Therapeutische Endoskopie Priv-Doz. Dr. med. Jonas Mudter Endoskopische Untersuchungen sind nicht nur bei der Diagnostik und Therapiekontrolle der CED von Bedeutung. Sie bieten neben chirurgischen Eingriffen eine wichtige Behandlungsmöglichkeit von bestimmten Komplikationen der CED. Hierzu gehören Polypen, Engstellen (Stenosen) im Darm sowie Engstellen in den Gallenwegen. Letztere können bei einer Entzündung der Gallenwege auftreten, an der gehäuft Patienten mit Colitis ulcerosa leiden. Im Folgenden möchte ich zunächst Komplikationen und anschließend jeweils die entsprechenden Behandlungsmethoden erläutern. Die endoskopische Dilatation von Stenosen Die häufigsten Komplikationen der CED sind Fisteln, Abszesse und Stenosen. 28 Diagnostik | Therapiekontrolle Fisteln und Abszesse bedürfen meistens einer Operation. Stenosen hingegen können während der Gastroskopie oder Koloskopie behandelt werden. Am häufigsten treten diese Engstellen im Bereich des terminalen Ileums auf, das heißt in dem Bereich wo der Dünn- in den Dickdarm mündet. Auch nach operativer Entfernung eines Darmstückes kann im Bereich der Nahtstelle nach einiger Zeit wieder eine Stenose auftreten. Mittels eines aufblasbaren Hochdruckballons, der über einen speziellen Geräte­ kanal durch das Endoskop in den Darm vorgeschoben wird, kann die Engstelle aufgedehnt werden. Der Ballon wird – meistens unter Durchleuchtung, also mittels Röntgen – genau in der Engstelle platziert und aufgepumpt. Dieses Aufpumpen erfolgt schrittweise, sodass eine langsame Aufdehnung erfolgt. In der Regel soll ein Durchmesser von 15 bis 18 Milli- BR 1 /2012 Engstellen, die nicht mittels Koloskometer erreicht werden, um eine optimale Stuhlpassage nach der Aufdehnung zu pie erreicht werden können, weil sie weit ermöglichen. Manchmal sind zwei oder im Dünndarm sind, können mit spezidrei Koloskopien mit Aufdehnungen erfor- ellen Verfahren wie z.B. der Doppelballonderlich, um eine ausreichende Weite zu Entero­skopie behandelt werden. Hierbei handelt es sich um besonders lange erreichen. Wenn absehbar ist, dass die endo- Geräte, die durch das abwechselnde Aufskopischen Aufdehnungen zu häufig blasen weicher Ballons im Darm vorwärts erfolgen müssen, ist eine operative Ent- bewegt werden. Dadurch ist ein Vordrinfernung der Engstelle zu erwägen. Denn gen bis tief in den Dünndarm möglich. Seltener sind Crohn-bedingte Engstelauch die endoskopischen Eingriffe sind nicht ohne Risiko, so besteht bei der Auf- len im Bereich des Magenausgangs. In dehnung die Gefahr des Einreißens der diesem Bereich kommt das Gastroskop Darmwand. Die Folge kann in schweren zum Einsatz. Auch damit sind AufdehFällen eine Bauchfellentzündung sein und nungen gut durchführbar. Bei der Colitis ulcerosa sind Engsteloft ist dann eine Operation erforderlich. Prinzipiell sind nicht alle Stenosen für eine len deutlich seltener als beim Morbus endoskopische Therapie geeignet. Idea- Crohn. Hinter einer Engstelle kann sich lerweise sollte die Stenose nicht länger vor allem bei der Colitis ulcerosa hin- und als drei bis maximal fünf Zentimeter sein. wieder ein Tumor verbergen, sodass aus Außerdem sollte sie nicht zu stark entzün- dem Bereich immer mehrere Gewebedet sein, beziehungsweise sollte die Ent- proben während der Spiegelung entzündung vorher durch Medikamente ver- nommen werden müssen. Zudem sollte bei endoskopisch entdeckten Stenosen bessert werden. Endoskopische Untersuchungen sind nicht nur bei der Diagnostik und Therapiekontrolle der CED von Bedeutung. Die sogenannte therapeutische Endoskopie ermöglicht eine Therapie bei bestimmten Komplikationen der CED bereits während der Diagnostik und bietet hier eine Alternative zu chirurgischen Eingriffen. Zu den teilweise bei der Endoskopie zu behandelnden Komplikationen gehören Polypen/Krebsvorstufen, Engstellen (Stenosen) im Darm sowie Engstellen in den Gallenwegen. BR 1 / 2012 Diagnostik | Therapiekontrolle 29 Kontrastmitteldarstellung einer Stenose während der Koloskopie unter RöntgenDurchleuchtung: Das Koloskopende liegt vor der Stenose. Mit einem Katheter wird durch das Gerät Kontrastmittel in die Stenose gespritzt, so dass die Engstelle gut zur Darstellung kommt (Pfeil). Oberhalb der Stenose ist der Darm wieder normal weit. immer eine weitere Bildgebung erfolgen (Sonographie bzw. Kernspintomographie). Krebsprävention durch Polypektomie und Mukosektomie Insbesondere bei Entzündungen im Dickdarm, ob durch Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, ist das Krebsentstehungs­ risiko erhöht. Daher ist die endoskopische Vorsorge sehr wichtig; Verfahren