Finanzplatz Schweiz 2016 - Credit Suisse Publikationen

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Juni 2016
Finanzplatz Schweiz 2016
Negative Zinsen
Regulierung
Erfolgsfaktoren
Finanzplatz Schweiz
gefordert
Schweiz mit weltweit
striktesten Regeln
Konkrete Handlungsempfehlungen für
Banken und Politik
Seite 9
Seite 14
Seite 29
Credit Suisse
Impressum
Herausgeber: Public Affairs and Policy
Christine Schmid
Global Head of Equity and Credit Research
[email protected]
Manuel Rybach
Global Head of Public Affairs and Policy
[email protected]
René Buholzer
Head of Public Policy Swiss Universal Bank
[email protected]
Philip Hess
Head Chairman's Office
[email protected]
Druck
GALLEDIA AG
Redaktionsschluss
30. April 2016
Copyright
Die Publikation darf mit Quellenangabe zitiert werden.
Copyright © 2016 Credit Suisse Group AG und/oder mit ihr
Verbundene Unternehmen. Alle Rechte vorbehalten.
Autoren
Bruno Bischoff
Maxime Botteron
Andreas Brand
René Buholzer
Sara Carnazzi Weber
Wingson Cheng
Adriana Ennab
Sarah Fuchs
Lukas Gehrig
Fredy Hasenmaile
Soek Ching Kum
Patrick Lagger
Claude Maurer
Bastien Menninger
Urs Reich
Manuel Rybach
Elena Scherrer
Christine Schmid
Joseph Seidel
Selina Sia
Fabian Waltert
Claudio Wewel
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
2
Credit Suisse
Inhalt
Vorwort
Zusammenfassung der Empfehlungen, nach Stakeholder-Gruppen
4
5
Schweizer Finanzplatz im Umbruch
6
Negativzinsen belasten
Negativzinsen prägen Immobilienmarkt
9
13
Regulatorisches Umfeld
Internationaler Vergleich der «Too Big to Fail»-Regeln
Steigende Regulierungsanforderungen auch in der Schweiz
Praktische Auswirkungen der TBTF-Regulierung für Schweizer Grossbanken
14
14
15
19
Wettbewerbsposition globaler Finanzdienstleistungszentren
20
Relevante Trends
Aufstrebende Wirtschaften zentral für Vermögensverwaltung
Technologische Entwicklungen verändern das Banking
Nachhaltigkeit auf dem Vormarsch
Renminbi-Hub Schweiz – weitere Meilensteine erreicht
22
22
24
26
28
Zukünftige Erfolgsfaktoren für den Finanzplatz Schweiz
Konstruktiver Umgang mit Tiefzinsumfeld
Pragmatische Regulierung
Sicherstellung und Verbesserung des Marktzugangs
Weitere Erhöhung der Standortattraktivität
Erfolgreiche Bewältigung der Digitalisierung
Stärkere Verankerung der Nachhaltigkeit in der Geschäftstätigkeit
29
29
29
31
32
33
34
Glossar
35
Disclaimer/ Wichtige Informationen
37
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
3
Credit Suisse
Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser
Wie bereits im Sommer 2014 und im Herbst 2012 legen wir erneut eine Studie zum Schweizer
Finanzplatz vor. Unser Ziel ist es, einen konstruktiven Beitrag zur Diskussion rund um die Wahrung und den Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit zu leisten. Wir haben uns abermals auf die
wichtigsten Bereiche beschränkt und legen neben einer Analyse auch konkrete Handlungsempfehlungen vor. Diese werden wir auch weiterhin regelmässig aktualisieren.
Die von uns in den vorgängigen Studien identifizierten Trends haben sich zu grossen Teilen
bestätigt und teilweise sogar deutlich akzentuiert. Mit Blick auf das Makro-Umfeld ist die Tiefzins- sogar in eine Negativzinsphase übergegangen. Wir haben uns aufgrund der bedeutenden
Auswirkungen dieses präzedenzlosen Phänomens dazu entschlossen, den negativen Zinsen und
ihren Auswirkungen ein eigenes Kapitel zu widmen.
Die Digitalisierung schreitet weiter voran. Es bedarf fortgesetzter konzertierter Anstrengungen,
um die Schweiz in diesem Bereich international verstärkt auf die Landkarte zu bringen. Neu
vertieft betrachten wir in dieser Studie die Nachhaltigkeit und die daraus resultierenden Geschäftsmöglichkeiten im Finanzbereich.
Nach einem kurzen Blick auf ausgewählte internationale Finanzzentren runden konkrete Handlungsempfehlungen in den folgenden sechs Bereichen, gegliedert nach Empfehlungen an Regierung, Parlament und Aufsichtsbehörden einerseits sowie Banken und Wirtschaft andererseits,
die Publikation wie bereits in den Vorjahren ab:






Konstruktiver Umgang mit Tiefzinsumfeld
Pragmatische Regulierung
Sicherstellung und Verbesserung des Marktzugangs
Weitere Erhöhung der Standortattraktivität
Erfolgreiche Bewältigung der Digitalisierung
Stärkere Verankerung der Nachhaltigkeit in der Geschäftstätigkeit
Wir hoffen mit der vorliegenden Studie Denkanstösse zu liefern, die zur langfristigen Stärkung
der internationalen Wettbewerbsfähigkeit unseres Finanzplatzes beitragen, und freuen uns auf
den Dialog mit Ihnen.
Mit freundlichen Grüssen
Urs Rohner
Präsident des Verwaltungsrats
Credit Suisse Group AG
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
4
Credit Suisse
Zusammenfassung der Empfehlungen, nach Stakeholder-Gruppen
Konstruktiver Umgang
mit Tiefzinsumfeld



Regierung,
Parlament
und Aufsichtsbehörden

Pragmatische
Regulierung
Sicherstellung und
Weitere Erhöhung der Erfolgreiche Bewälti- Stärkere Verankerung
Verbesserung des
Standortattraktivität gung der Digitalisierung der Nachhaltigkeit in
Marktzugangs
der Geschäftstätigkeit
Beibehaltung der
 Anerkennung der
 Erhöhung der Rechts-  Marktzutritt zur EU
 Wahrung und Steige-  Beste Kommunikationsinfrastrukturen (fläFreibeträge.
nachhaltigen Anlagen
und Planungssicherheit; sichern und verbesrung der steuerlichen
chendeckendes Breitund ihrer speziellen
mittel bis langfristige
sern: Standardisierter
Attraktivität (UnternehBei weiter fallenden
bandnetz).
Unterkategorien ImPriorisierung der ReguProzess zur Anerkenmenssteuerreform III,
Zinsen möglicher Einpact Investing und
lierungsvorhaben durch
nung der Gleichwertig- BEPS-Standards).

Anpassung
der
Ausschluss der PensionsNaturschutzfinanziedas Finanzdepartement
keit von Drittstaatenund Weiterbildung an
kassengelder in Freirung als eigenständiin Absprache mit Branregulierungen durch  Stärkung des Kapitalbetrag.
marktes durch Abschaf- wandelnde Bedürfnisse. ge Anlageklassen.
che.
die EU.
fung der EmissionsabÜberarbeiten der
 Pragmatische Umset-  Verbesserung Marktgabe auf Eigenkapital.  Regelmässige Überprü-  Ausgabe von Grünen
fung und Anpassung
«Liquiditätsregeln» für
Anleihen (Green Bonds)
zung internationaler
zutritt zu Emerging
Banken; Belastung
durch öffentliche AkteuStandards.
Market-Kernmärkten.  Zugang zu notwendigen bestehender regulatoriFachkräften; Erhalt der
scher Rahmenbedindurch negative Zinsen
re auf Staats-, KantonsPlanungs- und Rechtsgungen.
auf höchstqualitativen  Aktivere Involvierung
 Vertiefung bestehenund Gemeindeebene
sicherheit.
Anlagen und Berückund Mitarbeit der
der Opportunitäten,
(Vorbildfunktion).

Schaffen
einer
anersichtigung unter der
Schweiz bei internatiobeispielsweise durch
 Beibehaltung von
kannten Dachmarke
Leverage Ratio führt zu nalen Standardsetzern.
Weiterführung der
Schweizer Franken und
«Digital Switzerland» zur
hohen Kosten.
Finanzdialoge.
Unabhängigkeit der
Verbesserung der Aus Einführung einer ReguSNB.
senwahrnehmung.
Angleichung der
lierungsprüfstelle.
Regulierung im Hypothekarbereich für Versicherungen und Pensionskassen, um zukünftige Risiken zu
limitieren.
 Anpassung des
 Konsequente Umset- 
Dienstleistungs- und
zung und Einhaltung
Produktangebots sogeltender Regulierunwie der Gebührengen; Anwendung höchsstrukturen.
ter ethischer und pro- 
fessioneller Standards.
 Umsetzen verstärkter
Kosteneffizienz.
 Anpassung Strategie

und Dienstleistungs Zusammenlegung oder spektrum an veränderAuslagerung nicht
tes regulatorisches Umstrategischer Bankbefeld.
reiche
zwecks
KostenBanken und
senkung.
Wirtschaft
 Konsequente Umsetzung von Digitalisierungsmassnahmen.
Frühzeitige Identifikati-  Förderung und Nutzung  Bündelung der Bran- 
on von Marktzudes einheimischen
cheninitiativen: gemeintrittshindernissen.
Fachkräftepools.
sames Vermarkten von
«Digital Switzerland».
Kooperation mit
 Ausbau von flexiblen
Behörden bei Suche
Arbeitsmodellen zwecks  Anpassung der Genach Lösungen.
Attraktivität für Fachschäftsmodelle und der
kräfte.
Dienstleistungen an die 
Nutzung von Gedigitale Realität.
schäftsopportunitäten  Erhalt der Innovationsdurch Etablierung neu- kraft durch Förderung  Bessere Vernetzung mit

er, innovativer Produk- der Zusammenarbeit
anderen Branchen
te (z.B. CNY).
zwischen Privatwirt(Skaleneffekte).
schaft und Forschungs Bekenntnis zu Standort
institutionen.
Schweiz bei Entwicklung
und Implementierung
 Proaktivere, internatiodigitaler Dienstleistunnale Vermarktung des
gen und GeschäftsmoWirtschaftsstandorts
delle.
und Finanzplatzes
Schweiz.
 Zusammenlegen nicht
strategisch relevanter
Funktionen zwecks
Kostenoptimierung (Utility-Modell).
Entwicklung innovativer
Anlageprodukte und
-instrumente zur Bewältigung sozialer und ökologischer Herausforderungen.
Schulung der Kundenberater in nachhaltigen
Anlageprodukten.
Steigerung der nachhaltigen Finanzierungsvolumen bei institutionellen
Anlegern mit langfristigem Anlagehorizont.
Quelle: Credit Suisse
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
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Credit Suisse
Kapitel 1
Schweizer Finanzplatz im
Umbruch
In einem von extrem niedrigen Zinsen und verschärfter Regulierung geprägten Umfeld
suchen die Schweizer Banken neue Geschäftsfelder. Die Digitalisierung eröffnet Möglichkeiten, die auch die Konsolidierung und Veränderung der Vertriebswege fördern
dürften.
Extrem niedrige Zinsen
lasten auf Zinsgeschäft
Als 2014 die letzte Studie zum Finanzplatz Schweiz publiziert wurde, sahen sich die Banken
bereits tiefen Zinsen gegenüber. Die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen lag im Schnitt bei
0.7%. Heute liegt sie im negativen Bereich, bei nunmehr –0.4%. Gleichzeitig verlangt die
Schweizerische Nationalbank (SNB) von den Banken eine Gebühr auf den bei ihr deponierten
Giroanlagen. Die extrem niedrigen (bzw. sogar negativen) Zinsen belasten das traditionelle Zinsdifferenzgeschäft, das bei den Schweizer Regional- und Kantonalbanken bis zu zwei Drittel des
Ertrags beisteuert. Über alle Bankgruppen hinweg stammen 38.5% der Erträge aus dem Zinsdifferenzgeschäft. Weil negative Zinsen grösstenteils nicht an die Retail-Kunden weitergegeben
werden, entsteht Druck auf die Zinsmarge der Passivseite der Bilanz. Teilweise konnten die
Einbussen der Passivmarge jedoch durch höhere Kreditsätze – und damit durch eine Ausweitung
der Aktivmarge – kompensiert werden.
Abb. 1 stellt die Entwicklung des 3-Monats-CHF-Libor den Zinsen von neu abgeschlossenen
Libor-Hypotheken gegenüber. Die Zinsdifferenz blieb in Zeiten positiver Zinsen weitgehend
konstant. Mit der Einführung von Negativzinsen nahm dieser Spread jedoch zu. Eine Erholung
der Zinserträge ohne deutliches Kreditwachstum ist unseres Erachtens aber nicht in Sicht (vgl.
Abb. 2, Seite 7). Negative Zinsen dürften in Europa noch auf einige Jahre hinaus Bestand haben, was den Druck auf die Zinsmarge aufrechterhalten wird.
Abb. 1: Hypothekarsätze in Zeiten von Negativzinsen
3-Monats-CHF-Libor und Kosten Neuabschluss Libor-Hypothek
5%
CHF-Libor 3 Monate
Libor-Hypothek: Zinsen bei Neuabschluss
4%
3%
2%
1%
0%
-1%
2007
2009
2011
2013
2015
Quelle: Datastream, Credit Suisse. Historische Wertentwicklungen und Finanzmarktszenarien sind keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige
Ergebnisse.
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
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Credit Suisse
Rückläufige Bruttowertschöpfung der Banken im
Jahr 2015
Die Schwierigkeiten im Kerngeschäft der Banken widerspiegeln sich auch in der Bruttowertschöpfung der Finanzdienstleister. Diese ist im Jahr 2015 um 2% gesunken, während in den
drei vorangehenden Jahren auch dank positiver Aktienmarktentwicklungen jeweils ein Wachstum
verzeichnet werden konnte. Der schwierige Start der Aktienmärkte ins Jahr 2016 dürfte die
Bruttowertschöpfung der Banken zusätzlich belastet haben.
Regulatorische
Anforderungen und
Investitionen in Technologie
treiben Konsolidierung
Die in den letzten Jahren stetig gestiegenen regulatorischen Anforderungen verursachen den
Banken Zusatzkosten. Des Weiteren werden in den kommenden Jahren grosse Investitionen in
die Erneuerung und den Ausbau von IT-Systemen erforderlich. Dies treibt die Konsolidierung,
die auf dem Schweizer Finanzplatz schon länger im Gange ist, weiter an. Von 1999 bis 2014
sank die Zahl der Banken in der Schweiz von 372 auf 275 (–26%, vgl. Abb. 3). Konsolidierung
unter Banken ist dabei kein rein schweizerisches Phänomen: In der Eurozone ist die Zahl der
Kreditinstitute im selben Zeitraum sogar um 30% auf 5677 gesunken. Bis Anfang 2016 hat
sich die Konsolidierung in der Eurozone fortgesetzt (–6% der Finanzinstitute). Wir gehen davon
aus, dass die Konsolidierung auf dem Schweizer Finanzplatz, nicht zuletzt wegen des Bedarfs an
Skaleneffekten, in einem ähnlichen Ausmass andauern wird.
Digitalisierung und Kundenbedarf führen zur Ausdünnung des Filialnetzes
Während die Bankenkonsolidierung bereits seit Längerem im Gange ist, ist eine starke Reduktion der Filialdichte bislang ausgeblieben. Die Zahl der Filialen nahm im Zeitraum von 1999 bis
2014 schweizweit lediglich um 14% ab. Die Digitalisierung hat in dieser Zeitspanne jedoch
grosse Fortschritte gemacht. Heute ist es dank Online-Banking beispielsweise möglich, Überweisungen bequem per Smartphone-Applikation zu erledigen. Dadurch sinkt zwangsläufig das
Kundenaufkommen in den Bankfilialen. Im Kampf um Kunden und Margen wird daher nichts an
einem Ausbau des digitalen Angebots auf Kosten von physischen Bankfilialen vorbeiführen.
Anfang 2016 hat etwa die Raiffeisen Bankengruppe erklärt, sie wolle die Anzahl der Filialen von
heute rund 1000 auf 700 bis 750 reduzieren. Das wären etwas weniger als 10% der zurzeit
insgesamt 3188 Bankfilialen in der Schweiz, die alleine durch die Raiffeisen Bankengruppe
geschlossen würden. Auch andere Marktteilnehmer planen derzeit eine Optimierung ihres Filialnetzes.
Abb. 2: Zinsmarge sinkt im Niedrigstzinsumfeld
Abb. 3: Konsolidierung auf dem Schweizer Finanzplatz
In %, *Prognose Credit Suisse: Zinsmarge (2015/16), Rendite Staatsanleihen bis
Februar 2016
Abnehmende Zahl von Banken und Filialen in der Schweiz, 2009 = 100
3.0
105
Filialen
2.5
2.0
Zinsmarge
Rendite 10-jähriger Staatsanleihen
95
1.5
90
1.0
85
0.5
80
0
75
-0.5
Banken
100
70
2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015* 2016*
Quelle: Schweizerische Nationalbank, Credit Suisse, Historische Wertentwicklungen und Finanzmarktszenarien sind keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige Ergebnisse.
1999
2002
2005
2008
2011
2014
Quelle: Schweizerische Nationalbank, Credit Suisse, Historische Wertentwicklungen und Finanzmarktszenarien sind keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige Ergebnisse.
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
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Credit Suisse
Filialen am Arbeitsplatz
eher vor Schliessung gefeit
Ob eine Bankfiliale besucht wird, hängt nicht nur vom Wohnort der Kunden, sondern auch von
deren Arbeitsort ab. Abb. 4 illustriert die Filialdichte auf Gemeindeebene anhand der Anzahl
Banken pro 10‘000 Einwohner und Beschäftigte. Dunkelblau eingefärbte Gemeinden weisen
eine geringe Filialdichte und eine dementsprechend hohe potenzielle Auslastung auf, bei Rot
eingefärbten Gemeinden ist das Gegenteil der Fall. Gemäss dieser Grafik sind Filialen in beschäftigungsreichen Städten dank der Pendler eher vor einer Schliessung gefeit. Tiefrot eingefärbt sind meist Berggemeinden, die unter anderem aufgrund des Tourismus über Bankfilialen
verfügen, jedoch wenige Bewohner aufweisen. In diesen Gemeinden könnte der Repräsentationscharakter schwerer wiegen als das Auslastungsargument. Vielleicht ist aber auch die Nutzung in den touristischen Spitzenzeiten derart hoch, dass die notwendige Auslastung ebenfalls
erreicht werden kann.
Abb. 4: Filialauslastung am höchsten in Städten
Anzahl Bankfilialen pro 10'000 Einwohner und Beschäftigte (Vollzeitäquivalente)
Quelle: AFO Marketing AG, Bundesamt für Statistik, Geostat, Credit Suisse GIS Research
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
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Credit Suisse
Kapitel 2
Negativzinsen belasten
Die Negativzinsen verändern das Verhalten von CHF-Anlegern und Banken. KMUInvestitionen werden aber nur bedingt beflügelt, und bisher fliesst das Geld vor allem
in den Immobilienmarkt. Risiken bestehen für die Altersvorsorge.
Negativzinsen bezwecken
Schwächung des Frankens
Die Negativzinsen der SNB sollen die Zuflüsse in den «sicheren Hafen» Franken reduzieren –
was durchaus der Fall zu sein scheint. Während der finanziellen Turbulenzen in der Eurozone im
Jahr 2012 und nach der Lancierung der quantitativen Lockerung durch die Europäische Zentralbank (EZB) Ende 2014 fanden Anfang 2015 umfassende Kapitalzuflüsse ihren Weg in die
Schweiz. Ein grosser Teil davon stammte von ausländischen Banken, die diese Mittel bei in der
Schweiz ansässigen ausländischen Banken deponierten. Letztere verzeichneten folglich eine
markante Zunahme ihrer CHF-Verbindlichkeiten (v.a. Einlagen), die sie wiederum bei der SNB
deponierten. Nach der Einführung negativer Zinsen auf Giroguthaben begannen ausländische
Banken ihr CHF-Exposure zu reduzieren, wenn auch nur allmählich (vgl. Abb. 5).
Pensionskassen schichten
wegen Negativzinsen
in Immobilien um
In den Jahren der Eurokrise ab 2010 lösten Schweizer Anleger zudem Kapitalzuflüsse in die
Schweiz aus, indem sie in ausländische Anlagen investiertes Kapital repatriierten. Darüber hinaus
reduzierten sie ihre Käufe ausländischer Vermögenswerte substanziell, was die Kapitalabflüsse
schmälerte. Beides trug zur Aufwertung des CHF bei. Von den inländischen Investoren werden
bisher vor allem institutionellen Anlegern und insbesondere Pensionsfonds Negativzinsen auf
ihren Einlagen bei Banken belastet. Für Pensionsfonds verschärft sich die Lage durch die neuen
Regulierungsvorschriften zusätzlich. Diese verpflichten die Banken dazu, zur Deckung von Pensionskasseneinlagen qualitativ hochwertige, liquide Aktiva (High Quality Liquid Assets, HQLA) zu
halten, was die Verwaltung von Pensionskasseneinlagen für Banken kostspielig macht. Die
Pensionsfonds haben auf die negativen Zinsen mit einer Reduktion ihrer Allokation in liquide
Mittel (wohl mehrheitlich CHF) von 7.0% auf nur knapp über 4.5% reagiert (vgl. Abb. 6). Sie
scheinen aber ihr Fremdwährungsengagement bisher noch nicht erhöht zu haben. Stattdessen
hat ihre Allokation in Immobilien zugenommen (vgl. Negativzinsen prägen Immobilienmarkt, Seite
13).
Abb. 5: Auslandbanken in der Schweiz haben CHFLiquidität reduziert
Abb. 6: Pensionskassen mit geringeren Cash-Beständen
In CHF Mrd.
Allokation in liquide Mittel, in % der verwalteten Gesamtvermögen
140
Negativzinsen
bei der SNB
120
9.0
Negativzinsen
bei der SNB
8.5
8.0
100
7.5
80
7.0
60
6.5
6.0
40
5.5
20
CHF-Liquidität (Bankaktiven)
CHF-Einlagen Auslandsbanken (Bankpassiven)
0
2011
2012
2013
Quelle: Schweizerische Nationalbank, Credit Suisse
2014
2015
5.0
4.5
2003
2005
2007
2009
2011
2013
2015
Quelle: Credit Suisse Pension Fund Index
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
9
Credit Suisse
Die «effektive Untergrenze» für die Zinsen ist wahrscheinlich noch nicht erreicht
Eine Kernüberlegung bei der Einführung negativer Zinsen (oder deren Senkung) betrifft die
Bestimmung der «effektiven Zinsuntergrenze». Diese entspricht dem Zinsniveau, bei welchem
Anleger eine Umschichtung aus Bankeinlagen in physisches Geld vorzunehmen beginnen.
Die effektive Zinsuntergrenze ist schwer zu identifizieren, ist aber unseres Erachtens in der
Schweiz noch nicht erreicht. Die Nachfrage nach Banknoten hat seit der Einführung der
Negativzinsen zwar zugenommen, die «überschüssige» Cash-Nachfrage liegt aber mit einem
Wert unter CHF 4 Mrd. (oder weniger als 0.5% der Gesamtgeldmenge M3) nach wie vor
deutlich unter Niveaus, welche die Auswirkungen negativer Zinsen beeinträchtigen oder die
Finanzstabilität bedrohen würden.
Ausländische Banken sowie
reine Vermögensverwalter
zahlen am meisten Negativzins
Per Ende Dezember 2015 beliefen sich die Giroguthaben der Banken bei der SNB auf
CHF 470 Mrd. (vgl. Abb. 7). Indes werden die Negativzinsen nicht auf diesem Gesamtbetrag
erhoben. Erstens ist der Bund vollumfänglich davon ausgenommen. Zweitens wurden für Inlandbanken Freibeträge in 20-facher Höhe der erforderlichen Mindestreserven festgelegt. Für Auslandbanken und andere Institute gelten individuelle Freibeträge, die nicht öffentlich kommuniziert
wurden. Auf Basis unserer Schätzungen und anhand von Kommentaren von SNB-Vertretern
gehen wir allerdings davon aus, dass diese individuellen Freibeträge proportional tiefer sind als
jene inländischer Banken. Die Höhe der Mindestreserven, die für die Freibeträge den Ausschlag
geben, hängt von ausgewählten Verbindlichkeiten einer Bank ab, v.a. von ihren Kundeneinlagen.
Ein Institut mit grossem Retail-Geschäft muss in der Regel höhere Mindestreserven halten,
weshalb auch sein Freibetrag höher ausfällt. Die Reserven bei der SNB übersteigen die erforderlichen Mindestbeträge zurzeit deutlich. Diese «Überschussreserven» stammen aus der «Schaffung von Geld» durch die SNB, mit dem sie ihre Devisenmarktinterventionen finanziert.
