Grundlagen der maschinellen Beatmung Einführung in die Beatmung für Ärzte und Pflegekräfte Bearbeitet von Jörg Rathgeber 2., aktual. Aufl. 2010. Buch. 456 S. Hardcover ISBN 978 3 13 148792 6 Format (B x L): 17 x 24 cm Weitere Fachgebiete > Medizin > Pflege > Fachpflege (chirurgisch, intensivisch, psychiatrisch, etc.) schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte. 103 3 Beatmungsformen 1 Jörg Rathgeber Während die Einstellparameter sowie die zeitlichen Verläufe von Druck, Volumen und Flow innerhalb eines Beatmungszyklus durch das Beatmungsmuster gekennzeichnet werden, beschreibt die Beatmungsform die Wechselbeziehung zwischen Patient und Beatmungsgerät. Sie bestimmt, nach welchen Kriterien die einzelnen Beatmungszyklen ausgelöst werden, ihre zeitliche Abfolge sowie die Anteile von Respirator und Patient an der Gesamtventilation. Die ersten Intensivrespiratoren in den 50er Jahren waren aufgrund technischer Unzulänglichkeiten ausschließlich für kontrollierte Formen der maschinellen Überdruckbeatmung geeignet. Spontanatmungsaktivitäten des Patienten konnten vom Respirator nicht erkannt und umgesetzt werden und mussten durch tiefe Sedierung bis hin zur Relaxierung unterdrückt werden. Moderne Respiratoren ermöglichen dagegen die ­bedarfsgerechte Anpassung der maschinellen Unterstützung an die aktuellen ventilatorischen Erfordernisse des Patienten. Durch Kombinationen verschiedener Beatmungsformen ist neben der totalen Übernahme der Ventilation auch die partielle Unterstützung der Eigenatmung des Patienten durch intermittierende maschinelle Beatmungszüge und/oder ­maschinelle Unterstützung der einzelnen Spontanatemzüge möglich („augmentierte“ Spontanatmung). Der maschinelle Support und damit auch die ­ventilatorische Eigenleistung des Patienten sind hierbei variabel. Ein intaktes Atemzentrum ist allerdings bei allen Formen der ­unterstützenden Spontanatmung absolute Voraussetzung. Um Missverständnissen vorzubeugen, sollte der Begriff „Spontanatmung“ generell nur dann verwendet werden, wenn die Gesamtventilation vom Patienten (z. B. bei CPAP-Atmung) erbracht wird. ­Ansonsten sollte besser von „maschinell ­unterstützter Spontanatmung“ gesprochen werden. Die maschinell unterstützte Spontanatmung ist in Deutschland heute die bei Weitem vorherrschende Beatmung in der Intensivmedizin. Merke Die Beatmungsform bestimmt die Kommunika­ tion zwischen Patient und Respirator. 3 3 3 3.1 Terminologie Neue medizinische Erkenntnisse, technische Weiterentwicklungen und veränderte Beatmungsstrategien haben in den letzten Jahre zur klinischen Einführung zahlreicher neuer Beatmungsmodes geführt, die mehr oder weniger von den „klassischen“ Beatmungsformen abweichen und sich auch von Hersteller zu Hersteller unterscheiden. Deren Klassifizierung ist außerordentlich schwierig, zumal sich die Unterschiede aus patentrechtlichen Gründen häufig lediglich auf technische Details beziehen, deren klinische Relevanz oftmals fraglich ist. Neben der Einteilung anhand technischer Spezifikationen und Steuerungsgrößen kann im Wesentlichen zwischen 3 Grundformen der Beatmung unterschieden werden, die sich am Anteil der Maschine bzw. des Patienten an der Atemarbeit orientieren: 1. Kontrollierte oder mandatorische Beatmung (Continuous Mandatory Ventilation, CMV): Die Maschine übernimmt die ­gesamte Ventilation der Lungen, vom Patienten wird, solange er nicht „gegen die Maschine atmet“, ­keine Atemarbeit erbracht: „Der Patient macht nichts, die Maschine macht alles“ (total ventilatory support). Der Begriff „mandatorisch“ bedeutet, dass die Vorgabe der notwendi- aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 3 3 3 3 104 1 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 Beatmungsformen gen Parameter im Mandat des Bedieners liegt. Maschinelle Beatmungshübe werden der Zielgröße entsprechend entweder volumenkontrolliert (Volume Controlled Ventilation, VCV) oder druckkontrolliert (Pressure Controlled Ventilation, PCV) verabreicht. Zur exakten Beschreibung des eingestellten ­Beatmungsmodus hat es sich bewährt, die Art der maschinellen Volumenlieferung durch einen entsprechenden Zusatz eindeutig zu kennzeichnen, z. B. als ­VC-CMV (volumenkontrollierte maschinelle Beatmung), PC-CMV (druckkontrollierte Beatmung), PC-S-IMV (S-IMV mit druckkontrollierten maschinellen Beatmungshüben), PC-IRV (druckkontrollierte Inverse Ratio Ventilation) usw. Obwohl PCV im eigentlichen Sinne die ­Applikation des einzelnen Beatmungshubs charakterisiert, wird der Begriff im klinischen ­Sprachgebrauch meist als Synonym für PC-CMV verwendet. 2. Maschinell unterstützte Spontanatmung: Die Ventilation und damit die Atemarbeit wird nur teilweise von der Maschine übernommen, ein (variabler) Teil wird vom Patienten ­geleistet (partial ventilatory support). Die ­maschinelle Unterstützung der Atmung kann entweder durch Unterstützung jedes einzelnen Atemzuges oder durch intermittierende mandatorische Beatmungshübe oder beides erfolgen, wobei unterschiedliche Steuerungsprinzipien (Druck-, Flow-, Zeit-, Volumensteuerung) zur Anwendung kommen. Klassischer Vertreter dieser Gruppe ist die druckunterstützte Spontanatmung (Pressure Support Ventilation, PSV). Technische Weiterentwicklungen erlauben dem Patienten nicht nur eine ungehinderte Spontanatmung, sondern gleichzeitig eine automatische Anpassung des maschinellen Supports an seine aktuelle ventilatorische Eigenleistung. Derartige rückkoppelnde Systeme zeigen neue Wege nicht nur im Rahmen der ▶ lungenprotektiven Beatmung auf, sondern vor allem auch bei der ▶ Entwöhnung vom Respirator. 3. Spontanatmung (Spontaneous Ventilation, SV): Die in- und exspiratorische Atemarbeit wird allein vom Patienten erbracht: „Der Patient macht alles, die Maschine macht nichts“. Im Folgenden werden die Grundlagen der wichtigsten Beatmungsverfahren erläutert, wobei ­bewusst auf die Beschreibung technischer Spezi- fikationen und herstellerspezifischer Unterschiede verzichtet wird. 3.2 Kontrollierte ­Beatmungsverfahren 3.2.1 Volumenkontrollierte Beatmung, VC-CMV VC-CMV, Volume Controlled Continuous Mandatory Ventilation CMV, Continuous Mandatory Ventilation IPPV, Intermittent Positive Pressure Ventilation CPPV, Continuous Positive Pressure Ventilation (IPPV mit PEEP) Definition. Bei der volumenkontrollierten Beatmung werden sämtliche Beatmungsparameter vorgegeben. Ziel- und Steuerungsparameter ist das Tidalvolumen (Atemzugvolumen). Die resultierenden Atemwegsdrücke sind abhängig von den eingestellten Volumina sowie den pulmonalen Gegebenheiten des Patienten (Abb. 3.1). Die Beeinflussung des inspiratorischen Beatmungsmusters durch den Patienten ist nicht möglich. Atemminutenvolumen. Die primäre Einstellung des Atemminutenvolumens orientiert sich am Körpergewicht des Patienten, wobei ein Ventilationsbedarf von ca. 100 ml Atemluft pro (idealem!) kg KG und Minute zugrunde gelegt wird. Die initialen Beatmungsfrequenzen werden auf ca. 15 pro Minute eingestellt. Das Atemminutenvolumen (AMV) resultiert aus der Höhe des eingestellten Tidalvolumens und der Beatmungsfrequenz. Hinweis Da immer die gleichen Tidalvolumina appli­ ziert werden, wird die ­volumenkontrollierte ­Beatmung auch als volumenkonstante Beat­ mung bezeichnet. Inspirationsflow. Die Höhe des Inspirationsflows ist zumeist direkt wählbar oder resultiert aus der Einstellung der aktiven Inspirationsdauer. Der beatmete Patient ist nicht in der Lage, diesen mandatorischen Flow zu beeinflussen. Je nach den vorliegenden pulmonalen Gegebenheiten und der aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.2 Kontrollierte B ­ eatmungsverfahren inspiratorischer Spitzendruck inspiratorisches Plateau Druck PEEPNiveau Flowphase Flow Pausenphase Inspiration Volumen Inspiration Exspiration Zeit I E I E Abb. 3.1 Volumenkontrollierte Beatmung mit PEEP. Zielparameter ist die Volumenkonstanz, Ein­ stellparameter sind Flow, Beatmungsfrequenz und PEEP. Änderungen von Compliance und/oder Resis­ tance verursachen entsprechende Veränderungen der Beatmungsdrücke. Vigilanz des Patienten werden bei volumenkon­ trollierten Beatmungsformen üblicherweise Flows zwischen 15 und 40 l/min eingestellt. Nach Öffnung des Inspirationsventils wird bis zum Ende der Flowphase ein konstanter Flow definierter Höhe abgegeben. Andere Flowmuster, wie dezelerierender, akzelerierender oder sinusförmiger Flow (siehe auch Abb. 2.5, S. 64), werden bei volumenkontrollierter Beatmung praktisch nicht mehr verwendet, da sie keine erkennbaren Vorteile bieten. Beatmungsdruck. Je niedriger die ▶ Compliance der beatmeten Lunge ist, z. B. bei schweren Erkran- kungen des Lungenparenchyms im Rahmen des ▶ ARDS, desto größer sind die erforderlichen maschinellen Beatmungsdrücke, um die gewünschten Volumina zu applizieren. Anstiege der ▶ Resistance der Atemwege wie beim Status asthmaticus führen ebenfalls zur Zunahme der Beatmungsdrücke. Inspiratorische Druckbegrenzung. Bei der Einstellung der Tidalvolumina unter volumenkonstanter Beatmung muss unbedingt auf die resultierenden Beatmungsdrücke geachtet werden. Hohe Tidalvolumina verursachen hohe Atemwegsdrücke, die insbesondere bei pulmonal vorgeschädigten Patienten zur weiteren Schädigung von intaktem Lungenparenchym (▶ Volutrauma) beitragen können. Generell sollten beim Erwachsenen inspiratorische Beatmungsdrücke über 30 mbar dauerhaft nicht überschritten werden. Zur Vermeidung unerwünschter Druckspitzen in den Atemwegen wird die Einstellung einer inspiratorischen Druckbegrenzung dringend empfohlen. Nach Überschreiten dieses Grenzwertes wird die Inspiration automatisch abgebrochen. Hinweis Als Anhaltswert sollte der Begrenzungsdruck ca. 10 mbar oberhalb des Spitzendrucks eines nor­ malen Beatmungshubs eingestellt werden (Abb. 3.2). ■■ Drucklimitierte Beatmung, PLV PLV, Pressure Limited Ventilation Definition. Die drucklimitierte Beatmung (Pressure Limited Ventilation, PLV) ist eine Sonderform der volumenkontrollierten Beatmung. Das Überschreiten des eingestellten Begrenzungsdrucks führt ­jedoch nicht zum Abbruch der Inspirationsphase, sondern zur Abnahme des Flows (Flowdezeleration). Zielgröße bleibt das Volumen. Unabhängig vom geräteseitig eingestellten Inspirationsflow kann die gesamte Inspirationsphase für die aktive Volumenlieferung ausgenutzt werden (Abb. 3.3). Der Inspirationsflow wird erst dann abgebrochen, wenn das eingestellte Tidalvolumen vollständig appliziert (Volumensteuerung) oder die Inspirationszeit abgelaufen ist (Zeitsteuerung). aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 105 1 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 Beatmungsformen b inspiratorische Druckbegrenzung a Druck 1 b a 10 mbar Druck 106 Flowabbruch Null-Flow Begrenzungsdruck Plateaudruck Flow Flow 3 Tidalvolumen nicht erreicht Volumen 3 Volumen 3 Zeit 3 3 3 3 3 3 3 Abb. 3.2 Inspiratorische Druckbegrenzung. Die inspiratorische Druckbegrenzung sollte etwa 10 mbar oberhalb des Spitzendrucks eines normalen Beatmungshubs eingestellt werden. aDie inspiratorische Druckbegrenzung wird nicht er­ reicht, das eingestellte Tidalvolumen wird appliziert. bDie inspiratorische Druckbegrenzung wird über­ schritten (rote Markierung). Die Inspirationsphase wird durch Flowabbruch vorzeitig beendet. Die Exspiration wird eingeleitet, ohne dass das einge­ stellte Tidalvolumen verabreicht wurde. Beachte Das Atemvolumen bleibt konstant, solange in der Druckkurve ein Druckplateau oder in der Flowkurve eine No-Flow-Phase zwischen Inspira­ tion und Exspiration erkennbar ist. Erst wenn die Inspirationsphase zur Applikation des Volumens nicht ausreicht, kommt es zu Volumeninkonstanz und entsprechender Alarmierung. Dies kann z. B. der Fall sein bei akuter Erhöhung der Atemwegswiderstände durch Sekretobstruktion, Pressen des Patienten usw. Vorübergehende Veränderungen von pulmonaler Compliance oder Resistance können somit durch PLV besser Zeit Abb. 3.3 Drucklimitierte Beatmung. Das Erreichen des Begrenzungsdrucks führt nicht zum Abbruch der Inspiration, sondern zur Flowreduktion und Verlänge­ rung der aktiven Inspirationszeit. a Die Inspirationsphase reicht zur Applikation des Volu­ mens aus, ein Druckplateau bzw. eine No-Flow-Phase ist erkennbar: drucklimitiert – volumenkonstant. bDie Inspirationsphase reicht zur Applikation des Volumens nicht aus (rote Markierung). Es ist kein Druckplateau bzw. keine inspiratorische No-FlowPhase mehr erkennbar: drucklimitiert – volumen­ inkonstant. kompensiert werden als durch die herkömmliche ­starre Druckbegrenzung. Hinweis Die drucklimitierte Beatmung steht meistens nicht als eigenständige Beatmungsform zur Ver­ fügung, sondern wird als Zusatzfunktion an­ geboten, z. B. in Verbindung mit ▶ VC-CMV oder ▶ S-IMV. Sofern der Respirator über eine ­entsprechende Funktion verfügt, sollten volu­ menkontrollierte Beatmungszüge, unabhängig vom eingestellten Beatmungsmodus, generell drucklimitiert appliziert werden. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.2 Kontrollierte B ­ eatmungsverfahren 3.2.2 Assistierte Beatmung, A/C A/C, Assist-Control Ventilation IPPV/Assist CPPV/Assist S-CMV, Synchronized Continuous Mandatory ­Ventilation S-IPPV, Synchronized Intermittent Positive ­Pressure Ventilation Definition. Zur kontrollierten Beatmung im weiteren Sinne gehört auch die früher weit verbreitete assistierte Beatmung. Im Unterschied zur vollständig kontrollierten Beatmung kann der Patient den Beginn der Inspirationsphase durch seine Atemanstrengungen selbst auslösen. Steuerung. Inspirationsbemühungen des Patienten folgen „getriggerte“ ▶ volumenkontrollierte maschinelle – „mandatorische“ – Atemzugvolumina, die der Patient jedoch nicht selbst beenden kann. Werden vom Gerät keine Inspirationsbemühungen erkannt, wird der maschinelle Beatmungszug zeit- Druck Flow Volumenkontrollierte/-konstante Beatmungsfor­ men haben in den letzten Jahren ihre ­frühere Vorrangstellung in der Intensivmedizin verloren. ­Ursächlich war unter anderem die Befürchtung, die gelegentlich am Respirator gemessenen ­hohen ▶ Spitzendrücke könnten sich bis in die ­Alveolarregionen fortsetzen und dort zu Schädigungen führen. Dabei wurde jedoch außer Acht ­gelassen, dass diese vor allem durch die Atemwegsresistance hervorgerufen werden und sich kaum bis in die Alveolen fortsetzen. Von untergeordneter Bedeutung ist dabei, ob das Volumen mit akzelerierendem, dezelerierendem oder konstantem Flow appliziert wird. In jüngster Zeit erfährt die volumenkontrollierte Beatmung mit niedrigen Tidalvolumina als ein Verfahren im Rahmen der maschinell unterstützten Spontanatmung (▶ BiLevel-VG, ▶ druckregulierte volumenkonstante Beatmung, ▶ Volume Support, ▶ AutoFlow) unter dem Aspekt der ▶ Lungenprotektion eine unerwartete Renaissance. 1 3 Volumen ■■ Klinische Bedeutung volumenkontrollierter Beatmungsverfahren 107 Zeit 3 Abb. 3.4 Assistierte Beatmung, Assist-Control (A/C). Mandatorische Beatmungszüge können ge­ triggert werden (Pfeile), eine weitere Beeinflussung des Beatmungsmusters durch den Patienten ist nicht möglich. 3 gesteuert abgegeben (Assist-Control Ventilation, A/C, Abb. 3.4). 3 Atemarbeit. Sie ist durch die Höhe der Triggerschwelle vorgegeben und damit bei korrekter Einstellung gering. Da jede erfolgreiche Triggerung des Patienten einen vollständigen maschinellen Atemhub auslöst, kann – insbesondere bei Patienten mit gesteigertem Atemantrieb – eine ­unbeabsichtigte Hyperventilation mit Hypokapnie resultieren. Wird die Exspirationszeit zu kurz, kann es besonders bei Patienten mit obstruktiven Ventilationsstörungen (COPD, Asthma bronchiale) zur unbemerkten Lungenüberblähung durch ▶ AirTrapping-Phänomene kommen. Hinweis Der Begriff „assistierte Beatmung“ wird gele­gent­lich auch im Zusammenhang mit Beatmungs­strategien verwendet, die dem Pati­ enten ein hohes – und variables – Maß an venti­ latorischer Eigenleistung ermöglichen, wie z. B. ▶ PSV oder ▶ BIPAP. Im Gegensatz zu diesen sog. augmentierten (unterstützenden) Spontan­ atmungsmodes ist die assistierte Beatmung je­ doch lediglich eine vom Patienten gesteuerte – getriggerte – kontrollierte Beatmung, wobei der Patient nur die maschinelle Beatmungsfrequenz aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 Merke Keine Indikation für S-CMV in der Intensiv­ medizin. 3.2.3 Druckkontrollierte Beatmung, PC-CMV ■■ Klinische Bedeutung einfacher kontrollierter/assistierter Beatmungsverfahren PC-CMV, Pressure Controlled Continuous ­Mandatory Ventilation PCV, Pressure Controlled Ventilation Die assistierte volumenkontrollierte Beatmung (S-CMV, A/C) gehörte früher zu den Standardverfahren in Anästhesie und Intensivmedizin, da sie durch die Möglichkeit der Patiententriggerung eine bessere Synchronisation zwischen ­Patient und Respirator ermöglichte. Eine ­Muskelrelaxation war dadurch nicht mehr zwangsläufig erforderlich und der Sedierungsbedarf war geringer. Technische Weiterentwicklungen und neue Beatmungsstrategien haben in den letzten Jahren die ­früher üblichen, einfachen „Assist/Con­troler“ praktisch vollständig vom Markt verdrängt. Aufgrund der zahlreichen Nachteile starrer Beatmungsmuster sollten kontrollierte bzw. assistierte Beatmungsverfahren ohne die Möglichkeit zur intermittierenden und ungehinderten Spontanatmung – wenn überhaupt – nur noch in Ausnahmefällen angewendet werden. Dazu gehören: ●● Patienten mit erhöhtem intrakraniellem Druck, ●● schwere Störung der Atemregulation, ●● Muskelrelaxierung, Paralyse (Narkose!), ●● Versagen der Atemmuskulatur (z. B. bei der ­dekompensierten ▶ COPD). Definition. Bei der druckkontrollierten Beatmung (Pressure Controlled Ventilation, PC-CMV) dezeleriert der initial hohe Flow nach Erreichen des eingestellten inspiratorischen Druckniveaus, so dass während der Inspirationszeit ein konstanter Druck in den Atemwegen aufrechterhalten wird (Abb. 3.5). Zielparameter und Kontrollvariable ist Allerdings ist auch bei diesen Erkrankungen der Einsatz moderner druck- oder volumenkontrollierter Beatmungsverfahren empfehlenswert, die dem Patienten zumindest die Möglichkeit zur (zusätzlichen) ungehinderten Eigenatmung erlauben. Da alle modernen Intensivrespiratoren zumindest über die Möglichkeit zur S-IMV-Beatmung verfügen, ist S-CMV als eigenständige Beatmungsform entbehrlich. Da sie keine Vorteile bietet, aber nahezu immer die medikamentöse Anpassung des Patienten an den Respirator erfordert, sollte sie generell nicht mehr angewendet werden. Plateau-Druck Druck 3 und damit das Atemminutenvolumen mit be­ einflussen kann. Da der ventilatorische Eigen­ anteil des Patienten vernachlässigbar ist, wird die Spontanatmung durch die klassische „assis­ tierte“ Beatmung weder unterstützt noch ge­ fördert. Trigger Flow 1 3 Beatmungsformen Volumen 108 inkonstante Volumina Zeit Abb. 3.5 Druckkontrollierte Beatmung. Zielpara­ meter ist der Druck: Nach Erreichen des eingestellten Plateaudrucks dezeleriert der Inspirationsflow. Die ap­ plizierten Tidalvolumina hängen von Compliance und Resistance der beatmeten Lunge ab. Die mandatori­ schen Beatmungszüge können patientengetriggert verabreicht werden, sofern die Triggerung innerhalb des Erwartungszeitfensters erfolgt. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG Atemvolumina. Das effektiv verabreichte Tidalvolumen hängt von der Höhe des inspiratorischen Druckniveaus, der aktiven Inspirationszeit sowie den atemmechanischen Eigenschaften der beatmeten Lunge ab. Druckkontrollierte Beatmungsformen sind daher grundsätzlich volumeninkon­ stant und erfordern immer das engmaschige ▶ Monitoring der Atemvolumina. Bei Undichtigkeiten im System, z. B. durch Leckagen im Beatmungsteil oder bronchopleurale Fisteln, kann die Ventilation der Lungen durch Erhöhung des Flows innerhalb gewisser Grenzen aufrechterhalten werden. Steuerung. Die Umschaltung in die Exspiration erfolgt im Gegensatz zur druckgesteuerten Beatmung zeitgesteuert. Die Zeitsteuerung bezieht sich jedoch lediglich auf die Inspirationsphase: Inspirationsbemühungen des Patienten während der Exspirationsphase können einen neuerlichen druckkontrollierten Beatmungszug auslösen. In der Inspirationsphase führen Spontanatmungsbemühungen des Patienten zwar aus der Flowdezeleration heraus zu erneutem Flowanstieg, die freie Exspiration ist jedoch nicht vor Ablauf der zeitgesteuerten Inspirationsphase möglich, da das Exspirationsventil während des mandatorischen Inspirationshubes geschlossen ist. Damit ist eine ungehinderte Spontanatmung ausgeschlossen. Bei forcierter Gegenatmung oder Hustenstößen öffnet das Exspirationsventil oberhalb des eingestellten Druckniveaus und bricht die Inspiration ab: ▶ in­ spiratorische Druckbegrenzung (Abb. 3.6). Merke Freie Spontanatmung ist bei VC-PCV ausge­ schlossen. Flow Hinweis Ob sich durch den dezelerierenden Flowverlauf tatsächlich eine bessere intrapulmonale Gasver­ teilung in den Lungen erzielen lässt als durch vo­ lumenkontrollierte Beatmung mit konstantem Flow, wird seit Jahren kontrovers diskutiert. 109 1 Atemanstrengungen 3 3 Volumen also der Druck. Floweinstellungen am Gerät sind nicht möglich. Druck 3.2 Kontrollierte B ­ eatmungsverfahren Zeit Abb. 3.6 Druckkontrollierte Beatmung: „Gegenatmung“. Inspirationsbemühungen auf dem unteren Druckniveau können vorzeitige maschinelle Beat­ mungszüge auslösen, Inspirationsbemühungen auf dem oberen Druckniveau führen zu vermehrter Flowund Volumenlieferung (rote Markierungen). Freie Exspiration auf dem oberen Druckniveau ist nicht möglich, da das Exspirationsventil bis zum Ablauf der zeitgesteuerten Inspirationsphase verschlossen bleibt, reduziert jedoch die Flow- und Volumenliefe­ rung. Gepunktete Linie: Theoretischer Druck-FlowVolumen-Verlauf ohne Gegenatmung. Hinweis Druckbedingte Schädigungen einer oder bei­ der Lungen, z. B. durch versehentliche Fehllage des Tubus, werden verhindert, da ­unerwünschte oder unbemerkte dauerhafte Anstiege der ­Beatmungsdrücke über das vorgewählte Niveau ­sicher vermieden werden können. ■■ Klinische Bedeutung druckkontrollierter Beatmungsverfahren Druckkontrollierte Beatmungsformen werden heute von vielen Intensivmedizinern gerade bei schweren Lungenerkrankungen bevorzugt. Der bislang herausragende Stellenwert der druckkontrollierten Beatmung im Rahmen der ▶ lungenprotektiven Beatmung wird derzeit allerdings in Frage aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3.2.4 Beatmung mit umgekehrtem Atemzeitverhältnis, IRV a b c Druck gestellt, da die Begrenzung der Beatmungsdrücke allein keineswegs eine Garantie für eine Beatmung mit „unkritischen“ Tidalvolumina darstellt. So wurde bei Untersuchungen zur Frage der ­Umsetzung lungenprotektiver Beatmungsverfahren festgestellt, dass Patienten mit schweren Lungenerkrankungen unbemerkt zu einem hohem Prozentsatz und über längere Zeiträume mit inadäquat hohen Tidalvolumina beatmet wurden – trotz Begrenzung der Beatmungsdrücke. Die ­druckkontrollierte Beatmung ist also nur dann lungenprotektiv, wenn sie engmaschig an Veränderungen der Compliance und Resistance angepasst wird. Flow 1 3 Beatmungsformen Volumen 110 IRV, Inverse Ratio Ventilation Definition. Bei der Beatmung mit umgekehrtem Atemzeitverhältnis (Inverse Ratio Ventilation, IRV) handelt es sich um keine eigenständige Beatmungsform, sondern lediglich um eine Variante der kontrollierten Beatmung, bei der die Inspirationsdauer länger gewählt wird als die Exspirationsdauer: I/E > 1. IRV kann sowohl im volumenkontrollierten Modus (VC - IRV) als auch druckkontrolliert (PC - IRV) durchgeführt werden. Bei VC - IRV kann die Inspirationsphase entweder durch Ausdehnung der inspiratorischen Plateauphase oder durch Reduktion der Flowgeschwindigkeit verlängert werden (Abb. 3.7). Bei gleichen Tidalvolumina sind die endin­ spiratorischen Drücke bei beiden Verfahren gleich. Niedrigere Flussgeschwindigkeiten sind jedoch turbulenzärmer und bewirken damit möglicherweise eine gleichmäßigere Verteilung der Atemgase in den Luftwegen. Die im Display des Respirators angezeigten Kurvenverläufe für Druck, Flow und Volumen erlauben wichtige Rückschlüsse auf die pulmonale Situation, wie z. B. die Erkennung von intrinsic PEEPPhänomenen (Abb. 3.8). Zeit I E I E I E Abb. 3.7 Inverse Ratio Ventilation, IRV. IRV bei volumenkontrollierter Beatmung: VC - IRV (rote Markierungen) adurch Verlängerung des Plateaus oder bReduktion des Inspirationsflows mit Verlängerung der aktiven Inspirationsphase. IRV bei druckkontrollierter Beatmung: PC - IRV c durch Verlängerung der inspiratorischen Plateau­ phase. Beachte Bei extremer VC-IRV mit Atemzeitverhältnissen von 3:1 oder mehr besteht immer die Gefahr des ▶ Air-Trapping, d. h. einer allmählichen (und häufig unbemerkten) Überblähung der Lunge durch sich addierende exspiratorische Restvo­ lumina. Bei druckkontrollierter PC-IRV ist das Ri­ siko der dynamischen Überblähung der Lunge geringer, da eine progrediente Zunahme der pulmonalen Gasvolumina durch den eingestell­ ten inspiratorischen Beatmungsdruck begrenzt ist. Allerdings nehmen die Tidalvolumina ab, je ausgeprägter das Air-Trapping und je höher der ▶ intrinsic PEEP werden (Abb. 3.8). Daher ist in diesem Fall eine engmaschige Überwachung der Tidalvolumina erforderlich. