1 Offene Güter- und Finanzmärkte Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 1 Offene Güter- und Finanzmärkte Offene Gütermärkte Offene Finanzmärkte Zusammenfassung und Ausblick Kapitel 1 1.1 1.2 1.3 Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 2 Offene Güter- und Finanzmärkte Die drei Dimensionen der Offenheit: Kapitel 1 Offene Gütermärkte. Freihandelsbeschränkungen umfassen Zölle und Quoten. Offene Finanzmärkte. Kapitalverkehrskontrollen beschränken z.B. das Eigentum an und den Erwerb von ausländischen Wertpapieren. Offene Faktormärkte. Möglichkeit der Unternehmen, auszuwählen, wo sie ihre Produktionsstätten errichten und die Freiheit der Arbeitnehmer zu entscheiden, wo sie arbeiten. Die Europäische Union ist ein solches Beispiel. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 3 1-1 Offene Gütermärkte Deutsche Warenimporte und Warenexporte als Anteil am BIP, 19602004 Seit den 60er Jahren haben sich die Anteile der Warenexporte und der Warenimporte am BIP verdoppelt. Kapitel 1 Quelle: O. Blanchard/ G. Illing „Makroökonomie“; S. 513 Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 4 Exporte und Importe Die Entwicklung von Warenimporten und Warenexporten in Deutschland lässt sich wie folgt charakterisieren: Kapitel 1 Deutschland handelt fast doppelt so viel mit dem Rest der Welt wie vor 40 Jahren. Obwohl Warenimporte und Warenexporte demselben Trend folgen, übertreffen die Exporte doch immer die Importe. Die deutsche Handelsbilanz weist also einen Überschuss auf. Auch der Anteil am weltweiten Warenexport ist hoch und betrug 2007 9,5%. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 5 Exporte und Importe Der Anteil des Handelsbilanzüberschusses am BIP variierte während der letzten 40 Jahre stark. Drei Zeitpunkte fallen auf: Kapitel 1 1980 erreichte der Handelsbilanzüberschuss nur 0,6% des BIP. Der Rückgang des Handelsbilanzüberschusses findet seine Begründung in den erhöhten Ölpreisen während der Ölkrise. Anfang der 90er Jahre haben die Importe im Zuge der deutschen Wiedervereinigung zugenommen, die Exporte gleichzeitig abgenommen. Im Jahr 2007 ergab sich ein Rekordüberschuss in der Handelsbilanz – das Verhältnis des Handelsbilanzüberschusses zum BIP stieg auf 8,2%. Es handelt sich um einen historischen Überschuss. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 6 Kapitel 1 Exporte und Importe Ein populärer Indikator für Offenheit ist die Außenhandelsquote – der Durchschnitt aus der Summe von Im- und Exporten als Anteil am BIP. Ein weiterer guter Indikator ist der Anteil von handelbaren Gütern an der Gesamtproduktion Güter also, die mit ausländischen Gütern entweder in heimischen oder ausländischen Märkten konkurrieren. Schätzungen haben ergeben, dass die handelbaren Güter heute ca. 60% der Gesamtproduktion in den USA ausmachen. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 7 Exporte und Importe Tabelle 1.1 Außenhandelsquoten für ausgewählte OECD-Staaten, 2004 Außenhandelsquote (%) Land Nur Waren Deutschland 29,9 38,1 Großbritannien 19,0 27,9 Japan 10,1 11,6 9,7 13,2 Belgien 68,3 87,6 Niederlande 47,7 70,3 Österreich 40,7 51,0 Euroraum1 14,0 16,5 Vereinigte Staaten Kapitel 1 Waren und Dienstleistungen Quelle: OECD, 1Ohne den Handel innerhalb des Euroraums Quelle: O. Blanchard/ G. Illing „Makroökonomie“; S. 515 Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 8 Exporte und Importe Die Determinanten, die die Unterschiede in den Außenhandelsquoten begründen, sind die geographische Lage und die Landesgröße. Kapitel 1 Länder können eine Außenhandelsquote von größer als 100% haben, weil Exporte und Importe auch den Export und Import von Zwischenprodukten beinhalten. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 9 Die Wahl zwischen in- und ausländischen Gütern Kapitel 1 Wenn Gütermärkte offen sind, dann müssen einheimische Konsumenten nicht nur ihre Konsum- und Sparentscheidung treffen. Sie müssen auch noch entscheiden, ob sie inländische oder ausländische Güter kaufen. Im Zentrum dieser zweiten Entscheidung steht der Preis der inländischen Güter relativ zu dem Preis der ausländischen Güter, oder der reale Wechselkurs. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 10 Nominale Wechselkurse Nominale Wechselkurse zwischen zwei Währungen lassen sich auf zwei ganz unterschiedliche Arten definieren: Kapitel 1 Die Preisnotierung: Sie gibt den Preis für eine Einheit der ausländischen Währung in Einheiten der inländischen Währung an. Bsp.: 1 $ = 0,80 € Die Mengennotierung: Sie gibt den Preis für eine Einheit der inländischen Währung in Einheiten der ausländischen Währung an. Bsp.: 1,25 $ = 1 € Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 11 Nominale Wechselkurse Betrachten wir den Wechselkurs E in Mengennotierung: Kapitel 1 Eine Aufwertung der inländischen Währung bedeutet, dass der Preis der inländischen Währung in Einheiten ausländischer Währung steigt. Das entspricht einem Anstieg des Wechselkurses E. → Aufwertung bedeutet E ↑ Eine Abwertung der inländischen Währung bedeutet, dass der Preis der inländischen Währung in Einheiten ausländischer Währung sinkt. Das entspricht einem Rückgang des Wechselkurses E. → Abwertung bedeutet E ↓ Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 12 Nominale Wechselkurse Betrachten wir den Wechselkurs E in Mengennotierung zwischen Euro und Dollar (aus Sicht des Euroraums): Kapitel 1 Eine Aufwertung des Euro bedeutet, dass der Preis des Euro in Dollar-Einheiten steigt. Gleichermaßen bedeutet eine Aufwertung des Euro, dass der Wechselkurs E steigt. Bsp.: vorher E=1,20 $/€, nachher E=1,25 $/€ Eine Abwertung des Euro bedeutet, dass der Preis des Euro in Dollar-Einheiten sinkt. Gleichermaßen bedeutet eine Abwertung des Euro, dass der Wechselkurs E sinkt. Bsp.: vorher E=1,25 $/€, nachher E=1,20 $/€ Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 13 Nominale Wechselkurse Der nominale Wechselkurs des Euro zum Dollar in Mengennotierung, 1975-2005 Kapitel 1 Der Wechselkurs ist sehr volatil. Dennoch ist langfristig eine leichte Aufwertung des Euro zu beobachten. Quelle: O. Blanchard/ G. Illing „Makroökonomie“; S. 518 Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 14 Kapitel 1 Vom nominalen zum realen Wechselkurs Ein Beispiel: Preis eines VW Golf in Deutschland: 15 000 € Ein Euro ist 1,25 Dollar wert: E=1,25 $/€ Preis des VW Golf in Dollar: 15 000 € x 1,25 $/€ = 18 750 $ Preis des Cadillac in den USA: 30 000 $ relativer Preis des VW Golf in Einheiten eines Cadillac: 18 750 $ / 30 000 $ = 0,625 Um dieses Beispiel zu verallgemeinern, um es auf alle Güter einer Ökonomie anwendbar zu machen, benutzt man als Preisindex für die gesamte Ökonomie den BIP-Deflator. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 15 Vom nominalen zum realen Wechselkurs Die Konstruktion des realen Wechselkurses Kapitel 1 Der reale Wechselkurs ε ist gleich dem nominalen Wechselkurs multipliziert mit dem inländischen Preisniveau dividiert durch das ausländische Preisniveau. Der reale Wechselkurs ε ist der Preis inländischer Güter in Einheiten ausländischer Güter. EP ε= * P Prof. Dr. Volker Clausen P* = Preis der amerikanischen Güter in $ E = Preis eines Euro in Dollar EP = Preis der deutschen Güter in $ Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 16 Vom nominalen zum realen Wechselkurs Eine reale Aufwertung entspricht einem Anstieg des realen Wechselkurses ε in Mengennotierung. Der Preis der inländischen Güter ausgedrückt in Kapitel 1 Einheiten der ausländischen Güter steigt. Die inländischen Güter werden in Einheiten ausländischer Güter teurer. Eine reale Abwertung entspricht einem Rückgang des realen Wechselkurses ε in Mengennotierung. Die inländischen Güter werden in Einheiten ausländischer Güter billiger. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 17 Vom nominalen zum realen Wechselkurs Realer und nominaler Wechselkurs zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten, 1975-2005 Kapitel 1 Nominaler und realer Wechselkurs verlaufen seit 1988 nahezu parallel. Quelle: O. Blanchard/ G. Illing „Makroökonomie“; S. 521 Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 18 Von bilateralen zu multilateralen Wechselkursen Kapitel 1 Exporte nach Länder/Regionen Milliarden € Die 14 alten EU-Länder 416 43 306 40 Die 12 neuen EU-Länder 211 22 154 20 Andere europäische Industrieländer 103 11 91 12 USA 73 8 45 6 Südostasiatische Schwellenländer 32 3 33 4 China 30 3 54 7 Japan 13 1 24 3 Naher u. mittl. Osten 23 2 6 1 Andere 68 7 57 7 969 100 770 100 Total Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II Prozent Importe aus Milliarden € WS 2008/2009 Prozent Folie 19 Quelle: Deutsche Bundesbank, Spezialhandel nach Ländergruppen und Ländern, 2007 Tabelle 1.2 Deutscher Warenhandel nach Regionen, 2007 Kapitel 1 Von bilateralen zu multilateralen Wechselkursen Bilaterale Wechselkurse: Wechselkurse zwischen zwei Ländern Multilaterale Wechselkurse: Wechselkurse zwischen mehreren Ländern multilateraler realer Wechselkurs: der durchschnittliche Preis der deutschen Güter relativ zum durchschnittlichen Preis der Güter der deutschen Handelspartner Berechnung: Verwendung des Durchschnitts aus Export- und Importanteilen des jeweiligen Landes als Gewichte für die jeweilige Währung des Handelspartners Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 20 Von bilateralen zu multilateralen Wechselkursen Der reale DMAußenwert, 1975-1998 Kapitel 1 Während deutsche Güter bis Mitte der 80er Jahre im Ausland real billiger wurden, wurden sie bis Mitte der 90er Jahre wieder real teurer. Quelle: O. Blanchard/ G. Illing „Makroökonomie“; S. 523 Insgesamt sind deutsche Güter zwischen 1975 und 1998 im Ausland real billiger geworden. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 21 Kaufkraftparität (PPP) Beispiel: Golf oder Cadillac Annahme: beide Autos sind gleichwertig und es gibt keine Transportkosten dann: Amerikaner müssten die billigeren Golf nachfragen Anpassungsprozesse: Kapitel 1 Europreis des Golf steigt wegen höherer Nachfrage nach deutschen Autos Dollarpreis des Cadillac sinkt wegen geringerer Nachfrage nach amerikanischen Autos Nachfrage nach Euro steigt, da Amerikaner in Deutschland mit Euro zahlen → Euro wertet auf Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 22 Kapitel 1 Kaufkraftparität (PPP) Ergebnis: Golf werden teurer im Vergleich zu Cadillacs Ein Gleichgewicht wird