Asperger-Syndrom lic. phil. Edith Vogt, MAS Psychotherapie Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst Zürich 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 Autismus-Spektrum-Störung „zerstreuter Professor“ „Freak“ Hochbegabung Asperger-Syndrom durchschnittliche Intelligenz kognitive Beeinträchtigung Atypischer Autismus/ high functioning autism Frühkindlicher Autismus schwer leicht Schweregrad/Anzahl autistischer Symptome 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 • Filmausschnitt: extremely loud and incredibly close 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 Asperger-Syndrom (International Classification of Diseases, ICD-10 ) 1. Qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktionen 2. Qualitative Beeinträchtigung der Kommunikation und Sprache 3. Eingeschränktes, stereotypes, sich wiederholendes Repertoire von Interessen und Aktivitäten 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 1 Qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktionen • Mangelnde Fähigkeit, non-verbales Verhalten zur Regulation sozialer Interaktion zu verwenden ▫ Mangel an sozial moduliertem Blickkontakt ▫ Mangel an sozialem Lächeln und Körpersprache ▫ Eingeschränkte Bandbreite von Mimik und Gesichtsausdruck • Mangelnde Fähigkeit, Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzubauen ▫ Mangel an geteilter Freude ▫ Mangel an sozio-emotionaler Gegenseitigkeit ▫ Mangelndes Erkennen impliziter sozialer Regeln und Konventionen 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 2 Qualitative Beeinträchtigung der Kommunikation und Sprache • Ungewöhnliche Art zu sprechen ▫ Sprechmelodie, Tonlage, Lautstärke ▫ Geringe Modulation • Relative Unfähigkeit, einen sprachlichen Austausch zu beginnen oder aufrecht zu erhalten ▫ Grosser Wortschatz, oft pedantisch und altklug ▫ Sprechen ohne Anpassung an Zuhörende ▫ Wortwörtliche Interpretation 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 3 Spezialinteressen, repetitive Verhaltensweisen • Ungewöhnlich ausgeprägte, spezielle Interessen und stereotype Verhaltensmuster ▫ Auffällige Themen ▫ Auffällige Intensität der Beschäftigung, keine Zeit für Anderes ▫ Altersabhängiger Übergang von einfachen/konkreten Themen zu komplexeren/ abstrakten Interessen (z. B. Science Fiction, Fantasy, berühmte Personen, geschichtliche Themen) • Zwanghaftes Festhalten an nicht-funktionalen Handlungen oder Ritualen • Stereotype und repetitive motorische Manierismen 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 Abgrenzung zu anderen Formen von Autismus • Keine Verzögerung in der Sprachentwicklung (erste Worte im 2. Lebensjahr) • Durchschnittliche bis überdurchschnittliche kognitive Fähigkeiten • Erste Anzeichen vor dem 5. Lebensjahr 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 Ausblick ICD-11 (analog DSM-V) • Autismus-Spektrum anstelle Kategorien • Spezifikationen ▫ ▫ ▫ ▫ ▫ Vorhandensein einer Intelligenzminderung Vorhandensein einer Sprachentwicklungsverzögerung Bekannte Ursache (Rett-Syndrom; Tuberöse Sklerose Medizinische Begleitsymptome (Epilepsie) Beginn und Verlauf der Störung • Schweregrad ▫ Ausmass der benötigten Unterstützung 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 Diagnostik im KJPD • Gespräch mit Eltern/ Betroffenem/ Schule • Screening ▫ ▫ ▫ ▫ FSK: Fragebogen über Verhalten und soziale Kommunikation MBAS: Marburger Beurteilungsskala für Asperger-Syndrom ASSF: Asperger-Syndrom Screening Fragebogen SRS: Skala zur Erfassung der sozialen Reaktivität (Eltern) (Eltern) (Eltern&Schule) (Eltern&Schule) • Selbstbeurteilungsbogen (ab Jugendlichen-Alter) ▫ Empathie-Quotient / Systematisierungs-Quotient / Autismus-Quotient • Direkte Verhaltensbeobachtung ▫ ADOS: Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen • Interview • ADI-R: Deutsche Version des Autism Diagnostic Interview-Revised • Nach Bedarf Intelligenzabklärung und Fragebogen zu komorbiden Störungen 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 ADOSDiagnostische Beobachtungsskala • 4 Module ▫ ▫ ▫ ▫ Modul 1: Vorsprachlich, einzelne Worte Modul 2: Sprache in Sätzen Modul 3: Fliessende Sprache Kinder und Jugendliche Modul 4: Fliessende Sprache Jugendliche und Erwachsene • ADOS 2 auf Deutsch ab 2013, neu mit Toddler Modulen 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 ADOS Beispiel-Item 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 Häufigkeit Eric Fombonne Meta-Analyse 2012 • Autismus-Spektrum-Störungen 0, 7 % oder 1 : 140 • Frühkindlicher Autismus FA • Atypischer Autismus AA • Asperger-Syndrom ca. ¼ ca. ½ ca. ¼, d.h. 1:560 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 Asperger-Syndrom als Boom? • Relativ neue Diagnose • Im KJPD aktuell keine Zunahme an Anmeldungen mehr • Medien: ▫ Verbindung zu Savants interessant für die Medien ▫ Eltern informieren sich via Internet • Mehr Aufmerksamkeit/Verständnis für Kinder mit sozialen Problemen • Ohne Diagnose evtl. keine Unterstützung in der Schule • Störungsspezifische Therapie • Bewusstsein für Fähigkeiten der betroffenen Kinder 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 Asperger-Syndrom bei Mädchen und Frauen • Subtile Auffälligkeiten: Bessere Imitationsfähigkeit/ Anpassung (Mimikri) • Oft mehr soziales Interesse, soziale Kompetenzen und soziales Spiel • Spezialinteressen oft sozialer Natur (Tiere, Rollenspiele, Soaps) ▫ dennoch häufiges Anordnen, Kategorisieren ▫ dennoch Spiel oft ohne Spielpartner oder im Spiel dominant statt wechselseitig ▫ dennoch meist exzessiv, obsessiv und repetitiv • Wenig expanisves, mehr passives Rückzugsverhalten (schüchtern, zurückhaltend) • Bewegen sich oft in unterstützender Mädchen-Gruppe 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 Stärken bei Menschen mit AspergerSyndrom • • • • • • Beziehung zu Mitmenschen geprägt von absoluter Zuverlässigkeit und Loyalität Frei von sexistischem oder anderem vorurteilsbehaftetem Denken Ehrliche Kommunikation ohne Hintergedanken oder Doppeldeutigkeiten Originelle Art der Problemlösung Aussergewöhnliches Gedächtnis für Details Enzyklopädisches Wissen über Spezialgebiete 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 No! You don‘t suffer from Aspergers! You suffer from other people… Dr. Tony Attwood 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 Erlebnisberichte/Belletristik /Filme • Erlebnisberichte: ▫ Christine Preissmann / Nicole Schuster / Daniel Tammett/ Temple Grandin/ Susanne Schäfer/ Axel Brauns • Belletristik: ▫ Haddon, M. (2005): Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone • Internetseiten: ▫ Dr. Peter Schmidt; Dr. Christine Preissmann; Dr. Temple Grandin ▫ Von einem anderen Stern 1-6 • Filme: ▫ Snowcake; Mozart und der Wal; Ben X; Adam; extrem laut unglaublich nah 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 Fachliteratur • Attwood T. (2008): Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom: Alle Fragen alle Antworten: Von Kindheit bis Erwachsensein: Was Menschen mit AspergerSyndrom weiterhilft • Attwood T. (2005): Das Asperger-Syndrom: Wie Sie und ihr Kind alle Chancen nutzen: Das erfolgreiche Praxis-Handbuch für Eltern und Therapeuten 5. Zürcher DiagnostikKongress zhaw 2015 Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit