Prof. Dr.-Ing. Herzig Vorlesung

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Prof. Dr.-Ing. Herzig
Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1"
31
1etv2-2
2.3
2.3.1
Elektrische Spannung
Potenzial und Spannung
Der Lernende kann
die Definition der Begriffe Potenzial und Spannung nennen und erläutern
den positiven Richtungssinn der Spannung angeben
den Zählpfeil der Spannung anwenden
Kommen wir zurück zum Stromkreis. Aus Erfahrung wissen wir, dass in einem
Stromkreis stets eine elektrische Energiequelle eingeschaltet sein muss, die die
Ladungsbewegung aufrecht erhält. Unter Energie verstehen wir die Fähigkeit, Arbeit
zu verrichten. Es wird Arbeit verrichtet, wenn Energie von einer Form in die andere
umgewandelt wird. Die Maßeinheit der Energie ist das Joule (J), die Wattsekunde
(Ws) oder der Newtonmeter (Nm).
[ W ] = 1J = 1Ws = Nm
(2.3.01)
1 Joule ist die verrichtete Arbeit, um mit der Kraft F = 1N eine Masse um s = 1m in
Richtung der Kraft zu verschieben.
+
Wnel
⇒
Quelle
−
I
Wel
⇒
Verbraucher
I
Abb. 2.3.1 Energiewandlung im Stromkreis
Wnel
⇒
Im elektrischen Stromkreis Abb.
2.3.1 tritt ein ständiger
Energiefluss von der Quelle zum
Verbraucher auf. Dazu ist es
notwendig, dass in der Quelle
ständig elektrische Energie (Wel)
aus einer anderen
nichtelektrischen Form (Wnel)
umgewandelt wird und im
Verbraucher die elektrische
Energie wieder in eine
nichtelektrische Energieform.
Verbraucher sind z.B.:
Elektromotor
Wel
⇒
Wmech
( Wmech
Akkumulatorladung
Wel
Wel
Wel
⇒
⇒
⇒
Wchem
Wlicht
Wwärme
( Wchem chemische Energie)
( Wlicht
Lichtenergie)
( Wwärme Wärmeenergie)
Luminieszenzdiode
Heizgerät
Erzeuger sind z.B.
Generator
Batterie
Fotoelement
Thermoelement
Wmech ⇒ Wel
Wchem ⇒ Wel
Wlicht ⇒ Wel
Wwärme ⇒ Wel
mechanische Energie)
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1etv2-2
Die Leitungen zwischen Quelle und Verbraucher in Abb. 2.3.1 stellen in der Praxis
Verbraucher dar, in denen Wel ⇒ Wwärme als ungewollte Energiewandlung
(Verluste) auftritt. Wir wollen die Leitung als eine ideale Leitung auffassen. Ein ideale
Leitung ist eine Verbindung zwischen Quelle und Verbraucher in der keine
Energiewandlung stattfindet (verlustlose Leitung).
Betrachten wir nun die energetischen Vorgänge im Stromkreis. Durch die Quelle
erhalten die im Stromkreis bewegten Ladungen im Hinleiter ein höheres
Energieniveau, von dem sie beim Durchlaufen des Verbrauchers auf das
Grundniveau in der Rückleitung zurückfallen. In der Quelle ist der Bewegungsantrieb
der Ladungen zu suchen, im Verbraucher müssen wir den Sitz einer
Bewegungshemmung der Ladungen annehmen. Eine Ladung befindet sich vor dem
Durchlaufen des Verbrauchers auf hohem, danach auf niedrigem Energieniveau.
Beim Durchlaufen der Quelle wird dagegen eine Ladung auf ein höheres
Energieniveau angehoben.
Daraus ergibt sich: Eine positive Ladung hat am Pluspol der Quelle ein hohes, am
Minuspol der Quelle ein niedriges Energieniveau. Für eine negative Ladung gilt das
Entegegengesetzte. Eine negative Ladung hat am Minuspol der Quelle ein hohes,
am Pluspol der Quelle ein niedriges Energieniveau.
I
+
A
+
Verbraucher
Quelle
−
−
WA
I
B
WB
Abb. 2.3.2 Energiewandlung im Stromkreis
Bezeichnet man die Klemmen des
Verbrauchers mit A und B (Abb.
2.3.2), dann muss die durch den
positiven Strom bewegte positive
Ladung beim Durchlaufen des
Verbrauchers Arbeit leisten. An
der Klemme A hat die Ladung
demzufolge die potenzielle
Energie WA und an der Klemme B
die potenzielle Energie WB, wobei
gilt
WA > WB
Bei der Verwendung der potenziellen Energien ist es ungünstig, dass Größe und
Vorzeichen der Ladung Einfluss auf die potenzielle Energien haben. Experimentell ist
nachweisbar, dass die potenzielle Energie der Ladung proportional ist:
WA = k ⋅ Q
WB = k ⋅ Q
Um unabhängig von der Ladungsgröße Q zu werden, wird die auf die Ladung
bezogene Energie eingeführt, und es ergibt sich die neue physikalische Größe
Potenzial
Maßeinheit:
WA
Q
[ϕ] = V = Volt
ϕA =
ϕB =
WB
Q
(2.3.02)
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1etv2-2
Potenzial ist einem Punkt im Stromkreis zugeordnet. Um das Potenzial zu
quantifizieren ist es notwendig, den Raumpunkt mit ϕ = 0 festzulegen. Unabhängig
davon, ob positive oder negative Ladungen bewegt werden, ist in einem Stromkreis
das Potenzial am Pluspol höher als am Minuspol.
Beispiel 2.3.01:
Eine positive Ladung Q = 1As hat am Pluspol eines Verbrauchers die Energie
WA = 5J und am Minuspol WB = 2J. Es ergeben sich die Potenziale:
WA
5J
W
2J
=
= 5V
ϕB = B =
= 2V
Q 1As
Q 1As
Für eine negative Ladung Q = 1As, die am Minuspol die Energie WB = 5J und am
Pluspol WA = 2J hat, ist das Potenzial
ϕA =
WA
2J
W
5J
=
= −2V
ϕB = B =
= −5V
Q
−1As
Q
−1As
In beiden Fällen ist das Potenzial am Pluspol höher als am Minuspol. Die
Potenzialdifferenz beträgt:
ϕA =
ϕA − ϕB = 3V
Bei Quellen und Verbrauchern interessiert weniger die Größe der potentiellen
Energie, sondern die Energiedifferenz, die eine Ladung beim Durchlaufen der Quelle
oder des Verbrauchers erfährt. Durchläuft eine positive Ladung den Verbraucher in
Abb. 2.3.2 von A nach B, so erfährt sie die Energieänderung
∆WAB = WA − WB
(2.3.03)
Dividieren wir die Gleichung durch die Ladung, so erhalten wir die auf die Ladung
bezogene Energiedifferenz, die als elektrische Spannung UAB zwischen den Punkten
A und B bezeichnet wird.