Abb. 8 illustriert das Verhältnis der Giroguthaben inländischer Banken bei der SNB zu den erforderlichen Mindestreserven. Diese Schätzungen zeigen klar, dass Banken mit stärkerer RetailAusrichtung zurzeit unter oder nur knapp über ihrer Freibetragsschwelle liegen, was sich in Zukunft verschärfen dürfte. Dies legt nahe, dass ihnen die Negativzinsen nur relativ geringe Kosten
verursachen. Dagegen halten Geschäftsstellen ausländischer Banken in der Schweiz sowie
andere Institute, wie z.B. reine Vermögensverwalter oder Effektenhändler, deutlich über dem
Freibetrag liegende Überschussreserven. Dies impliziert einen proportional höheren Aufwand für
Negativzinsen.
Abb. 7: Inländische Banken überwiegen bei SNBGiroguthaben
Abb. 8: Nicht alle Bankgruppen gleich betroffen
In CHF Mrd.
Verhältnis der Giroguthaben zu den erforderlichen Mindestreserven. Die Schätzungen
basieren auf unserer Berechnung der erforderlichen Mindestreserven und sind für
gewisse Bankgruppen mit hoher Unsicherheit behaftet.
Andere Einlagen (z.B. inländische Versicherungen)
Ausländische Banken und andere Organisationen
Bund
Inländische Banken
500
450
400
70
60
Ausländisch kontrollierte Banken
Grossbanken
Raiffeisenbanken
Andere Banken
Kantonalbanken
Regionalbanken und Sparkassen
50
350
300
40
250
30
200
150
Freibetragsschwelle
20
100
10
50
0
0
2010
2011
2012
2013
Quelle: Schweizerische Nationalbank, Credit Suisse, Nega
2014
2015
2010
2011
2012
2013
2014
2015
Quelle: Schweizerische Nationalbank, Credit Suisse
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
10
Credit Suisse
Negativzinsen beflügeln
KMU-Investitionen nicht
Auf das Investitionsverhalten hierzulande haben die Negativzinsen bisher nur wenig Einfluss. In
unserer Umfrage bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) 2015 haben wir gefragt, wie
das Tiefzinsumfeld die Höhe ihrer Investitionen in der Periode 2009–2014 beeinflusst habe. Nur
knapp ein Drittel der befragten KMU gab für diese Periode positive oder sehr positive Auswirkungen der tiefen Zinsen auf ihre Investitionsvolumen an; bei über 60% hatte das Niedrigzinsumfeld keinen Einfluss (vgl. Abb. 9). Der positive Effekt ist bei jenen Firmen ausgeprägter, bei
denen Fremdkapital für die Investitionsfinanzierung eine wichtige Rolle spielt (vgl. Abb. 10).
Dass sich der Effekt tiefer Zinsen auf die Investitionen eher in Grenzen hält, dürfte mehrere
Gründe haben. So scheint Fremdkapital bei der Investitionsfinanzierung von KMUs eine relativ
begrenzte Rolle zu spielen: Nur knapp 40% der befragten Unternehmen bezeichneten Bankkredite als für sie wichtige Finanzierungsinstrumente. Zudem zeigen Studien, dass den Finanzierungsbedingungen (u.a. dem Zinsniveau) bei Investitionsentscheiden oft nur eine zweitrangige
Bedeutung zukommt. Die Entwicklung der Nachfrage und die Unsicherheit stellen weitere wichtige Faktoren dar. Das generell schwierige Investitionsumfeld (Eurokrise, starker Franken, Unsicherheit usw.) dürfte demnach mögliche positive Zinseffekte überkompensiert haben.
Bund spart beinahe
CHF 1 Mrd. pro Jahr
Demgegenüber profitiert der Bund mit Bruttoschulden in der Höhe von rund CHF 106 Mrd.
(Stand 2015) von den niedrigen Zinsen. Die für den Bund äusserst günstigen Konditionen widerspiegeln sich in dessen Zinsaufwand: Während sich der Zinsaufwand 2010 bei vergleichbarem Schuldenstand noch auf CHF 2.8 Mrd. belief, waren es 2015 nur noch CHF 1.9 Mrd. (rund
3% der Gesamtausgaben). Die hohe Kreditwürdigkeit des Bundes und die starke Nachfrage
nach langen Laufzeiten erlauben es zudem, einen im internationalen Vergleich sehr hohen Anteil
des Kapitals mit langen Laufzeiten und attraktiven Zinsen aufzunehmen.
Altersvorsorge unter Druck
Langfristig könnte das Tiefzinsumfeld jedoch auch für den Staat zu einem Problem werden: Im
Rahmen der beruflichen Vorsorge «zwingt» er die Arbeitnehmer zum Sparen. Zusammen mit dem
Umlagesystem der AHV bildet dies die staatlich geregelte Altersvorsorge. Mit einem Anteil der
Ersparnisse am verfügbaren Einkommen von 22% zählt die Schweiz zu den Ländern mit den
höchsten Sparquoten. Die privaten Haushalte legen dabei 13.2% ihres verfügbaren Einkommens freiwillig auf die Seite. Die restlichen Ersparnisse (8.8%) erfolgen im Rahmen der beruflichen Vorsorge als Kapitalakkumulation bei den Pensionskassen. Bei diesem sogenannten
Zwangssparen wird die Sparentscheidung zu einem grossen Teil durch den Gesetzgeber getroffen. Durch Umschichtung aus dem freiwilligen Sparen haben Haushalte jedoch die Möglichkeit,
ihre späteren Leistungsansprüche zu beeinflussen, indem sie zum Beispiel einen freiwilligen
Einkauf in die Pensionskasse vornehmen.
Abb. 9: Nur ein Teil der KMU profitiert von den tiefen
Zinsen
Abb. 10: Tiefe Zinsen beflügeln vor allem das Baugewerbe
Anteil der Antworten auf die Frage, welchen Einfluss das Tiefzinsumfeld 2009–2014
auf die Höhe der Investitionen hatte, in %
Anteil der Unternehmen, bei denen das Tiefzinsumfeld 2009–2014 einen positiven
oder sehr positiven Einfluss auf die Höhe der Investitionen ausübte, in %
70%
45%
40%
60%
35%
50%
30%
40%
25%
20%
30%
15%
20%
10%
10%
5%
0%
0%
Bau
stark negativ
negativ
Quelle: Credit Suisse KMU-Umfrage 2015
neutral/keinen
Einfluss
positiv
stark positiv
Alle
antwortenden
KMU
Dienstleistungen
Traditionelle
Industrie
Spitzenindustrie
Quelle: Credit Suisse KMU-Umfrage 2015
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
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Credit Suisse
Niedrigzinsumfeld lässt
Deckungsgrad der Pensionskassen um
3 Prozentpunkte sinken
Fallende Zinsen erhöhen zwar kurzfristig den Wert eines typischen Obligationenportfolios, wie es
Pensionskassen in der Regel halten, ein anhaltendes Niedrigzinsumfeld reduziert aber zunehmend die zukünftigen Erträge. Die Summe der beiden Effekte ergibt die Gesamtrendite (Total
Return). Unter den Annahmen, dass eine Pensionskasse von ihrer Obligationenquote jährlich
rund 11% reinvestiert, das Niedrigzinsumfeld noch länger andauert und keine Kreditausfälle
auftreten, würde der technische Deckungsgrad – d.h. das Verhältnis zwischen Vorsorgevermögen und künftig erwarteten Verpflichtungen – eines typischen Obligationenportfolios von 105%
im Jahr 2015 in zehn Jahren auf etwas über 102% fallen (vgl. Abb. 11). Selbstverständlich
hängen die finanziellen Aussichten der Pensionskassen auch sehr stark von der Entwicklung der
Renditen auf anderen Anlagen, wie zum Beispiel Aktien oder Immobilien, ab, wobei hier die
Prognoseunsicherheit noch höher ist als bei den Zinsen. Doch sicher ist, dass die tiefen Zinsen
keine Entlastung für die Altersvorsorge bringen, die angesichts der demografischen Entwicklung
ohnehin bereits mit grossen Herausforderungen konfrontiert ist.
Weniger Renten, höhere
Beiträge – beides dürfte
den Konsum belasten
Die sowohl politisch als auch wirtschaftlich unangenehmen Alternativen sind eine erhöhte Belastung der Erwerbstätigen oder eine Senkung der Renten – beides hätte wohl negative Auswirkungen auf den Konsum und damit auf die bisherige Stütze der Schweizer Konjunktur. Werden
Rentenleistungen gekürzt, würde der Konsum der Rentenbezüger in Zukunft wohl geringer ausfallen: Eine – hypothetische – Senkung der Rentenleistungsauszahlungen um 1% entspräche
einem Minus von rund CHF 0.35 Mrd. oder 0.1% des gesamten privaten Konsums. Schliesslich
wurden aus der beruflichen Vorsorge 2014 beinahe CHF 35 Mrd. ausbezahlt, was rund 10%
der jährlichen Konsumausgaben aller Haushalte hierzulande entspricht. Und der Konsum der
älteren Generationen dürfte in Zukunft sogar noch deutlich an Gewicht gewinnen: Während
heute rund 2 Millionen Einwohner über 60 Jahr alt sind, werden es in 25 Jahren mehr als
3 Millionen sein. Dies entspricht einem Anstieg um 70% (vgl. Abb. 12).
Vorsichtssparen jüngerer
Generationen könnte
Konsum weiter
beeinträchtigen
Darüber hinaus könnten die Unsicherheiten bezüglich der in Zukunft zu erwartenden Auszahlungen aus der Altersvorsorge einen Anreiz für zusätzliches Vorsichtssparen seitens der Haushalte
im erwerbsfähigen Alter darstellen. Ein Anstieg der Sparquote würde jedoch einen Rückgang der
Konsumquote bewirken. Höhere Beiträge an die Pensionskassen wiederum würden das verfügbare Einkommen der Haushalte direkt mindern.
Über die genaue Verteilung der durch das Niedrigstzinsumfeld entstehenden ökonomischen
Lasten wird letztlich jedoch die Politik entscheiden müssen.
Abb. 11: Technischer Deckungsgrad im Negativzinsumfeld
Abb. 12: Demografischer Wandel mit Auswirkungen auf
die Konsumausgaben
Deckungsgrad in %; x-Achse: Zeit in Jahren
Anzahl über 60-jähriger Einwohner, Schätzungen Credit Suisse
106
2015
105
104
2020
+ 12%
103
2030
102
101
+39%
2040
+ 55%
100
t0
t2
Quelle: Credit Suisse
t4
t6
t8
t10
t12
t14
t16
t18
0
1'000'000
2'000'000
3'000'000
Quelle: Credit Suisse
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
12
Credit Suisse
Negativzinsen prägen Immobilienmarkt
Direkte Immobilienanlagen durch Anlagenotstand
getrieben
Abb. 13: Negativzinsen beflügeln Mietwohnungsbau
Renditedifferenz Immobilienfonds (Ausschüttungsrendite abzüglich Rendite Benchmarkanleihe); Baugesuche: Anzahl Mietwohnungen (rechte Skala)
Der Anlagenotstand, der die Märkte seit der Finanzkrise beherrscht, hat sich 2015 durch die Zinssenkung der SNB verschärft. Entsprechend sind Renditeliegenschaften bei den
Anlegern – trotz rückläufiger Flächennachfrage und hoher
Preise – weiterhin beliebt. Immobilien bieten nach wie vor
äusserst attraktive Renditen. Die Differenz zwischen den Ausschüttungsrenditen von Immobilienfonds und der Rendite 10jähriger Eidgenossen hat sich auf rund 300 Basispunkte erhöht. Die höheren Renditedifferenzen lösen zusätzliche Bauprojekte aus (2015: Gesuche für 30'000 Wohnungen).
6%
5%
4%
Renditedifferenz Immobilienfonds
35'000
Schweizer Benchmarkanleihe 10 Jahre
30'000
Baugesuche Mietwohnungen (Gleitender
12-Monats-Durchschnitt)
25'000
3%
20'000
2%
15'000
1%
10'000
0%
5'000
-1%
2002
2004
2006
2008
2010
2012
2014
2016
0
Quelle: Credit Suisse, Datastream, letzter Jahresbericht Immobilienfonds, Baublatt. Historische
Wertentwicklungen und Finanzmarktszenarien sind keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige
Ergebnisse.
Indirekte Immobilienanlagen dürften teuer bleiben
Abb. 14: Indirekte Immobilienanlagen bleiben teuer
Entwicklung von Prämien (Immobilienaktien) und Agios (Immobilienfonds)
Die hohe Volatilität der langfristigen Zinsen schlägt sich zurzeit
stark in den Prämien und Agios der kotierten Immobilienaktien
und Immobilienfonds nieder. Die Zinssenkung durch die SNB
Anfangs 2015 bewirkte einen sprunghaften Anstieg auf hohe
20% (Aktien) beziehungsweise 35% (Immobilienfonds). Auf
eine Beruhigungsphase folgte ab Ende 2015 – ausgelöst
durch eine erneute Talfahrt der langfristigen Zinsen – ein
abermaliger Anstieg der durchschnittlichen Prämien und Agios.
Gleichzeitig zeichnen sich aus fundamentaler Perspektive nur
wenige Werttreiber nach oben oder unten ab.
40%
30%
20%
10%
0%
-10%
-20%
-30%
2003
Schweizer Immobilienaktien
Schweizer Immobilienfonds
2005
2007
2009
2011
2013
2015
Quelle: Credit Suisse, datastream. Historische Wertentwicklungen und Finanzmarktszenarien sind
keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige Ergebnisse.
Wohneigentum durch Selbstregulierung der Banken
eingeschränkt
Abb. 15: Regulierung dominiert Zinseffekt
Wachstum Hypothekarvolumen privater Haushalte im Vergleich zum Vorjahresmonat
und Wachstum Preise Wohneigentum im Vergleich zum Vorjahresquartal
Keine zusätzliche Nachfrage haben die Negativzinsen beim
Wohneigentum ausgelöst. Zum einen bewirkten sie keinen
weiteren Rückgang der Hypothekarzinsen der Banken, da sich
Letztere mit zusätzlichen Absicherungskosten konfrontiert
sehen (vgl. Abb. 1, Seite 6). Weiter setzt das hohe Preisniveau
zusammen mit den regulatorisch bedingt gestiegenen Finanzierungsanforderungen hohe Hürden für potenzielle Wohneigentümer. Dies zeigt sich im rückläufigen Wachstum des Hypothekarvolumens (2015: +3.1%) und in einer weiteren Reduktion der Preisdynamik (2015: +1.3%).
10%
9%
Preise Wohneigentum
Lfr. Durchschnitt Kredite Privat-HH
Hypothekarkredite Privat-HH
8%
7%
6%
5%
4%
3%
2%
1%
0%
-1%
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
Quelle: Schweizerische Nationalbank, Wüest & Partner, Credit Suisse. Historische Wertentwicklungen und Finanzmarktszenarien sind keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige Ergebnisse.
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
13
Credit Suisse
Kapitel 3
Regulatorisches Umfeld
Die regulatorischen Standards für Banken wurden weltweit deutlich verschärft. Aufgrund des zusätzlich nötigen Abwicklungskapitals wird ein Bail-out durch die Steuerzahler noch unwahrscheinlicher. Das Schweizer «Too Big to Fail»-Regelwerk ist international führend. Auch im Bereich des automatischen Informationsaustauschs implementiert die Schweiz die neuen Regeln zügig und umfassend. Die letzte Etappe der
Modernisierung der Finanzmarktregulierung steht indessen noch an.
Internationaler Vergleich der «Too Big to Fail»-Regeln
Standards für Banken
werden weiter erhöht
Die regulatorischen Anforderungen an systemrelevante Banken befinden sich seit 2008 im
Wandel. Auf globaler Ebene präsentierte das Financial Stability Board (FSB) im November 2015
den neuen Standard für verlustabsorbierendes Kapital im Krisenfall, die sogenannte Total LossAbsorbing Capacity (TLAC). Diese ergänzt die bereits bestehenden Eigenmittel- und Liquiditätsvorschriften gemäss Basel III, die als Mindeststandard für international tätige Banken gelten.
Auch auf nationaler Ebene wurden die Regulierungsbemühungen verstärkt. In der Schweiz wurde das bestehende «Too Big to Fail»-Regime (TBTF) revidiert, um den internationalen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Ähnlich rasch übernahmen die USA die globalen Bestimmungen
und führten teilweise weitergehende Anforderungen ein. In der Europäischen Union (EU)
herrscht unterdessen in diversen Regulierungsbereichen immer noch Unklarheit; beispielsweise
ist erst 2017 mit einem Vorschlag für die Kalibrierung der Leverage Ratio zu rechnen, während
Grossbritannien eigenständig nationale Vorgaben einführte. Eine Regelung zur Umsetzung der
TLAC fehlt aktuell allerdings; es ist nach wie vor unklar, wie der EU-eigene Standard für verlustabsorbierendes Kapital (Minimum Requirement for Own Funds and Eligible Liabilities, MREL) mit
TLAC vereinbar ist.
Schweizer Kapital- und
Liquiditätsanforderungen
sind international führend
Abb. 16 auf Seite 15 gibt eine Übersicht über den aktuellen Stand der regulatorischen Entwicklungen im Bereich TBTF. Sie zeigt auch, dass die Schweizer Anforderungen international sowohl
im risikogewichteten Bereich als auch in Bezug auf den Vergleich zur Bilanzgrösse führend sind.
Hingegen hat sich die Schweiz im Bereich der organisatorischen Massnahmen für ein liberales
Modell entschieden, das auf Anreizen basiert und von starren strukturellen Vorgaben, wie beispielsweise der Einführung eines Trennbankensystems, absieht.
Schweizer Grossbanken mit
eigenständiger Schweizer
Rechtseinheit
Das Resultat des schweizerischen Anreizsystems ist im Endeffekt vergleichbar mit einer klaren
strukturellen Vorgabe: Die Gründung einer eigenständigen Schweizer Rechtseinheit inklusive der
systemrelevanten Funktionen ist folglich bei beiden Grossbanken in Umsetzung.
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
14
Credit Suisse
Abb. 16: Aktueller Stand der regulatorischen Entwicklungen im Bereich «Too Big To Fail» (TBTF)
Transparente Länderkreise signalisieren, dass noch keine Regelung definiert wurde; die Einschätzung im internationalen Vergleich basiert auf Annahmen;
Risk-Weighted Assets.
Capital Conservation Buffer.
Puffer setzen sich zusammen aus 0–2.5% Countercyclical Capital Buffer, 1–3.5% Buffer for Global and Other Systemically Important Institutions sowie 0–3% Systemic Risk Buffer (nur für Grossbritannien).
4
5% Leverage Ratio gilt für US Global Systemically Important Banks; für deren Tochtergesellschaften mit Einlagegeschäft gilt eine Leverage Ratio von 6%.
5
Minimum Requirement for Own Funds and Eligible Liabilities.
6
Die Liquidity Coverage Ratio der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) soll sicherstellen, dass Banken einen intensiven Liquiditätsstress von bis zu 30 Tagen überstehen; als Richtwert für den
internationalen Vergleich wird eine 60%ige Umsetzung der LCR per 01.01.2015 angenommen.
7
Schaffung von Schweizer Rechtseinheit (Ring Fence).
1
2
3
Quelle: Financial Stability Board, Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Europäische Zentralbank, Prudential Regulation Authority/Bank of England, Federal Reserve, Eidgenössische Finanzmarktaufsicht,
Credit Suisse
Steigende Regulierungsanforderungen auch in der Schweiz
Die Bewältigung der Finanz- und Schuldenkrise ist in der Schweiz in regulatorischer Hinsicht
weit fortgeschritten. Seit Sommer 2014 wurden wichtige Meilensteine erreicht. Dabei stehen die
drei Themenbereiche Systemstabilität, automatischer Informationsaustausch sowie neue Architektur der Finanzmarktregulierung im Zentrum.
Schweiz führte als einer
der ersten Staaten
ein TBTF-Gesetzespaket ein
1. Systemstabilität
Die Schweiz hat als einer der ersten Staaten ein TBTF-Regime eingeführt. Vor dem Hintergrund
der Finanzkrise war es das erklärte Ziel der nationalen und internationalen Regulatoren, das
Risiko, dass eine systemrelevante Bank mit Steuergeldern gerettet werden muss, zu minimieren.
Dies ist mit den bereits 2012 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen in der Schweiz gelungen.
Die beiden Grossbanken sind mit Nachdruck daran, die entsprechenden Vorgaben umzusetzen.
Beispielsweise haben sie ihre Bilanzen deutlich verkleinert und auch organisatorische Anpassungen – wie z.B. die Schaffung einer Schweizer Rechtseinheit – angekündigt bzw. vorgenommen
(vgl. Praktische Auswirkungen der TBTF-Regulierung für Schweizer Grossbanken, Seite 19).
Risiken für Steuerzahler
sollen eliminiert werden
Die Expertengruppe «Brunetti II», bestehend aus Bank- und Behördenvertretern, kam in ihrem
Schlussbericht vom Dezember 2014 zum Schluss, dass eine grundlegende Anpassung des
TBTF-Regulierungswerks weder nötig noch angezeigt sei. Dieser Befund wurde auch im ersten
Evaluationsbericht des Bundesrats vom Februar 2015 unterstützt. Zwischenzeitlich haben sich
die internationalen Regulatoren darauf geeinigt, dass es nicht genügt, das Risiko für die SteuerFinanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
15
Credit Suisse
zahler zu minimieren. Neu wird eine gänzliche Eliminierung dieses Risikos angestrebt. Deshalb
empfahlen sowohl die Expertengruppe als auch der Bundesrat, den FSB-Standard für TLAC als
Basis für einen Swiss Finish zu übernehmen.
Schweizer Regelungen
international führend
Der Bundesrat hat im Oktober 2015 Eckwerte für die entsprechende Anpassung des Schweizer
TBTF-Regimes verabschiedet. Diese sehen insbesondere eine ungewichtete Quote für verlusttragendes Kapital von total 10% und risikogewichtete Anforderungen von total 28.6% vor (vgl.
Abb. 17 und Abb. 18). Damit werden die Schweizer Kapitalanforderungen auch künftig international führend sein. Erstmals wird auch eine Frist für die Umsetzung der Notfallplanung angesetzt. So müssen die beiden Grossbanken die neuen Kapitalanforderungen und die Notfallplanung bis Ende 2019 umsetzen.
Konkret werden die Eckwerte über eine Revision der Eigenmittelverordnung (ERV) und der Bankenverordnung (BankV) umgesetzt. Die Anhörung zu den entsprechenden Änderungen wurde
Ende Dezember 2015 eröffnet und endete am 15. Februar 2016. Nach Auswertung der Anhörungsantworten und Anhörung der Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben des Parlaments
soll die vom Bundesrat definitiv verabschiedete Verordnung per 1. Juli 2016 – mit einer bis Ende
2019 dauernden Implementierungsphase – in Kraft treten. Weitere Evaluationsberichte sind im
Februar 2017 bzw. 2019 fällig.
Abb. 17: Strengere risikogewichtete Kapitalanforderungen in der Schweiz
Abb. 18: Deutlich höhere Leverage-Ratio-Anforderungen
in der Schweiz
Gegenüberstellung der Anforderungen FSB und Schweiz
Gegenüberstellung der Anforderungen FSB und Schweiz
35%
12%
CET1
AT1
T2
Bail-in Bonds
Capital Cons. Buffer
30%
25%
20%
15%
14.3%
2.5%
Bail-in Bonds
8%
5.00%
6%
10.0%
4.3%
2.0%
1.5%
10.0%
10%
5%
Tier 1
10%
3.75%
4%
2%
4.5%
0%
5.00%
3.00%
0%
FSB TLAC
Parameter CH ab 01.01.2020
Quelle: Financial Stability Board, TBTF-Regeln Schweiz, Credit Suisse
FSB TLAC
Parameter CH ab 01.01.2020
Quelle: Financial Stability Board, TBTF-Regeln Schweiz, Credit Suisse
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
16
Credit Suisse
Schweiz setzt globalen AIAStandard vollumfänglich um
Abkommen mit ersten
Partnerstaaten unterzeichnet
2. Automatischer Informationsaustausch
Der automatische Informationsaustausch in Steuerfragen (AIA) ist ein Verfahren, das den Austausch von Daten über Bankkonten und Wertschriftendepots von Steuerpflichtigen unter den
Steuerbehörden der teilnehmenden Länder regelt. Ziel ist es, Steuerhinterziehung zu verunmöglichen. 2013 beauftragten die Finanzminister der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit
der Ausarbeitung eines globalen Standards für den AIA. Im gleichen Jahr bekannte sich die
Schweiz aktiv dazu, diesen Standard umzusetzen. Gewisse Staaten, die sogenannten «Early
Adopters», haben sich dazu verpflichtet, die ersten Daten bereits im September 2017 (erstmalige Sammlung der Daten 2016) auszutauschen. Die Schweiz und diverse andere Staaten wie
zum Beispiel Singapur haben sich für einen Austausch ab 2018 (erstmalige Sammlung der Daten 2017) ausgesprochen.
Damit die Schweiz für den ersten Datenaustausch 2018 bereit ist, hat sich das Schweizer Parlament im 2. Halbjahr 2015 intensiv mit den rechtlichen Grundlagen befasst und diese in der
Wintersession 2015 verabschiedet. Da kein Referendum ergriffen wurde, werden die gesetzlichen Grundlagen per 2017 in Kraft treten – rechtzeitig, um die Daten wie geplant 2018 erstmals
austauschen zu können. Ausstehend für die Umsetzung des AIA sind nun noch Abkommen mit
den entsprechenden Partnerländern (vgl. Abb. 19). Bereits 2015 unterzeichnete die Schweiz
Abkommen mit der EU und Australien. Gestützt auf das Verhandlungsmandat des Bundesrats
wurden Gespräche mit weiteren Partnerstaaten über die Einführung des AIA geführt. Angestrebt
wird zudem eine Anpassung des «Foreign Account Tax Compliance Act»-Abkommens (FATCA)
mit den USA.
Abb. 19: AIA – Schweiz baut dichtes Netz von Abkommen auf
Übersicht der Partnerstaaten der Schweiz
Kanada
Norwegen
Isle of Man
Island
Japan
EU
Südkorea
Australien
AIA-Abkommen unterzeichnet; Ratifizierung in der
Schweiz ausstehend (inkl. Jersey, Guernsey, Isle of
Man
FATCA-Abkommen (Modell 2)
Amtshilfe nach internationalem
Standard
Quelle: Staatssekretariat für internationale Finanzfragen, Credit Suisse
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
17
Credit Suisse
Drei Projekte für neue
Architektur: FinfraG,
FIDLEG, FiniG
3. Neue Architektur der Finanzmarktregulierung
Aufgrund der internationalen Regulierungsbestrebungen im Bereich des Anlegerschutzes und
der «Over the Counter» (OTC) gehandelten Derivate gelangte auch die Schweiz zur Ansicht, dass
in diesen Bereichen Handlungsbedarf bestehe. Treiber waren einerseits entsprechende Empfehlungen der G20 und andererseits Drittstaatenregeln in den entsprechenden EU-Regulierungen.
Dementsprechend nahm das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) Arbeiten an die Hand,
um das hiesige Recht den Veränderungen im internationalen Regulierungsumfeld anzugleichen.
Im Zuge dieser Arbeiten kam die Idee einer kompletten Neustrukturierung der Architektur der
Finanzmarktregulierung auf (vgl. Abb. 20). Der Bundesrat hat das EFD deshalb damit beauftragt, drei neue Gesetze zu erarbeiten, die teilweise alte Bestimmungen ablösen und neue Regelungen einführen sollen:
 Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG): Bestimmungen für Finanzmarktinfrastrukturen und
den Handel mit OTC-Derivaten.
 Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG): Verhaltens- und Produktregeln für in der Schweiz
erbrachte Finanzdienstleistungen.
 Finanzinstitutsgesetz (FiniG): Unterstellung der Vermögensverwalter unter die Aufsicht sowie
Anpassungen am Bankengesetz.
FinfraG in Kraft
Am weitesten gediehen ist das FinfraG. Dieses wurde in der Sommersession 2015 – nachdem
es im Sinne der Branche verschlankt und verbessert worden war – vom Schweizer Parlament
verabschiedet und ist am 1. Januar 2016 in Kraft getreten. Gleichzeitig sind auch die entsprechenden Finanzmarktinfrastruktur-Verordnungen vom EFD und von der eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA (FinfraV respektive FinfraV-FINMA) sowie die geänderte Nationalbankverordnung (NBV) in Kraft getreten. Das FinfraG-Projekt befindet sich somit nun in der
Phase der Umsetzung.
FIDLEG und FiniG
in entscheidender Phase
Weniger weit fortgeschritten sind die beiden anderen Projekte: FIDLEG und FiniG. Beide Projekte hat der Bundesrat aufgrund der Ergebnisse aus der Vernehmlassung verschlankt und angepasst. Die überarbeiteten Vorlagen hat die Regierung am 4. November 2015 an das Parlament überwiesen.
Abb. 20: Folgen der Finanzkrise für die Finanzmarktregulierung
Übersicht der neuen Architektur in der Schweiz
Eckwerte der Botschaften
Geplante Struktur
Nationalbankgesetz (Systemstabilität)





Finanzmarktaufsichtsgesetz (FINMAG)
Aus- und Weiterbildungspflicht für Kundenberater
Kundensegmentierung mit Opting-System
Modulare Abklärungspflicht
Transparenz bei Entschädigungszahlungen
Vereinheitlichung Prospektrecht, Einführung
Basisinformationsblatt (BIB)
Stärkung Ombudsstelle
Befreiung Privatkunden v. Prozesskostenvorschüssen
Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) – verschlankt


Finanzinstitutsgesetz (FiniG) –verschlankt

Tragung eigener Prozesskosten durch Finanzdienstleister (unter
Voraussetzungen) auch im Falle des Obsiegens


Einführung einer Bewilligungskaskade
Risikobasierte prudenzielle Aufsicht über Vermögensverwalter
von Kollektivanlagen, Fondsleitungen und Wertpapierhäuser
(FINMA) sowie Vermögensverwalter, Trustees und
Edelmetallhändler (Aufsichtsorganisation)

Abstimmung BankG und weitere Gesetze auf FINIG
Pfandbriefgesetz
Versicherungsaufsichtsgesetz
Versicherungsvertragsgesetz
Bankengesetz
Geldwäschereigesetz
(GwG)
Kollektivanlagengesetz
Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG) – verschlankt
Quelle: Credit Suisse
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
18
Credit Suisse
Praktische Auswirkungen der TBTF-Regulierung für Schweizer Grossbanken
Deutlich kleinere Grossbankbilanzen
Abb. 21: Gesamtaktiva und BIZ Leverage Ratio 4.Q 2015
Deutlich gesunkene Gesamtaktiven bei UBS und CS, in CHF Mrd.; verbessertes BIZ
Leverage Ratio (rechte Skala)
Der Verschuldungsgrad (Leverage Ratio) der systemrelevanten
Schweizer Grossbanken Credit Suisse (CS) und UBS darf
den durch die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich
(BIZ) definierten Mindestwert von 3% nicht unterschreiten.
Sowohl CS als auch UBS erreichen bzw. übertrafen per Ende
2015 die Anforderungen mit 4.5% bzw. 4% deutlich. Gut
ersichtlich ist auch, wie stark die beide Banken ihre Bilanzsummen reduziert haben. Die CS verkleinerte ihre Bilanz innerhalb der dargestellten Periode um 35%, die UBS um 59%.
Per Ende 2015 wies die UBS mit CHF 943 Mrd. eine leicht
höhere Bilanz aus als die Credit Suisse mit CHF 873 Mrd. Die
neuen TBTF Regeln sind in Abb. 18 zusammengefasst.
3'000
6%
Gesamtaktiva 2007
Gesamtaktiva 2015
Leverage Ratio
2'500
5%
2'000
4%
1'500
3%
1'000
2%
500
1%
0
0%
Credit Suisse Group
UBS Group
Quelle: Unternehmensdaten, Credit Suisse
Schweizer Heimmarkt im Fokus der Banken
Abb. 22: Entwicklung der Gesamtaktiva Schweiz
Wachstum im Schweizer Heimmarkt, in CHF Mrd.
In dieser Abbildung sind die Bilanzsummen der Raiffeisen Bank
und der Zürcher Kantonalbank (ZKB) denjenigen der schweizerischen Sparten der CS (Swiss Universal Bank SUB) und der
UBS (UBS Switzerland AG) für die Jahre 2007 und 2015
gegenübergestellt. Da die SUB und UBS Switzerland AG im
Jahr 2007 noch nicht existierten, stehen für diesen Zeitraum
keine Zahlen zur Verfügung. Auffallend ist das bedeutende
Wachstum sowohl bei der Raiffeisen Gruppe als auch bei der
ZKB im beobachteten Zeitraum. Erstere wies 2015 nur ein
knapp geringeres Volumen auf als die SUB. Mit gut
CHF 300 Mrd. verfügte die UBS Switzerland AG 2015 über
die grösste Bilanz der vier Banken.
350
Gesamtaktiva 2007
Gesamtaktiva 2015
300
250
200
150
100
50
0
Swiss Universal
Bank
UBS Switzerland
AG
Raiffeisen
ZKB
Quelle: Unternehmensdaten, Credit Suisse
Hohe Liquidität
Abb. 23: Hohe Liquidität der Bilanz bringt Sicherheit
Liquiditätshaltung kostet in Zeiten negativer Zinsen
Laut Basel III müssen die Nettoabflüsse von 30 Tagen in einem Stressfall zu jeder Zeit komplett durch den Bestand an
erstklassigen liquiden Aktiva (HQLA) gedeckt sein. Dies wird
durch die Liquidity Coverage Ratio (LCR) sichergestellt, die
eine Höhe von mindestens 100% erreichen muss. Diese Auflage wird von der CS, UBS und ZKB bereits heute eingehalten. Die Raiffeisen Gruppe verfehlt diese Auflage mit 95.8%
knapp. Das Verhältnis zwischen vergebenen Krediten und
Einlagen ist seit 2007 mit Ausnahme der ZKB konservativer
geworden.
160%Total Kredite/Total Einlagen 2007
Liquidity Coverage Ratio
140%
Total Kredite/Total Einlagen 2015
120%
100%
80%
60%
40%
20%
0%
Credit Suisse
UBS
Raiffeisen
ZKB
Quelle: Unternehmensdaten, Credit Suisse
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
19
Credit Suisse
Kapitel 4
Wettbewerbsposition globaler
Finanzdienstleistungszentren
Fünf zentrale Faktoren bestimmen die Wettbewerbsfähigkeit von Finanzplätzen. Die
nachfolgenden Kurzanalysen beleuchten ausgewählte internationale Finanzzentren.
Erfolgsfaktoren für Finanzzentren
Die Auswahl der Finanzplätze richtet sich nach unseren früheren Studien «Finanzplatz Schweiz»
von 2012 und 2014 und nach dem Global Financial Center Index (GFCI). Dieser bewertet seit
2007 die grossen Finanzzentren der Welt nach ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Wir schauen erneut
Frankfurt, London, Luxemburg, Hongkong, Singapur, Tokio und New York an. Allgemein lassen
sich Erfolgsfaktoren von Finanzplätzen in fünf Kategorien unterteilen: Arbeitskräfte, Geschäftsumfeld, Marktzugang, Rahmenbedingungen sowie die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit.
Relative Wettbewerbsfähigkeit ausgewählter Finanzplätze
Die folgenden Kurzanalysen vermitteln einen Überblick über die Stärken und Schwächen der
sieben genannten ausländischen Finanzplätze.
Frankfurt: Mitteposition mit
Potenzial
Frankfurt nimmt eine Position im Mittelfeld ein. Zu den Nachteilen zählen die ungewisse Zukunft
des Euroraums, die beschränkte Offenheit gegenüber Nichtbanken (wie Hedge-Fonds) und die
vergleichsweise hohe Besteuerung. Es ist Frankfurt bislang nicht gelungen, London einen nennenswerten Anteil der eurobezogenen Kapitalmarktgeschäfte streitig zu machen. Der Finanzplatz
scheint sich auch nicht besonders um eine Positionierung als Zentrum für internationale Vermögensverwaltung zu bemühen. Frankfurt verzeichnet allerdings grosse Fortschritte bei der Ansiedlung einer florierenden FinTech-Szene. Mit der Bankenunion und einer möglicherweise stärkeren
Zentralisierung der Bankenpolitik könnte Frankfurt künftig in einem gewissen Mass zu einem
Anziehungspunkt für Finanzdienstleistungsgeschäfte in der EU werden.
London: Beschränkungen
und zunehmender
Regulierungsdruck im
Investment Banking;
Start-ups nicht von den
Beschränkungen betroffen
London ist nach wie vor ein global führender Finanzplatz. Seine strukturellen Stärken wie Lage,
Sprache und Rechtssystem sind jedoch nicht gegen eine Aushöhlung gefeit. Die schwierige
gesamtwirtschaftliche Lage in Europa, neue Technologien, die strengen Regulierungsvorschriften nach der Krise und das im Umbruch befindliche Steuersystem stellen allesamt Herausforderungen dar. Mit dem «neuen Abkommen» der neuen Regierung mit der City und dem bekräftigten Anspruch, dafür zu sorgen, dass Grossbritannien über die besten und wettbewerbsfähigsten
Finanzdienstleistungen der Welt verfügt, haben sich die Rahmenbedingungen für Banken verbessert. Darüber hinaus bietet London beste Voraussetzungen für die Entwicklung des FinTechMarkts. Neben der Nähe zu einem der weltweit grössten Finanzdienstleistungszentren tragen
weitere Faktoren zum FinTech-Wachstum bei: ein grosser und technisch anspruchsvoller Kundenkreis, gute Verfügbarkeit von Geschäftskapital, ein unterstützender und pragmatischer Regulierungsansatz, eine hervorragende Infrastruktur für Finanzdienstleistungen und Londons Stellung
als globales Handelszentrum. Grossbritannien avanciert daher zügig zu einem der führenden
Standorte der FinTech-Branche.
Luxemburg:
Verlagerter Schwerpunkt
auf grenzüberschreitende
Märkte
Luxemburg hat in einer Vielzahl von Bereichen grenzüberschreitende Produkte und Dienstleistungen entwickelt, unter anderem für Bankgeschäfte, Anlagefonds, Vermögensverwaltung sowie
für die Versicherungs- und Kapitalmärkte. Daher verhält sich der Standort in hohem Mass komplementär zu anderen Finanzplätzen, die überwiegend auf die Binnenmärkte ausgerichtet sind.
Dank des Know-hows in Bezug auf verschiedene Rechtssysteme, des vielfältigen Finanzdienstleistungssektors und der grossen Stabilität ist Luxemburg ein florierendes Finanzzentrum. In den
letzten Jahren haben viele führende Finanzinstitute erkannt, wie attraktiv Luxemburg als Finanzdrehscheibe in der Eurozone ist.
Hongkong: Handelsund Finanzdrehscheibe
für den Grossraum China
Hongkong profitiert vom Potenzial und Wirtschaftswachstum im Grossraum China und von der
zunehmenden internationalen Mobilität der chinesischen Unternehmen und des chinesischen
Kapitals. Seit 2014 hat sich Hongkong zudem zum wichtigsten Renminbi-Geschäftszentrum
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
20
Credit Suisse
ausserhalb Chinas entwickelt. Die Renminbi-Einlagen machten Ende 2015 8.5% der Gesamteinlagen aus. Zudem ist Hongkong nicht nur eine wichtige Drehscheibe für die Handelsfinanzierung, neben Singapur stellt es auch ein wesentliches Zentrum für die Vermögensverwaltung dar.
Zu den Stärken zählen das Rechts- sowie das Steuersystem, zu den Herausforderungen die
hohen Immobilienkosten aufgrund des begrenzt verfügbaren Baulands sowie tendenziell hohe
Lohnkosten. Wie in anderen Finanzzentren wird auch in Hongkong FinTech gezielt gefördert.
Singapur: Setzt seine erfolgreiche Laufbahn als
Finanzzentrum fort
Tokio: Weiterhin binnenmarktorientiert
New York: Diversifizierung –
weg vom reinen Investment
Banking und Expansion in
andere Bereiche
Singapur verdankt seinen Erfolg als Finanzzentrum seinen stabilen politischen Verhältnissen, den
transparenten und einheitlichen regulatorischen Rahmenbedingungen, einem vorteilhaften Steuersystem sowie einem umfassenden Reservoir an Know-how und fähigen Mitarbeitern im Finanzsektor. Letzteres ist das Ergebnis einer relativ liberalen Einwanderungspolitik für Fachkräfte
und eines hervorragenden Bildungssystems. Neben Erfolgen in den Bereichen Devisenhandel,
Vermögensverwaltung und Immobilienanlagen über börsennotierte Real Estate Investment Trusts
(REITs) ist Singapur in den letzten Jahren auch zu einer wichtigen Drehscheibe für den Derivatehandel in Asien geworden. Für die Zukunft ist entscheidend, dass das Land auf neue Technologien setzt, um angesichts verschärfter aufsichtsrechtlicher Vorschriften und eines zunehmend angespannten Arbeitsmarkts seine führende Stellung zu behaupten. Als Reaktion auf
diesen Trend befindet sich beispielsweise die FinTech-Branche im Aufwind. Diese wird durch
eine robuste IT-Infrastruktur sowie Anreize von staatlicher Seite unterstützt.
Trotz der Grösse der japanischen Volkswirtschaft, des enormen Reservoirs an inländischen Privatersparnissen sowie seiner liquiden Aktien- und Anleihenmärkte fällt es Tokio immer noch
schwer, sich als globales Finanzzentrum zu behaupten. Zu den Schwächen zählen die mangelnde internationale Eignung der Produkte, der relativ hohe bürokratische Aufwand und einige aufsichtsrechtliche Schwierigkeiten. Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen die Negativzinspolitik der japanischen Zentralbank mittel- und langfristig haben wird. Sie könnte den japanischen
Banken Anreize bieten, nachdrücklicher vom inländischen Kernbankgeschäft abzurücken und
eine stärkere Diversifizierung der Erträge zu betreiben. Unlängst hat der Regulator zudem Änderungen angekündigt, die es u.a. Banken erlauben würden, engere Partnerschaften mit FinTechUnternehmungen einzugehen. Damit will Japan dem Eindruck entgegenwirken, in diesem Bereich ein Nachzügler zu sein.
In New York herrscht nach wie vor die höchste Dichte an globalen Banken und Finanzinstituten,
darunter die kapitalstärksten Investmentbanken. Auf Grundlage der zahlreichen neuen DoddFrank-Vorschriften, die höhere Standards für Kapitalausstattung, Liquidität und Risikomanagement vorsehen, wurden die Geschäftsmodelle im Investment Banking angepasst. Dies hat dazu
geführt, dass sich viele Finanzunternehmen aus dem traditionellen Kapitalmarktgeschäft zurückziehen und ihr Kapital sowie ihre sonstigen Ressourcen auf ihre gewinnträchtigsten Geschäftsbereiche konzentrieren. Investmentbanken mit Sitz ausserhalb der USA waren besonders betroffen, da die USA ein auf ausländische Unternehmen abzielendes Ring-Fencing-System eingeführt haben. Vermögensverwaltern nützt diese Entwicklung. Da für sie weniger umfassende
Regulierungsvorschriften gelten, befinden sie sich in einer wesentlich günstigeren Lage als
Gross- und Investmentbanken. Die Stadt und ihr Umland sind von zentraler Bedeutung für das
Vermögensverwaltungsgeschäft in den USA. Wir gehen davon aus, dass dieser Typus von Instituten weiter wachsen wird.
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
21
Credit Suisse
Kapitel 5
Relevante Trends
Neben dem Heimmarkt bleiben die aufstrebenden asiatischen Länder im Fokus für die
Vermögensverwaltung. Die Digitalisierung verändert das Banking. Sie hilft als Unterstützer, bringt aber auch neue Konkurrenz. Nachhaltiges Investieren hat in den vergangenen Jahren ein konstantes Wachstum verzeichnet. Davon profitiert der Schweizer Finanzplatz. Und der Renminbi-Hub Schweiz ist auf Kurs.
Aufstrebende Wirtschaften zentral für Vermögensverwaltung
Wachstum bei verwalteten
Vermögen dank starken
Frankens
Per Ende 2015 verwalteten Banken mit einer schweizerischen oder liechtensteinischen Banklizenz Kundendepots mit einem Gegenwert von CHF 5‘518 Mrd. sowie CHF 1‘761 Mrd. an Kundeneinlagen. Davon entfielen CHF 2‘896 Mrd. (52%) der Wertschriftenbestände und
CHF 647 Mrd. (36%) der Kundeneinlagen auf ausländische Kunden. Diese Zahlen unterstreichen die Bedeutung ausländischer Kunden für den hiesigen Finanzplatz. Abb. 24 illustriert die
Entwicklung der verwalteten Kundenvermögen durch Schweizer Banken seit 2008. Insgesamt
nahm deren Wert von CHF 5‘267 Mrd. im Jahr 2008 auf CHF 7‘279 Mrd. Ende 2015 zu, was
einem Wachstum von gut 38% entspricht. Dabei fällt auf, dass das Wachstum der verwalteten
Vermögen mit Schweizer Domizil in diesem Zeitraum mit 43% deutlich stärker war, als jenes bei
ausländischen Kunden (+24%).
Gebremstes Wachstum
bei ausländischen Kunden
Für das verhältnismässig stärkere Vermögenswachstum bei den Schweizer Kunden kommen
diverse Erklärungen infrage. Ein Teil der Diskrepanz ist auf den starken Schweizer Franken
zurückzuführen, der sich bei ausländischen Kunden, deren Referenzwährung meist nicht der
CHF ist, in den vergangenen Jahren negativ ausgewirkt hat. Tatsächlich hielten ausländische
Kunden 2014 nur 38% ihrer Wertschriften in CHF, gegenüber 66% bei Schweizer Kunden.
Allein von Ende 2014 bis Ende 2015 erstarkte der CHF gegenüber den wichtigsten Währungen
um rund 10%. Als weitere Gründe für das schwächere Wachstum bei Auslandkunden können
die Regulierung sowie der erschwerte Zutritt der Schweizer Banken zu den umliegenden Finanzmärkten in den letzten Jahren ins Feld geführt werden. Beides hatte Abflüsse von Kundengeldern aus der Schweiz zur Folge. Schliesslich hat auch der Rückzug ausländischer Banken aus
dem Schweizer Markt dazu beigetragen, dass sich ausländische Kunden aus der Schweiz verabschiedeten. Nichtsdestotrotz ist der Schweizer Finanzplatz in der grenzüberschreitenden Vermögensverwaltung nach wie vor weltweit führend.
Abb. 24: Schweizer Banken: Verwaltete Vermögen
Verwaltete Vermögen nach Kundeneinlagen und Wertschriftenbeständen schweizerischer und ausländischer Kunden,
in CHF Mrd.
Wertschriftenbestände CH-Kunden
Wertschriftenbestände ausl. Kunden
Einlagen CH-Kunden
Einlagen ausl. Kunden
3'000
2'500
2'000
1'500
1'000
500
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
Quelle: Schweizerische Nationalbank, Credit Suisse
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Credit Suisse
Wachstumschancen in der
Vermögensverwaltung auch
ausserhalb des Heimmarktes
In Anbetracht der geringen Grösse des Heimmarktes ist es für den Schweizer Finanzplatz entscheidend, sich als führendes Zentrum für die weltweite Verwaltung privater Vermögen zu halten
bzw. weiterzuentwickeln. Von besonderer Bedeutung für das Private Banking sind vermögende
Kunden, sogenannte «(Ultra) High Net Worth Individuals» oder (U)HNWIs. Es ist daher im Interesse von Schweizer Banken, sich in Märkten mit einer möglichst grossen (U)HNWI-Population
oder einem überdurchschnittlichen Wachstum in diesem Segment zu etablieren. Im Gegensatz
zu Personen mit tiefen und mittleren Vermögen, die über sämtliche Regionen verteilt sind und
sich in den verschiedensten Lebensphasen befinden, haben (U)HNWIs diverse Gemeinsamkeiten. Sie finden sich in einer kleineren Auswahl an Ländern und haben einen ähnlichen Lebenswandel. Sie partizipieren beispielsweise an den gleichen globalen Märkten für Luxusgüter, und
ihre Vermögenssituationen sind weitgehend vergleichbar – ihr Fokus liegt auf Finanzinstrumenten, namentlich Aktien, Obligationen und anderen handelbaren Wertschriften. Dementsprechend
haben sie in der Regel auch einen erhöhten Bedarf an Finanzdienstleistungen. Abb. 25 zeigt die
Zugehörigkeit der verschiedenen Vermögensgruppen zu den einzelnen Regionen. Daraus geht
hervor, dass knapp 80% der HNWIs und UHNWIs entweder in Europa oder Nordamerika domiziliert sind (oberster Balken). Weitere 14.6% leben in Asien-Pazifik, während sich die restlichen
6.31% auf die anderen vier Regionen verteilen.
Asien mit stärkstem
Wachstum der Vermögen
Aufschlussreich ist die Gegenüberstellung dieser Zahlen mit den Wachstumsraten der Bevölkerung von (U)HNWIs. Diese sind in Abb. 26 ersichtlich. China sticht in dieser Darstellung mit
einem sehr hohen Wachstum von 3100% in 15 Jahren hervor. Der Vorsprung auf das zweitplatzierte Indien mit einer Rate von knapp 600% ist aussergewöhnlich, zumal sich die Schere tendenziell weiter öffnet. Die restlichen Regionen liegen näher beieinander und weisen allesamt
Wachstumsraten zwischen 218% und 341% auf.
Schweizer Vermögensverwalter in Asien stark
präsent
Private Vermögensverwaltung erfolgt tendenziell nahe beim Kunden. Dank der heute bereits
starken Vernetzung der Schweizer Vermögensverwalter in Asien und einigen anderen Schwellenländern präsentiert sich die Ausgangslage zur Ausweitung der Marktanteile attraktiv.
Langjährige Erfahrung
der Schweizer Banken mit
Verwaltung international
diversifizierter Portfolios
Angesichts der bereits relativ grossen (U)HNWI-Population ist das Wachstum in Europa (323%)
erstaunlich hoch. Im Beobachtungszeitraum liegt es nur knapp hinter dem von Afrika, obwohl
Afrika erhebliches Aufholpotenzial aufweist. Die in Europa konzentrierten Vermögen sind nach
wie vor sehr gross und sollten gemäss unseren Prognosen weiter zunehmen. Die geografische
und kulturelle Nähe zur Schweiz ist dabei ein wesentlicher Vorteil für hiesige Finanzdienstleister,
genauso wie die langjährige Erfahrung in der Verwaltung international diversifizierter Kundenportfolios.
Abb. 25: Regionale Zugehörigkeit nach individuellem
Vermögen
Abb. 26: Entwicklung der USD-Millionäre zwischen 2000
und 2015
Die USA und Europa stellen derzeit noch den grössten Anteil an vermögenden
Personen, Angaben in USD
Basis 2000: 100%, logarithmische Skala, ungebremstes Wachstum in Asien, allen
voran China und Indien
3200%
> 1 Million
1600%
100'000 - 1 Million
Nordamerika
Asien-Pazifik
Lateinamerika
Afrika
Europa
China
Indien
800%
10'000 - 100'000
400%
< 10'000
200%
Alle Stufen
100%
0%
Indien
Afrika
Asien-Pazifik
25%
50%
Lateinamerika
China
75%
100%
Europa
Nordamerika
Quelle: James Davies, Rodrigo Lluberas und Anthony Shorrocks, Credit Suisse Global Wealth
Databook 2015
50%
2000
2003
2006
2009
2012
2015
Quelle: James Davies, Rodrigo Lluberas und Anthony Shorrocks, Credit Suisse Global Wealth
Databook 2015
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
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Credit Suisse
Technologische Entwicklungen verändern das Banking
Das Internet verändert das
Verhalten der Bankkunden
Bankkunden sind heute durch die praktisch unbeschränkte Verfügbarkeit des Internets so gut
informiert wie nie zuvor. Sie haben direkte Vergleichsmöglichkeiten, können sich im Netz in
Communitys austauschen und auf Online-Ratgeber zurückgreifen. Dadurch sinkt ihre Abhängigkeit von Beratungsdienstleistungen. Dies hat auch Folgen für die Finanzwirtschaft und drückt
sich beispielsweise in einer steigenden Nachfrage nach «Execution Only»-Banking-Lösungen
aus. Bei diesen wird vollständig auf einen menschlichen Ansprechpartner seitens der Bank verzichtet, und die Abwicklung von Transaktionen erfolgt häufig mobil über das Smartphone. Ein
weiteres Indiz für das sich ändernde Kundenverhalten ist die Verbreitung von digitalen Marktplätzen, an denen beispielsweise Investoren und Kreditnehmer miteinander direkt Kreditvergaben
besprechen und abwickeln können, ohne auf eine Bank zurückzugreifen. Solche Ansätze gibt es
unter anderem im Crowdfunding und -lending.
Internet und Smartphones
ermöglichen digitale
Lösungen für Kunden
Eine Schlüsselrolle für die Digitalisierung spielen insbesondere Smartphones. Die verschiedenen
Smartphone-Betriebssysteme bieten Softwareentwicklern mit ihren «App-Stores» eine Plattform,
um neuartige Software zu entwickeln und auf unkomplizierte Art und Weise einem breiten Publikum zur Verfügung zu stellen.
FinTech: Hype oder Trend?
Das dominierende Schlagwort im Zusammenhang mit dem technologischen Wandel in der Finanzbranche lautet FinTech. Abb. 27 zeigt anhand der Anzahl Suchanfragen auf Google eindrücklich, wie das Interesse an diesem Thema seit 2014 einen regelrechten Boom erlebt hat.
Die Digitalisierung im Finanzwesen wird das Banking verändern. Die nachstehende Auflistung
gibt einen groben und nicht abschliessenden Überblick über die wichtigsten Einsatzgebiete von
neuen Technologien, Prozessen und Anwendungen:
 Mit der Digitalisierung und der Dezentralisierung von Dienstleistungen im Finanzbereich
stellen sich zunehmend Fragen zu Daten und Sicherheit. Dementsprechend wichtig ist
Cybersecurity.
 Überweisungen und Zahlungsverkehr erfolgen in der Regel über Applikationen auf
Smartphones. Sie bieten eine attraktive Alternative zu Barzahlungen.
 Im Retail Banking steht die Online-Abwicklung sämtlicher Bankaktivitäten im Fokus. Infolge
der Digitalisierung wird häufig auf einen Kundenberater verzichtet. Teilweise werden auch
«Mobile Only»-Lösungen angeboten, die ausschliesslich über Smartphones laufen.
Abb. 27: Massiv gestiegenes Interesse am Thema FinTech: Hype oder Trend?
Weltweites Suchinteresse zum Stichwort «FinTech» relativ zum Höchstwert (100 = Februar 2016), gemäss Google Trends
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
Quelle: Google Trends, Credit Suisse
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
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Credit Suisse
 Anwendungen im Bereich des persönlichen Finanzmanagements (PFM) bieten Kunden




einen Überblick über das persönliche Vermögen sowie die laufenden Einnahmen und Ausgaben. Sie erstellen Auswertungen und Empfehlungen für die persönliche Budgetierung.
Solche Lösungen werden sowohl von Banken für ihre Kunden angeboten als auch von unabhängigen Dritten.
Handels- und Beratungsplattformen konzentrieren sich auf Anlagethemen. Sie ermöglichen Zugang zum Börsenhandel, analysieren (gestützt auf Algorithmen) die Kundenportfolios
und generieren automatisierte Anlageempfehlungen (Robo Advisors). Robo Advisors kommen auch im Private Banking zum Einsatz und ergänzen dort vermehrt die Arbeit der Kundenberater.
Im Kreditgeschäft und Kapitalmarkt entstehen zunehmend Angebote, bei denen Banken
als Finanzintermediäre umgangen werden. Dabei treten Kapitalgeber und -nehmer über eine
gemeinsame Plattform direkt miteinander in Kontakt. Typische Beispiele für diese Entwicklung sind Crowdfunding oder Peer-to-Peer Lending (P2P-Kredite).
Virtuelle Währungen stellen ein alternatives Zahlungsmittel zu den nationalen Währungen
dar. Die Zahlung erfolgt direkt zwischen Sender und Empfänger, ohne dass eine Bank oder
ein anderer Mittelsmann dazwischengeschaltet ist. Die heute bekannteste virtuelle Währung
ist der Bitcoin.
Digitale Unterstützung findet sich vermehrt auch im Compliance- und Reporting-Bereich der
Banken – die sogenannte RegTech (Regulatory Technology). RegTech fördert die effiziente
Umsetzung von Regulierungen und trägt dazu bei, Risikoanalysen unstrukturierter Daten,
Szenario-Analysen oder Monitoring-Aktivitäten effizienter zu gestalten.
Die neuen Technologien im Finanzbereich werden in den kommenden Jahren zu einer Rationalisierung der Prozesse im Bankensektor führen und durch die Stärkung der Position des Kunden
die Kunden-Bank-Beziehung nachhaltig verändern.
Digitale Lösungen
halten vermehrt Einzug
im Private Banking
Im Private Banking erfreuen sich insbesondere digitale Finanzassistenten, die vorstehend erwähnten Robo Advisors, zunehmender Beliebtheit. Robo Advisors basieren auf Algorithmen und
generieren automatisch Meldungen und Hinweise bei Marktereignissen; sie ergänzen/ersetzen
so die Arbeit von Kundenberatern. Die Vorteile von Robo Advisors liegen auf der Hand – sie sind
kostengünstig, können in der breiten Masse eingesetzt werden, greifen auf riesige Datenbanken
zurück und versehen ihren Dienst 24 Stunden am Tag. Im klassischen Private Banking existieren
für Kunden Eintrittshürden hinsichtlich des minimal notwendigen Vermögens. Robo Advisors
haben bezüglich Höhe der verwalteten Vermögen, wenn überhaupt, viel tiefere Anforderungen
und können dementsprechend breit eingesetzt werden.
Blockchain – «the next big
thing»?
Eine besondere Rolle innerhalb von FinTech kommt der Blockchain-Technologie zu. Ihr wird von
verschiedenen Seiten das Potenzial attestiert, die Finanzbranche grundlegend zu verändern.
Hierbei handelt es sich vereinfacht gesagt um ein Protokoll, in welchem sämtliche Transaktionen
zwischen Vertragsparteien eines gemeinsamen Handelsplatzes in chronologischer Reihenfolge
dokumentiert werden. Der grösste Unterschied zu herkömmlichen Systemen besteht darin, dass
die Blockchain nicht zentral abgelegt wird, sondern sich dezentral auf den Rechnern der Marktteilnehmenden befindet. Jeder Teilnehmer, der dem System beitritt, lädt sich die Liste aller bisherigen Transaktionen auf seinen Rechner. Eine Fälschung der Liste auf bloss einem Rechner
ist nicht möglich, da die Diskrepanz von den anderen Teilnehmenden erkannt und abgelehnt
würde.
Blockchain als Basis
für Bitcoin und Handelsplattformen
Bekanntheit erlangte die Blockchain vor allem dank der Kryptowährung Bitcoin. Das Einsatzgebiet beschränkt sich aber nicht bloss auf digitale Währungen. Vielmehr kann die Technologie
prinzipiell in verschiedensten Bereichen zur Anwendung gelangen. So hat beispielsweise die
amerikanische Börse Nasdaq eine Handelsplattform auf Blockchain-Basis eingeführt. Es ist
denkbar, dass die Blockchain-Technologie im Wertschriftenhandel Clearingstellen ablösen könnte. Aber auch im Kunst- und Diamantenhandel birgt die Blockchain das Potenzial, Fälschungen
und Verkauf von Diebesgut zu erschweren.
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
25
Credit Suisse
Digitale Schweiz
fragmentiert, aber auf dem
Vormarsch
Im Vergleich zu anderen Regionen, namentlich Grossbritannien, den USA oder auch Singapur
und Hongkong, sind die FinTech-Initiativen in der Schweiz verhältnismässig fragmentiert – teilweise nach Regionen oder Kantonen. Weitere Herausforderungen für den Standort Schweiz sind
der kleine Heimmarkt, die hohen Lebenshaltungskosten und der Mangel an Risikokapital.
DigitalZurich2025 attraktiv
für weltweite FinTech-Startups
DigitalZurich2025 sucht diese Nachteile auszugleichen. Die Credit Suisse, UBS, Swisscom,
Swiss Life und Ernst & Young haben zusammen ein FinTech-Förderprogramm angekündigt, das
im Sommer 2016 startet. Das Förderprogram ist Teil des «Kickstart Accelerator», einer Initiative
von DigitalZurich2025. Die weltweit besten Geschäftsideen aus den Bereichen Vermögensverwaltung, Digitale Identität und Blockchain werden in einem Mentoring-Programm betreut. Die
Jungunternehmer erhalten während drei Monaten finanzielle Unterstützung, einen Arbeitsplatz in
Zürich und direkten Zugang zur Finanzindustrie. DigitalZurich2025 arbeitet zudem eng mit dem
ebenfalls kürzlich gegründeten Verband Swiss FinTech Innovations zusammen. Dieser bezweckt
einen direkten Austausch zwischen Finanzwirtschaft und Finanztechnologie, Wissenschaft,
Dienstleistern und Behörden, um die Schweiz auf der Digitalisierungslandkarte prominent zu
positionieren.
Nachhaltigkeit auf dem Vormarsch
Globale Vereinbarungen
über nachhaltige Entwicklung als Basis für die Finanzwirtschaft
2015 war ein historisches Jahr für die nachhaltige Entwicklung weltweit. So wurden im September in New York die Ziele nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) der
Vereinten Nationen und im Dezember beim Klimagipfel das internationale Abkommen zur Begrenzung der globalen Erwärmung verabschiedet. Mit diesen Vereinbarungen wurde Klarheit
über die Richtung der weiteren Entwicklung geschaffen. Nun dreht sich die Diskussion darum,
wie und mit welcher Geschwindigkeit diese Ziele erreicht werden sollen. Darüber hinaus wurden
2015 weitere in direktem Zusammenhang mit der Finanzbranche stehende Initiativen vorbereitet,
die zum Erreichen dieser Ziele beitragen und ab 2016 Wirkung entfalten sollten. Dazu gehören
die Veröffentlichung des Abschlussberichts zur «Inquiry into the Design of a Sustainable Financial System» durch das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) im Oktober 2015, die
Schaffung der Green Finance Study Group unter Chinas G20-Vorsitz im Jahr 2016 und die
Gründung der Task Force on Climate-related Financial Disclosures des Financial Stability Board
(FSB), welche Empfehlungen für die Unternehmensberichterstattung ausarbeiten soll, um den
Finanzmarktteilnehmern das Verständnis klimabezogener Risiken zu erleichtern.