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG Druck 3.2 Kontrollierte B ­ eatmungsverfahren VC-IRV PC-IRV Volumen Flow exspiratorischer Restflow endexspiratorische Restvolumina konstante Tidalvolumina Abb. 3.8 Air-Trapping durch intrinsic PEEP. Exspiratorische Restflows im Flow-Zeit-Diagramm weisen auf intrinsic PEEP–Phänomene hin. VC - IRV: Hohes Überblähungsrisiko der Lunge durch Applikation volu­ menkonstanter Tidalvolumina. PC-IRV: Geringeres Überblähungs­ risiko der Lunge, aber konsekutive Abnahme der applizierten Tidal­ volumina. Zeit Abnahme der Tidalvolumina In der Flowkurve sind die Auswirkungen des intrinsic PEEP als endexspiratorischer Restflow gut zu erkennen (Abb. 3.8). Seine Höhe ist jedoch am Druckmanometer des Respirators nicht direkt ablesbar. Bei älteren Respiratoren, die über keine Online-Darstellung von Druck- und Flowkurven verfügen, werden intrinsic PEEP-Phänomene daher oft übersehen. Quantitativ lässt sich der intrinsic PEEP nur durch ein endexspiratorisches ▶ Okklusionsmanöver messen. Dazu werden am Ende der Exspirationsphase sowohl das In- als auch das Exspirationsventil verschlossen. Im Verlauf der wenige Sekunden dauernden Verschlusszeit findet ein Druckausgleich zwischen den Atemwegen und dem Beatmungssystem statt, an dessen Ende der Restdruck in den Atemwegen am Druckmanometer als Summe aus dem am Respirator einstellbaren PEEP und dem intrinsic PEEP abgelesen werden kann (siehe Abb. 2.14, S. 74). Der Gesamt-PEEP setzt sich somit zusammen aus externem PEEP und intrinsic PEEP. Hinweis Auch hohe exspiratorische Atemwegswiderstän­ de (Atemwegsobstruktion, Tubusobstruktion), hohe Atemfrequenzen (Tachypnoe) und große Hubvolumina können zur Ausbildung von intrin­ sic PEEP beitragen. ■■ Klinische Bedeutung der Inverse Ratio Ventilation (IRV) Verlängerte Inspirationszeiten, PEEP sowie ­intrinsic PEEP-Phänomene erhöhen den mittleren Atemwegsdruck, der eine entscheidende Determinante bei der Verbesserung der Oxigenierung ist. Hauptindikation für IRV ist somit die schwere, therapie­refraktäre ▶ respiratorische Insuffizienz im ­Rahmen des ▶ akuten Lungenversagens (ARDS). In Studien konnte allerdings ein klinischer Nutzen nicht nachgewiesen werden, zudem besteht das Risiko der dynamischen Überblähung der Lunge (▶ Volu­trauma). Die Gefahr ist bei druckkontrollierter IRV zwar geringer als bei volumenkontrollierter IRV, dennoch sollte die Indikation zur Durchführung von IRV streng gestellt werden. Merke Hohes Risiko der Lungenüberblähung und frag­ licher klinischer Nutzen verbieten den unkriti­ schen Einsatz von IRV. 3.2.5 111 1 3 3 3 3 3 3 3 3 „Fighting the respirator“ Definition. Bei allen volumenkontrollierten/assistierten Beatmungsformen sowie auch der klassischen druckkontrollierten Beatmung verursachen Atemanstrengungen des Patienten innerhalb der Inspirationsphase frustrane Atemexkursionen, da sie nicht durch entsprechende Anpassungen der maschinellen Flow-/Volumenlieferung beantwortet aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 112 1 3 3 3 3 Beatmungsformen werden, sondern lediglich zu Druckschwankungen im Schlauchsystem führen (Abb. 3.6 und Abb. 3.9). Bei wachen Patienten mit intaktem Atemantrieb, z. B. in der postoperativen Phase, sind die Nachteile der starren Beatmung besonders deutlich. Sie zeigen sich u. a. in Dyspnoe, Stressreaktionen und unerwünschten kardiovaskulären Wirkungen. Forcierte Atemanstrengungen (Gegenatmen, „fighting the respirator“) mit Ausbildung hoher und höchster Atemwegsdrücke können beim Versuch, die Lungen gegen geschlossene Exspirationsventile zu entleeren, zum ▶ Barotrauma führen. Dagegen kann der Unterdruck in den Atemwegen durch forcierte Inspirationsbemühungen gegen geschlossene Ventile – ähnlich wie bei geschlossener Glottis durch einen Laryngospasmus – ein Lungenödem verursachen. Die Möglichkeit zur Triggerung der maschinellen Beatmungszüge schafft bei wachen und/ oder agitierten Patienten keine Abhilfe: Durch die schnell aufeinander folgenden maschinellen Beatmungszüge kann es zur intermittierenden pulmonalen Hyperinflation durch sich addierende exspi- Atemanstrengungen Begrenzungsdruck Merke „Gegenatmen“ gegen den Respirator gefährdet den Patienten. 3.2.6 Wechseldruckbeatmung, PNPV PNPV, Positive Negative Pressure Ventilation Definition. Die Wechseldruckbeatmung oder Positiv-Negativ-Beatmung ist ebenfalls definitionsgemäß eine Überdruckbeatmung; die Exspiration erfolgt jedoch nicht passiv, sondern wird aktiv durch einen vom Respirator ausgeübten Sog von –6 bis –10 mbar unterstützt (Abb. 3.10). Dadurch wird Druck 3 Druck 3 ratorische Restvolumina (▶ Air-Trapping) und damit zur Aggravierung der Situation kommen. Zur Vermeidung zusätzlicher alveolärer Gasaustauschstörungen sowie kardiovaskulärer (Hypertonie, Tachykardie) und pulmonaler Komplikationen ist die Verabreichung von Sedativa und Analgetika zur Unterdrückung des Atemantriebs und Anpassung des Patienten an den Respirator in der Regel unumgänglich. Flow 3 3 Volumen Flow 3 3 3 Abb. 3.9 Volumenkontrollierte Beatmung VCCMV: „Gegenatmung“. Atemanstrengungen des Patienten führen zu erhöhten Atemwegsdrücken, Volumeninkonstanz durch Überschreiten des in­ sp­iratorischen Begrenzungsdrucks und vorzeitiger Triggerung maschineller Beatmungszüge (rote Mar­ kierungen). Gepunktete Linie: Theoretischer DruckFlow-Volumen-Verlauf ohne Gegenatmung. Volumen Zeit Zeit Abb. 3.10 Wechseldruckbeatmung. Erläuterungen im Text. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.2 Kontrollierte B ­ eatmungsverfahren ein niedrigerer intrapulmonaler (alveolärer) Mitteldruck als bei IPPV (Intermittent Positive Pressure Ventilation) erreicht. Der venöse Rückstrom zum Herzen wird verbessert, die ungünstigen Auswirkungen der Überdruckbeatmung auf die HerzKreislauf-Funktion sind entsprechend geringer. ■■ Klinische Bedeutung der Wechseldruckbeatmung Die PNPV begünstigt die Atelektasenbildung und verschlechtert damit den pulmonalen Gasaustausch, so dass diese Beatmungsform – trotz gewisser Vorzüge hinsichtlich der Hämodynamik – heute in der klinischen Routine nicht mehr angewendet wird. a b ■■ Externe Wechseldruckbeatmung mit dem Tankrespirator (Eiserne Lunge) Wechseldruckbeatmung war auch die vorherrschende Form bei der Behandlung atemgelähmter Patienten mithilfe des sog. Tankrespirators (Abb. 3.11). Dabei liegt der Körper des Patienten bis zum Hals komplett im Inneren eines Hohlzylinders, der Kopf bleibt außen. Das Gerät schließt am Hals luftdicht ab und erzeugt einen Unterdruck von –15 mbar oder mehr, wodurch Außenluft durch Mund oder Nase des Patienten in die Lungen eingesaugt wird. Die Ausatmung wird durch Ein­leiten eines Überdrucks von ca. 5 mbar in die Patientenkammer erleichtert. Die Beatmungsfrequenzen liegen zwischen 10 und 20 Druckwechseln pro Minute. Die „Eiserne Lunge“ wurde um 1920 vom USamerikanischen Ingenieur Philip Drinker zur Beatmung lungenkranker Patienten entwickelt. Durch die Imitation der intrathorakalen Druckverhältnisse, wie sie unter normaler Spontanatmung vorliegen, erhoffte man sich eine möglichst „physiologische“ Beatmung. Diese Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. Während der Polio-Epidemien Anfang der 50er Jahre zeigte sich die Überlegenheit der maschinellen Überdruckbeatmung via Endotrachealtubus. Hinweis Bis heute gibt es in der ganzen Welt zahlreiche Patienten, die auf die teilweise oder vollständige Unterstützung ihrer Atmung durch einen Tankre­ spirator angewiesen sind. Erst kürzlich starb eine Amerikanerin im Alter von 72 Jahren, die über 60 Jahre lang in einer eisernen Lunge verbracht hatte. Als Elfjährige erkrankte sie an Poliomye­ litis und war seitdem auf den 400 Kilogramm schweren Apparat angewiesen. 113 1 3 3 3 3 3 3 3 3 Abb. 3.11 Tankrespirator. aTankrespirator E 52 von Dräger aus den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts. Durch Verschließen des durchsichtigen sog. Doms am Kopfende war bei geöffnetem Tank die Durchführung einer nichtinva­ siven Positivdruckbeatmung – ähnlich wie bei der modernen Helmbeatmung! – möglich. bDas Schema veranschaulicht das Prinzip des Tank­ respirators. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 114 1 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 Beatmungsformen 3.3 Maschinell unterstützte Spontanatmung 3.3.1 Druckunterstützte Spontanatmung, PSV PSV, Pressure Support Ventilation ASB, Assisted Spontaneous Breathing IPS, Inspiratory Pressure Support IFA, Inspiratory Flow Assistance IA, Inspiratory Assist PS, Pressure Support inspiratorische Druckunterstützung inspiratorischer Hilfsdruck Definition. Die druckunterstützte Beatmung ist eine Mischform aus Spontanatmung und maschineller Beatmung, die bereits 1981 in die Klinik eingeführt wurde und heute in jedem modernen Respirator verfügbar ist. Ursprünglich als Mode zur Entwöhnung vom Respirator eingeführt, wird PSV heute neben anderen Spontanatmungsverfahren bei allen Erkrankungsbildern eingesetzt, die eine partielle Übernahme der Atemarbeit durch den Respirator erfordern. ■■ Funktionsprinzip PSV ist ein druckkontrollierter, patientengetriggerter und -gesteuerter Beatmungsmodus. Jede Inspirationsbemühung des Patienten verursacht nach Überwindung der ▶ Triggerschwelle einen sprunghaften Anstieg des Beatmungsdrucks auf das eingestellte inspiratorische Druckniveau. Diese Druckdifferenz löst einen dezelerierenden Flow aus, der vom initialen Maximum exponentiell abnimmt. Erfolgt keine Patiententriggerung, wird auch kein Volumen verabreicht. Die ▶ Flowdezeleration wird wesentlich durch die ▶ Zeitkonstanten der Lungen bestimmt. Das resultierende Tidalvolumen ist somit nicht nur abhängig von der Höhe des eingestellten Differenzdrucks sowie der Intensität und Dauer der Inspirationsbemühung, sondern auch von der Compliance und Resistance der Patientenlungen (Abb. 3.12). Merke Der maschinelle Support ist abhängig vom Un­ terstützungsdruck sowie der Compliance und Resistance der Lunge. Die Exspiration wird eingeleitet, ●● sobald der Flow auf einen vorgegebenen oder einzustellenden Prozentsatz des inspiratorischen Spitzenflows (z. B. 25 % bei Erwachsenen, 6 % in der Pädiatrie) abgesunken ist (▶ Flowsteuerung, Abb. 3.12), oder alternativ ●● wenn ein definierter, nicht veränderbarer absoluter Flow (meist zwischen 2 und 6 l/min) unterschritten wird, oder ●● Exspirationsbemühungen des Patienten als Druckanstieg (z. B. 1 – 3 mbar oberhalb des eingestellten inspiratorischen Unterstützungsdrucks) erkannt werden (▶ Drucksteuerung, Abb 3.12). Bei älteren Beatmungsgeräten sind die Umschaltkriterien meist fest vorgegeben. Einige neuere ­Respiratoren erlauben dagegen die Modifikation einzelner Variablen, z. B. des Spitzenflowprozentsatzes: Je höher dieser Wert eingestellt wird (z. B. auf 30 %), desto stärker wird die Inspirationszeit verkürzt. Aus Sicherheitsgründen wird bei manchen Geräten zusätzlich nach Ablauf einer bestimmten Zeit (z. B. 5 s) in die Exspiration geschaltet. Merke Im Idealfall bestimmt der Patient Beginn, Ver­ lauf und Volumen des maschinell unterstützten Atemzuges. Beachte Die Umschaltung in die Exspiration korreliert nicht notwendigerweise auch mit dem Ende der Inspirationsbemühungen des Patienten. Ins­ besondere bei hoher inspiratorischer Druckun­ terstützung wird über die vollständige Relaxa­ tion der Atemmuskulatur hinaus weiter Volu­ men appliziert (Abb. 3.13). Diese maschinel­ le Volumenlieferung erfolgt unabhängig von den In­spirationsbemühungen des Patienten! Der Anteil der von der Maschine übernomme­ nen Atem­arbeit hängt somit ganz erheblich von der Höhe der eingestellten Druckunterstützung ­sowie auch den Umschaltkriterien ab. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.3 Maschinell unterstützte Spontanatmung Abb. 3.12 Druckunterstützte Spontanatmung. Der Patient löst jeden Atemhub durch Triggerung aus, die Höhe der Flow-/Volumenlieferung wird durch die Höhe der Druckunterstützung (mit inspiratorischer Rampe) vorgegeben. Die Exspiration wird eingeleitet durch Unterschreiten eines definierten Prozentsatzes vom inspiratorischen Spitzenflow (a und c) oder durch akti­ ve Exspiration des Patienten (b) (rote Markierungen). Weitere Erläuterungen im Text. b c eingestellte Druckunterstützung 1 3 Flow Druck a 115 Volumen 3 unterschiedliche Volumina 3 Zeit PMuskel 3 Abb. 3.13 PSV: Atemmechanik und maschinelle Volumenlieferung. Die Flow- und Volumenliefe­ rung nimmt trotz gleichbleibender Druckunterstützung mit zuneh­ menden Inspirationsbemühungen (pMuskel ≅ Pleuradruck) des Patienten zu. Die Volumenlieferung erfolgt über die vollständige Relaxation der Atemmuskulatur hinaus (rote Mar­ kierungen), da die Exspirationsphase erst nach Abfall des Spitzenflows unter 25 % (Umschaltkriterium) eingeleitet wird. Dieser Anteil der Druckunterstützung entspricht maschineller Beatmung. Beginn Relaxation der Atemmuskulatur Ende Druck inspiratorischer Sog Flow Umschaltkriterium 3 3 3 3 Volumen 3 3 Zeit aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 116 1 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 Beatmungsformen ■■ Geräteeinstellung Die Einstellung der inspiratorischen Druckunterstützung variiert meist zwischen 3 und 15 mbar. Niedrige Druckunterstützungen können bei intubierten und spontan atmenden Patienten sinnvoll sein, um die zusätzliche inspiratorische Resistance durch Tubus, Beatmungsfilter und Demand-FlowSystem zumindest teilweise zu kompensieren. Die bessere Alternative ist jedoch die Aktivierung der automatischen ▶ Tubuskompensation (ATC), die als zusätzliche Option in neueren Beatmungsgeräten verfügbar ist. Leitparameter bei der Einstellung der Druckunterstützung in der klinischen Praxis ist das Tidalvolumen: Es sollte im Mittel ∼4 ml/kg KG (ideales KG) nicht unterschreiten. Andernfalls können die Atemfrequenzen ebenso wie der Anteil der Tot­ raumventilation an der Gesamtventilation überproportional zunehmen. Umgekehrt nimmt der Anteil der Atemarbeit des Patienten ab, je höher die Druckunterstützung gewählt wird. Bei Druckunterstützungen von 10 mbar über PEEP und mehr ist von einer völligen Entlastung der Atemarbeit des Patienten auszugehen. Im Einzelfall muss die Höhe der inspiratorischen Druckunterstützung den individuellen pulmonalen und atemmechanischen Gegebenheiten des Patienten angepasst werden. Hinweis Bei korrekter Einstellung der Druckunterstüt­ zung sollten inspiratorische Kontraktionen des M. sternocleidomastoideus unter Ruheatmung gerade nicht mehr erkennbar sein (Abb. 3.14), die Spontanatmungsfrequenzen sollten unter 30 pro Minute liegen. Der wache Patient sollte kei­ ne Atemnot verspüren. Beachte Bei einigen Respiratoren wird die Druckunter­ stützung in mbar über PEEP-Niveau angegeben, bei anderen wird das tatsächliche inspiratori­ sche Druckniveau unabhängig vom PEEP ein­ gestellt. Der absolute PSV-Druck errechnet sich hierbei aus dem eingestellten PSV-Druckniveau minus dem PEEP-Druck. Merke Individuelle Einstellung der Druckunterstützung unter Berücksichtigung von Atemfrequenzen und Tidalvolumina. ■■ PSV und Atemarbeit Insgesamt wird die druckunterstützte Spontanatmung von den meisten Patienten als sehr komfortabel empfunden, da sie neben der Atemfrequenz nicht nur den Beginn, sondern auch den Verlauf und das verabreichte Volumen des maschinell unterstützten Atemzuges mitbestimmen können. Im Vergleich zur reinen Spontanatmung mit oder ohne PEEP vermindert PSV signifikant die Atemarbeit und den O2-Verbrauch der Atemmuskulatur, wobei der Patient weitgehend die Kontrolle über das Atemmuster behält. Dadurch wird der ventilatorischen Erschöpfung entgegengewirkt. Gleichzeitig kann schnelle und flache Atmung oftmals vermieden werden, wodurch sich die alveoläre Ventilation verbessert. Die Höhe des Unterstützungsdrucks muss allerdings individuell ermittelt werden; sie orientiert sich an Tidalvolumina und Atemfrequenzen. Hohe inspiratorische Druckunterstützungen entsprechen druckkontrollierter Beatmung, der ventilatorische Eigenanteil des Patienten ist nur marginal. Beachte Vor allem Patienten mit insuffizienter Funkti­ on der Atempumpe verhalten sich bei hoher Druckunterstützung so, als wären sie ▶ „as­ sistiert“ beatmet. Das heißt, ihre Muskelkraft reicht gerade aus, um die Inspiration zu trig­ gern, danach lassen sie sich passiv beatmen (Abb. 3.14). Die Übergänge zwischen Spontan­ atmung und maschineller Beatmung sind so­ mit fließend. Da der intubierte Patient zusätzliche tubusbedingte Atemarbeit leisten muss, kann bei CPAP-Spontanatmung die Einstellung einer Druckunterstützung von 3 – 5 mbar oberhalb des PEEP-Niveaus sinnvoll sein, sofern der Respirator nicht mit einer ▶ automatischen Tubuskompensation (ATC) ausgestattet ist. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.3 Maschinell unterstützte Spontanatmung b 1 p di E di E sm a 117 10 3 0 p AW 10 0 3 VT 0 -1 Zeit Abb. 3.14 Reduktion der inspiratorischen Atemarbeit durch inspiratorische Druckunterstützung. aSpontanatmung ohne inspiratorische Druckunterstützung. Deutliche elektrische Aktivitäten in Diaphragma (Edi) und Atemhilfsmuskulatur (hier: M. sternocleidomastoideus, Esm). Überlagerung durch EKG. bSpontanatmung mit inspiratorischer Druckunterstützung von 10 mbar. Reduzierte elektrische Aktivitäten in der Atemmuskulatur (weiterhin Überlagerung durch EKG), deutliche Abnahme der Atemfrequenzen. Beachte die Veränderungen der intrathorakalen Druckverhältnisse (Atemwegsdrücke pAW und transdiaphragmale Drü­ cke pdi). Die Tidalvolumina (V T) bleiben nahezu unverändert (nach einer Originalregistrierung von Brochard et al. 1989). 3 3 3 Merke Hohe Druckunterstützung entspricht de facto maschineller Beatmung. Hohe Spontanatmungsfrequenzen, wie sie z. B. bei agitierten Patienten auftreten, können zu Synchronisationsproblemen zwischen Patient und Respirator führen, Patient und Maschine geraten „außer Phase“ (Abb. 3.15). Die Folge ist, dass nicht mehr alle Inspirationsbemühungen des Patienten vom Respirator erkannt werden und der Patient gegen den Respirator atmet. Ursächlich sind neben den unvermeidlichen ▶ Triggerlatenzzeiten gelegentlich auch ▶ Intrinsic-PEEP-Effekte, die vor allem bei Patienten mit exspiratorischer Flowlimitierung (COPD, Asthma) gesehen werden. Abhilfe kann eine schrittweise Erhöhung der Druckunterstützung bringen. Intrinsic-PEEP-Phänomene lassen sich teilweise durch eine Anhebung des externen PEEP kompensieren. Häufig ist jedoch die medikamentöse Dämpfung des Atemantriebs notwendig. Hinweis Desynchronisationsphänomene treten auch bei Verwendung von Beatmungshelmen im Rah­ men der ▶ nichtinvasiven Beatmung auf. Ursäch­ lich ist meist das große kompressible Volumen des Helms, was zur erheblichen Zunahme der Triggerlatenz führt. In diesen Fällen sollte der Wechsel des Equipments zur Vollgesichtsmaske, Mund-Nasen-Maske oder Nasenmaske erfolgen. ■■ Inspiratorische Rampe Hohe geräteseitige Inspirationsflows bewirken schnelle Druckanstiege in den Atemwegen, wodurch dem ventilatorischen Bedarf des Patienten am ehesten entsprochen wird. Bei Patienten mit restriktiven Lungenveränderungen oder mit hoher Resistance in den Atemwegen kommt es jedoch zum vorzeitigen Abbruch der Inspirationsphase, da das Umschaltkriterium (Unterschreiten von z. B. 25 % des inspiratorischen Spitzenflows bzw. Erreichen der Druckgrenze) zu früh erreicht wird. Da- aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 3 3 1 3 Beatmungsformen frustran PAW Druck 118 PAlveol Beginn Inspiration 3 Flow 3 Ppleuv Ende Inspiration Restflow 3 Volumen 3 Abb. 3.15 Isometrische Atemarbeit durch Phasenverschiebung. Dynamische Hyperinflation führt zu verzögerter Entleerung der Alveolen (PAlveol) und endexspiratorischem Restflow, der den initialen Inspirati­ onsbemühungen (PPleu) des Patien­ ten zuwiderläuft (rote Markierun­ gen). Der Triggerimpuls (Δt) erreicht den Respirator daher zeitversetzt, die maschinelle Druckunterstützung (PAW) wird zeitverzögert appliziert (rote Markierungen). Bei Patienten mit eingeschränkter ventilatorischer Reserve können Gerät und Patient dadurch intermittierend außer Pha­ se geraten, d. h., es wird nicht mehr jede Atemanstrengung maschinell unterstützt: frustrane Atemexkursi­ onen. Durch den Abbau des intrinsic PEEP folgt der nächste Atemzug nach kürzerer Triggerlatenz mit höherem Tidalvolumen. PPleu = Pleuradruck, PAW = Atemweg­ sdruck, PAlveol = Alveolardruck. Zeit 3 3 3 3 3 3 Δt Δt Δt durch werden nur vergleichsweise niedrige Volumina verabreicht. Bei manchen Beatmungsgeräten kann daher die Steilheit des inspiratorischen Druckanstiegs, d. h. die Zeit bis zum Erreichen des Druckplateaus, variiert werden. Dies wird durch die Reduktion der initialen Flowgeschwindigkeit erreicht. Durch den geringeren Spitzenflow („in­ spiratorische Rampe“) wird das ­Umschaltkriterium später erreicht, die Flowphase wird länger (Abb. 3.16). Trotz des niedrigeren Initialflows nehmen die Atemvolumina zu. Gleichzeitig kann häufig eine bessere Anpassung der Druckunterstützung an die Spontanatmung des Patienten erreicht werden. Wird die Druckanstiegsgeschwindigkeit allerdings zu niedrig eingestellt (z. B. 2 s), resultieren unter Umständen Luftnot und vorzeitige Exspirationsbemühungen des Patienten. Hierdurch sinkt die Akzeptanz der Atemhilfe, gleichzeitig steigt die Atemarbeit des Patienten an. Letztlich kann die Rampe nur anhand klinischer Parameter, d. h. der Beobachtung der Interaktion zwischen Patient und Maschine, eingestellt werden. Faustregel Die Rampe sollte umso steiler eingestellt wer­ den, je höher der Atemantrieb (hohes Atemmi­ nutenvolumen, Tachypnoe) des Patienten ist. Bei wachen und kooperativen Patienten kann die optimale Einstellung durch den direkten Di­ alog zwischen Patient und Therapeut erleichtert werden. Merke Die inspiratorische Rampe dient der besseren Anpassung der PSV an die pulmonalen Verhält­ nisse und die Bedürfnisse des Patienten. ■■ Apnoefunktion Da PSV einen intakten Atemantrieb des Patienten zwingend voraussetzt, können Störungen des Atemantriebs, z. B. durch Sedativa oder opioid- aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.3 Maschinell unterstützte Spontanatmung a Druck Abb. 3.16 PSV: Inspiratorische Rampe. a Hoher Inspirationsflow, keine Rampe: Das 25 %-Kriterium (rote Markierung) wird früh erreicht. b Niedriger Inspirationsflow, inspi­ ratorische Rampe: Das 25 %-Kri­ terium wird später erreicht, die Flowphase ist länger. b Flowphase Rampe Umschaltpunkt 25% des Spitzenflows Umschaltpunkt 119 1 Flow 3 Volumen 3 Zeit I E I E I E I 3 E 3 haltige Analgetika, zur Hypoventilation bis hin zur Apnoe führen. Diese Gefahr kann bei einigen ­Respiratoren durch Einstellen einer Sicherheitsfunktion, der sog. „Apnoeventilation“, vermieden werden. Dieser Back-up-Mechanismus wechselt automatisch in eine kontrollierte Beatmungsform über, sobald ein vorher definiertes Minutenvolumen oder eine Mindest-Atemfrequenz unterschritten wurden. Verfügt das Gerät über keine derartige Funktion, ist die engmaschige Überwachung der Atemvolumina, z. B. durch ▶ Kapnometrie, ­unerlässlich. Merke Die Aktivierung der Apnoeventilation erhöht die Sicherheit des Patienten. ■■ Klinische Bedeutung der druck­ unterstützten Spontanatmung (PSV) Die PSV besitzt heute einen festen Stellenwert bei der maschinellen Beatmung respiratorisch insuffizienter Patienten, entweder als eigenständige Beatmungsform oder in Verbindung mit ▶ S-IMV, ▶ MMV oder ▶ BIPAP. Selbst Patienten mit schwe- ren Oxigenierungsstörungen können mit PSV, kombiniert mit hohem PEEP, erfolgreich behandelt werden, sofern der Atemantrieb intakt ist. Bei der schwierigen Entwöhnung langzeitbeatmeter Patienten ist PSV in vielen Zentren der Beatmungsmodus der Wahl. 3.3.2 Intermittierende mandatorische Beatmung, IMV S-IMV, Synchronized Intermittent Mandatory Ventilation VC-S-IMV, Volume Controlled S-IMV (volumenkontrollierte S-IMV) PC-S-IMV, Pressure Controlled S-IMV (druckkontrollierte S-IMV) Definition. Die intermittierende mandatorische Beatmung ist seit 1973 in der klinischen Routine etabliert. IMV kombiniert Spontanatmung und volumen- oder druckkontrollierte, zeitgesteuerte maschinelle Beatmung bei Patienten, deren Eigenventilation zur Sicherstellung adäquater Atemminutenvolumina nicht ausreicht. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 3 3 3 120 1 3 3 3 3 3 3 Beatmungsformen ■■ Funktionsprinzip und Geräteeinstellung Frequenz, Hubvolumen und Beatmungsmuster sind geräteseitig einstellbar, wobei die mandatorischen Beatmungshübe volumen- oder druckkontrolliert appliziert werden können. Zwischen den intermittierenden Beatmungszügen kann der Patient ungehindert spontan atmen (Abb. 3.17). Merke Die IMV erlaubt ungehinderte Spontanatmung zwischen den maschinellen Beatmungshüben. Bei volumenkontrollierter IMV-Beatmung resultiert das maschinelle Mindest-Atemminutenvolumen aus dem Produkt aus eingestelltem mandatorischem Tidalvolumen V T und IMV-Frequenz fIMV: AMV = V T × fIMV Bei druckkontrollierter IMV ist die Höhe der applizierten Tidalvolumina abhängig von der ▶ Compliance und ▶ Resistance und damit inkonstant. Die Möglichkeiten des Patienten zur Beeinflussung der Ventilation sind durch die Einstellung der IMV-Parameter limitiert. Eine inadäquate Geräteeinstellung kann die Spontanatmung sogar behindern, z. B. wenn das spontane Atemzugvolumen größer 3 3 Erwartungszeitfenster. Werden die vorgegebenen maschinellen Beatmungszüge – wie heute üblich – patientengetriggert zur Verfügung gestellt, spricht man von S-IMV (Synchronized Intermittent Mandatory Ventilation). Die maschinellen Beatmungszüge können jedoch nur innerhalb eines bestimmten Zeitintervalls, des Erwartungszeitfensters, durch Flow- oder Drucktrigger ausgelöst werden, damit die freie Spontanatmung zwischen den Beatmungen nicht behindert wird. Wird vom Respirator innerhalb dieser definierten Zeiteinheit keine Spontanatmungsbemühung des Patienten registriert, wird der mandatorische Beatmungshub unsynchronisiert verabreicht (Abb. 3.17). Hinweis S-IMV ist nicht gleichbedeutend mit ▶ assistier­ ter Beatmung. Der entscheidende Unterschied zur klassischen assistierten Beatmung (▶ S-CMV, ▶ A/C) liegt darin, dass effektive Spontanatmung zwischen den maschinellen Beatmungshüben möglich ist, da nicht jede Inspirationsbemühung mit einem maschinellen Beatmungszug beant­ wortet wird. Die eingestellte IMV-Frequenz und die Höhe der maschinellen Tidalvolumina ent- Abb. 3.17 S-IMV: Korrekte Einstellung ermöglicht Spontanatmung. Spontanatmungsbemühungen innerhalb des Erwartungszeitfens­ ters lösen (volumen-)kontrollierte Beatmungshübe aus (rote Markie­ rungen). Wird keine Inspirations­ bemühung detektiert, wird der maschinelle Beatmungshub unsyn­ chronisiert abgegeben. Druck Erwartungszeitfenster Flow 3 als das eingestellte IMV-Volumen ist oder der Patient während des maschinellen Beatmungszuges atmet (siehe auch Abb. 5.10, S. 204). 3 Volumen 3 Zeit aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.3 Maschinell unterstützte Spontanatmung scheiden somit über den effektiven ventilatori­ schen Support des Respirators. Sie bestimmen damit auch den Anteil des Respirators an der Atemarbeit des Patienten. Merke Bei S-IMV können maschinelle Beatmungszüge nur innerhalb des Erwartungszeitfensters ausge­ löst werden. Da Spontanatmung ausschließlich zwischen den intermittierenden maschinellen Beatmungshüben und innerhalb der Erwartungszeitfenster möglich ist, schließen hohe IMV-Frequenzen oder auch volumenkontrollierte Beatmungshübe mit niedrigem Inspirationsflow eine effektive Spontanatmung nahezu aus. Die Spontanatmungsaktivitäten des Patienten reduzieren sich dann auf die Triggerung der IMV-Beatmungszüge (Abb. 3.18). dass sie zur alveolären Ventilation nur wenig beitragen. Dies führt nicht nur zu ineffektiver und unökonomischer Atemarbeit, insbesondere bei niedrigen PEEP-Niveaus kann es auch zum vorwiegend exspiratorischen Verschluss der kleinen Atemwege durch intermittierenden FRC-Abfall („shunt in time“) kommen, wodurch die Atemarbeit weiter erhöht wird. Bei eingeschränkter muskulärer Reserve, eingeschränkter FRC und/oder erhöhtem Ventilationsbedarf des Patienten erscheint daher die Unterstützung jedes einzelnen Atemzuges durch eine angemessene ▶ inspiratorische Druckunterstützung sinnvoll, zumal die in- und exspiratorische Atemarbeit durch zusätzliche Atemwegswiderstände wie Tubus, Demand-Ventile usw. ohnehin erhöht ist. Merke Hohe IMV-Frequenzen und niedrige Inspirations­ flows verhindern eine effektive Spontanatmung. Andererseits können die spontan geatmeten Tidalvolumina zwischen den maschinellen Hüben bei insuffizienter Atemmechanik so niedrig sein, Beachte Notwendig ist die engmaschige Nachfüh­ rung der maschinellen Parameter an die aktu­ ellen ventilatorischen Bedürfnisse des Patien­ ten. Nachteilig ist auch, dass die maschinellen ­Beatmungszüge nach einem fest v­ orgegebenen Zeitraster appliziert werden – unabhängig da­ von, wie hoch die ventilatorische Eigenleistung des Patienten zu diesem Zeitpunkt ist. Das be- Abb. 3.18 S-IMV: Fehlerhafte Einstellung verhindert Spontanatmung (SV). Die effektive Spontanatmungszeit zwischen den maschinellen Beatmungszügen wird bei Einstellung niedriger Flows reduziert. Nahezu jede Inspira­ tionsbemühung (SV) fällt in das Erwartungszeitfenster und wird mit einem maschinellen Beatmungs­ zug beantwortet. Häufig ist die frustrane Zwischenatmung (SV) in die maschinellen Beatmungshübe (Pfeile) ohne effektive Volumenver­ schiebung. Druck SV SV triggert Flow SV triggert 1 3 3 3 3 3 Erwartungszeitfenster SV SV 121 3 3 3 Volumen 3 3 Zeit aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 3 3 3 3 Merke S-IMV erfordert das ständige Nachführen der maschinellen Parameter an die aktuellen ventila­ torischen Bedürfnisse des Patienten. ■■ Klinische Bedeutung der synchronisierten intermittierende mandatorische Beatmung (S-IMV) S-IMV galt lange Zeit als Standardverfahren bei nahezu allen respiratorischen Störungen in der Intensivmedizin. Am meisten verbreitet war die volumenkontrollierte S-IMV, was allerdings im Wesentlichen durch die technischen Möglichkeiten der gängigen Respiratoren bedingt war. S-IMV wurde insbesondere zur Entwöhnung von der Beatmung eingesetzt, indem die Frequenzen der maschinellen Beatmungshübe schrittweise reduziert wurden. In klinischen Studien konnte jedoch gezeigt werden, dass das ▶ Weaning schneller und erfolgreicher mit anderen Beatmungsformen wie ▶ PSV oder ▶ BIPAP durchgeführt werden kann, so dass die Bedeutung von S-IMV in den letzten Jahren stark abgenommen hat. 3.3.3 3 3 3 Airway Pressure Release Ventilation, APRV Definition. Airway Pressure Release Ventilation (APRV) bedeutet Spontanatmung auf einem hohen PEEP-Niveau von 20 – 30 mbar, wobei das PEEPNiveau zur CO2-Abatmung in regelmäßigen Abständen kurzzeitig auf 0 – 5 mbar entlastet wird („pressure release“) (Abb. 3.19). Während der kurzen Zeit der Systementlastung können schnelle Alveolen exspirieren, während langsame durch Aufrechterhaltung des intrinsic PEEP wie bei der ▶ Inverse Ratio Ventilation gebläht bleiben. Druck deutet, dass bei „zu viel“ maschineller Unter­ stützung die Spontanatmungskapazität des ­Patienten und damit die Fähigkeit zur teilwei­ sen Übernahme der Atemarbeit behindert wird. Bei „zu wenig“ maschineller Hilfe bzw. zu gro­ ßem Spontanatmungsanteil kann sich der Pati­ ent demgegenüber erschöpfen und in eine aku­ te ventilatorische Insuffizienz geraten. Flow 1 3 Beatmungsformen Volumen 122 Zeit Abb. 3.19 APRV mit Spontanatmung. Kurzzeitige Entlastung der Atemwegsdrücke (Pressure Release) mit entsprechenden Flow- und Volumenverschiebun­ gen bei einem spontan atmenden Patienten. ■■ Funktionsprinzip Entlastung und Aufbau des PEEP-Niveaus bewirken Volumenverschiebungen, die im weitesten Sinne als druckkontrollierte zeitgesteuerte maschinelle Beatmungshübe angesehen werden können. Demnach ergibt sich die ventilatorische Unterstützung aus der „Release“-Frequenz und der Druckdifferenz zwischen eingestelltem PEEP und Entlastungsniveau. Ziel der APRV-Atmung ist die Vergrößerung der gasaustauschenden Oberfläche durch alveoläres Rekruitment bei gleichzeitiger Erhaltung der Spontanatmungsmöglichkeit. Hinweis APRV ohne Spontanatmung ist identisch mit zeitgesteuerter, druckkontrollierter ▶ IRV-Be­ atmung mit extremem Atemzeitverhältnis ­(PC - IRV). Merke APRV ermöglicht Spontanatmung auf hohem PEEP-Niveau mit kurzdauernder PEEP-Entlastung. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.3 Maschinell unterstützte Spontanatmung ■■ Geräteeinstellung ■■ Klinische Bedeutung der Airway Pressure Release Ventilation (APRV) Druck Phigh 1 Plow Flow Tlow 3 3 Volumen Die Einstellung der Druckniveaus ist abhängig von der Ausprägung der Erkrankung. Je nach Schwere wird die Höhe des oberen Druckniveaus anfangs zwischen 25 und 30 mbar liegen mit einer Dauer von 2,5 – 4 s. Die Drucknachlasszeiten (Pressure Release) betragen zumeist 0,5 – 1 s. Nach einiger Zeit kann das obere Druckniveau schrittweise gesenkt werden, sofern sich die Oxigenierung darunter nicht verschlechtert. Thigh Beim akuten ▶ Lungenversagen konnten unter APRV – gegenüber konventionellen Beatmungsmodi wie ▶ PC-CMV – eine Verbesserung der Lungen­funktion sowie ein geringere Beeinträchti­ gung der Hämodynamik nachgewiesen werden. APRV verbessert jedoch nur dann den Gasaustausch und die Perfusion, wenn ein ausreichender Spontanatmungsanteil vorhanden ist. APRV hat als ­eigenständige Beatmungsform keine klinische Bedeutung, zumal das Konzept der Beatmung mit ­inversem Atemzeitverhältnis weitgehend verlassen wurde (siehe Abschnitt ▶ IRV-Beatmung). Spontanatmung auf beiden (CPAP-)Druckniveaus und damit zu jedem Zeitpunkt innerhalb des Beatmungszyklus (Abb. 3.20). 3.3.4 ■■ Funktionsprinzip Biphasische positive Druckbeatmung, BIPAP BIPAP, Biphasic Positive Airway Pressure BiLevel Pressure Controlled Ventilation BiPhase Ventilation BiVent Definition. Als Variante von APRV hat sich mittlerweile BIPAP (Biphasic Positive Airway Pressure) in der klinischen Routine etabliert. Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine druckorientierte Beatmungsform, bei der Höhe und Dauer beider Druckniveaus variabel und unabhängig voneinander eingestellt werden können. Die Wechsel der Druckniveaus erfolgen zeitgesteuert; sie können aber durch die Vorgabe eines entsprechenden ▶ Erwartungszeitfensters auch patientengetriggert ausgelöst werden. Im Unterschied zur herkömmlichen ▶ druckkontrollierten Beatmung erlaubt ­BIPAP darüber hinaus dem Patienten ungehinderte 123 Zeit Abb. 3.20 BIPAP. Wechsel zwischen zwei Druckni­ veaus (Phigh und Plow), deren Dauer (Thigh und Tlow) zeitgesteuert ist. Freie Spontanatmung ist während des gesamten Atemzyklus möglich. Anders als bei der konventionellen druckkon­ trollierten Beatmung, bei der das Exspirationsventil während des mandatorischen Atemhubes geschlossen bleibt, sind die In- und Exspirationsventile bei BIPAP während des gesamten Atemzyklus virtuell offen. Bei Spontanatmungsbemühungen des Patienten regelt der Respirator die Gasflüsse kontinuierlich nach, so dass die eingestellten oberen und unteren Atemwegsdrücke konstant bleiben. Die Wechsel der Druckniveaus erfolgen prinzipiell zeitgesteuert: anders als bei der herkömmlichen druckkontrollierten Beatmung (siehe Abb. 3.5, S. 108) lösen Inspirationsbemühungen des Patienten auf dem unteren Druckniveau keine vorzeitigen Beatmungszüge aus. Der maschinelle Beatmungszug kann zwar auch ­patientengetriggert (▶ Erwartungszeitfenster) ausgelöst werden, jedoch erst nach Ablauf der Phasendauer. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 3 3 3 3 3 124 1 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 Beatmungsformen Merke BIPAP erlaubt freie Spontanatmung auf zwei ­alternierenden CPAP-Niveaus. Hinweis BIPAP darf nicht mit BiPAP verwechselt werden. Bei beiden Bezeichnungen handelt es sich um eingetragene Warenzeichen der Fa. Respironics Inc. Die Fa. Dräger darf allerdings die in der In­ tensivmedizin mittlerweile etablierte Bezeich­ nung BIPAP für ihre Intensivrespiratoren nutzen, solange sie in einer Fußnote auf diesen Umstand hinweist. Die Fa. Respironics Inc. verwendet die Bezeichnung BiPAP für die ▶ nichtinvasive Beat­ mung im Heimbeatmungsbereich (▶ BiPAP S/T- D Ventilatory Support System). Im Gegensatz zum BIPAP der Fa. Dräger und zu entsprechenden Modes anderer Hersteller erfolgt die Umschaltung zwischen den beiden inspiratorischen Druck­ niveaus bei BiPAP jedoch flowgesteuert. De fac­ to handelt es sich bei BiPAP also um eine Form der druckunterstützten Beatmung (▶ PSV) mit dem Ziel, die Eigenatmung des Patienten zu aug­ mentieren. ■■ Geräteeinstellung Da die Wechsel zwischen den Druckniveaus wie bei der druckkontrollierten Beatmung durch ­aktive maschinelle Volumenlieferung bzw. Entlastung des Systems erfolgen, wird der Anteil der ­maschinellen Unterstützung an der Gesamt­ventilation durch die Einstellung von Höhe und Zeitdauer der Druckniveaus definiert: Je größer die Differenz zwischen oberem und unterem Druckniveau ist und je kürzer die Phasenzeiten sind, desto größer ist der maschinelle Ventilationsanteil (Abb. 3.21). Bei der Einstellung der BIPAP-Parameter gelten ­prinzipiell die gleichen Kriterien wie bei der ▶ druckkontrollierten Beatmung (PC-CMV). Unabhängig voneinander können Inspirationsdruck und -dauer (Phigh und Thigh) sowie Exspirationsdruck und -dauer (Plow und Tlow) eingestellt werden. Damit ergibt sich eine breite Palette von druckkontrollierten Beatmungsverfahren, die sich von der Beatmung mit normalem Atemzeitverhältnis über die Beatmung mit umgekehrtem Atemzeitverhältnis (IRV-BIPAP oder APRV) bis hin zur Spontanatmung (CPAP) mit und ohne inspiratorische Druckunterstützung erstreckt (siehe Abb. 3.22, S. 127). Inspiratorische „Rampe“. Wie bei der ▶ druckkontrollierten Beatmung (PC-CMV) ist der Initialflow bis zum Erreichen des vorgewählten oberen Druckniveaus hoch, danach nimmt er rasch ab (▶ dezelerierender Flow). Die Steilheit des Druckanstiegs zwischen dem unteren und dem oberen Druckniveau kann bei einigen Geräten – ähnlich wie bei der druckunterstützten Spontanatmung – variiert werden: inspiratorische „Rampe“ (Abb. 3.22). Hiermit wird bei manchen Patienten eine bessere Toleranz gegenüber den hohen Initialflüssen erreicht. Vorteile. Zusätzlicher Ventilationsbedarf des Patienten, z. B. durch Wachheit, Stress, Schmerz usw., kann durch die freie Spontanatmungsmöglichkeit jederzeit und bedarfsgerecht auf beiden Druckniveaus gedeckt werden: Aus „Gegenatmen“ wird „Mitatmen“. Die Übergänge zwischen Teilsubstitution und vollständiger Substitution der Ventilation – und damit der Anteil an der Gesamtatemarbeit – sind fließend. Merke „Mitatmen statt Gegenatmen“ unter BIPAP. Die zusätzliche Spontanatmung fördert einerseits den venösen Rückfluss, wodurch die Perfusion und damit auch der Sauerstofftransport verbessert werden. Andererseits wirkt sie sich günstig auf die ventilatorische Gasverteilung in den Lungen aus. ­Offenbar kann hierdurch der pulmonale Gasaustausch wesentlich verbessert werden. Ein ­weiterer und sehr wichtiger Vorteil ist, dass der ▶ Sedierungsbedarf unter BIPAP aufgrund der ungehinderten Spontanatmung geringer ist als unter ­S-IMV oder erst recht unter herkömmlicher PCVBeatmung. Typische Nebenwirkungen der Sedierung, wie z. B. Kreislaufdepression, Störung der Darmmotilität etc. können dadurch vermindert werden. Nachteile. Die applizierten Tidalvolumina hängen nicht nur von der Druckdifferenz zwischen den beiden eingestellten Druckniveaus, sondern ganz wesentlich auch von der Compliance und der Resistance der beatmeten Lunge ab und sind damit per se volumeninkonstant. Verändern sich diese lun- aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.3 Maschinell unterstützte Spontanatmung a1 125 Druck 1 Druck Zeit I E Zeit E I 3 a2 E Druck I E I Zeit I E I 3 E 3 Druck b1 3 Druck Zeit I E Zeit E I E E 3 b2 Druck I I 3 Zeit I E I E Abb. 3.21 Einstellung der BIPAP-Parameter. aErhöhung der Atemwegsmitteldrücke durch Anhebung beider Druckniveaus (a1) oder Verlängerung der oberen Plateauphase (IRV-BIPAP) (a2) bei Oxigenierungsstörungen. bErhöhung der Druckdifferenz zwischen den Plateaus (b1) oder Erhöhung der Druckwechselfrequenz durch Verkürzung einer oder beider Plateauzeiten (b2) bei Ventilationsstörungen. genmechanischen Parameter, z. B. durch Rekrutierung zuvor verschlossener Lungenareale oder auch durch passagere oder dauerhafte Vigilanzänderungen des Patienten, verändern sich in entsprechender Weise auch die applizierten Volumina. Hieraus können unbemerkte, teilweise dramatische und langdauernde Veränderungen der applizierten Tidalvolumina resultieren (▶ lungenprotektive Beatmung). Während kurzfristige Schwankungen der Tidalvolumina unproblematisch sein dürften, kann eine längerfristige unbemerkte Hyperinflation zur Überdehnung primär intakter Lungenareale und damit zu zusätzlichen Lungenschädigungen führen. Ebenso unerwünscht sind inadäquat nied- aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 3 126 1 3 Beatmungsformen rige Tidalvolumina, da sie dem Ziel des alveolären Rekruitments entgegenwirken. Merke Die Beatmung mit BIPAP ist nicht gleichbedeu­ tend mit lungenprotektiver Beatmung! 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 ■■ BIPAP – ein Name für unterschiedliche Beatmungsformen Hinter der Bezeichnung „BIPAP“ verbergen sich mittlerweile eine Vielzahl unterschiedlicher ­Beatmungsformen und -muster, die von der vollständigen maschinellen Beatmung bis hin zur Spontan­atmung nahezu alle Formen der maschinellen Unterstützung umfassen. Die von den Geräteherstellern zur besseren Charakterisierung des Beatmungsmodus eingeführten zusätzlichen ­Bezeichnungen, wie z. B. IMV-BIPAP, sind leider missverständlich und daher wenig hilfreich. Der Vollständigkeit halber werden sie dennoch im ­Folgenden beschrieben. Aus klinischer Sicht ist in jedem Fall eine nähere Differenzierung des eingestellten Beatmungsmodus unumgänglich, wobei die aktuellen Atmungsaktivitäten des Patienten mit berücksichtigt werden müssen. Hinweis Die geräteseitige Aktivierung des BIPAP-Modus bedeutet zunächst nichts weiter als die Wahl ei­ ner druckkontrollierten Beatmungsform, die dem Patienten zusätzliche spontane Atmung erlaubt. Ob und wie viel der Patient tatsächlich spontan atmet, hängt von der Tiefe der Analgosedierung sowie der Einstellung der Geräteparameter ab. PCV-BIPAP Atmet der Patient nicht spontan, ist BIPAP identisch mit der herkömmlichen zeitgesteuerten, druckkontrollierten Beatmung (PC-CMV) (Abb. 3.22a, siehe auch Abb. 3.5, S. 108). Dementsprechend sind hinsichtlich Gasaustausch oder Hämodynamik keine Vorteile gegenüber PC-CMV zu erwarten. Indikationen sind z. B. der tief ­sedierte oder sogar relaxierte Patient, bei dem Spontan­ atmung nicht möglich oder sinnvoll ist (z. B. tiefe Sedierung beim ▶ Schädel-Hirn-Trauma). Sind dagegen zusätzliche Spontanatmungsaktivitäten ­ rwünscht, z. B. zur Verbesserung des pulmonalen e Gasaustauschs oder zur Einleitung der WeaningPhase, muss entweder die Analgosedierung reduziert und/oder die maschinelle Unterstützung vermindert werden (Reduktion der Tidalvolumina und/oder der Beatmungsfrequenzen). Damit geht die Beatmungsform definitionsgemäß in einen anderen Modus über, z. B. in das eigentliche, „originäre“ BIPAP. Merke BIPAP ohne Spontanatmung = druck­kontrollierte Beatmung. Originäres BIPAP Thigh und Tlow sind etwa gleich lang, so dass der Patient auf beiden Druckniveaus ungehindert spontan atmen kann (Abb. 3.22b). Typische Einstellungen sind z. B. Thigh 3 – 6 s, Tlow 3 – 6 s, woraus sich BIPAP-Frequenzen zwischen 5 und 10/min ergeben. Die einzelnen Spontanatmungszüge selbst werden nicht unterstützt. Die maschinelle Unterstützung wird ausschließlich durch die Druckdifferenz zwischen den einzelnen Niveaus sowie deren Zeitdauer bestimmt (= maschinelle Beatmungsfrequenz). Die Wahl der Druckniveaus (Phigh und Plow) hängt ganz wesentlich von der Eigenventilation des Patienten ab. Übliche Einstellungen sind 5 – 10 mbar für das untere und 10 – 20 mbar für das obere Niveau, abhängig vom resultierenden mandatorischen Tidalvolumen. Durch Absenken von Phigh und/oder Verkürzen der Plateauzeiten wird der Spontanatmungsanteil erhöht, durch Anheben von Phigh und/oder Verlängern der Plateauzeiten erniedrigt. BIPAP + PSV Die Spontanatmung kann im BIPAP-Mode auf dem unteren Druckniveau zusätzlich durch eine ▶ in­ spiratorische Druckunterstützung unterstützt ­werden (Abb. 3.2c). Hierdurch lässt sich die Atem­ arbeit des Patienten reduzieren. Allerdings ­besteht die Gefahr, dass die Spontanatmungsaktivitäten durch eine zu hohe Einstellung der Druckunterstützung eingeschränkt werden, wodurch der positive Effekt von BIPAP auf die Atemmechanik und den pulmonalen Gasaustausch vermindert wird. Besonders unübersichtlich wird die Situation, wenn BIPAP mit ▶ PSV und ▶ ATC kombiniert wird, da eine Abschätzung der effekti- aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.3 Maschinell unterstützte Spontanatmung Das obere CPAP-Niveau (Phigh) ist länger als das untere (Plow) (Abb. 3.22e). Wird Plow sehr kurz gewählt, z. B. 0,5 – 1,5 s, spricht man statt IRV-BIPAP auch von APRV (s. o.). In diesem Fall ist Spontanatmung nur auf dem oberen Druckniveau zu registrieren, da die Dauer von Plow zu kurz ist. Aber auch hier wird der Wechsel von Plow zu Phigh meist von einer spontanen Inspiration verstärkt. Eine typische Einstellung für BIPAP/APRV ist z. B. Thigh 2 – 6 s, Tlow 0,5 – 1,5 s (= APRV-Frequenz zwischen 8 und 24/min); Phigh 15 – 25 mbar, Plow 5 mbar. In der Regel kommt es hierbei zum Auftreten eines (erwünschten) ▶ intrisic PEEP. CPAP Bei dieser „extremen“ Einstellung von BIPAP sind Plow und Phigh identisch. Daher spielen die entsprechenden Zeiten (Tlow und Thigh) keine Rolle mehr (Abb. 3.22g). Die Spontanatmung kann mit inspiratorischer Druckunterstützung augmentiert werden. Druck Druck b Druck 3 3 Druck c 3 d Druck IRV-BIPAP und APRV a 3 e 3 Druck Hinweis Bei der IMPRV (Intermittent Mandatory P ­ ressure Release Ventilation) handelt es sich um eine her­ stellerspezifische Abwandlung des BIPAP, bei der jeder spontane Atemzug auf beiden Druck­ niveaus mit zusätzlicher, leichter Druckunter­ stützung augmentiert wird. Diese Form von ­BIPAP ist derzeit nur im Cesar-Ventilator verfüg­ bar. 1 f 3 Druck ven maschinellen Atem­unterstützung bzw. des Spontan­atmungsanteils des Patienten kaum noch möglich ist. Besser ist es, sich für ein Konzept zu entscheiden: entweder Unterstützung jedes ­Atemzugs durch ­maschinellen Support wie bei der ▶ inspiratorischen Druckunterstützung oder Sicherstellung der alveolären Ventilation durch Unterstützung des Atemminutenvolumens mit ungehinderter Spontanatmung wie bei BIPAP, ggf. mit ATC. 127 g Zeit Abb. 3.22 BIPAP – ein vielseitiges Beatmungs­ verfahren. aPCV-BIPAP: druckkontrollierte Beatmung (PC-CMV) ohne Spontanatmung (s. auch Abb. 3.32), boriginäres BIPAP: druckkontrollierte Beatmung mit ungehinderter Spontanatmung, c IMV-BIPAP mit Variation der inspiratorischen Druck­ anstiegsgeschwindigkeit (Rampe), dPSV-BIPAP: inspiratorische Druckunterstützung (PSV) der Spontanatmung, eIRV-BIPAP: Verlängerung des Atemzeitverhältnisses, f BIPAP/APRV: Extreme Inverse Ratio Ventilation, gCPAP: Angleichung beider Druckniveaus (mit und ohne inspiratorische Druckunterstützung). aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 3 128 1 3 3 3 3 Beatmungsformen Hinweis Bei Oxigenierungsstörungen: Erhöhung der ▶ FRC und alveoläres ▶ Rekruitment durch Erhö­ hung des pulmonalen Mitteldrucks, z. B. durch ●● gleichgerichtete Veränderung der unteren und oberen Druckniveaus, und/oder ●● Verlängerung der oberen Druckniveaus: IRVBIPAP (Abb. 3.22e,f). Bei Ventilationsstörungen und Hyperkapnie: Erhöhung der Druckdifferenz zwischen den beiden Druckniveaus durch Erhöhung des oberen und/oder Senkung des unteren Drucks, oder ●● Verkürzung der Niveauzeiten durch Zunah­ me der Beatmungsfrequenzen und Augmen­ tierung der Spontanatmung durch inspiratori­ sche Druckunterstützung, z. B. als IMV-BIPAP bzw. PSV-BIPAP (Abb. 3.22c,d). ●● 3 Merke Hohe Druckunterstützung schränkt die effektive Spontanatmung ein. 3 ■■ Klinische Bedeutung der biphasischen positiven Druckbeatmung (BIPAP) 3 3 3 3 3 BIPAP in seinen unterschiedlichen Varianten ermöglicht dem Patienten additive Spontanatmung innerhalb des gesamten Beatmungszyklus. Durch Verknüpfung mit druckkontrollierter zeitgesteuerter Beatmung kann damit praktisch das gesamte Spektrum der maschinellen Beatmung bis hin zur vollständigen Spontanatmung realisiert werden, ohne dass der Beatmungsmodus gewechselt werden muss. Daraus resultieren im Vergleich zu anderen Beatmungsstrategien eine leichtere ­Bedienbarkeit sowie eine einfachere ­Anpassung an die aktuellen ventilatorischen Bedürfnisse des ­Patienten. Die Möglichkeit zur ungehinderten Spontanatmung verbessert den Komfort für den Patienten, gleichzeitig wird der pulmonale Gasaustausch optimiert. BIPAP ist damit nicht nur zur ▶ Entwöhnung vom Respirator geeignet, ­sondern auch zur ▶ postoperativen Nachbeatmung sowie zur Behandlung von Patienten mit ▶ ARDS. In vielen Kliniken wird BIPAP daher mittlerweile als Standardbeatmungsmodus bei nahezu allen Formen der respiratorischen Insuffizienz eingesetzt. 3.3.5 Proportional Assist Ventilation, PAV PPS, Proportional Pressure Support Definition. Proportional Assist Ventilation ist eine Modifikation der seit Jahren in der klinischen Praxis eingesetzten inspiratorischen Druckunterstützung. Wie diese augmentiert PAV jeden einzelnen Spontanatemzug des Patienten. Voraussetzung ist also auch hier ein intakter Atemantrieb des Patienten. ■■ Funktionsprinzip Anders als bei der klassischen inspiratorischen Druckunterstützung, bei der das Druckniveau fest vorgegeben ist und durch unterschiedlich starke Atemanstrengungen des Patienten nicht beeinflusst werden kann, orientiert sich der Unterstützungsdruck an der Muskelkraft des Patienten. Die aktuelle ventilatorische Unterstützung ändert sich von Atemzug zu Atemzug proportional zur aufgebrachten inspiratorischen Arbeit des Patienten (= Inspirationssog). Sie unterliegt damit direkt der Kontrolle des Atemantriebs. Im Gegensatz zu PSV endet die maschinelle Flow-/Volumenlieferung jedoch mit dem Ende der aktiven Inspiration (Abb. 3.23), da das von ▶ PSV bekannte 25 %-Umschaltkriterium entfällt (siehe Abb. 3.13). Durch diesen Feed-back-­Mechanismus soll sich der maschinelle Support den wechselnden ventilatorischen Bedürfnissen des Patienten besser und „physiologischer“ anpassen als die herkömmliche inspiratorische Druckunterstützung. Dabei soll gleichzeitig die Atemmuskulatur effektiver entlastet werden. Dies ist von besonderer Bedeutung bei lungenkranken Patienten, die aufgrund von erhöhter Resistance und/oder erniedrigter Compliance erhöhte Atemarbeit leisten müssen. Merke Die maschinelle Unterstützung ändert sich ­proportional zur inspiratorischen Atemarbeit. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG PMuskel 3.3 Maschinell unterstützte Spontanatmung Abb. 3.23 Proportional Assist Ventilation. Im Gegensatz zu PSV (siehe Abb. 3.13) nimmt die maschinelle Druckunterstützung mit zuneh­ menden Inspirationsbemühungen (pMuskel ≅ Pleuradruck) ebenfalls zu. Mit Beginn der Relaxation der Atemmuskulatur reduziert sich auch die maschinelle Flowlieferung (rote Markierungen) und endet gleichzei­ tig mit dem vollständigen Ende der Inspirationsbemühung. Beginn Relaxation der Atemmuskulatur Ende Druck inspiratorischer Sog 129 1 3 Flow 3 Volumen 3 3 Zeit ■■ Steuergrößen und Einstellung der Parameter Die Steuergröße der Druckunterstützung, der Pleuradruck als Äquivalent der Muskelkraft PMuskel, ist unter klinischen Bedingungen nicht oder nur ungenau messbar. Stattdessen werden als Kon­ trollvariablen der maschinellen Unterstützung die ▶ Compliance C und die ▶ Resistance R der ­Lunge eingesetzt, da die vom Patienten zu leistende Atem­arbeit ganz wesentlich von diesen Größen abhängt. R × V� + 1 PMuskel = C × Volumen Zur teilweisen oder vollständigen Kompensation der Muskelarbeit ist somit bei der primären Einstellung von PAV zumindest näherungsweise die Kenntnis von Resistance und Compliance der Lunge erforderlich. Der Grad der maschinellen Unterstützung ist einstellbar, getrennt nach resistivem und elastischem Anteil. Bei fehlerhafter Einstellung sind Instabilitäten des Feed-back-Mechanis- mus möglich, die zu Unter- oder Überkompensation führen. Die exakte Bestimmung von Compliance und Resistance ist nur bei volumenkontrollierter Beatmung ohne Spontanatmungsaktivitäten möglich. Spontan atmende Patienten müssen hierfür entweder kurzfristig tief sediert oder bis zum Sistieren der Spontanatmung hyperventiliert werden. Für die tägliche klinische Routine ist dieses Vorgehen jedoch zu aufwändig und invasiv, zumal sich die atemmechanischen Parameter des wachen, spontan atmenden Patienten durch Stress, Schmerz oder Sedierung schnell ändern können. Stattdessen werden Compliance und Resistance zumeist anhand klinischer Parameter abgeschätzt. Hierdurch besteht jedoch das Risiko der Über- oder Unterkompensation durch fehlerhafte Anpassung der Geräteparameter. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 3 3 3 130 1 3 3 3 3 3 3 3 Beatmungsformen Hinweis Zur Vermeidung einer Überkompensation ­sollte primär nur eine etwa 80 %ige Kompensa­ tion der Atemarbeit angestrebt werden. Den­ noch sind sog. „Runaway“-Phänomene nicht ­auszuschließen, z. B. durch Verbesserung der Lungencompliance im Verlauf und/oder unzu­ reichende Nachführung der Geräteparameter. ­Zeichen der Überkompensation können inad­ äquat hohe Tidalvolumina sein, Aktivierung der Exspirationsmuskulatur („Pressen“) oder auch Unruhe des Patienten („zuviel Luft“). ■■ Klinische Bedeutung der Proportional Assist Ventilation (PAV) Obwohl PAV bereits vor vielen Jahren in die intensivmedizinische Praxis eingeführt wurde, liegen aussagefähige kontrollierte Untersuchungen bei definierten Krankheitsbildern bisher nicht vor. Nur in wenigen Zentren wird PAV bisher in der klinischen Routine eingesetzt. Die bisherigen Ergebnisse weisen darauf hin, dass PAV nicht nur bei restriktiven Lungenerkrankungen, sondern auch bei Patienten mit Insuffizienz der Atempumpe, z. B. bei chronischer ventilatorischer Insuffizienz (COPD, neuromuskulären Erkrankungen), Vorteile gegenüber PSV aufweisen könnte. In der klinischen Praxis problematisch ist die korrekte Einstellung und Anpassung der Steuergrößen anhand von Resistance und Compliance, die eine breite Anwendung der Methode bisher verhindert hat. 3 3.4 3 3 3 Spontanatmung SV, Spontaneous Ventilation Definition. Bei reiner Spontanatmung muss die in- und exspiratorische Atemarbeit allein und ausschließlich vom Patienten erbracht werden. Atemarbeit. Da die Atemarbeit beim intubierten Patienten durch die Widerstände von oralen oder nasalen Endotrachealtuben, Ventilen, Atemgasfiltern usw. zusätzlich erhöht ist, sollte Spontanatmung ohne zusätzliche maschinelle Atemhilfe über längere Zeiträume vermieden werden. Merke Keine Spontanatmung durch den Tubus ohne adäquaten maschinellen Support! In der Klinik wird zur Reduktion der tubusbedingten Atemarbeit häufig die Einstellung ­einer geringen inspiratorischen ▶ Druckunterstützung, z. B. 5 mbar, empfohlen. Nachteilig ist hierbei jedoch, dass – unabhängig von den Inspirationsbemühungen des Patienten – immer nur ein fest eingestellter Unterstützungsdruck zur Verfügung steht. Eine ideale Kompensation der tubusbedingten Widerstände kann dadurch nur in einem engen Flowbereich erreicht ­werden (Abb. 3.24). Erzeugt der ­Patient durch ­seine Inspirationsbemühung ­höhere Flüsse, z. B. zu Beginn der Inspiration, ist die zu überwindende Druckdifferenz über den Tubus erheblich höher als der eingestellte PSV-Druck und die tubusbedingten Widerstände werden unvollständig kompensiert. Bei niedrigen Gasflüssen, wie sie zum Inspirationsende auftreten, werden dagegen die inspiratorischen Tubuswiderstände überkompensiert. Der zur Tubuskompensation erforderliche PSVDruck kann also nur abgeschätzt und als Mittelwert eingestellt werden. Merke PSV ist zur Kompensation der tubusbedingten zusätzlichen Atemarbeit nur bedingt geeignet. 3.4.1 Automatische Tubuskompensation, ATC ATC, Automatic Tube Compensation ARC, Airway Resistance Compensation Definition. Die Zusatzfunktion ATC kompensiert den zusätzlichen tubusbedingten Atemwegswiderstand, so dass der Tubuswiderstand für den spontan atmenden Patient im Idealfall nicht mehr spürbar ist. Während der kontrollierten Beatmung ist die Verengung der Atemwege durch den Endotrachealtubus vernachlässigbar, da das Beatmungsgerät die zusätzlichen, tubusbedingten Atemwegswiderstände problemlos überwindet. Unter Spontan­ atmungsbedingungen dagegen, z. B. im Rahmen der Entwöhnung vom Respirator, erschwert ­dieser aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.4 Spontanatmung Druckabfall Tubuskonnektor – Tubusspitze (Tubus-ID 7,5mm) bei SV mit PSV Druck (mbar) 25 20 15 10 5 Unterkompensation PSV-Druck Abb. 3.24 Kompensation der Tubuswiderstände mit PSV. Bei Spontanatmung mit inspiratorischer Druckunterstützung von 5 mbar durch einen Tubus (7,5 mm ID) wird eine optimale Tubuskompensation lediglich bei Flüssen im Bereich von ca. 45 l/min erreicht. Höhere Atem­ gasflüsse führen zur Unterkompensa­ tion der tubusbedingten Atemarbeit, niedrigere zur Überkompensation. 131 1 3 Überkompensation 10 20 30 40 50 60 70 zusätzliche Widerstand die Atmung und erhöht die Atemarbeit im Vergleich zum nicht ­intubierten Patienten. Die Beziehung zwischen Tubusresistance und Atemgasflow ist dabei wegen der auftretenden Turbulenzen nichtlinear: Je höher der Flow, desto höher ist der tubusbedingte Atemwegswiderstand und desto höher ist die zusätzliche Atem­arbeit für den Patienten. ■■ Funktionsprinzip Erreicht wird die sog. „elektronische ­Extubation“ durch eine auf mathematischen Algorithmen ­basierende automatische Anpassung der inspiratorischen Druckunterstützung an die Tubusgeometrie und damit dessen Widerstand bei wechselnden In­ spirationsflows. Die Höhe der zur Kompensation der inspiratorischen Tubuswiderstände erforderlichen Druckunterstützung resultiert aus dem durch die Atemanstrengungen des Patienten erzeugten Unterdruck in der Lunge. Dieser ist in erster Linie abhängig vom Tubusdurchmesser und führt zur Druckdifferenz (ΔPTubus) zwischen Anfang und Ende des Tubus, die umso höher ist, je mehr Flow vom Patienten angefordert wird. Die daraus resultierende zusätzliche Atemarbeit kann kompensiert werden, indem der Druck vor dem Tubus genau um den Betrag dieser Druckdifferenz erhöht wird. Da sich die Druckdifferenz über dem Tubus nach dem ▶ Hagen-PoiseuilleGesetz annähernd quadratisch zum Gasfluss ändert, lässt sich die aktuelle Druckdifferenz und damit auch der zur Kompensation notwendige Unterstüt- 80 90 Flow (l/min) zungsdruck bei bekanntem Flow und ­bekanntem Tubusdurchmesser kontinuierlich errechnen. Die direkte Messung des Druckes an der Tubusspitze ist dazu nicht erforderlich. Aus den kontinuierlich ermittelten Daten stellt der Respirator die für den jeweiligen Flow benötigte Druck­unterstützung bereit (Abb. 3.25), so dass ein ­spontan atmender Patient von der Atemanstrengung her idealerweise das Gefühl hat, er sei nicht intubiert. 3 3 3 3 ■■ Geräteeinstellung Die einzige Variable, die vom Anwender festgelegt und am Beatmungsgerät eingestellt wird, ist die Art und Größe des verwendeten Tubus. 3 Hinweis Die technische Umsetzung von ATC ist nicht ­unproblematisch. Idealerweise erfordert die ­korrekte Tubuskompensation nämlich nicht nur die kontinuierliche Abtastung des ­Flowsignals, sondern gleichzeitig auch die Ermittlung und verzögerungsfreie Lieferung der ermittelten Druckunterstützung. Dieser Prozess funktio­ niert optimal bisher nur in Beatmungsgerätepro­ totypen für Forschungszwecke. Dagegen ist die ­Tubuskompensation in kommerziell erhältlichen Respiratoren bislang nicht immer zufriedenstel­ lend. Pro­bleme in der täglichen Praxis ergeben sich hauptsächlich durch partielle Einengungen des Tubus durch Sekret oder Abknickung oder 3 aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 132 1 3 Beatmungsformen a b ∆PTubus 3 3 3 3 3 3 3 3 3 Ventilator Ventilator 3 ∆PTubus Abb. 3.25 Tubuskompensation. aohne ATC: zusätzliche muskuläre Atemarbeit zur Überwindung der tubusbedingten Druckdifferenz ΔPTubus. bmit ATC: Reduktion der zusätzlichen muskulären Atemarbeit durch maschinelle Kompensation der tubus­ bedingten Druckdifferenz ΔPTubus mit einer bedarfsorientierten Druckunterstützung. auch den Kontakt der Tubusspitze mit Trache­ alschleimhaut, die zu einer mangelhaften Kom­ pensation der tatsächlichen Widerstände führt. Merke ATC ist zur Kompensation der zusätzlichen Tu­ buswiderstände bei Spontanatmung besser ge­ eignet als PSV. ■■ Klinische Bedeutung der automatischen Tubuskompensation (ATC) Zahlreiche Untersuchungen sowie die klinische ­Erfahrung deuten darauf hin, dass die Verwendung von ATC trotz nach wie vor bestehender technischer Unzulänglichkeiten Vorteile gegenüber der Einstellung einer fixen inspiratorischen Druckunterstützung und erst recht im Vergleich zur Spontanatmung ohne jede Tubuskompensation bietet. Da die Mehrzahl der Patienten zudem einen deutlich besseren Spontanatmungskomfort nach Aktivierung von ATC angibt, sollte zumindest in der Entwöhnungsphase ATC gegenüber der alternativen Tubuskompensation durch eine niedrige inspiratorische Druckunterstützung bevorzugt werden. 3.4.2 Continuous Positive Airway Pressure, CPAP Spontanatmung mit PEEP Definition. In Verbindung mit der Applikation eines kontinuierlichen positiven Atemwegsdrucks spricht man von Spontanatmung mit ▶ PEEP (Positive End-Expiratory Pressure) oder CPAP-Atmung. Ziel ist die Verbesserung des pulmonalen Gasaustauschs bei Oxigenierungsstörungen. Hinweis Diese Form der CPAP-Atmung wird in der Regel nur in der Intensivmedizin oder vergleichbaren Einrichtungen durchgeführt. Davon abzugrenzen ist die CPAP-Therapie im Rahmen der Behand­ lung des ▶ Schlafapnoe-Syndroms. Ziel der Be­ handlung ist die Stabilisierung der oberen Luft­ wege durch leichten Überdruck („pneumatische Schienung“). Hierzu werden spezielle, leicht be­ dienbare und technisch recht einfache CPAP-Ge­ räte eingesetzt. Die Einspeisung von Sauerstoff in den Atemgasstrom ist bei diesen Geräten – wenn überhaupt – meist nur optional möglich. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG ■■ Demand-Flow-CPAP Die in moderne Respiratoren integrierten Demand-Flow-CPAP-Systeme arbeiten mit Bedarfsflow. Nach ▶ Triggerung des Inspirationsventils erfolgt die Flowlieferung, wobei der vom Respirator bereitgestellte Flow von der Höhe der Inspirationsbemühung (Inspirationssog) des Patienten abhängt. Maximaler inspiratorischer Sog öffnet das Inspirationsventil vollständig, so dass – gerätespezifisch unterschiedlich – Gasflows bis 180 l/min zur Verfügung gestellt werden können. Allerdings kann die Bereitstellung der Atemgase nur mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung (Latenzzeit) erfolgen (Abb. 3.26). Die Steuerung des Ventils entscheidet über die Konstanz des Druckniveaus und die Latenzzeit zwischen Triggerimpuls und Öffnung des Ventils. Die vom Patienten zur Triggerung der DemandVentile zusätzlich zu leistende Atemarbeit ist bei modernen Respiratoren nur gering, da diese meist mit ▶ Biasflows (siehe Abb. 3.31) arbeiten. Sinnvollerweise sollte CPAP mit ▶ ATC oder einer geringen ▶ inspiratorischen Druckunterstützung zur Tubuskompensation kombiniert werden. Der Übergang zur ▶ nichtinvasiven Beatmung ist damit fließend. 3.4 Spontanatmung 133 Von Vorteil sind der im Vergleich zu ContinuousFlow-Geräten (s. u.) geringere Gasverbrauch sowie die problemlose Überwachung der Atmungsparameter. 1 Merke Die zusätzliche Atemarbeit durch die DemandFlow-Systeme moderner Respiratoren ist ver­ nachlässigbar. 3 ■■ Continuous-Flow-CPAP Der kontinuierlich fließende Atemgasstrom erzeugt in Verbindung mit einem PEEP-Ventil den positiven Atemwegsdruck, ohne dass der Patient zusätzliche Atemarbeit zur Triggerung von Demand-Ventilen aufbringen muss (Abb. 3.26). Zur Reduzierung des Gasverbrauchs und Glättung von in- und exspiratorischen Druckschwankungen im System verfügen die meisten kommerziell erhältlichen Geräte über ein Reservoir mit hoher Compliance im Inspirationsschenkel. Einfache Continuous-Flow-CPAP verfügen zumeist über keinerlei atemmechanisches Monitoring. Sie werden – über 3 3 3 3 Demand-Flow-CPAP Abb. 3.26 Flowlieferung bei Spontanatmung mit CPAP. Die Höhe der Flowlieferung hängt von den Inspira­ tionsbemühungen des Patienten ab. Demand-Flow: Die Flowlieferung erfordert die Triggerung des In­ spirationsventils und erfolgt daher zeitverzögert (Lupe). Continuous Flow: unmittelbare Bereitstellung des Inspirationsflows ohne Ventil-bedingte Zeitverzöge­ rung (Lupe). Continuous-Flow-CPAP PEEP Beginn der Atemgaslieferung Flow Druck Beginn Inspirationsbemühung 3 3 3 Volumen 3 3 Zeit aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 134 3 Beatmungsformen 1 Maske oder Tubus – vor allem bei Patienten mit Gasaustauschstörungen verwendet, bei denen keine zusätzliche Ventilationsassistenz nötig ist. 3.5 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 Rückkoppelnde Systeme: Hybridverfahren Servokontrolierte Systeme Weiterentwicklungen von Hard- und Software ermöglichen mittlerweile vielfältige Kombinationen von druck- und volumenkontrollierter Beatmung, wodurch die spezifischen Nachteile beider Verfahren teilweise eliminiert werden können. Diese sog. servokontrollierten Systeme sind keine eigenständigen Beatmungsformen. Es handelt sich vielmehr um rückkoppelnde oder auch Feed-Back-Systeme, die bei definierten Beatmungs-/Atmungssituationen innerhalb bestimmter Grenzen definierte Prozeduren ausführen, um ein vorher festgelegtes Ziel mit einer vorgegebenen Strategie zu erreichen. Vorteile. Vorteilhaft ist, dass die mikroprozessorgesteuerte Anpassung einer oder mehrerer Variablen selbsttätig und teilweise ohne Alarmierung erfolgt, wodurch sowohl Patient als auch Pflegepersonal entlastet werden. Ein Beispiel ist der „Volumengarantie-Modus“ druckkontrollierter Beatmungsverfahren. Im Gegensatz zur klassischen PC-CMV ist das Tidalvolumen Ziel- und Messgröße. Einige Modes berücksichtigen zusätzlich die ventilatorische Kapazität des Patienten. Durch die Vermeidung der Volumeninkonstanz bei druckkontrollierter Beatmung wird auch ▶ lungenprotektiven Aspekte der Beatmung Rechnung getragen. Nachteile. Die maschinelle Unterstützung (Flow, Inspirationsdruck) wird bei den unterschiedlichen Verfahren zwar grundsätzlich den atemmechanischen Eigenschaften der beatmeten Lunge bzw. den Bedürfnissen des Patienten angepasst, jedoch immer auf der Basis vorangegangener Atemzüge. Hinweis Aus streng technischer Sicht gehören auch PSV und ATC zu den rückkoppelnden Systemen. 3.5.1 Mandatorische Mindest-Ventilation, MMV MMV, Mandatory Minute Ventilation MMV, Minimal Minute Volume AMV, Augmented Minute Volume EMMV, Extended Mandatory Minute Volume Definition. Dieses bereits seit vielen Jahren in die klinische Routine eingeführte Feed-back-System beschreibt eine IMV-Variante, bei der das spontan geatmete Minutenvolumen kontinuierlich mit dem vorgegebenen Zielparameter „Atemminutenvolumen“ verglichen und ggf. durch Applikation volumenkontrollierter maschineller Beatmungen angepasst wird. ■■ Funktionsprinzip Maschinelle Beatmungszüge werden vom Respirator nur dann abgegeben, wenn in einem definierten Zeitfenster das vorgewählte Mindest-Spontan­ atemminutenvolumen nicht erreicht wurde (Abb. 3.27). Bei ausreichender Spontanatmung dagegen, die auch durch ▶ inspiratorische Druckunterstützung (PSV) unterstützt werden kann, unterbleiben die maschinellen Beatmungshübe. ■■ Vor- und Nachteile Vorteile. MMV erlaubt dem Patienten mehr ventilatorischen Spielraum als die konventionelle, vergleichsweise starre zeitgesteuerte, volumenkontrollierte ▶ S-IMV-Beatmung. Bei ausreichender Spontanatmung wird der maschinelle Support automatisch und schrittweise vollständig zurück genommen, bei unzureichender ventilatorischer Eigenleistung entsprechend hoch gefahren. Nachteile. Die bedarfsgesteuerte maschinelle Volumensubstitution orientiert sich nicht am Spontanatmungsmuster des Patienten, sondern allein am verschobenen ventilatorischen Minutenvolumen. Eine beginnende ventilatorische Insuffizienz mit einem hohen Anteil an Totraumventilation durch niedrige Atemzugvolumina und hohe Atemfrequenzen kann auf diese Weise verschleiert werden. Nachteilig ist die MMV-Steuerung auch bei steigendem Ventilationsbedarf des Patienten, z. B. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.5 Rückkoppelnde Systeme: Hybridverfahren Druck PSV-Druck Minutenvolumen Tidalvolumen Minutenvolumen Tidalvolumen Beatmungshübe Mindestminutenvolumen Zeit 1 Erhöhung der Druckunterstützung 3 3 Mindestminutenvolumen Zeit Abb. 3.27 MMV durch intermittierende mandatorische Beatmungshübe. Aufrechterhaltung des Minutenvolumens durch intermittierende maschi­ nelle Beatmung: Insuffiziente Spontanatmung führt zur Abgabe von druck- oder volumenkontrollierten maschinellen Beatmungszügen, bis das vorgewählte Minutenvolumen wieder erreicht ist. Abb. 3.28 Volume Support durch variable inspiratorische Druckunterstützung. Aufrechterhaltung des Minutenvolumens durch Variation der inspira­ torischen Druckunterstützung: PSV-Erhöhung bei Unterschreiten, PSV-Reduktion bei Überschreiten des vorgewählten Minutenvolumens. durch Stress oder Schmerz: Der sich zunehmend anstrengende Patient wird mit einer Reduktion des maschinellen Supports bestraft. maximale Druckunterstützung wird durch eine manuell eingestellte obere Druckgrenze ­begrenzt. Durch die Voreinstellung der gewünschten Atemfrequenz zusammen mit dem Ziel-Tidalvolumen gleicht der Regelalgorithmus selbständig ein Absinken der Atemfrequenz unter den Zielwert mit einer entsprechenden Erhöhung des Tidalvolumens über den Zielwert aus, so dass eine konstante Minutenventilation resultiert. Werden vom Re­spirator keine Atemanstrengungen registriert, wird Alarm ausgelöst und die Tidalvolumina werden unsynchronisiert entsprechend der voreingestellten Frequenz abgegeben. 3.5.2 Volume Support, VS VPS, Variable Pressure Support Definition. Druckkontrollierte, volumenorientierte, obligat patientengetriggerte MMV-Variante auf der Basis von ▶ PSV, erweitert durch die Voreinstellung weiterer Zielparameter (Atemzugvolumen, Atemfrequenz). ■■ Funktionsprinzip Wird das voreingestellte Mindest-Atemminutenvolumen vom Patienten nicht spontan erbracht, erhöht das Gerät unter Berücksichtigung der aktuellen Compliance stufenweise die ▶ inspiratorische Druckunterstützung jedes Atemzuges, bis das Atemminutenvolumen erreicht ist (Abb. 3.28). Die 135 3 3 3 3 3 3 ■■ Vor- und Nachteile Vorteile. Konstanz von Tidal- und Minutenvolumina über einen weiten Bereich, unabhängig z. B. von Veränderungen der Compliance oder Resistance oder wechselndem Atemantrieb des Patienten. Die Orientierung der Mindest-Ventilation am Atemzugvolumen verhindert Tachypnoe und vermindert das Risiko der progredienten ventilatorischen aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 136 1 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 Beatmungsformen Erschöpfung, so dass dieses Konzept eine gute Alternative zum oben beschriebenen IMV-MMVModus darstellt. Bei ausreichender Eigenatmung entspricht die Atmung praktisch einer Spontan-/ CPAP-Atmung mit inspiratorischer Druckunterstützung. Bei spontan atmenden Patienten bietet der Modus eine gute Alternative zur ▶ Apnoeventilation. Nachteile. Die Kompensation einer zu niedrigen Atemfrequenz durch konsekutive Anstiege der Tidalvolumina ist nicht unproblematisch (siehe auch ▶ lungenprotektive Beatmung). Ein weiterer Nachteil resultiert aus dem Feed-back-Prinzip: Verstärkt der Patient seine Atemanstrengungen und damit sein Atemzugvolumen, hat dies immer eine Reduktion des maschinellen Supports zur Folge. Sie ist im Sinne einer automatischen Entwöhnung vom Respirator auch erwünscht, sofern die intensivierte Eigenatmung Folge einer zunehmend kräftigeren Atemmuskulatur ist. Erfolgt sie jedoch aufgrund eines erhöhten Ventilationsbedarfs, wäre die Reduktion der Druckunterstützung dagegen kontraproduktiv (siehe auch ▶ MMV). ■■ Klinische Bedeutung von MMV und VS Obwohl MMV nahezu das gesamte Spektrum der maschinellen Beatmung von der kontrollierten Beatmung bis zur Spontanatmung umfasst, konnten sich dieser Modus und seine Varianten in der klinischen Routine bisher nicht durchsetzen. Unter Beachtung der o. g. Einschränkungen kann jedoch vor allem die PSV-Variante mit gutem Erfolg bei zahlreichen Formen der respiratorischen Insuffizienz sowie zur Entwöhnung eingesetzt werden. 3.5.3 Druckregulierte, volumenkontrollierte Beatmung, PRVC PRVC, Pressure Regulated Volume Controlled Ventilation (Siemens) VC+ (Puritan Bennett) ■■ Funktionsprinzip Grundlage ist ein volumengeregeltes Verfahren auf der Basis von VC-CMV, bei dem der Inspirationsflow automatisch so geregelt wird, dass ein möglichst geringer Atemwegsdruck resultiert. Mithilfe eines komplexen Regelalgorithmus wird die aktuelle Compliance des respiratorischen Systems Atemzug für Atemzug ermittelt, woraus sich für den nachfolgenden Atemzug der minimale inspiratorische Druck zum Erreichen des vorgewählten Tidalvolumens ergibt. Dementsprechend resultiert die Höhe des Inspirationsdrucks – neben dem eingestellten Atemhubvolumen – aus den atemmechanischen Eigenschaften der Lunge. Ändert sich z. B. die Compliance, verändert sich auch der Plateaudruck. Die Anpassung des inspiratorischen Drucks erfolgt dabei in 3-mbar-Schritten bis zu einem einstellbaren Drucklimit, so dass das gewählte Zielvolumen annähernd konstant bleibt (Abb. 3.29). ■■ Geräteeinstellung Statt der starren Einstellung eines oberen und unteren Druckniveaus wie bei ▶ VC-CMV gibt der Anwender für die maschinellen Atemhübe ein mandatorisches Ziel-Atemhubvolumen vor, das auf die individuellen Erfordernisse der Patientenlunge zugeschnitten ist. Hinweis Um ein unkontrolliertes Ansteigen der Atem­ wegsdrücke bei einem Abfall der Compliance zu vermeiden, muss bei diesem sowie auch den im Folgenden beschriebenen Systemen immer eine obere Druckbegrenzung eingestellt werden. 