∆WAB WA WB
∆WAB
=
−
= UAB
Q
Q
Q
Q
Für den Zusammenhang zwischen Spannung und Potenzial erhalten wir
UAB = ϕA − ϕB
(2.3.04)
(2.3.05)
Spannung tritt immer zwischen zwei Raumpunkten auf.
Die Maßeinheit der Spannung ist wie die Maßeinheit des Potenzials das Volt.
[U] = 1V
(2.3.06)
Die Spannung U = 1V liegt zwischen zwei Punkten, wenn eine Ladung Q = 1As
zwischen diesen beiden Punkten die Energieänderung 1J erfährt.
Eine zeitlich konstante Spannung wird Gleichspannung genannt und mit dem
Großbuchstaben U gekennzeichnet.
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1etv2-2
Reihenfolge der Spannungsindizes gibt
A
das Spannungsvorzeichen an.
Ist UAB > 0. dann hat Punkt A das höhere
Potenzial.
In Schaltungen wird die positive
U=UAB
Spannung UAB durch einen
Richtungspfeil von A nach B
gekennzeichnet. Sind die Größen der
Potenziale bekannt, wird der Pfeil vom
höheren (positiveren) Potenzial (+) zum
B
niedrigeren (negativen) Potenzial (-)
Abb. 2.3.3
eingezeichnet.
Die Verhältnisse sind in Abb. 2.3.2
dargestellt.
A
U=UBA
B
+15V
+15V
U=20V
U=-20V
-5V
-5V
Richtungs- und Zählpfeile der
Spannung
Sind Potenziale nicht bekannt, sondern ergeben sich erst im Ergebnis einer
Berechnung, wird ein Zählpfeil der Spannung eingeführt. Es wird willkürlich eine
positiv zu zählende Spannungsrichtung angesetzt.
Erweist sich im Ergebnis der Berechnung, dass U>0, dann gibt der Zählpfeil die
tatsächliche Spannungsrichtung an. Ergibt sich U<0, zeigt die tatsächliche Spannung
entgegen der Zählpfeilrichtung.
Die Einführung der Zählrichtung ist vergleichbar mit dem Anschluss eines digitalen
Spannungsmessgerätes an zwei Messpunkte einer Schaltung, deren Potenziale
nicht bekannt sind. Durch den Anschluss der positiven und der negativen Klemme
des Messgerätes legt man die positive Zählrichtung fest. Zeigt das Messinstrument
einen positiven Messwert an, ist die Zählrichtung mit der Spannungsrichtung
identisch, weist die Anzeige ein negatives Vorzeichen auf, ist die positive Klemme
des Messgerätes an den Punkt mit dem niedrigeren Potenzial angeschlossen
worden.
Beispiel 2.3.02:
In Abb. 2.3.4 liegt eine einfache Transistorverstärkerschaltung vor. Die Potenziale
wurden experimentell ermittelt. Die negative Klemme des
Spannungsmessinstrumentes wurde an den Punkt A der Schaltung angeschlossen
und damit diesem Punkt das Potenzial ϕ = 0 zugeordnet. Mit einer an die positive
Klemme des Spannungsmessinstrumentes angeschlossenen Messspitze wurden
nun die eingetragenen Potenziale bestimmt.
Die Spannungen in der Schaltung lassen sich dann aus der Differenz der jeweiligen
Potenziale berechnen.
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1etv2-2
ϕq = 9 V
ϕC = 3 V
ϕB = 1.7 V
ϕE = 1 V
ϕq
U2
ϕB
Uq
U1
ϕC
UBC
UCE
UBE
Ue
ϕE
Ua
A
ϕ=0
Abb. 2.3.4
Beispiel zur Anwendung von
Potenzial und Spannung
Ue = ϕB – ϕ0 = 1.7 V
UBE = ϕB - ϕE = 0.7 V
UBC = ϕB - ϕC = - 1.3 V
UCE = ϕC - ϕE = 2 V
Ua = ϕC – ϕ0 = 3 V
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1etv2-2
2.3.2
Spannungsabfall, Quellenspannung
Der Lernende kann
die Begriffe Verbraucher und Quelle erklären und Beispiele nennen
die Änderung der potenziellen Energie von Ladungen beim Durchlaufen von Verbraucher und
Quelle beschreiben
die Begriffe Spannungsabfall und Quellenspannung definieren, deren Richtungspfeile eintragen
und den Richtungszusammenhang zum Strompfeil angeben
Bewegt sich eine positive Ladung vom höheren zum niedrigeren Potenzial
liegt ein Verbraucher vor
ϕA > ϕB
WA >WB ⇒
∆WAB > 0
uAB = ϕA - ϕB > 0
(2.3.07)
Die Verhältnisse sind in Abb. 2.3.5. dargestellt.
i
ϕA
uAB
ϕB
A
B
WA
WB
Abb. 2.3.5 Definition des Spannungsabfalls
Eine solche Spannung ist ein Spannungsabfall oder Spannungsfall
Der Spannungsabfall ist eine passive Spannung, sie ist nicht in der Lage einen
Strom anzutreiben, sondern entsteht erst durch die Wirkung des Stromes!
Man sagt, dass über dem Widerstand durch den Strom i die Spannung uAB abfällt.
Das Schaltzeichen des Verbrauchers ist der Widerstand.
Die Richtungspfeile von i und uAB haben über dem Schaltelement gleiche Richtung.
Das bedeutet, dass der Strom i und die Spannung uAB am Verbraucher das gleiche
Vorzeichen aufweisen. Das Produkt von Spannung und Strom ist am Verbraucher
positiv.
i uab > 0
(2.3.08)
Sind die Vorzeichen von Strom und Spannung an einem Verbraucher nicht bekannt,
so werden richtungsgleiche Zählpfeile für Spannung und Strom am Verbraucher
eingeführt, deren Produkt dann ebenfalls positiv ist. Diese Zählpfeile werden
Verbraucherzählpfeile genannt.
Eine Quelle ist der Antrieb der elektrischen Strömung und erhöht die potenzielle
Energie der die Quelle durchlaufenden Ladung
Die Vorgänge, die sich dabei in der Quelle vollziehen, werden wir später näher
betrachten.
Für die Energien und Potenziale ergeben sich an der Quelle folgende Beziehungen,
die in Abb. 2.3.6 dargestellt sind.
