichtagserhebung, konnten Daten von 500 Patienten gesammelt werden, und zwar zu personellen, sozioökonomischen, praxisbezogenen, und anamnestischen Fragen, ebenfalls zur Medikation, Diagnose und psychosozialem Funktionsniveau. In dieser Reihenfolge werden die Ergebnisse auch vorgestellt. Aus welcher MS-Region, auch im Vergleich zum Standort der Praxis, die Patienten stammen, ist in Tab. 29 sichtbar. Tab. 29: Einzugsgebiet und psychiatrische Vergangenheit der Patienten MS-Region (N= 494) 11 Bern: 223 (45.1%), 18 Aaretal: 17 (3.4%) 12 Erlach-Seeland: 11 (2.2%) 19 Schwarzwasser: 4 (0.8%) 13 Biel: 40 (8.1%) 20 Thun: 64 (13%) 14 Jura bernois: 6 (1.2%) 22 Kandertal: 3 (0.6%) 15 Oberaargau: 28 (5.7%) 23 Oberland Ost: 14 (2.8%) 16 Burgdorf: 33 (6.7%) ausserkantonal: 47 (9.5%) 17 Oberes Emmental: 4 (0.8%) Patienteneinzugsgebiet nach Praxisstandort Vergangene Aufenthalte in Psychiatrie MS 11 (N=288): Ø-MS 11 (N=206): Bern: 211 (73.3%) 12 (5.8%) Seeland: 13 (4.5%) 44 (21.4%) Emmental: 7 (2.4%) 30 (14.6%) Oberaargau: 4 (1.4%) 24 (11.7%) Oberland: 27 (9.4%) 75 (36.4%) ausserkantonal: 26 (9%) 21 (10.2%) stationär (N=498): teilstationär (N=479): ambulant (N=476): ja: 213 (43.6%) 88 (18.4%) 149 (31.3%) einmal: 84 (17.2%) 2-3 Mal: 85 (17.4%) 4-10 Mal: 37 (7.6%) >10 Mal: 7 (1.4%) -92- 43.6% der Patienten wurden bereits stationär, 18.4% teilstationär und 31.3% ambulant behandelt. Je die Hälfte hatten als Behandlungsziel der Therapie Stabilisierung (51.8%), bzw. Heilung (48.1%). Zusammen formen diese Variablen die in Tab. 30 dargestellten vier Gruppen, welche sich in verschiedenen Auswertungen als trennscharf für viele der untersuchten Variablen erwiesen haben. Tab. 30: Unterteilung in vier Gruppen nach Ziel der Behandlung und (teil-) stat. Vergangenheit Total Stabilisierung Heilung (teil-)stat. Vergangenheit 229 (47.1%) 156 (32.1%) 73 (15.0%) keine (teil-)stat. Vergangenheit 257 (52.9%) 96 (19.8%) 161 (33.1%) Total 486 (100%) 252 (51.9%) 234 (48.1%) Im Folgenden Text werden die Gruppen folgendermassen bezeichnet: Dunkelgelb (oben links) ist die Gruppe mit schlechter Prognose ((teil-)stationäre Vergangenheit, Ziel Stabilisierung: VS), dunkelgrün (unten rechts) die die Gruppe mit guter Prognose (Keine (teil-)stationäre. Vergangenheit, Ziel Heilung: KH) dargestellt. Die Gruppen Keine (teil-)stationäre Vergangenheit, Ziel Stabilisierung (KS) und (teil-)stationäre Vergangenheit, Ziel Heilung (VH) bilden diejenigen Patienten mit einer mitteleren Prognose ab (Tab. 31). Tab. 31: Bezeichnung der vier Gruppen nach Ziel der Behandlung und (teil-) stat. Vergangenheit Stabilisierung Heilung (teil-)stat. Vergangenheit VS VH Keine (teil-)stat. Vergangenheit KS KH Die Resultate wurden statistisch abgesichert, indem eine nonparametrische SpearmanKorrelation zwischen den dreigestuften Schweregrad VS – KS/VH – KH und der Zielvariable geerechnet wurde. -93- Die Patienten in Gruppe KH sind wesentlich jünger als in den beiden Stabilisierungsgruppen, in VS sind mit 9% die meisten über 65-Jährige zu finden. Gesamthaft behandeln die Psychiater in dieser Stichprobe nur vereinzelt über 65-Jährige, was den Hearing-Ergebnissen gleicht (Anhang 2 unter j). Ihre Klientel ist zu 70% weiblich, bei KH sogar 76%, die meisten Klienten sind mündig, nur die PatientInnen von VS haben zu 16% einen Beistand oder einen Vormund (ρ = .281, p< 0.01), und zu 90% Schweizer (Tab. 32) Der dreigestufte Schweregrad korreliert signifikant mit dem Alter (Spearman ρ = -.182, p< .01). Tab. 32: Demographische Angaben Alter Kennwert Stabilisierung Heilung N 495, MW 43.5, Med 42, SD 13.3, R 18-89 MW 45.7, Med 45, SD 13.5, R 19-89 MW 41, Med 40, SD 11.9, R 19-69 MW 47.3, Med 46, MW 39.6, Med 39, SD 13.3, R 20-84 SD 12.0, R 18-75 14 (9%) 2 (2.8%) 6 (6.2%) 5 (3.1%) weiblich: N 499, 345 (69.1%) 103 (66%) 52 (71.2%) 60 (62.5%) 122 (75.8%) mündig: N 497, 470 (94.6%) 130 (84.4%) 72 (98.6%) 96 (100%) 161 (100%) Beistandschaft/ Vormundschaft: 27 (5.4%) 24 (15.5%) 1 (1.4%) 0 (0%) (0,0%) Schweizer: N 492, 439 (89.2%) 142 (91%) 66 (91.7%) 83 (86.5%) 137 (88.4%) > 65-jährig: 29 (5.9%) Geschlecht Mündigkeit Nationalität -94- Bezüglich Wohnsituation (Tab. 33), zeigt die Gruppe VH im Vergleich zu den anderen den höchsten Anteil an allein oder allein mit Kindern wohnen und den niedrigsten Anteil wohnen mit Ehepartner. Die Gruppe VS zeigt demgegenüber den höchsten Anteil an Wohnen mit Unterstützung. Sozialer Rückzug (ρ = -.262, p< 0.01), Vorhandensein einer Vertrauensperson haben (ρ = .159, p< 0.01), unzuverlässigem Therapiebesuch (ρ = -.176, p< 0.01), und Verwahrlosung (ρ = -.091, p< 0.05) korrelieren signifikant mit dem dreigestuften Schweregrad. Tab. 33: Sozialstatus Wohnsituation Weiteres zum Sozialstatus Gesamt Stabilisierung Heilung zuhause allein: N 499, 174 (34.9%) 56 (35.9%) 31 (42.5%) 34 (35.4%) 50 (31.1%) zuhause mit Ehepartner: 137 (27.5%) 33 (21.2%) 13 (17.8%) 31 (32.3%) 55 (34.2%) zuhause mit Kinder (ohne Ehepartner): 48 (9.6%) 15 (9.6%) 9 (12.3%) 7 (7.3%) 16 (9.9%) zuhause mit anderen: 112 (22.4%) 36 (23.1%) 18 (24.7%) 19 (19.8%) 36 (22.4%) zuhause/Heim mit Unterstützung: 28 (5.6%) 16 (10.3%) 2 (2.7%) 5 (5.2%) 4 (2.5%) Verwahrlosung heute: N 498, 15 (3%) 7 (4.5%) 1 (1.4%) 6 (6.3%) 1 (0.6%) Unzuverlässiger Therapiebesuch: N 492, 55 (11.2%) 26 (16.9%) 4 (5.6%) 20 (21.3%) 5 (3.1%) Sozialer Rückzug: N 495, 122 (24.6%) 59 (38.1%) 17 (23.3%) 29 (30.5%) 16 (10%) Keine Vertrauensperson: N 494, 94 (19%) 41 (26.3%) 15 (20.5%) 21 (22.3%) 17 (10.7%) Der Schweregrad der Beeinträchtigung hat auch für Ausbildungs- und weitere sozioökonomische Variablen einen grossen Einfluss, wie Tab. 34 anschaulich zeigt. Die Gruppe KH zeigt einen hohen Ausbildungsgrad, die höchste Erwerbstätigkeit und die niedrigste Arbeitslosigkeit. Der dreigestufte Schweregrad korreliert signifikant mit der höchsten abgeschlossenen Ausbildung (ρ = .282, p< 0.01), der Erwerbstätigkeit (ρ = .417, p< 0.01), dem Leben am Exis- -95- tenzminimum (ρ = -.267, p< 0.01), dem Leben von öffentlicher Fürsorge (ρ = -.271, p< 0.01) und bei der Verschuldung (ρ = -.129, p< 0.01). Tab. 34: Sozioökonomischer Status Höchste abgeschlossene Ausbildung Arbeitsituation Weiteres zum sozioökonom. Status Gesamt Stabilisierung Heilung keine: N 499, 29 (5.8%) 15 (9.6%) 2 (2.7%) 8 (8.3%) 3 (1.9%) Schule, Lehre: 273 (54.7%) 107 (68.6%) 36 (49.3%) 48 (50%) 74 (46%) Maturität: 32 (6.4%) 10 (6.4%) 7 (9.6%) 6 (6.3%) 9 (5.6%) Höhere Fachschule: 100 (20%) 15 (9.6%) 18 (24.7%) 24 (25%) 40 (24.(%) Universität: 65 (13%) 9 (5.8%) 10 (13.7%) 10 (10.4%) 35 (21.7%) voll- /teilzeit erwerbstätig: N 499, 233 (46.6%) 32 (20.5%) 40 (54.8%) 38 (39.6%) 116 (72%) arbeitslos: 58 (11.6%) 18 (11.5%) 13 (17.8%) 16 (16.7%) 10 (6.2%) Hausarbeit: 26 (5.2%) 5 (3.2%) 1 (1.4%) 8 (8.3%) 11 (6.8%) in Ausbildung: 30 (6%) 5 (3.2%) 5 (6.8%) 4 (4.2%) 16 (9.9%) geschützte Beschäftigung/ Rehaprogramm: 33 (6.6%) 16 (10.3%) 9 (12.3%) 6 (6.3%) 2 (1.2%) Rente: 119 (23.8%) 80 (51.3%) 5 (6.8%) 24 (25%) 6 (3.7%) Leben bei Existenzminimum: N 493, 150 (30.4%) 69 (44.8%) 25 (34.2%) 32 (34%) 23 (14.4%) Leben von öffentlicher Fürsorge: N 497, 101 (20.3%) 51 (32.7%) 20 (27.4%) 21 (22.1%) 9 (5.6%) Verschuldet sein: N 473, 69 (14.6%) 26 (17.2%) 11 (15.9%) 23 (25.8%) 9 (5.9%) Unregelm. Bezahlung der Therapie: N 478, 44 (9.2%) 15 (9.9%) 10 (13.9%) 12 (13%) 7 (4.6%) -96- Tab. 35 zeigt die Variablen zur Behandlung. Die Behandlungsdauer muss jedoch mit Vorsicht interpretiert werden, es umfasst die Zeit ab der ersten Behandlung und kann damit verschiedene Behandlungsepisoden umfassen. Die Gruppe VS hat die längste durchschnittliche Behandlungsdauer von fast 4 Jahren und auch die längste voraussichtliche weitere Behandlungszeit von nochmals fast 4 Jahren; dies im Kontrast zur Gruppe KH mit jeweils etwa 1 ½ Jahren. Auch der regelmässige Kontakt mit andern Akteuren ist in der Gruppe VS am häufigsten. Dies führt zu signifikanten Zusammenhängen des dreigestuften Schweregrades mit der Behandlungsdauer in der Praxis (ρ = -.288, p< 0.01), der Konsultationsdauer (ρ = .186, p< 0.01), und der Anzahl Konsultationen pro Monat (ρ = .145, p< 0.01) sowie der voraussichtlichen zukünftigen Behandlungsdauer (ρ = -.565, p< 0.01). Tab. 35: Behandlung Praxisarbeit Gesamt Stabilisierung Heilung Behandlung in Praxis (Monate): N 489, MW 33.5, Median 18, SD 46.6, R 0-480 N 151, MW 45.7, Med 28, SD 53.1, R 1-312 N 72, MW 31.7, Med 17, SD 59.6, R 1-480 N 95, MW 38.3, Med 33, SD 34.7, R 1-140 N 161, MW 19.8, Med 8, SD 32.1, R 0-288 Dauer der Konsultation (Minuten): N 495, MW 52, Median 50, SD 11.2, R 11-90 N 155, MW 49.2, Med 50, SD 12.0, R 11-85 N 73, MW 52.4, Med 50, SD 9.5, R 30-75 N 96, MW 52.0, Med 50, SD 10.8, R 20-85 N 161, MW 54.7, Med 55, SD 10.5, R 20-90 N 155, MW 2.3, Med 2, SD 1.5, R 0.3-8 N 70, MW 2.9, Med 2, SD 2.3, R 0.3-16 N 94, MW 2.4, Med 2, SD 1.5, R 0-8 N 161, MW 2.9, Med 2, SD 2.1, R 0.2-16 N 152, MW 45.7, Med 48, SD 17.7, R 3-60 N 70, MW 24.5, Med 18, SD 19.1, R 3-60 N 94, MW 28.0, Med 18, SD 19.5, R 3-60 N 161, MW 16.5, Med 7.5, SD 14.8, R 3-60 Hausarzt: N 495, 67 (13.5%) 32 (20.5%) 6 (8.3%) 14 (14.7%) 14 (8.7%) Angehörige: 76 (15.4%) 28 (17.9%) 10 (13.9%) 14 (14.7%) 21 (13%) Sozialdienst: 17 (3.4%) 10 (6.4%) 2 (2.7%) 2 (2.1%) 2 (1.2%) Arbeitgeber: 16 (3.2%) 6 (3.8%) 4 (5.5%) 3 (3.2%) 3 (1.9%) Wohnheim, andere: 53 (10.7%) 28 (17.9%) 8 (11.1%) 8 (8.5%) 8 (5%) Anzahl Konsultationen im Monat: N 489, MW 2.7, Median 2, SD 2.6, R 0-16 Voraussichtliche Dauer der Behandlung in Monate: Regelmässiger Kontakt -97- Tab. 36 zeigt, dass die Gruppe KH vornehmlich selbst oder vom Hausarzt kommt. Dies gilt in umgekehrter Priorität auch für die Gruppe VH. Auch bei den Patienten mit stationärer Vergangenheit gibt es viele Selbstanmeldungen, etwa ein Viertel der Zuweisungen erfolgt durch die behandelnde (teil-)stationäre Institution. Beeindruckend ist der hohe Anteil von Patienten mit körperlicher und/oder sexueller Gewalterfahrung, aber auch die vielen Zeichen von Verwahrlosung in allen Gruppen. Im Mittel beginnt die psychiatrische Behandlung mit 29-35 Jahren. Der dreigestufte Schweregrad korreliert signifikant mit der körperlichen Gewalterfahrung (ρ = -.131, p< 0.01), Verwahrlosung in der Anamnese (ρ = -.176, p< 0.01) und sexueller Gewalterfahrung (ρ = -.225, p< 0.01). Tab. 36: Erstkontakt und Anamnese Erstkontakt für Therapie durch Anamnese Gesamt Stabilisierung Heilung Patient selbst: N 494, 206 (41.7%) 49 (31.6%) 31 (42.5%) 33 (34.4%) 86 (53.4%) Hausarzt: 133 (26.9%) 30 (19.4%) 12 (16.4%) 41 (42.7%) 51 (31.7%) Angehörige: 29 (5.9%) 10 (6.5%) 2 (2.7%) 8 (8.3%) 7 (4.3%) med. Inst (teil-)stat.: 57 (11.5%) 35 (22.6%) 19 (26%) 2 (2%) - med. Inst. amb.: 24 (4.9%) 12 (7.7%) 2 (2.7%) 3 (3.1%) 7 (4.3%) nichtärztl. Inst., Behörde, andere: 45 (9%) 19 (12.3%) 7 (9.5%) 9 (9.4%) 10 (6.2%) Körperliche Gewalterfahrung: N 446, 167 (37.4%) 61 (43%) 27 (39.7%) 38 (45.2%) 41 (27.5%) Sexuelle Gewalterfahrung: N 406, 102 (25.1%) 47 (37.3%) 18 (28.6%) 17 (23%) 18 (13.2%) Verwahrlosung in Anamnese: N 485, 114 (23.5%) 48 (31%) 25 (34.2%) 21 (22.8%) 20 (12.6%) Erste psychiatrische Behandlung (Alter in Jahren): N 477, MW 31.8, Med 30, SD 14.7, R 0-82 N=152, MW 28.8, Med 25, SD 13.7, R 3-71 N=70, MW 31.3, Med 28, SD 13.2, R 9-63 N=89, MW 35.3, Med 35, SD 17.0, R 3-82 N=154, MW 32.6, Med 32, SD 14.0, R 0-73 -98- Abb. 35 zeigt die Aufteilung nach Diagnosen. Klar am häufigsten behandeln die Psychiater in dieser Stichtagserhebung affektive Störungen, gefolgt von neurotischen Störungen. Persönlichkeits- und schizophrenen Störungen sind deutlich seltener während Sucht und andere Störungen unter 10% liegen. Die Hearing-Ergebnisse (Anhang 2 a, b, c.) bestätigen diese Verteilung. F1 Diagnosen 14% 6% 4% 11% F2 F3 F4 F6 andere 28% 37% Abb. 35: Diagnose Die Aufteilung der Diagnosen nach Gruppen ist in Tab. 37 zusammengestellt. Auch wenn es deutliche Unterschiede zwischen den Gruppen gibt, kommen alle Diagnosen in allen Gruppen vor. Am auffälligsten ist der hohe Anteil an Schizophrenie in der Gruppe VS. Diese Häufung zeigt sich auch in der Gabe von Psychopharmaka, insbesondere Neuroleptika. Dabei weist die Gruppe VH den höchsten CPZ-Wert bei Neuroleptika auf, offensichtlich handelt es sich bei diesen (nur) 9 Patienten um relativ akute, nicht chronifzierte Patienten. -99- Tab. 37: Diagnose und Medikation Diagnose (ICD-10) Psychopharmaka CPZ Summe bei NeuroleptikaEinsatz Kumulierung der wichtigsten drei Psychopharmaka Gesamt Stabilisierung Sucht (F1): N 494, 18 (3.6%) 7 (4.5%) 8 (11%) 3 (3.1%) - Schizophrenie (F2): 55 (11.1%) 41 (26.5%) 8 (11.%) 4 (4.2%) 1 (0.6%) Affektive Störungen (F3): 187 (37.9%) 59 (38.1%) 37 (50.7%) 35 (36.5%) 54 (33.8%) Neurotische Störungen (F4): 136 (27.5%) 16 (10.3%) 8 (11%) 29 (30.2%) 78 (48.8%) Persönlichkeitsstörungen (F6): 69 (14%) 22 (14.2%) 9 (12.3%) 20 (20.8%) 18 (11.3%) andere: 29 (5.9%) 10 (6.5%) 3 (4.1%) 5 (5.2%) 9 (5.6%) wird verabreicht: N 490, 387 (79%) 150 (97.4%) 61 (83.6%) 68 (71.6%) 103 (64.8%) Antidepressiva: N 490, 296 (60.4%) 99 (64.3%) 48 (65.8%) 61 (64.2%) 85 (53.5%) Neuroleptika: 125 (25.5%) 82 (53.2%) 21 (28.8%) 15 (15.8%) 8 (5%) Tranquilizer: 94 (19.2%) 38 (24.7%) 16 (21.9%) 24 (25.3%) 15 (9.4%) Depot Neuroleptika: 8 (1.6%) 8 (5.2%) - - - andere: 113 (23.1%) 55 (35.9%) 16 (21.9%) 17 (17.9%) 24 (15.1%) N 66, MW 282.2, Median 200, SD 252.2, R 3.4-1198 N 47, MW 292.1, Med 200, SD 230.9, R 12.5-800 N 9, MW 368.2, Med 200, N 7, MW 145.7, Med 50, SD 210.8, R 3.4-600 N 3, MW 188.9, Med 66.7, SD 241.2, R 33.3-466.7 Neuroleptika, Antidepressiva, Tranquilizer: N 490, 27 (5.5%) Neuroleptika, Antidepressiva: 40 (8.2%) Neuroleptika, Tranquilizer: 9 (1.8%) Antidepressiva, Tranquilizer: 49 (10%) Heilung SD 363.5, R 50-1198 Nur Neuroleptika: 50 (10.2%) Nur Antidepressiva: 180 (36.7%) Nur Tranquilizer: 9 (1.8%) keine der drei: 126 (25.7%) -100- Das psychosoziale Funktionsniveau (Tab. 38) mittels GAF zeigt mit einem durchschnittlichen Wert von 50 ein gesamthaft niedriges Level zu Beginn der Erkrankung und eine allgemeine Steigerung um 15 Punkte während der (noch nicht abgeschlossenen) Behandlung. Die Gruppe VS zeigt auch hier auffällig niedrigere Werte im Vergleich zu den anderen Gruppen. Die Verbesserung ist in den Heilungsgruppen mit 15 bzw. 25 Punkten deutlich höher als in den Stabilisierungsgruppen mit 15 bzw. 12 Punkten. Der CGI zu Beginn der Behandlung, mit den Werten 0 bis 7, je höher desto schwerer erkrankt, und CGI Veränderung, je tiefer der Wert desto positiver die Veränderung, zeigt eine vergleichbare Struktur. Der dreigestufte Schweregrad korreliert mit dem GAF zu Beginn der Behandlung (ρ = .377, p< 0.01) und dem GAF während der Behandlung (ρ = .443, p< 0.01. Der ähnliche Zusammenhang zeigt sich auch mit dem CGI zu Beginn der Behandlung (ρ = .328, p< 0.01) und demjenigen während der Behandlung (ρ = .260, p< 0.01). Tab. 38: Psychosoziales Funktionsniveau Psychosoziales Funktionsniveau: Psychosoziales Funktionsniveau: Gesamt Stabilisierung Heilung GAF zu Beginn der Behandlung: N 468, MW 49.3, Med 50, SD 15.3, R 10-100 N 148, MW 43.1, Med 43.5, SD 12.9, R 10-75 N 69, MW 46.3, Med 45, SD 16, R 11-100 N 90, MW 48.1, Med 46.5, SD 14.7, R 10-90 N 152, MW 57.0, Med 55, SD 13.9, R 28-100 GAF während Behandlung: N 463, MW 64.2, Med 65, SD 15.7, R 21-100 N 148, MW 55.4,Med 55.5, SD 13.4, R 21-90 N 69, MW 70.0, Med 70, SD 14.6, R 40-100 N 88, MW 61.2, Med 60, SD 14.8, R 25-95 N 150, MW 72.0, Med 70, SD 13.0, R 38-100 Differenz GAF Beginn und während Behandlung: N 462, MW 15.0, Med 13, SD 13.5, R -40-70 N 147, MW 12.3, Med 10, SD 13.4, R -40-51 N 69, MW 23.4, Med 22, SD 14.5, R -10-70 N 88, MW 13.26, Med 11.5, SD 12.5, R -20-55 N 150, MW 15.0, Med 12.5, SD 12.0, R -16-52 CGI zu Beginn der Behandlung: N 482, MW 5.0, Med 5, SD 1.0, R 2-7 N 153, MW 5.4, Med 5, SD 0.9, R 2-7 N 73, MW 5.1, Med 5, SD 1.0, R 2-7 N 93, MW 5.0, Med 5, SD 1.0, R 2-7 N 154, MW 4.5, Med 5, SD 1.0, R 2-6 CGI Veränderung: N463, MW 2.5, Med 2, SD 1.0, R 1-6 N 148, MW 2.7, Med 3, SD 1.0, R 1-6 N 71, MW 2.1, Med 2, SD 0.7, R 1-4 N 91, MW 2.8, Med 3, SD 1.0, R 1-6 N 146, MW 2.2, Med 2, SD 0.9, R 1-6 -101- Um das psychosoziale Funktionsniveau gesamthaft und aufgeteilt nach Diagnosen darzustellen, wurden die folgenden Grafiken erstellt. Unabhängig von der Diagnose nimmt der GAF im Laufe der Behandlung zu (Abb. 36). GAF zu Beginn Global Assessment of Functioning nach Diagnosegruppen GAF während 100 90 80 70 60 % 50 40 30 20 10 0 F1 F2 F3 F4 F6 Diagnosengruppen Abb. 36: GAF zu Beginn und während Behandlung andere Total -102- Der CGI zu Beginn der Behandlung zeigt den höchsten Schweregrad bei den F2- und den niedrigsten bei den F4 Diagnosen (Abb. 37). Insgesamt waren zu Beginn der Behandlung etwa 70% aller Patienten mindestens deutlich krank, was einer erheblichen Beeinträchtigung entspricht. CGI nach Diagnosengruppe zu Beginn der Behandlung Grenzfall leicht krank mässig krank 100% 90% 80% 70% deutlich krank schwer krank extrem schwer krank 