Morbus Menière - Aktuelle Therapiemodalitäten

Werbung
Diplomarbeit
Morbus Menière
Aktuelle Therapiemodalitäten
eingereicht von
Philipp Freudenthaler
Mat.Nr.: 0212559
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktor(in) der gesamten Heilkunde
(Dr. med. univ.)
an der
Medizinischen Universität Graz
ausgeführt an der
Hals-, Nasen-, Ohren-Universitätsklinik
unter der Anleitung von
Ao.Univ.-Prof. Dr.med.univ. Walch Christian
Ort, Datum …………………………..
(Unterschrift)
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde
Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den
benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich
gemacht habe.
Graz, am ……
Unterschrift
Gleichheitsgrundsatz:
Um einen besseren Lesefluss zu gewährleisten, habe ich mich dazu entschieden, in dieser
Arbeit das generische Maskulinum zu verwenden. Falls nicht explizit anders deklariert,
sind mit dieser Schreibweise beide Geschlechter gleichermaßen gemeint.
i
Danksagungen
An dieser Stelle möchte ich mich bei all jenen bedanken, die bei der Entstehung dieser
Arbeit mitgewirkt haben.
Besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. med. univ. Christian Walch für die fachliche und
organisatorische Betreuung der Arbeit und für die Bereitstellung seiner fachspezifischen
Literatur.
Weiters danke ich meiner Familie, insbesondere meinen Eltern, die mich während meines
Studiums stets unterstützt und dieses erst ermöglicht haben.
Auch möchte ich mich bei allen meinen Freunden bedanken, die immer ein offenes Ohr für
meine Sorgen hatten und ganz besonders bei meiner Studienkollegin Barbara für ihre
fachliche, persönliche und moralische Unterstützung, nicht nur in der Entstehungsphase
dieser Arbeit, sondern auch während der letzten Jahre unseres Studiums.
ii
Zusammenfassung
Die Diplomarbeit gewährt einen Überblick über Definition, Ätiologie, Epidemiologie,
Klinik und Diagnostik des Morbus Menière und beleuchtet im Speziellen die therapeutischen Optionen, die zum heutigen Zeitpunkt zur Verfügung stehen. Bei der Arbeit
handelt es sich um eine Literaturrecherche, die aus der Lektüre fachspezifischer Literatur
und möglichst aktueller Publikationen resultiert. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem
chronischen Therapiemanagement, das bis heute noch oft eine frustrane Herausforderung
für den Arzt darstellt, obwohl die Erstbeschreibung und korrekte Zuordnung zum
betroffenen Organ bereits fast 150 Jahre zurückliegt.
Die Ergebnisse der unterschiedlichen Publikationen werden analysiert, miteinander verglichen und diskutiert. Ziel ist es, Leitlinien bzw. Orientierungshilfen herauszuarbeiten und
eventuelle Algorithmen zur Vorgehensweise im Menière-Therapiemanagement aufzuzeigen. Basis hierfür lieferten aktuelle Übersichtsarbeiten. Solche Algorithmen werden
getrennt für konventionell-pharmakologisches und chirurgisches Vorgehen beschrieben
und zusätzlich ein Überblick gegeben, wann, in Abhängigkeit vom Krankheitsstadium,
welche Vorgehensweise indiziert ist.
iii
Abstract
The diploma thesis gives an overview of definition, aetiology, epidemiology, diagnostics
and clinical appearance of Menière´s disease and illustrates, in special, means of therapy,
which are available today. The degree dissertation is based on a literature research, which
results from analysing recent studies and subject-specific literature. The primary concern is
the management of chronic treatment, which can still be a difficult challenge for the
physician, despite of knowing this disease for nearly 150 years.
The results of the various studies are analysed, compared and discussed, with the intention
of finding guidelines for or landmarks in treatment of Menière´s disease and potentially
illuminating some algorithms to approach this challenge. These algorithms are described
for both, conventional-pharmacological treatment and surgery. In addition there is an
overview of stage-dependent indications of treatment.
iv
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung ..................................................................................................................... 1
1.1
Ein historischer Überblick .................................................................................... 1
1.1.1
1.1.2
1.1.3
Der Erstbeschreiber ....................................................................................... 1
Originaldefinition des Krankheitsbildes........................................................ 2
Meilensteine der Menière-Forschung............................................................ 2
1.2
Anatomie................................................................................................................ 3
1.2.1
1.2.2
1.3
Wichtige Strukuren des Innenohres............................................................... 3
Rezeptorapparat ............................................................................................. 6
Physiologie des Innenohres ................................................................................. 10
1.3.1
Funktioneller Aufbau der Kochlea .............................................................. 10
1.4
Morbus Menière .................................................................................................. 14
1.4.1
1.4.2
1.4.3
1.4.4
Epidemiologie.............................................................................................. 15
Pathogenese ................................................................................................. 16
Klinik........................................................................................................... 23
Diagnostik.................................................................................................... 25
2
Material und Methoden ............................................................................................ 30
3
Ergebnisse – Resultate .............................................................................................. 31
3.1
Stadienspezifische Behandlungsstrategien .......................................................... 31
3.2
Symptomatische Akuttherapie.............................................................................. 31
3.2.1
3.2.2
3.2.3
3.2.4
3.3
Benzodiazepine............................................................................................ 31
Antihistaminika und Anticholinergika ........................................................ 32
Antidopaminergika ...................................................................................... 32
Supportive Maßnahmen............................................................................... 33
3.3.1
3.3.2
3.3.3
Chronisches Therapiemanagement ..................................................................... 33
4
Lifestyle-Modifikation ................................................................................ 34
Pharmakologische Intervention ................................................................... 36
Operative Eingriffe ...................................................................................... 43
Diskussion................................................................................................................... 49
Literaturverzeichnis .......................................................................................................... 53
Lebenslauf .......................................................................................................................... 60
v
Glossar und Abkürzungen
AAO-HNS
American Academy of Otolaryngology and Head and Neck Surgery
BERA
Brainstem evoked response audiometry
CAP
Compound Action Potential
CI
Cochlear Implant
ET-ECoG
extratympanische Elektrokochleographie
KG
Körpergewicht
Mb.
Morbus
SP
Summationspotential
TMD
Tympanic membrane displacement
TT-ECoG
transtympanische Elektrokochleographie
vi
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 - Querschnitt einer Schneckenwindung
aus: R. Klinke, S. Silbernagl: Lehrbuch der Physologie S. 582 .......................................................... 6
Abbildung 2 - Vergrößerung des Corti´schen Organs
aus: M.Wade: Advanced Biology, Special Senses; http://www.lrn.org............................................... 7
Abbildung 3 - Elektronenmikroskopisches Bild der Haarzelloberfläche
aus:S.Frings: Die Transduktionskanäle der Haarzellen; http://www.sinnesphysiologie.de ............... 8
Abbildung 4 - Schema der intrakochleären Ionenverteilung
aus: P. Detjeen, E.J. Speckmann, J. Hescheler: Physiologie............................................................ 11
Abbildung 5 - Abgrenzung des Menière-Schwindels zu anderen Schwindelerscheinungen
aus: O. Michel: Morbus Menière und verwandte Gleichgewichtsstörungen S. 47 ........................... 24
Abbildung 6 - Glycerol-, Furosemid- und Prostaglandinbelastungstests
aus: O. Michel: Morbus Menière und verwandte Gleichgewichtsstörungen S. 83 ........................... 29
Abbildung 7 - Algorithmus des konventionellen Therapiemanagements
aus: H.D. Coelho, A.K. Lalwani: Medical Management of Menière´s Disease (78) ........................ 33
Abbildung 9 - Häufigkeit des Auftretens von Schwindelattacken während Betahistinbehandlung
aus: E. Mira et al.: Betahistine dihydrochloride in the treatment of peripheral
vestibular vertigo (100).................................................................................................................... 40
Abbildung 10 - Assoziierte Symptomatik während Betahistinbehandlung
aus: E. Mira et al.: Betahistine dihydrochloride in the treatment of peripheral
vestibular vertigo (100).................................................................................................................... 40
Abbildung 11 - intratympanische Injektion von Gentamicin
aus: G. Lange: Die Gentamicin-Injektionstechnik: Eine Vereinfachung der transtympanalen Therapie des Morbus Menière....................................................................................... 42
Abbildung 12 - Algorithmus zur chirurgischen Behandlung des Mb. Menière
aus: G. Baier, I. Ott: Die chirurgische Therapie des M. Menière: Historische
Entwicklung und heutiger Stand (106).............................................................................................. 44
vii
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 – Guidelines zur Menière-Diagnostik
modifiziert nach: E. Stapleton, R. Mills: Clinical diagnosis of Menière´s Disease
how useful are the AAO-HNS Committee on Hearing and Equilibrium guidelines? ........................ 14
Tabelle 2 - Inzidenz der Menière-Erkrankung
modifiziert nach: O. Michel: Morbus Menière und verwandte Gleichgewichtsstörungen S. 51.................................................................................................................................. 15
Tabelle 3 – Seitenverteilung
modifiziert nach: O. Michel: Morbus Menière und verwandte Gleichgewichtsstörungen S. 52.................................................................................................................................. 15
Tabelle 4 - Häufigkeitsverteilung der Initialsymptomatik
modifiziert nach: O. Michel: Morbus Menière und verwandte Gleichgewichtsstörungen S. 68.................................................................................................................................. 23
Tabelle 5 - Stadienspezifische Behandlungsstrategien des Mb. Menière
modifiziert nach: H. Schaaf, H. Holtmann: Patientenführung bei Mb. Menière:
Klare Diagnose, meist schwindelerregende Perspektive .................................................................. 31
Tabelle 6- Eigenschaften der vestibulären Suppressiva
modifiziert nach: G.B. Brookes: The pharmacological treatment of Menière´s
disease (79) ....................................................................................................................................... 32
Tabelle 7 - Diuretikaklassen im Mb. Menière Therapie-Management
modifiziert nach D.H. Coelho, A.K. Lalwani: The medical management of
Menière´s disease (78) ...................................................................................................................... 36
viii
1 Einleitung
Bereits 1861 erstmals von Prosper Menière beschrieben, handelt es sich beim Morbus
Menière um eine Erkrankung, deren Ätiologie bis heute nicht hundertprozentig geklärt ist,
auch wenn bereits vor 148 Jahren eine präzise Beschreibung der klassischen Symptomentrias bekannt und der Ort der Erkrankung zutreffend identifiziert worden war.
Diese Arbeit ist nun ein Versuch, eine Übersicht über wissenschaftliche Ergebnisse von
150 Jahren Forschung zu geben und therapeutische Möglichkeiten aufzuzeigen.
1.1 Ein historischer Überblick
1.1.1 Der Erstbeschreiber (1)
Prosper Menière wurde 1799 in Angers an der Loire in Frankreich geboren und studierte
Medizin in seiner Heimatstadt und später in Paris. Er promovierte im Jahre 1828 und absolvierte danach seine Ausbildungszeit bei dem Chirurgen Guillaume Dupuytren und dem
Geburtshelfer Paul Dubois in Paris. Später wurde er außerordentliches Mitglied der Medizinischen Fakultät.
Aufgrund seiner Bemühungen im Kampf gegen eine Choleraepidemie in Südfrankreich
wurde er 1835 zum Ritter der Ehrenlegion ernannt.
1838 heiratete P. Menière eine Tochter aus der Physikerfamilie Becquerel. Ein Jahr später
kam sein Sohn Emile zur Welt, der sich seinerseits auch der Ohrenheilkunde widmete und
damit für die weite Verbreitung des Werkes seines Vaters sorgte.
Im gleichen Jahr wurde Menière als Arzt am kaiserlichen Institut für Taubstumme angestellt, zum damaligen Zeitpunkt in erster Linie eine Schule für Gehörlose. Er übersetzte das
erste Lehrbuch über Ohrenkrankheiten des Berliner Arztes Wilhelm Kramer vom Deutschen ins Französische und ergänzte dort seine eigenen Beobachtungen. Ebendort fand
sich in den Anmerkungen die Geschichte eines jungen Mädchens, das wenige Jahre später
der Anlass zur Beschreibung der später nach ihm benannten Krankheit war.
1861 veröffentlichte P. Menière eine ausführliche Beschreibung dieses Falles unter erstmaliger Angabe der bis heute geltenden Symptomentrias, nämlich Schwindel, Hörverlust
und Tinnitus. Im gleichen Jahr wurde er von Adam Politzer besucht, der seinerseits 1867
erstmals den Terminus „Menière´sche Erkrankung“ in einer seiner Veröffentlichungen
benutzte.
Am 7. Februar 1862 verstarb Prosper Menière unvermittelt an einer Grippepneumonie.
1
1.1.2 Originaldefinition des Krankheitsbildes
Gazette médicale de Paris, 21.09.1861, Seite 597-601 (114)
•
In einem bis dahin völlig gesunden Gehörorgan können plötzlich Funktionsstörungen auftreten, die in fortwährenden oder intermittierenden Geräuschen veränderlicher Art bestehen, und mit diesen Geräuschen verbindet sich bald eine mehr oder
minder starke Abnahme des Gehörs.
•
Diese Funktionsstörungen, deren Sitz das innere Gehörorgan ist, können Erscheinungen hervorrufen, die als zerebral gelten, wie Schwindelzustände, unsicherer
Gang, Drehbewegungen und Umfallen; sie sind zudem von Übelkeit, Erbrechen
und einem synkopalen Zustand begleitet.
•
Auf diejenigen Erscheinungen, denen die intermittierende Form eigen ist, folgt bald
immer stärkere Schwerhörigkeit, und oft geht das Gehör plötzlich und vollständig
verloren.
•
Alles spricht für die Annahme, dass die materielle Schädigung, die der Grund für
diese Funktionsstörungen ist, in den Bogengängen sitzt.
Prosper Menière
1.1.3 Meilensteine der Menière-Forschung
Schon 1871 wurde vom deutsch-amerikanischen Otologen Knapp eine intralabyrinthäre
Drucksteigerung vermutet – und zwar als analoge Erkrankung zum damals gut bekannten
Glaukom (2).
Parrisius berichtete 1924 über ausgesprochene Gefäßveränderungen bei Mb. Menière und
Glaukom und führte dies auf eine „Vasoneurose“ zurück (3).
Kyoshiro Yamakawa – Professor für HNO-Heilkunde an der Kaiserlichen Universität
Osaka – entdeckte 1938 den endolymphatischen Hydrops bei Mb. Menière. Damit gebührt
– streng genommen – ihm das Verdienst der Erstbeschreibung (4).
Im gleichen Jahr stellten Hallpike und Cairns bei zwei Patienten, die kurz nach Durchtrennung des VIII. Hirnnervs zur Behandlung eines Mb. Menière verstorben waren, einen
endolymphatischen Hydrops fest (5).
Portmann veröffentlichte 1921 die erste Arbeit über ein Tiermodell, in dem er einen endolymphatischen Hydrops in einem Fisch erzeugt hatte. Er stellte auch die Hypothese auf,
2
dass der Saccus endolymphaticus den Flüssigkeitsdruck im Innenohr regelt und führte die
erste Dekompressionsoperation an einem Patienten durch (6).
Im Rahmen aufkommender Kritik an der Definition des Mb. Menière als Bezeichnung für
„ungefähr alles in der Otologie“ wurden auch die Therapiemodalitäten Gegenstand
vehementer Kontroversen (1):
„Bis heute scheint nur eine Sache klar zu sein: was auch immer wir unternehmen – sei es
Psychotherapie oder Chirurgie – es ergibt immer ein mehr oder weniger konstantes
Ergebnis von 80% Erfolg und 20% Versagen“.
Torok 1977 (7)
1.2 Anatomie
1.2.1 Wichtige Strukturen des Innenohres (8)
1.2.1.1 Labyrinthus osseus
Das knöcherne Labyrinth besteht aus dem Vorhof, den 3 knöchernen Bogengängen und der
Schnecke.
Vestibulum:
Der Vorhof ist ein abgeflachter, elliptoider Raum von 4 bis 7 mm Höhe, 3 bis 4 mm Breite
und 5 bis 6 mm Tiefe (9, 10). Seine laterale Wand wird von der Innenfläche des Paries
labyrinthicus der Paukenhöhle gebildet und enthält die Fenestra vestibuli. Die 3 knöchernen Bogengänge münden mit 5 Öffnungen in den Vorhof. Jeder Bogengang besitzt ein
Crus osseum simplex und ein Crus osseum ampullare, das sich an der Mündung in den
Vorhof zur Ampulla ossea erweitert. Die einfachen Schenkel des vorderen und hinteren
Bogengangs bilden zusammen ein Crus osseum commune. In der medialen Wand finden
sich die Maculae cribrosae, feine Öffnungen für den Durchtritt des Nervus vestibularis.
Am unteren Rand des Recessus ellipticus, einer knöchernen Bucht für den Utriculus, liegt
die Apertura interna aquaeductus vestibuli, die den Ductus endolymphaticus enthält und
zur Hinterfläche der Felsenbeinpyramide führt um dort an der Apertura externa zu
münden.
3
Knöcherne Bogengänge (Canales semicirculares ossei):
Der vordere Bogengang liegt senkrecht zur Längsachse des Felsenbeins, der hintere parallel zur Hinterfläche des Felsenbeins, der laterale fast in der Horizontalen. Der vordere und
hintere Bogengang stehen vertikal und bilden mit der Medianebene je einen Winkel von
etwa 45 Grad.