3 aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.5 Rückkoppelnde Systeme: Hybridverfahren 3.5.4 ■■ Vor- und Nachteile Vorteile. Unbemerkte bzw. unerwünschte Schwankungen der Tidalvolumina aufgrund von Änderungen der Compliance/Resistance der Lunge werden sicher verhindert. Nachteile. Der Modus erlaubt zwar eine patientengetriggerte Beatmung, jedoch keine freie Spontanatmung, der klinische Nutzen dürfte daher insgesamt eher gering sein. Sinnvoll nur in Kombination mit ▶ AutoMode, in dem der Respirator bei ausreichender Spontanatmung in den ▶ VS-Mode wechselt. Kontrolliert adaptive Beatmung, APV ■■ Funktionsprinzip APV wird als optionale druckkontrollierte zeitgesteuerte/patientengetriggerte volumengeregelte Beatmung mit PC-CMV und PC-S-IMV angeboten. Die Beatmungshübe werden entweder zeit­ge­ steuert unsynchronisiert abgegeben oder patientengetriggert im druckkontrollierten S-IMV-Modus (PC-S-IMV oder P-SIMV). Im P-SIMV-­Modus können die Spontanatmungszüge mit PSV assistiert werden (Abb. 3.30). Die Anpassung des in­ spiratorischen Drucks für die mandatorischen Beatmungshübe beginnt oberhalb von 5 mbar über PEEP und erfolgt in 3-mbar-Schritten bis zu 3 3 3 3 Druck 3 3 Flow Flow Druck 3 mbar 1 APV, Adaptive Pressure Ventilation (Hamilton) Druckanpassung 3 mbar 137 Volumenkonstanz Volumen Volumen 3 Zeit Abb. 3.29 Druckregulierte, volumenkontrollierte Beatmung, PRVC. Wird das gewünschte ZielAtemhubvolumen nicht erreicht, passt der Respirator den Plateaudruck für den nächsten Atemhub ent­ sprechend an, z. B. durch schrittweise Erhöhung des Plateaudrucks. Volumenkonstanz 3 Zeit Abb. 3.30 Adaptive Pressure Ventilation, APV, mit S-IMV. Bei dem dargestellten Modus handelt es sich funktionell um eine S-IMV-Variante. Sie basiert auf druckkontrollierter S-IMV, wobei der Respirator den inspiratorischen Druck der mandatorischen Beatmungshübe in definierten Schritten so anpasst, dass das voreingestellte Atemhubvolumen nahezu konstant bleibt. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 Beatmungsformen 1 einem einstellbaren Drucklimit, das 10 mbar unterhalb der oberen einstellbaren Druckbegrenzung liegt. Druck 138 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3.5.5 AutoFlow Definition. Variante der druckregulierten volumenkonstanten Beatmung, die von Dräger als Zusatzoption für alle druck- und volumenkontrollierten Beatmungsformen inklusive BIPAP angeboten wird. ■■ Funktionsprinzip Beim Zuschalten der Option wechselt das Gerät von manueller auf automatische Steuerung von ­Inspirationsflow und -druck. So führt das Zuschalten von AutoFlow in volumenkontrollierten Beatmungsformen zur automatischen Flowanpassung mit dem Ziel, das eingestellte Tidalvolumen bei niedrigst möglichem Atemwegsdruck zu applizieren (Abb. 3.31). Der für volumenorientierte Beatmungsverfahren typische Konstantflow wird ­dabei in eine dezelerierende Flowform umgewandelt. Das Tidalvolumen bleibt auch bei sich ­ändernder Compliance der Patientenlunge konstant. In allen Beatmungsmodi besteht die Möglichkeit zur ungehinderten Spontanatmung wie bei ▶ ­BIPAP. ■■ Vor- und Nachteile Vorteile. Atmet der Patient während der mandatorischen Inspiration ein oder aus, passt sich der Inspirations- und Exspirationsflow dem Bedarf des Patienten an. Der Plateaudruck bleibt dagegen Volumen 3 Die Umschaltung in die Exspirationsphase kann zwischen 10 und 40 % des inspiratorischen Spitzenflusses (statt der sonst üblichen 25 %) eingestellt werden. Der Modus ist Grundlage des automatisierten Beatmungs- und Weaning-Verfahrens ▶ ASV. Die patientennahe Messung von Flow und Atemwegsdruck erlaubt eine sensitive und schnelle Triggerung der Spontanatmungsaktivitäten. Flow ■■ Geräteeinstellung Volumenkonstanz Zeit Abb. 3.31 AutoFlow in Verbindung mit S-IMV. AutoFlow passt den Inspirationsflow automatisch so an, dass die eingestellten Tidalvolumina trotz Ver­ änderungen der Atemmechanik appliziert werden. Gleichzeitig werden durch Strömungswiderstände bedingte Druckspitzen vermieden. Ähnlich wie im BIPAP-Modus kann der Patient auch während des kontrollierten Beatmungshubes frei atmen. unverändert. Dadurch kann das individuell applizierte Atemvolumen vom geräteseitig eingestellten Atemhubvolumen abweichen; im zeitlichen Verlauf werden jedoch konstante Atemvolumina verabreicht. Die Spontanatmung kann durch PSV unterstützt werden. AutoFlow vereint somit lungenprotektive Aspekte der Beatmung und ungehinderte Spontanatmung. Durch die Bewertung des Spontanatmungsanteils wird die wechselnde ventilatorische Kapazität des Patienten berücksichtigt, wodurch AutoFlow auch als Weaning-Mode einsetzbar ist. Nachteile. Wie bereits bei ▶ MMV und ▶ VS beschrieben, ist das Feed-back-Prinzip nicht unproblematisch: Verstärkt der Patient seine Atemanstrengungen, hat dies eine Reduktion des maschinellen Supports zur Folge. Sie ist im Sinne einer automatischen Entwöhnung vom Respirator aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.5 Rückkoppelnde Systeme: Hybridverfahren 3.5.6 Druckregulierte volumenkonstante Beatmung: BiLevel-VG Druck 1 3 Flow jedoch nur dann erwünscht, wenn die Zunahme der Eigenatmung mit einer Erholung und Kräftigung des Patienten einhergeht. Resultiert sie dagegen aufgrund eines erhöhten Ventilationsbedarfs, z. B. durch Schmerz, Stress oder Luftnot, wäre die Reduktion des maschinellen Supports kontraproduktiv (siehe auch ▶ MMV und ▶ VS). BiLevel-VG, Pressure Controlled Ventilation-Volume Guarantee Dynamic BiLevel 3 Volumen Definition. Vergleichbar dem AutoFlow (s. o.), ­jedoch auf den BIPAP-Modus beschränkt. 139 Zielvolumen 3 ■■ Funktionsprinzip Die Messung der Tidalvolumina erfolgt Atemzug für Atemzug in 3-mbar-Schritten, wobei sowohl die mandatorischen Atemzüge als auch die Spontanatemzüge des Patienten gleichermaßen erfasst und bewertet werden. Nehmen die spontan geatmeten Tidalvolumina zu, wird das mandatorische Druckniveau schrittweise abgesenkt, bis das ­CPAP-Niveau erreicht ist. Umgekehrt wird das mandatorische Druckniveau bei unzureichender Spontanatmung bis auf den eingestellten maximalen Beatmungsdruck angehoben (Abb. 3.32). ■■ Geräteeinstellung Wie bei volumenkontrollierter Beatmung wird als Zielparameter lediglich das gewünschte Tidalvolumen eingestellt, zusätzlich die üblichen Parameter wie FiO2, Atemzeitverhältnis und Beatmungsfrequenz. Die beim herkömmlichen BIPAP notwendige Titrierung der Druckniveaus bis zum Erreichen des gewünschten Tidalvolumens entfällt. ■■ Vor- und Nachteile Vorteile. Neben den Vorteilen der druckkontrollierten volumenkonstanten Beatmung ermöglicht Zeit Abb. 3.32 BiLevel-VG. Bei der Bewertung der ein­ gestellten Ziel-Tidalvolumina werden die spontan geatmeten Atemzüge mit bewertet. Erreichen sie beispielsweise das Ziel-Tidalvolumen, wird das man­ datorische Druckniveau schrittweise abgesenkt, bis das CPAP-Niveau erreicht ist (Abbildung nach einer Originalregistrierung am Patienten, aufgezeichnet mit einem Pneumotachographen). 3 3 3 BiLevel-VG nicht nur eine volumenorientierte ▶ lungenprotektive Beatmung bei gleichzeitiger Möglichkeit zur ungehinderten Spontanatmung. Durch die kontinuierliche Bewertung des Spontan­ atmungsanteils berücksichtigt BiLevel-VG gleichzeitig die wechselnde ventilatorische Kapazität des Patienten und ist damit auch als WeaningMode einsetzbar. Nachteile. Es gelten grundsätzlich die gleichen Nachteile wie bei anderen Feed-back-Modes (▶ AutoMode, ▶ MMV, ▶ VS), da der Respirator zwar eine verstärkte Eigenatmung erkennen kann, jedoch nicht zwischen einer tatsächlichen Erholung der Atemmuskulatur und einer passageren Verstärkung der Atemanstrengungen aufgrund eines erhöhten Ventilationsbedarfs unterscheiden kann. Zusätzliche Features, wie z. B. die grafische/numerische aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 3 3 Beatmungsformen 1 Darstellung der Beatmungshistorie im Display, sind hilfreich bei der Bewertung des ventilatorischen Kapazität und der Entscheidung zur Extubation. 3.5.7 Druck 140 3 mbar Adaptive Support Ventilation, ASV 3 3 3 3 3 3 3 3 3 Definition. Weiterentwicklung des MMV-Modus zu einem komplexen rückkoppelnden Beatmungsverfahren, das auf dem druckkontrollierten volumengeregelten ▶ APV-Modus basiert. Durch kontinuierliche Erfassung relevanter lungenmechanischer Parameter wird das Konzept eines weitgehend automatisierten Beatmungs- und Weaning-Verfahrens unter Berücksichtigung minimaler Atemarbeit realisiert, wobei Anwender-Interaktionen und Alarmmeldungen auf ein absolut notwendiges Minimum reduziert sind. ■■ Funktionsprinzip Aus dem Körpergewicht errechnet der Respirator den anatomischen Totraum, der für die Berechnung der optimalen Atemfrequenz und des optimalen maschinellen Tidalvolumens nach der Otis-Formel ebenso benötigt wird wie die exspiratorische Zeitkonstante, die sich aus der Compliance und Resistance des jeweils vorangegangenen Atemzug ergibt. Spontane und kontrollierte Atemzüge werden synchronisiert und variabel druckunterstützt abgegeben, wobei sich der ­notwendige Inspirationsdruck analog zum ▶ APV-Verfahren aus der aktuellen Compliance und dem Ziel-Minutenvolumen ergibt und in 3-mbar-Schritten nachgeregelt wird. Sobald der Patient einen größeren Anteil an der Atemarbeit erbringt, reduziert ASV automatisch die maschinelle Unterstützung. Wird das gewünschte Atemminutenvolumen passager unterschritten, werden Druckunterstützung und/ oder Frequenz der maschinellen Atemhübe so angehoben, dass Tidalvolumen, Atemfrequenz und Atemminutenvolumen wieder den nach der OtisFormel gewünschten Zielwert erreichen. Rückschritte im ▶ Weaning, die durch eine erhöhte Atemfrequenz sowie niedrigere Tidalvolumina charakterisiert sind, werden dadurch kompensiert (Abb. 3.33). Volumen 3 Flow ALV, Adaptive Lung Ventilation Zeit Abb. 3.33 Adaptive Support Ventilation, ASV. Die kontrollierten und spontanen Atemzüge werden auf der Basis eines druckkontrollierten S-IMV-Modus variabel druckunterstützt, so dass das voreingestellte Ziel-Minutenvolumen erreicht wird. Weitere Erläute­ rungen im Text. ■■ Geräteeinstellung Einstellbare Parameter sind neben der FiO2 und dem PEEP lediglich das (ideale) Körpergewicht des Patienten, das gewünschte Atemminutenvolumen sowie die obere Druckbegrenzung. ■■ Vor- und Nachteile Vorteile. ASV ermöglicht ein an die atemmechanischen Eigenschaften der beatmeten Lunge optimal angepasstes Beatmungsregime vom Beginn der Beatmung bis zur Extubation. Lungenprotektive Aspekte werden berücksichtigt. Bei der Entwöhnung vom Respirator kann ASV hilfreich sein, da der Zielparameter „minimale Atemarbeit“ nach der Otis-Formel in den zugrunde liegenden Regelalgorithmen verankert ist. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.5 Rückkoppelnde Systeme: Hybridverfahren Nachteile. Wie bei den anderen Feed-back-Verfahren (▶ AutoMode, ▶ MMV, ▶ VS, ▶ BiLevel-VG) kann der Respirator nicht zwischen zunehmendem Ventilationsbedarf und Verbesserung der ventilatorischen Kapazität des Patienten durch muskuläre ­Erholung differenzieren. In jedem Fall kommt es zur Reduktion des maschinellen Supports, was jedoch im ersten Fall keineswegs wünschenswert wäre. Nachteilig ist auch, dass die maschinelle Unterstützung der Spontanatmung – wie bei den anderen Verfahren auch – immer nur aus der Basis des vorangegangenen Atemzuges erfolgen kann, was insbesondere bei vigilanten Patienten mit starker Varianz ihres Atemmusters zu Desynchronisationsphänomenen und Atemnot führen kann. 3.5.8 AutoMode ■■ Funktionsprinzip AutoMode (Maquet servo-i, Siemens Servo 300) ermöglicht den automatisierten ­Wechsel zwischen einem kontrollierten Beatmungsmode wie z. B. ▶ PRVC und druckunterstützter Spontanatmung wie ▶ VS bei definierten Beatmungs-/Atmungssituationen. Möglich sind auch die Kombinationen zwischen herkömmlicher volumenkontrollierter Beatmung (▶ VC-CMV) und ▶ VS sowie herkömmlicher druckkontrollierter Beatmung ▶ PC-CMV und ▶ PSV. Der Steueralgorithmus hinter diesen Prozeduren ist einfach: Erkennt der Respirator 2 aufeinander folgende patientengetriggerte Atemzüge, wird automatisch von kontrollierter zu druckunterstützter Beatmung gewechselt. Umgekehrt erfolgt ein Wechsel zurück in den kon­trollierten Modus, falls der Respirator im druckunterstützten Modus eine Apnoephase von mehr als 12 s Dauer (bei Kindern von mehr als 8 s) detektiert. Beim Wechsel in die eine oder andere Richtung werden die jeweiligen inspiratorischen Drücke übernommen. ■■ Vor- und Nachteile Vorteile. Durch die Delegation einfacher Prozeduren an den Respirator werden die Reaktionsgeschwindigkeiten auf akute Veränderungen der ventilatorischen Gegebenheiten des Patienten, z. B. in der postoperativen Phase, erhöht, wodurch das Personal entlastet wird. Nachteile. Die postoperative Nachbeatmungsdauer kann durch den automatisierten Übergang auf ein Spontanatmungsverfahren zwar u. U. geringfügig verkürzt werden, für die Entwöhnung vom Re­ spirator nach Langzeitbeatmung dürfte das System dagegen nicht geeignet sein. 3.5.9 141 1 SmartCare/PS Definition. SmartCare/PS ist kein neuer Beatmungsmode, sondern ermöglicht eine wissensbasierte, automatisierte Steuerung des Beatmungsmodus PSV zur Entwöhnung von Patienten vom Respirator anhand eines klinisch erprobten Protokolls. 3 3 ■■ Funktionsprinzip SmartCare/PS ist eine zusätzliche Option von Dräger-Respiratoren, die zur Entwöhnung von Patienten auf der Basis von druckunterstützter Spontanatmung ent­wickelt wurde. Die automatisierte Überprüfung der ­Parameter Atemfrequenz, Tidalvolumen und endtidales CO2 in 10-Sekunden-Intervallen erlaubt die Einschätzung der ventilatorischen Kapazität des Patienten und damit seines aktuellen Entwöhnungsstadiums. Eine Analyse der erhobenen Daten wird alle 2 Minuten bzw. 5 Minuten nach Verstellung der Druckunterstützung vorgenommen. Bei Detektion einer unzureichenden Spontan­atmung wird die Druckunterstützung verändert, um den Patienten mit seiner Spontanatmung in einen stabilen Zustand (sog. respiratorische Komfortzone) zu führen. Wird z. B. die Spontanatmung als nicht ausreichend erkannt (z. B. Tidalvolumen akzeptabel, aber etCO2 zu hoch und Atemfrequenz zu ­niedrig), so wird der maschinelle Anteil der Atem­arbeit ­erhöht, indem die inspiratorische Druckunterstützung vergrößert wird. Sobald sich der Patient hinreichend lange stabil in der respiratorischen Komfortzone befindet, wird mit der Entwöhnung begonnen. Dabei wird die Druckunterstützung alle 15, 30 oder 60 Minuten um einen festgelegten Wert bis zu einem definierten Endpunkt reduziert. Verlässt der Patient nach einem Trainingsschritt die Komfortzone, so wird er erst wieder in die Komfortzone zurückgeholt, bevor die Entwöhnung fortgesetzt wird. Nach erfolgreicher Verringerung der Druckunterstützung wird automatisch ein Spontan­ atemversuch (▶ SBT, Spontaneous Breathing ­Trial) aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 3 3 3 3 3 142 1 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 Beatmungsformen durchgeführt. Wird dieser Spontanatemversuch erfolgreich absolviert, meldet SmartCare/PS den erfolgreichen Abschluss der Entwöhnung. ­Anhand der angezeigten Parameter kann das klinische Personal nun entscheiden, ob der Patient extubiert werden sollte. Wird die Extubation nicht durchgeführt, so stabilisiert SmartCare/PS weiterhin auf einem niedrigen Unterstützungsniveau und ­toleriert Unregelmäßigkeiten wie ­kurzfristige unzureichende Spontanatmung. Wird jedoch auf nachhaltig unzureichende Spontanatmung erkannt, wird die maschinelle Unterstützung bis zum Erreichen der respiratorischen Komfortzone erhöht. Danach beginnt die Entwöhnungsprozedur von Neuem. ■■ Vor- und Nachteile Vorteile. Bei der Bewertung der ventilatorischen Eigenleistung wird auch das endtidale CO2 neben den Parametern Atemfrequenz und Tidalvolumen mit berücksichtigt. Dadurch kann der Respirator besser zwischen zunehmendem Ventilationsbedarf und Verbesserung der ventilatorischen Kapazität des Patienten durch muskuläre Erholung differenzieren. Eine progrediente muskuläre ­Erschöpfung durch inadäquate Reduktion des maschinellen Supports wird hierdurch verhindert. Nachteile. Die automatisierte Interpretation kapnometrischer Daten ist nicht unproblematisch und birgt eine Reihe von Gefahren. So führt z. B. die häufige falsch niedrige Messung des endtidalen CO2 zur Fehlinterpretation der ventilatorischen Eigenleistung und damit zu einer inadäquaten Absenkung des maschinellen Supports. ■■ Klinische Bedeutung druckregulierter volumenkonstanter Hybridverfahren Die klinische Bedeutung druckregulierter volumenkonstanter Beatmungsverfahren, insbesondere mit ungehinderter Spontanatmungsmöglichkeit für den Patienten, dürfte in Zukunft eher zunehmen, zumal der Aspekt der lungenprotektiven Beatmung immer mehr an Bedeutung gewinnt. Herkömmliche druckkontrollierte Verfahren – auch BIPAP – können die unbemerkte und pathogenetisch unerwünschte Volumenüberdehnung der Lungen nicht sicher verhindern. Weiter e ­ ntwickelte Regelalgorithmen, die die Spontanatmung und Aspekte der Atemarbeit angemessen berücksichtigen, eröffnen zusätzliche Optionen bei der schwierigen Entwöhnung vom Respirator. Die klinische Bedeutung spezieller WeaningModes ist derzeit gering, zumal die Konzepte nicht in allen Respiratoren verfügbar sind. Am meisten ausgereift ist zweifellos das SmartCare/PS-Konzept als eines der wenigen bisher kommerziell verfügbaren medizinischen Expertensysteme. Mittlerweile wurde es erfolgreich in größeren, multizentrischen, klinischen Studien evaluiert. 3.6 Neurally Adjusted ­Ventilatory Assist, NAVA Definition. Hierbei handelt es sich um eine neuartige Form der ▶ druckunterstützten Beatmung, PSV, durch Steuerung des Beatmungsgerätes proportional zur elektrischen Aktivierung des Zwerchfells. Ziel ist die bessere Synchronisation zwischen Patient und Beatmungsgerät sowie ein bedarfsadaptierter maschineller Support. ■■ Funktionsprinzip Die Ableitung des Zwerchfellelektromyogramms erfolgt durch eine mit einer Ringelektrode versehene Magensonde, die auch zur enteralen Ernährung verwendet werden kann. Die abgeleiteten elektrischen Signale detektieren den Beginn und auch das Ende der Inspirationsbemühungen des Patienten und ermöglichen damit nach elektronischer Aufbereitung eine annähernd verzögerungsfreie Synchronisation zwischen Spontanatmungsbemühungen des Patienten und Gasfluss des Respirators. Die Höhe der inspiratorischen Druckunterstützung resultiert aus der kontinuierlich registrierten elektrischen Aktivität des Zwerchfells (Electrical ­Activation of Diaphragm, EAdi), die über einen einstellbaren Verstärkungsfaktor (NAVA-Pegel) im Sinne eines zentral regulierten Regelkreises modifiziert werden kann: Eine Erhöhung des ­Faktors über den aktuellen Bedarf hinaus führt zur Reduktion, eine Verminderung zum Anstieg der elektrischen Aktivität des Zwerchfells (Gegenregulation des Patienten). Die Exspiration wird eingeleitet, aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.6 Neurally Adjusted V ­ entilatory Assist, NAVA wenn die elektrische Aktivität unter 70 % des Spitzenwertes (peak EAdi) abfällt. Bei Verlust des EAdiSignals (Dislokation der Ringelektrode, Störungen in der Signalerkennung und -verarbeitung) erfolgt die Applikation der Druckunterstüzung konventionell flow- oder druckgetriggert. Beim Sistieren der Spontanatmung wechselt des Respirator in einen druckkontrollierten Back-up-Modus (Abb. 3.34). ■■ Vor- und Nachteile Vorteile. Die Steuerung der Beatmung erfolgt direkt über ein zentral reguliertes Organ und ist damit unabhängig von der neuromuskulären Kopplung, die bei beatmeten Patienten beeinträchtigt sein kann. Die Probleme konventioneller Trigger- und Abschaltkriterien – mit mangelnder 143 1 3 PSV Eadi (μV) 30 20 10 10 Atemwegsdruck (cmH2O) 0 60 40 20 Eadi (μV) 3 8 0 10 0 60 Zeit (s) PSV NAVA 3 120 3 NAVA 20 600 10 Atemzugvolumen (ml) 3 500 0 60 40 120 400 3 300 200 30 100 20 0 10 0 3 6 30 30 Atemwegsdruck (cmH2O) 120 mittlerer Atemwegsdruck (cmH2O) 0 60 Zeit (s) PSV NAVA 3 120 Abb. 3.34 Neurally Adjusted Ventilatory Assist, NAVA. Elektrische Aktivität, Atemwegsdrücke sowie resul­ tierende Atemzugvolumina und mittlere Atemwegsdrücke während druckunterstützter Beatmung (PSV) und NAVA bei einem Patienten mit akutem respiratorischem Versagen. Während PSV (obere Abbildung) wird kon­ tinuierlich eine gleich bleibende Druckunterstützung appliziert, unabhängig von der inspiratorischen Aktivität und damit den Bedürfnissen des Patienten. Im Vergleich dazu kommt es unter NAVA (untere Abbildung) zu einer Druckunterstützung, die proportional zur „electrical activation of diaphragm“ (EAdi) des Patienten ist. Hinsichtlich der Atemzugvolumina und der mittleren Atemwegsdrücke resultiert eine höhere Variabilität der Atmung (rechte Abbildungen) (Quelle: Moerer et al. 2008). aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 144 1 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 Beatmungsformen Synchronisation zu den Atembemühungen des Patienten – werden dadurch reduziert. Darüber hinaus folgt die assistierende Druckunterstützung zu jeder Zeit proportional zur elektrischen Aktivität des Zwerchfells und damit zum aktuellen Bedarf des Patienten. Anders als bei den vorher beschriebenen rückkoppelnden Systemen wie MMV oder VS wird ein hoher ventilatorischer Bedarf mit einer hohen Unterstützung beantwortet und umgekehrt. Die Variabilität der Atmung bleibt erhalten, der Patient bestimmt sowohl Atemfrequenz als auch die Höhe des applizierten Drucks und damit des Tidalvolumens. Durch entsprechende Regelung des NAVA-Pegels kann die inspiratorische Druckunterstützung soweit erhöht werden, dass die Atemmuskulatur zusätzlich entlastet werden kann. Zusätzliche lungenprotektive Aspekte sind durch die enge Kopplung an die physiologische Atemmechanik denkbar. Nachteile. Derzeit wird NAVA nur von einem Hersteller (Servo-i, Fa. Maquet, Rastatt) angeboten und ist als zusätzlicher Triggermechanismus nur in Zusammenhang mit PSV verfügbar. Die Platzierung der Sonde bereitet in der Regel keine besonderen Probleme, klinische Untersuchungen haben allerdings gezeigt, dass die Signalerkennung relativ störanfällig ist und eine Triggerung nur in ca. 80 % über das EAdi-Signal erfolgt. ■■ Klinische Bedeutung von Neurally Adjusted Ventilatory Assist (NAVA) Mögliche Einsatzbereiche für NAVA sind derzeit noch nicht klar definiert. Vorteile werden vor allem bei Patienten mit chronischer ventilatorischer Insuffizienz, wie z. B. Patienten mit COPD, sowie bei schwierig zu entwöhnenden Patienten nach Langzeitbeatmung gesehen. Aber auch beim akuten Lungenversagen könnte NAVA unter dem Aspekt der Lungenprotektion zukünftig eine Rolle spielen. Vorteile sind vor allem auch bei der nichtinvasiven Beatmung mittels Beatmungshelm denkbar, da ­gerade hier aufgrund des großen kompressiblen Gasvolumens im Helms erhebliche Synchronisationsproblematiken zwischen Patient und Maschine bestehen, die den Einsatz konventioneller druckunterstützter Beatmungsformen erheblich limitieren. 