ϕA < ϕB
WA < WB
⇒
∆WAB < 0
uAB = ϕA - ϕB < 0
(2.3.09)
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1etv2-2
i
uAB
ϕA
-
+
ϕB
A
B
WA
WB
Abb. 2.3.6 Spannungsquelle
Da positive Spannungspfeile grundsätzlich vom größeren zum kleineren Potenzial
eingeführt werden, muss hier eine andere Spannungsart verwendet werden.
Sie wird als Quellenspannung uq der Spannungsquelle bezeichnet. Diese
Spannung ist eine aktive Spannung. Sie ist auch auch ohne Strom vorhanden,
entsteht durch den inneren Mechanismus der Quelle und ist in der Lage, Ströme
anzutreiben. Der positive Richtungspfeil der Quellenspannung ist in Abb. 2.3.7
eingezeichnet.
i
ϕA
uq
-
+
ϕB
A
B
WA
WB
Abb. 2.3.7 Definition der Quellenspannung
i
ϕA
uq
-
+
ϕB
A
B
WA
WB
Abb. 2.3.8 Galvanisches Element
Die Pfeile von i und uq sind über dem
Schaltelement Quelle einander
entgegengerichtet.
Das Produkt von Strom und
Quellenspannung ist negativ.
i uq < 0
Liegt als Quelle ein galvanisches Element
(Batterie, Akkumulator) vor, wird auch
nebenstehendes Schaltzeichen mit der
eingetragenen Polarität verwendet
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1etv2-2
2.3.3.
Feldstärke
Der Lernende kann
den Zusammenhang zwischen elektrischer Feldstärke und der Kraft auf eine Ladung erläutern
die elektrische Feldstärke aus der Kraft auf die Ladung definieren
die Maßeinheit der elektrischen Feldstärke angeben
den Zusammenhang zwischen Feldstärkerichtung und Stromrichtung im Stromkreis angeben
den Zusammenhang zwischen Potential und elektrischer Feldstärke am linienhaften Leiter
nennen und daraus den Potentialverlauf über dem Leiter bestimmen
Im Experiment mit dem Glasstab, dem Bernsteinstab und er Styroporkugel in
Abschnitt 2.1.2 wurde die elektrische Ladung als eine Eigenschaft der Materie
festgestellt, die sich in Kraftwirkungen äußert. Die Kräfte, die Ladungen aufeinander
ausüben, treten auch im Vakuum auf. Sie bedürfen also keines materiellen Mediums.
Zur Erklärung dieser Erscheinung benützt man heute das Feldmodell. Jede Ladung
verändert in ihrer Umgebung den Zustand des Raumes derart, dass auf andere
Ladungen Kraftwirkungen ausgeübt werden. Man sagt: Jede elektrische Ladung ist
von einem elektrischen Feld umgeben. Ein Feld ist somit eine bestimmter
energetischer Zustand eines Raumes. Das elektrische Feld äußert sich in
mechanischen Kräften auf andere Ladungen.
Der Begriff Feld wird immer dann angewendet, wenn eine physikalische Größe mit
einer bestimmten Wirkung für jeden Punkt eines Raumes angegeben werden kann.
Wir sprechen von einem skalaren Feld, wenn die physikalische Größe nur durch den
Betrag und gegebenenfalls durch ihr Vorzeichen für jeden Raumpunkt vorliegt. Ein
Beispiel für ein skalares Feld ist das Temperaturfeld eines Raumes. Jeder
Raumpunkt ist durch den Wert der Temperatur definiert. Zur Darstellung eines
Feldes werden Linien oder Flächen verwendet. Im Temperaturfeld können
beispielsweise alle Punkte gleicher Temperatur miteinander verbunden werden und
bilden dann ein Fläche gleicher Temperatur.
Ein vektorielles Feld liegt vor, wenn die physikalische Größe in jedem Raumpunkt
neben dem Betrag noch eine Wirkrichtung hat. Die physikalische Größe ist in jedem
Raumpunkt ein Vektor. Ein Beispiel für ein vektorielles Feld ist das Schwerefeld der
Erde. Auf eine in das Schwerefeld gebrachte Masse wirkt eine Kraft mit einem
bestimmten Betrag und der Wirkrichtung zum Mittelpunkt der Erde.
Das Feld in der Umgebung einer Ladung ist ebenfalls ein vektorielles Feld. Wird eine
Ladung +q in die Umgebung der felderzeugenden Ladung +Q gebracht, so tritt eine
Kraft auf (Abstoßung). Diese Kraft hat einen Betrag und eine Richtung. Die Richtung
auf die Ladung +q weist immer von der positiven Ladung +Q weg (Abstoßung).
Führt man die Ladung +q immer in Richtung der Kraft durch den Raum und verbindet
die Raumpunkte miteinander, so erhält man ein Feldlinie. Der Kraftvektor wirkt dann
immer in Richtung einer Tangente an die Feldlinie. Die Feldlinie beginnt an der
Ladung +Q. In Abb. 2.3.9 sind die Verhältnisse für das Feld einer positiven Ladung
+Q und einer negativen Ladung -Q dargestellt. Positive und negative Ladungen
werden nicht erzeugt, sondern entstehen durch Ladungstrennung als Ergebnis von
Energiezufuhr. Die Ladungstrennung vollzieht sich durch Zufuhr chemischer Energie
in der Batterie, durch Zufuhr mechanische Energie im Generator oder durch
mechanische Arbeit beim Reiben des Glas- und Bernsteinstabes.
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1etv2-2
+Q
+
q
Die Kräfte auf Ladungen im Ladungsfeld werden
durch das Coulombsche Gesetz
berechnet. Es liegen die beiden Ladungen Q1
und Q2 im Abstand r vor. Um die Kraftrichtung zu
erfassen, wird der Abstand als Abstandsvektor
eingeführt. Die Verhältnisse sind in Abb. 2.3.10
für die Berechnung der Kraft auf die Ladung Q2
dargestellt. Der Vektor r hat den Betrag r und
die Richtung von Q1 nach Q2
F
r
−Q
Q1
Abb. 2.3.10
Q2
Abstandsvektor
Abb.2.3.9 Feldlinien zur Darstellung des
elektrischen Feldes
Der Betrag der Kraft ist proportional dem Produkt der beiden Ladungen und
umgekehrt proportional dem Abstand. Der stoffliche Einfluss des Raumes wird durch
die Permittivität, die wir später definieren werden, erfasst. Für das Vakuum ist die
Permittivität durch die elektrische Feldkonstante ε0 = 8.85 ⋅ 10−12 As / Vm gegeben.
Den Kraftvektor gewinnen wir, wenn der Betrag der Kraft mit r / r multipliziert wird.