Knöcherne Schnecke:
Die Kochlea beschreibt mit ihrem spiralig gewundenen Schneckengang 2 ½ Windungen
um die Schneckenachse (Modiolus). Vom Modiolus gehen 2 spiralig verlaufende Knochenlamellen ab, das Septum cochleae und die Lamina spiralis ossea. Das Septum trennt
die Schneckenwindungen untereinander. Die Lamina spiralis ossea, die mittels radiär angeordneten Kanälchen die Nervenfasern des Nervus cochlearis zum Corti´schen Organ führt,
ragt in den Schneckenkanal bis etwa zu dessen Mitte; von dort aus entspringt das Lig.
spirale zur Crista spiralis und unterteilt somit den Schneckengang in 2 Gänge: die Scala
vestibuli, die vom Vorhof zur Schneckenspitze hin aufsteigt, und die Scala tympani, die
von der Schneckenspitze absteigt und unter dem Boden des Vorhofs blind endet.
Vom basalen Teil der Scala tympani zieht der Canaliculus cochleae zur Unterfläche des
Felsenbeins. Er enthält den Ductus perilymphaticus, der den Perilymphraum mit dem
Subarachnoidealraum verbindet.
1.2.1.2 Labyrinthus membranaceus
Das häutige Labyrinth besteht aus Utrikulus, Sakkulus, den 3 häutigen Bogengängen, dem
Ductus cochlearis und dem Ductus und Saccus endolymphaticus.
Utrikulus und Sakkulus:
In den Utrikulus münden die 3 Bogengänge mit 5 Öffnungen. Die Macula utriculi liegt
etwa horizontal, vorn, lateral am Boden des Utrikulus. Von der Hinterwand geht Ductus
utricularis ab, an dessen Abgangsstelle die utrikuloendolymphatische Klappe liegt, welche
der Druckregulation zwischen Pars superior (Utrikulus und Bogengänge) und Pars inferior
(Sakkulus und Ductus cochlearis) des häutigen Labyrinths dient.
Der Sakkulus ist ein 2 bis 3 mm großes, rundliches Säckchen. Die Macula sacculi liegt vertikal in seiner medialen Wand. Vom trichterförmig verengten Boden geht der Ductus re-
4
uniens ab, der den Sakkulus mit dem Ductus cochlearis verbindet. An der Hinterwand befindet sich die Abgangsstelle des Ductus saccularis.
Die Ductus utricularis et saccularis münden in den Sinus endolymphaticus, der den spindelförmig erweiterten Anfangsteil des Ductus endolymphaticus darstellt. Dieser verläuft im
Aquaeductus vestibuli zur Hinterfläche des Felsenbeins um an der Apertura externa aquaeductus vestibuli in den Saccus endolymphaticus zu münden.
Der Saccus endolymphaticus liegt an der Hinterfläche der Felsenbeinpyramide zwischen
Schädelknochen und Dura mater.
Ductus semicirculares:
Die 3 häutigen Bogengänge bestehen aus je einem einfachen Schenkel, dem Crus membranaceum simplex, und einem Crus membranaceum ampullare, das sich zur Ampulla
membranacea erweitert. Die einfachen Schenkel des vorderen und hinteren Bogenganges
vereinigen sich zum Crus membranaceum commune. In jeder Ampulla membranacea
findet sich eine halbmondförmige Crista ampullaris, die quer zur Längsachse des jeweiligen Bogengangs verläuft und die Cupula trägt.
Ductus cochlearis:
Der Ductus cochlearis beginnt blind im Vorhof mit dem Caecum vestibulare und endet
blind kurz vor der Schneckenspitze. Das Caecum vestibulare ist über den Ductus reuniens
mit dem Sakkulus verbunden. Die untere Wand wird von der Lamina basilaris gebildet, die
obere von der Reissner´schen Membran, die seitliche von der Crista spiralis. Die Lamina
basilaris trägt das Corti´sche Organ.
1.2.1.3 Perilymphatischer Raum
Das Spatium perilymphaticum liegt zwischen knöchernem und häutigem Labyrinth. Es
enthält Bindegewebe und Perilymphe. Jeder der Anteile des häutigen Labyrinths ist mit
einem umschriebenen Bezirk durch Bindegewebe fest am Periost des knöchernen Labyrinths fixiert. Im Gegensatz dazu sind die perilymphatischen Räume der Kochlea, die Scala
vestibuli und die Scala tympani, frei von Bindegewebssträngen.
5
1.2.1.4 Meatus acusticus internus
Der innere Gehörgang beginnt an der Hinterfläche des Felsenbeins am Porus acusticus
internus. Der etwa 1 cm lange Kanal ist von Dura und Arachnoidea ausgekleidet und enthält die Nn. vestibulocochlearis et facialis, die Vasa labyrinthina und das Ganglion vestibulare.
1.2.2 Rezeptorapparat (8)
1.2.2.1 Corti´sches Organ
Der kochleäre Rezeptorapparat wurde von Alfons Corti 1851 erstmals genau beschrieben
und liegt an der Grenze zwischen Scala media und Scala tympani (siehe Abb. 1 & 2).
Abbildung 1 - Querschnitt einer Schneckenwindung zur Veranschaulichung
der Lokalisation des Corti-Organs
6
Abbildung 2 - Vergrößerung des Corti´schen Organs
Stützapparat:
Basilarmembran:
Die Basilarmembran, der das Corti-Organ aufsitzt, ist zwischen Lamina spiralis ossea und
dem Ligamentum spirale an der äußeren Schneckenwand ausgespannt.
Ligamentum spirale:
Das Ligamentum spirale verankert die Basilarmembran an der äußeren Schneckenwand.
Während es an der Schneckenbasis eine dicke Gewebsmasse bildet, nimmt diese entgegen
der Schneckenspitze stetig ab (11). Abgesehen von seiner mechanischen Funktion spielt es
auch bei der Perilymphproduktion und –resorption eine wichtige Rolle.
Stützzellen des Corti-Organs:
Sie sorgen für eine allseitige feste Verbindung der Haarzellen mit der Basilarmembran.
Sinneszellen (Haarzellen):
Man findet im Wesentlichen zwei Typen von Sinneszellen, die sich in Struktur und Funktion ganz wesentlich unterscheiden. Der Mensch besitzt ca. 12 000 äußere und 3 000
innere Haarzellen. Letztere sind entlang der Schneckenwindung in einer Reihe, die äußeren
Haarzellen in drei bis vier Reihen angeordnet. Die Zelldichte der inneren Haarzellen
nimmt von der Schneckenbasis zur –spitze hin kontinuierlich zu, wogegen die Dichte der
7
äußeren Haarzellen in der zweiten Windung ein Maximum erreicht, um zur Basis und zur
Spitze hin abzunehmen (12). Im Rahmen des normalen Alterungsprozesses nimmt die
Anzahl der Haarzellen erheblich ab. Die Sinneszellen bestehen aus einem Rezeptorpol,
einem Zellkörper und der rezeptoneuronalen Verbindung.
Der Rezeptorpol der inneren Haarzellen besteht aus einer ovalen Kutikularplatte mit ca. 50
bis 100 Stereozilien pro Zelle, deren Länge von der Schneckenbasis her abnimmt (13). Die
Stereozilien ragen perpendikulär aus der Kutikularplatte empor und reichen bis in die Nähe
der Membrana tectoria, berühren diese aber nicht. Die Stimulation erfolgt wahrscheinlich
durch Flüssigkeitsbewegung im Subtectorialraum (14, 15).
Der Rezeptorpol der äußeren Haarzellen trägt, wie auch der der inneren Haarzellen ca. 120
Stereozilien pro Zelle. Sie sind in typischer W-Form in 3 bis 4 Reihen (16, 17, 18) angeordnet und im Gegensatz zu denen der inneren Haarzellen fest in der Unterfläche der
Membrana tectoria verankert (19, 20). Die Stimulation der Stereozilien erfolgt
wahrscheinlich durch eine Scherbewegung zwischen Oberfläche der Sinneszellen und der
Membrana tectoria (21).
Im Gegensatz zum relativ undifferenzierten Zellkörper einer inneren Haarzelle, findet man
in dem der äußeren so genannte Subsurface-Zisternen, die morphologisch dem sarkoplasmatischen Retikulum der Muskelzellen ähnlich sind. Diese Zisternen ermöglichen es
der äußeren Haarzelle sich aktiv zu kontrahieren bzw. sich auszudehnen (22), wodurch die
Hörschwelle des kochleären Rezeptors um ca. 40 dB und das Frequenzauflösungsvermögen ganz erheblich verbessert wird (23).
Untereinander sind die Stereozilien beider Haarzelltypen mit so genannten „tip-links“
(Abb.3) verbunden, die die simultane Bewegung aller Stereozilien einer Zelle
gewährleisten (8).
Abbildung 3 - Elektronenmikroskopisches Bild der Haarzelloberfläche
(Pfeile = tip-link)
8
Stria vascularis:
Die Stria vascularis bildet die laterale Wand des Ductus cochlearis. Ihr dichtes Kapillarnetz
wird aus den Gefäßen des Ligamentum spirale gespeist (24). Die Endothelzellen bilden
eine dichte Schranke ohne Poren, aber mit deutlicher pinozytischer Aktivität. Der Transport ist also nicht durch passive Diffusion möglich, sondern nur durch aktive selektive zelluläre Prozesse. Die Stria ist damit für die Zusammensetzung der Endolymphe und das
Aufrechterhalten des enormen elektrochemischen Gradienten zwischen Endo- und Perilymphe verantwortlich.
Reissner´sche Membran:
Die Reissner´sche Membran bildet die Trennwand zwischen endolymphatischem Raum
der Scala media und dem perilymphatischen Raum der Scala vestibuli. Bestehend aus einer
dünnen inneren Epithelschicht, einer Basalmembran und einer lückenhaften äußeren
Mesenchymschicht
besitzt
sie
eine
erstaunliche
Dehnbarkeit
und
kann
beim
endolymphatischen Hydrops um mehr als das Doppelte ihrer normalen Länge ausgedehnt
werden (25, 26). Trotz ihrer geringen Dicke ist sie dennoch in der Lage eine wirkungsvolle
Trennschicht zwischen Endo- und Perilymphe mit einem enormen elektrochemischen
Gradienten zu bilden.
1.2.2.2 Vestibularapparat
Das vestibuläre Labyrinth besteht einerseits aus dem Bogengangsapparat für die Perzeption
der Winkelbeschleunigung und andererseits aus dem Otolithenapparat für die Perzeption
von linearen Beschleunigungen.
Die Sinnesepithelien der Bogengänge liegen jeweils in einer utrikulusnahen Ausweitung,
den Ampullen. Der Otolithenapparat befindet sich in der vorwiegend horizontal
orientierten Macula utriculi und der vertikal orientierten Macula sacculi (8).
Sinnesepithel:
Alle vestibulären Sinnesepithelien sind im Prinzip als tonische Mechanorezeptoren gleich
aufgebaut. Am Rezeptorpol sind pro Zelle ca. 20 bis 100 Stereozilien verankert, die ihrerseits orgelpfeifenartig von einer Seite der Zelloberfläche zur anderen länger werden. Neben
den längsten Stereozilien steht immer eine Kinozilie, die aus dem Basalkörperchen in der
Kutikularpore entspringt. Die Summe der Sinneshaarbündel ist umgeben von der gelat9
inösen Masse der Kupula beziehungsweise der Otolithenmembran. Die Position der
Kinozilie entspricht einer funktionellen Polarisation der Zelle, da eine Deviation der
Sinneshaare in Richtung der Kinozilie eine Erregung der zugehörigen Nervenfaser auslöst
bzw. eine Deviation in entgegengesetzter Richtung zu einer Hyperpolarisation und somit
eine Hemmung der zugehörigen Nervenfaser bewirkt (27, 28).
Im Gegensatz zur einheitlichen Polarisation aller Sinneszellen einer Crista teilt in den
beiden Maculae die bogenförmig verlaufende Striola in zwei entgegengesetzt polarisierte
Hälften. Dies ist notwendig, um ein Ansprechen beider Maculae auf geradlinige Beschleunigungen in alle Richtungen zu gewährleisten (25).
1.3 Physiologie des Innenohres
1.3.1 Funktioneller Aufbau der Kochlea (8)
Die Kochlea besteht aus membranösen Kanälen, deren übereinander liegende Windungen
der Schnecke folgen. Sowohl die Scala vestibuli als auch die Scala tympani sind mit
natriumreicher, extrazellulärer Perilymphflüssigkeit gefüllt (29).
Die Scala vestibuli und die Scala tympani werden durch die Scala media und mehrere Gewebsschichten getrennt (Schneckentrennwand).
1.3.1.1 Peri- und Endolymphraum
Perilymphe:
Die Perilymphe der Scala vestibuli wird wahrscheinlich im Limbus spiralis gebildet, fließt
über den Modiolus in die Scala tympani wo sie über den Aquaeductus cochleae Abfluss in
den Liquor cerebrospinalis findet (1). Zusätzlich erfolgt die Resorption der Perilymphe
über die Kapillaren des Ligamentum spirale (30).
Endolymphe:
Die Endolymphe befindet sich in einem abgeschlossenen häutigen Hohlraumsystem von
nur 3 bis 5 µl Inhalt und ist allseitig von 12 bis 16 µl Perilymphe umgeben (31). Sie wird
von den Marginalzellen der Stria vascularis in einem energieverbrauchenden und –
abhängigen Prozess gebildet (1). Im Vergleich zur Perilymphe ist die Endolymphe
hyperosmolar (32). Die Resorption findet im Saccus endolymphaticus statt (33). Über
10
mögliche
Volumenregulationsmechanismen
existieren
bisher
nur
Vermutungen.
Möglicherweise dienen die äußeren Haarzellen als Messfühler. Sowohl das Mitwirken der
äußeren Haarzellen als auch die Existenz von Baro- oder Volumenrezeptoren wurde
postuliert (34). Als chemischer Botenstoff für die Regulation könnte atriales natriuretisches
Peptid oder antidiuretisches Hormon dienen, derer beider Bildungsstätten in der Stria
vascularis nachgewiesen werden konnte (35).
1.3.1.2 Elektrochemie
Abbildung 4 - Schema der intrakochleären Ionenverteilung und der daraus
resultierenden Membranpotentiale
Die Perilymphe, die den Zellleib der Haarzellen umgibt, ist eine kaliumarme und natriumreiche Flüssigkeit (Abb.4). Der Rezeptorpol der Haarzellen ragt jedoch in die Scala media
hinein und wird somit von Endolymphe umgeben. Die Endolymphe ist reich an K+ und Cl-,
enthält hingegen wenig Na+ und Ca2+. Diese Ionenverteilung entspricht annähernd der des
Intrazellularraumes. Als dritter Flüssigkeitsraum ist das Zytoplasma der Haarzelle zu
erwähnen, das reichlich K+ und relativ wenig Na+, Ca2+ und Cl- enthält. Dadurch ergeben
sich ihre verschiedenen bioelektrischen Potentiale (8).
11
1.3.1.3 Übertragung der Stapesbewegung
Die Vibrationen des Stapes werden über das ovale Fenster auf die Perilymphflüssigkeit der
Scala vestibuli des Innenohres übertragen. Die Flüssigkeit ist praktisch inkompressibel und
weicht daher aus. Bei der Einwärtsbewegung des Stapes werden also die Reissner´sche
Membran, die Scala media, das Corti´sche Organ und die Basilarmembran nach unten
ausgelenkt (8, 21).
Gegenüber weicht die ebenfalls inkompressible Perilymphflüssigkeit der Scala tympani
unter Vorwölbung des ovalen Fensters gegen das Mittelohr aus. Dieser Vorgang führt zu
einer ständigen Auf- und Abwärtsbewegung der Membranen der kochleären Trennwand.
Aufgrund dieser Auslenkung kommt es zu einer relativen Scherbewegung zwischen
Tektorialmembran und Corti´schem Organ. Weil die Tektorialmembran die Spitzen der
Stereozilien der äußeren Haarzellen berührt, kann sie diese deflektieren (8). Dies wird als
adäquater mechanischer Reiz für die Haarzelle angesehen (36). Im Gegensatz dazu werden
die Stereozilien der inneren Haarzellen durch die Endolymphströmung zwischen
Tektorialmembran und Haarzellen deflektiert (8).
Versuche von Sellick und Russel zeigten, dass sich die von den äußeren Haarzellen produzierten kochleären Mikrophonpotentiale proportional zur Auslenkung der kochleären
Trennwand verhalten, während die Rezeptorpotentiale der inneren Haarzellen nur während
der aufsteigenden und absteigenden Phase der Trennwand gebildet werden (37). Im Moment der maximalen Auslenkung ist, so konnte gezeigt werden, das Rezeptorpotential der
inneren Haarzellen annähernd Null. Diese Art von Geschwindigkeitsmessung funktioniert
aufgrund der hydraulischen Eigenschaften der subtektorialen Flüssigkeit nur bei tieferen
Frequenzen, während bei mittleren und höheren Frequenzen der Stimulus für äußere und
innere Haarzellen als gleichwertig anzusehen ist (37).
1.3.1.4 Schallverarbeitung
Signalverarbeitung durch äußere Haarzellen:
Ein Schallereignis löst zunächst eine flache, passive Wanderwelle aus, welche in der Lage
ist die Stereozilien der äußeren Haarzellen zu deflektieren (38). Folge ist eine Depolarisation der äußeren Haarzellen, welche erstens zu einer aktiv mechanischen
Verstärkung der Wanderwelle führt (38, 39) und zweitens durch eine langsame
mechanische Antwort eine Stellungsänderung von Stereozilien und der daran verankerten
12
Basilarmembran erlaubt (39). Dadurch können stimulusinduzierte Verlagerungen der
Trennwand
mit
gesättigter
Haarbündeldeflexion
und
daraus
resultierender
Schallkodierungsstörung ausgeglichen werden (8).
Signaltransfer zu den inneren Haarzellen:
Das von den äußeren Haarzellen vorverarbeitete und um ca. 40dB vorverstärkte Schallsignal wird auf bisher nicht geklärtem Wege an die inneren Haarzellen transferiert (38, 39).
Definitive Schalltransduktion:
Die verstärkte und verschärfte Wanderwelle führt zu einer Deflexion der Stereozilien an
nur wenigen inneren Haarzellen. Durch die genaue Lokalisation dieser wenigen Zellen
innerhalb der Schnecke wird die Frequenzselektivität erreicht (8). Die Depolarisation führt
zur Freisetzung eines noch unbekannten afferenten Transmitters (40) (ev. Glutamat (41)).
Efferente Steuerung:
Mittels Acetylcholin und in geringerem Maße durch GABA (s.o.) wird aktiv die Mikromechanik der äußeren Haarzellen und damit der Kochlea beeinflusst (8). Die äußeren
Haarzellen sind somit in der Lage, die Vibrationen nicht nur zu verstärken, sondern sie
auch zu dämpfen.
13
1.4 Morbus Menière
Das klinische Bild eines Morbus Menière besteht in einer plötzlichen – akut oder innerhalb
von Minuten auftretenden – Funktionsstörung eines Labyrinths mit partieller Schwerhörigkeit, Ohrgeräusch und Drehschwindel. Zur Definition werden international mittlerweile
die Kriterien angewandt, wie sie von der American Academy of Otolaryngology and Head
and Neck Surgery formuliert wurden (Tab.1).
Parameter
Morbus Menière
Möglich
Wahrscheinlich
Definitiv
Nachgewiesen
Vertigo
Definitive Episode
aber kein Hörverlust
oder
Min. eine
definitive
Episode
> 2 definitive
Episoden
> 2 definitive
Episoden
Hörverlust
Hörverlust ohne
Schwindelattacken
Hörverlust in
Audiometrie
nachweisbar
Hörverlust in
Audiometrie
nachweisbar
Hörverlust in
Audiometrie
nachweisbar
Tinnitus bzw.
Druckgefühl
Nein
Ja, eines von
beiden im
betroffenen Ohr
Ja, eines von
beiden im
betroffenen Ohr
Ja, eines von
beiden im
betroffenen Ohr
Andere Ursachen
ausgeschlossen
Ja
Ja
Ja
Ja
Histologischer
Nachweis
Nein
Nein
Nein
Ja
Tabelle 1 – Guidelines zur Menière-Diagnostik der American Association of Otolaryngology and Head and
Neck Surgery
14
1.4.1 Epidemiologie
1.4.1.1 Inzidenz
Mit durchschnittlich weniger als 0,1% ist die Wahrscheinlichkeit an einem Morbus
Menière zu erkranken doch sehr gering. Die untenstehende Tabelle gibt einen Überblick
über die Angaben der verschiedenen Autoren (Tab.2).
Autor
Jahr
Häufigkeit pro 1
Million Einwohner
Inzidenz
Cawthorne u.
Hewlett
Michel et alii
Stahle et alii
Watanabe
1954
1977
1978
1980
157
75
46,2
40
0,157%
0,075%
0,046%
0,040%
Celestino u. Ralli
1988
82
0,082%
Klemm u.
Schaarschmidt
1989
100
0,100%
Mizukoshi et alii
1993
161 (nur Japan)
0,161%
Tabelle 2 - Inzidenz der Menière-Erkrankung
1.4.1.2 Seitenhäufigkeit
Oft ist die Frage, ob nur ein Ohr betroffen ist oder es zu einer bilateralen Erkrankung
kommt, wegweisend in der Therapie. Ein beidseitiger Befall ist mit durchschnittlich 12 %
aller Patienten keine Seltenheit (Tab.3).
Autor
Enander u.
Stahle
Stahle
Meyerhoff et
alii
Snyder
Green et alii
Mizukoshi et
alii
Haid et alii
Gesamt
Jahr
n
Rechts
%
Links
%
Bilateral
%
1967
1976
334
356
128
164
38,32%
46,07%
159
158
47,60%
44,38%
47
34
14,07%
9,55%
1981
1982
1991
126
225
118
53
91
46
42,06%
40,44%
38,98%
58
94
57
46,03%
41,78%
48,31%
15
40
15
11,90%
17,78%
12,71%
1994
1995
147
574
1880
56
245
783
38,10%
42,68%
41,65%
71
262
859
48,30%
45,64%
45,69%
20 13,61%
67 11,67%
238 12,66%
Tabelle 3 – Seitenverteilung
15
1.4.1.3 Altersverteilung, Geschlechterpräferenz und familiäre Häufung
Während die Erkrankung im Kindesalter sehr selten vorzufinden ist, wird sie ab dem 20.
Lebensjahr häufiger. Eindeutiger Altersgipfel befindet sich im vierten bis zum sechsten
Dezennium (8). Die Angaben über eine Geschlechtshäufung schwanken. Ein eindeutiger
Unterschied konnte allerdings nicht festgestellt werden (1).
In verschiedenen Studien wurden vereinzelt sowohl Hinweise auf eine X-chromosomal gebundene dominante als auch autosomal dominante Vererbung festgestellt (42, 43). Bei
90% der Patienten mit positiver Familienanamnese wurde ein HLA-A2 Typus gefunden,
im Vergleich zu 75 % der Einzelerkrankungen und knapp 30 % der europäischen Normalbevölkerung (43).
Weder eine Abhängigkeit von Hautpigmentierung noch eine Wetterabhängigkeit des
Morbus Menière konnte wissenschaftlich bewiesen werden. Die wenigen Beobachtungen
einer Menière-Erkrankung in Afrika ist eher auf eine unzureichende medizinische
Versorgung in Entwicklungsländern zurückzuführen (1).
1.4.2 Pathogenese
1.4.2.1 Endolymphhydrops
Der Endolymphhydrops ist die fundamentale, morphologische Veränderung bei der
Menière´schen Erkrankung. Paparella fand in einer Studie an 48 Felsenbeinen, dass fast in
allen Fällen eines Mb. Menière ein kochleärer Hydrops vorhanden war. Im Sakkulus lag
häufig ein Hydrops vor, im Utriculus dagegen nur selten. Bei Unterbrechung des Ductus
reuniens trat er ausschließlich im Bereich der Kochlea auf (44).
Durch die Ausbauchung der Reissner´schen Membran in Richtung Scala vestibuli, in ausgeprägten Fällen auch der Basilarmembran in Richtung Scala tympani, kommt es zu einer
Veränderung der Auslenkbarkeit der kochleären Trennwand. Darüber hinaus kommt es zu
einer Verschiebung der Tektorialmembran und der Stereozilienbündel gegeneinander oder
sogar zur Abkoppelung (45). Dies macht den aktiven Verstärkermechanismus der äußeren
Haarzellen unmöglich und erklärt die darauf folgende Perzeptionsschwerhörigkeit (46).
Die Bevorzugung der tiefen Frequenzen ist durch den Steifheitsgradienten entlang der
Basilarmembran zu erklären, welcher die akute Hydropsepisode besonders an der
Kochleaspitze und damit als Tieftonhörverlust erscheinen lässt (47).
16
Dem Hydrops liegt vorwiegend eine Resorptionsstörung der Endolymphe im Saccus endolymphaticus zugrunde, wobei aber auch eine pathologische Überproduktion nicht auszuschließen ist (8). Durch die Resorptionsstörung kommt es zu einem Anstieg von Ionenkonzentrationen und somit einer Erhöhung des elektrolytosmotischen Druckes im Endolymphraum, der Wasser dorthin passiv einströmen lässt. Für diese Theorie spricht vor
allem die klinisch auffällige Möglichkeit durch systemische Gabe von osmotisch
wirksamem Glycerin einen Höranstieg zu erzielen (48).
1.4.2.2 Akuter Anfall
Um das anfallsweise Geschehen zu erklären wird angenommen, dass Kalium durch Rupturen oder Permeabilitätsänderungen vom Endolymphraum in den Perilymphraum gelangt.
Dies führt zu einer Kaliumintoxikation der kochleären und labyrinthären sensorischen und
neuralen Strukturen (48). Es kommt zu einer Dauerdepolarisation der Haarzellen, die die
mechanoelektrische Transduktion stört, zum Hörverlust führt und eventuell zum Tinnitus
beiträgt (49).
Weiters führt die Dauerdepolarisation zur Kontraktion der äußeren Haarzellen, damit zur
Störung der Mikromechanik und macht den kochleären Verstärker funktionsunfähig. Die
Abkopplung der Sterozilien von der Tektorialmembran hat Bewegungen der Haarbündel
zur Folge, die von der Brown´schen Molekularbewegung ausgehen und zum Tinnitus beitragen. Mehrfach wiederholte K+-Intoxikationen führen zum Haarzelluntergang und erklären die bleibende Hörverschlechterung nach mehreren Anfällen (49).
1.4.2.3 Theorien zur Entstehung des endolymphatischen Hydrops
Anatomische Besonderheiten:
Diskutiert werden neben anatomischen Variationen, wie eine aberrante Lage des Sinus
sigmoideus und damit vergesellschaftet, kurzem und engem Aquaeductus vestibuli, auch
Pneumatisationsstörungen (z.B. bei häufigen Otitiden in der Kindheit, die den Pneumatisationsgrad des Felsenbeins herabsetzen können), Tubendysfunktionen (bei vielen
Menière-Patienten wurde ein retrahiertes Trommelfell festgestellt) und ein partiell offener,
nicht genügend obliterierter Aquaeductus cochleae. Letzterer könnte durch einen Fluss von
Perilymphe in den Liquorraum zu einem endolymphatischen Hydrops führen.
17
Weiters konnte festgestellt werden, dass sowohl Saccus endolymphaticus als auch der
Aquaeductus vestibuli bei Menière-Patienten im Vergleich zur Normalbevölkerung kleiner
ist (1)
Fokuserkrankungen im Bereich der Kieferhöhlen könnten mit einer möglicherweise fortgeleiteten serösen Labyrinthitis den Hydrops erklären (1).
Immunerkrankungen:
Typ-I-Reaktion:
Die Immunantwort vom Typ I ist IgE-vermittelt. Eine durch die Immunantwort entsprechend sensibilisierte Mastzelle schüttet vasoaktive Substanzen, u. A. Histamin aus.
Eine Verbindung zwischen Allergie und Morbus Menière wurde zuerst von Duke 1923
beschrieben (50). Soliman beschrieb in seiner Studie eine signifikante Verbesserung der
Menière-Symptome bei Immuntherapie bei Patienten mit begleitender Inhalations- oder
Nahrungsmittelallergie (51). Möglicherweise wird durch die Histaminausschüttung eine
Gefäßerweiterung im Bereich des Saccus endolymphaticus ausgelöst, die wiederum zu
einer Beeinträchtigung der Endolymphresorption führt (1).
Typ-II-Reaktion:
Bei der Typ II Immunantwort bindet ein spezifisches Immunglobulin an ein Antigen, das
Teil einer Zelle oder eines Organs ist. Daraufhin erfolgt eine Komplementaktivierung. Das
Serum von Patienten mit Morbus Menière reagierte in 34% mit Innenohrgewebe von
Meerschweinchen (52). Daraufhin wurde eine Autoimmunität auf Typ-II-Kollagen als
ätiopathogenetisches Moment in der Menière-Erkrankung angenommen. Tatsächlich
konnte diese Hypothese durch mehrere Beobachtungen untermauert werden. So zeigten in
einer prospektiven, kontrollierten Studie 5 von 12 Patienten mit Morbus Menière einen
signifikant erhöhten Antikörperspiegel gegen Typ-II-Kollagen (53). Weiters führte eine
Immunisierung
von
Meerschweinchen
gegen
Typ-II-Kollagen
zu
einem
endolymphatischen Hydrops und zu einem Hörverlust (53). Auf Basis dieser Theorie
würde
eine
Verminderung
der
resorptiven
Funktion
im Ductus
und
Saccus
endolymphaticus zu beobachten sein, was Ursache für den endolymphatischen Hydrops
wäre.
18
Typ-III-Reakion:
Ein Zusammenhang zwischen zirkulierenden Immunkomplexen und Morbus Menière wird
seit Derebery suspiziert. Das Serum von 30 Menière-Patienten zeigte in 95% signifikant
erhöhte Spiegel von zirkulierenden Immunkomplexen im Vergleich zu 20% bei Kontrollpersonen (54). Ablagerungen von IgG konnten in 40% der Patienten, die sich einer Sakkotomie unterziehen mussten, nachgewiesen werden (55)
Typ-IV-Reaktion:
Dass eine zellvermittelte Immunantwort beim Morbus Menière beteiligt sein könnte, ist
eine empirische Erkenntnis. Das Cogan-Syndrom, das teilweise auf einer Typ-IV-Reaktion
beruht, zeigt ebenfalls eine vestibulo-kochleäre Störung, die der des Morbus Menière
ähnlich, jedoch in den meisten Fällen fortschreitend ist. Insbesondere Corticosteroide
zeigen bei dieser Erkrankung eine hohe Wirksamkeit und können im Frühstadium das
Hörvermögen verbessern (1).
Nahrungsmittelallergie:
Einer Nahrungsmittelallergie kann durch eine Immunantwort jeglichen Typs charakterisiert
sein. 1970 diagnostizierte Sieluzycki bei 21 von 46 untersuchten Menière-Patienten eine
Erkrankung aus dem allergischen Formenkreis. Bei 4 Patienten waren die Anfälle mit einer
Exazerbation der allergischen Erkrankungen vergesellschaftet (56). Von 93 Patienten mit
Morbus Menière, die eine spezifische Allergiebehandlung erhielten, gaben 62% eine Abnahme der Frequenz und der Stärke der Schwindelanfälle nach Beendigung der Behandlung an (57, 58, 59).
Viruserkrankungen:
Das Varicella zoster Virus kann den Gleichgewichtsnerv befallen und schädigen. Ein
direkter Nachweis im operativ entnommenen Gewebe ist allerdings noch nicht gelungen.
Weiters können virale Erkrankungen eine Autoimmunantwort initiieren, was zu einer immunpathologischen Schädigung der kapillären Strukturen des Saccus endolymphaticus und
somit zu einer Verminderung der Endolymphresorption führen kann (1).
Ohrerkrankungen:
Otitis media chronica: Schon 1992 beobachtete Kimura im Tierexperiment das Auftreten
eines endolymphatischen Hydrops nach Otitis media (60). Enzyme, Toxine und andere
19
Entzündungsmediatoren können den perilymphatischen und endolymphatischen Raum
über das runde Fenster erreichen. Die Verschiebung des osmotischen Drucks der Endolymphe und die Verringerung der Absorptionsfähigkeit im Saccus endolymphaticus könnte
zur Entstehung eines Hydrops beitragen. Möglicherweise trägt auch das Auftreten einer
Begleit-Osteitis dazu bei (1).
Otosklerose: Durch direkten Kontakt des Herdes mit der Perilymphe verursacht die Otosklerose Schwindel und eine neurale oder kochleäre Degeneration. Johnsson beschrieb in
einer histopathologischen Studie an 2 Felsenbeinen mit koexistentem Morbus Menière und
Otosklerose eine Verminderung der Gefäße im Spiralligament, was für eine Störung der
Mikrozirkulation in der Kochlea spricht. Weiters könnte durch die otosklerotischen Herde
der Aquaeductus vestibuli direkt obstruiert werden. Gemäß mehrerer unabhängiger Studien
kann davon ausgegangen werden, dass in ca. 2 bis 6% aller Felsenbeine mit Otosklerose
ein Endolymphhydrops gefunden werden kann (1).
Traumatische Genese:
Es existieren einige Kasuistiken, die den Zusammenhang zwischen akustischem oder physikalischem Trauma und Morbus Menière nahe legen. Ein Erklärungsversuch liegt in der
Hypothese, dass das physikalische Trauma spezifisch endolymphproduzierende oder –resorbierende Zellen verändert. Auch durch einen Stoß verlagerte Zellen oder Otokonien in
den Sacculus oticus wird als Ursache für einen späteren Morbus Menière angenommen.
Losgelöste Steinchen könnten eine mechanische Irritation der Endolymphabsorption
bewirken (1).
Physikalisches Trauma: 1982 veröffentlichen Gulya und Schuknecht einige Fallbeschreibungen von asymtomatischem Hydrops als Folge eines Schädel-Hirn-Traumas (61).
Barotrauma: Verschuur und Mitarbeiter beschrieben 1993 einen Fall eines Bergsteigers,
der regelmäßig in 4 000 m Höhe einen Menière-Anfall bekam. Ein zufälliges Zusammentreffen konnte aber nicht ausgeschlossen werden (62).
Akustisches Trauma: Die Auslösung von Schwindel durch Lärm ist als Tullio-Phänomen
bekannt (63). 18 von 400 Soldaten zeigten in einer klinischen Reihenuntersuchung eine
manifeste Gleichgewichtsstörung, bei denen mit einer Latenz von 6 bis 29 Jahren nach
Beginn des Lärmtraumas Drehschwindelattacken, Tinnitus und Tieftonhörminderung
aufgetreten waren (64)
20
Durchblutungsstörungen im Gefäßgebiet der A. labyrinthi:
Plötzliche komplette Verschlüsse der A. labyrinthi führen meist zu einem vollständigen
Verlust der Gleichgewichtsfunktion und zu einer Verschlechterung der Hörfunktion. Man
spricht dabei vom kompletten „Labyrinthinfarkt“. Auch bei operativen Eingriffen an Koronararterien und den Herzklappen kann es zu Hörstörungen kommen. Diese sind meist
einseitig und partiell reversibel und als klinisches Korrelat zu einer Mikroembolisation des
Gefäßstromgebietes der A. labyrinthi anzusehen (1).
Da im Endstromgebiet andere Regulationsmöglichkeiten fehlen, kann die Durchblutung
nur von lokal gebildeten Mediatoren, Stoffwechselprodukten und den Eigenschaften der
plasmatischen und korpuskulären Blutzusammensetzung bestimmt werden. Änderungen
der Blut- und Plasmaviskosität sollen daher für das Auftreten eines endolymphatischen
Hydrops ursächlich sein (1). Dem entsprechend wurde in einem Drittel der MenièrePatienten eine erhöhte Serumosmolalität gefunden (65). Auch die Thrombozytenadhäsivität und –aggregation soll beim durchschnittlichen Menière-Patienten erhöht sein
(66).