erreicht, wenn deutsche und amerikanische Autos ausgedrückt in Einheiten derselben Währung gleich teuer sind. Dies nennt man das Gesetz des einheitlichen Preises. gilt nicht nur für einzelne Güter, sondern ganze Güterbündel oder vielleicht sogar alle Güter dann: EP=P* Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 23 Kapitel 1 Kaufkraftparität (PPP) gilt EP=P*, dann ist der reale Wechselkurs immer gleich 1: EP ε = * =1 P Kaufkraftparitätentheorie (Purchasing Power Parity): besagt dann, dass es durch die Ausnutzung der Arbitrage bei freiem Welthandel zu gleichen Preisen in jedem Land kommt. gilt de facto nur eingeschränkt: Nicht alle Güter sind handelbar. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 24 Kaufkraftparität (PPP) Es gibt Handelsbarrieren. Kurzfristig sind viele Preise starr. Big Mac Index des „Economist“: Big Mac schmeckt überall gleich. Preis variiert aber stark. Problem: • Big Mac kann nicht gehandelt werden. trotzdem recht guter Indikator, ob eine Währung Kapitel 1 über- oder unterbewertet ist Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 25 Kaufkraftparität (PPP) Tabelle 1.3 Der Big Mac Index im Juli 2008 Big Mac Preis Land in € E in lok. Währ./€ PPP-Kurs 1,59 1,06 3,75 124,93 139,17 6,50 SFr 4,00 1,62 1,93 China 12,50 Yuan 1,15 10,86 3,71 Japan 280 ¥ 1,65 169,81 83,09 Großbritannien 2,29 £ 2,87 0,80 0,68 7,50 Real 2,97 2,51 2,23 USA 3,57 $ 2,25 Euroraum 3,37 € 3,37 469 Kronur Island Schweiz Brasilien Kapitel 1 in lokaler Währung Quelle: The Economist, www.economist.com/markets/Bigmac/Index.cfm E: Wechselkurs am 24.07.2008 (lokale Währung je €); PPP-Kurs: Preis in lokaler Währung/3,37 € Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 26 1-2 Offene Finanzmärkte Der Kauf und Verkauf ausländischer Wertpapiere ist ein impliziter Kauf oder Verkauf ausländischer Währung – man bezeichnet dies auch als Devisenmarkttransaktion. Offene Finanzmärkte erlauben es: Kapitel 1 Finanzanlegern, besser zu diversifizieren. Indem sie sowohl inländische als auch ausländische Aktien halten und auf Veränderungen des ausländischen Zinssatzes spekulieren (Zinsarbitrage), können sie sich besser gegen das Länderrisiko absichern. Ländern, Handelsbilanzüberschüsse und -defizite zu haben. Ein Land, das mehr kauft als verkauft, muss vom Rest der Welt leihen. Es muss hierfür inländische Finanzanlagen attraktiver machen. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 27 Kapitel 1 Die Zahlungsbilanz Die Zahlungsbilanz ist eine systematische Darstellung aller wirtschaftlichen Transaktionen zwischen dem Inland und dem Ausland in einer Periode. Tabelle 1.4 zeigt die deutsche Zahlungsbilanz für das Jahr 2007. Die Tabelle ist unterteilt in die Leistungsbilanz und in die Kapital- und Devisenbilanz. Der Saldo der Kapital- und Devisenbilanz und der Saldo der Leistungsbilanz sollten gleich sein. Allerdings gibt es Messfehler. Aus diesem Grund weist die Zahlungsbilanz den Posten Statistische Diskrepanz auf. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 28 Die Zahlungsbilanz Tabelle 1.4 Die deutsche Zahlungsbilanz, 2007 (Mrd. €) Leistungsbilanz Warenexporte 969,0 Warenimporte -770,4 198,6 (1) Handelsbilanz -9,4 (1a) Ergänzungen zum Warenhandel Dienstleistungsexporte 161,2 Dienstleistungsimporte -177,5 -16,3 (2) Dienstleistungsbilanz 172,9 Kapitel 1 (3) Außenbeitrag: (1 + 1a + 2) Erwerbseinkommen - Einnahmen 6,1 Erwerbseinkommen - Ausgaben -6,7 Vermögenseinkommen - Einnahmen 225,6 Vermögenseinkommen - Ausgaben -183,0 (4) Saldo der Erwerbs- und Vermögenseinkommen Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 8,6 Folie 29 Die Zahlungsbilanz Tabelle 1.4 (fortgesetzt) Die deutsche Zahlungsbilanz, 2007 (Mrd. €) Leistungsbilanz (Fortsetzung) (5) Laufende Übertragungen -30,6 (6) Saldo der Leistungsbilanz (3 + 4 + 5) 184,2 (7) Saldo der Vermögensübertragungen 0,2 Kapitalbilanz (8) Saldo der Direktinvestitionen -85,1 (9) Saldo der Wertpapiertransaktionen und Finanzderivate -63,3 -198,1 (10) Saldo des übrigen Kapitalverkehrs -220,8 Kapitel 1 (11) Saldo der Kapitalbilanz (8+9+10) Devisenbilanz (12) Saldo der Devisenbilanz -0,9 Statistische Diskrepanz (6+7+11+12) 36,4 Quelle: Deutsche Bundesbank. Monatsbericht März 2008 Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 30 Kapitel 1 Die Zahlungsbilanz In der Leistungsbilanz werden alle Waren- und Dienstleistungen, die an das Ausland geliefert beziehungsweise aus dem Ausland bezogen werden, die Erwerbs- und Vermögenseinkommen sowie die laufenden Übertragungen nachgewiesen. Die Leistungsbilanz erfasst - allgemeiner betrachtet - alle im Laufe eines Jahres neu entstandenen Zahlungsforderungen und Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Ausland. Der Saldo der Leistungsbilanz misst die Veränderung des Nettoauslandvermögens bzw. der Nettoauslandsschuld des Inlands gegenüber dem Ausland. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 31 Kapitel 1 Die Zahlungsbilanz Man spricht von einem Leistungsbilanzüberschuss, wenn der Saldo der Leistungsbilanz positiv ist. Dann übersteigen die neuen Zahlungsforderungen die neuen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Ausland in einem Jahr. Die Kapitalbilanz und die Devisenbilanz enthalten alle Transaktionen, bei denen sich grenzüberschreitende Finanzpositionen verändern (z. B. Guthaben, Wertpapiere oder Beteiligungen). Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 32 Die Zahlungsbilanz Wenn der Bestand deutscher Kapitalanlagen im Ausland steigt, nennt man dies einen Kapitalexport. Wenn der Bestand ausländischer Kapitalanlagen in Deutschland steigt, nennt man dies einen Kapitalimport. Gilt Kapitalexport > Kapitalimport, spricht man anders als bei der Leistungsbilanz - von einem Kapitalbilanzdefizit. Kapitel 1 Grund: Die Kapitalexporte werden im System der doppelten Buchführung mit einem negativen Vorzeichen verbucht. Die Devisenbilanz erfasst die Änderung der Währungsreserven der Deutschen Bundesbank. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 33 Bruttoinlandsprodukt versus Bruttonationaleinkommen Kapitel 1 Anteil des BIP am BNE in Deutschland, Kuwait und Irland Quelle: O. Blanchard/ G. Illing „Makroökonomie“; S. 530 Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 34 Kapitel 1 Die Wahl zwischen in- und ausländischen Kapitalanlagen Kapitalanleger können bei offenen Finanzmärkten sowohl im Inland als auch im Ausland Kapitalanlagen tätigen. Sie müssen entscheiden, wie viel inländische und ausländische Kapitalanlagen sie in ihr Portfolio aufnehmen sollen. Die Wahl zwischen in- und ausländischer Bargeldhaltung ist in der Regel nicht von Bedeutung. Annahme: nur Wertpapiere mit einjähriger Laufzeit, keine anderen Kapitalanlagen Kalkül: Kauft ein deutscher Kapitalanleger ein deutsches oder amerikanisches Wertpapier? Entscheidungskriterium: Rendite der Wertpapiere Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 35 Die Wahl zwischen in- und