Die Division des Vektors r durch den Betrag r ergibt einen Vektor r / r mit dem
Betrag1. Es ist ein sogenannter Richtungsvektor und zeigt in unserem Fall von Q1
nach Q2. Der Kraftvektor erhält somit die Form:
Q1 ⋅ Q2 r
(2.3.10)
⋅
4π ⋅ ε0 ⋅ r 2 r
Sind Q1 und Q2 gleichartige Ladungen, so ist das Produkt Q1 ⋅ Q2 > 0 . Die Kraft auf
Q2 zeigt dann in Richtung von r . Die Ladungen stoßen sich ab. Sind Q1 und Q2
ungleichartige Ladungen, so ist das Produkt Q1 ⋅ Q2 < 0 . Die Kraft auf Q2 zeigt dann
entgegen der Richtung von r . Die Ladungen ziehen sich an.
F=
Um von der Ladungsgröße unabhängig zu werden und allgemein
die Fähigkeit des die Ladung Q1 umgebenden Raumes, Kräfte auf andere Ladungen
auszuüben, anzugeben, wird die auf die Ladung Q2 bezogene Kraft als Feldstärke E
definiert.
F
E=
(2.3.11)
Q2
Da die Kraft ein Vektor ist, muss auch die Feldstärke ein Vektor sein.
F
E=
(2.3.12)
Q2
Für Q2 > 0 sind F und E richtungsgleich. Durch die Division durch die Ladung wird
der Quotient außerdem unabhängig vom Ladungsvorzeichen, da die Coulombschen
Kräfte auf positive und negative Ladungen entgegengesetzt gerichtet sind.
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[E] =
Die Maßeinheit der Feldstärke ist
Fn
E
−e
+e
Fp
E
E
Abb. 2.3.11 Kraft auf positive und negative
Elementarladungen in einem überall gleich
starken elektrischen Feld
+
+
FCn vn
-
EC
FCp vp
Abb. 2.3.12
Elektrisches Feld im
Verbraucher
+
40
[F] = [U] = V
[Q] [ s] m
1etv2-2
(2.3.13)
Das elektrische Feld ist auch stets die
Ursache für die Bewegung von positiven
und negativen Ladungen in einem Leiter.
In Abb. 2.3.11 sind eine positive und eine
negative Elementarladung in einem
überall gleich starken elektrischen Feld
gezeigt. Bei der positiven Ladung haben
F und E gleiche Richtung, bei der
negativen Ladung entgegngesetzte
Richtung.
Die Feldstärke ist Ursache der Ladungsbewegung im Verbraucher. Nach dem
Einschalten der Quelle ist E nach sehr kurzer
Zeit überall im Stromkreis wirksam. Als
Ausbreitungsgeschwindigkeit des elektrischen
Feldes ist die Lichtgeschwindigkeit
c = 3 ⋅ 105 km / s anzusetzen.
Im Verbraucher stimmt die Feldstärkerichtung mit
der Bewegungsrichtung der positiven
Ladungsträger überein. Die Feldstärke ist vom
höheren (+) zum niedrigeren (-) Potenzial
gerichtet. Die Bewegung positiver und negativer
Ladungen im Verbraucher unter Wirkung des
elektrischen Feldes ist in Abb. 2.3.12 dargestellt.
Auch in der Quelle stehen die Ladungsträger
unter der Wirkung der Coulombschen Kraft. Die
Feldstärke ist ebenfalls vom Plus- zum Minuspol
FCn
Fp vp
gerichtet. Allerdings erfolgt in der Quelle die
EC
+
Bewegung der positiven Ladungsträger durch
Fn v
zusätzliche ladungstrennenden Kräfte entgegen
F
n
Cp
der Coulomb’sche Kraft. Auf die
Kräfteverhältnisse in einer Quelle werden wir
später bei der Behandlung des
Induktionsgesetzes ausführlich eingehen.
Coulomb’sche und ladungstrennende Kräfte
Abb. 2.3.13
Elektrisches Feld in der
sowie die Bewegungsrichtungen der Ladungen in
Spannungsquelle
einer Quelle sind in Abb. 2.3.13 gezeigt.
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1etv2-2
2.3.4
Spannung und elektrische Feldstärke
Im linienhaften, homogenen Leiter mit konstantem Querschnitt, ist bei Gleichstrom
die Geschwindigkeit der Ladungsträger überall gleichgroß. Diese Verhältnisse liegen
beispielsweise in einem gleichstromdurchflossenen Metalldraht vor. Das bedeutet,
dass auf jeden Ladungsträger eine nach Betrag und Richtung gleichgroße Kraft wirkt.
Daher ist auch wegen F = Q ⋅ E im linienhaften Leiter unter den vorher genannten
Bedingungen an jeder Stelle die gleiche Feldstärke E vorhanden.
Das elektrische Feld breitet sich nach dem Einschalten der Quelle im Stromkreises
mit Lichtgeschwindigkeit im aus und wird durch die Leiter des Stromkreises geführt.
Die freien Ladungsträger im Leiter setzen sich unter dem Einfluss dieses Feldes
faktisch überall zur gleichen Zeit in Bewegung. Die erreichte Geschwindigkeit, die wir
bereits in Abschnitt 2.2 eingeführt haben, nennen wir Driftgeschwindigkeit der
Ladungsträger. Sie ist für die massebehafteten Elementarteilchen nichtrelativistisch,
d.h. sie hat nichts mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit des elektrischen Feldes zu
tun und liegt in metallischen Leitern bei den zulässigen Stromdichten im Bereich von
einigen Millimetern pro Sekunde.
Bewegt sich eine positive Ladung im linienhaften Leiter von A nach B, so lässt sich
die Energieänderung der Ladung als mechanische Arbeit definieren und berechnen.
A
FE
+
B
v
sAB
Abb. 2.3.14
Zusammenhang Feldstärke und Spannung
Bei der Berechnung der Energiedifferenz benutzen wir das in der Mathematik
benutze skalare Vektorprodukt. Als Multiplikationszeichen zwischen den Vektoren
wird der Punkt wie bei der normalen Produktbildung verwendet. Das skalare
Vektorprodukt wird deshalb auch Punktprodukt genannt. Das Ergebnis des skalaren
Vektorproduktes ist eine skalare Größe. Das skalare Vektorprodukt wird aus der
Multiplikation der Beträge der beiden Vektoren mit dem Kosinus des Winkels, den die
beiden Vektoren einschließen.