3.7 Biologically Variable ­Ventilation, BVV Fractal Ventilation Naturally Noisy Mechanical Ventilation Definition. Als variable (oder fraktale) Beatmung (Biologically Variable Ventilation, BVV) wird ein neuartiger kontrollierter Beatmungsmode bezeichnet, der sich hinsichtlich der verabreichten Atemvolumina und -frequenzen an der physiologischen Variabilität der Spontanatmung orientiert. Zielparameter ist das voreingestellte Minutenvolumen, die Variation der Beatmungsfrequenzen und Tidalvolumina erfolgt anhand dieser Vorgabe computergesteuert, wobei Daten gesunder Probanden als Vorlage dienen. Die dem Konzept zugrunde liegende Rationale basiert – ähnlich wie die ▶ Seufzer-Beatmung – auf der Vorstellung, der Neigung zur Atelektasenbildung im Rahmen der lungenprotektiven Beatmung mit kleinen Tidalvolumina durch die physiologische (unregelmäßige) Applikation von Tidalvolumina mit wechselnden – auch höheren – Tidalvolumina entgegenwirken zu können. ■■ Pathophysiologischer Hintergrund Gleichförmige, insbesondere volumenkontrollierte Beatmung mit niedrigen Tidalvolumina (▶ lungenprotektive Beatmung) kann bei Patienten mit schwerem ALI/ARDS zur Entwicklung bzw. Persistenz von Atelektasen führen, die auch durch die Einstellung hoher PEEP-Werte allein nicht kompensiert werden kann und häufig zur Durchführung von intermittierenden alveolären ▶ Re­ kruitmentmanövern zwingt. Deren klinischer Stellenwert wird jedoch, vor allem auch hinsichtlich möglicher Schädigungen, kontrovers diskutiert. Als theoretische Alternative wird das kontinuierliche alveoläre Rekruitment durch computergesteuerte Variation des maschinellen Beatmungsmusters anhand physiologischer Daten angesehen. Dabei wird postuliert, dass die Aufrechterhaltung der physiologischen Variabilität von Atemfrequenz und -volumen innerhalb definierter Bereiche nicht nur zur Verbesserung des pulmonalen Gasaustauschs beiträgt, sondern auch die Compliance der Lunge verbessert, ohne den Atemwegsmitteldruck zu erhöhen. Theoretische Vorteile werden nicht aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.8 Nichtinvasive Beatmung, NIV nur bei vorgeschädigten Lungen gesehen, sondern auch bei der Beatmung lungengesunder Patienten sowie während der Narkosebeatmung. ■■ Klinische Bedeutung der Biologically Variable Ventilation (BVV) In Tierversuchen konnte gezeigt werden, dass BVV im Vergleich zu herkömmlicher ­kontrollierter Beatmung zu einer signifikanten Verbesserung der Oxigenierung führte, die mit vergleichsweise niedrigen Konzentrationen proinflammatorischer Zytokine im Trachealaspirat und einem ­verringerten Shuntanteil einherging. Dieser Effekt konnte sowohl während der Narkosebeatmung gesunder Tiere als auch im ARDS-Modell nachgewiesen werden und war unabhängig von den verwendeten PEEP-Niveaus. Im Vergleich zur Beatmung mit interponierten Seufzern mit ähnlich hohen Tidalvolumina und Frequenzen erwies sich BVV in ­einigen Untersuchungen als überlegen hinsichtlich der Oxigenierung und der atemmechanischen Parameter. Allerdings konnten diese Effekte in anderen Tiermodellen nicht bestätigt werden. Klinische Untersuchungen am Menschen liegen derzeit nicht vor, so dass die künftige Bedeutung von BVV – trotz des theoretisch interessanten Ansatzes – völlig unklar ist. 3.8 Nichtinvasive Beatmung, NIV NIV, Non-Invasive Ventilation Über viele Jahrzehnte war der Begriff „­maschinelle Beatmung“ zur Therapie der akuten oder chronischen Ateminsuffizienz ausschließlich mit der invasiven Beatmung über einen Endotrachealtubus oder über eine Trachealkanüle verbunden. Erst in der jüngsten Vergangenheit hat auf diesem Gebiet ein Paradigmenwechsel stattgefunden, so dass die nichtinvasive Beatmung NIV heute bei zahlreichen Indikationen eine mögliche Alternative zur klassischen Beatmung darstellt. Sie erweitert somit nicht nur das Spektrum der Beatmungsmedizin, sondern wird zunehmend auch als eine eigenständige Therapieform angesehen. ■■ Pathophysiologischer Hintergrund Obwohl die maschinelle Beatmung über einen ­Endotrachealtubus für eine Vielzahl von Patienten lebensrettend ist, kann sie doch zu schwerwiegenden, im Einzelfall sogar lebensbedrohlichen Nebenwirkungen und Komplikationen führen. Ein Teil dieser Nebenwirkungen ist jedoch nicht eine Folge der Beatmung an sich, sondern wird durch den Endotrachealtubus hervorgerufen, wie z. B. Schleimhautschäden in Mund, Rachen und Trachea sowie Kehlkopf- und Trachealverletzungen. Aber auch die Entstehung von Pneumonien kann unter bestimmten Voraussetzungen ­begünstigt werden, da der Endotrachealtubus eine ideale Leitschiene für Keime aus dem Oropharynxbereich in die unteren Luftwege darstellt (siehe auch Abb. 8.1, S. 264). Da der Tubus zudem die oberen Luftwege überbrückt, wird deren wichtige Funktion bei der Infektabwehr und ▶ Klimatisierung der Atemluft ausgeschaltet. Der Verzicht auf die Intubation trotz der ▶ Indikation zur maschinellen Beatmung und die Durchführung einer nichtinvasiven Beatmung kann zur Abnahme der hohen Inzidenz nosokomialer Pneumonien beitragen. Dieser Aspekt ist besonders relevant bei immunsupprimierten Patienten (Patienten mit Chemotherapie, ­Immunsuppression nach Organtransplantation, AIDS oder Neutropenie anderer Genese), so dass bei akuter hypoxämischer Insuffizienz immer ein initialer ­Therapieversuch mit NIV gerechtfertigt ist. Bei Patienten mit chronischen Erkrankungen des respiratorischen Systems wird NIV vor allem zur passageren Entlastung der Atemmuskulatur eingesetzt. Hierdurch soll die Erschöpfung der Atempumpe mit Hypoventilation und ­daraus resultierender Hypoxämie vermieden ­werden. ­Gleichzeitig soll der ermüdeten ­Atemmuskulatur die Möglichkeit zur Erholung gegeben werden. Häufig können die muskulären Energiespeicher durch nächtliche Beatmung soweit aufgefüllt werden, dass tagsüber eine ausreichende Spontan­atmung ermöglicht wird. Durch Verwendung spezieller Beatmungsmasken und neuerdings auch Beatmungshelme ist bei manchen Erkrankungen, die früher die Intubation und Beatmung erforderten, heute eine assistierende oder sogar kontrollierte Beatmung ohne Beatmungstubus möglich. Unabhängig von der Art des verwendeten Interfaces spricht man in diesen Fällen von nichtinvasiver Beatmung (NIV). Ihre Vorteile sind in Tab. 3.1 zusammengefasst. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 145 1 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 146 1 3 3 3 Beatmungsformen Tabelle 3.1 Vorteile der nichtinvasiven Beatmung. keine tubusbedingte Erhöhung der Atemarbeit keine Verletzungsgefahr für Trachea, Kehlkopf, Stimmbänder ●● weniger Analgosedierung nötig ●● bessere Sekretelimination durch ungehindertes Abhusten ●● weniger beatmungsassoziierte Pneumonien ●● erhaltene Kommunikationsfähigkeit ●● ungehinderte orale Nahrungsaufnahme ●● verbesserter Patientenkomfort ●● deutliche Verbesserung der subjektiven ­Lebensqualität ●● ●● 3.8.1 Indikationen ■■ Ventilatorische Insuffizienz 3 3 3 3 3 3 3 3 NIV eignet sich besonders für die Behandlung von Erkrankungsbildern, die nur eine intermittierende ventilatorische Unterstützung benötigen. In erster Linie sind dies Patienten mit chronisch ventilatorischer Insuffizienz, wobei chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) und neuromuskuläre Erkrankungen (z. B. Myastenia gravis, critical illness polyneuropathy, Guillain-Barré-Syndrom) im Vordergrund stehen. Oftmals reicht eine stundenweise intermittierende Beatmung am Tag und während der Nacht zur Erholung der Atempumpe aus, die mit einfachen Respiratoren auch als „Heimbeatmung“ durchgeführt werden kann. Das Ziel ist somit ­zumeist nicht die Verbesserung des pulmonalen Gasaustausches, sondern die Entlastung der Atemmuskulatur durch partielle Übertragung der Atem­ arbeit auf den Respirator. Merke Schwerpunkt der NIV ist die Entlastung der Atemmuskulatur bei ventilatorischer Insuffizienz. ■■ Oxigenierungsstörungen Daneben wird NIV zunehmend auch bei Erkrankungen des Lungenparenchyms eingesetzt, die in erster Linie durch ▶ Oxigenierungsstörungen gekennzeichnet sind (Lungenödem, Pneumonie, Inhalationstraumata, Aspirationspneumonie, ARI etc.). Allerdings liegt die Erfolgsrate bei Patien- ten mit ▶ ARI/ARDS deutlich unter 50 %. Eine Ausnahme bilden Patienten mit einem akuten kardial bedingten Lungenödem, die sehr erfolgreich mit NIV behandelt werden können. Erstens reduziert die Erhöhung des intrathorakalen Drucks sowohl die kardiale Vorlast als auch die linksventrikuläre Nachlast und begünstigt dadurch eine schnelle Rekompensation. Zweitens kann durch die begleitende medikamentöse Reduktion der Vorlast (Nitrate in Kombination mit Diuretika) das Lungenödem in der Regel so schnell zur Rückbildung gebracht werden, dass NIV nur für wenige Stunden erforderlich ist. Hinweis Obwohl die Intubationsrate beim kardialen Lun­ genödem durch NIV gesenkt und die kardia­ le Rekompensation beschleunigt wird, wird die Prognose dieser Patienten durch NIV offenbar nicht verbessert. Da es bei der akuten hypoxämi­ schen Insuffizienz pathophysiologisch in erster Linie auf die Applikation eines PEEP und weniger auf den ventilatorischen Support ankommt, ist ▶ CPAP-Atmung über Maske oder Helm vermut­ lich genauso wirksam. Merke Mäßige Erfolgsrate für NIV bei akuter hypoxämi­ scher Insuffizienz mit Ausnahme des kardialen Lungenödems. ■■ Weaning-Versagen Über den Nutzen des Einsatzes von NIV nach Extubation und neuerlicher respiratorischer Insuffizienz liegen widersprüchliche Ergebnisse vor. Ist der Therapieversuch mit NIV letztlich nicht erfolgreich, kann die verzögerte Re-Intubation sogar zu einer Zunahme der Mortalität führen. Andererseits konnte in zahlreichen Untersuchungen gezeigt werden, dass sich der pulmonale Gasaustausch beim ▶ Postextubationsversagen in vielen Fällen durch NIV, ja sogar allein durch ▶ MaskenCPAP, nachhaltig verbessern lässt. Vor allem bei Patienten mit einem hohen Risiko für das Auftreten eines Postextubationsversagens (multimorbide und alte Patienten sowie Patienten mit schweren kardialen und pulmonalen Vorerkrankungen) aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.8 Nichtinvasive Beatmung, NIV scheint die frühzeitige, prophylaktische nichtinvasive Beatmung vorteilhaft zu sein. Hinweis Bei der schwierigen Entwöhnung von der Beat­ mung kann NIV zusätzliche Vorteile bieten. Da der Endotrachealtubus zu einer erheblichen Zu­ nahme des Atemwegswiderstands führt, profi­ tieren insbesondere Patienten mit eingeschränk­ ter ventilatorischer Reserve von einer frühzeiti­ gen Extubation mit anschließender Fortführung des ventilatorischen Supports über NIV. Merke Prophylaktische Anwendung von NIV bei Patien­ ten mit hohem Risiko für ein Postextubations­ versagen. Die intensivmedizinischen Fachgesellschaften in Deutschland haben jüngst eine S3-Leitlinie „nichtinvasive Beatmung als Therapie der akuten respiratorischen Insuffizienz“ (Tab. 3.2) vorgelegt, in dem das mögliche Spektrum für die nichtinvasive Beatmung dezidiert aufgeführt ist (AWMF-online). 3.8.2 Kontraindikationen Generell sollten bei der Anwendung von NIV die Kontraindikationen, Erfolgs- und Abbruchkriterien, wie sie von einer Arbeitsgruppe der DIVI erarbeitet wurden, beachtet werden, damit Patienten durch NIV nicht zu Schaden kommen und eine wertvolle Methode nicht in Misskredit gerät. Als gesicherte Kontraindikationen für die nichtinvasive Beatmung gelten danach: ●● akute lebensbedrohliche Hypoxie, ●● bronchoskopisch nicht korrigierbare Sekretretention, ●● Koma oder nicht beherrschbarer Verwirrtheitszustand, der nicht durch eine Hyperkapnie bedingt ist, ●● mangelnde Kooperationsbereitschaft, ●● insuffiziente Spontanatmung, ●● akuter Atem- oder Kreislaufstillstand, ●● hämodynamische Instabilität, ●● undrainierte große Pleuraergüsse, ●● mangelnde Schutzreflexe, erhöhtes Aspirationsrisiko (gastrointestinale Blutungen, Ileus etc.), Tabelle 3.2 Auszug aus der S3-Leitlinie „nicht­ invasive Beatmung als Therapie der akuten respi­ ratorischen Insuffizienz“ der Leitlinienkommission der intensivmedizinischen Fachgesellschaften ­(AWMF-online). wenn möglich, Einsatz der NIV bei der akuten respiratorischen Insuffizienz zur Vermeidung von Komplikationen der invasiven Beatmung (Emp­ fehlungsgrad A*) ●● frühzeitiger Einsatz von NIV bei milder bis mittel­ gradiger akuter exazerbierter COPD mit pH 7,30 – 7,35 (Empfehlungsgrad A*) ●● primärer Einsatz von CPAP bei Patienten mit hyp­ oxämischer akuter respiratorischer Insuffizienz bei kardiogenem Lungenödem nach unzureichen­ der initialer nasaler Sauerstoffgabe (Empfehlungs­ grad A*) ●● Einsatz von CPAP bzw. NIV zur Vermeidung der Intubation und Verbesserung der Oxigenierung bei (hämato-)onkologischen, immunsupprimier­ ten Patienten und bei Patienten mit AIDS und Pneumocystis-Pneumonie (Empfehlungsgrad A*) ●● möglichst frühzeitige Extubation von invasiv be­ atmeten Patienten mit COPD und Umstellung auf NIV (Empfehlungsgrad A*) ●● prophylaktische Weiterbehandlung mit NIV in der Postextubationsphase nach länger dauernder in­ vasiver Beatmung (> 48 h) von Patienten mit hy­ perkapnischer akuter respiratorischer Insuffizienz und Risikofaktoren für ein Extubationsversagen (Empfehlungsgrad A*) 147 1 ●● * Evidenzlevel I „randomisierte Studien“ ●● ●● ●● drohende Verlegung der oberen Atemwege (Glottisödem/-obstruktion), Status epilepticus, intrazerebrale Blutungen, offenes Schädel-Hirn-Trauma, fehlendes oder unzureichend geschultes Personal. Hinweis Die Einstufung des Aspirationsrisikos ist im Ein­ zelfall schwierig und kann nur individuell erfol­ gen. 3.8.3 Durchführung 3 3 3 3 3 3 3 3 3 ■■ Technische Voraussetzungen Die Durchführung der nichtinvasiven Beatmung ist nicht mit jedem Beatmungsgerät problemlos möglich, sondern erfordert vielmehr das Vorhanden- aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 148 1 3 3 3 3 3 3 3 Beatmungsformen sein bestimmter gerätetechnischer Vorgaben. Da Gesichts- und Nasenmasken immer eine mehr oder weniger große Leckage aufweisen, sollte der Intensivrespirator über einen NIV-Modus verfügen, der eine großzügige Einstellung bzw. Deaktivierung der gängigen Alarme und Sicherheitsfeatures (Leckage, Beatmungsdruck, Atemzugvolumen, Atemminutenvolumen, Apnoeventilation) erlaubt. So kann verhindert werden, dass Patient und Personal – gerade in kritischen Phasen der Anpassung an den maschinellen Support – durch akustische Alarme, automatische und unerwünschte Wechsel in einen Back-up-Beatmungsmode und dergleichen unnötig strapaziert werden. Folgerichtig sollte der NIV-Mode über eine Leckagekompensation verfügen und ausreichend hohe inspiratorische Flows (mindestens 100 l/min) liefern. Die aktuelle Leckagerate sollte gemessen und angezeigt werden, beim Überschreiten von Grenzwerten sollte optisch und/oder akustisch alarmiert werden. Vermehrt werden auch auf Intensivstationen für die NIV-Beatmung einfache Respiratoren eingesetzt, die speziell für den Homecare-Bereich konzipiert wurden. Die Atemgaslieferung erfolgt meist ohne Ventile durch schnell reagierende Turbinen, wodurch der eingestellte Beatmungsdruck auch bei größeren Leckagen gehalten werden kann. Viele dieser Beatmungsgeräte sind so konzipiert, dass nur ein Inspirationsschlauch verwendet wird. Die Exspiration erfolgt über ein Ausatemventil, das patientennah im bzw. am Interface angebracht ist. ■■ Personelle Voraussetzungen 3 3 3 Eine wichtige Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz von NIV ist der Einsatz geschulter Pflegekräfte, die gerade in der Initialphase der Therapie ausreichend Zeit für die individuelle Patientenversorgung und -beobachtung haben müssen. Die ersten Stunden der NIV-Adaptation stellen eine besonders kritische Phase dar, die oft für den Erfolg oder Misserfolg der Therapie entscheidend ist. Oft ist deshalb zu Beginn der Behandlung ein 1:1-Betreuungsverhältnis erforderlich. ■■ Beatmungsformen Im Vordergrund steht die ▶ ­druckunterstützte Spontanatmung mit PEEP, da sie dem üblicher­ weise wachen und kooperativen Patienten ein ­hohes Maß an ventilatorischem Komfort bietet. Aber auch ▶ BIPAP wird von vielen Patienten gut toleriert. Vorteile werden auch für ▶ NAVA gesehen, vor allem bei nichtinvasiver Beatmung ­mittels ­Beatmungshelm. Weil das große kompressible Gasvolumen des Helms erhebliche ­Probleme beim Triggern des Demand-Flows verursacht, kann die über die Zwerchfellaktivität des Patienten gesteuerte Variante der inspiratorischen Druckunterstützung die Synchronisation zwischen Patient und Maschine erheblich verbessern und eine annähernd verzögerungsfreie Gaslieferung bereitstellen. Da die Stärke des Zwerchfell-EMGs ­proportional zu der Einatmungsbemühung des ­Patienten ist, kann dieses Signal außerdem dazu benutzt werden, die inspiratorische Druckunterstützung den aktiven Einatmungsbemühungen des Patienten anzupassen. ■■ Einstellung der Beatmung Bei der Maskenbeatmung hat sich die initiale Einstellung einer inspiratorischen Druckunterstützung von ca. 10 – 15 mbar bewährt, die bei unzureichenden Atemzugvolumina langsam bis auf 25 – 30 mbar gesteigert werden kann. Hohe Beatmungsdrücke (> 20 mbar) führen jedoch häufig zu Aerophagie, wodurch sich u. a. auch die Aspirationsgefahr erhöht. Ob eine Magensonde unter diesem Aspekt indiziert ist, wird kontrovers diskutiert: Sie führt zur zusätzlichen Belastung für den Patienten und ist häufig der Grund für die mangelnde Dichtigkeit des Interfaces. Das Legen einer Magensonde nur aufgrund der Anwendung einer NIV ist jedenfalls nicht erforderlich. Während der Adaptationsphase sollte der PEEP zunächst eher niedrig (ca. 3 mbar) gewählt werden, danach kann er – je nach zugrunde liegender Problematik – langsam auf 6 – 8 mbar angehoben werden. 3 aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.8 Nichtinvasive Beatmung, NIV ■■ Welche Maske? Nasen- und Gesichtsmasken werden für die nichtinvasive Beatmung am häufigsten eingesetzt. Aus der Vielfalt der heute von der Industrie angebotenen Modelle ist es in der Regel möglich, eine geeignete Maske mit guter Passform auszuwählen, die den individuellen Gegebenheiten des Patienten ausreichend gerecht wird. Aufgrund der zahlreichen anatomischen Besonderheiten erscheint es durchaus sinnvoll, in der Intensivmedizin unterschiedliche Modelle verschiedener Hersteller vorzuhalten. Nur so kann ein guter Kompromiss zwischen hohem Tragekomfort, geringem Totraum und minimaler Leckage gefunden werden – eine wichtige Voraussetzung für die Akzeptanz der nichtinvasiven Beatmung. Silikonstrips und -stege in unterschiedlichen Stärken können zusätzlich verwendet werden, um die Dichtigkeit an der Nasenwurzel verbessern. Für die nichtinvasive Langzeitbeatmung, z. B. im Rahmen der Heimbeatmung, sind nach wie vor individuell angefertigte Masken unübertroffen, da sie einen optimalen Komfort durch exzellente Passform mit minimaler Leckage und minimalem Totraum gewährleisten. Das Fixierungssystem sollte vom Patient „im Notfall“ schnell zu öffnen sein, um das Interface rasch zu entfernen. Hierdurch können klaustrophobische Ängste von Patienten – vor allem in der Initialphase – gemindert werden. Fixiersysteme, die mit Druckknöpfen oder Magnetverschlüssen arbeiten, erscheinen hier vorteilhaft, lösen sich aber relativ leicht bei mobileren Patienten. Auch kann hierdurch die Therapie bei mangelnder Compliance häufig unterbrochen werden. Mund-Nase-Masken Sie sind vor allem bei Patienten mit ausgeprägter Dyspnoe indiziert, da diese vorwiegend durch den Mund atmen (Abb. 3.35). Die kommerziell erhältlichen Modelle unterscheiden sich vor allem hinsichtlich ihres Totraums und ihrer Materialbeschaffenheit. Silikonmasken erzielen ihre Dichtigkeit zum Teil durch Beatmungsdruck, wodurch die Fixierungsintensität geringer ist als bei Masken mit luftgefülltem Auflagepolster. Gelmasken zeichnen sich dagegen durch ihre Flexibilität und damit ihre gute Passform aus. 149 1 3 Abb. 3.35 Mund-Nasen-Maske. Erläuterungen im Text. Beachte Patienten mit erheblicher Luftnot empfinden das Anpassen der Maske oftmals als zusätzliche Bedrohung, gegen die sie sich wehren. Behutsa­ mes Vorgehen ist daher unbedingt notwendig, um Stressreaktionen und eine unüberbrückbare Abwehrhaltung des Patienten zu vermeiden. So kann es hilfreich sein, die Maske zunächst mit der Hand zu halten oder vom Patienten halten zu lassen, bevor diese fixiert wird. Bei extremer Intoleranz gegenüber der Maske kann eine mil­ de Sedierung verabreicht werden. Nasenmasken Kooperative Patienten mit vorwiegender Nasenatmung profitieren von der Nasenmaske (Abb. 3.36). Sie wird von den meisten Patienten als komfortabler empfunden, da sie die Kommunikation erleichtert und das Abhusten problemloser ist. Ein wesentliches Problem bei Nasenmasken bleibt das Entweichen der Luft über den Mund bis hin zur völligen Ineffektivität der Beatmung. Kinnbinden können hier gelegentlich Abhilfe schaffen. Passgenaue Anfertigungen sind bei Patienten indiziert, die über den stationären Verlauf hinaus einer Heimbeatmung bedürfen. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 3 3 3 3 3 3 150 3 Beatmungsformen 1 3 3 3 3 3 Abb. 3.36 Nasenmaske. Erläuterungen im Text. Beachte Schlecht sitzende Masken können leicht verrut­ schen und die Augen direkt schädigen! Auch das ständig an den Augen vorbei strömende Atemgas kann zu indirekten Läsionen führen: 16 – 17 % der Patienten weisen innerhalb von 2 – 3 Stunden die Zeichen einer schweren Kon­ junktivitis auf. 3 – 20 % der Patienten leiden unter einer Austrocknung der nasalen/oralen Schleimhäute. Abb. 3.37 Vollgesichtsmaske. Erläuterungen im Text. Vollgesichtsmasken 3 3 3 Die sog. Tellermasken (full-face-mask, total-facemask) kommen besonders bei schwierigen anatomischen Verhältnissen zum Einsatz oder wenn ­bereits Hautläsionen vorliegen, die eine ­weitere Verwendung von Mund-Nasen-Masken ­verbieten. Der transparente Maskenkörper liegt mit einer breiten Silikonlippe auf der Haut des Patienten auf und erreicht eine hohe Dichtigkeit (Abb. 3.37). Dadurch bildet sich allerdings im Inneren der Maske Kondenswasser, wodurch die Sicht des Patienten beeinträchtigt wird. Nasal Prongs 3 3 Nasal Prongs schließen die Nasenlöcher luftdicht ab, so dass die Atemluft direkt in die Nasenlöcher insuffliert wird (Abb. 3.38). Die Atemunterstützung ist bis zu mittelhohen Drücken möglich, sofern dem Patienten ein ausreichender Mundschluss gelingt. Vorteilhaft ist die geringe Auflagefläche auf der Haut. Gerade Patienten mit Klaus­trophobie können von diesem Interface profitieren. Eine re- Abb. 3.38 Nasal Prongs. Erläuterungen im Text. gelmäßige Nasenschleimhautpflege mit entsprechenden Salben ist bei der Verwendung von Nasal Prongs empfehlenswert. Beatmungshelm Beatmungshelme (Abb. 3.39) werden relativ gut toleriert, so dass die NIV über viele Stunden, manchmal auch über Nacht, ohne Unterbrechung durchgeführt werden kann. Druckulzerationen im Gesicht und Konjunktivitiden treten nicht auf. Die Aspirationsgefahr ist deutlich geringer, was u. a. auf die verminderte Aerophagie zurück geführt werden kann. Außerdem bleibt die Kommunikationsfähigkeit erhalten. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.8 Nichtinvasive Beatmung, NIV Abb. 3.39 Beatmungshelm. Erläuterungen im Text. Allerdings stellt der Beatmungshelm besondere Anforderungen an das Beatmungsgerät und den Anwender. Bedingt durch das hohe Innenvolumen des Helms (8 – 15 l) und seine große Compliance nimmt die ▶ Triggerlatenz von Demand-Flow-Respiratoren erheblich zu, wodurch eine Desynchronisation zwischen Patient und Beatmungsgerät – vor allem bei hohen Atemfrequenzen – ­begünstigt wird. Modelluntersuchungen haben zudem gezeigt, dass die Triggerempfindlichkeit unterhalb eines PEEP von 6 mbar stark abnimmt. Da eine Differenzierung zwischen der Beatmung der Lungen des Patienten und der Beatmung des kompressiblen Volumen zwischen Kopf und Helm nicht möglich ist, kann die alveoläre Ventilation nur anhand indirekter Parameter, wie z. B. der Thoraxexkursionen, abgeschätzt werden. Ähnlich wie die Messung von ▶ Atemvolumina ist auch die geräteseitige exspiratorische ▶ CO2-Messung zur Überwachung der alveolären Ventilation ungeeignet. Beachte Bei unzureichendem Inspirationsflow kann es im Helm zu erheblicher CO2-Akkumulation kommen. Die daraus resultierende CO2-Rückat­ mung kann den Ventilationsbedarf des Patien­ ten erheblich vergrößern, wobei Patienten mit hochgradig eingeschränkter ventilatorischer Re­ serve besonders gefährdet sind. Diese Patien­ tengruppe (z. B. Patienten mit COPD) ist häufig für eine nichtinvasive Beatmung via Gesichtsoder Nasenmaske besser geeignet, da sie hin- sichtlich Totraum, CO2-Retention und Trigger­ problematik Vorteile aufweist. Zudem erlaubt sie ein zuverlässiges Monitoring der ventilato­ rischen Parameter inklusive der ▶ exspiratori­ schen CO2-Messung. Dagegen stellt der Helm für Patienten mit einem akuten hypoxämischen Lungenversagen (schwere Pneumonie, Lungen­ ödem, Aspiration) eine interessante Alternative dar, da diese Patienten hauptsächlich vom PEEP und weniger von der inspiratorischen Druck­ unterstützung profitieren und den Beatmungs­ helm meist länger tolerieren. Gelegentlich ist die Kombination mit einem High-flow CPAP-Ge­ rät mit hohen Flüssen vorteilhaft, womit gleich­ zeitig eine kontinuierliche Auswaschung von CO2 aus dem Helm erreicht wird. Merke Beatmungshelm vor allem bei Patienten mit Oxi­ genierungsstörungen, Masken bei Patienten mit ventilatorischer Insuf­ fizienz. Die Größe des Helmes lässt sich durch das Abmessen des Halsumfangs ermitteln, wobei in ­Anbetracht des hohen kompressiblen Volumens immer der kleinstmögliche Helm ausgewählt werden sollte. Das kompressible Volumen der kommerziell erhältlichen Helme ist unterschiedlich hoch und kann bei einigen Modellen durch das Aufblasen von Luftkissen reduziert werden. Von Nachteil ist jedoch, dass sich der Helm in Gefahrensituationen ­schwieriger entfernen lässt. Umgekehrt verursacht die Anlage des Helms bei manchen Patienten Erstickungsängste, insbesondere dann, wenn nicht unverzüglich mit der Luftinsufflation begonnen wird. Viele Patienten klagen über die hohe Geräuschbelästigung durch den Luftstrom im Helminneren. Abhilfe schaffen ▶ HME, die als „Schalldämpfer“ vor den Konnektor der In- und Exspirationsanschlüsse platziert werden, sowie Ohrstöpsel. Die kontinuierliche Druckbelastung während der Helmbeatmung verursacht darüber hinaus ein Druckgefühl in den Ohren, das von den Patienten oft als unangenehm und zum Teil schmerzhaft empfunden wird, insbesondere bei Beatmungsdrücken oberhalb von 20 mbar. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 151 1 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 152 1 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 Beatmungsformen ■■ Atemgasklimatisierung Bei der NIV ist eine ▶ Klimatisierung der Atemgase aus pathophysiologischer Sicht nicht notwendig, da diese durch den Nasen-Rachen-Raum des Patienten erfolgt und eine Gefährdung des em­p­ findlichen respiratorischen Epithels somit nicht zu befürchten ist. Die dauerhafte Atmung kalter und trockener Luft aus der zentralen ▶ Gasversorgungsanlage führt jedoch zur Austrocknung der Schleimhäute in den oberen Atemwegen, was von den Patienten als unangenehm empfunden wird. Bei dicht sitzenden Masken können zur Anfeuchtung der Atemluft ▶ HME eingesetzt werden, die direkt auf der Maske platziert werden. Beachtet werden muss jedoch, dass HME die Atemwegswiderstände sowie das Totraumvolumen erhöhen, wodurch die in- und exspiratorische Atemarbeit zunimmt. Es sollten daher nur HME mit geringen Durchflusswiderständen und kleinem Innenvolumen verwendet werden, was allerdings in der Regel zu Lasten der Anfeuchtungsleistung geht. Die geringere Befeuchtungsleistung ist aus pathophysiologischer Sicht jedoch akzeptabel, da die Funktion der oberen Luftwege des Patienten – anders als beim intubierten Patienten – nicht ausgeschaltet ist. Alternativ ist auch die aktive Anfeuchtung und Erwärmung der Atemluft möglich, wobei die ­Temperatur- und Feuchteeinstellung mit dem ­Patienten abgestimmt werden sollte. Bei der Helmbeatmung ist die aktive Klimatisierung da ­Atemluft dagegen nicht möglich. Die warme und feuchte Luft wird von den meisten Patienten als unangenehm empfunden, zudem kommt es zum Kondenswasserniederschlag im Helm. Hinweis Das Anbringen von HME bei der Helmbeatmung dient nicht der Atemgasklimatisierung, sondern der Geräuschdämpfung der laut einfließenden Atemgase (s. o.). ■■ Ernährung Bei ausreichender Vigilanz des Patienten und erhaltenen Schutzreflexen kann und sollte die orale Nahrungsaufnahme beibehalten werden. Dies gilt insbesondere für die Aufnahme von Flüssigkeiten, wobei hochkalorischen Trinklösungen eine besondere Bedeutung zukommt. Auch die Zufuhr leichtverdaulicher fester Speisen kann im Einzelfall, z. B. bei moderater Unterstützung der Atmung, ­gestattet werden. Allerdings sollte darauf geachtet werden, dass die Nahrungszufuhr in kleinen Portionen erfolgt. Flüssigkeiten sollten keine Kohlensäure enthalten und ebenfalls nur in kleinen ­Mengen verabreicht werden. Bei länger dauernder NIV-Beatmung kann eine Ernährungssonde hilfreich sein, wobei die kontinuierliche Verabreichung der Sondennahrung der Bolusgabe vorzuziehen ist. ■■ Patientenlagerung Bewährt hat sich die halb sitzende Position. Sie erleichtert die Zwerchfellatmung, insbesondere bei adipösen Patienten, und hat damit einen p ­ ositiven Einfluss auf die funktionelle ▶ Residualkapazität. Zudem trägt sie zur verbesserten Sekretelimination durch erleichtertes Abhusten bei. Bei sichtbarem Einsatz der Atemhilfsmuskulatur kann eine Entlastung des Schultergürtels durch Lagerungsmittel sinnvoll sein. ■■ Monitoring Die Überwachung des Patienten richtet sich nach dem Schweregrad seiner Erkrankung. Engmaschig überwacht werden müssen ●● Atemexkursionen, Atemmuster und Atemfrequenz, ●● Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, ●● Synchronisation der Atemexkursionen mit dem Gerät, ●● Bewusstseinslage, psychischer Zustand, ●● Umfang und Effizienz der Sekretelimination. Neben dem Monitoring der Herz-Kreislauf-Situation (EKG, RR-Messung) ist die kontinuierliche Überwachung des arteriellen Sauerstoffstatus mittels ▶ Pulsoximetrie unabdingbar. Aufgrund der oben beschriebenen Probleme bei der Überwachung der Atemvolumina empfiehlt sich das Monitoring des pCO2 durch ▶ transkutane Messung, da die Messung des endexspiratorischen petCO2 bei der Maskenbeatmung und erst recht der Helmbeatmung nicht verwertbar ist (s. o.). Liegen beim Patienten schwere respiratorische, metabolische und/oder aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.8 Nichtinvasive Beatmung, NIV hämodynamische Beeinträchtigungen vor, muss das Monitoring ggf. erweitert werden, z. B. durch regelmäßige arterielle Blutgasanalysen. Wichtig ist, dass der Patient die Möglichkeit hat, sich jederzeit bemerkbar zu machen, z. B. durch eine Klingel, ohne das Interface entfernen zu müssen. Eine Kommunikationshilfe (Wort-/Buchstabentafel) kann während der NIV sehr hilfreich sein. Beachte Eine initiale Verbesserung der pulmonalen Si­ tuation darf nicht zum Anlass genommen wer­ den, die Überwachung des Patienten zu ver­ nachlässigen, da sich die pulmonale Situation des Patienten auch noch nach Stunden erneut verschlechtern kann. ■■ Erfolgskriterien Unter NIV muss eine zügige Besserung der klinischen Symptomatik mit Abnahme der Dyspnoe eintreten. Patienten mit NIV müssen vor allem in der Anfangsphase engmaschig überwacht werden. Eine Fortsetzung von NIV ist gerechtfertigt bei ●● subjektiver Zustandsverbesserung, ●● Zunahme der alveolären Ventilation (Abnahme des paCO2), ●● Entlastung der Atempumpe, erkennbar an der Abnahme der Herz- und Atemfrequenz sowie Sistieren des Einsatzes der Atemhilfsmuskulatur, ●● Verbesserung der Oxigenierung (SaO > 90 %). 2 Hinweis Bei massiver Sekretproduktion und zunehmen­ der Sekretretention ist zur Verbesserung der Bronchialtoilette die passagere Intubation zu er­ wägen. ■■ Abbruchkriterien In Abhängigkeit vom klinischen Zustand des Patienten und der Erfahrung des behandelnden Teams wird die Rate des Therapieversagens auf 25 – 40 % geschätzt. Durch eine engmaschige Überwachung des Patienten und konsequente Beachtung der Abbruchkriterien können solche Patienten frühzeitig erkannt und umgehend intubiert werden, bevor es zu einer vitalen Gefährdung des Patienten kommt. Zu den Abbruchkriterien gehören: ●● unzureichende Ventilation durch p ­ ersistierende Leckage (häufigste Ursache für die vorzeitige Beendigung der NIV), ●● keine Verbesserung der O -Sättigung unter ho2 her O2-Zufuhr in den ersten 15 Minuten, ●● persistierende Hypoxämie nach 2 Stunden (SaO2 < 85 % trotz FiO2 > 0,5), ●● hypoxiebedingte hämodynamische Instabilität/ Arrhythmien, ●● Anstieg des paCO über den Ausgangswert mit 2 Abfall des pH-Wertes, ●● keine Besserung des klinischen Status (Zunahme der Atemfrequenz und Dyspnoe, Abnahme des Tidalvolumens, sichtbare Steigerung der Atemanstrengung, Verschlechterung der Vigilanz), ●● mangelnde Kooperation und zunehmende Intoleranz mit aktiver Gegenwehr, Agitiertheit, ●● progrediente Bewusstseinsverschlechterung, ●● nicht beherrschbare Aerophagie, ●● Sekretretention, ●● nicht beherrschbare Maskenprobleme (Druckulzerationen), ●● schwere Aspiration. Hinweis Bei mutmaßlich Hyperkapnie-bedingter Be­ wusstseinsstörung muss der Patient unter NIV zügig aufklaren. Ist dies nicht der Fall, sollte die NIV sofort beendet und der Patient intubiert werden. 153 1 3 3 3 3 3 3 3 ■■ Klinische Bedeutung Der Stellenwert der nichtinvasiven Beatmung hat in den vergangenen Jahren bei allen Formen der respiratorischen Insuffizienz zugenommen. Klinische Schwerpunkte liegen vor allem bei der intermittierenden Behandlung der ventilatorischen Insuffizienz durch Versagen der Atempumpe sowie beim kardial bedingten Lungenversagen. ­Deutlich schlechter sind die Erfolgsaussichten bei der Behandlung der akuten hypoxämischen Atem­insuffizienz, wenngleich ein Therapieversuch ­insbesondere bei Risikopatienten immer gerechtfertigt erscheint. Eine weitere Einsatzmöglich- aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 154 1 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 Beatmungsformen keit ist die Stabilisierung der Lungenfunktion nach dem ▶ Weaning vom Respirator. Unbedingte Voraussetzung für einen erfolgreichen Einsatz der NIV ist speziell geschultes ärztliches und pflegerisches Personal, damit sich die unbestreitbaren Vorteile der NIV nicht zu einem unkalkulierbaren Sicherheitsrisiko für den Patienten entwickeln. Vor dem routinemäßigen Einsatz der NIV ist daher die Erarbeitung eines therapeutischen Konzepts ­inklusive der Indikationen und Kontraindikationen erforderlich, das alle am Patienten tätigen Berufsgruppen einschließt. Ein äußerst wichtiger Faktor für den erfolgreichen Einsatz der nichtinvasiven Beatmung ist neben den technischen Voraussetzungen vor allem die Erfahrung und Motivation der Mitarbeiter. 3.9 CPAP-Therapie bei Schlafapnoe-Syndrom Nichtinvasive Beatmung (NIV) ist nicht gleichbedeutend mit der „CPAP-Therapie“, wie sie im Rahmen der Heimtherapie zur Behandlung vorübergehender Atemstillstände während des Schlafens, der sog. Schlafapnoe, angewendet wird. Dabei wird dem Schlafenden – in der Regel via Nasenmaske (nCPAP-Maske, n = nasal) – durch ein technisch einfaches, spezielles CPAP-Gerät kontinuierlich Atemluft (meist Umgebungsluft) mit leichtem Überdruck zugeführt. Je nach Anamnese und vorliegenden Beeinträchtigungen der Lungenfunktion kann die zugeführte Luft auch erwärmt und angefeuchtet werden. Das im Schlaf entspannte ­Gewebe im Nasen- und Rachenraum des ­Schlafenden wird durch den leichten Überdruck stabilisiert und offen gehalten („pneumatische Schienung“). Dadurch können Apnoen und Hypopnoen bei den meisten Patienten verhindert werden. Als Begleiteffekt wird auch das Schnarchen weitgehend unterdrückt. Die Diagnose wird meist in einem Schlaflabor gestellt, wo Anzahl und Dauer der Atemstillstände sowie die O2-Sättigung kontinuierlich gemessen werden. Nach Diagnosestellung erfolgt die schrittweise Annäherung an den individuellen therapeutischen Druck. Zu hoher Druck bewirkt ein störendes Ausströmen der Druckluft durch den Mund, führt zu Aerophagie (Luftschlucken) und kann im schlimmsten Fall die Spontanatmung stören. 3.9.1 Heimbeatmung mit BiLevel und BiPAP Hierbei handelt es sich um weitere, vor allem aus der Heimtherapie bekannte Modifikationen der CPAP-Atmung, die nicht mit den aus der Intensivbeatmung bekannten druckkontrollierten zeitgesteuerten Beatmungsmodes (▶ BiLevel, ▶ BIPAP) verwechselt werden dürfen. Sie werden mit speziellen Geräten für die nichtinvasive Heimbeatmung durchgeführt und offerieren dem CPAP-atmenden Patienten einen zusätzlichen ventilatorischen Support via Maske im Sinne einer ▶ druckunterstützten Beatmung. Der Inspirationsdruck ist hierbei innerhalb definierter Grenzen variabel und passt sich bei jedem Atemzug den Bedürfnissen des Patienten an. Darüber hinaus verfügen einige Geräte über eine Komfortfunktion, die bei hohen Exspirationsdrücken eine endexspiratorische Druckabsenkung durchführt und damit ein Druck- oder gar Atemnotgefühl beim Ausatmen vermindert. Der weitverbreitete BiPAP-Ventilator der Fa. Respironics Inc. ist ein Beatmungsunterstützungssystem speziell für die nichtinvasive Heimbeatmung. Die Unterstützung der Eigenatmung des Patienten erfolgt auf der Basis der ▶ druckunterstützten Beatmung, wobei 3 Optionen zur Auswahl stehen: ●● S-mode: Einstellung von inspiratorischer Druckunterstützung und PEEP/CPAP, ●● T-mode: kontrollierter Beatmungsmodus durch Einstellung von inspiratorischer Druckunterstützung Atemfrequenz und I/E-Verhältnis, ●● ST-mode: Kombination aus S-mode und T-mode. Bei Unterschreiten einer definierten Sicherheits-Atemfrequenz setzt Apnoe-Ventilation (Tmode) mit einstellbaren Parametern ein. 3.10 Alternative Beatmungs­ verfahren: Hochfrequenzbeatmung, HFV HFV, High Frequency Ventilation Definition. Unter dem Begriff Hochfrequenzbeatmung (HF-Beatmung) wird eine Vielzahl oftmals sehr unterschiedlicher Beatmungsverfahren zusammengefasst, die durch hohe Atemfrequenzen, minimierte Tidalvolumina sowie unkonventionelle aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.10 Alternative Beatmungs­verfahren: Hochfrequenzbeatmung, HFV Gastransportmechanismen charakterisiert sind. Letztere grenzen hochfrequente Techniken gegenüber konventionellen Beatmungstechniken ab: Bei intermittierender Überdruckbeatmung füllen und verlassen die Atemgasportionen die Alveolarkompartimente in periodischen Abständen, was eine zwingende Voraussetzung für den Gasaustausch in den Alveolen ist. Bei Beatmung mit hohen ­Frequenzen kommt es demgegenüber nicht zur periodischen Expansion und Reduktion der Alveolarräume. Stattdessen verläuft der Gasaustausch aufgrund von Diffusions- und Auswaschphänomenen ohne Verschiebung nennenswerter Tidalvolumina, die oftmals wesentlich kleiner sind als der anatomische Totraum. Sie liegen bei 1 – 3 ml/kg KG. ■■ Funktionsprinzip Üblicherweise werden die Atemgasportionen durch Jet-Technik verabreicht. Unter dem Begriff „Jet“ versteht man die gerichtete Verabreichung eines komprimierten Gasvolumens mit hoher Geschwindigkeit durch eine Düse. Ist das System ­offen, treten dabei am Ende der Düse sog. Venturi-Effekte auf, die nach dem Prinzip der Wasserstrahlpumpe zur Erhöhung des Volumens durch Sogwirkungen führen. Das hierbei aus der Umgebung angesaugte zusätzliche Gasvolumen wird als Entrainment bezeichnet. Bei der Hochfrequenzbeatmung wird die Beatmungsfrequenz in Hertz [Hz] angegeben: 1 Hz = 1 Schwingung/Sekunde. ■■ Lungenmechanik HF-Beatmung führt zum Anstieg der Lungenvolumina, da die Zeitkonstanten der Lungen meist deutlich länger sind als die Zeit zwischen den JetImpulsen, die für die Exspiration zur Verfügung steht. Dabei bildet sich ein intrinsic PEEP aus, dessen Höhe zwar durch die Jet-Frequenz vorgegeben wird, jedoch kaum abgeschätzt werden kann. In gleichem Maße steigen dabei die Atemwegs- und Alveolardrücke an, wodurch – gerätespezifisch unterschiedlich – u. U. ausgeprägte Ventilations-Perfusions-Störungen entstehen bzw. unterhalten werden können. Vorteile bietet hier das biphasische Injektor/Ejektor-Prinzip wie bei HFJO, das ebenso wie mechanische Mem- branoszillatoren zur exspiratorischen Entlastung der Lungenvolumina beiträgt. Allerdings besteht hierbei die Gefahr, dass die resultierenden Unterdrücke zum exspiratorischen Kollaps der Atemwege führen. 155 1 ■■ Monitoring Im Gegensatz zur konventionellen Beatmung sind Monitoring und Alarmstrategien bei allen Formen der HF-Ventilation wesentlich weniger ausgereift. Die sonst üblichen Messsysteme zur Messung von Drücken, Volumina und Atemgaskonzentration sind unter HF-Beatmung nicht ohne weiteres einsetzbar. So sind Druckmessungen am proximalen Tubus nicht aussagekräftig, da sie die Atemwegs­ drücke bei Abstrahlung der Jet-Impulse am dis­ta­ len Tubus nicht ausreichend repräsentieren. Zur Kontrolle der Atemwegsdrücke muss daher ein zweiter Katheter in der Trachea platziert werden, dessen Öffnung allerdings nicht in unmittelbarer Nähe der Düsenöffnungen liegen darf. Spezielle Tuben für die Jet-Beatmung verfügen über einen eigenen Kanal für die Atemwegsdruckmessung, der mindestens 5 cm unterhalb der HF-Injektionsstelle endet. Aufgrund des Entrainments ist die genaue Bestimmung der applizierten Tidal- und Minutenvolumina schwierig. Wird die Jet-Ventilation im offenen System durchgeführt, wie beispielsweise bei der Bronchoskopie oder unter Verwendung des Jet-Laryngoskops, ist die Bestimmung der Tidalvolumina überhaupt nicht möglich. Die klinische Beobachtung der Thoraxexkursionen sowie die regelmäßige Palpation der Thoraxvibrationen und die Auskultation der Lungen sind daher obligat. Die Oxigenierung des Patienten kann durch die ▶ Pulsoximetrie überwacht werden. Ein weitaus größeres Problem ist die Überwachung der Ventilation. Die ▶ Kapnometrie zur Messung des end­ exspiratorischen CO2 ist nur bedingt geeignet, da sich bei hochfrequenter Jet-Ventilation keine end­exspiratorischen Plateaus ausbilden und zudem die Ansprechgeschwindigkeit der Methode zu niedrig ist. Bei länger dauerndem Einsatz ist daher die engmaschige Kontrolle des CO2 im Blut notwendig. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 156 1 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 Beatmungsformen ■■ Atemgasklimatisierung Nach wie vor ungelöst ist das Problem der Atemgasbefeuchtung bei der Jet-Ventilation. Für den kurzzeitigen Einsatz in der Anästhesie ist dieses Problem von untergeordneter Bedeutung, nicht jedoch bei länger dauernder Beatmung. Hier kann es durch die trockenen Atemgase zu schwersten Veränderungen der Tracheal- und Bronchialschleimhäute bis hin zu tiefen Schleimhautnekrosen kommen. Steht kein adäquates und für den Einsatz bei Jet-Ventilation konzipiertes Befeuchtersystem zur Verfügung, darf die Jet-Ventilation zur Langzeitbeatmung nicht eingesetzt werden. Dagegen ist bei der HF-Oszillation (HFO) eine ausreichende ▶ Atemgasklimatisierung durch HME (Heat and Moisture Exchanger) auch bei Langzeitbeatmung zu erzielen. Die meisten der im Folgenden vorgestellten HFTechniken werden vorwiegend in der Anästhesie bei kurzzeitigen diagnostischen und operativen Eingriffen im Larynxbereich eingesetzt. Statt eines Tubus werden hier häufig spezielle Jet-Broncho­ skope und -Laryngoskope verwendet. Inspiration Exspiration Abb. 3.40 HFPPV (High Frequency Positive Pressure Ventilation). Erläuterungen im Text. 3.10.1 HF-Überdruckbeatmung, HFPPV (High Frequency Positive Pressure Ventilation) Das Jet-Gas wird über ein Y-Stück am proximalen Tubusende eingespeist, gleichzeitig wird das tubusnahe pneumatische Ventil verschlossen. Ein Entrainment findet daher nicht statt. Die applizierten Volumina betragen 2 – 4 ml/kg KG, die Beatmungsfrequenzen 1 – 2 Hz. Während der Exspiration öffnet das pneumatische Ventil, so dass das Exspirationsgas passiv abströmen kann (Abb. 3.40). Jet-Katheter Entrainment 3.10.2 HF-Jetbeatmung, HFJV (High Frequency Jet Ventilation) In das Lumen des offenen Trachealtubus wird eine Injektorkanüle eingebracht, über die das Jet-Gas mit Beatmungsfrequenzen von 1–5 Hz und Volumina von 2–4 ml/kg KG eingespeist wird. Während der Jet-Phasen wird zusätzlich Gas angesaugt (Entrainment). Die Exspiration erfolgt passiv in der Pause zwischen den Druckgasimpulsen (Abb. 3.41). Abb. 3.41 HFJV (High Frequency Jet Ventilation). Erläuterungen im Text. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.10 Alternative Beatmungs­verfahren: Hochfrequenzbeatmung, HFV 3.10.3 Hochfrequenzpulsation, HFP (High Frequency Pulsation) In ähnlicher Weise wie bei HFJV werden die Jet-Impulse über einen Injektor am proximalen Tubusende direkt in den Trachealtubus appliziert. Durch das Patientensystem wird ein Biasflow geleitet, aus dem das Volumen für das Entrainment gezogen wird. Die Sauerstoffkonzentrationen von Biasflow und Jet-Gas sind gleich. Die Volumina betragen 1 – 2 ml/kg KG, die Beatmungsfrequenzen 4 – 10 Hz. Die Exspiration erfolgt passiv (Abb. 3.42). 3.10.4 Hochfrequenz-Jet-Oszillation, HFJO (High Frequency Jet Oscillation) Das System arbeitet mit 2 Jet-Düsen. Über die Injektordüse werden Volumina von 1 – 2 ml/kg KG mit Frequenzen von 5 – 12 Hz verabreicht. Das Entrainment wird aus dem Biasflow bezogen, der die gleiche Sauerstoffkonzentration aufweist wie der Jet-Flow. Distal der Injektordüse befindet sich die Ejektordüse, über die Jet-Gas während der Exspirationsphase appliziert wird. Da die Spitze der Ejektordüse aus den Atemwegen heraus in Richtung Tubuseingang weist, wird das Entrainment aus den Atemwegen bezogen. Dadurch wird die Exspiration forciert. Zur Unterstützung der Venturi-Effekte ist das Venturi-Rohr mit einer zusätzlichen sog. Venturi-Taille ausgestattet. Durch die Kombination von Injektor- und Ejektordüse können höhere Frequenzen bei niedrigeren Volumenportionen appliziert werden (Abb. 3.43). 3.10.5 Forcierte Diffusionsventilation, FDV (Forced Diffusion Ventilation) Die Druckgasimpulse werden über 2 Leitungen appliziert, die in die Wand eines speziellen Jet-Tubus integriert sind. Die Ausgänge der Jet-Leitungen enden an der distalen Tubusspitze. Das System ist offen, so dass es während der Inspiration zu einem Entrainment kommt. Idealerweise sitzen die Düsen kurz oberhalb der Karina, so dass die beiden Gasstrahlen direkt in die Hauptbronchien geleitet werden. Die FDV erlaubt die Applikation sehr kleiner Volumenportionen (0,2 und 0,4 ml/kg KG) mit hohen Frequenzen (2,5 – 33 Hz) (Abb. 3.44). 1 3 3 3 3 3 Exspiration Inspiration Jet-Düse Entrainment Bias-Flow 157 aktive Jet-Düse aktive Jet-Düse Entrainment 3 3 Entrainment 3 3 Abb. 3.42 HFP (High Frequency Pulsation). Erläute­ rungen im Text. Abb. 3.43 HFJO (High Frequency Jet Oszillation). Erläuterungen im Text. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 158 1 3 Beatmungsformen Membran-Oszillator Exspiration Jet-Katheter Jet-Katheter Bias-Flow 3 3 3 Abb. 3.44 FDV (Forced Diffusion Ventilation). Erläuterungen im Text. 3 3 3 3 3 3 3 Abb. 3.45 HFOV (High Frequency Oscillation Ventilation). Erläuterungen im Text. 3.10.6 HF-Oszillation, HFOV (High Frequency Oscillation Ventilation) 3.10.7 Kombinierte HF-Systeme, CHFV (Combined High Frequency Ventilation) Eine mechanische Kolbenpumpe erzeugt sinusoidale Schwingungen mit Frequenzen von 2 – 100 Hz, die über eine Membran auf den Atemgasflow übertragen werden. Die verschobenen Volumina sind durch die mechanischen Membranauslenkungen definiert und daher volumenkonstant. Die Rückwärtsbewegungen der Membran bewirken eine aktive Exspiration. Hierdurch wird eine bessere CO2-Elimination erreicht als durch die anderen Verfahren (Abb. 3.45). Diese Technik verknüpft die Vorteile der konventionellen Beatmung mit den Vorteilen der Hochfrequenzoszillation. Durch Einführen eines ­Jet-Schlauches in den Trachealtubus können die unterschiedlichsten volumen- und druckkontrollierten Beatmungsformen mit hohen Jet-Frequenzen überlagert werden. Auch die Überlagerung von partieller und vollständiger Spontanatmung, z. B. im S-IMV oder CPAP-Modus, ist möglich. Die JetAnteile können mit Frequenzen von 1 – 50 Hz appliziert werden (Abb. 3.46). Hinweis Dieses Beatmungsprinzip wird seit Jahren mit ­Erfolg in der ▶ Neonatologie eingesetzt. 3.10.8 Superponierte Jet-Ventilation, SHFJV (Superimposed High Frequency Jet Ventilation) Der CHFV vergleichbar ist diese Technik, bei der 2 Jet-Ventilationsformen mit unterschiedlichen Frequenzen miteinander kombiniert werden. Bei- aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.10 Alternative Beatmungs­verfahren: Hochfrequenzbeatmung, HFV 3.10.9 Technische Bewertung der HF-Beatmung konventioneller Respirator Jet-Katheter Abb. 3.46 CHFV (Combined High Frequency Ventilation). Erläuterungen im Text. Jet-Katheter Bias-Flow Entrainment Abb. 3.47 SHFJV (Superimposed High Frequency Jet Ventilation). Erläuterungen im Text. de Jet-Schläuche liegen in unterschiedlicher Höhe im Lumen des Trachealtubus. Der niederfrequente ­Jet-Anteil wird – ähnlich wie bei konventioneller Beatmung – mit Frequenzen bis 40/min, der überlagerte hochfrequente Anteil mit Frequenzen zwischen 1 und 15 Hz verabreicht (Abb. 3.47). Trotz technischer Unterschiede handelt es sich bei der HF-Beatmung grundsätzlich um eine ­Beatmung im offenen System. Damit erfüllt die Technologie bereits von der Konzeption her eine wesentliche Anforderung an ein modernes Beatmungsverfahren, nämlich die Möglichkeit der jederzeitigen und freien Spontanatmung für den Patienten, unabhängig von der maschinellen Unterstützung. Von Nachteil ist jedoch, dass das Druck-FlowVerhalten und damit auch die Höhe der applizierten Volumina ganz wesentlich von der Charakteristik des Injektors abhängen. Dies ist besonders ausgeprägt bei Systemen, deren Injektoren innerhalb des Tubus liegen. Hier hängt das zugeführte Gasvolumen pro Jet-Impuls (Impulsvolumen) vom Durchmesser des Jet-Katheters und des Trachealtubus sowie von der Position der Gaseintrittsstelle innerhalb des Tubus ab und ist deshalb schwer abschätzbar und noch schwieriger zu messen. Das Gleiche gilt für die Höhe des Entrainments. Etwas günstiger sind Anordnungen wie bei HFP und HFJO, bei denen die Injektoren in das Tubusansatzstück integriert sind. Generell gilt jedoch, dass druckgasbetriebene HF-Formen wie HFPPV, HFJV, HFP oder FDV druck- und volumeninkonstant sind. Bei gleichbleibender Lungenmechanik führt eine Erhöhung der Frequenz stets zu einer Abnahme der einzelnen Volumenportionen, während das Atemminutenvolumen dabei annähernd konstant bleibt. Veränderungen der Lungenmechanik führen dagegen zu Veränderungen der Ventilationsparameter, deren Größe und Richtung sowie Konsequenz für den pulmonalen Gasaustausch im Einzelfall kaum abzuschätzen sind. Merke Druckgasbetriebene HF-Beatmung ist druck- und volumeninkonstant. Mechanisch betriebene Oszillatoren sind in ihrem Druck-Flow-Verhalten besser definiert. Die applizierten Volumenportionen bei HFO entsprechen den Membranauslenkungen der Pumpe; sie sind daher konstant und weitgehend unabhängig von der Lungenmechanik. Dementsprechend führt die Erhöhung der Oszillationsfrequenz zur Zunahme des Atemminutenvolumens. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 159 1 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 160 1 3 Beatmungsformen Merke Mechanisch betriebene Oszillatoren arbeiten vo­ lumenkonstant. 