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% F1 F2 F3 Abb. 37: CGI zu Beginn der Behandlung nach Diagnose F4 F6 andere Total -103- Aufgeteilt nach Schweregrad zu Beginn der Behandlung zeigt sich eine relativ homogene Veränderung (Abb. 38). sehr viel besser viel besser nur wenig besser unverändert etwas schlechter viel schlechter Veränderung des CGI durch Behandlung 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% CGI während Behandlung 30% 20% 10% 0% Grenzfall leicht krank mässig krank deutlich krank schwer krank extrem schwer krank CGI zu Beginn der Behandlung Abb. 38: CGI Verbesserung während Behandlung nach CGI zu Beginn 5.1.2.4.2 Vergleich der Psychiaterdaten mit der Krankenhausstatistik MedStat 2008 In einem nächsten Schritt werden die Patienten der Stichtagserhebung mittels einiger Variablen mit den stationären und ambulanten Patienten verglichen, welche institutionell behandelt wurden und deren Daten in der Krankenhausstatistik MedStat 2008 enthalten sind. Eine Hochrechnung der jährlichen Klientel aus den Psychiaterdaten entspricht der Versorgung von etwa 37'000 Patienten pro Jahr. Dem gegenübergestellt werden 631 Patienten, welche im 2008 im Kanton Bern teilstationär behandelt wurden, und 4355 Patienten, welche ein stationäres Angebot in Anspruch nahmen. Die Anzahl institutionell ambulant behandelter psychiatrischer Patienten beträgt etwa 17'000 Patienten pro Jahr – aufgrund fehlender Daten lagen für diese Auswertung jedoch nur Daten von 4812 ambulant behandelten Patienten vor; insbesondere fehlen die Daten der UPD, was aufgrund der verschiedenen dort angebotenen Spezialsprechstunden die Repräsentativität dieser Daten etwas einschränkt. Die Aufenthaltsdauer (Tab. 39) kann nicht direkt vergleichen werden, entspricht doch die Behandlungsdauer bei den Niedergelassenen nicht einer Behandlungsepisode, sondern der Zeit seit Erstbehandlung. Dazu kommt, dass einzelne ambulante Institutionen bei Jahresende alle Patienten administrativ abschliessen auch wenn sie weiter behandelt werden. Dies -104- führt in der MedStat zu kürzeren durchschnittlichen Behandlungsdauern als sie tatsächlich stattgefunden haben. Trotzdem zeigen die Zahlen, dass die Niedergelassenen eine hohe Kontinuität in die Behandlung bringen, welche von den Institutionen nicht gewährleistet werden kann. Tab. 39: FBPsy und MedStat: Aufenthaltsdauer Ø Aufenthaltsdauer in Monaten FBPsy* ambulant teilstat. stationär F1 56.5 2.8 3.0 1.0 F2 94.0 10.2 3.0 2.6 F3 64.3 5.3 4.6 1.5 F4 42.1 4.1 2.9 1.0 F6 67.8 8.6 3.2 1.3 andere 54.1 3.0 11.1 2.3 Total 61.0 5.4 4.7 1.7 * Summe der schon erfolgten und der erwarteten zusätzlichen Behandlungsdauer zum Zeitpunkt der Stichtagbefragung Beim Vergleich der Diagnosen (Abb. 39) zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Behandlungsformen. In der psychiatrischen Praxis finden sich häufiger affektive (sign. zu ambulant, p<.01) und neurotische Störungen (sign. zu teil- und stationären Angebote, p<.001). Dagegen werden Suchtpatienten viermal so häufig stationär behandelt als in der psychiatrischen Praxis und schizophrene Patienten werden häufiger in teil- und stationären Angeboten behandelt (p<.001). Hauptdiagnose der Patienten in Prozent nach Behandlungsart und Diagnose 50% 40% 30% 20% 10% Niedergelassene 0% ambulant teilstat. stationär F1 F2 F3 Abb. 39: Vergleich FBPsy und MedStat: Diagnose F4 F6 andere -105- Die Erwerbstätigkeit bei den Patienten aus der Psychiaterbefragung ist verglichen mit der anderen psychiatrischen Klientel über alle Diagnosen hinweg am höchsten, während die Klientel der teilstationären Angebote ist am wenigsten arbeitstätig ist. (Abb. 40). Die Verteilung innerhalb der verschiedenen Diagnosen ist erstaunlich konstant, was auf eine hohe Validität der Daten hin deutet. Voll-/Teilzeit-Erwerbstätigkeit der Patienten in Prozent nach Behandlungsart und Diagnose 60% 50% 40% 30% 20% 10% Niedergelassene ambulant 0% teilstat. stationär F1 F2 F3 F4 F6 andere Total Abb. 40: Vergleich FBPsy und MedStat: Erwerbstätigkeit Abb. 41 zeigt dass der Anteil des Zivilstandes „verheiratet und zusammenlebend“ ausser bei F6 bei den Niedergelassenen deutlich niedriger ist als in den ambulanten und teilstationären Angeboten. -106- Zivilstand verheiratet und zusammenlebend in Prozent nach Behandlungsart und Diagnose 60% 50% 40% 30% 20% 10% FBPsy ambulant teilstat. stationär 0% F1 F2 F3 F4 F6 andere Total Abb. 41: Vergleich FBPsy und MedStat: Zivilstand Bei den Patienten der Niedergelassenen ist der Ausbildungsgrad über alle Diagnosen deutlich höher als bei den institutionellen Angeboten (Abb. 42). Matur, FH, Uni oblig. Schule, Lehre Höchste Ausbildung nach Behandlungsart und Diagnose keine 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% FBPsy amb. teilstat. Abb. 42: Vergleich FBPsy und MedStat: Höchste Ausbildung F1 F2 F3 F4 F6 and. Total F1 F2 F3 F4 F6 and. Total F1 F2 F3 F4 F6 and. Total 0% F1 F2 F3 F4 F6 and. Total 10% stat. -107- Auch im MedStat-FBPsy Vergleich können anhand Subgruppen Unterschiede im Schweregrad der Beeinträchtigung mit Hilfe der bekannten Ressourcenvariablen erhoben werden. Leider erfasst die MedStat die stationäre Vergangenheit an sich nicht. In den folgenden Vergleichen möchten wir überprüfen, inwiefern die institutionellen Versorger bereits Weichen stellen, wenn sie die Patienten nach Austritt weiterverweisen zu einem Hausarzt, einem amb. Angebot oder zum niedergelassenen Psychiater. Die an die Psychiater verwiesenen Patienten können mit den FBPsy-Patienten mit stationärer Vergangenheit verglichen werden, die ambulanten institutionellen Patienten dienen als Vergleich für die FBPsy-Patienten ohne stationäre Vergangenheit (Tab. 40). Da Patienten aus dem stationären Rahmen mit Zuweisung zum Hausarzt und solche aus dem ambulanten Rahmen zu einem hohen Prozentsatz über 65-jährig sind, werden nur die Patienten im Alter zwischen 18- und 65 in den Vergleich eingeschlossen. Die mit Abstand häufigste Diagnose der aus stationärem Rahmen zum Hausarzt verwiesenen Patienten ist Sucht (42%), der grösste Teil dieser Klientel ist ledig und wurde zu fast der Hälfte der Fälle auch vom Hausarzt eingewiesen. Die Patienten, welche aus der psychiatrischen Klinik an ein institutionelles ambulantes Angebot überwiesen wurden, leiden am häufigsten an affektiven Störungen (37%), sind zum grössten Teil ledig, und wurden am häufigsten durch ein ambulantes Angebot in die Klinik eingewiesen. Die Patienten, welche von einem niedergelassenen Psychiater ins stationäre Angebot überwiesen wurden, haben zu 39% eine affektive Störung, unterscheiden sich nicht bzgl. Zivilstand und werden am häufigsten zu einem Psychiater überwiesen. Die häufigste Diagnose der Gruppe aus dem ambulanten Rahmen sind neurotische Störungen (33%), ihr häufigster Zivilstand ist ledig, dicht gefolgt von verheiratet und zusammenlebend, was bei keiner anderen Gruppe so ausgeprägt ist. Sie werden am häufigsten durch einen Hausarzt eingewiesen. Daraus kann geschlossen werden, dass (1) die stationären Institutionen die Patienten gerne wieder dorthin zurückschicken, woher sie gekommen sind und dass (2) die gefunden Unterschiede bzgl. Zivilstands zwischen ambulanten institutionellen Institutionen und den Niedergelassenen nicht aufgrund selektiver Zuweisung durch die Kliniken zustande kommen. -108- Tab. 40: Vergleich FBPsy und MedStat: MedStat FBPsy stat HA stat amb stat Psy amb stat. Verg. Ø stat. Verg. weiblich 390 (45.5%) 381 (53.7%) 874 (55%) 2314 (56.3%) 144 (67.3%) 173 (70%) N 1474 1277 2309 5602 215 281 MW 52.3 40.6 42.7 47.1 44.2 42.8 Alter Med 50 40 42 45 43 42 SD 18.8 13.7 14.1 18.6 13.2 13.4 R 18-97 18-91 18-94 18-106 19-89 18-85 > 65-jährig 25.9% 4.2% 6.1% 18.2% 7% 5% N 18-65-jährig 857 709 1589 4107 211 246 F1 363 (42.4%) 94 (13.3%) 178 (11.2%) 361 (8.8%) 14 (6.6%) 2 (0.8%) F2 108 (12.6%) 181 (25.5%) 380 (23.9%) 451 (11%) 45 (21.3%) 5 (2%) F3 169 (19.7%) 253 (35.7%) 625 (39.3%) 1136 (27.7%) 87 (41.2%) 82 (33.3%) F4 109 (12.7%) 108 (15.2%) 231 (14.5%) 1361 (33.1%) 21 (10%) 106 (43.1%) F6 51 (6%) 54 (7.6%) 126 (7.9%) 288 (7%) 31 (14.7%) 37 (15%) andere 57 (6.7%) 19 (2.7%) 49 (3.1%) 510 (12.4%) 13 (6.2%) 14 (5.7%) ledig 371 (43.7%) 339 (47.9%) 748 (47.3%) 1606 (41%) 118 (55.1%) 103 (42%) verheiratet, zus. 258 (30.4%) 210 (29.7%) 493 (31.1%) 1509 (38.5%) 41 (19.2%) 81 (33.1%) verheiratet, getr. 42 (4.9%) 36 (5.1%) 81 (5.1%) 169 (4.3%) 12 (5.6%) 8 (3.3%) verwitwet 21 (2.5%) 11 (1.6%) 22 (1.4%) 77 (2%) 4 (1.9%) 7 (2.9%) geschieden 143 (16.8%) 104 (14.7%) 229 (14.5%) 531 (13.6%) 38 (17.8%) 46 (18.8%) unbekannt 14 (1.6%) 7 (1%) 10 (0.6%) 26 (0.7%) 1 (0.50%) 0 (0%) selbst: 63 (7.4%) 88 (12.4%) 169 (10.6%) 565 (14.4%) 74 (35.1%) 116 (47%) HA: 423 (49.4%) 79 (11.1%) 257 (16.20%) 1464 (37.4%) 37 (17.5%) 87 (35.2%) Psychiater 54 (6.3%) 55 (7.8%) 560 (35.20%) 212 (5.4%) -* -* Angehörige: 22 (2.6%) 29 (4.1%) 53 (3.3%) 208 (5.3%) 12 (5.7%) 15 (6.1%) psy (teil-)stat.: 28 (3.4%) 61 (8.6%) 117 (7.3%) 415 (10.6%) 52 (24.6%) 2 (0.8%) psy amb.: 110 (12.9%) 284 (40.1%) 253 (15.9%) 323 (8.3%) 12 (5.7%) 9 (3.6%) andere: 155 (18.1%) 108 (15.10%) 160 (10.2%) 725 (18.6%) 24 (11.4%) 18 (7.2%) Diagnose Zivilstand Einweiser *nicht erfragt -109- Beim Vergleich nach Nationalität zeigt sich, dass ausländische Patienten eher zu einem ambulanten Dienst überwiesen werden, während schweizerische Patienten eher bei einem Psychiater landen (p< 0.01, χ2 = 9.12), was sich auch im hohen Anteil Schweizer der FBPsyPatienten mit stationärer Vergangenheit zeigt (Abb. 43). Nationalität Schw eizer (in %) 86.30% 86.80% 90.10% 87.60% ke ine s ta t. V erg . au sa mb . Ps y s ta t.-> s ta t.-> s ta t.-> MedStat am b. 83.60% 81.40% HA 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% FBPsy Abb. 43: Vergleich FBPsy und MedStat Subgruppen: Nationalität Bezüglich der höchsten Ausbildung scheinen die Patienten aus der Stichtagserhebung ressourcenreicher: Im Schnitt haben 40% von ihnen haben einen höheren Abschluss (Matur, Fachhochschule oder Universität), von den institutionellen stationären MedStat-Patienten zeigt diejenige Gruppe die höchsten Werte bezüglich höheren Abschluss, welche dem niedergelassenen Psychiater zugewiesen wird (Abb. 44). -110- Höchste Ausbildung (in %) Matur/FH/Uni 10.1% 30.4% MedStat ke ine s ta t. V erg . au sa mb . Ps y s ta t.-> s ta t.-> s ta t.-> am b. 8.8% 10.7% 16.5% HA 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 49.4% FBPsy Abb. 44: Vergleich FBPsy und MedStat Subgruppen: höchste Ausbildung Bzgl. Teil- oder Vollerwerbstätigkeit zeigen die FBPsy-Patienten die höchsten Prozentwerte, wenn auch nur diejenigen ohne stationäre Vergangenheit. Die Gruppe mit dem zweithöchsten Anteil an Erwerbstätigen sind die Patienten aus dem ambulanten Rahmen. Hier gibt es keine Hinweise auf grosse Unterschiede bei der Zuweisung (Abb. 45). Teil- oder vollerw erbstätig (in %) 62.3% 43.9% ke ine au sa mb . Ps y s ta t. V erg . 34.1% 31.5% s ta t.-> am b. s ta t.-> MedStat 28.6% s ta t.-> 31.6% HA 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% FBPsy Abb. 45: Vergleich FBPsy und MedStat Subgruppen: Erwerbstätigkeit -111- Abb. 46 zeigt die unterschiedlichen Anteile an komorbid Erkrankten, d.h. in diesem Fall an Patienten, welche mehr als eine unterschiedliche F-Diagnose besitzen. Die MedStatGruppen haben im Vergleich weniger Mehrfachdiagnosen als die FBPsy Patienten mit stationärer Vergangenheit. Der höhere Prozentsatz an zusätzlichen Diagnosen bei den Niedergelassenen könnte allerdings auch ein Artefakt sein, da diese die Patienten über längere Zeit behandeln und deshalb auch besser kennen. Mehr als eine unterschiedl. ICD-10 F-Diagnose (in %) 47.9% 28.9% 28.3% ke ine s ta t. V erg . 25.6% au sa mb . s ta t.-> am b. s ta t.-> s ta t.-> MedStat Ps y 23.9% 21.4% HA 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% FBPsy Abb. 46: Vergleich FBPsy und MedStat Subgruppen: Anzahl unterschiedl. F-Diagnosen 5.1.3 Diskussion Die Erhebung des Versorgungsbeitrages der niedergelassenen Psychiater im Kanton Bern war eine Herausforderung für die Evaluationsgruppe wie auch für die teilnehmenden PsychiaterInnen. Auf Seite der Evaluationsgruppe war die Erstellung des Fragebogens, das Einholen der E-Mail-Adressen, die Online-Schaltung und Betreibung und schliesslich der Umgang mit dem umfangreichen Datenmaterial, ohne vergleichbare wissenschaftliche Studienergebnisse zur Hand zu haben, mit hohem Aufwand verbunden. Umgekehrt mussten viele PsychiaterInnen mehrere Stunden investieren, um die Fragen zu beantworten. Das Resultat ist auf diesem Hintergrund herausragend: 56% der PsychiaterInnen haben teilgenommen, Daten über ihre Praxis und deren Organisation konnten eingeholt werden, über ihre Einschätzung der Zusammenarbeit mit anderen Akteuren in der psychiatrischen Versorgung, der sozialpsychiatrischen und rehabilitativen Versorgungslandschaft und der zustän- -112- digsten Leistungserbringern je nach spezifischer Klientel. Viele dieser Resultate deckten sich mit den Ergebnissen aus den Hearings, was eine Validierung für diese qualitativen Daten darstellt. Den wichtigsten Teil bilden die Ergebnisse der Stichtagserhebung: 500 Patienten wurden erfasst, umfangreiche Daten über ihre Person, Sozialstatus, sozioökonomischer Status, Anamnese und über ihre Behandlung erhoben. Rund die Hälfte der behandelten Patienten hatte schon eine (teil-)stationäre Behandlung und ebenfalls bei rund der Hälfte der Patienten ist Stabilität und nicht Heilung das Ziel. Dies zeigt, wie schwer beeinträchtigt ein stattlicher Teil der Patienten in der psychiatrischen Praxis sind. -113- Anhang 2: Hearing-Ergebnisse: Psychiater im Kanton Bern Themen Regionen Bern Seeland Emmental Teilnehmer Oberaargau Oberland inkl. Thun Denise Fels, seit 1999 Praxis in Burgdorf Bern: Patrizia Stucky, Biel: Franziska Rittel, seit Praxis seit 2001, del. PT, 1997, del. PT, Jaques Josef Amrein, seit 12 J., Soult, del. PT, Blagoje Alfred Thomi, seit 1992, Radosavac, seit 2004 Aleksandar Tadic, seit 7 J., Jindrich Strnad, seit 2005 50% OA Walter Bangerter, seit 10 Jahren Praxis in Burgdorf Peter Baumgartner, seit 2001 Praxis in Burgdorf, del. PT Heinz Wyss, seit 1997 Praxis in Langenthal Rudolf Baumberger, seit 1995 Praxis in Langenthal, KJund Erwachsenen-Psy, del. PT Thun: Krystina Kalo- gerakis seit 1999, Thomas Roost seit 2004 , del. PT, Notfalldienst PDT, Caroline Burke seit 1997, del. PT Neuhaus, Madeleine Müller, seit 22J., Anna Wyler, seit 5 J. Lyss: Jan Schmid, seit Interlaken: Isabel Grieb, 2007 in allgemeiner Praxis seit 2007, Herr Schlagenhaufen seit 1986 a. Diagnosen Hauptdiagnosen: Depression, Angststörung, sexueller Missbrauch, Essstörung, Zwänge, somatoforme Störung, Sucht, PTBS 50% der PK: Depression, 20-40% der PK: Depression, Anpassungsstörung, Ängste 66% der Angst-, soma-toforme oder oder neurotische Störung Störungen, Schmerz-störung 20%: chronische Verläufe inkl. Schizophrenie, Borderline Störung, und andere PS. Rest: querbeet (siehe dazu (2)) phrenie & PS Geistige Behinderung/ Minderintelligenz. 34%: F4-Diagnose (Neurose, PTBS, somatoRest: Sucht, Geronto Verände- PS, Schizo- chose, Schizophrenie b. affektive starke Psychosen, Schizophrenie, 30%: Psychose, manischdepr. Kleinerer Teil: PS, Psy- PK: forme Störung), Sucht. Früher Trend zu somato- Häufig: Krisen am Arbeits- Mehr somatoforme Störungen, v.a. bei MH, Verlauf Mehr rung Arbeits- forme jetzt platz, Burnout, Mobbing, schwierig wegen Sprache, Kultur, meistens wenig Erfolg, schwerer, alltag Burnout, Diagnosen man muss schnell reagie- was frustrierend ist. Mehr Scheidungen, was sich auf chronischer. bleiben in Anteilen gleich. ren IV-Abklärung), Kindern und Eltern auswirkt. Mehr ADHD-Diagnosen, nach wie vor hoch, eine Soziale Auffälligkeit zuge- damit Patient im Arbeitsle- auch bei Erwachsenen, bipolare Störungen. Weniger Therapie nommen, ben bleibt, meistens keine Nischen am Arbeitsplatz für psychisch Behinderte, fallen starten: Chance. Störung, Krisenzuweis- (vor Klienten, Fälle komplexer & Schwelle bei Psy zu Leidensdruck in aus Arbeit raus, IV auch nicht mehr zur Stelle. Bur- muss gross sein & Freiwil- soziale Fälle, Arbeitslose, der freien Marktwirt-schaft nout/Mobbing vor zehn Jahren kein Patient, heute viele. ligkeit Voraussetzung. Familienprobleme, psycho- ist härter geworden. Probleme im fortgeschrittenen Alter, Depression, Demenz, ungen erhöht. Mehr Arbeitsklima soziale Krisen. Erwartung- etc. auch aufwendiger, wo behandelbar, zuhause, Heim? en höher: „Depression ist behandelbar!“ Kein Risiko für Arbeitstelle, Psy arbeitet viel nach 17 Uhr. Wenig-er Ressourcen bei Lehr-kräften, „ZA steht und fällt mit jeweiliger Fachperson.