Vor allem im Bereich des Saccus endolymphaticus soll die insuffiziente venöse Drainage
zu einer gestörten Flüssigkeitsabsorption führen und somit für den endolymphatischen
Hydrops verantwortlich sein (1). Auch eine Rarefizierung der Gefäße im Bereich des
Saccus endolymphaticus wurde als pathogenetischer Faktor des Hydrops postuliert (67).
Diese Annahme dient als rationale Grundlage für eine durchblutungsverbessernde
Therapie.
Hormonelle Abhängigkeit:
Erklärung für eine angeblich erhöhte Anfallshäufigkeit in der Prämenstruationsphase soll
die hormonelle Änderung in dieser Phase sein. Die prämenstruelle Erhöhung von follikelstimulierendem Hormon (FSH) und luteinisierendem Hormon (LH) und die damit verbundene, plötzliche Senkung von Östrogen und Progesteron, kann direkt oder indirekt das
Innenohr beeinflussen. Die beiden letzteren besitzen eine chemische und hormonelle
Ähnlichkeit zu den adrenokortikotropen Hormonen, zu denen auch Aldosteron gehört. Dies
führt zu einer gesteigerten Natrium- und Wasserretention und könnte ursächlich für den
labyrinthären Hydrops sein (1).
21
Dyslipidämie:
Nachdem in zahlreichen Untersuchungen bei Patienten mit kochleovestibulären Störungen
erhöhte Cholesterinspiegel gefunden wurden, kann analog zu den Arteriopathien und der
koronaren Herzkrankheit ein Zusammenhang angenommen werden (68). In einer Untersuchung von Proctor und Proctor 1981 zeigte sich in 20% der Patienten mit einer Innenohrdysfunktion eine pathologische Erhöhung des Triglyceridspiegels, weitere 40% wiesen
grenzwertige Befunde auf (70).
Zentrale Erkrankungen:
Dandy beschrieb, dass selbst nach vollständiger Labyrinthdestruktion ein Ohrgeräusch
bestehen bleiben kann (69). Dies legt nahe, dass auch zentrale Faktoren beim Morbus
Menière eine Rolle spielen könnten. Allerdings haben diese Einzelbeobachtungen keinen
Einfluss darauf, dass der Morbus Menière allgemein als Erkrankung des peripheren
Gleichgewichtsorgans anzusehen ist (1).
22
1.4.3 Klinik
1.4.3.1 Initialsymptomatik
Das Auftreten der Initialsymptome ist unterschiedlich, nur in einem Teil der Fälle ist die
klassische Trias von Beginn an vorhanden (1) (Tab.4).
-
Typ C:
kochleäre Symptome wie Hörverlust und Tinnitus
-
Typ V:
Vestibuläre Symptome als Erstsymptomatik
-
Typ CV:
Vollbild des Morbus Menière mit der vollständigen Trias von Anfang an
Autor
Jahr
n=
Typ V
%
Typ C
%
Typ CV
%
1950
171
5
2,9%
83
48,5%
83 48,5%
1971
318
159
50,0%
110
34,6%
137 43,1%
1984
75
8
10,7%
32
42,7%
33 44,0%
1989
92
19
20,7%
19
20,7%
43 46,7%
1995
285
52
18,2%
37
13,0%
76 26,7%
Day
Thomas u. Harrison
Friberg u. Mitarb.
Charachon u. Mitarb.
Haid u. Mitarb.
Tabelle 4 - Häufigkeitsverteilung der Initialsymptomatik
1.4.3.2 Akuter Anfall
Die Klinik ist geprägt von Minuten bis Stunden andauernden Schwindelanfällen, die mit
Übelkeit und Erbrechen einhergehen und mit Tinnitus, einseitiger Schwerhörigkeit und oft
einem Völlegefühl im Ohr verbunden sind. Sie treten aus völliger Gesundheit auf, häufig
ohne jegliche Prodromi. Während des Anfalls kann man am Beginn stets einen Nystagmus
zum erkrankten Ohr beobachten, dem ein Nystagmus zur gesunden Seite folgt (8).
23
Schwindel:
Der Schwindel wird als Drehschwindel erlebt (Abb.5). Auch ein Zug nach einer Seite ohne
Scheinbewegung mit Sturzneigung kann angegeben werden. Meist sind solche Schwindelanfälle mit starken vegetativen Begleiterscheinungen, wie Aufstoßen, Speichelfluss,
Erbrechen oder manchmal auch Stuhlgang verbunden (1).
Abbildung 5 - Abgrenzung des Menière-Schwindels zu anderen Schwindelerscheinungen
Hörminderung:
Meist treten Hörstörung und Schwindel zusammen auf, verschwinden jedoch getrennt. Die
Hörminderung kann dem eigentlichen Morbus Menière um Jahre vorausgehen, sich aber
auch als kurze Episode fluktuierenden Gehörs äußern (71). Die Hörstörung schwankt mit
den Anfällen und betrifft anfangs mehr die tiefen bis mittleren Frequenzen. Pathognomonisch ist auch die Klage des Patienten, dass sich alle Töne und Geräusche einschließlich
der Sprache verdoppelt, verzerrt oder „wie durch einen schlechten Lautsprecher“ anhören
würden. Lediglich die Sonderform des Mb. Menière, das Lermoyez-Syndrom, zeigt einen
Anstieg des Hörvermögens während und unmittelbar nach dem Schwindelanfall. Das
Lermoyez-Syndrom ist allerdings extrem selten (1). Zwischen Frequenz, Schwere und
Länge der Anfälle und der Ausprägung der Hörstörung wurde kein Zusammenhang
festgestellt (72).
Tinnitus:
Im Anfall treten meist anhaltende, seltener intermittierende Ohrgeräusche auf. Sie sind nie
pulssynchron und werden als hohes Zischen oder Klingeln oder als tiefes Brausen oder
Brummen beschrieben (1).
24
Druckgefühl:
Oft ist im betroffenen Ohr bereits ein Druckgefühl vorhanden, das als Zeichen für den Aufbau des endolymphatischen Hydrops gewertet wird. Häufig ist dieses Druckgefühl auch
mit einer Diplakusis verbunden (1)
Kopfschmerzen:
Periodischer, dumpfer Kopfschmerz auf der betroffenen Seite ist eine häufige, zusätzliche
Klage von Menière-Patienten. Durch Verstärkung kann er einen Anfall ankündigen (1).
1.4.4 Diagnostik
Hördiagnostik
Tonschwellenaudiogramm:
Das fluktuierende Hörvermögen, das hauptsächlich die tiefen Frequenzen betrifft, ist Teil
der Menière´schen Trias und kann am zweckmäßigsten durch häufige Verlaufskontrollen
über das Tonschwellenaudiogramm erfasst werden (1).
Stapediusreflex:
Über die Bestimmung des Stapediusreflexes kann erstens die ungestörte Mittelohrfunktion
(normaler Reflex) und zweitens der kochleäre Ursprung des Hörverlustes (Auslösbarkeit
des Reflexes auf der kontralateralen Seite) nachgewiesen werden (1).
Tympanic membrane displacement (TMD):
Der endolymphatische Hydrops verlagert die Fußplatte des Stapes und bei intakter Gehörknöchelkette somit auch das Trommelfell. Durch Messungen mit Tonbursts von 500 ms,
1 kHz, 20 dB oberhalb der Stapediusreflexschwelle kann ein interauraler Vergleich der
mittleren Trommelfellauslenkung gestellt werden. Dies erlaubt Rückschlüsse auf die intrakochleären Druckverhältnisse. Da diese Methode aber keine Absolutwerte liefert und
große interindividuelle Streuung zeigte, ist von einer geringen Zuverlässigkeit auszugehen
(1).
25
1.4.4.1 Elektrokochleographie (1):
Das Elektrokochleogramm ist die Ableitung der frühen akustisch evozierten Potentiale ca.
1 bis 2 ms nach Stimulation. Allerdings wird hier nur die elektrische Aktivität der
untersten Schneckenwindung – also der hohen Frequenzen – wiedergegeben.
Die Elektrode kann entweder direkt, transtympanisch auf das Promontorium (TT-ECoG)
oder in den Gehörgang (extratympanisch = ET-ECoG) gesetzt werden. Vorteil der Transtympanischen Ableitung ist die 5 bis 10 mal höhere Potentialamplitude, woraus ein
stabileres, reproduzierbares und weniger durch Artefakte belastetes Signal resultiert.
Als Stimulus werden entweder Klicks von 100 µs Dauer oder Tonbursts von 16ms Dauer
verwendet.
Eine sehr hohe negative Summationspotentialamplitude wird als signifikant für das
Vorhandensein eines endolymphatischen Hydrops gewertet. Bei den Normalhörenden
beträgt der SP/CAP-Quotient 1 im Mittel 0,209. Beim Morbus Menière dagegen ist der
Wert wahrscheinlich infolge des Hydrops und der dadurch erhöhten Amplitude des
Summationspotentials erhöht und wird ab 0,35 bis 0,4 als beweisend für das Vorliegen
eines Hydrops angenommen.
Fehlerquellen:
-
Elektrodenlage: je näher die Elektrode an der Kochlea liegt, desto größer wird das
SP
-
Stimulusintensität: ein SP wird erst ab 50 dB beobachtet
-
Hörverlust des Patienten: die Amplitude des SP nimmt mit einem Anstieg des
Hörverlustes ab, was in einer Erhöhung des SP/CAP-Quotienten resultiert
-
Interindividuelle Streuung
Methodische Einschränkungen:
-
häufig besteht keine Korrelation zwischen SP/CAP-Quotienen und Klinik
-
keine Korrelation zwischen Glycerinbelastungstest und SP/CAP-Quotient
1
Summationspotential (SP): reizsynchron, Amplitude ist proportional zur Auslenkung der Basilarmembran
Summenaktionspotential (CAP = compound action potential): entspricht der ersten Zacke der BERA
26
1.4.4.2 Gleichgewichtsdiagnostik
Die verbale Beschreibung der Schwindelcharakteristik ist einer der wichtigsten
anamnestischen Schritte in der richtungsgebenden Diagnostik. In der Charakteristik des
systematischen Schwindels werden Dreh-, Schwank- und Liftschwindel unterschieden.
Hauptmerkmal ist die illusionäre Scheinbewegung der Umwelt. Meist besteht eine
Lateropulsion mit Falltendenz zur erkrankten Seite, die oft auch mit vegetativer
Symptomatik einhergeht (1).
Spontannystagmus:
Im Zentrum der Gleichgewichtsdiagnostik steht die Suche nach spontanen Augenbewegungen mit der Frenzelbrille. Mit ihr werden Spontan- und Provokationsnystagmus,
und eine Lage- und Lagerungsprüfung durchgeführt Auch bei der experimentellen
thermischen Erregbarkeitsprüfung der beiden Labyrinthe wird ein allfällig auftretender
Nystagmis mit der Frenzelbrille objektiviert (1).
Beim Mb. Menière schlägt der Spontannystagmus bei allen Augenstellungen in die gleiche
horizontale Richtung – zum erkrankten Ohr hin. Dieser „Reiznystagmus“ lässt sich allerdings nur im akuten Anfall finden (73). Unmittelbar auf den Anfall folgend findet sich bei
40% der Patienten ein Nystagmus in die Gegenrichtung – zur gesunden Seite („Erholungsnystagmus“) (1).
Thermisch induzierter Nystagmus:
Schon 1942 stellten Cawthorne u. Mitarb. bei 94% der Menière-Patienten eine pathologische kalorische Prüfung fest (74). Stahle und Bergmann fanden an 300 Patienten in 2/3
der Fälle eine thermische Untererregbarkeit auf der betroffenen Seite (75).
Halsbedingter Schwindel:
Obwohl ein Morbus Menière durch Pathologien der Halswirbelsäule weder verursacht
noch unterhalten wird, sind Prüfungen auf den zervikalen Schwindel aus differentialdiagnostischen Überlegungen von Bedeutung. Patienten mit zervikalem Schwindel können
diesen durch bestimmte Kopfhaltungen oder –bewegungen auslösen. Für den Untersucher
beweisend, dass es sich um einen zervikalen Schwindel bzw. Irritation handelt, ist das Auftreten eines Nystagmus beim Halsdrehtest nach Moser u. Simon (1).
27
Tullio-Phänomen:
Beim Tullio-Phänomen wird ein Schwindel durch Lärmeinwirkung ausgelöst (63). Erklärt
wird dies dadurch, dass ein stark dilatierter Sacculus mit der Fußplatte des Stapes in
Berührung kommt (1).
1.4.4.3 Belastungstests
Glycerintest:
In Anlehnung an die Beobachtung, dass Glycerin den intraokulären Druck eines Glaukoms
vorübergehend mindern kann, wurde ein einfacher klinischer Test entwickelt, der auf der
osmotischen Wirkung des Glycerins basiert. Üblicherweise werden 1,2 mL Glycerin / kg
KG auf nüchternen Magen verabreicht, was zu einer Anhebung der Tonschwelle im
unteren Frequenzbereich führt (Abb.6). Das Maximum liegt bei ca. 2,5 bis 3 Stunden. nach
Glycerineinnahme. Danach fällt die Wirkung rasch ab und die Hörschwelle sinkt wieder
auf das Ausgangsniveau. Als positiv gilt der Test wenn in mindestens 3 benachbarten
Frequenzen das Hörvermögen um mindestens 5 dB ansteigt. Damit ist das Vorhandensein
eines endolymphatischen Hydrops zum Zeitpunkt der Untersuchung nachgewiesen (1).
Furosemidtest:
Beim Furosemidtest werden 20 mg Furosemid i.v. injiziert und vor und eine Stunde nach
Verabreichung die Hörschwelle gemessen. Hierbei kommt es bei 80% der Menière-Erkrankten ebenfalls zu einer Anhebung der Hörschwelle (1) (Abb.6).
Prostaglandintest:
Basierend auf der Tatsache, dass die Kochlea eine eigene Prostaglandinsynthese besitzt,
wird beim Prostaglandintest das gefriergetrocknete Prostaglandinderivat Sulproston in
isotoner Kochsalzlösung und über eine Stunde mit 120 ng/kg KG/min i.v. appliziert.
Vorher
und
nachher
werden
Tonschwellenaudiogramme
angefertigt.
Bei
noch
fluktuierendem Hörvermögen zeigt auch der Prostaglandintest eine Tonschwellenanhebung
(1) (Abb.6).
28
Abbildung 6 - Bei noch fluktuierendem Hörvermögen (graue Fläche) resultiert die Gabe von Glycerol,
Furosemid und Prostaglandin in einer deutlichen Hörerholung (Pfeile)
1.4.4.4 Tinnitusdiagnostik
Trotz der schwierigen Definition und Charakterisierung des Ohrgeräusches ist die Tinnitusdiagnostik unabdingbar. Von besonderer Wichtigkeit ist die Dokumentation des
Ohrgeräusches in der Krankheitsgeschichte (1).
Klassifikation:
-
Frequenz: während bei Krankheitsbeginn eher ein geräuschartiger Tinnitus im
Vordergrund steht, findet man bei lang andauernder Erkrankung eher einen tonalen
Tinnitus (77)
-
Lautheit: Quantifizierung mittels Frequenzverdeckungstest (1)
-
Verdeckbarkeit: Diese Messung wird durchgeführt, um festzustellen, ob die
Indikation für einen Tinnitusmasker gegeben ist (1)
29
2 Material und Methoden
In diesem Kapitel wird das Rechercheverfahren für diese Arbeit näher beschrieben.
Als primäres Rechercheinstrument diente zuerst fachspezifische Literatur um einen
allgemeinen Überblick über die Erkrankung zu erhalten und epidemiologische, ätiologische, pathogenetische und diagnostische Fragen zu klären. Da sich die Arbeit aber
primär mit den therapeutischen Ansätzen auseinandersetzt und fachspezifische Literatur zu
diesem Thema rar gesät und großteils nicht mehr aktuell ist, wurden renommierte elektronische Datenbanken wie Pubmed und die Cochrane Library: Ovid hinzugezogen. Diese
wissenschaftlichen Publikationen beinhalten entweder konventionell-pharmakologische
oder interventionell-chirurgische Therapiemodalitäten beziehungsweise eine stadiengerechte Kombination aus beidem und wurden mittels Suchbegriffen wie: (meniere, morbus
meniere), (hydrops, labyrinth), (therapy, treatment), (pharma, prophylactic) und (surgery,
intratympanic injection) ausfindig gemacht. Zusätzlich wurden auch aktuelle Übersichtsarbeiten zur Auswertung hinzugezogen. Zugang zu den wissenschaftlichen Arbeiten ermöglichten die elektronische Bibliothek der Medizinischen Universität Graz, sowie der
Literaturbestand der Klinischen Bibliothek Graz.
Da die Anzahl der aktuellen, wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema „Therapie des
Morbus Menière“ keine strengeren Ausschlusskriterien erlaubt, beschränkten sich diese auf
den Publikationszeitpunkt. So wurden nur Arbeiten hinzugezogen, die im Zeitraum von
1998 bis 2009 publiziert worden waren. Weiters beschränkt sich die Arbeit auf aktuelle
Behandlungsstrategien, ohne dabei auf verlassene Verfahren einzugehen.
30
3 Ergebnisse – Resultate
3.1 Stadienspezifische Behandlungsstrategien
Stadium
Symptome
Akute Anfälle
Maßnahme
Therapieansatz
Antiemetika
Antivertiginosa
Supportive Therapie
Zentrale Dämpfung des innenohrbedingten Schwindels
Stadium I
Fluktuierendes Hörvermögen, das sich nach dem
Schwindelanfall vollständig
normalisieren kann
Betahistine
Steroide
Diuretika
Medikamentöse Beeinflussung
der Faktoren, die als ursächlich
angenommen werden
Stadium II
Schwindel und fluktuierendes Hörvermögen,
das sich spontan bessert,
aber nicht mehr normalisiert
Chirurgische
Dekompression
Durch die Erweiterung der oft
verengten Verhältnisse am Saccus endolymphaticus hofft man
auf einen besseren Fluss von
Blut und Lymphe, sodass indirekt auch die Resorption der
Lymphe verbessert wird.
Stadium III
Deutliche Hörminderung,
ohne Fluktuation, weitere
Schwindelanfälle
Labyrinthausschaltung mit Gentamycin
Neurektomie
(zentral oder
peripher)
Ausschaltung des Vestibularorgans oder Durchtrennung der
Weiterleitung vom Labyrinth
zum Gleichgewichtszentrum
Tabelle 5 - Stadienspezifische Behandlungsstrategien des Mb. Menière
3.2 Symptomatische Akuttherapie
Beim akuten Menière-Anfall stehen vestibuläre Suppression und antiemetische Therapie
im Vordergrund. Zu diesem Zweck stehen mehrere Substanzklassen zur Verfügung, unter
anderen: Benzodiazepine, Antihistaminika, Anticholinergika und Antidopaminergika (78).
3.2.1 Benzodiazepine
Durch ihre Wirkung auf das zerebelläre, GABAerge System blockieren Benzodiazepine
zentral die Vestibularis-Kerne und verhindern so eine Weiterleitung des pathologischen
Inputs. Zusätzlich macht man sich ihre anxiolytische Wirkung zu Nutze. Aufgrund ihres
negativen Einflusses auf kochleäre Kompensationsmechanismen bleibt der Einsatz von
31
Benzodiazepinen aber der Akuttherapie vorbehalten (78). Anwendung finden vor allem
Diazepam und Clonazepam, wobei letzteres größere Wirksamkeit auf die vestibulären
Kerne und kleineres Suchtpotential aufweist (79).
3.2.2 Antihistaminika und Anticholinergika
Antihistaminika wie Meclizin und Dimenhydrinat zeigten in mehreren Studien verglichen
mit Placebo gute antivertiginöse und antiemetische Wirksamkeit in Menière-Patienten.
Allerdings muss aufgrund der exzessiv anticholinergen Effekte (Tab.6) besondere
Achtsamkeit im Hinblick auf Glaukom oder Prostatahyperplasie an den Tag gelegt werden
(78).
Sedativ
Anticholinerg
Antiemetisch
Promethazin
+++
+++
++
Diphenhydramin
+++
+++
++
Dimenhydrinat
+++
++
+++
Prochlorperazin
++
+
+++
Meclizin
+
+
Tabelle 6- Eigenschaften der vestibulären Suppressiva (80)
+++
Scopolamin, ein natürlich vorkommendes Mutterkornalkaloid mit anticholingerischer
Wirkung findet ebenfalls Einsatz als antiemetische Therapie (78).
3.2.3 Antidopaminergika
Das antidopaminerg wirksame Metroclopramid kann oral, parenteral oder rektal verabreicht werden und ist im akuten Anfall vor allem in letzterer Darreichungsform eine
einfach zu handhabende Alternative zu den oben genannten Antivertiginosa. Allerdings
kann es bei zu hoher Dosis zu extrapyramidalen und endokrinen Störungen kommen.
Die Phenothiazinderivate Promethazin und Prochlorperazin haben zusätzlich noch
antihistaminische und anticholinerge Aktivität und somit auch antiemetische und anxiolytische Wirkung. Dies, verbunden mit der Einfachheit in der Anwendung als Suppositorium und der extrem geringen Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer extrapyramidalen Reaktion, macht sie zur effektiven Akuttherapie beim Mb. Menière-Anfall. Die
Möglichkeit der Darreichung als Suppositorium ist vor allem dann von großem Nutzen,
wenn der Anfall mit Emesis einhergeht (78).
32
3.2.4 Supportive Maßnahmen
Hier sind vor allem die Rehydratation des Patienten, ein Ausgleich für die mit der Emesis
verlorengegangene Flüssigkeit, die im individuellen Fall exzessives Ausmaß erreichen
kann, und der Ausgleich von Elektrolytverschiebungen zu nennen.
3.3 Chronisches Therapiemanagement
Die folgende Abbildung (Abb. 7) zeigt einen beispielhaften Therapieplan, der die
verschiedenen Optionen jeweils in Abhängigkeit von der klinischen Symptomatik
sukzessive hinzunimmt. Wichtig sind vor allem die wiederholte Reevaluation der
Schwindelsymptomatik und des Hörverlustes. Auch ein bilaterales Auftreten eines Mb.
Menière ist von therapeutischer Relevanz, da in diesem Fall von gehördestruierenden
Verfahren Abstand genommen werden sollte.
Abbildung 7 - Algorithmus des konventionellen Therapiemanagements bei chronischer Menière Erkrankung
(IT = intratympanic, ELS = endolymphatic sac, VNS = vestibular nerve surgery, MD = Menière´s disease)
33
3.3.1 Lifestyle-Modifikation
Auslöser vermeiden:
Manche Meniére-Patienten berichten von einer akuten Exazerbation ihrer Erkrankung
wenn sie einem bestimmten Trigger ausgesetzt sind. Zu diesen Triggern zählen Einnahme
von Salz, Koffein, Alkohol, Nikotin, Stress, Müdigkeit und Allergie. Ein Vermeiden dieser
Auslöser kann eine entscheidende Rolle bei der Anfallsprävention spielen.
Emotioneller Stress ist als Ursache für eine erhöhte Anfallshäufigkeit identifiziert worden
(81). In Tierstudien wurden histologische Hinweise auf endolymphatischen Hydrops bei
Meerschweinchen gefunden, die Stress ausgesetzt waren (82). Wenn man allerdings die
Cortisol-Spiegel von Patienten mit langer Menière-Vorgeschichte mit denen von Patienten
mit kürzerer Leidensgeschichte vergleicht, kommt man eher zum Schluss, dass der Stress
Resultat und nicht Ursache des Morbus Menière ist (83). Der wirkliche Zusammenhang
muss erst noch aufgedeckt werden.
Nichtsdestotrotz ist strukturierte, psychologische Unterstützung Teil des empfohlenen
Managements des Mb. Menière (84). Elwood et al. konnten zeigen, dass Verhaltenstherapie die Angst der Patienten in der Öffentlichkeit einen Anfall zu erleiden lindern
konnte, ihnen dabei half, ihr soziales Leben wieder aufzunehmen und Copingstrategien im
Umgang mit dem Stress zu entwickeln (85).
Trotzdem ist die einfache Patienten-Erziehung durch den HNO-Facharzt wahrscheinlich
der wichtigste Bestandteil der konservativen Therapie und sollte eine detaillierte Aufklärung über die Erkrankung beinhalten. Gerade der nicht-lebensbedrohende Charakter
sollte betont und wenn nötig auch wiederholt werden (78). Nach den Untersuchungen von
Kinney et al. kann die Unterstützung durch Familie, soziale Netze und auch durch Selbsthilfegruppen den Stress, der durch die Erkrankung hervorgerufen wird, signifikant vermindern (84).
Deshalb ist die Identifizierung und das Vermeiden solcher auslösenden Faktoren unverzichtbarer Bestandteil des Menière-Managements. Unglücklicherweise kann in der Mehrheit der Patienten kein spezifischer Trigger identifiziert werden und weitere Interventionen
sind notwendig (78)
34
Salzrestriktion:
In Einzelfällen wurde davon berichtet, dass Patienten akute Schwindelsymptomatik bei
hoher Salzexposition entwickelten. Seit den 30er Jahren sind Therapieprotokolle, die auf
einer Natrium-Restriktion basieren, Teil des Managements (86). Neuere Untersuchungen
haben gezeigt, dass die Auswirkung des Natriums auf den endolymphatischen Hydrops
viel komplexer ist, als eine einfache Volumenfluktuation auf osmotischer Basis. In
experimentellen Studien, an Tier und Mensch, wurde gezeigt, dass eine natriumarme
Ernährung keinen bzw. wenig Einfluss auf die Plasmakonzentration hat. Darüber hinaus
gilt es als bewiesen, dass selbst im histologisch nachgewiesenen Hydrops die Natriumkonzentration normal ist. Obwohl bei allen Patienten, bei denen Morbus Menière diagnostiziert ist, ein endolymphatischer Hydrops gefunden wird, zeigen nicht alle Patienten mit
Hydrops Symptome des Morbus Menière. Man muss also davon ausgehen, dass der
Hydrops nicht Endpunkt der Menière-Symptomatik ist, sondern eher eine Manifestation
von einer nicht bekannten Störung der labyrinthären Homöostase (78).
Untersuchungen der Plasma Osmolarität haben nun das Hauptaugenmerk auf den Wassertransport und dessen Regulation gelenkt (88). Aktuelle Ergebnisse weisen darauf hin, dass
möglicherweise Arginin, Vasopressin, Aquaporine und das antidiuretische Hormon bei der
Entwicklung eines Morbus Menière eine ursächliche Rolle spielen. Naganuma et al. fanden
heraus, dass erhöhte Wasserzufuhr die ADH-Ausschüttung senkt und gleichzeitig den
Hörverlust verbessern oder sogar verhindern kann. Auch wenn die Teilnehmerzahl bei
diesen Untersuchungen sehr klein war, wird eine solche Therapie aufgrund ihrer Einfachheit und Kosteneffektivität im Interesse weiterer Untersuchungen sein (78).
Trotz der nicht vollständig verstanden Mechanismen, wie Natriumaufnahme und Hydropsentwicklung miteinander korrelieren, wird diese dennoch weitestgehend von den Autoren
empfohlen (78). Claes und Van de Heyning z.B. schlugen eine Salzdiät vor, bei der der
Patient nicht mehr als 1 g NaCl / d zu sich nehmen darf, obwohl keinerlei Evidenz für den
Benefit eines solchen Regimes vorhanden ist (88).
Bis zum heutigen Tag gibt es keine Untersuchung, die die Wirksamkeit einer Salzrestriktion als singuläre Therapie des Morbus Menière bestätigt. Allgemein sollte der
Salzverbrauch auf weniger als 2 g / d limitiert werden. Die Patienten sollten angewiesen
werden, den Salzkonsum bei Tisch zu eliminieren und den Verbrauch beim Kochen zu
senken. Weiters sollte der Patient aufmerksam die Ernährungsinformationen auf den
Produkten lesen (78).
35
3.3.2 Pharmakologische Intervention
Für manche Menière-Patienten können ein Unterbinden der auslösenden Faktoren und eine
diätetische Modifikation für eine adäquate Kontrolle der Erkrankung ausreichen. Allerdings bedarf es für einen signifikanten Anteil der Patienten dennoch einer zusätzlichen
therapeutischen Intervention (78).
Diuretika:
Diuretika werden in der Routine gemeinsam mit oder als Alternative zur Salzdiät angewandt, um die Gesamtsalzmenge im Körper und damit auch das Gesamtkörperwasser zu
reduzieren. Man nimmt an, dass dadurch das endolymphatische Volumen abnimmt und
damit dem Hydrops entgegenwirkt (5). Zusätzlich wird durch die Gabe von Diuretika die
Endolymphproduktion in der Stria vascularis gehemmt (78).
Auf Brauchbarkeit im Management des Mb. Menière wurden die 4 Hauptklassen der
Diuretika untersucht (Tab.7).
Klasse
Bsp.
Thiazid-Diuretika:
blockieren renale NaCl Rückresorption
Hydrochlorothiazid
Kaliumsparende Diuretika:
blockieren renalen Na/K-Austausch
Spironolacton
Schleifendiuretika:
Furosemid
Carboanhydrasehemmer:
hemmen Protonen-Sekretion und fördern Na/K-Exkretion
Acetazolamid
Tabelle 7 - Diuretikaklassen im Mb. Menière Therapie-Management
Alle Diuretikaklassen sollen die Flüssigkeitsbalance im Innenohr beeinflussen, keines
davon aber ohne Nebenwirkungen. Diese reichen von metabolischer Azidose mit Hypokaliämie und Hypochlorämie (Thiaziddiuretika), Hyperglycämie und Exacerbation eines
präexistenten Diabetes mellitus, renaler und hepatischer Insuffizienz, über metabolische
Azidose mit niedrigem, plasmatischen Bicarbonatspiegel, Nephrokalzinose und Hyperhidrose, bis hin zu distalen Parästhesien und gastrointestinalen Beschwerden (vor allem bei
Carboanhydraseinhibitoren) (78).
Trotz ihrer festen Verankerung im Mb. Menière Management ist die klinische Evidenz des
Einsatzes von Diuretika gering (78). Eine kürzlich abgeschlossene Metaanalyse über den
36
Gebrauch von Diuretika bei Mb. Menière berichtete von „no trials of high enough quality“
(89). In der Praxis beruft man sich meist auf Studien von Klockhoff und Lindblom, die
eine signifikante Verbesserung der Schwindelsymptomatik, des Hörverlustes und insgesamt der Lebensqualität durch Gabe von Hydrochlorothiaziden im Vergleich mit
Placebo gezeigt haben (90). Allerdings fanden Ruckenstein et al. bei einer Reevaluation
von Klockhoffs Daten keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen der Diuretikaund der Kontrollgruppe (91). Die einzige publizierte Arbeit zu diesem Thema zeigte nach
17 Wochen Therapie mit Dyazid (Triamterene und Hydrochlorothiazid) eine signifikante
Verbesserung der vestibulären Symptomatik, nicht aber von Hörverlust oder Tinnitus.
Storper et al. zeigten, dass 2 mg des anticholinerg wirksamen Glycopyrrolat – zwei mal
täglich verabreicht – einen signifikanten Benefit für Patienten aufwiesen, die bereits vorher
Diuretika er- und eine Salzdiät einhielten (78).
Manche Autoren propagieren auch die gleichzeitige Einhaltung einer strikten Salzdiät
während der Diuretikatherapie (78). Santos et al. untersuchten retrospektiv 54 Patienten,
die eine Salzdiät einhielten und mit Diuretika behandelt wurden. Nach 24 Monaten
Therapie war die Schwindelsymptomatik bei 79% der Patienten völlig unter Kontrolle,
besser oder gleich in 19% und schlechter in 2%. Der Hörverlust verbesserte sich bei 35%
der Patienten, blieb bei 29% gleich und verschlechterte sich bei 22%. Diese Ergebnisse
wurden zusätzlich frequenzabhängig nach 74 Monaten Therapie evaluiert und zeigten eine
Stabilisation des Hörverlustes im tief- und mittelfrequenten Bereich, mit einer durchschnittlichen Progressionsrate des Hörverlustes von annähernd 0 dB / Jahr (92). Die
Ergebnisse dieser Studie legen die Vermutung nahe, dass Diuretika in Verbindung mit
Natriumrestriktion die natürliche Progression des sensorineuralen Hörverlustes verlangsamt. Mit Stabilisation der Erkrankung, d.h. bei einem symptomfreien Intervall von 6
bis 12 Monaten, kann die Therapie ausgeschlichen und nur wenn nötig wieder begonnen
werden (78).
Steroide:
Immunpathologische Prozesse werden schon lange als wichtiger ätiologischer Faktor für
den Mb. Menière angesehen (78). Neuere Untersuchungen vermuten, dass Antikörper
gegen den Saccus endolymphaticus, Immunkomplexablagerung, das Komplementsystem,
wie auch bei anderen Autoimmunerkrankungen wie dem Cogan-Syndrom, IgG
Ablagerungen im endolymphatischen Sack oder auch immunkompetente Zellen und
Autoantikörper gegen Typ II Kollagen dabei eine Rolle spielen (93, 94). Brookes fand z.B.
37
in 54% der untersuchten Menière-Patienten zirkulierende Immunkomplexe (95). Tomoda
et al. berichteten, dass bis zu 6% aller Patienten mit Mb. Menière einen autoimmunologischen Hintergrund aufweisen (96). Auch das Ansprechen auf Steroidtherapie bei
Patienten mit erhöhter Expression bestimmter Leukozytenantigene unterstützt diese
Theorie. Zusätzlich weisen 20% der Menière-Patienten Allergien gegen Nahrungsmittel
oder inhalative Noxen auf. Die Immuntherapie und Diätmodifikation verbesserte in
Untersuchungen sowohl die allergischen als auch die Menière-Symptomatik im Vergleich
zur Kontrollgruppe (54).
Das Konzept des Morbus Menière als eine inflammatorische oder immunmediierte
Erkrankung legitimierte die Steroidtherapie als Teil des Managements dieser Erkrankung.
Allerdings beeinflussen Corticosteroide neben der Immunmodulation auch Kohlenhydrat-,
Elektrolyt-, Protein- und Lipidstoffwechsel, was eine genaue Analyse der physiologischen
Wirksamkeit unmöglich macht. Zusätzlich wurden im Innenohr Glucocorticoidrezeptoren
entdeckt, die möglicherweise auch auf direktem Weg die Flüssigkeitshomöostase beeinflussen können (78). Nichtsdestotrotz ist der Einsatz von Steroiden größtenteils auf
empirischer Basis gerechtfertigt, da diese Therapie durchaus erfolgreich bei Patienten mit
plötzlichem sensorineuralem Hörverlust und Tinnitus engesetzt wurde (78).