Nach Abb. 2.3.14 ergibt sich:
Für die Berechnung der Energiedifferenz führen wir einen Wegvektor zwischen den
Punkten A und B ein in Richtung des Geschwindigkeitsvektors. Physikalisch bedeutet
das skalare Vektorprodukt, dass für die Energiedifferenz nur die Komponente der
Kraft in Wegrichtung F ⋅ cos α wirksam ist.
∆WAB = F ⋅ sAB = F⋅sAB⋅cos α
(2.3.14)
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1etv2-2
Im linienhaften Leiter sind Kraft- und Wegvektor richtungsgleich:
α = 0o cos0o = 1
∆WAB = F ⋅ s AB
(2.3.15)
Aus der Energiedifferenz können wir die Spannung zwischen den Punkten A und B
berechnen:
∆WAB F ⋅ s AB
UAB =
=
= E ⋅ s AB = E ⋅ s AB
(2.3.16)
Q
Q
Stimmen E und s wie im linienhaften Leiter richtungsmäßig überein, lässt sich der
Betrag der Feldstärke E aus der Spannung und demzufolge aus der Differenz der
Potenziale der Punkte A und B bestimmen.
Zur Bestimmung der Zusammenhänge führen wir entsprechend Abb. 2.3.15 längs
des linienhaften Leiters eine Wegkoordinate x ein.
FE
A ϕA
+
xA
x=0
Abb. 2.3.15
xB
x
Berechnung des Zusammenhangs zwischen Feldstärke und Potenzial
E=
UAB ϕA − ϕB ϕA − ϕB
=
=
sAB
s AB
xB − x A
(2.3.17)
ϕA − ϕB
∆ϕ
E=−
=−
x A − xB
∆x
Im linienhaften, homogenen Leiter
entstehen wegen E = konstant in
gleichlangen Leiterabschnitten
gleichgroße Potenzialdifferenzen.
E
ϕA
ϕ
ϕB
xA
ϕB
v
sAB
E;ϕ
Abb. 2.3.16
B
xB
x
Potenzialgefälle am linienhaften
Leiter
E ist das Maß für das Potenzialgefälle.
Feldstärke E(x) und Potenzial ϕ ( x )
sind in Abb. 2.3.16 im Diagramm
dargestellt.
Lassen wir wieder ∆x immer kleiner werden mit ∆x → 0 so wird aus dem
Differenzenquotienten ∆ϕ / ∆x der Differenzialquotient dϕ / dx . Geometrisch gesehen,
ist der Differenzenquotient der Antstieg der Potenzialgeraden ϕ ( x ) . Wird ∆x immer
kleiner gemacht, so rücken die beiden Punkte xA und xB immer näher zusammen.
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1etv2-2
Der Differenzialquotient ist somit der Anstieg der Kurve ϕ ( x ) in einem Punkt.
Bei der Kurvendiskussion in der Mathematik wird der Differenzialquotient aus der
Differenziation, der ersten Ableitung der Funktion ϕ ( x ) ermittelt.
dϕ
dx
E=−
(2.3.18)
besagt somit, dass die Feldstärke gleich dem negativen Differenzialquotienten, der
negativen ersten Ableitung der Potenzialkurve ist. Liegt über einem Leiter eine
positive Feldstärke an, so ist der Anstieg der Potenzialkurve in Feldrichtung und
damit in der Bewegungsrichtung der positiven Ladungen, der Stromrichtung negativ.
Man spricht von einem Potenzialgefälle in Stromrichtung. Hier hat auch de Begriff
Spannungsabfall oder Spannungsfall seinen Ursprung.
dϕ
lässt sich das Potenzial eines Punktes A berechnen:
dx
In der Mathematik ist die Umkehrung der Differenziation die Integration. Das
Potenzial eines Punktes ist somit die Spannung zwischen dem Punkt und dem
Bezugspunkt mit dem Potenzial ϕ = 0 . Es ergibt sich folgende Beziehung.
Aus E = −
xA
x0
X0
xA
ϕA = UA0 = − ∫ E ⋅ dx =
∫ E ⋅ dx
(2.3.19)
xA: Koordinaten des Punktes A
x0: Koordinaten des Punktes mit dem Potenzial ϕ = 0
Sollten Sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht mit der Differenzial- und
Integralrechnung vertraut sein, lässt sich das Integral
ϕA =
x0
∫ E ⋅ dx
(2.3.20)
xA
geometrisch deuten als die Fläche unter der Funktion E(x) in den Grenzen von xA
und x0. Ist die Feldstärke über dem Leiter konstant, ergeben sich die Verhältnisse in
Abb. 2.3.16:
E
Ist das Potenzial an der Stelle x0 ϕ = 0 ,
ϕA
so ist das Potenzial an der Stelle xA
gleich dem Flächeninhalt der farbig
angelegten Fläche in Abb.2.3.17:
ϕA = E ⋅ ( x 0 − x A )
xA
Abb. 2.3.17
x0
Zur Bestimmung des Potenzials
x
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1etv2-2
Die Funktion des Potenzials ϕ = f ( x ) erhält man daraus, indem die Koordinate des
Punktes A als Variable x eingeführt wird. Der Punkt kann dann jeden beliebigen Wert
auf der Koordinate x annehmen.
ϕ ( x ) = E ⋅ ( x0 − x )
(2.3.21)
Im Diagramm der Abb. 2.3.18 ist die Funktion dargestellt.
ϕ
ϕA
ϕ=0
xA
Abb. 2.3.18
x0
Potenzialverlauf über dem Leiter
x
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1etv2-2
2.4
2.4.1
Elektrischer Widerstand
Zusammenhang Stromdichte und Feldstärke
Der Lernende kann
die Begriffe Leitfähigkeit und spezifischer Widerstand erläutern und ihre Maßeinheiten auch in
der Form für Drähte angeben
den Zusammenhang zwischen Stromdichte und elektrischer Feldstärke erklären und die
allgemeine Form des Ohmschen Gesetzes herleiten
die Größenordnung der Leitfähigkeit für Leiter, Halbleiter und Isolierstoffe angeben
Wir hatten als Ursache der Ladungsbewegung in Leitern die Feldstärke E ermittelt,
die eine Kraft auf die Ladungsträger ausübt.