wie die Chromoendoskopie bieten hier eine wichtige Hilfestellung. Sie dienen dazu Krebsvorstufen frühzeitig zu erkennen. Bei vielen Betroffen, bei denen eine solche Veränderung (Dysplasie) aufgespürt wird, ist eine endoskopische Entfernung möglich. Hier gilt: Je früher, desto besser. Das Entdecken ist nicht ganz einfach, da sich gerade bei den CED diese 30 Diagnostik | Therapiekontrolle Krebsvorstufen nicht als wulstige Polypen darstellen, sondern ganz flach und unauffällig sein können. Die Abtragung erfolgt dann endoskopisch mittels einer Elektroschlinge. Vor der Abtragung mit dieser Schlinge wird isotonische Kochsalzlösung, verdünnt mit Adrenalin, zwischen den Polypen und die tiefer liegenden Darmwandschichten gespritzt. Dies verringert das Blutungs- und Verletzungsrisiko der Darmwand. Die Abtragung von wulstigen Polypen nennt man Polypektomie; die Abtragung von flachen Polypen Mukosektomie, wobei sich beide Techniken nicht wesentlich unterscheiden. In beiden Fällen wird die Schlinge nach vorherigem „Unterspritzen“ mit Kochsalz­lösung benutzt. Die abgetragenen Gewebestücke werden an den Pathologen geschickt, der dann den Grad der Entartung feststellt. Die Diagnose kann dann z.B. lauten: „überschießendes“ Gewebe ohne BR 1 /2012 In die Stenose wird unter Durchleuchtung ein Ballon platziert und aufgeblasen. Links ist die Röntgenaufnahme während der Koloskopie abgebildet. Oben ist der koloskopische Blick auf den Ballon zu sehen. Entartungsvorstufen, welches oft bei sondere Patienten mit Colitis ulcerosa CED aufgrund der Entzündung gebildet haben ein erhöhtes Risiko an der PSC wird und aussieht wie Polypen. Während (primär sklerosierende Cholangitis) zu der Endoskopie ist – trotz Chromoendo­ erkranken. Hierbei kommt es zu einer skopie – nicht immer genau zu unterschei- entzündlichen Veränderung der Gallenden, ob es sich um diese entzündlichen gänge und in schweren Fällen zu EngPolypen oder tatsächlich um „echte“ Poly- stellen in den Gallenwegen. Infolge von pen handelt. Aber meistens enthält der Gallestau entsteht dann im Laufe der entfernte Polyp Entartungsvorstufen, die Zeit eine Schädigung des Lebergeweder Pathologe als „Dysplasie“ oder „Neo- bes. Symptome sind Juckreiz, Müdigplasie“ bezeichnet. Bei der Colitis ulcerosa keit, und Gelbfärbung der Haut. Die ist der Grad der Entartung entscheidend Diagnose der Erkrankung wird anhand für das weitere Vorgehen: Operation oder von Blutwerten und einer Kernspin­ weiterhin jährliche endoskopische Nach- untersuchung gestellt, bei der gezielt die Leber untersucht werden kann. kontrollen. Erhärtet sich der Verdacht auf eine PSC, wird eine ERCP-Untersuchung durchgeführt. Sie dient der Darstellung der Endoskopische Therapie Gallenwege mittels Kontrastmittel und bei Gallenwegverengungen Röntgen-Durchleuchtung. Zur DurchEin weiteres endoskopisches Verfah- führung wird ein Gastroskop-ähnliches ren ist bedeutsam für die Therapie von Gerät – also wie bei der MagenspiegeErkrankungen der Gallenwege. Insbe- lung – verwendet. Mit dieser Technik ist BR 1 / 2012 Diagnostik | Therapiekontrolle 31 röhrchen eingesetzt, um die Engstelle zu überbrücken und dauerhaft offen zu halten. Dadurch kann der Galleabfluss verbessert werden und der Krankheitsverlauf der PSC günstig beeinflusst ­w erden. Fazit Priv.-Doz. Dr. med. Jonas Mudter ist Oberarzt und Leiter des Schwerpunkts chronisch entzündliche Darmerkrankungen an der Medizinischen Klinik 1 – Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie am Universitätsklinikum Erlangen. E-Mail: [email protected] Mit den verschiedenen endoskopischen Techniken ist es heute möglich Krebsvorstufen früher zu erkennen. Die Entwicklung neuer endoskopischer Verfahren in den letzten zehn bis zwanzig Jahren hat es ermöglicht, Operationen teilweise zu vermeiden. An dieser Stelle ist beispielsweise die Entfernung großer Polypen und die Aufdehnung von Engstellen zu nenes möglich, Engstellen aufzudehnen. nen. Dennoch gibt es viele Situationen in Dazu dient ein ähnlicher Ballon wie er denen Chirurg, Gastroenterologe, Radio­ bei Dickdarm-Stenosen verwendet wird, loge unter Einbeziehung des Patienten jedoch viel dünner. Je nach Länge der gemeinsam die beste TherapiemöglichEngstelle wird ein kleines Kunststoff- keit finden müssen. Polypenabtragung: Links ist ein flacher Polyp, der auf einem Faltenkamm im Dickdarm liegt, zu sehen. In der Mitte ist der Polyp nach Aufsprühen von Farbe (Chromoendos­ kopie) besser hervorgehoben. Rechts ist die Abtragungsstelle nach Entfernung mit der Elektroschlinge gezeigt. 32 Diagnostik | Therapiekontrolle BR 1 /2012