Inventur Die Schüler können erklären, welchen Sinn die Inventur hat, nach welchen Grundsätzen sie durchzuführen ist und welche Probleme bei den Inventurarten auftreten können. Lernziele • • • • Lernfragen Inventur, Inventar, Bilanz: In welcher Beziehung stehen diese drei Begriffe? Nennen Sie die vier Inventurgrundsätze und erläutern Sie deren Sinn. Welche drei Inventurverfahren gibt es? Beschreiben Sie diese. Im Text ist eine Wertrückrechnung auf den Bilanzstichtag angegeben. Entwerfen Sie ein Zahlenbeispiel hierzu. Wie würde eine Wertfortschreibung aussehen, wenn die Inventur am 23. 12. stattfindet und der Bilanzstichtag am 31. 12. ist? • Warum ist die Inventur von Anlagegütern schwieriger, als die von verkaufsfertiger Lagerware? Der Begriff Inventur kommt vom lateinischen invenire, das vorfinden, entdecken, erfahren bedeutet. Die Inventur ist eine Bestandsaufnahme des gesamten Unternehmensvermögens (und der Schulden). Das Ergebnis der Inventur ist das Inventar (ein Verzeichnis der Unternehmensbestände). Inventur bzw. Inventar sind Grundlage für den Jahresabschluss eines Unternehmens. Anders ausgedrückt: ohne Inventur gäbe es keine Bilanz. Die Bilanz ist aber wichtig für den Gläubigerschutz und als Grundlage der Unternehmensbesteuerung. Die Unternehmen sind per Gesetz (§ 240 HGB) zur Inventur verpflichtet. So regelt das Handelsgesetz, dass zunächst für die Eröffnungsbilanz ein Inventar zu erstellen ist, danach für jedes Geschäftsjahr und schließlich bei Auflösung des Unternehmens im Rahmen der Abschlussbilanz. Die Inventur muss nach bestimmten Grundsätzen erfolgen. So muss sie vollständig sein. D.h., dass ausnahmslos alle Vermögensgegenstände bzw. Schulden verzeichnet sind. Sie muss richtig und willkürfrei sein. Dies erfordert, dass die erfassten Mengen und (!) ihre Bewertung nachprüfbar sein müssen. Dieser Grundsatz muss nur in wirtschaftlich vertretbaren Grenzen eingehalten werden. Darüber hinaus gibt es den Grundsatz der Nachprüfbarkeit und der Dokumentation, so dass ein Dritter überprüfen kann, ob der Bilanzansatz korrekt ist. Und schließlich gilt der Grundsatz der Einzelerfassung der Vermögensgegenstände und Schulden, denn durch eine geschickte Zusammenfassung könnte das Verschwinden von Vermögensgegenständen oder das Vorhandensein von Schulden verborgen werden. Verstößt man gegen die Regeln der Inventur, indem man zum Beispiel nicht alle Waren ordnungsgemäß angibt, kann eine Schätzung der Besteuerungsgrundlage durch die Finanzbehörden erfolgen. Inventurgrundsätze Da das Gesetz ein Inventar zum Bilanzstichtag fordert, scheint es nahe liegend zu sein, dass die Inventur an diesem Tag durchgeführt wird. In der Praxis ist dies jedoch selten der Fall, häufig wird nur ein Teil des Inventars durch eine solche Stichtagsinventur erfasst. Daneben wird eine verlegte oder auch eine permanente Inventur durchgeführt. Die Stichtagsinventur muss laut Gesetz nicht wirklich genau am Inventurstichtag erfolgen, aber innerhalb von 10 Tagen vor oder nach diesem Tag. Die in der Zwischenzeit stattfindenden Bestandsveränderungen müssen mit Hilfe von Belegen 1 Stichtagsinventur oder anderen Aufzeichnungsmethoden auf den Inventurstichtag hin berechnet werden. Bei der Stichtagsinventur ist von Vorteil, dass sich ein gut dokumentierbares Gesamtbild ergibt, so dass Fehler in der Buchführung und Lagerhaltung gut sichtbar werden. Von Nachteil ist, dass das Unternehmen hierzu geschlossen werden muss (Umsatzeinbußen), dass diese Methode zeit- und kostenintensiv ist, unter Zeitdruck geschieht (Fehlerhäufigkeit steigt) und dass kein Zeitpunkt gewählt werden kann, an dem die Bestände möglichst gering sind. Angenommen der Bilanzstichtag ist der 31. Dezember und die Inventur findet am 4. Januar statt, dann ist eine Rückrechnung in dieser Form notwendig: Wert am Inventurtag + Abgänge zwischen 31.12. und 4. 1. - Zugänge zwischen 31. 12. und 4. 1. = Wert am Bilanzstichtag Vor- oder nachgelagerte Inventur Alternativ zur Stichtagsinventur kann auch eine vor- oder nachgelagerte Inventur durchgeführt werden. Diese muss in den drei Monaten vor oder den zwei Monaten nach dem Inventurstichtag stattfinden. Auch hier erfolgt die Berechnung der Bestände am Stichtag durch Belege und andere Aufzeichnungen. Diese Inventurmethode ist nicht immer zulässig, z. B. dann nicht, wenn Vermögensgegenstände starken Preisschwankungen unterliegen. Vorteilhaft ist z. B., dass die Inventur in aller Ruhe durch Spezialisten durchgeführt werden kann und dass bei niedrigen Beständen gezählt werden kann. Von Nachteil ist, dass die Wertberechnungen für den Stichtag umfangreicher und damit fehleranfälliger sind. Permanente Inventur Bei der permanenten Inventur sind der Bilanzstichtag und die Inventur zeitlich völlig von einander getrennt, es handelt sich im Prinzip um eine rein rechnerische Inventur. Damit sie durchgeführt werden kann, muss die Lagerbuchhaltung hohen Anforderungen genügen. Trotzdem muss mindestens einmal im Jahr für Lagerbestände eine körperliche Inventur durchgeführt werden. Die Vor- und Nachteile der permanenten Inventur sind im Prinzip die der vor- bzw. nachgelagerten Inventur, aber noch stärker ausgeprägt. Voraussetzung ist natürlich eine sehr gute Warenwirtschaft. Inventur: körperlich, buchmäßig und für Anlagen. Im Zentrum unserer Vorstellung steht die körperliche Inventur. Mit ihr werden körperlichen Vermögensgegenstände erfasst. Dies geschieht da, wo es möglich und wirtschaftlich vertretbar ist durch zählen, messen, wiegen. Aus wirtschaftlichen Gründen können auch statistische Schätzverfahren angewendet werden. Nicht körperliche Gegenstände werden buchmäßig erfasst, dies betrifft zum Beispiel Forderungen, Bankguthaben und sämtliche Arten von Schulden. Diese lassen sich durch die Aufzeichnungen und Belege der Buchhaltung erfassen. Die Inventur von Anlagen ist mehr als eine körperliche Inventur, sie erfasst z. B. auch Anschaffungstag, Anschaffungskosten, die Nutzungsdauer und die jährlichen Abschreibungen. © 2007 Deutscher Sparkassen Verlag GmbH, Stuttgart Alle Rechte vorbehalten. Diese Publikation erscheint in progressiver neuer Rechtschreibung. www.sparkassenverlag.de Redaktion: Natalie Kehl, Hannes Wirth Herstellung: Rosita Willemsen Umschlaggestaltung nach einer Konzeption von Groothuis, Lohfert, Consorten, glcons.de, Hamburg Satz: media office gmbh, Kornwestheim Druck: Special Color Druck, Großwallstadt Printed in Germany IX-11/2007 310 748 059 2