Aktuell gewinnt auch die intratympanische Steroidinjektion immer mehr an Popularität in
der Therapie von sensorineuralem Hörverlust und Mb. Menière, obwohl starke Evidenz
dafür fehlt. Die Vorteile dieser Methode sind zahlreich: einfache Durchführung,
Vermeiden von Operationen, Vermeiden von Kontraindikationen systemischer Therapie
(Hypertonus,
Diabetes)
(Schlaflosigkeit,
und
Intoleranzreaktionen
gastrointestinale
Beschwerden),
gegen
systemische
Salvage-Therapie
bei
Therapie
Versagen
systemischer Therapie und selektive Behandlung des erkrankten Ohres (78). Zusätzlich
übersteigt die Steroidkonzentration im Labyrinth nach intratympanischer Verabreichung
bei weitem jene bei systemischer Gabe (97). Nebenwirkungen dieser Therapie sind
Schmerzen, Schwindel (permanent oder temporär), Otitis media, Trommelfellperforation
und Hörverlust (78). Die optimale Dosierung, die Frequenz und die Dauer der Fortführung
und auch die Technik des Einbringens der Steroide in das Innenohr müssen noch
standardisiert und klinisch untersucht werden, da bisher auch die Rückmeldung über
Komplikationen noch sehr unzuverlässig war (78). Es gibt zu diesem Thema erst relativ
wenige Studien, jedoch zeigen deren Ergebnisse, dass zwar die Schwindelsymptomatik
verbessert werden kann, allerdings kein signifikanter Unterschied bei Hörverlust und
Tinnitus nachgewiesen werden konnte. Silverstein et al. berichteten, dass bei 72% der
38
Patienten eine komplette Remission der Schwindelsymptomatik nach 18 Monaten Therapie
erzielt werden konnte (98). Allerdings ist dieses Ergebnis nicht signifikant besser oder
schlechter als nach intratympanischer Gentamycininjektion oder Dekompression des
endolymphatischen Sackes (98). Das Fehlen des Effekts auf die Hörleistungen im Kontrast
mit den vereinzelt berichteten Erfolgen der intratympanische Steroidverabreichung bei
plötzlichem sensorineuralem Hörverlust lässt verschiedene Pathophysiologien dieser
beiden Entitäten vermuten (78).
Gerade bei Patienten, bei denen eine Verbesserung der Hörleistungen nicht das primäre
Behandlungsziel ist oder die kein Ansprechen auf andere medikamentöse Therapie gezeigt
haben, kann die intratympanische Steroidinjektion durchaus signifikanten Benefit bringen,
bevor zu anderen, aggressiveren chirurgischen Maßnahmen gegriffen wird (78).
Vasodilatatoren:
Veränderungen der Mikrozirkulation, die zur Ischämie der Stria vascularis führen, werden
schon lange mit der Entstehung eines Mb. Menière in Verbindung gebracht (78). Vasodilatatoren wurden verwendet, um die Mikrozirkulation zu verbessern, den endolymphatischen Druck zu vermindern oder möglicherweise die Vestibulariskerne zu
blockieren (99). Wirkstoffe, die eine kapilläre Dilatation verursachen, wie Niacin,
Papaverin, Isosorbit-Dinitrat, Histamin und Betahistin, wurden dazu verwendet.
Betahistin ist der in Europa am öftesten verabreichte Wirkstoff dieser Gruppe (78). Es
bindet sowohl an H1 als auch an H3 Rezeptoren, was zu einer Hemmung der
Vestibulariskerne (H3-Antagonismus) und zu einem gesteigerten kochleären Blutfluss (H3
präsynaptischer Heterorezeptor-Antagonismus) führt. Der therapeutische Effekt und auch
die Sicherheit des Betahistins wurden bereits in vielen kontrollierten klinischen Studien für
die Therapie des Schwindels gezeigt (78). Mira et al. (100) untersuchten die Wirksamkeit
von Betahistin bei Patienten mit Mb. Menière oder paroxysmalem Lagerungsschwindel im
Vergleich mit Placebo und fanden heraus, dass Betahistin nach 3 Monaten Therapie einen
signifikanten Effekt auf Frequenz, Intensität und Dauer der Schwindelanfälle hatte
(Abb.8). Auch auf assoziierte Symptome und Lebensqualität zeigte es einen signifikant
positiven Effekt (Abb.9).
39
Abbildung 8 - Häufigkeit des Auftretens von Schwindelattacken während Betahistin- oder
Placebobehandlung (% Abnahme im Vergleich zur Symptomatik vor Therapiebeginn)
BE = Betahistin; PL = Placebo; MD = Menière´s Disease; PPV = Paroxysmaler Lagerungsschwindel
Abbildung 9 - Assoziierte Symptomatik während Betahistin- oder Placebobehandlung (% Abnahme im
Vergleich zur Symptomatik vor Therapiebeginn (BE = Betahistin; PL = Placebo; MD = Menière´s Disease)
Fraysse et al. (101) berichteten von einer Reduktion der Frequenz, Intensität und Dauer der
Schwindelattacken im Vergleich mit Flunarazin, einem cerebral aktiven Kalziumantagonisten.
Im Kontrast dazu zeigten andere Studien keine Verbesserung der Symptomatik, weder bei
kurzer Therapiedauer noch bei Langzeitbehandlung. Die fehlende Wirksamkeit auf Hörverlust, Tinnitus und das aurale Druckgefühl lassen vermuten, dass positive Effekte des
Betahistins eher Resultat einer unspezifischen Hemmung im zentralen Nervensystem als
eines direkten Effekts auf den kochleären Blutfluss sind (78).
40
Komplementär- und alternativmedizinisch Ansätze:
Gerade Patienten mit suboptimaler Entwicklung ihrer Beschwerden wenden sich immer
öfter komplementär- und alternativmedizinischen Methoden zu. Es gibt anekdotische
Evidenz, dass Gingko biloba, Niacin, Flavonoide, Ingwerextrakte und zahlreiche andere
homöopathische Mixturen aus Kräutern einen Benefit für den Menière-Patienten bringen
kann (78). Auch Akupunktur, Akupressur und Tai Chi wurden lange im Management von
Vertigo und Nausea miteinbezogen.
Obwohl keine klinische Evidenz für die Wirksamkeit dieser Ansätze existiert, ist es für den
Facharzt wichtig zu wissen, dass viele Menière-Patienten auch solche Methoden
beanspruchen. Eisenberg et al. zeigten, dass 42% der Patienten bereits alternativmedizinische Methoden versucht hatten und dass drei Viertel dieser Patienten ihren Arzt
nicht darüber informiert hatten (115). Es ist daher wichtig, den Patienten danach zu fragen
und Erfolg versprechende Methoden mit einzubeziehen um ein effektives, sicheres und für
den Patienten verständliches Therapiemanagement zu entwerfen (78).
Aminoglycosid Ablation
Aminoglycoside besitzen ototoxische Wirksamkeit, Streptomycin und Gentamicin sogar
selektiv vestibultoxische (116). Diese setzen die Endolymphproduktion in der Crista
ampullaris außer Kraft. Diese Eigenschaften der Aminoglycoside machte man sich auch
beim therapeutischen Vorgehen gegen die Schwindelsymptomatik, die mit dem Mb.
Menière assoziiert ist, zunutze (78). 1948 verabreichte Fowler systemisches Streptomycin
in der Menièretherapie, zwölf Jahre später war es Schuknecht (102), der das
Aminoglycosid lokal ins Mittelohr injizierte. Im letzten Jahrzehnt ist die intratympanische
Gentamicininjektion Teil der Routinetherapie geworden, speziell für Patienten mit
therapierefraktärem Mb. Menière (78).
Die intratympanische Gentamicininjektion nutzt die vestibulotoxischen Eigenschaften von
Gentamicin um so eine chemische Labyrinthektomie durchzuführen (78). Es kann ins
Mittelohr über eine Myringotomie, Tympanotomie oder Mikrokatheter eingebracht
werden. Exakterweise sollte es durch die Membran des runden Fensters, das Ligamentum
anulare oder Gefäßtunnels in das Labyrinth injiziert werden. Auf welchem Wege Gentamicin seine vestibulotoxischen Eigenschaften entfalten kann, ist noch nicht vollständig
aufgeklärt (78). In einer Studie, die die histopathologischen Veränderungen an den vestibulären Endorganen bei Patienten mit Mb. Menière untersuchte, konnte gezeigt werden,
41
dass es zu einer schweren Atrophie des Neuroepithels der Cristae ampullares mit undifferenzierten Zellen, Fibrose und Stromaödem kommt (103).
Die große Anzahl von Untersuchungen auf die Wirksamkeit der intratympanischen Gentamicininjektion hat dazu geführt, dass chirurisch-interventionelle Therapieansätze fast
verlassen wurden (78). Allerdings tauchte mit der Metaanalyse von Cohen-Kerem et al.
(104) über publizierte Studien, bei denen intratympanische Gentamicininjektion als
singuläre Therapie angewandt wurde, ein Unsicherheitsfaktor auf: nicht eine einzige
annehmbare, einfach oder doppelt blinde, kontrollierte klinische Studie konnte identifiziert
werden. Variationen von Gentamicinkonzentration, Dosierung, Behandlungsfrequenz und
Therapiedauer machten eine Vergleichbarkeit unmöglich. Deshalb existiert wenig Konsens
über ein optimales Behandlungsprotokoll.
Bei Patienten mit einseitigem Mb. Menière bevorzugen die meisten Autoren eine NiedrigDosis-Ablation wie sie von Harner et al. (105) beschrieben wird. Bei dieser Methode wird
für die Lokalanästhesie entweder Lidocain lokal infiltriert oder topisches Phenol eingebracht.
1 mL ungepuffertes Gentamicinsulfat mit einer Konzentration von 40mg / mL mit der
Spritze aufgezogen und 0,5 bis 0,75 mL davon direkt in das Mittelohr injiziert (Abb.10).
Abbildung 10 - Injektion des Gentamicin in die vorderen
Trommelfellquadranten unter lokaler Anästhesie
42
Nach der Injektion muss der Patient 30 Minuten am Rücken liegen und sollte für zwei
Wochen kein Wasser in das betroffene Ohr eindringen lassen. Nach einem Monat wird ein
neuerliches Audiogramm angefertigt. Eine solche Intervention resultierte in 76% in
Verringerung der Schwindelsymptomatik und keiner Veränderung im Audiogramm 4 Jahre
nach der Injektion. 15 bis 20% der Patienten benötigen allerdings eine zweite Injektion,
normalerweise bei der Nachuntersuchung nach einem Monat; eine dritte Injektion ist selten
notwendig. Durch die niedrige Dosierung des Gentamicins führt dieses Behandlungsprotokoll nur selten zur Hörverschlechterung (78).
Auch wenn die intratympanische Gentamicininjektion einfach zu handhaben ist, sollte man
trotzdem Vorsicht walten lassen. Angenommen 20% der Menière-Patienten entwickeln
eine bilaterale Erkrankung, so ist das Risiko für eine bilaterale, labyrinthäre Hypofunktion
während eines Patientenlebens sehr hoch (78). Die daraus resultierende Gleichgewichtsstörung und die Oszillopsie können die Lebensqualität sehr beeinträchtigen und sind oft
irreversibel. Deshalb sind bei Patienten mit bilateraler Erkrankung die intratympanische
Steroidinjektion und nichtablative, chirurgische Verfahren dem Gentamicin vorzuziehen
(78).
3.3.3 Operative Eingriffe
Wenn die lang dauernde, konservative Therapie die notwendige Lebensqualität und
Arbeitsfähigkeit nicht mehr gewährleisten kann, bleibt für die Behandlung der MenièreErkrankung nur ein operativer Eingriff, wobei hier die Besserung der Schwindelanfälle im
Vordergrund steht. Die Wahl des individuell anzuwendenden chirurgischen Verfahrens
richtet sich nach der Intensität und der Frequenz der Schwindelattacken, nach dem Grad
des noch nutzbaren Hörvermögens sowie nach der ein- oder beidseitigen Ausprägung der
Erkrankung. Insbesondere im Falle eines noch verwertbaren Gehörs sollten funktionserhaltende Eingriffe destruierenden Verfahren vorgezogen werden. Aber auch bei kompletter Ertaubung sollte zumindest Labyrinth-erhaltend vorgegangen werden, um sich die
Option einer Kochleaimplantation bei beidseitigem Verlauf nicht zu nehmen. Funktionserhaltende Eingriffe sind charakterisiert durch eine Entlastung des Endolymphhydrops,
ohne das Gehör oder das periphere Gleichgewichtsorgan zu zerstören (106). Die
Abbildung 11 gibt einen Überblick über die chirurgische Therapieplanung.
43
Abbildung 11 - Vorschlag eines Algorithmus zur Behandlung des Mb. Menière: Sekundärbehandlung mit
chirurgischer Therapie
3.3.3.1 Eingriffe mit fraglicher Placebowirkung
Paukenröhrchen:
Das Paukenröhrchen wird direkt in das Trommelfell eingebracht und erlaubt durch die
Verbindung der Paukenhöhle mit der Umgebung einen direkten Druckausgleich (106).
Auch wenn die Wirksamkeit nicht mit den gängigen, ätiopathogenetischen Vorstellung zur
Entstehung des Mb. Menière ausreichend erklärt werden kann, berichteten Motandon et al..
(107), dass bereits durch das alleinige Einsetzen eines Paukenröhrchens, ohne zusätzliche
Maßnahmen, bei 82% der Patienten über 2,5 Jahre Anfallsfreiheit erreicht werden konnte.
44
Meniett® (Medtronic Xomed Inc., Jacksonville, FL, USA):
Bei diesem Gerät handelt es sich um einen Druck-Pulsgenerator, der über eine Pumpe und
einen Schlauch Druck im äußeren Gehörgang aufbaut. Dabei entspricht der Spitzendruck
einem Untertauchen von 12 cm ins Wasser. Das Legen eines Paukenröhrchen, das Voraussetzung für diese Form der Therapie ist, soll über die Verbindung ins Innenohr dafür
sorgen, dass sich dieser Druck das Mittelohr auf das Innenohr fortpflanzt und dort den
endolymphatischen Hydrops beeinflusst. Propagiert wird dieses Verfahren insbesondere
von Densert u. Densert aus Stockholm. Per Umfrage stellte sich heraus, dass eine Besserung des Schwindels erlebt wurde. Man fand - bei allerdings nur 12 Patienten – sogar
eine Hörverbesserung. Es fehlen aber aussagekräftige Studien und somit die klinische
Evidenz für den Einsatz des Gerätes (108).
3.3.3.2 Funktionserhaltende Eingriffe:
Sakkotomie:
Die Sakkotomie wurde bereits 1927 erstmals von Portmann beschrieben und soll zu einer
Drainage des Endolymphraums führen (109). Nach ihrer Wiederentdeckung in den 1960er
Jahren und Publikation durch House findet sie heute in unterschiedlichen Modifikationen
Anerkennung und weltweite Verbreitung (106).
Nach retroaurikulärer Eröffnung erfolgt die Antrotomie und Mastoidektomie, bei der der
horizontale und der hintere Bogengang dargestellt werden. Ziel ist es, den Saccus
endolymphaticus von den umgebenden Knochen freizulegen und zu dekomprimieren. Zum
sicheren Aufsuchen des Sakkus ist es notwendig, den lateralen Bogengang als patienteninternes Bezugssystem zu Hilfe zu nehmen und so die Linie des hinteren Bogenganges als
wichtigste Landmarke in der Sakkuschirurgie darzustellen. Hierzu wird der Labyrinthknochen über dem hinteren Bogengang sukzessive mit Diamantbohrern ausgedünnt, bis
das häutige Labyrinth durchschimmert. So kann der Saccus endolymphaticus medial des
kaudalen Endes des hinteren Bogengangs als weißliche Verdickung in einer Duraduplikatur zur hinteren Schädelgrube identifiziert und zur Drainage geschlitzt und mit
einem Silikondreieck oder Ventil offen gehalten werden (106).
Unabhängig davon, wie der Sakkus geschlitzt oder offen gehalten werden soll, kommt es
bei 60 bis 90% der Patienten zu einer dauerhaften Beseitigung oder Besserung der
Schwindelanfälle (110). Damit ist die Sakkotomie qualifiziert, als Mittel der Wahl
45
eingesetzt zu werden, wenn durch eine konservativ-medikamentöse Therapie keine für den
Patienten zufrieden stellende Symptomreduzierung erreicht werden kann (106).
Sakkusdekompression:
Die Sakkusdekompression wurde 1966 von Shambaugh (111) entwickelt und wird nach
wie vor von einigen Chirurgen der Sakkotomie vorgezogen (106). Vergleichsstudien zu
diesen beiden Operationsverfahren berichten über ähnliche Erfolgsraten bezüglich
Schwindelreduktion und Hörerhalt. Allerdings wird der Sakkusdekompression oder auch
Sakkusexposition gelegentlich vorgeworfen, einen Placeboeffekt zu generieren, dann
nämlich, wenn man den Eingriff als erweiterte Mastoidektomie begreift (106), die nach
Untersuchungen von Thomsen et al. (112) die Menière-Symptomatik genauso günstig
beeinflusse wie eine Sakkotomie. Als Grund für die Bevorzugung der bloßen
Dekompression wird oft die Ertaubungsrate von etwa 5% nach Sakkotomie angegeben,
diese muss aber den Ertaubungsraten der immer häufiger angewandten GentamicinBehandlung von bis zu 18% gegenübergestellt werden (106).
Sakkusrevision:
Die Sakkusrevision mit ggf. erneuter Schlitzung ist bei Wiederauftreten der MenièreSymtomatik nach zunächst erfolgreicher Sakkotomie empfehlenswert. Kommt es nach
dieser Behandlung, die immerhin bei 80% der Patienten erfolgreich ist, wiederum nicht zu
einer Verbesserung, so blieben bislang als Ultima Ratio bei Versagen aller zuvor aufgeführten therapeutischen Maßnahmen lediglich destruktive Verfahren, wie Labyrinthektomie oder Resektion des N. vestibularis. Untersuchungen der Mainzer Arbeitsgruppe
zeigten aber, dass es durch eine intratympanische Gentamicininjektion nach stattgehabter
Sakkotomie zu kompletter Schwindelfreiheit und Hörerhalt über einen gewissen Zeitraum
kommen kann, so dass in ausgewählten Fällen ein Therapieversuch mit GentamicinInstillationen vor einer weitergehenden, potenziell invalidisierenden Maßnahme in
Erwägung gezogen werden kann.