F = Q ⋅E
(2.4.01)
Im Ergebnis dieser Kraftwirkung bewegen sich die positiven Ladungsträger mit der
Geschwindigkeit vp , die negativen Ladungsträger mit der Geschwindigkeit vn. Bei
konstanter Feldstärke sind dabei die Geschwindigkeiten ebenfalls konstant. Die
Proportionalität zwischen der Feldstärke und der Ladungsträgergeschwindigkeit
wird mit der Beweglichkeit b als Proportionalitätsfaktor durch die Gleichung
beschrieben:
v=bE
(2.4.02)
Für positive Ladungsträger gilt :
für negative Ladungsträger gilt:
vp = bp E
vn = bn E
Setzen wir diesen Zusammenhang ein in die im Abschnitt 2.2.2 berechnete
Stromdichte
J = e ⋅ (p ⋅ vp + n ⋅ vn )
(2.4.03)
so erhalten wir:
J = e ⋅ ( p ⋅ bp ⋅ E + n ⋅ bn ⋅ E ) = e ⋅ ( p ⋅ bp + n ⋅ bn ) ⋅ E
Der Ausdruck
(2.4.04)
e ⋅ ( p ⋅ bp + n ⋅ b n )
stellt den Materialeinfluss auf die Strömung der Ladungsträger dar und wird als
Leitfähigkeit κ definiert.
κ = e ⋅ ( p ⋅ bp + n ⋅ bn )
Maßeinheit:
[κ] = [J] = A2 ⋅ m = A
[E] m ⋅ V m ⋅ V
(2.4.05)
(2.4.06)
Später werden wir für den praktischen Umgang mit der Leitfähigkeit eine auf den
speziellen Anwendungsfall zugeschnittene Maßeinheit einführen.
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46
1etv2-2
Unter Verwendung der Leitfähigkeit ergibt sich der Zusammenhang zwischen
Stromdichte und Feldstärke
J
= κ = konstant
(2.4.07)
E
Feldstärke und Stromdichte hatten wir getrennt als vektorielle Größen eingeführt.
Das wird durch die Gleichung bestätigt:
J = κ ⋅Ε
J = κ ⋅Ε
(2.4.08)
Dieser Zusammenhang wird als Ohmsches Gesetz in seiner allgemeinen Form
bezeichnet. Die Gleichung gilt für den Zusammenhang zwischen Stromdichte und
Feldstärke an jeder Stelle eines beliebig geformten räumlichen Leiters.
Beispiel 2.4.01
Eine Spannungsquelle und ein Verbraucher sind s = 0.2 km voneinander entfernt und
über eine zweiadrige Kupferleitung verbunden. Die Spannungsdifferenz zwischen
Quellen- und Verbraucherspannung beträgt ∆U = 90 V.
Zu berechnen ist die Stromdichte in der Leitung!
∆U/2
− Uq + ∆U + U = 0
∆U = Uq − U = 90 V
U
Uq
∆U/2
J = κ ⋅E
E=
∆U
s
s=0.2km
2.4.2
Widerstand, Leitwert
Der Lernende kann
die Begriffe Widerstand und Leitwert erläutern und ihre Maßeinheiten angeben
Widerstand und Leitwert eines linienhaften Leiters herleiten
das Ohmsche Gesetz nennen und angeben, unter welchen Bedingungen es gültig ist
Wir wollen im Folgenden linienhafte Leiter betrachten. Wir hatten linienhafte Leiter
definiert als Leiter mit kreisförmigem Querschnitt A, bei denen zwischen Länge s und
Durchmesser d gilt: s d .
I
A
UAB, E
B
A (Querschnitt)
sAB
Abb. 2.4.1
Zur Definition des Widerstandes linienhafter Leiter
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47
1etv2-2
In linienhaften Leitern, die vom Strom I durchflossen werden (Abb. 2.4.1)und an
denen über der Länge sAB die Spannung UAB abfällt, ist die Feldstärke
U
E = AB
(2.4.09)
sAB
d2 ⋅ π
über die betrachtete Länge sAB unveränderlich,
4
I
dann ist die Stromdichte J =
in diesem Leiterstück konstant. Setzen wir
A
Stromdichte und Feldstärke in Gleichung (2.4.07) ein, so erhalten wir:
Ist der Drahtquerschnitt A =
κ=
J I sAB
= ⋅
E A U
(2.4.10)
Daraus definieren wir zwei Größen, die den Zusammenhang zwischen Spannung
über dem Leiterabschnitt und Strom durch den Leiter bestimmen.
I
A⋅κ
=
sAB
UAB
U
1
s
= AB =
= AB
A⋅κ
I
GAB
Leitwert
GAB =
(2.4.11)
Widerstand
R AB
(2.4.12)
Der Leiter setzt der freien Bewegung der Ladungsträger einen Widerstand entgegen.
Diese Eigenschaft wird durch den elektrischen Widerstand R oder den elektrischen
Leitwert G ausgedrückt. Je mehr Energie zur Ladungsbewegung zwischen A und B
benötigt wird, desto höher ist die Spannung:
∆WAB
(2.4.13)
UAB =
Q
[U] = V = Ω
Maßeinheit: [R] =
(Ohm)
(2.4.14)
[]I A
[G] = 1 = A = 1 = S
(Siemens)
(2.4.15)
[R] V Ω
Siemens, Werner v.; 1816-1892; deutscher Industrieller; elektrodynamisches Prinzip
Ohm, Georg Simon 1789-1854; deutscher Physiker
UAB
= R = konstant
(2.4.16)
I
Diese Gleichung wird als Ohmsches Gesetz bezeichnet. Sie sagt aus, dass der
Quotient aus Spannung und Strom für eine Reihe von Leitern bei gleichbleibenden
Umgebungsbedingungen (Temperatur u.a.) eine konstante Größe ist. Die Gleichung
gilt allgemein für Leiter und Leiterstücke oder für zwei Punkte einer Schaltung, soweit
sie keine Quellen und keine Speicherelemente enthält.
Der Materialeinfluss des Leitermaterial wird in den Definitionsgleichungen von
Widerstand und Leitwert durch die Leitfähigkeit berücksichtigt. Unter Verwendung der
Gleichungen (2.4.11) und (2.4.12) ergibt sich daraus die Leitfähigkeit:
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1etv2-2
sAB
G ⋅s
= AB AB
R AB ⋅ A
A
κ=
(2.4.17)
Der Kehrwert der Leitfähigkeit ist der spezifische Widerstand ρ
1
R
ρ= =
(2.4.18)
s
κ
AB
A
Der spezifische Widerstand ist der auf die Länge und den Querschnitt bezogene
Widerstand.
Aus den Gleichungen ergeben sich für Leitwert und spezifischen Widerstand die
Maßeinheiten:
[ κ] =
[ G] ⋅ [ s ] = S ⋅ m = S
m2
m
[A]
[ρ] =
[R] ⋅ [ A ] =
[ s]
Ω ⋅ m2
= Ω ⋅m
m
(2.4.19)
Liegen die Leiter als Drähte vor, so wird Länge in m und der Querschnitt in mm2
angegeben:
[ s] = m
[ A ] = mm2
Für Leitfähigkeit und spezifischen Widerstand ergeben sich dann die Maßeinheiten:
[ κ] =
[G] ⋅ [ s ] = S ⋅ m
[ A ] mm2
[ρ] =
[R] ⋅ [ A ] = Ω ⋅ mm2
m
[ s]
(2.4.20)
Der spezifische Widerstand eines Leitermaterials gibt somit den Widerstand eines
Drahtes von 1m Länge und 1mm2 Querschnitt an.
In Abbildung 2.4.2 sind spezifischer Widerstand ρ in Ωm und die Leitfähigkeit in S/m
für Leiter, Halbleiter und Isolatoren dargestellt. Zusätzlich ist für die Materialgruppe
Leiter die Leitfähigkeit in Sm/mm2 angegeben:
Leiter
Ag
Isolierstoffe
Halbleiter
Cu
Ge
Grafit
Ga;As
Si
10-8
10-6
10-4
10-2
1
102
108
106
104
102
1
10-2
102
1
10-2
10-4
PVC
Glas
104
106
108
1010
1012
1014
ρ in Ωm
10-4
10-6
10-8
10-10
10-12
10-14
Ag
κ in S/m
κ in Sm/mm 2
Abb. 2.4.2
Spezifischer Widerstand und Leitfähigkeit von Leitern, Halbleitern und Isolierstoffen
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1etv2-2
Beispiel 2.4.02
Durch eine Glühlampe fließt der Strom I = 0.45A bei einer Spannung U = 230V.
Zu berechnen ist Widerstand und Leitwert der Lampe.
U 230 V
I 0.45A
G= =
= 1.96mS
= 511Ω
R= =
U 230V
I 0.45 A
Beispiel 2.4.03
Für den Menschen ist ein Strom von I = 40mA durch seinen Körper unter Umständen
bereits tödlich. Zu berechnen ist die Spannung, die diesen Strom antreibt, wenn
Haut- und Körperwiderstand des Menschen mit R = 1000Ω angesetzt werden.
U = I ⋅ R = 40mA ⋅ 1000Ω = 40.0 V
Festlegung des Bereiches der Kleinspannung.
2.4.3
Spannungs-Strom-Verhalten
Der Lernende kann
die Strom-Spannungs-Kennlinie eines linearen Widerstandes skizzieren und quantitativ
auswerten
die Strom-Spannungs-Gleichung im Zusammenhang mit den Zählpfeilen für Spannung und
Strom auf das Schaltelement linearer Widerstand anwenden
den Begriff nichtlinearer Widerstand erläutern und die Begriffe Gleichstromwiderstand und
differenzieller Widerstand definieren
Beispiele für lineare und nichtlineare Widerstände angeben
Aus der Definitionsgleichung des Widerstandes ergibt sich der Spannungs-StromBeziehung, wenn der Strom als Variable in der Gleichung behandelt wird.
UAB
= R AB
I
UAB= RAB⋅I = f(I)
(2.4.21)
Die Gleichung gilt auch für beliebige Zeitverläufe des Stromes.
uAB = RAB ⋅i
(2.4.22)
RAB
UAB
8
Für konstante Werte des Widerstandes RAB ist die Spannungs-Strom-Beziehung in
Abb. 2.4.3 im Diagramm als Spannungs-Strom-Kennlinie dargestellt.
UAB2
RAB
0
Für RAB = konstant ergibt sich eine
Ursprungsgerade. Ein Widerstand mit
einer solchen Spannungs-StromKennlinie wird als
Ohmscher Widerstand oder
linearer Widerstand bezeichnet.
UAB1
Lineare Widerstände haben eine
lineare Spannungs-Strom-Kennlinie.
α
I1
Abb. 2.4.3
I2
I
U-I-Kennlinie des linearen Widerstandes
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1etv2-2
Metallische Leiter, homogene Halbleiter und leitfähige Flüssigkeiten bei konstanter
Temperatur haben eine lineare Spannungs-Strom-Kennlinie, sind also lineare
Widerstände.
UAB1 UAB2
=
(2.4.23)
I1
I2
Der Anstieg der Ursprungsgerade wird durch den Wert des Widerstandes RAB
bestimmt. Es gilt der Zusammenhang: tan α ∼ R
Mit steigendem Widerstand
R AB → ∞ wird der Anstieg größer, mit fallendem Widerstand R AB → 0 wird der
Anstieg kleiner.
R AB =
In Abb. 2.4.3 gilt:
Schaltzeichen des
linearen Widerstandes:
I;i
UAB;uAB
RAB
Mit den eingetragenen Verbraucherzählpfeilen ergibt sich die bereits formulierte
Spannungs-Strom-Beziehung:
UAB = R AB ⋅ I
uAB = R AB ⋅ i
(2.4.24)
Spannungszählpfeil und Stromzählpfeil haben über RAB die gleiche Richtung, nur
dann ergibt sich das positive Vorzeichen in der Spannungs-Strom-Beziehung. Bei
vorzeichenbehafteten Größen ist eine Gleichung immer in Verbindung mit einer
Zählskizze anwenden. In Abb. 2.4.4 sind zwei Beispiele für Strom-SpannungsKennlinien linearer Widerstände gezeigt. Beachten Sie bitte, dass in diesen
Beispielen der Strom als Funktion der Spannung aufgetragen ist, mit steigendem
Widerstand wird damit der Anstieg der Ursprungsgeraden kleiner.
I
A
0.4
0.4
R = 400Ω
I
A
0Ω 100Ω
200Ω 300Ω
400Ω
0.3
0.3
0.2
0.2
800Ω
0.1
0.1
1200Ω
0
0
40
Abb. 2.4.4
80
120
160 U
V
600Ω
∞
0
0
40
80
120
Beispiele für Strom-Spannungskennlinien linearer Widerstände
160 U
V
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Beispiel 2.4.04
Der Widerstand eines Heizgerätes beträgt R = 80 Ω. Zu berechnen ist der Strom bei
einer Spannung U = 220 V!
I=
U 220 V
=
= 2.75 A
R
80Ω
Ergeben sich zwischen zwei Klemmen einer Schaltung ohne Quellen und
Speicherelemente Spannungs-Strom-Kennlinien, die keine Ursprungsgeraden sind,
liegt ein nichtlinearen Widerstand vor. In Abb. 2.4.5 ist die Kennlinie eines
nichtlinearen Widerstandes dargestellt.
uAB
P
UABP
di
IP
Abb. 2.4.5
duAB
i
U-I-Kennlinie des nichtlinearen Widerstandes
Nichtlineare Widerständehaben unter anderem Heißleiter, Kaltleiter, Dioden,
Gasentladungen (Lichtbögen).RAB = f(UAB) oder RAB = f(I)
Bei nichtlinearen Widerständen werden zwei Kennwerte definiert:
In Abb. 2.4.5 ergibt sich im Arbeitspunkt P der Gleichstromwiderstand:
U 
R ABP =  AB  > 0
 I P
(2.4.25)
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1etv2-2
Der Gleichstromwiderstand eines nichtlinearen Widerstandes ist dem Anstieg der
Sehne vom Koordinatenursprung zum Arbeitspunkt P proportional. Er ist immer
positiv.