“ c. Alltag Psy übernehmen grossen Region Biel: 20-25 Psy, Viele anwesende Psy haben bei Praxiseröffnung Suchtpa- Region Teil der psy Versorgung, einige über 70 jährig. Alle tienten aus Klinik mitgenommen, Zahl ging dann zurück, Praxen, in Interlaken 6. viele PK amb. getragen, Schweregrade in Praxis, heute eher selten neue. Solche sozialpsy PK mit Kontin- Neue Privatnummer für Notfälle leichte/mittelschwere Fälle gent beschränkt, sehr aufwändig (Netzwerke bilden, mit gefüllt, 2-3 Mte Wartefrist, angegeben, Ferienvertret- von del. PTh getragen, anderen PK in Praxis selten kombinierbar). Schwierig, zeigt Bedarf. Wöchentlich ung sorgfältig vorbereitet. wenn vorhanden. Spezial- Notfalltermine in Praxis zu ermöglichen, da meistens nicht 2-6 Anfragen, Warteliste. Kapazitäten für neue PK itäten (Sprache, Wissen) gewährleistet, dass PK auch regelmässig in Therapie Max. 8 Klienten am Tag, reduziert, akute ziehen spez. PK an. Mehr aufnehmbar. Allgemein Kapazitäten knapp. Gute Lösung, Mischung leichte/ schwie- Krisen müssen anderswo soziale als psy Fälle in wenn Patient zuerst ambulant via Stützpunkt behandelt rige Fälle wichtig. Heim- stattfinden. Täglich neue Praxis, da Sozialdienste in wird, wenn Platz in Praxis frei wird, kann er dann überge- /Hausbesuche zeitaufwen- Anfragen, müssen abge- Biel ben werden. dig, nicht immer abgeltbar wiesen werden. Weibl. PK vernetzte möchten meistens weibl. nichts, aufsuchende Hilfe Psy. nicht möglich. viele überfordert. Ohne Arbeit ginge d. Schwierig- Wenn eigener Wille oder keiten Alltag Unterstützung Thun: Praxen ca. 20 schnell (demente PK, PK mit MH, Paare, Familien, Gruppen. durch Angehörige für Therapie nicht da, kann Psy nicht arbeiten. Komplexe Er- krankungen (z.B. Schleudertrauma), in Zentrum besser abklärbar. Zusammenarbeit e. Hausarzt mit Netzwerk mit bekannten HA aufgebaut, aus Kapazitätsgründen keine Rege tel. Kommunikation HA funktioniert. HA froh, wenn Symptome nicht, oder will erkennt Abklärungen, v.a. bei PK sie mit MH oder Fremdsprach- Klienten zu überzeugen, nicht z.T. sehen, psy den -114- weiteren PK. Konsilien mit igen, an Psy weitergehen. psy bek. Balintgruppe Wichtig ist, einander zu braucht extremes Finger- laufen gut. Psy Notfall- kennen, z.B. über Weiter- spitzengefühl dienst wenig bildungen. Als Psy schwie- genutzt, haben Inselnotfall. rig, Akutpatienten aufzu- Subakute Fälle nur von nehmen, lange Wartezeit, bek. HA angenommen & Kritik nur wenn Platz. Z.T. Ab- berechtigt. Berichte an HA sage an form. Treffen mit zu senden ist z.T. aufwen- HA, um Zuweisungen zu dig, entgehen. Konsilium+, Prioritäten (IV etc.). Ruf wenn HA nichts über PK des Psy daher nicht so gut. HA, von HA seitens da der schon Hilfe einzuholen, HA andere mitteilte, keine Vorarbeit tätigte. So Behandlung akuter Krise des HA. PK nicht lange bei Psy, da nicht motiviert wurde. f. mit ambulanten & teilstationären Diensten KIZ (UPD) hat an Güte Psy Dienst Biel: Tages- Seit 10 Jahren Situation der psy Versorgung dank psy Mit MOKI sehr gute ZA, abgenommen, anderer- klinik, MOKI, Gruppe für Dienst verbessert, ist gewachsen, enthält aufsuchende pro Jahr 4-7 MOKIS pro seits Team seit Jahren emot. instab. Frauen gut, Pflege, Job Coach von IV. Viel Unterstützung durch Herr Psy. gleich, kennen PK, was noch nicht gross genutzt, Zühlke und Team. Man sollte nicht unbedingt viele neue tagesklinik gut Zukünftige Akutkönnte starken PDB Zeit für PK, wohn- Angebote aufstellen, die bestehenden würden ev. an wirksam Willen & bleiben hart bei ortsnah, angenehmer als Qualität einbüssen, vielfach geben sie sich sehr Mühe. Triage: gute Absage, was nicht hilft. Klinik. Kontakt zu Psy wird Tagesklinik Oberburg nicht so gut, ausgerichtet auf barkeit, wenn Arbeits-bedingungen gepflegt. spezifische PK, lange Wartezeiten. Akuttages-klinik wäre Ferien, schlechter geworden, gute besser, Feedback schnell- auch für Burgdorf sinnvoll. Rückmeldung. Eigener Leute weniger angezogen. er. Probleme bei Parallel- Notfalldienst: hilfreiche Psy aus Emmental/ Ober- behandlung, Vorinformation aargau auch der Meinung, vor KK erklären, warum PK Dienst, gute ZA. Interes- dass neben Psy bei PDB. Dienst sensgemeinschaft unterschreibt nicht gerne aargau gutes und hilfrei- Blanko-Verordnung. ches Forum. ist, haben ZA mit diesem Angebot schwierig ist. Notfälle laufen PDB muss sein.NotfallErreichPsy in Information, von psy Ober- Notfallnummer teuer (3.Tagesklinik in Niederbipp /Min), Volk kennt sie nicht, öffentlich? MOKI ist Konzeption unklar, Notfallab- zuerst für lange man hat person am Telefon, daran unbekannte Abklärung. voll, Pfleger als Entscheidungs- deckung für bekannte PK sinnvoll, immer Wartezeiten, musste man sich zuerst ATK: gewöhnen. Konzept? Hilfreich, aber Krisenbetten sinnvoll, da Nächte heikler als Tage. g. mit Pro Jahr eine Einweisung ZA ist gut, wenn man sich Wenn man Kollegen kennt in UPD oder PZM, ist ZA viel Wenig zu tun mit inst. Psy, stationären in UPD, Psy versuchen, kennt (z.B. die Oberärzte einfacher. Probleme machen AssiA zu Unzeiten. Wenn nur Diensten ohne UPD zu arbeiten. im PZM), nicht gut, wenn Akutsituation, ungen, Ansprechperson unbe- seitens der Klinik, und nicht Aktion abgeblocken. Jedoch Tagesklinik. Z.T. Parallel- kannt. In deutschsprach- Kommunikation, Miteinbezogenheit und Berichterstattung system zw. inst. Psy&Psy. igen Kliniken mehr möglich für behandelnden Psy mangelhaft. Wenn Fuss drin, dann ZA Vor Jahren ist BGPP an UPD mit drei Standards herangetreten (3 Tel. mit Zuweiser, vor, während, & nach Austritt). UPD hat Standards nicht befriedigend umgesetzt. resigniert, melden Psy nicht jeden schlechten Fall. ZA personenabhängig. AssistA nicht in Viele CH studiert, andere Arbeitskultur gewohnt. Psychiatrie schon vor längerer Zeit finanziell heruntergefahren (Betten, Personalschlüssel), mehr weniger Betreuung, Verwaltung. sparungen bei „Eingleich bleibender Qualität“ (Zitat Strik) nicht erreicht. PTStation nicht gleiche Quali- auch dementsprechende Möglichkeiten bei Klinikeinweis- Zuweisung von als in französischsprach- gut, kennt die Leute, Ange- igen. an bote, Einweisungen zu einfacher. Psy Schwierig, Austrittsberichte ran werden kommen, manchmal keine immer informiert, wenn PK Mitteilung, aus Klinik entlassen wieder dass Gemeinsame können werden. Patient draussen nicht ist. Entscheide getroffen Austrittsbericht. Klinik- austritte besser sollten begleitet werden, Psy ist bei Neuanmeldungen wenig vorbereitet, mangelnde Information. Kontakt zu PM gibt’s nicht, ein schriftlicher Bericht, kein Telefongespräch -115- tät wie früher an MU21. Verbesserungswünsche h. für ambulante und teilstationäre Mehr Plätze für Tages- Psy klinik Öffentlichkeitsarbeit, (häufig dezentrale Dienste voll), Ausrichtung fördern. Dienst Biel: aufsuchende gut und Mehr psy Hilfe ausbauwürdig. Gruppenangebote Arbeitsbedingungen im KIZ verbessern, um gute Arbeitskräfte zu gewinnen, Flexibilität im Team fördern, ev. mehr Plätze generieren. Es fehlt an Akuttageskli- Geeigneteres Angebot als Bedarf nach Werkstätten, nik, aufsuchender Tagesklinik, finanz. Unterstützung für niederschw. schwelliger Pflege, Anlaufstelle, runder Tisch stabilere niederund für PK. Nie- Arbeitgeber bei Anstel- lung von PK. Betreute für nach Ciompi, ambulanter derschwellige Schmerz- Tagesstruktur/ Ambulatori- struktur für Patienten ist Einheiten, mit Hausbesu- patienten, Depressive vor um. Sehr gut wäre eine aufzubauen. Sehr gut wäre chen nächsten Krise (Achtsam- Tagesklink mit à la carte eine Tagesklink mit à la derschw. keitstrainings) Programm, carte Programm, indivi- ausbaubar. PT-TK, KIZ & duell Notfallintervention vor Ort chronische gebraucht. werden Zwischending auf abgestimmt PK-Bedürfnisse, Tages- abgestimmt auf WGs nötig, kleinere verbinden. Nie- Angebot Psy Dienste für Tagestruktur zwischen versch. Module (Kompe- Bedürfnisse des Patienten, anbieten. Psy und Klinik fehlt. Mehr tenz-training auch mit Stunden bei Psy erhöhtem Bedarf anpas- niederschw. abrech-baren Stunden bei abrechenbar, sen Psy. Module Angebote ähnlich Beschäftigung & Förderung (3-4 etc.), mit Jahre Wartezeit!) & RAVplus im Tagesstätte in Burgdorf falldienst in Bern meistens voll plus bauen, Seeland Mitglieder aufeiner öfter Kurze Regionalspital durch psy schwelliger, heute nur für IV-Rentner. KIZ in Region, Krisen- limitiert, Betreuung des PK im nieder- Gemeinsamer psy Not- (wenn betreuung Klinikeinweisung). training etc.) anwendbar. (BEWO) Kanton Solothurn. versch. (Kompetenz- Dienst ermöglichen. Neurol., Demenz- ADHS-Abklärungen Probleme mit UPD. & in psy Dienst anbieten. Fachgruppe Psy Halbtag für Akutfälle abdecken i. für Kommunikation UPD stationäre verbessern, mit AssiÄ drei fördern (Kenntnisse, was personell, gemeinsame psy Dienste Standards umsetzen. Psy wo gemacht wird, wie man Sprache, gemeinsames in an Austrittsgespräch mit Psy, Arbeitsprozesse der ZA mit der inst. welche Psy Angebote Verfügbarkeit inst. UPD miteinbeziehen. Mehr kommt, Berichte, Fallbe- Klinikarzt, Betten in UPD mit erhöhter sprechungen, Krisenbetten personeller Betreuung & ungen, Vernetzung, etc.). hospitalisation aufbauen. verbesserten Kommunika- Schnellaufnahmeklinik für Gemeinsame Fallführung tion. akute PK, kein Platz im durch PZM Krisenbetten in ermöglichen. Biel nötig. Mehr Präsenz ene der Klinik Bellelay, alle Peripherie anstatt nur in Infos per Website abrufbar Kliniken aufbauen. Weiterbild- HA & & PK. ohne Voll- stat. Betten Rahmen Geschlossauch in Mehr Betten aargau, Ober- Mehr PT in stat. Bereich, Kooperations- im Stellendotationen erhöhen, vertrag mit St. Urban. auf offene Station. Mehr Verfügbarkeit inst. & personell, gemeinsame Sprache, gemeinsames Austrittsgespräch mit Psy, Klinikarzt, HA Krisenbetten & PK. ohne Voll- hospitalisation aufbauen. Gemeinsame Fallführung durch stat. Rahmen ermöglichen. machen Freiwillig Eintretende direkt ene Geschloss- Betten auch in Spezialabteilungen spez. für Therapieangebote (Borderline, PTBS). KJP: 12 h Aufwand, bis Aufnahme oftmals im Neuhaus, Klientel aus Internaten nahe Interlaken, ursprünglich aus Kanton Zürich, Zuständigkeiten daher stets unklar. KJP in Interlaken völlig überlastet Peripherie. Klinik Neuhaus Bettenangebot und ZA für Oberaargau ausbauen. j. für unterversorgte Personengruppen Geistig Behinderte in psy (Polytoxikomane) Sucht- Krisen, Neuhaus PK, komorbid mit PS, nicht der richtige Ort dafür. Praxisrahmen überfordert, Klinik Drogenabhängige im fallen aus dem Netzwerk zwischen 18-&25-jährig, von inst. Psy, Sozialdienst, Drogenentzug in Waldau, Suchtberater…wo hin? Schwerste PS mit Gewalt Somatoforme Riesenhürde seitens HA, PK für Psy zu überzeugen. PK über 50 J. kaum bei nicht geeignet, da unter Älteren, im Neuhaus abgewiesen, weil zu alt, wo richtiger Rahmen? PK, Sprachprobleme mit MH, Manische bleibt PK, z.T. Störung Psy, direkt in Somatik, unbemerkt, Heim oder von Familie Doktorshopping, Unkennt- getragen, 50% der Konsil- nis von HA/Psy Fälle >65 Jährige, Bedarf! Psy Betreuung für verwirrte, operierte PK, in somat. Spital hoher älterer Anteil. k. für die Entstigmatisierungs- Biel Migrationsstadt, Psychiatrisch orientierter Sozialberatung Gesundheits- kampagne der UPD für versch. Kulturen, Sprach- Sozialdienst, da Hintergrund und Fachleute, Leistungen der probleme. Bei nicht aner- Patienten soziale/ finan- Langenthal, ist eingegan- sein. niederg. Psy anerkennen. kannten Flüchtlingen nach zielle Beratung für Stabili- gen) Grosser Dank seitens der Nachwuchsproblem Psy & Krise nicht klar, wie weiter, tät HA so keine Stabilitätsförderung. Rahmen kann Psy nicht geführt optimale Sozialdienst für nicht IV- geben. Mehr Familienpfle- dass dies zeigen kann, Versorgung gewährleisten. Rentner nötig, da häufig geplätze dass Psy besser arbeiten Fürsor- ge-direktion angehen zukünftige und nötig hätten, viele dieser mit (Zenana psy Kurze stat. Krisenüberbrü- in ckungen sollten möglich Psy, dass Hearing durchwurde, hoffen, -116- Verwahrlosung, Verschuld- Nachwuchs an Psychiater fördern, Rahmenbedingungen ung & keine Struktur für attraktiver machen, wie kann Staat dies ermöglichen? Krise. Erst wenn PK stabil, Niedergelassene Psychiater sollten sozialpsychiatrisch bereit für psy Therapie. gestärkt werden, Staat soll als Regulator arbeiten. In den Therapievermittlungsstelle letzten 20 Jahren wurde in der psychiatrischen Versor- auf Website für HA, Psy & gung Planwirtschaft betrieben. Sehr gut wäre ein Melde- inst. Psy.:Termin, Sprache, system, ob man freie Plätze hat als ihr Ruf. Spezialität,? GEF Vernetzung und Vertrauen fördern, Stigmas abbauen. l. für andere Bei Klienten, welche aus Akteurgruppen Arbeit: Gute Erfahrungen IV: Fertigen z.T. dubiose Gutachten an, kein Vorwärts- mit SUVA&Case-Manager kommen bei beruflichen Massnahmen (Wartezeit von 4 aus Firmen, Kontakt für Monaten), Job Coach wäre gut, kommt aber von monetä- zukünftige rer Seite, immer im Interesse des PK? PK bleibt. Arbeitsleben raus sind, zahlt IV nicht Früherkennung wäre wichtig Schwierig mit KK: heikle Koordination, Manager Case- der Taggeld- versicherung, arbeitet auf eigene Faust. Sozial- dienst Biel überfordert, Rückzug seit 5 J. wg. zu vielen Dossiers.Wenn man Case-Manager der KK, lassen PK während stat. Aufenthalt etwas unterschreiben, behandelnder Psy wird nicht informiert. Parallelbehandlungen, Sozialdienst in Burgdorf zunehmen unter Druck, haben viel zu tun, nicht mehr so belastbar wie früher. Leichtere Störungsbilder z. B. bei Paartherapie werden i. R. nicht von KK übernommen, muss Klienten bewusst sein. sich kennt, ZA besser. Beurteilungen anderer Akteure über die Arbeit des Psychiaters m. Hausärzte ZA mit Psy nicht existent, Lieber niederg. Psy für Netz kennen Gute ZA, wenn zuweisbar, Lange einzelne Versuche schei- langfristige Behandlung als einzelne Psy, wissen wie sonst schwierig. Vielfach Kontaktaufbau terten aufgrund Wartelis- psy Dienst (mehr Erfah- matchen.Für wählen PK Psy selber aus. wohl ten, keine Notfallabnahme rung), Über-gabe Therapie wird Psy hinzu- Region. Notfall- Praxen in Kürze gefüllt. (&-dienst), wer Tel.-AB & 5 Min Sprechzeit lieber aufgebaut, längere schwierig, PK, neue des PK als via Konsilium gezogen, nicht psy Dienst dienst:Unterschied, fallführend Bei (auch bei Eheproblemen). Dienst hat, da häufig kein fördert Kommunikation keine Langzeit-PK. Psy keine Notfälle möglich, 1-3 Konsultationen nötig, Hintergrundwissen nicht. Konsiliardienste Einzelne Abklärungen aber Warte-listen von 3 Mtn, um Stigma des PK ggü auffälligem möglich, Erreich-barkeit Psy abzubauen. PTh kann wissen Erreichbarkeit dankbar für bleiben. schwierig. PK, Fach- weniger wichtig als Abklär- auf- ung & Übernahme inner- lückenhaft, Rücksprache mit Notfall- Neue Psy schnell ausge- auch wenn fällig, dass manche Fall halb dienst bucht. Einzelne Abklärun- aber zu psy (Medikations- schnell wie möglich erled- Rücksprache. Balintgruppe gen bei Psy möglich. einstellung, igen (zum Wohle des PK?) Thun hilfreich für spez. leistenden Psy, behandeln, zu Abklärungen) ist Psy gefragt. Psycho- genug etc. Annahme, Psy wollen wenn eigener PK auffällig. n. Wartefristen, Niederg. einer Woche mit Themen. Psy haben In Biel keine Psy, also gute ZA mit den Psy punktuell Z.T. besteht sehr gute ZA interne gut mit niederg. Psy. PTh für therapeuten andere Schwer- ZA mit HA. Für PTh diese FSP punkte, PK können auch ZA ohnehin interessanter Psychotherapie zuständig, querzugewiesen werden, (Mitspracherecht). während wenn psycho- Institution Kontakt zu HA nicht besser als zu Psy, mehr Psy analyt. o. mit Therapie Psy In der Psy die Medikation übernimmt. weiterkommt, an system- Freiheiten. ischer PTh weiter. Auch schlechter ausgebildet als z.T. Psy oft wenig vernetzt PTh. Frienisberg: Som. Arzt & Tannenhof: Heim Schul- & Arbeitszentrum RAZ: Frau Bichsel (Stütz- Seeburg: Unterversorgung Psy, welche Heim versorg- einen Psy direkt angestellt Burgdorf: ZA mit Psy sehr punkt Burgdorf) und HA der Psy kommt! Ein Psy en,z.T. ZA mit Differenzen. zur Unterstützung. gut, ihre Einstellung ist z.T. sind zur Stelle, Medikati- deckt viele Patienten im „Wer einmal bei mir war, onseinstellungen Heim ab. Sonst ZA nicht darf auch ohne Tarmed- nieren Wohnhei- me Riggisberg: Medi-Rück- sprache mit Heim-Psy Im Pré-Aux-Boeufs: Einmal in der Woche Sitzung mit som. Arzt Restl. Heime: Geistig-Behinderte rausforderung für kommen“. Psy-& HePsy, hört eine Mittagessen finden statt braucht Psy, vor Ort findet Kommunikation, man niemand, der innert Probleme hinter Behind- nützlicher erung erkennen. Teamsitz- Kapazitäten hat. Manche ung: Psy erkennt anbahn- Psy wollen keine Klienten ende Krise („Wenn jeder aus Heimen. Betreuer Man aufeinander, gemeinsame Borderline-Patientin Frist freie schlecht, die neueren Psy wieder Restl. Heime: Schwierig, Fachkenntnis für (akust.) psy Verrechnung funktio- machen manchmal Mühe, Calendula: IGPO beinhaltet gutes Netzwerk, Heimleiter und 30 Psy welche zu sehr ins Heim einmischen, sich mit Klient verbünden, zu beschüt- zend sind Arche Burgdorf: Fallvor- Wohnen und Freizeit: stellungen mit Psy (arbeitete im Siloah), Krisengespräche mit Klient sehr und niedergelassenem Psy hilfreich gut erlebt schwierige Momente mit PK, dann…“) p. Alters- und Ein Mal pro Woche kommt