3.10.10Indikationen für HF-Beatmung ■■ Indikationen in der Intensivmedizin 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 Entgegen den Erwartungen nach ihrer Einführung in den 80er Jahren konnte sich die HF-Beatmung in der Intensivmedizin bisher nicht durchsetzen. Die durch die Minimierung der zur Beatmung notwendigen Einzelgasportionen theoretisch zu erwartenden Vorteile – Verringerung der Lungenbewegungen, Minimierung der Druckbelastung der Lunge, verbesserte Sekretmobilisation, verringerte Auswirkungen der Beatmung auf andere Organsysteme – konnten in der klinischen Praxis nicht eindeutig bestätigt werden. Bei der Behandlung des schweren akuten Lungenversagens wird dennoch in einigen Zentren die HFO mit dem Ziel angewendet, die Oxigenierung zu verbessern und gleichzeitig beatmungsassoziierte Lungenschäden (VALI = Ventilator Associated Lung Injury) zu reduzieren. In der Tat kann durch den im Vergleich zur konventionellen Beatmung höheren mittleren Beatmungsdruck während der HFO bei der Mehrzahl der Patienten eine klinisch relevante Verbesserung der Oxigenierung erreicht werden. Dabei ist in aller Regel auch die CO2-Elimination gut oder zumindest soweit ausreichend, dass eine schwere respiratorische Azidose vermieden werde kann. Zahlreiche Fragen bleiben dennoch ungelöst, wie z. B. die Ermittlung des optimalen kontinuierlichen alveolären Distensionsdrucks (CADP = Continuous Alveoar Distension Pressure) oder der optimale Zeitpunkt des Übergangs von konventioneller Beatmung auf HFO und umgekehrt. Problematisch ist weiterhin, dass ein direktes Monitoring der alveolären Ventilation nicht möglich ist. So kann z. B. eine komplette Tubusokklusion zunächst unbemerkt bleiben und erst durch Hyperkapnie und ggf. Abfall der O2-Sättigung evident werden. Zusammenfassend handelt es sich bei der HFO nach wie vor um ein experimentelles Verfahren, das nur in wenigen spezialisierten Zentren am Patienten angewendet werden kann. Neben ungelösten technischen Problemen verhindern fehlende Leitparameter bei der Systemeinstellung sowie kaum vorhersehbare funktionelle Auswirkungen bei der Variation der Einstellgrößen (Impulsfrequenz, Antriebsdruck, Impuls-Pause-Verhältnis) einen breiteren Einsatz dieser Methoden. Obgleich die Ergebnisse bei der Behandlung des schweren ARDS mancherorts ermutigend sind, konnte der wissenschaftliche Beweis, dass diese Beatmungsform auch zu einer Verbesserung der Prognose beim schweren Lungenversagen führt, bisher nicht erbracht werden. Anwendungsbereiche der HF-Beatmung werden dagegen im Rahmen der ▶ seitengetrennten Beatmung (ILV) gesehen, z. B. zur Behandlung bronchopleuraler Fisteln. Hierbei wird die betroffene Lunge mit HFV beatmet, die gesunde dagegen konventionell. Auch bei der Behandlung des schweren ▶ Atemnotsyndroms des Neugeborenen (RDS, Respiratory Distress Syndrome) hat sich die Hochfrequenzoszillation (HFO) vielerorts als Alternative zu konventionellen Beatmungsformen etabliert. ■■ Indikationen in der Anästhesie Im Gegensatz zur Intensivmedizin bestehen gesicherte Indikationen für die HF-Beatmung in der Anästhesie, z. B. bei diagnostischen und therapeutischen laryngoskopischen Eingriffen. Da der Chirurg einen möglichst ungehinderten Zugang zum Larynx benötigt, stellt die Jet-Beatmung eine Alternative zur üblichen endotrachealen Intubation dar. Bei der niederfrequenten Jet-Beatmung wird das Atemgas mit Frequenzen zwischen 8 und 20/ min infra- oder subglottisch über einen Spezialtubus appliziert. Die Exspiration erfolgt passiv durch die offenen Stimmbänder. Alternativ ­können die Atemgase über einen speziellen dünnlumigen ­Jet-Katheter zugeführt werden, der translaryngeal eingebracht wird. Eine weitere Alternative ist die Applikation der Atemgase über einen oder mehrere Injektoren im Arbeitskanal des Endoskopierohrs. Diese Techniken sind besonders geeignet für laserchirurgische Eingriffe, da keine Tuben oder Beatmungskatheter notwendig sind und dadurch die Gefahr eines Tubusbrandes oder einer Explosion geringer wird. Für die Jet-Beatmung über einen Katheter gilt generell, dass die applizierten Tidalvolumina mindestens 1,2-mal so groß sein müssen wie der anatomische Totraum. Die Compliance der Lunge beeinflusst sowohl den intrapulmonalen Druckauf- aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.11 Ein-Lungen-Ventilation und seitengetrennte Beatmung bau als auch den Gasreflux während der In- und Exspiration. Durch das Entrainment von Raumluft reduziert sich die FiO2 der verabreichten Atemgasportionen. Bei Behinderung der Exspiration kommt es zum Ansteigen der Atemwegsdrücke. Bei Kindern und Patienten mit laryngealer Ob­ struktion sollte daher die Inspirationszeit 50 % des Atemzyklus nicht überschreiten. Bei der transtrachealen Technik erfolgt die Applikation der Jet-Gase durch eine Spezialnadel, die in Lokal- oder Allgemeinanästhesie perkutan durch das Ligamentum cricoideum eingeführt wird. Über diese Kanüle kann eine HFPPV durchgeführt werden. Indikationen für diese Beatmungsform sind ausgedehnte Tumoren im Larynxbereich, Operationen im Bereich der Stimmbänder u. ä. Beachtet werden muss, dass das Entrainment bei dieser Methode nur gering ist. In jedem Fall muss der freie Abfluss der Exspirationsgase durch den Larynx gesichert sein, da sonst das Risiko eines ▶ Barotraumas droht. Hinweis Bei der Unmöglichkeit der endotrachealen Intu­ bation kann diese Technik in Notfällen die pul­ monale Ventilation sicherstellen. Nach der Plat­ zierung der Jet-Nadel kann ein ausreichender Gasaustausch bis zur Durchführung einer Tra­ cheotomie oder fiberoptischen Intubation auf­ rechterhalten werden. 3.11 Ein-Lungen-Ventilation und seitengetrennte Beatmung Differenzierte Operationsverfahren in der Thoraxchirurgie erfordern häufig die Durchführung der Ein-Lungen-Ventilation (One-lung ventilation). Notwendig sind die absolute Seitentrennung der Beatmung und die sichere Ruhigstellung der zu operierenden Lunge z. B. bei der offenen Versorgung von Thoraxtraumen mit schweren Lungenparenchymverletzungen, bei Lungensegmentresektionen im Rahmen der Tumorchirurgie oder auch bei der videoassistierten Thorakoskopie (VAT) bzw. Thoraxchirurgie (VATS). Auch die operative Sanierung von schweren einseitigen Lungenerkrankungen kann gelegentlich die Ein-Lungen-Ventilation erfordern, um z. B. den Übertritt von Blut oder entzündlichem Sekret aus Abszessen oder Bronchi- Tabelle 3.3 Indikationen für Ein-Lungen-Ventilation und seitengetrennte Beatmung. Thoraxchirurgische Eingriffe: ●● videoassistierte Thorakoskopie (VATS) ●● minimal invasive intrathorakale kardiochirurgi­ sche Operationen ●● Lungentransplantation ●● thorakale Aortenchirurgie ●● onkologische Lungen-/Thoraxchirurgie ●● Versorgung tracheobronchialer Verletzungen ●● Versorgung bronchopleuraler Fisteln ●● Versorgung von Lungenabszessen, Bronchiekta­ sen, Pleuraempyem ●● Versorgung traumatischer Lungenparenchym­ verletzungen Maschinelle Beatmung bei: ●● persistierender bronchopleuraler Fistel ●● persistierender Bronchusstumpfinsuffizienz ●● massiven Hämoptysen ●● raumfordernden Zysten ●● großen Emphysembullae 161 1 3 3 3 ektasen von einer Lunge in die andere zu vermindern oder sogar ganz zu verhindern (Tab. 3.3). Zur Vermeidung einer alveolo-pulmonalvenösen und dadurch systemarteriellen Luftembolie kann bei Thoraxtraumen mit schweren Zerreißungen des Lungenparenchams gelegentlich die sofortige EinLungen-Ventilation indiziert sein. 3 3.11.1 Ein-Lungen-Ventilation 3 3 ELV, Ein-Lungen-Ventilation (One lung Ventilation) ■■ Material und Durchführung 3 Tuben Alle derzeit gebräuchlichen Doppellumentuben besitzen eine proximale und eine distale Blockmanschette. Während sich die proximale Manschette immer in der Trachea befindet, wird die distale im linken oder rechten Hauptbronchus ­positioniert. Aufgrund der anatomischen Besonderheiten des Tracheobronchialsystems wird zwischen linksund rechtsschwingenden ­Doppellumentuben ­unterschieden: Beim klassischen, linksschwingenden Carlens-Tubus aus wiederverwendbarem ­Gummimaterial wird der Tubus im linken Hauptbronchus platziert, wobei ein Karinasporn die Einlage erleichtern soll. Der rechtsschwingende White- aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 162 1 3 3 Beatmungsformen Nach Intubation und Positionierung des Doppellumentubus sollte als erstes die tracheale Manschette geblockt und auskultatorisch die seitengleiche Belüftung beider Lungen überprüft werden. Nach Blockung der bronchialen Manschette sollte die Prozedur wiederholt werden, um eine Herniation (Verlegung der Tubusöffnung durch die Manschette) sofort zu erkennen. Üblicherweise benötigt die bronchiale Manschette nicht mehr als 2 ml Luft für eine suffiziente Abdichtung. Anschließend kann die richtige Platzierung des Tubus im rechten oder linken Hauptbronchus durch Abklemmen des trachealen Lumens überprüft werden. Bei korrekter Position ist nur noch die betreffende Lungenseite ventiliert. Sind auskultatorisch weiterhin beide Lungen belüftet, liegt das bronchiale Lumen des Tubus noch oberhalb der Karina. Weist die Beatmung der rechten und linken Lunge deutliche Druckunterschiede auf, verschließt der bronchiale Schenkel vermutlich einen Oberlappen, so dass der Tubus entblockt und in 5-mm-Schritten so weit zurück gezogen werden muss, bis die Beatmungsdrücke in beiden Lungen vergleichbar hoch sind. Trotz aller Sorgfalt besteht intraoperativ und erst recht auf der Intensivstation ein hohes Risiko der Fehlpositionierung mit partieller Verlegung der Atemwege (Abb. 3.49), was unter Umständen zu einem erheblichen intrapulmonalen ▶ Rechts-LinksShunt führt. Häufige fiberoptische Lagekontrollen sind daher – zumindest nach jeder Lageveränderung des Patienten – unerlässlich, zumal die Auskultation bei einseitigen Lungenschädigungen keine zuverlässigen Hinweise über die korrekte Tubuslage bietet. a a Tubus zur Intubation des rechten ­Hauptbronchus ­besitzt eine zusätzliche Besonderheit: Da der rechte Oberlappenbronchus nur etwa 2,5 cm distal von der Karina abgeht, verfügt der Tubus über ein sog. Murphy-Auge zur Belüftung des rechten Oberlappenbronchus (Abb. 3.48). Heutige Doppellumentuben wie der RobertshawTubus werden ausschließlich ohne Karinasporn angeboten, um das tracheobronchiale Verletzungsrisiko zu reduzieren. Sie bestehen aus flexiblem Kunststoff und sind in der Regel aus Einmalmaterial. Es gibt sie in Größen von Ch 26 – Ch 41. Hinweis In der Intensivmedizin wird die längerfristige sei­ tengetrennte Beatmung der Lungen in der Regel über doppellumige Trachealkanülen durchge­ führt. Sie erlauben eine sicherere Positionierung der Tubuslumina im Tracheobronchialsystem als die routinemäßig bei lungenchirurgischen Ein­ griffen verwendeten, oral eingeführten Doppel­ lumentuben. 3 3 3 Überprüfung der korrekten Tubuslage 3 3 b b 3 3 3 3 Abb. 3.48 Prinzip des Doppellumentubus. aCarlens-Tubus zur Intubation des linken Hauptbron­ chus. Der Tubus ist der Anatomie der Luftwege angepasst. bWhite-Tubus zur rechtsseitigen Intubation mit schlitzförmiger Öffnung im Bereich der Manschette zur Beatmung des rechten Oberlappens. Abb. 3.49 Störungen der Ventilation durch Dislokation des Doppellumentubus. a Obstruktion des rechten Hauptbronchus durch zu weit vorgeschobenen linksseitigen Doppelumen­ tubus. b Obstruktion des linken Hauptbronchus durch zu weit vorgeschobenen rechtsseitigen Doppelumen­ tubus. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.11 Ein-Lungen-Ventilation und seitengetrennte Beatmung Beachte Gelegentlich sind zur Abdichtung des trachealen oder bronchialen Cuffs hohe Drücke erforderlich, insbesondere bei niedriger Compliance und/ oder hoher Resistance der geschädigten Lunge. Dementsprechend hoch ist das Risiko der Druck­ nekrose oder Perforation im Cuffbereich. Intraoperativ auftretende Tubusdislokationen oder Verlegungen durch Sekret sind häufig. Kli­ nisch können sich Tubusdislokationen und Se­ kretverlegungen frühzeitig durch das ­Auftreten eines erhöhten Atemwegdrucks und/oder die Ausbildung eines intrinsischen PEEP manifes­ tieren. Da die Bronchialtoilette tubusbedingt deutlich eingeschränkt ist, werden u. U. sekun­ däre pulmonale Komplikationen begünstigt. Merke Sofortige Überprüfung der Tubuslage bei jeder Verschlechterung der Oxigenierung! ■■ Pathophysiologische Auswirkungen der Ein-Lungen-Ventilation Durch den Kollaps einer Lunge werden 30 – 70 % des gesamten Lungengewebes von der Ventilation ausgeschaltet. Innerhalb von Sekunden wird Blut aus regional schlecht belüfteten Lungenbezirken in besser ventilierte Areale umgeleitet, wodurch sich die Durchblutung der nicht ventilierten Lunge auf etwa ein Drittel reduziert. Diese hypoxische pulmonale Vasokonstriktion (HPV) verbessert das Ventilations-Perfusions-Verhältnis, ­wodurch die Folgen des ▶ Rechts-Links-Shunts gemindert ­werden (▶ Euler-Liljestrand-Reflex). Ein kritischer Abfall des paO2 kann dadurch häufig verhindert werden. Seitenlage des Patienten führt zu ­einer zusätzlichen, gravitationsbedingten Umverteilung des Blutflusses in die unten liegende beatmete Lunge. Dadurch ist die Oxigenierung bei der ELV in Seitenlagerung wesentlich weniger beeinträchtigt als in Rückenlage, obwohl die FRC der ventilierten, unten liegenden Lunge in Seitenlage durch die zusätzliche mechanische Kompression durch das Media­stinum weiter reduziert ist. 163 Hinweis Theoretisch dürfte der Rechts-Links-Shunt bei der Ein-Lungen-Ventilation unter Berücksichti­ gung aller Gegenregulationsmechanismen und unter der Annahme einer maximal ausgeprägten HPV kaum mehr als 20 % betragen. In klinischen Studien wurden jedoch teilweise erheblich höhe­ re Shuntfraktionen bestimmt. Ursächlich hierfür ist u. a. die Beeinflussung der HVP durch kreis­ laufwirksame Substanzen sowie Narkosemittel: Während intravenöse Anästhetika und Opioide offenbar keinen direkten Einfluss auf die HPV zu haben scheinen, ließen sich vor allem für die äl­ teren Inhalationsanästhetika wie Halothan und Enfluran dosisabhängige inhibitorische Effekte nachweisen. Unklar ist allerdings die klinischer Relevanz dieser Befunde, so dass hieraus keine Empfehlung zum Verzicht auf Inhalationsanäs­ thetika während der Ein-Lungen-Ventilation ab­ geleitet werden kann. 1 Merke Die hypoxische pulmonale Vasokonstriktion (HPV) verbessert das Ventilations-Perfusions-Ver­ hältnis und vermindert den Rechts-Links-Shunt. 3 ■■ Beatmungsstrategie bei Ein-Lungen-Ventilation Generell sollte die ▶ druckkontrollierte Beatmung bevorzugt werden, da sie unerwünschte Druckerhöhungen in der Lunge sicher vermeidet. Eine gute oder sogar die bessere Alternative sind druckkontrollierte volumenkonstante Beatmungsverfahren wie ▶ AutoFlow oder ▶ BiLevel-VG. Merke Lungenprotektive Strategien auch bei der EinLungen-Ventilation. Die Einstellung der Beatmungsparameter sollte sich auch bei der Ein-Lungen-Ventilation an den Grundsätzen der lungenprotektiven Beatmung orientieren. Da gerade bei vorgeschädigten Lungen ein hohes Risiko für die Entwicklung eines Baround/oder Volutraumas besteht, sollte der inspiratorische Spitzendruck angesichts der halbierten aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 3 3 3 3 3 3 164 1 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 3 Beatmungsformen FRC auf maximal 30 mbar begrenzt werden. Ebenso wichtig ist die Reduktion der Atemzugvolumina (< 5 ml/kg KG), da ja nur eine Lunge beatmet wird. Selbstverständlich wird die Einstellung des Tidalvolumens auf das ideale Körpergewicht bezogen. Auf eine ausreichende Exspirationszeit ist zu achten, da bei der Ein-Lungen-Ventilation häufig intrinsic-PEEP-Phänomene beobachtet werden. Wenn möglich, sollte der intrinsische PEEP daher engmaschig gemessen werden. Die Beatmungsfrequenz sollte so gewählt werden, dass das resultierende Atemminutenvolumen eine ­ausreichende CO2-Elimination gewährleistet. Da eine Hypokapnie eine Vasodilatation in der nicht ventilierten Lunge verursacht, sollte sie nach Möglichkeit ebenso vermieden werden wie eine Hyperkapnie, die zur Vasokonstriktion in der ventilierten Lunge führt: Beides bewirkt eine Zunahme des RechtsLinks-Shunts. Dennoch sollte, wenn die Normoventilation nur durch eine Steigerung der Ventilation unter Vernachlässigung lungenprotektiver Grundsätze zu erreichen ist, eher die Hyperkapnie in Kauf genommen werden. Trotz der pathophysiologischen Nachteile wird sie meist gut toleriert und normalisiert sich postoperativ schnell wieder. Beachte Wegen des gestörten Ventilations-PerfusionsVerhältnisses bei der Ein-Lungen-Ventilation kann der arterielle paCO2 anhand der endex­ spiratorisch gemessenen CO2-Konzentration in der Atemluft (petCO2) nur unzureichend abge­ schätzt werden. Merke Engmaschige Überwachung des intrinsischen PEEP. Beatmung mit PEEP? Die Beatmung mit PEEP kann die Oxigenierung sowohl positiv als auch negativ beeinflussen. Der Effekt hängt im Wesentlichen davon ab, ob die FRC der ventilierten Lunge optimierbar ist. In jedem Fall muss eine Überblähung der Lunge durch einen inadäquat hohen PEEP vermieden werden, da sie zur Kompression kleinerer Lungengefäße mit Blut­ umverteilung in die nichtventilierte Lunge führt. Liegt dagegen eine Reduktion der FRC durch Atel­ ektasen/Dystelektasen vor, kann die Applikation eines PEEP zwischen 5 und 10 mbar zur Optimierung der funktionellen Residualkapazität und damit zur Verbesserung der Oxigenierung beitragen. Allgemein wird empfohlen, die ventilierte Lunge generell mit einem niedrigen PEEP von 5 mbar bis maximal 10 mbar zu beatmen. Merke Die Entscheidung zum Einsatz und zur Höhe des PEEP muss individuell erfolgen. Die Beaufschlagung der nicht ventilierten Lunge mit einem niedrigen PEEP über ein separates, einfaches CPAP-System kann ebenfalls zu einer deutlichen Verbesserung der Oxigenierung (siehe auch Kapitel „Seitengetrennte Beatmung“, S. 165) beitragen. Der PEEP verhindert den Totalkollaps der nichtventilierten Lunge und ermöglicht eine zusätzliche Sauerstoffaufnahme über die nichtventilierte Lunge (apnoische Oxigenierung). Hinweis Von einigen Autoren wird empfohlen, bei unzu­ reichender Oxigenierung zunächst die nicht ven­ tilierte Lunge und erst in einem zweiten Schritt auch die ventilierte Lunge mit einem PEEP von 5 mbar zu beaufschlagen. Ist der Effekt immer noch unzureichend, soll dann eine Anhebung des PEEP-Niveaus auf 10 mbar in beiden Lungen erfolgen. Dabei muss allerdings beachtet wer­ den, dass die Beaufschlagung der nichtventilier­ ten Lunge mit einem höheren PEEP die Operati­ onsbedingungen erheblich verschlechtern kann. Die einfachste und effektivste Methode zur Aufrechterhaltung einer suffizienten Oxigenierung ist die Ventilation der beatmeten Lunge mit 100 % Sauerstoff. Sie gewährleistet in der Regel nicht nur eine ausreichende arterielle Oxigenierung, sondern bewirkt über die Vasodilatation der Pulmonalgefäße auch eine Zunahme der Perfusion der ventilierten Lunge. Allerdings wird gleichzeitig die Entstehung von ▶ Resorptionsatelektasen begünstigt, wodurch möglicherweise die Shuntfraktion wieder erhöht wird. aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3.11 Ein-Lungen-Ventilation und seitengetrennte Beatmung Merke Sicherstellung der Oxigenierung durch Beat­ mung mit einer FiO2 von 1,0. Ventilator I MASTER 165 1 Ventilator II SLAVE 3.11.2 Seitengetrennte Beatmung ILV, Independent Lung Ventilation Die seitengetrennte Beatmung der Lungen mit 2 separaten Respiratoren (Independent Lung Ventilation, ILV) ist das intensivmedizinische Äqivalent zur ▶ Ein-Lungen-Ventilation während der Narkose. Durch die sparate Beatmung beider Lungen soll den spezifischen atemmechanischen Eigenschaften der erkrankten Lungen besser Rechnung getragen werden als durch die gemeinsame Beatmung beider Lungen mit einem Respirator (Abb. 3.50). Indikationen für die seitengetrennte Beatmung werden daher bei unilateralen oder ausgeprägt seitenbetonten bilateralen Lungenschädigungen gesehen, bei denen eine unterschiedliche Compliance beider Lungen vorliegt. Durch ILV und angepasste Beatmung beider Lungen soll die Umverteilung der Beatmungsvolumina von der „steiferen“ Lunge mit geringerer Compliance zugunsten der gesunderen Lunge mit besserer Compliance verhindert werden. Dadurch soll die volumenbedingte, alveoläre Überdehnung und damit die iatrogene Schädigung noch intakter Lungenbezirke (▶ Volutrauma) vermieden werden. Indikationen bestehen daher bei (vorwiegend) einseitigem Auftreten von ●● schwerer Lungenkontusion, ●● schwerer Aspiration, ●● ausgedehnten Atelektasen. Hinweis In Anbetracht der Schwierigkeiten bei der tech­ nischen Umsetzung sowie der Tubusproblema­ tik werden außer bei den o. g. Krankheitsbildern heute kaum noch als Indikationen für die ILV ge­ sehen. Auch die Ausdehnung einer einseitigen Pneumonie auf die gesamte Lunge bei langzeit­ beatmeten Patienten kann durch ILV dauerhaft nicht verhindert werden. Dagegen kann die zeit­ lich begrenzte ILV bei schweren einseitigen – z. B. traumatischen – Lungenblutungen durch­ aus vorteilhaft sein. 3 Abb. 3.50 Seitengetrennte Beatmung. Synchro­ nisation zweier Respiratoren nach dem „Slave and master“-Prinzip. Zu den wichtigsten Indikationen für die ILV zählen heute die Behandlung großer bronchopulmonaler Fisteln sowie die persistierende postoperative Bronchusstumpfinsuffizienz nach Trauma oder Operation (Tab. 3.3). Meist wird die Lunge mit der Leckage mit deutlich geringeren Drücken/Volumina oder auch nur mit CPAP beaufschlagt, um einen totalen Kollaps der Lunge zu verhindern. Idealerweise wird in diesen Fällen der CPAP knapp unterhalb des Öffnungsdrucks der Fistel eingestellt. Hierdurch wird die Heilung der Fistel unterstützt, ohne die Ventilation der anderen Lunge wesentlich zu beeinträchtigen. ■■ Beatmungsstrategien Die Applikation der Tidalvolumina sowie die Einstellung von I/E-Verhältnis und selektivem PEEP mit 2 Respiratoren kann synchron oder asynchron durchgeführt werden. Bei der synchronen Ventilation werden die Respiratoren nach dem „Master and slave“-Prinzip elektronisch gekoppelt. Dabei steuert der Inspirationsimpuls des einen ­Respirators den anderen. Voraussetzung sind zwei ­typengleiche Respiratoren. Bei der asynchronen Ventilation können zusätzlich die Beatmungsfrequenzen beider Respiratoren, die nicht typengleich sein müssen, unabhängig voneinander variiert werden. Von den meisten Klinikern wird die synchronisierte Form bevorzugt, obgleich diese offenbar keine wesentlichen Vorteile aufweist. Wichtiger als die Art der technischen Realisierung der ILV scheint die Verteilung der Tidalvolumina aus: Rathgeber, Grundlagen der maschinellen Beatmung (ISBN 9783131487926) © 2010 Georg Thieme Verlag KG 3 3 3 3 3 3 3 3 3 166 1 3 3 3 3 3 3 3 3 Beatmungsformen auf die Lungen sowie die Einstellung des selektiven PEEP zu sein. Beide Parameter müssen individuell an die unterschiedlichen pulmonalen Gegebenheiten der Lungen angepasst werden, wobei generell die druckkontrollierte Beatmung bevorzugt werden sollte. Eine weitere Variante ist die alternierende Ventilation. Hierunter versteht man eine synchronisierte Beatmung nach dem „Slave and master“Prinzip, bei der die beiden Ventilatoren zeitversetzt arbeiten. Durch die elektronische Verbindung der Respiratoren lässt sich jede beliebige Phasenverschiebung erreichen. Im Einzelfall kann durch die niedrigeren intrathorakalen Drücke eine geringere Beeinträchtigung der Hämodynamik resultieren. ■■ Klinische Bedeutung Trotz einiger theoretischen Vorteile lässt sich die Prognose einseitiger Lungenerkrankungen durch ILV in der Regel nicht positiv beeinflussen. Dies gilt insbesondere für den Einsatz von ILV bei der schweren respiratorischen Insuffizienz. Zusätzlich muss berücksichtigt werden, dass die Intubation mit einem Doppellumentubus sowie die Betreuung und Überwachung des Patienten erhebliche Erfahrung beim ärztlichen und pflegerischen Personal voraussetzen. Ein wesentlicher Nachteil ist die erschwerte Bronchialtoilette aufgrund der kleinen Tubuslumina. Da die akzidentelle Dislokation des Tubus in kürzester Zeit zur vitalen Bedrohung für den Patienten werden kann, müssen die Patienten immer tief sediert, ggf. sogar relaxiert werden. Diese methodenspezifischen Nachteile müssen im Einzelfall den zu erwartenden Vorteilen kritisch gegenübergestellt werden. Die schwere einseitige Pneumonie und das ARDS sind daher keine Indikation für die seitengetrennte Beatmung. 3 3.12 Weiterführende Literatur 3 ■■ Allgemein 3 Appendini L, Purro A, Gudjonsdottir M et al. Physiologic response of ventilatordependent patients with chronic obstructive pulmonary disease to proportional assist ventilation and continuous positive airway pressure. Am J Respir Crit Care Med 1999; 159: 1510–1517 Arold SP, Mora R, Lutchen KR et al. Variable tidal volume ventilation improves lung mechanics and gas exchange in a rodent model of acute lung injury. Am J Respir Crit Care Med 2002; 165: 366–371 Balick-Weber CC, Nicolas P, Hedreville-Montout M et al. 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