3.3.3.3 Funktionszerstörende Eingriffe
Labrinthektomie:
Eine rein chirurgische Labyrinthektomie ist, da in bis zu 40% der Fälle eine behandlungsbedürftige Schwindelsymptomatik zurückbleibt, zum heutigen Zeitpunkt obsolet (106).
46
Neurektomie:
Zur Durchtrennung des Gleichgewichtsnervs bzw. zur Exzision des Ganglion Scarpae im
Sinne der Vestibularis-Neurektomie stehen zwei Zugangswege zur Verfügung: Sollte das
Hörvermögen erhalten sein, wird transtemporal-extradural vorgegangen, ist die Hörfunktion hingegen ausgefallen, kann der innere Gehörgang auf direktem Weg unter Zerstörung des Innenohrs eröffnet und das Ganglion Scarpae entfernt werden. Letzterer
Eingriff ist für den Patienten weniger belastend.
Auf diesem Wege gewonnenes Material erlaubte zusätzlich histologische Untersuchungen
an Innenohrgewebe und man konnte wichtige Hinweise für die Pathologie der Spätstadien
des Mb. Menière gewinnen. Neben erheblichen, degenerativen Veränderungen mit ausgeprägten Sinneszellschäden fand sich eine große Zahl gut erhaltener Nervenfasern mit ausgedehnten Umbauvorgängen im Ganglion Scarpae. Um die Weiterleitung der pathologischen Reize zuverlässig zu unterbinden, ist es daher notwendig, dass eine Durchtrennung zwischen den Ganglienzellen des 1. Neurons, die im Ganglion Scarpae
zusammengefasst sind, und den Synapsen zum 2. Neuron erfolgt. Zu diesem Zweck muss
die Neurektomie proximal dieser Ganglienansammlung durchgeführt werden, sodass keine
permanente Fehlinformation des Gleichgewichtszentrums mehr möglich ist (106).
Nach Angaben in der Literatur gelingt es mit der Neurektomie in 90 bis 100% der Fälle,
die Menière-Schwindelattacken zu eliminieren. Das Belassen des Ganglion Scarpae dürfte
demgegenüber die schlechten Ergebnisse nach alleiniger chirurgischer Labyrinthektomie
erklären (106).
Im Gegensatz zur Labyrinthektomie und der translabyrinthären Neurektomie, die das
Hörorgan unweigerlich zerstören, ist es das Ziel der transtemporalen VestibularisResektion, das Hörvermögen zu erhalten. Studien, die nun die Ergebnisse bezüglich des
Erhalts des Hörvermögens nach transtemporaler Vestibularisresektion bzw. nach
transtympanaler Gentamicin-Instillation miteinander verglichen, zeigten annähernd gleiche
Kontrollraten bezüglich der Schwindelattacken mit teilweise besserer Beschwerdelinderung bei den neurektomierten Patienten sowie eine höhere Rate von Hörverlust in der
Gentamicin-Gruppe. Diese Daten sind allerdings nur bedingt vergleichbar, da die
Gentamicin-Dosen deutlich über denen der üblichen Low-dose-Protokolle lagen (106).
47
3.3.3.4 Hörrehabilitative Therapie
Aufgrund der anfallsweisen Symptomatik mit typischerweise fluktuierendem Hörvermögen ist bereits die Versorgung mit konventionellen Hörgeräten eine ausgesprochen
schwierige und häufig frustrane Herausforderung für den betreuenden Arzt und den
Akustiker. Heute steht gerade für bilateral betroffene Patienten, wenn es zu einer beidseitigen Ertaubung gekommen ist, mit der Kochleaimplantation ein hocheffektives und
standardisiertes Verfahren zur Wiederherstellung des Hörvermögens zur Verfügung (106).
Im Hinblick auf eine hörprothetische Versorgung sollte jede Therapie, die die für eine
Kochleaimplantation unverzichtbaren Strukturen potenziell schädigt, vermieden werden,
auch wenn in einzelnen Studien auch die Indikation zur CI-Versorgung trotz stattgehabter,
vestibulärer Chirurgie propagiert wird (113).
48
4 Diskussion
Obwohl der Morbus Menière bereits 1861 (114) in seiner Symptomatik korrekt
beschrieben und dem Innenohr als Endorgan zugeordnet wurde, muss man sich heute
eingestehen, dass bisher immer noch nicht mehr als Vermutungen über seine Ätiopathogenese angestellt werden können. Selbst fundamentale pathologische Veränderungen
wie der endolymphatische Hydrops, der mit dieser Krankheit einhergeht, sind noch immer
nicht ausreichend aufgeklärt. Es bleibt bis heute die Frage, ob der Hydrops Folge oder
Ursache der Erkrankung ist. Dem ist entgegenzustellen, dass nicht jeder Patient, bei dem
ein Hydrops diagnostiziert wird, Symptome eines Mb. Menière entwickelt, allerdings –
laut manchen Untersuchen – bei allen gesicherten Menière-Patienten ein Hydrops
vorgefunden werden kann.
Genauso schleierhaft wie die Entstehung der Erkrankung erscheint, genauso unterschiedlich und oft schwer erklärbar sind die meisten Therapieansätze, die der aktuellen Medizin
offen stehen. Wagt man einen Rückblick in die Geschichte der Behandlungsmethoden,
wird man einige Ansätze entdecken, die durch alleinige Verbesserung der Paukenhöhlenbelüftung eine Symptomlinderung erreichen wollen (107). Wie das Ausmaß und die
Qualität der Belüftung der Paukenhöhle einen ätiologischen Faktor des endolymphatischen
Hydrops darstellen können, ist bis heute nicht geklärt.
Sieht man allerdings davon ab, wie viele Aspekte in der Entstehung und Behandlung des
Morbus Menière noch nicht geklärt sind und wendet man sein Hauptaugenmerk darauf,
was die heutige Medizin dieser Erkrankung entgegenzusetzen hat, findet man doch ein
recht ansehenliches Arsenal zum symptomatischen Management. Kausale Therapie ist
schon alleine wegen des heutigen Wissensstandes um die Krankheitsentstehung keine
möglich.
Im akuten Anfallsmanagement sind bereits seit Jahrzehnten bekannte Medikamente im
Einsatz. Ziel der Akuttherapie ist es, die Anfallssymptomatik weitestgehend zu unterbinden. Im Einsatz sind heute vor allem Clonazepam, das im Vergleich mit Diazepam
größere Wirksamkeit auf die vestibulären Kerne und kleineres Suchtpotential aufweist
(79), und die Phenothiazinderivate Promethazin und Prochlorperazin (78), die ihrerseits
zusätzlich zur zentral-vestibulären Dämpfung auch anxiolytische und antiemetische
Wirksamkeit aufweisen. Gerade die letzten beiden sind aufgrund der Möglichkeit, sie als
49
Suppositorium zu verabreichen, besonders gut für ein Akutmanagement geeignet, da es für
die meisten Menière-Patienten unmöglich ist, im Anfall etwas oral zu sich zu nehmen.
Wesentlich komplexer gestaltet sich das chronische Therapiemanagement. Neben allgemeinen Maßnahmen, deren Ziel es ist anfallsauslösende Trigger (81, 82) zu eliminieren,
wird ausgehend von zahlreichen Untersuchungen eine Restriktion der Salzzufuhr
propagiert. Vorgeschlagen wurde eine Limitierung auf nicht mehr als 2 g NaCl / d, auch
wenn klinische Evidenz bis heute noch fehlt (78).
Das gleiche Ziel, nämlich die Reduktion des Gesamtkörpersalzes, wird mittels Diuretika
auf umgekehrtem Weg verfolgt (5, 78). Zusätzlich zur Salzausschwemmung gewährleisten
Diuretika auch eine hemmende Wirkung auf die Endolymphproduktion direkt an der Stria
vascularis. Auch wenn bisher keine ausreichend aussagekräftigen Studien vorhanden sind
(89), zeigt sich in vielen kleineren Untersuchungen doch eine Tendenz zur positiven
Beeinflussung der Menière-Symptomatik, sowohl im Bezug auf die Anfallsfrequenz als
auch auf das Hörvermögen (90, 91).
Ausgehend von der Annahme, dass auch immunpathologische Prozesse eine Rolle in der
Entstehung des Mb. Menière spielen, wird auch der Einsatz von Steroiden im MenièreManagement immer populärer. Die immunmodulierende Therapie und die Diätmodifikation bei Allergien verbesserte in Untersuchungen sowohl die allergische als auch die
Menière-Symptomatik im Vergleich zur Kontrollgruppe (54, 96). Ganz aktuell gewinnt
auch die intratympanische Steroidinjektion immer mehr Popularität in der Therapie von
sensorineuralem
Hörverlust
und
Mb.
Menière.
Vorteile
dieser
Methode
sind
augenscheinlich, vor allem aber die Abwesenheit von systemischen Nebenwirkungen und
die Einfachheit der Durchführung. Gerade bei Patienten, bei denen eine Verbesserung der
Hörleistungen nicht mehr das primäre Behandlungsziel ist oder die kein Ansprechen auf
andere medikamentöse Therapie gezeigt haben, kann die intratympanische Steroidinjektion
signifikanten Benefit bringen, bevor zu anderen, aggressiveren, chirurgischen Maßnahmen
gegriffen wird (78).
Der am weitesten verbreitete Therapieansatz ist mit Sicherheit der Versuch, den kochleären
Blutfluss zu verbessern und so in die Flüssigkeitshomöostase des Labyrinths einzugreifen.
Bekanntester Vertreter dieser Gruppe ist das Betahistin. In vielen Untersuchungen konnte
gezeigt werden, dass sein Einsatz zu einer Reduktion der Frequenz, Intensität und Dauer
der Schwindelattacken führen kann, während kaum Nebenwirkungen beobachtet werden
50
konnten (99, 100). Allerdings lässt die fehlende Wirksamkeit auf Hörverlust, Tinnitus und
das aurale Druckgefühl vermuten, dass positive Effekte des Betahistins eher Resultat einer
unspezifischen Hemmung im zentralen Nervensystem als eines direkten Effekts auf den
kochleären Blutfluss sind. Klinische Evidenz ist aber noch gering (78).
Ein weiterer vielversprechender Therapieansatz nutzt die selektiv vestibulotoxischen
Eigenschaften des Gentamicins aus (116). Untersuchungen hierzu lieferten durchaus
hoffnungserweckende Ergebnisse was die Kontrolle über die Schwindelsymptomatik
betrifft. Allerdings besteht bis zum jetzigen Zeitpunkt noch wenig Konsens über optimale
Dosierung und Behandlungsfrequenz (78, 105). Dies wird in Zukunft noch weiter evaluiert
werden müssen.
Bei fehlender Wirksamkeit der beschriebenen Medikationen steht immer noch die chirurgische Behandlung des Mb. Menière offen (106). Neben dem Einsatz von DruckpulsGeneratoren (108) und dem Einbringen von Paukenröhrchen (107) in das Trommelfell
steht hier mit Sicherheit die Sakkotomie an erster Stelle. Mit einer Beseitigung bzw.
Besserung der Schwindelsymptomatik in 60 bis 90% der Fälle ist sie Therapie der Wahl
für Patienten, denen eine medikamentöse Behandlung keine zufriedenstellende Besserung
ihrer Symptomatik bringt. Daneben ist auch noch die Sakkusdekompression zu erwähnen,
die oft der Sakkotomie wegen ihrer geringeren Ertaubungsrate vorgezogen wird. Sollte es
nach stattgehabter Sakkotomie nach einem symptomfreien Intervall neuerlich zu
Schwindelattacken kommen, besteht immer noch die Möglichkeit einer Revision,
gegebenenfalls mit neuerlicher Schlitzung und Drainage des Saccus endolymphaticus
(106).
Sollte keine der beschriebenen Behandlungsmethoden eine zufriedenstellende Kontrolle
der Schwindelsymptomatik zur Folge haben, bleibt als ultima Ratio noch die Durchführung
eines destruktiven Verfahrens. Eine chirurgische Labyrinthektomie ist zum jetzigen Zeitpunkt obsolet, da in bis zu 40% der Fälle eine behandlungsbedürftige Schwindelsymptomatik bestehen bleibt (106). Im Gegensatz dazu führt eine Neurektomie bei
zumindest neun von zehn Patienten zur Anfallsfreiheit. In Abhängigkeit vom noch
vorhandenen Hörvermögen wird der Zugangsweg für die Neurektomie gewählt:
transtemporal bei intaktem Hörvermögen unter Schonung der Kochlea, translabyrinthär
unter Zerstörung der Kochlea bei a priori verlorenem Hörsinn auf dieser Seite. Der
translabyrinthäre Zugangsweg ist wesentlich weniger belastend für den Patienten.
51
Der Einsatz dieser chirurgischen Verfahren muss aber sehr genau gegen den endgültigen
Verlust des Gehörs abgewogen werden. Mit der Kochleaimplantation steht ein
hocheffektives und standardisiertes Verfahren zur Wiederherstellung des Hörvermögens
zur Verfügung, wodurch es nötig ist, nach Möglichkeit jede für eine Kochleaimplantation
unverzichtbare Struktur zu schonen (106).
Doch schon alleine die Schwierigkeit der genauen Abgrenzung eines Mb. Menière zu
einem „menieriformen Zustandsbild“, bei dem die klassische Meniére´sche Trias nicht
vollständig ausgeprägt ist, und das Fehlen einer exakten, international gültigen Definition
des Mb. Menière machen eine Vergleichbarkeit von Publikationen zu diesem Thema
nahezu unmöglich. Bis heute zieht sich der Mangel an klinischer Evidenz wie ein roter
Faden durch die Literatur. Nicht zuletzt deshalb ist die Behandlung eines MenièrePatienten immer noch eine äußerst fordernde und bisweilen auch frustrane Herausforderung für den Arzt. Die beschriebenen Methoden und Algorithmen sind
Orientierungshilfen, um sich dieser Herausforderung stellen zu können.
52
Literaturverzeichnis
1.
O. Michel: Morbus Menière und verwandte Gleichgewichtsstörungen 1998
2.
H. Knapp: Clinical analysis of inflammatory affections of the inner ear 1871
3.
W. Parrisius: Anomalien des periphersten Gefäßsystems als Krankheitsursache
speziell bei Menière und Glaukom 1924
4.
K. Yamakawa: Über pathologische Veränderungen bei einem Menière-Kranken 1938
5.
C.S. Hallpike, H. Cairns: Observations on the pathology of Ménière´s disease 1938
6.
G. Portmann: Le sac et le canal endolymphatiques. Considérations sur leur
importance anatomique et leur valeur fonctionelle 1923
7.
N. Torok: Old and new in Meniere disease 1977
8.
H.H. Naumann, J. Helms, C. Herberhold, E. Kastenbauer: Oto-Rhino-Laryngologie
in Klinik und Praxis, Band 1 Ohr
9.
C. Beck: Anatomie und Histologie des Ohres 1979
10.
S. Kubik: Hör- und Gleichgewichtsorgan. In Rauber/Kopsch: Anatomie des
Menschen, Lehrbuch und Atlas, hrsg. Von H. Leonhardt, B. Tillmann, G. Töndury,
K. Zilles, Bd. III: Nervernsystem, Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 1987
11.
T. Takahashi, R. Kimura: The ultrastructure of the spiralligament in the rhesus
monkey. Acta oto-laryngol. 69, 1979
12.
A. Wright, A. Davies, G. Bredberg, L. Ulehlova, H. Spencer et coll.: Hair cell
distributions in the normal human cochlea. Acta oto-laryngol., Suppl. 444, 1987
13.
D.J. Lim: Cochlear anatomy related to cochlear micromechanics. A review. J acoust.
Soc. Amer. 67, 1980
14.
P. Dallos: Cochlear potentials and cochlear mechanics. In Moller, A.R., P. Boston
(eds.): Basic Mechanisms in Hearing. Academic Press, New York 1973
15.
P. Dallos: Response characteristics of mammalian cochlear hair cells. J. Neurosci. 5,
1985
16.
A. Flock, R. Kimura, P.G. Lundquist, J. Wersäll: Morphological basis of directional
sensitivity of the outer hair cells in the organ of Corti. J. acoust. Soc. Amer. 34, 1962
17.
D.J. Lim: Functional structure of the organ of Corti: a review. In Flock. A., J.
Wersäll: Cellular Mechanisms in Hearing. Elsevier, Amsterdam 1986
18.
J. Wersäll, A. Flock, P.G. Lundquist: Structural basis for directional sensitivity in
chochlear and vestibular sensory receptors. Cold Spring Harbor Symp. Quant. Biol.,
1965
53
19.
R.S. Kimura: Hairs of the cochlear sensory cells and their attachment to the tectorial
membrane. Acta oto-laryngol. 61, 1966
20.
M. Lenoir, J.L. Puel, R. Pujol: Stereocilia and tectorial membrane development.
Anat. And Embryol. 175, 1987
21.
G. von Békesy: Experiments in Hearing. McGraw-Hill, New York 1960
22.
M.C. Holley, J.F. Ashmore: A cytoskeletal spring for the control of cell shape in
outer hair cells isolated from the guinea pig cochlea. In: Abstracts of the 25th Inner
Ear Biology Workshop, London 1988
23.
N..S Kiang, M.C. Liberman, W.F. Sewell, J.J. Guinan: Single unit clues to cochlear
mechanisms. In Flock, A., J. Wersäll: Cellular Mechanisms in Hearing. Elsevier,
Amsterdam 1986
24.
C.A. Smith, G.L. Rasmussen: Structure of the stria vascularis and spiral prominence.
Ann. Otol. 66, 1957
25.
H. Spoendlin: Vestibular labyrinth. In Bischoff, A. (ed.): Ultrastructure of the
Peripheral Nervous System and Sense Organs. Thieme, Stuttgart 1970
26.