In einem Heim Psychiater Es besteht ein Curriculum, Psychiater vor Ort sind Pflegeheime Psy vorbei für Pflegeheim zweimal im Monat da zur zwei welche Mangelware! Konsilium mit und für Anwohner. Nie- Beobachtung/Kontrolle der Weiterbildungen, Teaching einer Psychiaterin in einem Psychiater, -117- derg. Psy Fachwissen mit gutem gibt Medikamente. Keine organisieren, Stichwort es privaten Psy, welche PK „Der schwierige Patient“ ausreichend, das Problem behandeln, auch sonst z.T. bei Neueintritten. In einem besteht in Finanzierung. keine Namen von Psy zur Heim Hand, Bewohner welche man im Notfall ansprechen könnte. haben Heim möglich. einzelne auch eigener Psychiater. q. Selbsthilfeund Angehö- APhS: Sehr gute Erfahrungen mit Psy, aber einer, der sagt, wenn der PK es von sich Zuhause zu ihm in Praxis schaffe, dann könne er in Therapie kommen, hat Störung nicht verstanden & nimmt PK nicht ernst. Hausbesuche können vieles bewirken, solche Psy sind in APhS-Ärztevermittlung dabei. rigengruppen Equilibrium: Viele Psy waren sofort erreichbar für Therapie (waren alle anfangs 90er Jahre), wenn gute Vertrauensbasis („konnte mich erfassen“), dann sehr gute Erfahrungen, sind auch heute noch erreichbar in Notsituationen, tragen Anwesende, eingespieltes Team VASK: In einem Fall war Psy immer zur Stelle, keine Probleme, einen zu finden. Guter Psy, wenn PK und Familie verstanden r. Sozial- dienste ZA personenabhängig, von Immer ZA sehr unterschiedlich, Bestehende Kontakte mit sehr gut bis sehr schlecht. niederg. Psy vor Ort zu wieder Mühe, mehr HA oder Psy laufen gut, Als Mandatsträger selber finden, landen am Schluss aus, Psy-Beitrag: Therapie an Psy oder HA zuweisen, in Bern. vs. Tragen/Begleiten und Spitex- dienste t. Regie- Sozialdienst auch in Interlaken. Strukturierung des Alltags ist Gold wert. s. vom Personenspezifisch, enge ZA mit Psy sehr gut, z.T. Psy manchmal nicht in Gürbental: ZA mit betreuender ADHS- sehr Privatsphäre wichtig, Praxis, psy Spitex küm- dienste in mert sich um Tagesablauf fehlen Psy wichtig, diese der gem. PK. Absprachen partner. Erstaunlich, wie nehmen Führung). Sonst Vernetzungsarbeit zahlt mit Psy z.T. schwierig, Psy wenig es braucht, wenn gute ZA, tel. per Natel aber niemand leiten psy Spitex z.T. zu- Struktur gegeben ist, das erreichbar. wenig an. Hausbesuche Netz selten, nicht lukrativ. Auftragsaufbau ist wichtig. schwierig. Spitex- Biel/Seeland Ansprech- funktioniert. des PK Absprachen ausführlicher eingreifen, Unterschied zu Telefonkontakt mit Psy, für psy Aufbau Fachfrauen (über- Guter ZA mit Psy klappt nicht rungs- immer, sind statthalter (finden schwierigste schwierigste überfordert PK Psy?). Brüche in Betreuung zw. amb. Dienst & Psy, zw. inst. & nicht-inst. Betrieben, auch personenab- hängig. u. KK Vertrauensarzt (=Psy) wichtig, bietet Rückmeldungen, Kontrolle etc. Bei niederg. Psy und HA keine Differenzierung, keine enge ZA bisher nötig v. Pro Infirmis Enge ZA (& gute mit Psy im Jura bernois), Stichworte „Finden eines gemeinsamen Weges, Formulierung gemeinsamer Ziele, Überbevormundung durch Psy, Therapieresistenz. Verantwortungsabgabe an Pi, nicht einfach. Erreichbarkeit unterschiedlich bewertet. Mit klaren Aufträgen von Psy läufts gut. Abkürzungen: KK = Krankenkasse PS = Persönlichkeitsstörung PT = Psychotherapie AssiA = Assistenzärzte MH = Migrationshintergrund Psy = Psychiater PTh = Psychotherapeut BGPP = Bernerische Gesellschaft für PDL = Pflegedienstleiter psy = psychiatrische RSH = Regierungsstatthalter Psychiatrie und Psychotherapie PK = Patient/Klient Psych = Psychologe ZA = Zusammenarbeit HL = Heimleiter Es wird für alle Anwesenden die männliche Form verwendet. -118- 5.2 Hausarztbefragung 5.2.1 Einführung Parallel zur Befragung der freipraktizierenden Psychiaterinnen und Psychiater befragten wir die Hausärztinnen und Hausärzte (HA) bezüglich ihres Beitrages an der Versorgung psychisch Kranker. Dies geschah mittels eines zweiseitigen Fragebogens, der in Papierform der Vereinszeitung „Berner Hausärzte“ beigelegt war, nach unbefriedigendem Rücklauf erfolgte eine Einladung per Email. Ausserdem stand der Fragebogen auf der Website der Berner Hausärzte zum Download zur Verfügung. Per Post oder per Fax konnte der ausgefüllte Fragebogen zurückgesandt werden. In einem ersten Teil der Befragung ging es neben einigen Grundangaben zur Praxis um Einschätzungen der Zusammenarbeit mit andern Akteuren des psychosozialen Versorgungsnetzes. Kern der Befragung bildete eine einfache Stichtagserhebung, in welcher die Patientinnen und Patienten mittels einer Strichliste einer Gruppe zugeordnet werden konnte. Ziel war es, den Anteil an Patienten mit einer psychischen Symptomatik, deren Diagnose, Schwere der Störung, Altersstruktur und die Art der psychosozialen Versorgung zu erheben. 5.2.2 Ergebnisse 5.2.2.1 Rücklauf Insgesamt wurden von den angefragten 790 Praxen im Kanton Bern 90 Fragebögen zurückgeschickt, was einer Rücklaufquote von 11.5% entspricht. Angesichts des hohen Aufwandes, der betrieben wurde, muss dies als unzureichend und nicht repräsentativ beurteilt werden. Trotzdem soll eine Beschreibung der Ergebnisse erfolgen und vorsichtige Interpretationen angestellt werden. 5.2.2.2 Beschreibung der teilnehmenden Hausarztpraxen Von 90 Praxen liegen ausgefüllte Fragebögen vor, 28 stammen aus der MS-Region 11 (Stadt Bern) und 62 aus den übrigen MS-Regionen (Nicht-Stadt Bern). 65 (73%) Praxen haben eine allgemeinmedizinische Ausrichtung, 24 (27%) sind internistische Praxen. 75 (82%) der Antwortenden sind Männer, 15 (17%) Frauen. Im Mittel sind sie seit 17.4 Jahren in eigener Praxis tätig. Sie behandeln am Tag durchschnittlich 25 PatientInnen. -119- 5.2.2.3 Qualität der Zusammenarbeit mit andern Versorgern Wie die HausärztInnen die psychiatrische Versorgung wahrnehmen und die Zusammenarbeit mit ihr qualitativ beurteilen, wird im Folgenden besprochen. Unter dieser Qualität wird Zusammenarbeit an sich, der Informationsfluss, die Behandlungsqualität, der Zugang zu freien Plätzen und für Notfälle bewertet. Es wird dabei zwischen stationären, teilstationären und ambulanten psychiatrischen Angeboten unterschieden. Im Schnitt wurden im letzten Jahr etwa 6 Hausarztpatienten stationär behandelt (N 88, MW 6.1, Med 4, SD 4.9, Range 1-25). Insgesamt beurteilen 90% der Ärzte die Behandlungsqualität als gut bis sehr gut. Information, Zusammenarbeit, freie Plätzen und Aufnahme von Notfällen schätzen 60-70% als gut bis sehr gut ein (Abb. 47). sehr gut gut mässig mangelhaft Einschätzung der Qualität der Zusammenarbeit mit der stationären Psychiatrie 100% 80% 60% 40% 20% 0% it on mati arbe men Infor m a s Zu Beha ndlu ng Freie e Plätz älle Not f Abb. 47: Zusammenarbeit mit der stationären Psychiatrie Aufgeteilt nach den am häufigsten genutzten Leistungserbringern, nämlich den stationären Angebote der UPD (N=18), des PZM (N=20) und der PM (Privatklinik Meiringen, N=6), zeigen sich deutliche Unterschiede (Abb. 48). Die universitären psychiatrischen Dienste werden über alle Qualitätseinheiten am schlechtesten beurteilt. Leider sind diese Ergebnisse so nicht aussagekräftig, da sie auf einem zu kleinen N beruhen. Die Spannbreite der Beurteilungen widerspiegelt sich dennoch in den Hearings, wo von guter Zusammenarbeit mit Einzelpersonen bis zum grossen Widerstand seitens der Klinik die Rede ist (siehe Anhang 1 unter h.). Hausärzte möchten von den psychiatrischen Kliniken ernst genommen zu werden, akute Fälle einweisen können und Austrittsberichte erhalten. Es wird festgestellt, dass Patienten nach dem Austritt selten an die Hausärzte zurückverwiesen werden. Einige bemängeln, dass sie damit nicht mehr Teil der Behandlungskette sind, obwohl die meisten Patienten früher -120- oder später trotzdem wieder in der Praxis auftauchen. Andere hingegen sind froh darüber, dass der psychiatrische Fall von Fachpersonen weiterbehandelt wird. Einschätzung der Zusammenarbeitsqualität Info ZA Behandl. Plätze PM PZM UPD PM PZM UPD PM PZM UPD PM PZM UPD PM UPD 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% PZM sehr gut mit stationärer Psychiatrie nach Leistungserbringer gut mässig mangelhaft 100% Notfälle Abb. 48: Zusammenarbeit mit der stationären Psychiatrie nach Leistungserbringer Die Zusammenarbeit mit der teilstationären Psychiatrie wird von 60 somatischen Ärzten ähnlich eingeschätzt wie mit der stationären (Abb. 49). Im Durchschnitt wurden jährlich pro Praxis 3 Patienten (N 76, MW 3.2, Med 2, SD 4.1, Range 0-20) teilstationär behandelt. Die Behandlungsqualität ist dabei am positivsten. Der Zugang bei Notfällen wird schwieriger angegeben als bei den stationären Angeboten, dort erscheint es wiederum schwieriger, freie Plätze zu finden. Eine weitere Aufteilung nach Leistungserbringern ist nicht möglich aufgrund der zu kleinen Zellenbesetzung. sehr gut gut mässig mangelhaft Einschätzung der Qualität der Zusammenarbeit mit der teilstationären Psychiatrie 100% 80% 60% 40% 20% 0% it ation arbe men m a s Zu m Infor ndl Beha ung Freie e Plätz Abb. 49: Zusammenarbeit mit der teilstationären Psychiatrie älle Not f -121- Die Zusammenarbeit mit der ambulanten Psychiatrie wurde von 75 Ärzten bewertet (Abb. 50). Im Durchschnitt wurden in den letzten zwölf Monaten 9 Patienten an einen ambulanten Dienst verwiesen (N 77, MW 9.0, Med 5, SD 9.7, Range 0-50). Das Profil der Beurteilung gleicht denjenigen der stationären und teilstationären Angebote, ist aber insgesamt leicht positiver. Die als hilfreich empfundene Unterstützung von und Zugänglichkeit zu ambulanten institutionellen Angeboten ist auch in den Hearings Thema (siehe Anhang 1 unter g.), v.a. auch bei der Umsetzung von stationären Einweisungen. Die Hausärzte empfinden es als viel einfacher, mit einer Rückmeldung durch den psychiatrischen Dienst einen Patienten für ein stationäres Angebot anzumelden, alleine stossen sie auf mehr Widerstand seitens der Klinik. Dennoch wünschen sich viele Hausärzte, weiterhin alleine einweisen zu können und nicht immer den psychiatrischen Dienst rückfragen zu müssen (Anhang 1 unter h.). Die Zusammenarbeit bei Abklärungen und Behandlungen läuft dann gut, wenn ein guter Kontakt zu den psychiatrischen Diensten besteht (Anhang 1 unter g.). sehr gut gut mässig mangelhaft Einschätzung der Qualität der Zusammenarbeit mit der ambulanten Psychiatrie 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% eit ation narb mme a s u Z m Infor ng ndlu Beha Freie e Plätz älle Not f Abb. 50: Zusammenarbeit mit der ambulanten Psychiatrie Die Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Psychiatern wurde von 77 Hausärzten eingeschätzt (Abb. 51). Durchschnittlich wurden im vergangenen Jahr 14 Patienten (N 82, MW 14.2, Med 10, SD 14.2, Range 0-100) von einem niedergelassenen Psychiater behandelt. Die Beurteilung ist sehr kritisch – zwar wird die Qualität der Behandlung als meistens gut bis sehr gut eingeschätzt – Information und Zusammenarbeit aber werden von 40-50%, und die Zugänglichkeit sogar von 65-75%, als mässig bis mangelhaft angesehen. Im Durchschnitt wurden während der letzten zwölf Monate 14 Patienten des Hausarztes durch einen niedergelassenen Psychiater behandelt, wobei Angaben zwischen 0 und 100 gemacht wurden. -122- sehr gut gut mässig mangelhaft Einschätzung der Qualität der Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Psychiatern 100% 80% 60% 40% 20% 0% it ation arbe men m a Zus m Infor Beha ndlu ng Freie e Plätz älle Not f Abb. 51: Zusammenarbeit mit der PsychiaterInnen Abb. 52 stellt die Beurteilung der Zusammenarbeit zwischen Hausärzte und Psychiatern aus der Sicht der Hausärzte und der Psychiater (siehe Psychiaterbefragung, Abb. 28) gegenüber. Dabei zeigt sich, dass die Hausärzte, die Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Psychiatern viel schlechter einschätzen als umgekehrt. nach HA Notfall Platz Behandl. ZA Info Notfall Platz Behandl. 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% ZA Gegenüberstellung der Einschätzung der Zusammenarbeitsqualität Hausarzt und Psychiater Info sehr gut gut mässig mangelhaft nach Psy Abb. 52: Gegenüberstellung der beiden Beurteilungen Hausarzt und Psychiater Diese Unterschiede werden in den Hearings bestätigt. Hausärzte arbeiten lieber mit den Niedergelassenen als mit den psychiatrischen Diensten, da sie eine langfristige Begleitung gewährleisten und langjährige therapeutische Erfahrung mit sich bringen (Anhang 1 unter f.). Dieser Wunsch kann aber häufig nicht in die Realität umgesetzt werden. Schwierigkeiten bereiten da lange Wartelisten, schwere Erreichbarkeit und selten gelungene Zuweisungen. -123- Psychiater auf der anderen Seite wissen von diesen Schwierigkeiten (Anhang 1 unter n.), wehren sich gleichzeitig gegen diffuse einzelne Abklärungsanfragen, welche dann meistens in eine Zuweisung münden (sog. Konsilium plus). Der Patient scheint durch den zuweisenden Hausarzt oft nicht gut orientiert und motiviert worden zu sein, so dass die Therapie kurz darauf abbricht. Z.T. ziehen sich einige Psychiater aus Veranstaltungen mit Hausärzten zurück, um weiteren Anfragen zu entgehen. Ein Netzwerk mit bekannten Hausärzten bestehe indes, werde gepflegt und funktioniere gut. 5.2.2.4 Stichtagbefragung Die Stichtagbefragung umfasst 90 Hausarztpraxen mit insgesamt 2331 PatientInnen, was rund 26 Patienten pro Praxis entspricht (Abb. 53). Der Anteil PatientInnen mit psychischer Symptomatik beträgt im Mittel 35% mit breiter Streuung (SD: 18.4 %, Range 0.03% - 84.6%) pro Praxis. Diese Angaben liegen über denen in der Literatur angegebenen, entsprechen eher der 12-Monatsprävalenz psychischer Erkrankungen mit 31% (Wien et al., 2007, S. 8). Dieser Umstand kann einen Hinweis auf die Nichtrepräsentativität der hausärztlichen Praxen, die an der Befragung teilgenommen haben, darstellen. Betrachtet man nur den Anteil der PatientInnen, die ausschliesslich durch die HA-Praxis psychiatrisch behandelt werden, vermindert sich der Anteil auf durchschnittlich 28% (SD 17%, Range 0% - 78%) pro Praxis. Die ebenfalls ausgeprägte Streuung, der Umstand, dass ein Viertel der hausärztlichen Praxen 40% oder mehr psychiatrische PatientInnen behandelt, lässt die Vermutung aufkommen, es hier mit Selektionsprozessen in der Antwortbereitschaft zu tun zu haben. Das Spektrum der psychischen Symptomatik ist heterogen und mit dem der niedergelassenen PsychiaterInnen vergleichbar. Interessanterweise lässt sich die Klientel, die - auf Basis der Eignungseinschätzung der Niedergelassenen - in hausärztlichen Praxen angemessen versorgt werden könnten, in der Stichtagbefragung nicht als Behandlungsschwerpunkt finden. -124- Abb. 53: Versorgungssituation der in hausärztlichen Praxen behandelten PatientInnen mit psychischer Symptomatik Die PatientInnen zwischen 18 und 65 Jahren stellen mit 68% (506 Pat.) den grösseren Teil der Klientel mit psychischer Symptomatik dar vs. 32% (241 Pat.) über 65 Jahren. Die PatientInnen zwischen 18 und 65 Jahren befinden sich anteilig häufiger in psychiatrischer Behandlung (120 PatientInnen, 24% vs. 24 PatientInnen 10%), obwohl die älteren PatientInnen als schwerer beeinträchtigt eingeschätzt werden. PatientInnen mit schizophrenen Störungen werden mit 58% am häufigsten psychiatrisch behandelt. Allerdings relativiert sich diese Angabe, bedenkt man dass diese mit 31 PatientInnen keine 5% der 747 PatientInnen darstellen. Es zeigt sich zwar ein Trend (Chi2 p < .0001) dahin gehend, dass je stärker die Einschränkung eingeschätzt wird desto weniger ausreichend wird die alleinige psychiatrische -125- Behandlung durch die HÄ beurteilt. Es werden aber die meisten PatientInnen (545, 90.4%) als durch die HÄ allein ausreichend behandelt beurteilt. Im Vergleich zwischen der MS-Region 11 und MS-Region Nicht-11 lassen sich keine statistisch signifikanten Unterschiede finden, weder hinsichtlich der Anteile der PatientInnen, die psychiatrisch behandelt werden noch hinsichtlich der Allokationseinschätzung. Abb. 54 zeigt die Verteilung der Versorgung bei verschiedenen Diagnosen. Abb. 54: Beurteilung der psychiatrischen Versorgung nach Diagnosen bzw. Symptomen 5.2.2.4.1 Ausschliessliche psychiatrische Behandlung in hausärztlicher Praxis 603 PatientInnen die ausschliesslich durch die 90 hausärztlichen Praxen psychiatrisch behandelt werden, leiden mehrheitlich an affektiven und neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen (Abb. 55). Demenzielle Störungen sind erwartungsgemäss bei den PatientInnen über 65 Jahre wesentlich stärker vertreten. Umgekehrt verhält es sich mit den neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen bei den zwischen 18 und 65 jährigen PatientInnen (Abb. 55, Abb. 56). -126- Abb. 55: Psychische Symptomatik von PatientInnen, die ausschliesslich durch HA psychiatrisch behandelt werden Abb. 56: Psychische Symptomatik von PatientInnen, die ausschliesslich durch HA psychiatrisch behandelt werden nach Alter (18 bis 65 N=386, über 65 N=217) -127- 5.2.3 Diskussion Über den unbefriedigenden Rücklauf können lediglich Mutmassungen angestellt werden. Von Ärzteseite her wurde darauf verwiesen, dass man nicht bereit sei, den Aufwand zu leisten angesichts der Unzufriedenheit mit der momentanen Diskussion (z.B. Labortarife). Zweifel an der Repräsentativität sind nicht nur aufgrund der geringen Rücklaufquote sondern auch aufgrund des hohen Anteils von PatientInnen mit psychischer Symptomatik angebracht. Die durch die hausärztlichen Praxen behandelten psychischen Störungen sind hinsichtlich ihrer Symptomatik und Schwere heterogen. Ob die dauerhafte alleinige Behandlung in der hausärztlichen Praxis die bestmögliche psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung darstellt, kann anhand dieser Erhebung auf Basis dieser Datengrundlage nicht beurteilt werden. Auf Basis der Literatur muss jedoch davon ausgegangen werden, dass dies längerfristig keine optimale Versorgungsform darstellt (Jacobi et al., 2004; Kruse et al., 2004). Bei den 90 hausärztlichen Praxen, welche an der Befragung teilgenommen haben, dürfte es sich jedoch eher um solche zu handeln, die ein überdurchschnittliches Interesse an psychiatrischen Fragestellungen haben und damit von psychischen Problemen betroffene Patienten vermehrt anziehen. Damit ist auch zu erwarten, dass sie über reiche Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit den Niedergelassenen und mit der institutionellen Psychiatrie verfügen. Trotzdem erscheint es wichtig, die wichtige Rolle bei der Grundversorgung der HausärztInnen wahrzunehmen. Diese nehmen einen wesentlichen Einfluss auf die Inanspruchnahme psychiatrischer Versorgungsleistungen (Zuweisungen durch HÄ in institutionelle Psychiatrie 26% aller PatientInnen, MedStat 2008), sind häufig erste Anlaufstelle für Menschen mit psychischen Problemen und werden PatientInnen mit psychischer Symptomatik auch in Zukunft oft langfristig behandeln; sie sind deshalb angemessen in die Versorgungsnetzwerke zu integrieren (Spiessl & Cording, 2000). -128- Anhang 1 Hearing-Ergebnisse: Hausärzte im Kanton Bern Themen Teilnehmer a. Diagnosen Regionen Bern Bern: Beat Sigrist, seit 1990 Praxis, del. PT Stefan Henzi, seit 2000 Zollikofen: Michael Deppeler, seit 1995, 10% del. PT Mühleberg: Thomas Kissling, seit 1988 Seeland Biel: Elisabeth Perrin, 1987, Colette Hänni, 1995, Theres Koller 1995, Christoph Käch, 1993 Nidau: Helen Burach, 1984 30-40% der städt. PK rel. psy Auffälligkeiten. 