Der differenzieller Widerstand bestimmt den Anstieg der Tangente im Arbeitspunkt.
Differenzieller Widerstand im Arbeitspunkt:
 du 
(2.4.26)
rA =  AB 
 di P
Er kann positive und negative Werte annehmen.
In Abb. 2.4.6 sind Strom-Spannungs-Kennlinien nichtlinearer Widerstände gezeigt,
die experimentell aufgenommen wurden. In Abb. 2.4.6 a) ergibt sich im Arbeitspunkt
mit den Werten U1 = 20V und I1 =0.2A der Gleichstromwiderstand
U1 20V
=
= 100Ω
I1 0.2A
Der differenzielle Widerstand wird aus dem Anstieg der Tangente im Arbeitspunkt
bestimmt.
R=
∆U
 du 
r =  =
≈ 30 Ω
 di  AP ∆I
I
A
UA
= 100Ω
IA
∆U
r=
≈ 30Ω
∆I
R=
A
∆U
IA = 0.2A
IA = 0.2A
I
A R = UA = 100Ω
IA
∆U
≈∞
r=
∆I
A
∆U
∆I ≈ 0
UA = 20V
U
V
∆I
UA = 20V
a)
Abb.2.4.6
U
V
b)
Beispiele für Strom-Spannungs-Kennlinien nichtlinearer Widerstände
In Abb. 2.4.6 b) weicht der differenzielle Widerstand nicht nur vom
Gleichstromwiderstand, der hier R = 100Ω beträgt, ab, sondern erreicht sogar den
Wert r ≈ ∞ . Der differenzielle Widerstand r ≈ ∞ besagt hier, dass im
Arbeitspunktbereich aus einer Spannungsänderung am nichtlinearen Widerstand
keine Stromänderung resultiert. Die Stromstärke I = 0.2A bleibt bei der
Spannungsänderung erhalten.
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53
1etv2-2
2.4.4.
Bemessungsgleichung
Der Lernende kann
die Bemessungsgleichung für linienhafte Leiter (Drähte) aus den Gleichungen des homogenen
elektrischen Feldes herleiten
die Bemessungsgleichung zur Berechnung des Widerstandes von Drähten anwenden
die Bemessungsgleichung für Schichtwiderstände angeben und anwenden
In linearen Widerständen liegen homogene Strömungsverhältnisse vor, d. h. die
Stromdichte ist in jedem Querschnitt gleich und über gleichen Längenabschnitten
fallen gleiche Spannungen ab. Die Widerstandswerte können für diese Verhältnisse
mit der Bemessungsgleichung berechnet werden:
R=
s AB
s
= ρ ⋅ AB
κ⋅A
A
(2.4.27)
Diese Gleichung gilt insbesondere für linienhafte Leiter (Drähte). In Tabelle 2.4.1 sind
Leitfähigkeit und spezifischer Widerstand einiger ausgewählter Leiterwerkstoffe
angegeben. Die Werte gelten für die Temperatur des Leitermaterials ϑ = 20o C .
Tab. 2.4.1 Werte der Leitfähigkeit, des spezifischen Widerstandes und der Dichte einiger
ausgewählter Leiterwerkstoffe
Material
Silber
Kupfer
Aluminium
Stahl
Konstantan
ρ//Ωmm2/m)
0.016
0.0179
0.02857
0.1...0.15
0.5
κ/(Sm/mm2)
62.5
56
35
10...7
2.0
γ/(kg/dm3)
10.5
8.9
2.7
7.86
8.8
Beispiel 2.4.05
Zu einem s = 200 m entfernten Verbraucher führt eine zweiadrige Leitung aus Kupfer
mit einem Leiterquerschnitt A = 1.5 mm2. Zu berechnen ist der Widerstand, der den
Spannungsabfall der Leitung bestimmt.
I
∆U/2
∆U = I ⋅ (2 ⋅ RL )
RL
Uq
U
∆U/2
s=200m
RL
RL =
s
κ⋅A
2⋅s
κ⋅A
2 ⋅ 200m ⋅ mm 2
R=
= 4.76Ω
56Sm ⋅ 1.5mm 2
R = 2 ⋅ RL =
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1etv2-2
In der Dünn- und Dickschichttechnik liegen häufig Widerstandsschichten definierter
Schichtdicke d vor. Ein Beispiel ist in Abb. 2.4.7 gezeigt.
s
s
b
d
b
d
Abb. 2.4.7
Bahnlänge der Widerstandsbahn
Bahnbreite der Widerstandsbahn
Sichtdicke
Schichtwiderstände
Der Widerstand der Leiterbahn berechnet sich nach Gleichung 2.4.27 zu:
ρ⋅s
R=
(2.4.28)
d⋅b
Auf Grund der konstanten Schichtdicke wird der Schichtwiderstand RS definiert:
ρ
RS =
(2.4.29)
d
Mit dem Schichtwiderstand berechnet sich der Widerstand der Leiterbahn.
s
R = RS ⋅
(2.4.30)
b
Beispiel 2.4.06
Zu berechnen ist der Widerstand des Drahtes: s = 1 m; A = 1 mm2
Material: a) Cu; b) Al
s = 1 m; A = 1 mm2 sind die Bezugswerte des spezifischen Widerstandes, damit wird
1m
1m
= 17.9mΩ
b) R Ag = ρAg ⋅
a) RCu = ρCu ⋅
= 16.0mΩ
2
1mm
1mm2
Beispiel 2.4.07
In einem Schaltkreis soll mit Rs = 5 kΩ und b = 10 µm der Widerstand R = 100 kΩ
realisiert werden. Material: Palladium ρ = 0.102 Ωmm2/m
Zu berechnen ist die Bahnlänge s und die Schichtdicke d!
R=
s
s
= RS ⋅
κ ⋅b ⋅d
b
s=
R
250kΩ
⋅b =
⋅ 10µm = 500µm
RS
5kΩ
d=
1
1⋅ mm 2
=
= 2.04 ⋅ 10 −11m = 20.4pm
κ ⋅ RS 9.80Sm ⋅ 5kΩ
RS =
1
κ⋅d
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