N. Shinosaki, R.S. Kimura: Scanning electron microscopic observations of the
distended Reissner´s and saccular membrane in the guinea pig. Acta oto-laryngol. 90,
1980
27.
A. Flock: Electron microscopic and electrophysiological studies on the lateral line
canal organ. Acta oto-laryngol. (Suppl.) 199, 1965
28.
J.M. Goldberg, C. Fernandez: Vestibular mechanisms. Ann. Rev. Physiol. 37, 1975
29.
C.A. Smith: Structure of the cochlear duct. In Naunton, R.F., C. Fernandez: Evoked
Electrical Activity in the Auditory Nervous System. Academic Press, London 1978
30.
E. Kley: Über die Herkunft der Perilymphe. Z Laryng Rhinol 30, 1951
31.
A.N. Salt, T. Konishi: The cochlear fluids: perilymph and endolymph. In:
Neurobiology of Hearing – The Cochlea. R.A. Altschuler, D.W. Hoffman, R.P.
Bobbin (Hrg), Raven Press, New York 1986
32.
O. Sterkers, E. Ferrary, C. Amiel: Inter- and intracompartimental osmotic gradients
within the rat cochlea. Am J Physiol 247, 1984
33.
P.G. Lundquist: Aspects on endolymphatic sac morphology and function. Arch
Otorhinolaryng 212, 1976
34.
H.P. Zenner: Possible roles of outer hair cell d.c. movements in the cochlea. Brit J
Audiol 27, 1993
35.
E. Bartoli, A. Satta, F. Melis: Volume receptors in guinea pig labyrinth: relevance
with respect to ADH and Na control. Am J PHysiol 257, 1989
36.
H. Davis: Transmission and transduction in the cochlea. Laryngoscope 68, 1958
54
37.
P.M. Sellick, I.J. Russel: The responses of inner hair cells to basilar membrane
velocity during low-frequency auditory stimulation in the guinea pig. Hear. Res. 2,
1980
38.
D.O. Kim: Active and nonlinear cochlear biomechanics and the role of outer-hair-cell
subsystems in the mammalian auditory system. Hear. Res. 22, 1986
39.
H.P. Zenner: Motile responses in outer hair cells. Hear. Res. 22, 1986
40.
J. Fex, R.A. Altschuler: Neurotransmitter-related immunocytochemistry of the organ
of Corti. Hear. Res. 22, 1986
41.
R. Klinke: Gleichgewichtssinn, Hören, Sprechen. In Schmidt, R.F., G. Thews:
Physiologie des Menschen. Springer, Berlin 1987
42.
L. Birgerson, K.H. Gustavson, J. Stahle: Familial Meniere´s disease: a genetic
investigation. Am J Otol 8, 1987
43.
D.J. Arweiler, K. Jahnke, H. Grosse-Wilde: Morbus Menière als autosomal dominant
vererbte Erkrankung. Laryngol Rhinol Otol 74, 1995
44.
Paparella, M.M.: The cause (multifactorial inheritance) and pathogenesis
(endolymphatic malabsorption) of Meniere´s disease and its symptoms (mechanical
and chemical). Acta Otolaryngol (Stockh) 99 (1985)
45.
H.F. Schuknecht: Pathology of the Ear. Harvard University Press, Cambridge 1974
46.
E. Lehnhardt: Klinik der Innenohrschwerhörigkeiten. Arch. Oto-Rhino-Laryngol.,
Suppl. 1, 1984
47.
J. Tonndorf: Endolymphatic hydrops: mechanical causes of hearing loss. Arch. OtoRhino-Laryngol. 212, 1976
48.
C. Morgenstern: Pathophysiologie, Klinik und conservative Therapie der
Menière´schen Erkrankung. Arch. Oto-Rhino-Laryngol., Suppl. 247, 1985
49.
H.P. Zenner: K+-induced motility and depolarization of cochlear hair cells: direct
evidence for a new pathophysiological mechanism in Menière´s disease. Arch. OtoRhino-Laryngol. 243, 1986
50.
W.W. Duke: Menière´s syndrome caused by an allergy. JAMA 81, 1972
51.
Soliman, A.M.: Immune-mediated inner ear disease. Am J Otol 13, 1992
52.
Harris, J.P., N.K. Woolf, A.F. Ryan: A re-examination of experimental type II
collagen autoimmunity: middle and inner ear morphology and function. ANN Otol
Rhinol Laryngol 95, 1986
53.
Yoo , T.J., J.M. Stuart, A.H. Kang, A.S. Townes, K. Tomoda, S. Dixit: Type II
collagen autoimmunity in otosclerosis and Menière´s Disease. Science 217, 1982
54.
Derebery, M.J., V.S. Rao, T.J. Siglock, F.H. Linthicum, R.A. Nelson: Menière´s
Disease: an immune complex-mediated illness? Laryngoscope 101, 1991
55
55.
Dornhoffer, J.L. M. Waner, I.K. Arenberg, D. Montague: Monoperoxidase study of
the endolymphatic sac in Menière´s disease. Laryngoscope 103, 1993
56.
Sieluzycki, C.: Beitrag über die allergischen Hintergründe der Menière-Krankheit.
HNO 18, 1979
57.
Pulec, J.L.: Meniere´s disease: results of a two and one-half-year study of etiology,
natural history and results of treatment. Laryngoscope 82, 1972
58.
Powers, W.H.: Allergic factors in Meniere´s disease. Trans Am Acad Ophthalmol
Otolaryngol 77, 1973
59.
Shambaugh, G.E.: Allergic therapy for Meniere´s disease. Am J Otol 5, 1984
60.
Kimura, R.S., H.F. Schuknecht, C.Y. Ota, D.D. Jones: Obliteration and ductus
reuniens obstruction. Acta Otolaryngol 248, 1991
61.
Gulya, A.J., H.F. Schuknecht: Classification of endolymphatic hydrops. Ann Otol
Rhinol Laryngol 82, 1973
62.
Verschuur, H.P., J.P. Richalet, C. Rathat, B. Frachet: Mal aigu des Montagnes et
crise de Meniere. Ann Otolaryngol Chir Cervicofac 110, 1993
63.
Tullio, P.: Forschung und Betrachtungen zur experimentellen Otologie und Phonetik.
Mschr Ohrenheilk 64, 1930
64.
Ylikowski, J.: Delayed endolymphatic hydrops syndrome after heavy exposure to
impulse noise. AM J Otol 9, 1988
65.
Stahle, J., H.F. Wilbrand: The vestibular aqueduct in patients with Meniere´s disease.
A tomographic and clinical investigation. Acta Otolaryngol (Stockh) 78, 1974
66.
Ristow, W., H.K. Breddin: Blutgerinnungssystem und Thrombocytenfunktion bei der
akuten Innenohrschwerhörigkeit und der Menièreschen Krankheit. Arch Klein Exp
Ohren Nasen Kehlkopfheilkd 205, 1973
67.
Lindsay, J.R.: Labyrinthine dropsy and Menière´s disease. Arch Otolaryngol 35,
1942
68.
Douglas, R.A.: Meniere´s disease, serum cholesterol levels and atheroma. Med J
Aust 1, 1966
69.
Dandy, W.E.: Menière´s disease: ist diagnosis and a method of treatment. Arch Surg
16, 1928
70.
Proctor, B., C. Proctor: Metabolic management in Menière´s disease. Ann Otol
Rhinol Laryngol 9, 1981
71.
T.E. Cawthorne, A.B. Hewlett: Menière´s disease. Proc Soc Med 47, 1954
72.
W.J. Oosterveld: Menière´s disease, signs and symptoms. J Laryngol Otol 94, 1980
56
73.
K. Wittmaack: Über die pathologisch-anatomischen und pathologischphysiologischen Grundlagen der nicht-eitrigen Erkrankungsprozesse des inneren
Ohres und der Hörnerver. Arch Klein Exp Ohren Nasen Kehlkopfheilkd 99, 1924
74.
T.E. Cawthorne, G. Fitzgerald, C.S. Hallpike: Studies in human vestibular function.
III. Observations on the clinical features of Menière´s disease: With special reference
to the results of the caloric tests. Brain 65, 1942
75.
J. Stahle, B. Bergman: The caloric reaction in Meniere´s disease. An
electronystagmographical study in 300 patients. Laryngoscope 77, 1967
76.
E. Stapleton, R. Mills: Clinical diagnosis of Me´nie‘ re’s disease: how useful are the
American Academy of Otolaryngology Head and Neck Surgery Committee on
Hearing and Equilibrium guidelines?. J Laryngo Otol 122, 2008
77.
J. Vernon, R. Johnson, A. Schleuning: The characteristics and natural history of
tinnitus in Meniere´s disease. Otolaryngol Clin North Am 13, 1980
78.
H.D. Coelho, A.K. Lalwani: Medical Management Of Me´nie‘re’s Disease,
Laryngoscope 2008
79.
G.B. Brookes: The pharmacological treatment of Meniere’s disease, Clin Otolaryngol
1996
80.
J. Rijckenstemin, A. Rutkaj: The treatment of Meniere’s disease: Torok revisited.
Laryngoscope 101, 1991
81.
A.C. Söderman, J. Möller,D. Bagger-Sjöbäck, J. Bergenius, J. Hallqvist: Stress as a
trigger of attacks in Menière’s disease. A case-crossover study. Laryngoscope, 2004
82.
K. Akioka: Pathophysiological study on active endolymphatic hydrops in guinea pig:
with stress stimulations [in Japanese]. Nippon Jibiinkoka Gakkai Kaiho, 1990
83.
N. van Cruijsen,R.P. Dullaart, H.P. Wit, F.W. Albers: Analysis of cortisol and other
stress-related hormones in patients with Ménière’s disease. Otol Neurotol, 2005
84.
S.E. Kinney, S.A. Sandridge, C.W. Newman: Long-term effects of Ménière’s disease
on hearing and quality of life. Am J Otol, 1997
85.
S. Elwood, J.H. Carlton, M.J. Cliffe: A psychological contribution to the
management of Ménière’s disease. Practitioner, 1982
86.
A.C. Fursternberg, H.T. Lashmet, F.D. Lathrop: Ménière’s symptom complex:
medical management. Ann Otolaryngol Rhinol Laryngol, 1934
87.
D. Bolignano, G. Coppolino, M. Criseo, S. Campo,A. Romeo, M. Buemi: Aquaretic
agents: what’s beyond the treatment of hyponatremia? Curr Pharm Des, 2007
88.
J. Claes, P.H. Van de Heyning: Medical treatment of Menière’s disease: a review of
literature. Acta Otolaryngol Suppl, 1997
89.
A.S. Thirlwall, S. Kundu: Diuretics for Ménière’s disease or syndrome. Cochrane
Database of Syst Rev; 2006
57
90.
I. Klockhoff, U. Lindblom: Menière’s disease and hydrochlorothiazide (Dichlotride)–
a critical analysis of symptoms and therapeutic effects. Acta Otolaryngol, 1967
91.
M.J. Ruckenstein, J.A. Rutka, M. Hawke: The treatment of Meniere’s disease: Torok
revisited. Laryngoscope, 1991
92.
P.M. Santos, R.A. Hall, J.M. Snyder, L.F. Hughes, R.A. Dobie: Diuretic and diet
effect of Menière’s disease evaluated by the 1985 Committee on Hearing and
Equilibrium guidelines. Otolaryngol Head Neck Surg, 1993
93.
A.M. Alleman, J.L. Dornhoffer, I.K. Arenberg, P.D. Walker: Demonstration of
autoantibodies to the endolymphatic sac in Meniere’s disease. Laryngoscope 1997
94.
K.L. Evans, D.L. Baldwin, D. Bainbridge, A.W. Morrison: Immune status is patients
with Ménière’s disease. Arch Otorhinolaryngol 1988
95.
G.B. Brookes: Circulating immune complexes in Meniere’s disease. Arch
Otolaryngol Head Neck Surg 1986
96.
K. Tomoda, Y. Suzuka, H. Iwai, et al.: Menière’s disease and autoimmunity: clinical
study and survey. Acta Otolaryngol Suppl 1993
97.
L.S. Parnes, A.H. Sun, D.J. Freeman: Corticosteroid pharmacokinetics in the inner
ear fluids: an animal study followed by clinical application. Laryngoscope
98.
H. Silverstein, J.E. Isaacson, M.J. Olds, P.T. Rowan, S. Rosenberg: Dexamethasone
inner ear perfusion for the treatment of Meniere’s disease: a prospective, randomized,
doubleblind, crossover trial. Am J Otol 1998
99.
D.M. Martinez: The effect of Serc (betahistine hydrochloride) on the circulation of
the inner ear in experimental animals. Acta Otolaryngol 1972
100. E. Mira, G. Guidetti, P.L. Ghilardi, et al.: Betahistine dihydrochloride in the
treatment of peripheral vestibular vertigo; Eur Arch Otorhinolaryngol, 2003
101. B. Fraysse, J.P. Bebear, C. Dubreuil, C. Berges, R. Dauman: Betahistine
dihydrochloride versus flunarizine. A doubleblind study on recurrent vertigo with or
without cochlear syndrome typical of Menière’s disease. Acta Otolarynngol Suppl
1991
102. E.P. Jr Fowler, C.R. Feind: Toxicity of streptomycin for the auditory and vestibular
mechanisms. Am Rev Tuberc 1949
103. G. Ishiyama, I. Lopez, R.W. Baloh, A. Ishiyama: Histopathology of the vestibular
end organs after intratympanic gentamicin failure for Meniere’s disease, Acta
Otolaryngol 2007
104. R. Cohen-Kerem, V. Kisilevsky, T.R. Einarson, E. Kozer, G. Koren, J.A. Rutka:
Intratympanic gentamicin for Ménière’s disease: a meta-analysis. Laryngoscope 2004
105. S.G. Harner, C.L. Driscol, G.W. Facer, C.W. Beatty, T.J. McDonald: Long-term
follow-up of transtympanic gentamicin for Ménière’s syndrome. Otol Neurotol 2001
58
106. G. Baier · I. Ott: Die chirurgische Therapie des M. Menière; HNO 2008
107. P. Montt-andon, P. Guillemin, R. Häusler: Prevention of vertigo in Menière’s
syndrome by means of transtympanic ventilation tubes. ORL J Ott-orhinolaryngol
Relatt- Spec 50, 1988
108. H. Schaaf: Stellungnahme zur Druck-Puls Trommelfellmassage; "Kompetenz aus
Arolsen" - Der Newsletter der Tinnitus Klinik
109. G. Portmann: The saccus endolymphaticus and an operation for draining same for
relief of vertigo. J Laryngol Otol, 1927
110. J. Helms: Die chirurgische Therapie des Morbus Menière. Arch Otorhinolaryngol
Suppl 1, 1985)
111. G.E. Shambaugh: Surgery of endolymphatic sac. Arch Otolaryngol 83, 1966
112. J. Thomsen, P. Bretlau, M. Tos, N.J. Johnsen: Placebo effect in surgery for Menière’s
disease. A double-blind, placebo-controlled study on endolymphatic sac shunt
surgery. Arch Otolaryngol 107, 1981
113. L.R. Lustig, J. Yeagle, J.K. Niparko, L.B. Minor: Cochlear implantation in patients
with bilateral Menière’s syndrome; Otol Neurotol 24, 2003
114. P. Menière, Gazette médicale de Paris, 1861
115. D.M Eisenberg, R.B. Davis, S.L. Ettner, et al.: Trends in alternative medicine use in
the United States, 1990–1997: results of a follow-up national survey. JAMA, 1998
116. F.O. Black, S.C. Pesznecker: Vestibular ototoxicity. Clinical considerations.
Otolaryngol Clin North Am; 1993
59
Lebenslauf
Angaben zur Person
Vorname(n) / Nachname Philipp Freudenthaler
Geburtsdatum 02. 03. 1983
Geburtsort Linz
Religionsbekenntnis röm.-katholisch
Staatsangehörigkeit Österreich
E-Mail [email protected]
Ausbildung
1989 – 1993 Volksschule Stadl-Paura
1993 – 2001 BG Wels, Dr. Schauerstraße, Abschluss mit Matura
2001 – 2002 Zivildienst im Leopold-Spitzer-Pensionistenheim der
Stadt Wels
2002 - 2009 Medizinstudium an der Medizinischen Universität Graz
Famulaturen
04/2005 4 Wochen Allgemeinchirurgie, KH Weiz
08/2005 4 Wochen Innere Medizin (Kardiologie), Klinikum
Kreuzschwestern, Wels
07/2006 2 Wochen Radiologie,
Klinikum Kreuzschwestern, Wels
02/2007 3 Wochen Innere Medizin (Onkologie), Klinikum
Kreuzschwestern, Wels
02/2008 3 Wochen Neurologie, Klinikum Kreuzschwestern, Wels
03/2009 2 Wochen Innere Medizin (Pulmonologie),
Universitätsklinikum Graz
60
Praktisches Jahr
05/2008 – 05/2009 5 Wochen Praktikum in allgemeinmedizinischer Praxis
(Dr. Pöcksteiner Anton, Kremsmünster)
10 Wochen Praktikum Allgemeinchirurgie,
Universitätsklinikum Graz
10 Wochen Praktikum Innere Medizin, Pulmonologie,
Universitätsklinikum Graz
5 Wochen Praktikum HNO, Neurootologie,
Universitätsklinikum Graz
Zusatzausbildungen:
Spezielle Studienmodule Klinisch-topographische Anatomie der Kopf-Hals-Region
Klinisch-topographische Anatomie der Extremitäten
Klinisch-topographische Anatomie der Eingeweide
Immunologie, Infektion, körpereigene Abwehr
Spezielle Notfallmedizin, eine interdisziplinäre
Herausforderung
Histologie
Sonstiges:
EDV Microsoft Word, Excel, Powerpoint
Sprachen Deutsch als Muttersprache
Englisch
Latein
Spanisch
61
Herunterladen