10% (ländl. PK 5%) bräuchten PT-Unterstützung, Hälfte davon würde diese annehmen. Schwierig, Zahlen anzugeben, bei vielen HA PT-Gespräche von Nutzen. 1-2/Monat Bedürfnis, PK von Psy abzuklären (Sucht Angst, Depression). 30-50% der PK rel. psy Auffälligkeiten 15%: Schmerz-, somatoforme Störung & Depression. 15%: Trauer, Burnout, Mobbing, Erschöpfung. 1%: chronisch (Autismus, Psychose, Sucht mit Methadon) Kleiner Rest: (Borderline-) PS seit seit seit seit seit b. Veränderung Arbeitsalltag c. Alltag HA gewohnt, alleine zu arbeiten, wenn Fall eigene Kapazitäten überschreitet, Handlungsbedarf gross, rasche Abklärung & Zuweisung seitens der psy Versorgung nötig. d. Schwierigkeiten Alltag Unsicherheiten bez. Medikationeinstellung, Druck der KK (Überarztung). Kaum Hilfe bei nur subakuter Auffälligkeit. Psychiatrie nicht wie anderes Spezialgebiet der Medizin: Abklärungen für Weiterbehandlung finden so nicht statt. Gründe: Terminschwierigkeiten, Erreichbarkeit, Unkenntnis seitens HA, wer zuständig. Akzeptanz von psy Hilfe in Bevölkerung bei ersten Auffälligkeiten nach wie vor klein. Abklärungen unter Deckname „Burnout“/ „Mobbing“ getätigt, sonst Widerstand der Familien. Schlechtes Netzwerk zw. Psy, HA & inst. Psy. Zusammenarbeit e. mit ZA mit Psy nicht existent, Psychiater einzelne Versuche scheiterten aufgrund Wartelisten, keine Notfallabnahme (&-dienst), Erreichbarkeit etc. Annahme, Psy wollen keine Langzeit-PK. Einzelne Abklärungen aber möglich, dankbar für Anwesende HA eher psy orientiert als Durchschnitt. Verhalten anderer HA weniger einladend für psy Auffällige. PK bei HA wollen PT-Unterstützung als psy, finden sonst selber geeigneten Psy. Schwere Diagnosen z.T. am einfachsten: Medikationsabgabe, intaktes soziales Netz, ab & zu Dekompensation,nicht problematisch. FFE & Spritzen zu Randzeiten sind Horror, HA alleine mit Akut-situation. Mit Familien-systemen konfrontiert, wo Mitglieder von div.. Psy gecoacht sind, wie Parallelbehandlungen koordinieren? Kaum Hilfe bei nur subakuter Auffällig-keit schwierig, etwas Geeignetes zu finden. Monitoring bei suizidalen PK schwierig. Probleme der Sprache, nicht nur d/fr, auch andere, Kosten für Übersetzungen nicht gedeckt (ausser SRK Bern). Familienmitglieder, welche für PK übersetzen, nicht geeignet. Medikation bei bipolare Störung? Lieber niederg. Psy für langfristige Behandlung als psy Dienst (längere Erfahrung), lieber Übergabe des PK als via Konsilium fallführend bleiben. Bei Psy keine Notfälle möglich, Wartelisten von 3 Mtn, Erreich- Emmental Langnau: Markus Bieri, seit 1997, Danielle Lemann, seit 1978, del. PT Zollbrück: Urs Brönnimann seit 1979 Burgdorf: Ernst Schürch, seit 1992 Signau: Lorenz Sommer, seit 1994 Oberaargau Roggwil: Brigitta Morgenthaler seit 22 J. Niederbipp: Beat Rössler, seit 16 J. Herzogenbuchsee: Markus Frey seit 10 J. 5 % der PK: rel. psy Auffälligkeiten, meistens Depression, Ängste, Psychose (z.T. gut behandelbar), Schwerkranke mit stat. Vergangenheit seit J. in Praxis (z.T. sehr pflegeleicht) 3-4 Hospitalisationen pro Jahr, darunter ca.1 FFE, eine Krise/Monat. 50% der PK psy auffällig 10-15% relevant, Depression, Burnout, Mobbing, somatoforme Störung, Familien-probleme, Mütter in der Krise, ADHS (Kind & Erwachsene), Sucht (Alkohol, Methadon). HA nicht mehr zentrale Einstiegspforte in Gesundheitsversorgung, direkt zu Psy aufgrund Bekannten, Medien, Internet. Vor 10 J. schwieriger, geeignete psy Versorgung zu finden. Dank psy Dienst bessere Notfallabdeckung, Triage, wo Psy anderer berät. Kleinräumlichkeit besser, man kennt sich, informeller Austausch, schnellerer Ablauf. Suchtpatienten (mit/ohne Methadon) in HA-Praxen abgenommen wegen Programmstrenge, ländl. Gegend & guten Angeboten (BIWAK). Immer kleiner werdende Gruppe stark somatischer HA, welche nur Medis abgibt & PK weiterweist. Anwesende HA eher psychosomatisch orientiert Minderheit, welche nicht mit psy Versorgung zusammenarbeiten, haben schlechte Erfahrungen gemacht (z.B. Unerreichbarkeit im Notfall, etc.). HA bieten begleitende unterstützende Lebenshilfe an, tragen so viele Patienten. Geringe Kapa-zitäten, z.T. PK im 5 Min Tournus, nicht viel Zeit für Gespräch. Z.T. Sonntagmorgen erreichbar, stossen an persönliche Grenzen. Manche PK möchten ganz klar psy Behandlung. Hauptproblem: Akute Notfälle (suizidgefährdet, Angst, Psychose, Weglaufgefahr) schwierig unterzubringen; stationärer Rahmen (PZM) wehrt sich, keine freien Bettenkapazitäten auf Akutstation in Burgdorf, Zugänglichkeit zu privater Klinik schon besser. HA-Notfalldienst: PK in Akutzustand schwierig einzuschätzen, Debatte mit Klinik, Randzeitenarbeit, Beruhigung Angehörige, etc. Schwierig sind grosse Krisen, welche 3-5 Wochen dauern, mehr psy Hilfe wäre wichtig. Sobald psychotisch, schizophren, Fall an psy Versorgung weitergeben. Bei Familien/Eheproblemen kann HA nur bedingt weiterhelfen, es braucht eine neutrale Ansprechperson. Schwierig auch Selbst/Fremdgefährdung. Wohin gehen ältere Teilnehmer des RAZ? Momentan Zustände, dass 40-jährige Person mit Down-Syndrom zu 80jährigen Eltern nach Hause geschickt wird, geht nicht. Netz aufgebaut, kennen einzelne Psy, wissen wie matchen.Für längere Therapie wird Psy hinzugezogen, nicht psy Dienst (auch bei Eheproblemen). 1-3 Konsultationen nötig, um Stigma des PK ggü Psy abzubauen. PTh kann Gute ZA, wenn zuweisbar, sonst schwierig. Vielfach wählen PK Psy selber aus. Region. Notfalldienst:Unterschied, wer Dienst hat, da häufig kein Hintergrundwissen zu auffälligem PK, Fachwissen lückenhaft, auf- Oberland inkl. Thun Gunten: Monika Maritz Mosimann seit 20 J. Allmedingen: Heinz Matti, seit 25 J. Kandersteg: Hans Walter Bühler seit 25 J. Steffisburg: Jürgen Raisin seit 15 J., Renato Tognina seit 25 J. Hilterfingen: Thomas Heuberger seit 28 J. Zweisimmen & Saanen: Herr Zimmerli, Herr Michel 5% der PK bräuchte psy Hilfe, 1% bräuchte inst. stat. psy Hilfe, keine PTPK in Praxis. 30% der PK erleben belastende Konflikte (auch familiäre), häufig Sucht (Alkohol, etc.), Angst-, somatoforme Störung, (chronische) Depression. Anwesende HA psy orientiert, Grossteil der PK bleibt in Praxis. Ländl. HA weisen seltener an psy Dienste/Psy: Gewissheit, PK tragen zu können. geogr. Probleme, mangelnde Akzeptanz der Psy in Bevölkerung. Hälfte der HA im Oberland West in psy Versorgung vernetzt, PK entscheidet, ob zu Psy oder HA. Grenzen: Wenn PK Nummer zu gross, Demenzabklärungen. Viele PKwerden in HA-Praxis behandelt, da oft psy Problematik für die PK kein Thema (aber im Hintergrund). Für Angsterkrankungen wären Gruppenangebote hilfreich. Bei Suizidproblematik Überweisung schwierig. Alkoholmissbrauch, wenn PK in Klinik, dann schnell wieder draussen, gute Anschlusslösungen selten. Lange Wartefristen, Kontaktaufbau schwierig, wohl genug PK, neue Praxen in Kürze gefüllt. Tel.-AB & 5 Min Sprechzeit fördert Kommunikation nicht. Konsiliardienste weniger wichtig als Abklärung & Übernahme inner- -129- f. mit Psychotherapeuten g. mit ambulanten & teilstationären Diensten h. mit stationären Diensten Rücksprache mit Notfalldienst leistenden Psy, wenn eigener PK auffällig. barkeit schwierig. Neue Psy schnell ausgebucht. Einzelne Abklärungen bei Psy möglich. Gute ZA mit del. PTh, nehmen Vieles ab. Ein HA hatte Supervision eines Psych 1/Mt für schwierige Fälle, war hilfreich. Hemmschwelle kleiner zu PTh zu gehen als zu Psy, aber KK zahlt nicht! UPD: Keine Übersicht, welche Angebote für wen, nach Überweisung ist man als HA meistens raus. KIZ (UPD): vor Jahren offener & zugänglicher, jetzt wird man allein gelassen. Früher bestand eine Notfallgruppe an Insel angehängt (Ueli Schnyder, UPD), sahen die PK 2-3 Mal & suchten mit HA gemeinsame Lösung, gelungen. Ambulatorien: Niederschw. Angebot gut, leider ausgebucht & Eintrittsrichtlinien (3-seitiger Bericht) zeitaufreibend. Im Raum Biel zwei gute PTh (bei Essstörungen zu empfehlen). Leider deckt die KK sie nicht. Del. PT gibt es viel zu wenig, ist auch kein lukrativer Job. Selten Möglichkeit, subakute Fälle an UPD abzugeben, nur mit Druck („Patient ist unterwegs“). Fühlen sich von UPD nicht ernstgenommen, es wird an ihren Entscheiden gezweifelt, ob PK in stat. Rahmen gehört oder nicht. Keine Übersicht, welche Angebote die UPD für wen anbietet. Wenn Überweisung glückt, HA häufig raus. auch behandeln, wenn aber zu psy (Medikationseinstellung, Abklärungen) ist Psy gefragt. fällig, dass manche Fall schnell wie möglich erledigen (zum Wohle des PK?) halb einer Woche mit Rücksprache. Balintgruppe Thun hilfreich für spez. Themen. Z.T. klare Wünsche ( bei Lebenskrise, Depression), PT-Hilfe in Anspruch nehmen zu können, dann aber lieber von PTh als von Psy. Psy Dienst: Existenz nicht allen anw. HA bekannt. Abklärungen laufen gut, subakute Fälle weniger möglich. Z.T. PK wegen Wartezeit & fehl. Angebot im KIZ Bern angemeldet. Bei anderen HA mangel. Nachfrage, zukünftig eher nutzen. Notfall-Triage & MOKI: Für Notfälle gut, leider nur tagsüber. Statt Notfall-Triage lieber HASupervision erhalten. MOKI gut & hilfreich, für welche PK & auch 2h vor Ort? Akuttagesklinik: Was ist das genau? Rasche Zugänglichkeit, offene Umstände möglich, Alternative zu Klinik ZA gut-schlecht, keine Diskussion mehr bei Zuweisungen („Patient ist unterwegs“). Z.T. Probleme mit AssiA (Sprache, schwer zu überzeugen), Berichte kommen selten an HA zurück, würde gern mehr einbezogen werden. Bellelay keinen guten Ruf, anw. HA kennen dortige Angebote nicht gut, bei manchen PK beliebt (Behandlung & „Maradona war dort“). Psy Dienst: Sehr hilfreich in ZA mit HA, wenn Fall besprochen leichtere Einweisung in Klinik, manchmal Dienst unnötig belastet dadurch. Zugänglich, weil klein, meistens in nützlicher Frist Lösung. Wichtig ist Ansprechpartner in Nähe, sehr hilfreich, dass auch Langnau dabei. Stigma für psy Dienst kleiner als für stat. Psy. Aufsuchende Pflege sehr hilfreich Amb. Kriseninter: z.T. schwierig, am selben oder nächsten Tag Angebot zu erhalten, könnte noch flexibler werden. PZM: Schon vor 30 J. Mühe, Bett zu finden, warum? Bettenmangel, häufige Zuweisungen durch HA, schlechte Indikation der HA? Diese PK bleiben meistens ja lange (häufig „Begutachtung 6 Wochen“). Anliegen der HA, Psychiatrie effizienter zu machen. Grosse Zweifel, bez. Bettenabbau, Notfallbetten in Klinik? Vorbereitung auf Austritt für HA i.d.R. keine. Meistens abwarten, bis Therapie nachbeh. Psy & PK zerbricht, & PK zurückkommt. Psy Dienst: Notfall & Abklärungen sehr gut, gemeinsame Lösungen im Zentrum, grosse Akzeptanz in Bevölkerung. Notfall-Triage laufe gut. Bei MOKI noch nie Absage bekommen (1-5 Mal verwendet) Über Akuttagmöchten HA esklinik informiert werden (was genau & für wen?) KIZ Niederbipp: Kapazitäten knapp, chron. & alterspsy Pat lange im KIZ (aus Alternativenmangel), ernst genommen als HA. Notfalldienst: Wenn kein Notfall ist, muss HA zahlen. Konsilium eines Psy gut, noch nicht vertraut. Zuweisungen ins PZM z.T. schwierig, häufig „nicht zuständig“, mit Rückfrage bei psy Dienst besser. AssiA schon Anamnese tel. eingeholt, statt Pat selber zu befragen. Oft besser nach dem Motto „PK ist unterwegs“. Selbst wenn PK aus Wysshölzli stat. Rahmen braucht, wird zurückgefragt „Sind Sie sicher?“ Wenn PK aus Klinik ist, dann bekommt der HA meistens kein Bericht, wird nicht informiert. Diese Zustände haben sich in den letzten Monaten nicht gebessert, im Gegenteil. PDT: gute ZA (Erreich/Verfügbarkeit; Bereitschaft, sich zu involvieren; Suche nach pragm. & flexiblen Lösung-en (Psy oder Klinik). PDT erbringt Konsilien/ tel. Beratungen (regelm. angefragt), auch amb. Behandlung. Wenn Abklärungsdruck seitens des Arbeitgebers, Abklärung auf PDT gute Lösung. Hat der HA PK für PDT motiviert & lange Wartezeit, Frust gross. PDT als Triage-Stelle bei stat. Einweisung nicht immer sinnvoll (Abspracheaufwand & bei Rand-zeiten schwierig). Konsilien & MedAbklärung auf psy Dienst mit Fallführung bei HA, mehr Öffentlichkeitsarbeit, Weiterbildungen. Psy Nothilfe zu Randzeiten, HA in schwierigen Fragen (z.B. FFE) coachen & psy Rückendeckung geben. KIZ in Biel, Tagesklinik personell aufstocken. Psy aufsuchende Pflege ausbauen (freiprakt., www.just-do-it.ch). Neue Arbeitsverhältnisse fördern, welche reduzierte Arbeit ermöglichen. Niederschwellige tagesstr. Programme. Nachtklinik aussterbend, aber sinnvoll, betreute WGs (nicht nur für junge Sucht-PK) könnten Bedürfnis nahe kommen. Aufsuchende Pflege intensivieren. (Akut-)Tagesklinik: Bedarf, in ländl. Gegend schwierig, man kennt sich, anpassen. Tagesstätte für ältere verwirrte PK wäre hilfreich, angehängt an Heim, nur manchmal Betreuung über Nacht hilfreicher. Disponible Notfallbetten auf psy Dienst haben, stat. Rahmen entlasten & freie Plätze generieren. FFE über Kantonsarzt anders regeln: so sehr unangenehm, belastet HAPK-Verhältnis. Notfalldienst für Psy: Keine Sanktionen bei NichtDienst, sondern Belohnung bei Dienst. Spezifische Angebote für gerontopsy Fälle: In Region grosse Lücke, Möglichkeiten schaffen für Tagesstruktur, Angehörigenarbeit, stat. Kapazitäten, Abklärungen. Notfallunterstützung mit Feedback an HA im Akutfall. Tagesklinik: Wartezeit zu lange, Plätze aufstocken. Niederschwellige Tagesstruktur: 2-4 h füllen, bis jetzt Tagesstätte nur für Demente, sonst vereinzelt Ergotherapie. Psy Spitex: nützlich, Schwierigkeit der Finanzierung lösen. Aufsuchende psy Pflege würde genutzt. Supervision in HA-Praxis, aber keine Konsilien von niederg. Psy (schwierig wegen Matching). Triagestelle für Psychosomatik nötig. Generell ist Distanz nicht Problem (Shopping ja auch nach Thun; Psy nicht ins hinterste Tal. Eigene Website für Bellelay, wo man sich orientieren kann, welche Angebote vorhanden sind etc. Mehr freie Betten bei Erschöpfungszuständen/ Depression. Weniger Kämpfe bei Zuweisungen in Klinik. Leichterer Zugang zu stat. Betten, bessere ZA zwischen HA, Klinik & Psy. Standard werden: Austrittsberichte, Standortgespräche mit Klinik, Psy, HA & PK. Kopie Austrittsbericht an Zuweiser (hier HA) & an Nachbehandler, so einander bekannt, inhaltlich: Austrittsdatum, Nachbehandler, Diagnose & was gemacht wurde. GerontopsyFälle: Möglichkeiten schaffen für Tagesstruktur, Angehörigenarbeit, stat. Kapazitäten, Abklärungen. Möglichkeit behalten, direkt in Klinik einzuweisen, i.S.v. „Zuweiser hat Recht“, ohne Rückfrage an psy Dienst. Klinik sollte schneller aufnehmen. Offene Station für die meisten PK förderlich, für Indikationsgespräche & zum Schnuppern. Umverteilung der Bettenkapazitäten (mehr