ausländischen Kapitalanlagen Die erwartete Rendite einjähriger deutscher und US-amerikanischer Wertpapiere € (1 + i ) Kapitel 1 * t Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 36 Die Wahl zwischen in- und ausländischen Kapitalanlagen Wenn sowohl deutsche als auch US-amerikanische Anleihen gehalten werden, dann müssen sie den gleichen erwarteten Ertrag liefern. Somit muss die folgende Arbitragebedingung erfüllt sein: ⎛ 1 ⎞ (1 + it ) = Et (1 + i )⎜ e ⎟ ⎝ Et +1 ⎠ * t Wenn wir die Gleichung umstellen, erhalten wir die ungedeckte Zinsparität oder einfach die Zinsparität: ⎛ Et ⎞ (1 + it ) = (1 + i )⎜ e ⎟ ⎝ Et +1 ⎠ Kapitel 1 * t Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 37 Zinssätze und Wechselkurse Die Entscheidung, im Inland oder im Ausland anzulegen, hängt von den in- und ausländischen * Zinssätzen it , it sowie vom Wechselkurs Et und vom e erwarteten Wechselkurs E t + 1 ab. Die ungedeckte Zinsparität kann wie folgt umgeformt werden: 1 1 * (1 + it ) = (1 + i ) e = (1 + it ) e ⎛ Et +1 ⎞ ⎛ Et +1 ⎞ − 1 + 1⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎠ ⎝ Et ⎠ ⎝ Et 1 * ⇒ (1 + it ) = (1 + it ) e ⎛ Et +1 − Et ⎞ + 1⎟ ⎜ ⎠ ⎝ Et Kapitel 1 * t Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 38 Zinssätze und Wechselkurse Multiplikation mit dem Nenner der rechten Seite ergibt: ⎡ ⎛ Ete+1 − Et ⎞⎤ * ( (1 + it )⎢1 + ⎜ ⎟⎥ = 1 + it ) ⎣ ⎝ Et ⎠⎦ Ausmultiplizieren liefert: ⎛ Ete+1 − Et ⎞ Ete+1 − Et * ( 1 + it + 1 i + it ⎜ = + ⎟ t ) Et ⎝ Et ⎠ Kapitel 1 e * ( i , i , E Falls t t t +1 − Et ) Et gering sind, gilt die folgende Approximation: Prof. Dr. Volker Clausen e E * t +1 − Et it ≈ it − Et Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 39 Zinssätze und Wechselkurse Kapitel 1 e E * t +1 − Et it ≈ it − Et Arbitrage impliziert, dass der inländische Zinssatz dem ausländischen Zinssatz entsprechen muss, abzüglich der erwarteten Aufwertungsrate der inländischen Währung. Falls e t +1 E Prof. Dr. Volker Clausen * i = i = Et , dann gilt: t t Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 40 Kapitel 1 Zinssätze und Wechselkurse Beispiel: Wahl zwischen zwei einjährigen Anleihen Zinssätze für einjährige Wertpapiere: Deutschland mit i=2%, USA mit i*=5% e ( E Falls t +1 − Et ) Et = 3% : Anleger ist indifferent Falls (Ete+1 − Et ) Et > 3% : Anleger erwartet, dass sich der Euro um mehr als 3% aufwertet → Rendite der deutschen Anleihe höher → Kauf der deutschen Anleihe Falls (Ete+1 − Et ) Et < 3% : Anleger erwartet, dass sich der Euro um weniger als 3% aufwertet → Rendite der amerikanischen Anleihe höher → Kauf der amerikanischen Anleihe Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 41 Zinssätze und Wechselkurse Nominalzinssätze für Wertpapiere mit einjähriger Laufzeit: Deutschland und Vereinigte Staaten, 1975-2005 Kapitel 1 Die Zinssätze in Deutschland und in den Vereinigten Staaten entwickeln sich relativ gleichlaufend. Quelle: O. Blanchard/ G. Illing „Makroökonomie“; S. 534 Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 42 Kapitel 1 1-3 Zusammenfassung und Ausblick Die Wahl zwischen inländischen und ausländischen Gütern hängt hauptsächlich vom Wechselkurs ab. Die Wahl zwischen inländischen und ausländischen Wertpapieren hängt hauptsächlich von ihren relativen Renditen ab. Diese wiederum werden von den in- und ausländischen Nominalzinsen und der erwarteten Aufwertungsrate der inländischen Währung determiniert. Prof. Dr. Volker Clausen Makroökonomik II WS 2008/2009 Folie 43