www.evimed.ch Einfacher Score als Hilfe bei der Diagnose einer akuten Gichtarthritis Frage: Wie akkurat kann mit einem Score die Diagnose einer akuten Gichtarthritis ausgeschlossen oder gestellt werden? Hintergrund: Ein akuter Gichtanfall wird primär in der Grundversorgung diagnostiziert und behandelt. Meist wird die Diagnose klinisch vermutet und zur Diagnosesicherung eine Gelenkspunktion gemacht oder direkt mit der Therapie begonnen. In dieser Arbeit entwickelten die Autoren eine diagnostische Hilfe, die den Arzt bei der Diagnosestellung unterstützen kann. Einschlusskriterien: Patienten mit den klinischen Zeichen und Beschwerden einer Monoarthritis, die wegen dieser Beschwerden den Hausarzt aufgesucht haben. Ausschlusskriterien: Wenn der Patient nicht innert 24 Stunden nach der Erstkonsultation an das Studienzentrum überwiesen werden konnte. Studiendesign und Methode: Prospektive Studie; diese Studie wurde im Rahmen einer anderen Studie, in der der Effekt von Prednison für die Behandlung des akuten Gichtanfalles untersucht wurde (Resultate noch nicht publiziert), durchgeführt. Studienort: Allgemeinpraxen im Osten Hollands mit einer Population von etwa 330 000 Einwohnern Procedere Alle Patienten, welche die Einschlusskriterien erfüllten wurden an das Studienzentrum in Niejmegen geschickt. Dort wurde die Anamnese erhoben, eine klinische Untersuchung durchgeführt, Blut abgenommen (Senkung und Harnsäure) und das befallene Gelenk punktiert und die Gelenkflüssigkeit auf Uratkristalle untersucht. Multivariate logistische Regressionsmodelle wurden durchgeführt und aus diesen Resultaten ein Score entwickelt. Resultat: 93 Aerzte rekrutierten 381 Patienten mit einer Monoarthritis. Das mittlere Alter betrug 58 Jahre und drei Viertel waren Männer. Bei 216 Patienten (56.7%) wurden in der Synovialflüssigkeit Uratkristalle nachgewiesen und damit die Diagnose einer akuten Gichtarthritis gestellt. Die zuweisenden Aerzte stellten bei 328 Patienten (86.1%) aufgrund der klinischen Untersuchung in der Praxis eine akute Gicht. Die statistischen Berechnungen führten zufolgendem Score Variable Männlich Ähnliche Attacke in der Anamnese Beginn innert eines Tages Rötung des Gelenks Grosszehengrundgelenk betroffen Hypertonie oder ein oder mehrere Kardiovaskuläre Erkrankungen Score (Punkte) 2.0 2.0 0.5 1.0 2.5 1.5 www.evimed.ch Harnsäurewert grösser 5.88 mg/dl 3.5 Kardiovaskuläre Erkrankungen sind in dieser Studie: Angina pectoris, Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz, zerebrovaskuläres Ereignis inklusive TIA, periphere arterielle Erkrankung o Für die Umrechung der Harnsäurewerte von mg/dl in mikromol/l muss der mg/dl Werte mit 60 multipliziert werden. Der maximal mögliche Score ist 16. Der Gichttophus kommt in dem Score nicht vor, aber bei allen Patienten mit einem Gichttophus konnten in der Gelenksflüssigkeit Uratkristalle nachgewiesen werden. Ein Tophus ist also 100% spezifisch für eine Gichtarthritis Bei einem Score von 4 oder kleiner ist eine akute Gichtarthritis mit sehr grosser Sicherheit ausgeschlossen (annähernd 100%). 80% aller Patienten mit einem Score von 8 oder höher hatten eine akute Gichtarthritis. Etwa 30% aller Patienten mit einem Score zwischen 5 und 7 hatten eine akute Gicht. o Kommentar: Der entwickelte Score ist bei der Diagnose – Ein- und Ausschluss – hilfreich. Ob bei Patienten mit einem Score grösser 8 direkt mit einer Therapie begonnen wird, oder eine Punktion gemacht werden soll, kann diese Studie nicht beantworten. Ebenfalls nicht, wie das weitere Management von Patienten mit einem Score zwischen 5 und 7 aussieht. Diese Entscheidung bleibt den behandelnden Ärzten überlassen. In dieser Studie wurden die Ergebnisse des Scores mit den Diagnosen der zuweisenden Aerzte verglichen und da schnitt die Beurteilung mit dem Score wesentlich besser ab. Einschränkend muss festgehalten werden, dass dieser Score nur bei Patienten mit einer Monoarthritis entwickelt wurde und die Ergebnisse nicht auf Patienten mit Befall mehrerer Gelenke übertragen werden kann. Literatur: Jannsens H J E M et al. A diagnostic rule for acute gouty arthritis in primary care without joint fluid analysis. Arch intern Med 2010;170:1120-26 Verfasser: Johann Steurer