Krisen- & psychosom. Betten).HA möchte PK gerne nachbetreuen, nach KlinikEntlassung Gespräch mit HA, wie weiter, PK soll selber entscheiden, ob zu Psy oder HA. Krisenbetten in Thun: zur Triage Ca. 2 Einweisungen (i.d.R. FFE) pro Jahr. ZA in letzter Zeit verbessert (guter Dienstoberarzt im PZM; trotzdem kaum Rückmeldung während Aufenthalt, wenig Einbezug, Zweifel an HA-Kompetenz (generell Problem in Medizin), Kommunikation schwierig, selten Austrittsberichte. Psychiatrie weit vom HA. PK so lange wie möglich bei HA, bei Eskalation muss Klinik bereit sein (nur Garantie für Einweisung innerhalb 12h wichtig) Warum Widerstand bei Klinik so gross? Sobald PDT involviert, kein Problem mehr. Profilakt. FFE, von Klinik gefordert, nicht vertretbar! Verbesserungswünsche i. für ambulante und teilstationäre Dienste j. für stationäre psy Dienste Quartiernahe amb. Behandlung & Abklärung (v.a. für Schmerz-PK), KIZAusbau für subakute Fälle, psy Coaching für HA.. Alterspsychiatrie: Triagestelle UPD für ZA mit Heim, HA & Psy, Erweiterung des TK-Angebotes für Demente. PK mit MH: Inst. Fachstelle für Abklärung (PTBS, PS, Schmerzstörung), som. & psy ZA, Einbezug Arbeit/ Rehabilitation, rasche Bearbeitung, Psy/ PTh mehrsprachig. Zentrale Telefonnummer UPD, für Triage mit Kenntnissen über Störungen, Versorgung, Abklärung, erleichtert Zuweisung.Suchtproblematik: Niederschw. Ang. Zentrale Telefonnummer UPD, welche der Triage dient. Gemeinsam Lösungen finden & auf niederschwellige Angebote eingehen, stat. nur im äussersten Notfall. Ferienbetten erhöhen: Übergang Klinik-Zuhause leichter machen („Fit für Zuhause“). Auch weitere Entzugsmöglichkeiten (neben Meiringen) müssen aufgebaut werden, nötig wäre Flügel an UPD für Entzug legaler Drogen. -130- oder z.T. nur 24h Überwachung im Akutfall, kein Einschalten der Klinik. k. für unterversorgte Personengruppen l. für die Gesundheitsund Fürsorge-direktion m. für andere Akteurgruppen Junge Sucht-PK: mehr Hilfsangebote, motivierte PK landen im Südhang, abwehrende in Klinik, Heim oder auf Strasse, keine Lösung! Chronische Schmerz-PK: werden von HA ertragen, zu 90% MH, aus körperl. Berufen. Mehr Therapie (Puffer), wenn zu lange keine Veränderung, Job weg. PK mit beginnender Demenz/ Hirnsschwäche: Heim oder Zuhause mit Spitex, wo Unterstützung für Familie? Anschlusslösung für schwere Schizophrene, Umgang mit Alkoholikern Plattform des Austausches, Weiter-bildungen, Förderung der ZA zw. HA, Psy, inst. Psy & som. Medizin, durch GEF planbar mit Möglich-keiten zur Förderung des Austausches, Gemeinschaftspraxen etc. Therapiebörse für Psy (Zürcher Vorbild), spez. Vorzüge & freie Kapazitäten. Nicht fassbare PK, keine spezifische psy Behandlung möglich oder wirksam, kein Wille, soziale Dienste können keinen Druck machen Junge instabile PK: wachsen über Familie hinaus. PK mit MH eher Assimilisationsprobleme oder psy-som. Probleme als psy auffällig, hinderliche Sprachprobleme, in ländl. Gegenden mehr verteilt auf viele HA. Geriatrische Probleme: Demenz/Depression Hauptproblem, wann ist was vorherrschend? Welche Medis? Was besser für PK, zuhause mit Spitex, ins Heim? Jugendliche mit Verhaltensstörung: Anzeichen von Schizophrenie, Psychose, Cannabiskonsum, HA möchte gut vorgehen, damit Risiko eines chronischen Verlaufs reduziert wird. Berufsgeheimnis: HA sollte schnell davon entbunden werden können, damit Gefährdungsmeldung möglich, sonst nicht handlungsfähig. Arbeitsplatz für Psy auf dem Land attraktiver gestalten, da Psy/PTh schwierig zu finden. Niederg. Psy sollten sozialpsy arbeiten, inst. Psy psychotherapeutischer. Vernetzte ZA: Alle Beteiligten kennen ihre Kernkompetenzen und wenden sie an. Globales Team: ermöglicht Triage. Ärztemangel angehen: Im Oberaargau wenig HA (Praxis werden geschlossen, PK an umliegende abgegeben), noch weniger Psy. Probleme in der Adoleszenz (Schul- oder Lehrabbruch), wohin weiterleiten (EB zum Teil nicht mehr zuständig oder z.T. unbefriedigende ZA, Widerstand der Familie) Klinik Wyss gut bei PrivatPK, gute ZA mit Contact Bern bei Suchtproblematik Beurteilungen anderer Akteure über die Arbeit des Hausarztes n. Psychiater Netzwerk mit bekannten Rege tel. Kommunikation HA aufgebaut, aus Kapafunktioniert. HA froh, wenn zitätsgründen keine Abklärungen, v.a. bei PK weiteren PK. Konsilien mit mit MH oder Fremdsprachbek. HA, Balintgruppe igen, an Psy weitergehen. laufen gut. Psy NotfallWichtig ist, einander zu dienst von HA wenig kennen, z.B. über Weitergenutzt, haben Inselnotfall. bildungen. Als Psy schwieSubakute Fälle nur von rig, Akutpatienten aufzubek. HA angenommen & nehmen, lange Wartezeit, nur wenn Platz. Z.T. AbKritik seitens der HA sage an form. Treffen mit berechtigt. Berichte an HA HA, um Zuweisungen zu zu senden ist z.T. aufwenentgehen. Konsilium+, dig, da schon andere wenn HA nichts über PK Prioritäten (IV etc.). Ruf mitteilte, keine Vorarbeit des Psy daher nicht so gut. tätigte. So Behandlung akuter Krise des HA. PK nicht lange bei Psy, da nicht motiviert wurde. o. PsychoBekannte HA überweisen Gute ZA mit HA, da es in therapeuten PK, gute ZA Biel keine Psy gibt! Für FSP Psych diese ZA ohnehin interessanter, da auch Mitspracherecht. Auch in Institution Kontakt zu HA besser als zu Psy, mehr Freiheiten.Kapazitäten des HA oft überlastet, so dass alles Mögliche eine Krise. PT hilft oft. p. WohnheiFrienisberg: Haben som. Pré-Aux-Boeufs: Einmal in me Arzt & Psy, welche Heim der Woche Sitzung mit versorgen, z.T. Differenzen somatischem Arzt q. Alters- und Guten Kontakt zu HeimWenn Heimarzt psy Pflegeheime arzt, 24/7 zur Stelle. Indiv. orientiert, viele Vorteile Fallbesprechung mit bez. Medikation, psy Heimarzt und Pflegeleute. Wissen & Abrufbarkeit Biographie des PK Vereinzelt Fall mit Psychwichtige für Verständnis. iatrie, sonst schaut HeimHeimarzt-System (=Vollparzt. ZA mit ihm nicht auschale), wenn som. Arzt befriedigend, nicht ernst psy weitergebildet, genommen (war unerreicherleichtert Arbeit & Zugang bar, Sanitätspolizei musste zu psy Wissen. Bei Hauskommen). Medikation z.T. arzt-System z.T. mangelerschreckend (alte Komb.) ndes psy Know-How Nachkorrektur zw. HA&Psy Schnellerer Zugang zur EB: Beratung meistens erst in 3 Mtn, HA nicht einbezogen, muss Eltern nach EB-Besuch betreuen, keine Berichte. Klinik Wyss: Für geriatrische PK nicht & Suizid-gefahr geeignet, geben sich sonst Mühe (Austrittsbericht). SGM: die wenigen PK, die dort sind, zufrieden. Pflegeheim Wiedlisbach: nicht angebunden an SRO, ZA fehlt, Demenzstationen, Abklärungen ermöglichen. Zugänglichkeit zu Psy fördern, Termine ermöglichen, ZA mit HA stärken. Del. PTh erhalten bei längerer Nichtbenutzung. Bezahlbare PT finanziert durch KK. Dolmetscherbezahlung, könnte über KK laufen. Psychosom. Betten: kein Angebot im Kanton. Mehr Akzeptanz der HA durch Psychiatrie, weniger Psychiatrie in Region. EB: Schlechte Erfahrungen, kaum verfügbar, keine med. Ansprechperson; Verantwortlicher nimmt HA nicht ernst, Abschiebeproblematik Arbeitsrehabilitation: Riesenproblem, Betriebe brennen darauf, zu erfahren, wann PK wieder arbeitsfähig ist, genaue Abklärungen müssen hier erfolgen, Möglichkeiten zur Teilzeitarbeit offen stehen HA erkennt z.T. psy Symptome nicht, oder will sie nicht sehen, den Klienten zu überzeugen, psy Hilfe einzuholen, braucht extremes Fingerspitzengefühl Mit manchen HA Zusammenarbeit gute HA sind zur Stelle, MediEinstellungen funktionieren HA & Psy sitzen zusammen, interdisziplinärer Austausch, 90% der betreuenden HA zeigen gute ZA mit Stützpunkt. Bei Belegarzt-System dauert es tendenziell lange, bis psy Hilfe hinzugezogen wird. HA haben psy Wissensbedarf, Workshops wären sinnvoll. Alles über HA, schwierig, bis man zu Unterstützung kommt. Ältere Semester, Zweifel, ob Medikation akt. Standards entspricht. HA möchte PK selbst behandeln, fühlen sich kompetent, in Krisen fragwürdig. Bei Heimarzt & Pauschale ist alles selbst-finanziert. Man profitiert von HA mit psy Erfahrung, Psy für geriatr. Gruppe da. Bei Intervention Heimarzt = Psy von Vorteil, froh, wenn Inputs von PDL oder Pflegeleute kommen. Für HA leichter, PK Optiker zuzuweisen als Psy. Falls Betreuung durch HA nicht genügend, Druck ausüben, Vertrag mit psy Dienst zu machen. Medikation z.T. fragwürdig (Kenntnisse der HA?) Kontrolle von Fachperson 1/Jahr von Vorteil -131- r. Selbsthilfe& Angehörigengruppen s. Sozialdienste t. Spitexdienste u. Regierungsstatthalter APhS: Einige HA erkennen die Symptome einer Angst-oder Panikstörung nicht, auf somatischer Ebene behandelt, Psychische wird nicht beachtet. Bei anderen Sensibilität da, können auf Patient eingehen, richtige Fachperson finden. Equilibrium: Eine anwesende Betroffene wurde von HA nicht ernstgenommen, was ihre Symptome anging. Er dachte nur, sie wolle eine Auszeit/Ferien. ZA personenabhängig. Als Bestehende Kontakte mit Mandatsträger kann man HA lgut. Früher kannte selber an HA zuweisen, ist man sich, heute schwierGold wert. iger, HA haben KK im Nacken, wenn psy Abklärung mit spez. Tests, gibt HA dies gerne an Klinik ab (Überarztung). ZA HA personenspezifisch, Absprachen schwierig mit HA. Hausbesuche selten, nicht lukrativ. An HA-Weiterbildungen Es wird beobachtet, dass HA sollte man viel strenger überprüfen, ob sie Weisungen ZA Klinik&HA funktioniert gemeinsam mit Inselspital manche HA gerne das einhalten. Kurzfristige Einweisungen durch HA sind nicht, HA nicht informiert, wenn PK nach einem Tag beteiligt, Erklärung des FFE-Anliegen auf höherer manchmal heikel, Formular nur kurz ausgefüllt. Klinik verlässt. Wenn HA Formulars für die ärztl. Ebene RSH weiterleiten, FFE-Anliegen an RSH FFE-Einweisung, dennoch um nicht selber dafür foutieren sich manche HA gerade stehen zu müssen. weiterleitet, in Ordnung, vor dem Ausfüllen. Z.T. nur, wenn es bei HA nicht schieben HA FFE hinaus, für FFE reicht, dann bei uns auch nicht! Vor HAEskalation zuhause. Ferien wird Verantwortung nicht gerne abgenommen. Bei HA sehen Anwesende keine Differenzierung, keine enge Zusammenarbeit bisher nötig v. Krankenkassen w. Pro Enge Zusammenarbeit mit HA, fast alle PK an einen HA oder Psy gehängt Infirmis Abkürzungen: KK = Krankenkasse PS = Persönlichkeitsstörung AssiA = Assistenzärzte MH = Migrationshintergrund Psy = Psychiater BGPP = Bernerische Gesellschaft für PDL = Pflegedienstleiter psy = psychiatrische Psychiatrie und Psychotherapie PK = Patient/Klient Psych = Psychologe HL = Heimleiter Es wird für alle Anwesenden die männliche Form verwendet. PT = Psychotherapie PTh = Psychotherapeut RSH = Regierungsstatthalter ZA = Zusammenarbeit Literatur Jacobi, F., Klose, M. & Wittchen, H. U. (2004). Psychische Störungen in der deutschen Allgemeinbevölkerung: Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen und Ausfalltage. Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz, 47(8), 736-744. Kruse, J., Schmitz, N., Wöller, W., Heckrath, C. & Tress, W. (2004). Warum übersieht der Hausarzt die psychischen Störungen seiner Patienten? Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie, 54(2), 45-51. Spiessl, H. & Cording, C. (2000). Zusammenarbeit niedergelassener Allgemeinärzte und Nervenärzte mit der psychiatrischen Klinik. Fortschritte der Neurologie Psychiatrie, 68(5), 206-215. Wien, S., Bergman, F., Niebling, W. & Schneider, F. (2007). Grundlagen. In F. Schneider & W. Niebling (Hrsg.), Psychische Erkrankungen in der Hausarztpraxis. Heidelberg: Springer. -132- 6 Daten zur Versorgung aus verschiedenen Datenquellen 6.1 Santé Suisse Daten- und Tarifpool Mit dem Ziel den Anteil der psychiatrischen Versorgung durch die freipraktizierenden Psychiaterinnen und Psychiater und die Grundversorger (Allgemeinmedizin und Innere Medizin) zu erfassen, wurden die Berner Daten der Jahre 2005- 2008 von der Santé Suisse zur Verfügung gestellt. Die Daten werden auf zwei Ebenen ausgewertet. Der Datenpool entspricht einer Makroebene und deckt im Kanton Bern die Leistungen der Grundversicherung von 92% Versicherten ab. Damit ist eine relativ vollständige Erfassung der Leistungen aller freipraktizierenden Psychiaterinnen und Psychiater möglich. Der Tarifpool entspricht einer Mikroebene und erfasst die Leistungen aufgeteilt nach Tarmedposition. Damit lassen sich die psychiatrischen Leistungen der Grundversorger erfassen. Der Tarifpool deckt je nach Jahr 68-73% der Versicherten ab. Die Daten werden für den gesamten Kanton Bern sowie aufgegliedert nach MS-Regionen der Leistungserbringer geliefert. Aus Datenschutzgründen werden nur Daten von Regionen mit mindestens 5 Leistungserbringern aufgeschlüsselt (11 Bern, 13 Biel, 15 Langenthal, 16 Burgdorf, 18 Aaretal, 20 Thun, 23 Interlaken). Deshalb werden die Daten zusätzlich aggregiert zu MS Region Bern vs. übriger Kanton. Alle Daten werden jeweils auf 100% der erwachsenen Bevölkerung hochgerechnet. 6.1.1 Versorgung durch die freipraktizierenden Psychiaterinnen und Psychiater Tab. 41 zeigt, dass insgesamt 320 (2005) bis 330 (2008; Zunahme 3.1%) freipraktizierende Psychiaterinnen und Psychiater im Kanton Bern Gesamtleistungen im Umfang von 53.2 Mio. CHF bis 59.1 Mio. CHF erbringen (Zunahme 11.1%). Es werden zwischen 33‘700 und 37‘700 Erkrankte behandelt (Zunahme 11.8%). Diese Veränderungen sind je nach Region sehr unterschiedlich: Leistungserbringer: -7% (Langenthal) bis 13% (Thun); Leistungen: 0% (Burgdorf) bis 20% (Biel); Erkrankte: 0% (Biel) bis 33% (Interlaken). 6.1.2 Psychiatrische Leistungen Allgemeine und Innere Medizin Tab. 42 zeigt, dass insgesamt 793 (2005) bis 786 (2008; Abnahme 0.9%) Allgemeine und Innere Mediziner im Kanton Bern Tarmedleistungen (001) im Umfang von 172.5 Mio. CHF bis 189.2 Mio. CHF erbringen (Zunahme 9.7%). Es werden zwischen 33‘700 und 37‘700 Erkrankte behandelt (Zunahme 11.8%). -133- Tab. 41: Verlauf Leistungen Psychiatrie 2005-2008 Leistungen Psychiatrie und Psychotherapie, Kt BE MS Region Variable Abdeckung Quelle: santésuisse Datenpool Jahresdaten, nach Abrechnungsdatum. Hochgerechnete Rohdaten. 2005 92% 2006 92% 2007 93% 2008 92% Zunahme Behandlungen Arztpraxis (alle Kostenarten) [CHF] Erkrankte Anzahl Leistungserbringer Erkrankte/Leistungserbringer Konsultationen/Leistungserbringer geschätzt * Behandlungen Arztpraxis pro Erkrankter [CHF] 5'711'122 5'006 27 185 2'243 1'141 6'191'909 4'859 28 174 2'100 1'274 6'181'004 4'825 26 186 2'246 1'281 6'841'733 4'990 27 185 2'236 1'371 19.8% -0.3% 0.0% -0.3% -0.3% 20.2% Behandlungen Arztpraxis (alle Kostenarten) [CHF] Erkrankte 15 Anzahl Leistungserbringer Langenthal Erkrankte/Leistungserbringer Konsultationen/Leistungserbringer geschätzt * Behandlungen Arztpraxis pro Erkrankter [CHF] 1'846'895 1'705 14 122 1'474 1'083 1'918'492 1'716 14 123 1'483 1'118 2'079'086 1'867 13 144 1'738 1'114 2'148'967 1'924 13 148 1'791 1'117 16.4% 12.8% -7.1% 21.5% 21.5% 3.1% Behandlungen Arztpraxis (alle Kostenarten) [CHF] Erkrankte Anzahl Leistungserbringer 16 Burgdorf Erkrankte/Leistungserbringer Konsultationen/Leistungserbringer geschätzt * Behandlungen Arztpraxis pro Erkrankter [CHF] 2'410'280 1'487 19 78 947 1'621 2'220'275 1'407 19 74 896 1'578 2'362'909 1'509 19 79 961 1'565 2'400'621 1'549 19 82 987 1'549 -0.4% 4.2% 0.0% 4.2% 4.2% -4.4% 18 Aaretal Behandlungen Arztpraxis (alle Kostenarten) [CHF] Erkrankte Anzahl Leistungserbringer Erkrankte/Leistungserbringer Konsultationen/Leistungserbringer geschätzt * Behandlungen Arztpraxis pro Erkrankter [CHF] 783'999 505 8 63 764 1'552 794'363 502 7 72 868 1'582 741'286 509 9 57 684 1'458 801'667 507 9 56 682 1'580 2.3% 0.4% 12.5% -10.7% -10.7% 1.8% 20 Thun Behandlungen Arztpraxis (alle Kostenarten) [CHF] Erkrankte Anzahl Leistungserbringer Erkrankte/Leistungserbringer Konsultationen/Leistungserbringer geschätzt * Behandlungen Arztpraxis pro Erkrankter [CHF] 5'611'601 3'889 30 130 1'568 1'443 5'837'560 4'030 29 139 1'681 1'449 6'012'301 4'358 32 136 1'648 1'380 6'373'264 4'726 34 139 1'682 1'349 13.6% 21.5% 13.3% 7.2% 7.2% -6.5% Behandlungen Arztpraxis (alle Kostenarten) [CHF] Erkrankte Anzahl Leistungserbringer 23 Interlaken Erkrankte/Leistungserbringer Konsultationen/Leistungserbringer geschätzt * Behandlungen Arztpraxis pro Erkrankter [CHF] 1'791'121 1'232 10 123 1'491 1'454 1'848'144 1'292 9 144 1'737 1'430 1'781'764 1'397 11 127 1'537 1'275 2'276'522 1'637 11 149 1'800 1'391 27.1% 32.9% 10.0% 20.8% 20.8% -4.3% 11 Bern Behandlungen Arztpraxis (alle Kostenarten) [CHF] Erkrankte Anzahl Leistungserbringer Erkrankte/Leistungserbringer Konsultationen/Leistungserbringer geschätzt * Behandlungen Arztpraxis pro Erkrankter [CHF] 33'990'637 33'409'017 34'803'209 36'835'840 19'093 18'888 20'072 21'165 202 206 206 207 95 92 97 102 1'144 1'109 1'179 1'237 1'780 1'769 1'734 1'740 8.4% 10.8% 2.5% 8.2% 8.2% -2.2% Nicht Bern Behandlungen Arztpraxis (alle Kostenarten) [CHF] Erkrankte Anzahl Leistungserbringer Erkrankte/Leistungserbringer Konsultationen/Leistungserbringer geschätzt * Behandlungen Arztpraxis pro Erkrankter [CHF] 19'173'904 19'996'087 20'403'933 22'252'701 14'589 14'701 15'410 16'490 118 116 121 123 124 127 127 134 1'496 1'533 1'541 1'622 1'314 1'360 1'324 1'349 16.1% 13.0% 4.2% 8.4% 8.4% 2.7% Behandlungen Arztpraxis (alle Kostenarten) [CHF] Erkrankte Anzahl Leistungserbringer Erkrankte/Leistungserbringer Konsultationen/Leistungserbringer geschätzt * 53'164'541 53'405'104 55'207'142 59'088'541 33'682 33'589 35'482 37'655 320 322 327 330 105 104 109 114 1'274 1'262 1'313 1'381 11.1% 11.8% 3.1% 8.4% 8.4% 13 Biel Kanton BE gesamt -134- Tab. 42: Verlauf Psychiatrische Leistungen Allgemeine und Innere Medizin 2005-2008 Leistungen Allgemeine und Innere Medizin 2005 68% 2006 72% 2007 73% 2008 71% Zunahme Leistungen gesamt Psychiatrische Leistungen Anzahl Leistungserbringer Anteil psychiatr. Leistungen Anteil von Psychiatern 15'478'506 62'145 77 0.4% 1.1% 15'783'007 48'743 78 0.3% 0.8% 15'561'578 42'010 79 0.3% 0.7% 16'116'231 46'284 79 0.3% 0.7% 4.1% -25.5% 2.6% -28.5% -37.8% Leistungen gesamt Psychiatrische Leistungen 15 Anzahl Leistungserbringer Langenthal Anteil psychiatr. Leistungen Anteil von Psychiatern 13'389'062 29'558 49 0.2% 1.6% 14'002'426 24'999 51 0.2% 1.3% 14'142'942 25'916 51 0.2% 1.2% 15'190'173 20'735 49 0.1% 1.0% 13.5% -29.8% 0.0% -38.2% -39.7% Leistungen gesamt Psychiatrische Leistungen Anzahl Leistungserbringer 16 Burgdorf Anteil psychiatr. Leistungen Anteil von Psychiatern 12'711'909 189'780 53 1.5% 7.9% 13'414'578 166'658 54 1.2% 7.5% 14'548'376 212'974 58 1.5% 9.0% 15'814'043 221'407 57 1.4% 9.2% 24.4% 16.7% 7.5% -6.2% 17.1% Leistungen gesamt Psychiatrische Leistungen Anzahl Leistungserbringer Anteil psychiatr. Leistungen Anteil von Psychiatern 11'379'250 246'328 48 2.2% 31.4% 12'830'384 205'908 47 1.6% 25.9% 12'871'939 164'407 51 1.3% 22.2% 13'680'621 142'739 51 1.0% 17.8% 20.2% -42.1% 6.3% -51.8% -43.3% Leistungen gesamt Psychiatrische Leistungen Anzahl Leistungserbringer Anteil psychiatr. Leistungen Anteil von Psychiatern 23'046'908 210'523 94 0.9% 3.8% 24'310'287 292'075 92 1.2% 5.0% 23'788'126 245'140 92 1.0% 4.1% 25'182'622 199'865 87 0.8% 3.1% 9.3% -5.1% -7.4% -13.1% -16.4% Leistungen gesamt Psychiatrische Leistungen Anzahl Leistungserbringer 23 Interlaken Anteil psychiatr. Leistungen Anteil von Psychiatern 8'504'319 52'277 40 0.6% 2.9% 9'159'891 49'942 37 0.5% 2.7% 9'105'108 56'244 40 0.6% 3.2% 9'356'071 55'204 39 0.6% 2.4% 10.0% 5.6% -2.5% -4.0% -16.9% Leistungen gesamt Psychiatrische Leistungen Anzahl Leistungserbringer Anteil psychiatr. Leistungen Anteil von Psychiatern 55'699'937 1'271'710 287 2.3% 3.7% 55'690'759 1'299'076 291 2.3% 3.9% 55'919'241 1'096'758 287 2.0% 3.2% 59'347'559 1'086'419 282 1.8% 2.9% 6.5% -14.6% -1.7% -19.8% -21.2% Leistungen gesamt Psychiatrische Leistungen Anzahl Leistungserbringer Anteil psychiatr. Leistungen Anteil von Psychiatern 116'802'447 1'042'959 506 0.9% 5.4% 123'189'763 1'027'313 504 0.8% 5.1% 122'687'422 966'949 515 0.8% 4.7% 129'847'766 910'692 504 0.7% 4.1% 11.2% -12.7% -0.4% -21.5% -24.8% Leistungen gesamt Psychiatrische Leistungen Anzahl Leistungserbringer Anteil psychiatr. Leistungen Anteil von Psychiatern 172'502'384 2'314'670 793 1.3% 4.4% 178'880'521 2'326'389 795 1.3% 4.4% 178'606'663 2'063'707 802 1.2% 3.7% 189'195'325 1'997'112 786 1.1% 3.4% 9.7% -13.7% -0.9% -21.3% -22.4% MS Region 13 Biel 18 Aaretal 20 Thun 11 Bern Nicht Bern Kanton BE gesamt Bruttoleistungen [CHF] Tarifpool -135- 6.2 Vergleich verschiedener Quellen zur ambulanten Versorgung Im Folgenden sollen die Daten zur ambulanten aus verschiedenen Quellen verglichen werden. Für diese Zusammenstellung wurden nur die grösseren MS-Regionen berücksichtigt, dazu wurde die MS-Region 11 (Bern Stadt) allen andern Regionen gegenübergestellt. Für diesen Vergleich werden die Daten von 2008 verwendet und wo nötig auf 100% der Bevölkerung hochgerechnet. 6.2.1 Bevölkerungsdaten Die Bevölkerungsdaten entstammen dem BFS 2008 und sind aufgeteilt nach MS-Regionen. Da die aktuellen Daten nicht nach Alter aufgeteilt sind, wurde zur Schätzung ein einheitlicher Prozentsatz von unter 20 Jährigen von 20% angenommen. Aufgrund dieser Grundlagen lebten im Jahre 2008 775‘400 Erwachsene (20+) im Kanton Bern, 191‘500 (25%) in der MSRegion 11 und 583‘900 in den übrigen Regionen (Tab. 43). 6.2.2 Santé Suisse Datenpool Psychiatrie Erwachsene Der Datenpool enthält die Behandlungskosten und die Anzahl der Erkrankten. Insgesamt wurden im Jahr 2008 Leistungen im Umfang von 59.1 Mio. CHF (MS 11: 36.8 Mio. CHF = 62%, MS übrige: 22.3 Mio CHF = 38%) erbracht. 330 Leistungserbringer (MS 11: 207 = 63%, MS übrige: 123 = 37%) behandelten 37‘700 Erkrankte (MS 11: 56%, MS übrige: 44%), was einer Jahresprävalenz von 4.9% entspricht (MS 11: 11.1%, , MS übrige: 2.8%) – dies entspricht 114 Erkrankten pro Leistungserbringer (MS11: 102, MS übrige: 134). Aufgrund von fehlerhaften Datenlieferungen eines Versicherers kann die Anzahl Konsultationen nicht verwendet werden, sondern kann nur aus dem gesamtschweizerischen Durchschnitt geschätzt werden. Demnach beträgt dieser Wert 12.1 Konsultationen pro Erkranktem pro Jahr (Tab. 43). 6.2.3 Santé Suisse Tarifpool Allgemeine und Innere Medizin Der Tarifpool enthält Leistungen nach Tarmed-Katalog. Daraus lassen sich die psychiatrisch abgerechneten Leistungen der Allgemeinen und Inneren Mediziner herausfiltern. Insgesamt erbrachten im Kanton Bern 786 Leistungserbringer Tarmed-Leistungen im Betrag von 189 Mio. CHF (MS 11: 282 Leistungserbringer (36%) erbringen 59 Mio. CHF (31%), MS übrige: 504 Leistungserbringer (64%) erbringen 130 Mio. CHF (69%)). Insgesamt beträgt der Anteil abgerechneter psychiatrischer Leistungen 2 Mio. CHF, was 1.1% der gesamten Leistungen entspricht (MS 11: 1.1 Mio. CHF entspricht 1.8%, MS übrige: 0.9 Mio. CHF entspricht 0.7%). (Tab. 44) -136Tab. 43: Ambulante Leistungen 2008: Bevölkerungsdaten und Santé Suisse Datenpool Psychiatrie Zusammenstellung ambulante Leistungen 2008 MS-Region 11 13 15 16 18 20 23 Kanton Bern Nicht Stadt Bern Stadt Biel Oberaargau Burgdorf Aaretal Thun Oberland-Ost 969'299 729'917 239'382 93'448 68'692 108'975 94'609 114'983 46'157 20% 20% 20% 20% 20% 20% 20% 20% 20% Erwachsene (20+) Bevölkerung 2008 775'439 583'934 191'506 74'758 54'954 87'180 75'687 91'986 36'926 Anteil Bevölkerung bzgl. Kanton 100.0% 75.3% 24.7% 9.6% 7.1% 11.2% 9.8% 11.9% 4.8% 2'148'967.- 2'400'621.- 801'667.- 6'373'264.- 2'276'522.- Region Bevölkerung (BFS, MS-Regionen Teil Kanton Bern) Bevölkerung 2008 Anteil Alter 0-19 (nicht differenziert nach MS-Region) Santé Suisse Datenpool Psychiatrie Erwachsene Behandlungen Arztpraxis (alle Kostenarten) [CHF] 59'088'541.- 22'252'701.- 36'835'840.- 6'841'733.- Anteil Kosten bzgl. Kanton 100.0% 37.7% 62.3% 11.6% 3.6% 4.1% 1.4% 10.8% 3.9% Erkrankte 37'655 16'490 21'165 4'990 1'924 1'549 507 4'726 1'637 Anteil Erkrankte bzgl. Kanton 100.0% 43.8% 56.2% 13.3% 5.1% 4.1% 1.3% 12.6% 4.3% 486 282 1'105 668 350 178 67 514 443 4.9% 2.8% 11.1% 6.7% 3.5% 1.8% 0.7% 5.1% 4.4% 330 123 207 27 13 19 9 34 11 100.0% 37.3% 62.7% 8.2% 3.9% 5.8% 2.7% 10.3% 3.3% Leistungserbringer / 10'000 Einw. 4.26 2.11 10.81 3.61 2.37 2.18 1.19 3.70 2.98 Erkrankte/Leistungserbringer 114 134 102 185 148 82 56 139 149 455'622 199'530 256'092 60'383 23'281 18'749 6'140 57'182 19'803 Konsultationen/Leistungserbringer geschätzt CH: *12.1 1'381 1'622 1'237 2'236 1'791 987 682 1'682 1'800 Konsultationen/Leistungserbringer geschätzt Kosten: /130.- 1'377 1'392 1'369 1'949 1'272 972 685 1'442 1'592 Behandlung pro Erkrankter [CHF] 1'569.- 1'349.- 1'740.- 1'371.- 1'117.- 1'549.- 1'580.- 1'349.- 1'391.- 0.59 0.34 1.34 0.81 0.42 0.22 0.08 0.62 0.54 179'056.- 180'916.- 177'951.- 253'398.- 165'305.- 126'348.- 89'074.- 187'449.- 206'957.- Erkrankte / 10'000 Einw. Jahresprävalenz Anzahl Leistungserbringer Anteil Leistungserbringer bzgl. Kanton Anzahl Konsultationen geschätzt CH: *12.1 Anzahl Konsultationen (Geschätzt Faktor 12.1) pro Einwohner CHF pro Leistungserbringer -137Tab. 44: Ambulante Leistungen 2008: Santé Suisse Tarifpool Grundversorger, Tarmed ambulante Institutionen ambulant und Medizinatlas Schweiz MS-Region Region Kanton Bern Nicht Stadt 11 13 15 16 18 20 23 Bern Stadt Biel Oberaargau Burgdorf Aaretal Thun Oberland-Ost Santé Suisse Tarifpool Allgemeine & Innere Medizin Tarmed-Leistungen gesamt (001) Anteil Kosten bzgl. Kanton 189'195'325.- ########## 59'347'559.- ######### 15'190'173.- 15'814'043.- 13'680'621.- 25'182'622.- 9'356'071.- 100.0% 68.6% 31.4% 8.5% 8.0% 8.4% 7.2% 13.3% 4.9% 1'997'112.- 910'692.- 1'086'419.- 46'284.- 20'735.- 221'407.- 142'739.- 199'865.- 55'204.- Anteil Kosten bzgl. Kanton 100.0% 45.6% 54.4% 2.3% 1.0% 11.1% 7.1% 10.0% 2.8% Anzahl Leistungserbringer 786 504 282 79 49 57 51 87 39 100.0% 64.1% 35.9% 10.1% 6.2% 7.3% 6.5% 11.1% 5.0% 10.14 8.63 14.73 10.57 8.92 6.54 6.74 9.46 10.56 240'707.- 257'634.- 210'452.- 204'003.- 310'004.- 277'439.- 268'247.- 289'455.- 239'899.- Anteil psychiatrische an gesamter Leistung 1.1% 0.7% 1.8% 0.3% 0.1% 1.4% 1.0% 0.8% 0.6% Quotient psychiatr. Leistungen A&I / Psychiater 3.4% 4.1% 2.9% 0.7% 1.0% 9.2% 17.8% 3.1% 2.4% Quotient Anzahl Psychiater / A&I 42.0% 24.4% 73.4% 34.2% 26.5% 33.3% 17.6% 39.1% 28.2% UPD Biel SRO PDB PM Thun PDI Psychiatrische Tarmed-Leistungen (02) Anteil Leistungserbringer bzgl. Kanton Leistungserbringer / 10'000 Einw. CHF pro Leistungserbringer Tarmed Institutionen ambulant Anzahl Fälle (UPD ohne Gutachten), Thun-Daten aus Medstat Anz. Patienten / 10'000 Einw. Jahresprävalenz 16909 9881 7028 2958 2164 1110 593 2200 856 218 169 367 396 394 127 78 239 232 2.2% 1.7% 3.7% 4.0% 3.9% 1.3% 0.8% 2.4% 2.3% 0.35 0.27 0.51 0.28 0.24 0.29 0.26 0.30 0.25 69.2% 58.0% 93.7% 74.0% 60.3% 51.3% 24.6% 73.4% 69.0% 3.29 3.19 3.50 3.28 3.30 3.17 2.94 3.32 3.11 88.0% 87.7% 88.7% 88.8% 86.1% 89.2% 80.2% 90.8% 92.5% Medizinatlas Schweiz 2004 http://www.healthatlas.unibe.ch Anzahl psych. amb. Konsultationen pro Einwohner (inkl. Kinder) % psych. amb. Konsultationen in eigener MS-Region Anzahl A&I Konsultationen pro Einwohner (inkl. Kinder) % A&I lokale Konsultationen in eigener MS-Region -138- 6.2.4 Institutionelle ambulante Psychiatrie Die Daten entstammen mehrheitlich den Tarmed und dort, wo nicht erhältlich, der MedStat. Dort wo sowohl Tarmed als auch MedStat Daten vorhanden waren, gibt es Unterschiede von maximal 10%. Für die Erfassung der Grössenordnung ist diese Genauigkeit aber als ausreichend zu betrachten. Die institutionellen ambulanten Institutionen behandeln insgesamt etwa 16‘900 Patienten, was einer Jahresprävalenz von 2.2% entspricht (Tab. 44). 6.2.5 Ambulant behandelte Patienten insgesamt Wenn man all diese Informationen zusammenzählt, wurden insgesamt wurden etwa 55‘000 Patienten ambulant behandelt, 69% von freipraktizierenden Psychiatern und 31% von Institutionen. 6.2.6 Medizinatlas Schweiz Im Medizinatlas der Schweiz (http://www.healthatlas.unibe.ch) werden die Daten der Daten sowohl der medizinischen Statistik der Krankenhäuser (Datenquelle: Bundesamt für Statistik [BfS]) als auch der gesamten ambulanten Versorgung der Schweiz (Datenquelle: SantéSuisse) grafisch aufbereitet. Der Online-Medizinatlas liefert einen Überblick über das gesamte Gesundheitssystem in der Schweiz und wird vom Institut für evaluative Forschung in Orthopädie der Universität Bern, Schweiz, geleitet. Die Daten der ambulanten Versorgung stammen aus dem Jahre 2004. Mit Hilfe der Bevölkerungsstatistik des Bundesamtes für Statistik (BfS) wurde die Behandlungsinzidenz in verschiedenen Fachgebieten der ambulanten Medizin berechnet. Sie gibt Auskunft über die Inanspruchnahme von ambulanten Ressourcen zuhanden der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP). Die Inzidenzen berechnen sich als jährliche Häufigkeit von Arztkonsultationen pro Einwohner, im Gegensatz zu andern Berechnungen geht es hier um den Wohnort des Patienten und nicht um den Ort der Praxis. Der Lokalisationsindex ist ein Mass für die Höhe des lokalen medizinischen Versorgungsgrads in den verschiedenen Fachrichtungen und zeigt den prozentualen Anteil der lokal behandelten Patienten an. Im Jahre 2004 fanden im Kanton Bern rund 0.35 ambulante psychiatrische Konsultationen pro Einwohner statt (MS 11: 0.51). Gesamthaft finden 69% aller Konsultationen innerhalb der eigenen MS-Region statt (MS 11: 94%, MS übrige: 58%). -139- Bei den Grundversorgern (Allgemeine und Innere Medizin) sind es 3.29 Konsultationen und 88% davon finden lokal statt – hier gibt es kaum Unterschiede zwischen den Regionen (Tab. 44) 6.2.7 Psychiaterbefragung Die Zahlen der Psychiaterbefragung sind den Santé Suisse Daten trotz unterschiedlicher Methodik sehr ähnlich. Bei 110 Patienten pro Leistungserbringer (MS 11: 99, MS übrige: 122) werden rund 36‘100 Patienten betreut (MS 11: 20‘500, MS übrige: 15‘000). Pro Patient entfallen durchschnittlich 10.8 Konsultationen (MS 11: 12.1, MS übrige: 9.8). Durchschnittlich schliessen innerhalb eines Jahres etwa 30% der Patienten die Behandlung ab und werden durch neue Patienten ersetzt. Berechnet man diese Fluktuation mit ein, entfallen auf einen Patienten durchschnittlich etwa 14 Konsultationen pro Jahr. Tab. 45: Vergleich Daten Santé Suisse und Psychiaterbefragung PsychiaterInnenbefragung Santé Suisse Datenpool Psychiatrie Erwachsene Region Kanton Bern Bern Stadt Bern nicht Stadt Erwachsene Bevölkerung 775'439 235'533 539'906 Anzahl Leistungserbringer 330 207 123 59'088'541.- 36'835'840.- 22'252'701.- 4.26 8.79 2.28 37'655 21'165 16'490 Erkrankte/Leistungserbringer 114 102 134 Erkrankte / 10'000 Einw. 486 899 305 Patienten hochgerechnet 36'135 20'452 15'018 Patienten/Leistungserbringer 109.5 98.8 122.1 Patienten / 10'000 Einw. 466 868 278 Konsultationen / Leistungserbringer 1188 1193 1196 Konsultationen / Patient und Jahr (korrigiert) 14.1 15.7 12.7 Konsultationen pro Einwohner 0.40 0.84 0.22 Behandlungen [CHF] Leistungserbringer / 10'000 Einw. Erkrankte 6.2.8 Hausarztbefragung 747 (32%) der 2331 Patienten aus der Hausarztbefragung leiden unter einer psychischen Symptomatik – 144 (6.2%) sind in psychiatrischer Betreuung, 545 (23.4%) werden ausreichend und 58 (2.5%) nicht ausreichend behandelt. -140- Wenn man davon ausgeht, dass diese Verhältnisse die Situation richtig darstellen, könnte man jetzt aufgrund der Zusammensetzung auf die gesamte Bevölkerung schliessen. Allerdings sind diese Schätzungen tendenziell etwas zu hoch, weil Menschen mit psychischen Problemen häufiger aufgrund von (psycho-)somatischen Beschwerden zum Arzt gehen. In der Hausarztbefragung werden 144 von insgesamt 54‘500 Patienten (= 0.0026) erfasst, die im ganzen Jahr 2008 von Psychiatern oder Institutionen ambulant behandelt wurden. Hochgerechnet auf die andern Kategorien ergibt dies eine Jahresprävalenz von Erkrankten insgesamt von 36.5% und einem Anteil von 2.8% (=22‘000), die nicht ausreichend behandelt sind. Eine Jahresprävalenz von 36.5% erscheint allerdings etwas hoch auf dem Hintergrund der Schätzungen von Baer et al, S. 215 und Wien et al. S. 8, welche von 25-30% ausgehen. 6.2.9 Kombination der Daten Kombiniert man die Daten aus den verschiedenen Datenquellen, ergeben sich die folgenden Werte (Abb. 57). Aus der Bevölkerung sind 2008 4‘986 Patienten (0.6%) stationär oder teilstationär behandelt worden. 16‘909 (2.2%) wurden in Institutionen und 37‘655 von Niedergelassenen ambulant versorgt. Bei 22‘000 (2.8%) nicht weiter betreuten Patienten erachtet der Hausarzt eine weitere Behandlung als notwendig. 206‘500 (26.6%) werden ausschliesslich Hausarzt betreut und eine zusätzliche Behandlung wird nicht als notwendig erachtet. Abb. 57: Geschätzte Jahresprävalenz psychisch kranker oder auffälliger Menschen aufgrund verschiedener Datenquellen -141- Literatur Baer, N & Cahn T, Psychische Gesundheitsprobleme. In Meyer K (Hrsg.), Gesundheit in der Schweiz, nationaler Gesundheitsbericht 2008. Bern, Hans Huber, Hogrefe, 2009. Wien, S., Bergman, F., Niebling, W. & Schneider, F. (2007). Grundlagen. In F. Schneider & W. Niebling (Hrsg.), Psychische Erkrankungen in der Hausarztpraxis. Heidelberg: Springer. -142- 7 Fazit 7.1 Grundlagen 7.1.1 Ausgangslage Versorgungslandschaft und mangelhafte Datengrundlage Im Verlaufe der Untersuchung zeigte sich, dass die Datengrundlagen immer noch an vielen Orten mangelhaft sind. Nicht einmal innerhalb des Kantons ist die Datenerfassung einheitlich, Ausdruck davon sind auch unterschiedliche Klinikerfassungssysteme. Die MedStatDaten werden zwar sowohl in stationären als auch ambulanten Abteilungen der Institutionen erhoben, allerdings sind die ambulanten Daten immer noch unvollständig. Auch werden nicht alle Daten in allen Institutionen gleich erhoben 13. Inhaltlich haben die MedStat Daten Mängel, so gibt es beispielsweise keine Informationen über störungsbedingte funktionale Einschränkungen und den individuellen Hilfebedarf. Aus der Forschungsliteratur zum Thema ist bekannt, dass sowohl personen- als auch versorgungsbezogene Variablen Einfluss auf Behandlungsdauer und Wiederaufnahmewahrscheinlichkeit nehmen. Psychiatrische Diagnosen sind auf der individuellen Ebene dabei weniger entscheidend als funktionale Gesundheit, die Schwere der Psychopathologie sowie therapiebezogene Merkmale wie Medikation und damit verbundene mögliche Komplikationen. Diese wichtigen Parameter bleiben in der medizinischen Statistik der Krankenhäuser unberücksichtigt. Versorgungsseitig spielen Merkmale wie nahtlose Weiterbehandlung, die Flexibilität der Behandlungsangebote, kurz Merkmale der Prozessqualität, eine wichtige Rolle. Daten über die Leistungen freipraktizierender Psychiater sind zwar bei den Krankenkassen vorhanden, diese werden jedoch nicht standardmässig analysiert im Hinblick auf die Versorgung. Informationen über die Institutionen im Bereich Wohnen und Arbeiten sind nicht systematisch aufbereitet und die Daten zur Nutzung (Somed) enthalten viel Inkonsistentes. Patientenströme können nur bruchstückhaft beschrieben werden, obwohl das BFS dies seit 2006 vorsieht. Es gibt regional unterschiedlich stark ausgeprägte Vernetzungen der Psychiatrischen Dienste mit den ambulanten und rehabilitativen Versorgern, aber auch unterschiedliche Integrationsgrade der psychiatrischen Versorgungsangebote innerhalb eines psychiatrischen Dienstes. Hinter gleichen Bezeichnungen verbergen sich unterschiedliche Behandlungsangebote wie die ATK Langenthal und ATK Biel und unterschiedliche Bezeichnungen beinhalten vergleichbare Versorgungsangebote z.B. MOKI in Langenthal und Gemeindenahe Psychiatrie Biel. 13 zum Beispiel schliessen einige Institutionen Ende Jahr alle Patienten administrativ ab, sodass die Behandlungsdauern nicht miteinander verglichen werden können -143- Die grosse Heterogenität der Angebote sowie der Datengrundlagen macht es schwierig, die Qualität verschiedener Institutionen objektiv zu vergleichen und erschwert die Steuerung der komplexen Prozesse. Insbesondere für den Teil der Klientel mit komplexem Hilfebedarf, der immer wieder (teil)stationärer Behandlung bedarf und sozialtherapeutische/rehabilitative Angebote ausserhalb des rein medizinischen Leistungsspektrums in Anspruch nimmt, ist eine genauere Kenntnis des Inanspruchnahmeverhaltens von Versorgungsangeboten wesentlich für eine gezielte Prozesssteuerung. 7.2 Zusammenfassung pro Untersuchungseinheit 7.2.1 MOKI/ Notfalltriage Die Pilotprojekte MOKI/Notfalltriage in Langenthal und Biel gehen vom gleichen Grundkonzept aus. Trotzdem, und das erscheint symptomatisch für die regionalisierte Versorgung im Kanton Bern, werden dieselben Angebote an den beiden Standorten unterschiedlich umgesetzt. In Langenthal ist MOKI eine eigene Funktionseinheit, welche überwiegend Patienten behandelt, die initial den Stützpunkt nicht besuchen konnten oder wollten und deshalb von einer mobilen Equipe aufgesucht wurden. Auslöser ist meist eine Krise, manchmal aber auch in eine chronische Situation. Sobald es möglich und sinnvoll erscheint, werden die Patienten in die Institution einbestellt, bleiben jedoch trotzdem in Behandlung des „MOKI-Teams“. Damit ist MOKI nicht ein isoliertes Behandlungsangebot, sondern Teil eines integrierten Behandlungsansatzes. In Biel gibt es eine Funktionseinheit „gemeindenahe Behandlung“, welche viel aufsuchende Arbeit leistet. Bei den Betroffenen handelt es sich in erster Linie um Patienten, die an schizophrenen Störungen leiden. In Biel wurde die MOKI nicht als Teil dieser gemeindenahen Behandlung konzeptualisiert, sondern zur Notfalltriage gehörend verstanden. MOKI ist dort Teil einer Abklärung, sehr oft in akuten Notfällen, die dann auch häufig zu einem Klinikeintritt führen. Aus den erhobenen Daten zeigt sich, dass MOKI vorzugsweise von älteren, chronischen Patienten mit deutlicher Einschränkung ihrer sozialen Funktionsfähigkeit in Anspruch genommen wird. Oft sind die Patienten aus dem Arbeitsleben ausgeschieden. Etwa 2/3 aller Patienten gehen nach einer MOKI-Behandlung in eine stationäre oder teilstationäre Behandlung, allerdings dann freiwillig und nicht per FFE. Subjektiv scheinen die mittels MOKI behandelten Patienten sehr zufrieden zu sein. Die Beziehungskontinuität, der Einbezug des Umfeldes, die Möglichkeit des Lernens im Sinne einer -144- Edukation zum Umgang mit der psychischen Erkrankung zuhause werden als hilfreich angesehen. Die Erreichbarkeit der behandelnden Personen hilft, eine Krise durchzustehen. Aber auch die Ermöglichung eines sanften Übertritts in eine stationäre Einrichtung erscheint positiv. Allerdings stellt sich die Frage, ob MOKI eine eigene Funktionseinheit sein soll oder Teil einer integrierten Versorgung. Die Möglichkeit aufsuchender Hilfe erscheint sinnvoll für alle Patienten, unabhängig davon wo sie behandelt werden. Aus der Patientenperspektive lassen sich denn auch unterschiedliche Gruppen identifizieren, welche von MOKI profitieren können: (1) Krisenintervention und stabilisierende Begleitung nach Krise, (2) Langzeitbegleitung mit Kriseninterventionen und (3) Langzeitbegleitung zur Entwicklung von dem am individuellen Hilfebedarf angepassten Organisationsformen. Unabhängig davon erscheint es notwendig, dass die involvierten Institutionen und Akteure einen regelmässigen Austausch pflegen, sowohl anhand von gegenseitigen Fallvorstellungen als auch zu organisatorischen Fragen. Falls zusätzliche Institutionen ein entsprechendes Angebot einführen, sollten sie sich ebenfalls an den Erfahrungen von Langenthal und Biel orientieren und nicht alles neu entwickeln müssen. 7.2.2 ATK Die bisher in den Akuttageskliniken behandelte Klientel ist sehr heterogen bzgl. Schweregrad und Diagnose. Es können positive Effekte der akuttageklinischen Behandlung auf Störungsmerkmale, psychosoziales Funktionsniveau und funktionale Gesundheit der Patienten gezeigt werden. Die behandelten Patienten sind sehr zufrieden, PatientInnen z.B. mit Familienverpflichtungen oder sozialen Rückzugstendenzen können möglicherweise besonders vom akuttagesklinischen Setting profitieren und wären eventuell psychiatrisch unterversorgt geblieben. Bei 40% (Langenthal) bis 50% (Biel) der Patienten wird als Alternative zur erfolgten Behandlung in der ATK ein stationärer Aufenthalt angegeben. Auch hier fällt auf, dass die Umsetzung der aktuttagesklinischen Angebote in Langenthal und Biel unterschiedlich erfolgt. So sind sowohl die durchschnittlichen Aufenthaltsdauer als auch die tägliche Öffnungszeit in Biel deutlich kürzer als in Langenthal was in Einklang steht mit schwächeren Behandlungseffekten in Biel. Die Behandlung in der ATK ist in den meisten Fällen Teil einer Behandlungskette bzw. Resultat der NF-Triage. Im Gegensatz zu MOKI führt eine Behandlung in der ATK auch nur selten zu einer stationären Behandlung. Allerdings sind konzeptionelle Fragestellungen, wie z.B. die genaue Funktion der ATK in der bestehenden Versorgungslandschaft, die Indikation zur akuttagesklinischen Behandlung etc. noch nicht alle beantwortet. Auch bleibt die Frage offen, wie eine ATK mit 5 Stunden Prä- -145- senz und geschlossenem Wochenende ohne Krisenbetten einen vollwertigen Ersatz für einen stationären Aufenthalt darstellen soll. Demgegenüber stehen politische Realitäten wie der niedrige Tagesansatz für den ATK-Aufenthalt, welcher seinerseits wiederum zu den beschriebenen Einschränkungen des Angebotes führt. Eine Evaluation, die Rahmenbedingungen und Konzepte der Institution nicht berücksichtigt und sich fast ausschliesslich auf Patientenmerkmale und ihre Veränderung bezieht, bleibt zwangsläufig unvollständig und lässt Fragen nach unterschiedlichen Effekten der Behandlung offen. Ob und wenn ja in welchem Umfang die neuen akuttagesklinischen Angebote auf die Inanspruchnahme der vollstationären Behandlungsangebote Auswirkungen haben, kann auf der jetzigen Datengrundlage nicht beantwortet werden. Dazu können erst die Auswertungen über mehrere Jahre hinweg Auskunft geben. Darüber hinaus müssen konzeptionelle Parameter in die Auswertung einbezogen werden. Der regelmässige Einsatz des Instrumentariums sowie die Datenerfassung wird dann von den betreffenden Psychiatriestützpunkten als sinnvoll und praktikabel beurteilt, wenn die Resultate dem klinischen Erkenntnisgewinn dienen, sie in die Behandlungsplanung einfliessen und ausreichend personelle Ressourcen vorhanden sind. Auch auf dem Hintergrund, qualitätssichernde Verfahren in der teilstationären Behandlung einzusetzen ist es dringend zu empfehlen, die Evaluation fortzusetzen. 7.2.3 Aufbau und Implementierung neuer Versorgungsangebote Ziel dieser Phase der Weiterentwicklung der Psychiatrieversorgung im Kanton Bern war es, neue Angebote aufzubauen, welche eine Verlagerung vom stationären ins teilstationäre und ambulante Settings ermöglichen. Ein solcher allfälliger Verlagerungseffekt kann jedoch keinesfalls aufgrund der zugrunde liegenden kurzen Erhebungsperiode nachgewiesen werden. Allerdings lassen sich die beobachteten Erfahrungen beim Aufbau neuer Angebote generalisieren und Konsequenzen daraus ableiten. Es zeigten sich viele Schwierigkeiten, konzeptionell zu arbeiten und die notwendigen Daten zu erheben, einerseits weil die Akteure klinisch orientiert sind und sich damit primär um das Wohl der betreuten Patienten kümmern, anderseits weil gerade beim Neuaufbau das Lösen der alltäglichen Probleme sehr viel dringender erscheinen als das konzeptionelle Arbeiten. Gerade zu Beginn ist es nicht einfach, die neuen Angebote zu füllen, was zu einer gewissen Unschärfe der Indikation bei der Patientenauswahl, dem Behandlungskonzept etc. führt. Angebote, welche den Austausch zwischen den Institutionen ermöglichen, wurden jedoch sehr positiv aufgenommen. Institutionen brauchen fachliche und konzeptionelle Begleitung und Support beim Aufbau neuer Organisations- und Angebotsformen. Dies betrifft auch die inhaltliche und technische Unterstützung beim Aufbau der systematischen Dokumentation. -146- 7.2.4 Angebotsstruktur und Versorgungslandschaft Insgesamt besteht ein umfangreiches Versorgungsangebot für behinderte Menschen. Insgesamt werden ein Viertel der im Kanton Bern zur Verfügung stehenden knapp 7000 Plätze durch KlientInnen mit psychischen Beeinträchtigungen genutzt. Dieser Anteil ist am kleinsten bei den 3968 Wohnheimplätzen (18%), beträgt 30% der 1850 Werkstättenplätze, 41% der 713 Plätze in Beruflichen Massnahmen und 47% der 302 Tagesstättenplätze. Der Umfang, in dem KlientInnen mit psychischen Beeinträchtigungen Plätze in sozialmedizinischen Institutionen nutzen, weist regional deutliche Unterschiede auf. Im Vergleich zwischen der MSRegionen 11 (Stadt Bern) und den übrigen MS-Regionen fällt eine Asymmetrie in den Bereichen Wohnen und Arbeiten auf. Wohnheimplätze sind vor allem auf dem Land angesiedelt, Plätze im Bereich Arbeit vor allem in der Stadt. Gesamthaft werden im Kanton Bern 9.2 Wohnheimplätze pro 10'000 Einwohner von Personen mit psychischen Beeinträchtigungen genutzt. Im Vergleich zwischen den MS-Regionen Stadt Bern und Nicht-Stadt Bern ist die Rate der Plätze pro 10'000 Einwohner in der Region Stadt Bern um vier Plätze tiefer (6.3 vs. 10.5 Plätze pro 10'000 Einwohner). Diese Unterschiede widerspiegeln sich auch in der Beurteilung der Angebote bei der Psychiaterbefragung. Bezüglich der Datengrundlage ist festzustellen, dass Güte und Umfang der Informationen über sozialmedizinische Institutionen und ihre betreuten KlientInnen im Vergleich zur denen der psychiatrischen Kliniken gering sind. Differenzierte Angaben z.B. zu den Versorgungsangeboten im Bereich Wohnen liegen nicht vor. Versorgungsrelevante Aspekte wie Betreuungsdauer und Intensität, Flexibilität und Abstufungen des Betreuungsangebots oder auch Fragen bezüglich der Allokation werden nicht abgebildet. Die Daten geben auch keinen Aufschluss darüber, ob die KlientInnen mit psychischer Beeinträchtigung auch tatsächlich in einer auf ihre Problemlagen und ihren Rehabilitationsbedarf ausgerichteten Institution betreut werden. ESMS gibt eine gute Struktur vor, um solche Aspekte besser darzustellen. Allerdings fehlen für eine Gesamterhebung die Grundlagen, es gibt keinen Überblick, keine Datenbank, was zur Konsequenz hat, dass die Erhebung der Information mit grösserem Aufwand verbunden wäre. Ein sinnvoller Schritt, um dieses Kenntnisdefizit mittelfristig zu beheben, bestünde in einer Vollerhebung der sozialmedizinischen Institutionen mittels ESMS-V3. Die Resultate könnten zu einer umfänglicheren Planungsgrundlage psychiatrischer Versorgung auch jenseits der institutionellen Psychiatrie beitragen. -147- 7.2.5 Freipraktizierende Psychiater Zwischen 2005 und 2008 haben die Leistungen der freipraktizierenden Psychiater im Kanton Bern zugenommen. Im Jahr 2008 erbrachten 330 Leistungserbringer (Zunahme 3.1%) Gesamtleistungen von 59.1 Mio. CHF (Zunahme 11.1%) und behandelten dabei 37‘700 Erkrankte (Zunahme 11.8%). Während die Jahresprävalenz im Gesamtkanton 4.9% betrug war dies in der MS-Region 11 (Stadt Bern) 11.1%, im übrigen Kanton 2.8%. Ein Teil dieser Unterschiede kann dadurch erklärt werden, dass über 90% der in der MS-Region 11 lebenden Leistungsbezügern diese auch dort beziehen während dies in den übrigen MS-Regionen bei unter 60% der Fall ist. Die Zahlen in der Psychiaterbefragung mit einem Rücklauf von 56% sind den Santé Suisse Daten trotz unterschiedlicher Methodik sehr ähnlich. Rund die Hälfte der Klientel der niedergelassenen PsychiaterInnen hat eine stationäre oder teilstationäre Vergangenheit. Das Ziel der Behandlung ist je etwa zur Häfte Stabilisierung bzw. Heilung. Ca. ein Drittel der von den niedergelassenen Psychiatern behandelten Patienten ist schwer und chronisch krank (stationäre oder teilstationäre Vergangenheit und Behandlungsziel Stabilisierung) und ein Drittel ist eher leicht krank (keine (teil-)stationäre Vergangenheit und Heilung als Behandlungsziel. Das letzte Drittel verteilt sich auf die beiden mittleren Gruppen. Das Diagnosespektrum ist vergleichbar mit demjenigen von stationären Patienten. Trotzdem fühlen sich die Niedergelassenen weniger zuständig für Patienten mit komplexen und psychosozialen Störungen, die mit viel zusätzlichem vernetzendem Aufwand verbunden oder sehr akut sind. Auch verfügen deren Patienten durchschnittlich über ein höheres Bildungsniveau, geringere Arbeitslosigkeit und Selbständigkeit im Wohnen als in den Institutionen. Dies betrifft auch diejenigen Patienten mit stationärer Vergangenheit. 7.2.6 Grundversorger Zwischen 2005 und 2008 haben die Leistungen der Grundversorger (Allgemeinmedizin, Innere Medizin) Psychiater im Kanton Bern zugenommen. Im Jahr 2008 erbrachten 786 Leistungserbringer (Abnahme 0.9%) Gesamtleistungen von 189.2 Mio. CHF (Zunahme 9.7%). Die Verteilung zwischen den Regionen ist dabei ziemlich ausgeglichen (MS 11: 282 Leistungserbringer (36%) erbringen 59 Mio. CHF (31%), MS übrige: 504 Leistungserbringer (64%) erbringen 130 Mio. CHF (69%)). Der Anteil abgerechneter psychiatrischer Leistungen beträgt 2 Mio. CHF, was 1.1% der gesamten Leistungen entspricht (MS 11: 1.1 Mio. CHF entspricht 1.8%, MS übrige: 0.9 Mio. CHF entspricht 0.7%). Die Hausarztbefragung hat einen Rücklauf von lediglich 11.5%. Trotzdem ist die sehr grosse Diskrepanz zwischen der hohen Zahl psychiatrisch auffälligen Patienten in der allgemeinen -148- Praxis und der geringen abgerechneten psychiatrischen Leistungen bemerkenswert. Ein Teil dieser Diskrepanz könnte darin begründet sein, dass Hausärzte eine mögliche Stigmatisierung ihrer Patienten verhindern versuchen, indem sie psychiatrische Leistungen über nicht eindeutig zuordenbare Positionen abrechnen. Gemäss den Angaben der Allgemeinmediziner sind etwa 2.8% (dies entspricht 22‘000 Erkrankten) nicht ausreichend behandelt. Es besteht ein hoher Anteil an psychiatrischen Patienten, die allein vom Hausarzt behandelt werden. Ob die dauerhafte alleinige Behandlung in der hausärztlichen Praxis die bestmögliche psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung darstellt, kann anhand dieser Erhebung auf Basis dieser Datengrundlage nicht beurteilt werden. Es erscheint jedoch wichtig, die wichtige Rolle bei der Grundversorgung von psychisch Erkrankten durch die der HausärztInnen wahrzunehmen. Diese nehmen einen wesentlichen Einfluss auf die Inanspruchnahme psychiatrischer Versorgungsleistungen (Zuweisungen durch HÄ in institutionelle Psychiatrie 26% aller PatientInnen, MedStat 2008), sind häufig erste Anlaufstelle für Menschen mit psychischen Problemen und werden PatientInnen mit psychischer Symptomatik auch in Zukunft oft langfristig behandeln; sie sind deshalb angemessen in die Versorgungsnetzwerke zu integrieren (Spiessl & Cording, 2000). 7.2.7 Zusammenfassung Behandlungszahlen Insgesamt wurden im Jahr 2008 etwa 55‘000 Patienten psychisch Erkrankte ambulant behandelt, 69% von freipraktizierenden Psychiatern und 31% von Institutionen. Die institutionellen ambulanten Institutionen behandeln insgesamt etwa 16‘900 Patienten, was einer Jahresprävalenz von 2.2% entspricht.