Diese Entwicklungen widerspiegeln die zunehmende Konvergenz der Traktandenlisten von Akteuren, die sich mit internationalen Angelegenheiten oder der globalen Nachhaltigkeit befassen.
Sie sind eine Bestätigung für die Notwendigkeit, die weltweiten Kapitalströme und die nachhaltigen Entwicklungsschwerpunkte stärker auf das Verständnis und die Anwendung nachhaltiger
Finanzierungsmethoden auszurichten. Dies gewährleistet sowohl die Nachhaltigkeit des Finanzsystems als auch die Finanzierung nachhaltiger Aktivitäten und dient somit als Grundpfeiler für
die langfristige Stabilität dieses Systems.
Schweiz mit Führungsrolle
bei nachhaltigen Investitionen
Aufgrund seiner internationalen Vernetzung und seiner Bedeutung für die Weltwirtschaft ist der
Finanzplatz Schweiz massgeblich von diesen Entwicklungen betroffen. Die Schweiz ist gut aufgestellt, um von diesen Trends zu profitieren und sollte diese nutzen, um ihre Stellung in der
nachhaltigen Finanzwirtschaft weiter zu stärken. So war nicht nur eine ausgewählte Gruppe von
Schweizer Experten an der UNEP-Untersuchung beteiligt, sondern die Schweiz ist auf dem
Gebiet der nachhaltigen Finanzwirtschaft auch allgemein als wichtiger Akteur anerkannt.
220 Finanzanbieter verwalten CHF 71 Mrd. nachhaltige
Anlagen in der Schweiz
Rund 220 Banken, Vermögensverwalter, Investment-Boutiquen und sonstige Gesellschaften
bieten eine breite Palette nachhaltiger Anlageprodukte und -dienstleistungen an, wie beispielsweise Green Bonds bzw. Grüne Anleihen. Grüne Anleihen sind festverzinsliche Standardfinanzinstrumente, deren Platzierungserlöse ausschliesslich zur Finanzierung von Projekten oder Tätigkeiten mit nachweisbarem Umweltnutzen eingesetzt werden. Gemeinsam bilanzierten die Finanzinstitute Ende 2014 gemäss Angaben des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) nachhaltig
angelegte Vermögen in Höhe von CHF 71.3 Mrd. Dies entspricht ungefähr 1% der in der
Schweiz verwalteten Vermögen in Höhe von CHF 6.6 Bio. Nachhaltige Anlagen sind jedoch trotz
zweistelliger Zuwachsraten in den letzten Jahren (vgl. Abb. 28, Seite 27) immer noch eine
Marktnische. Interessanterweise unterscheidet sich die Zusammensetzung nachhaltiger Anlagen
in der Schweiz von der an anderen europäischen und weltweiten Finanzmärkten. Der Anteil
institutioneller Anleger (59% der nachhaltigen Anlagen) ist beispielsweise geringer als in sämtliFinanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
26
Credit Suisse
chen anderen europäischen Ländern (mit Ausnahme Polens), während Privatanlegern (41%)
eine vergleichsweise grosse Bedeutung zukommt (vgl. Abb. 29). Die Erhöhung des Anteils institutioneller Anleger stellt, unter Berücksichtigung der wesentlich höheren Investitionsvolumen in
diesem Bereich, eine offenkundige Wachstumsmöglichkeit für die nachhaltige Finanzwirtschaft
in der Schweiz dar.
Schweizer Finanzplatz stark
im Bereich Mikrofinanz
Die Schweiz verfügt in der nachhaltigen Finanzwirtschaft über besondere Stärken, namentlich
auf dem Gebiet der Mikrofinanz und in anderen Bereichen des sogenannten Impact Investing.
Gemäss einer Umfrage von Symbiotics Microfinance Investment Vehicles (MIV) von 2015 wird
ein Drittel aller weltweiten Mikrofinanzanlagen derzeit in der Schweiz verwaltet. Auch spezifische
Umweltthemen wie erneuerbare Energien, Wasser oder neustens die Naturschutzfinanzierung
sind stark vertreten. Ende 2014 wurden CHF 17 Mrd. an derartigen Vermögenswerten verwaltet. Dies entspricht rund einem Zehntel des weltweiten nach themenspezifischen Nachhaltigkeitskriterien verwalteten Anlagevolumens, das von der Global Sustainable Investment Alliance
im Jahr 2014 auf USD 166 Mrd. geschätzt wurde. Mit der Gründung der Plattform Swiss
Sustainable Finance (SSF) im Jahr 2014 erhielten diese Bestrebungen eine solide institutionelle
Grundlage. Diese wird dazu beitragen, die Nachhaltigkeit am Schweizer Finanzmarkt weiter zu
fördern und die Stellung der Schweiz als führendes Zentrum für eine nachhaltige Finanzwirtschaft weltweit zu stärken.
Umstellung auf emissionsarme Volkswirtschaft
benötigt Finanzplatz
Zur Finanzierung der Umstellung auf eine emissionsarme Wirtschaft (wie an der Klimakonferenz
in Paris vereinbart) und für eine nachhaltige Entwicklung (gemäss den SDGs) sind weltweit
Anlagevolumen in einer Grössenordnung von schätzungsweise USD 5–7 Bio. pro Jahr notwendig. Da der öffentliche Sektor nur einen kleinen Teil dieser Kosten schultern kann, muss ein
Grossteil der Finanzierung aus dem privaten Sektor kommen. Banken allein verwalten weltweit
ein Finanzvermögen von fast USD 140 Bio., und institutionelle Anleger verwalten weitere
USD 100 Bio. Grundsätzlich sind also ausreichend Kapitalreserven vorhanden, aus denen die
Finanzierung gedeckt werden kann.
Umsetzung der Grundsätze
für eine verantwortungsvolle
Geldanlage
Für eine nachhaltige Entwicklung sind in gewissen Bereichen mehr Investitionen erforderlich, in
anderen hingegen weniger. Investitionen müssen aus weniger nachhaltigen Bereichen abgezogen und in nachhaltigere Aktivitäten umgeleitet werden. Es gibt sowohl für die Vermögensverwaltung als auch für das Firmenkundengeschäft und das Investment Banking Orientierungshilfen, wie sich dies bewerkstelligen lässt. Die Grundsätze für eine verantwortungsvolle Geldanlage
(Principles for Responsible Investment, PRI), zu denen sich etliche Schweizer Investoren, Vermögensverwalter und professionelle Dienstleistungspartner bekennen, enthalten Vorschläge für
konkrete Massnahmen, mit deren Hilfe sich Nachhaltigkeitsüberlegungen über verschiedene
Anlageklassen hinweg in die Praxis einbinden lassen. Ebenso verfügen Schweizer Banken mit
internationalen Firmenkunden- und Investment-Banking-Sparten bereits über bewährte Prozesse
und Standards für die Ermittlung und Beurteilung von Umwelt- und Sozialrisiken bei der Kreditvergabe und Kapitalmarkttransaktionen. Die Prozesse stehen in Einklang mit führenden
Abb. 28: Wachstum nachhaltiger Anlagen in der Schweiz
Abb. 29: Anteile institutioneller und privater Anleger
Nachhaltige Anlagen im Aufwind, Angaben in CHF Mrd.
Schweiz im internationalen Vergleich mit hohem Anteil privater Anleger
Institutionelle Anleger
Strukturierte Produkte
0
2006
2007
2008
2009
2010
Quelle: Forum Nachhaltige Geldanlagen, Credit Suisse
2011
2012
2013
Poland
Schweiz
Finnland
Frankreich
10
Deutschland
20
Belgien
Niederlande
30
Österreich
40
Schweden
50
Spanien
60
Europa
70
2005
Privatanleger
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
Grossbritannien
Mandate
Norwegen
Fonds
Italien
80
2014
Quelle: European Sustainable Investment Forum, Credit Suisse
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
27
Credit Suisse
Brancheninitiativen, wie beispielsweise den Equator Principles, und orientieren sich an den Standards grosser multilateraler Finanzinstitute, wie z.B. der Weltbank oder der International Finance
Corporation (IFC).
Renminbi-Hub Schweiz – weitere Meilensteine erreicht
Internationalisierung des
Renminbi schreitet voran
Die Internationalisierung der chinesischen Währung Renminbi (RMB oder CNY) ist in den letzten
Jahren weiter fortgeschritten. Die chinesische Regierung treibt die Lockerung der Währungspolitik sowie die Liberalisierung des Kapital- und Kreditmarktes mit diversen Reformen entschlossen
voran. Auf dem globalen Devisenmarkt kommt dem Renminbi eine zunehmend wichtige Bedeutung zu. Gemäss den regelmässigen Erhebungen von SWIFT zum weltweiten Zahlungsvolumen
diverser Währungen belegt der Renminbi bereits den fünften Platz (vgl. Abb. 30).
Über 30 Zentralbanken
mit Swap-Abkommen
mit der PBoC
Bisher haben über 30 Zentralbanken die Grundsteine für Renminbi-Hubs gelegt und hierfür mit
der People’s Bank of China (PBoC), der Zentralbank Chinas, für insgesamt rund CHF 500 Mrd.
Währungsabkommen, sogenannten Swap-Lines, vereinbart. Hongkong ist der mit Abstand
grösste CNY-Hub weltweit, gefolgt von Singapur. Derzeit treiben auch europäische Finanzplätze
ihre Positionierung als CNY-Hub voran: London als Kapitalmarktzentrum, Luxemburg als europäische Fondsdrehscheibe und Frankfurt als Handelszentrum.
Deutliche Fortschritte
in der Schweiz
Bei der von der chinesischen Zentralbank angestrebten Internationalisierung spielt auch die
Schweiz eine wichtige Rolle. Am 21. Juli 2014 schloss die Schweizerische Nationalbank (SNB)
ein Währungsabkommen mit der PBoC über maximal CHF 21 Mrd. ab. Zusätzlich gewährt die
PBoC der SNB eine Investitionsquote für den chinesischen Interbanken-Anleihenmarkt in der
Höhe von gut CHF 2 Mrd., womit die SNB ihre Devisenreserven weiter diversifizieren kann.
Direkter CNY/CHF-Handel
eröffnet neue Möglichkeiten
Am 21. Januar 2015 kündigte die PBoC an, dass sie ihr Pilotprogramm Renminbi Qualified
Foreign Institutional Investors (RQFII) mit einer Quote von CNY 50 Mrd. auf die Schweiz ausdehnen werde. Im November 2015 erfolgte die Zulassung der China Construction Bank Schweiz
(CCB) als chinesische Clearing-Bank in der Schweiz. Zudem bewilligte die PBoC die Aufnahme
des direkten Handels zwischen dem Renminbi und dem Schweizer Franken. Damit wird die
Verwendung des CNY bei grenzüberschreitenden Transaktionen zwischen Unternehmen und
Finanzinstituten gefördert. Zudem bieten sich für Finanzdienstleister neue Möglichkeiten im
Hinblick auf eine um CNY-Produkte erweiterte Anlageangebotspalette. Dies erlaubt es Kunden,
ihr Vermögen global weiter zu diversifizieren.
Abb. 30: SWIFT-Zahlungen nach Währung, Januar 2012 und Januar 2016
Renminbi (CNY) auf dem Vormarsch: von 0.25% im Jahr 2012 auf 2.45% per Januar 2016
Januar 2012
44.04%
29.43%
USD
29.73%
8.66%
2.48%
JPY
2.08%
AUD
1.81%
CAD
1.74%
CHF
1.63%
1.36%
25%
42.96%
GBP
9%
50%
Januar 2016
EUR
3.07%
1.47%
1.05%
SEK
0.86%
1.03%
SGD
0.95%
HKD
0.9%
1.23%
0.63%
0.93%
NOK
0.82%
THB
0.54%
DKK
0.99%
0.43%
0.48%
ZAR
0.35%
0.33%
NZD
0.34%
0.31%
MXN
0.32%
0.27%
TRY
0.24%
0.25%
0%
CNY
0%
2.45%
25%
50%
Quelle: Staatssekretariat für internationale Finanzfragen, Credit Suisse
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
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Credit Suisse
Kapitel 6
Zukünftige Erfolgsfaktoren für
den Finanzplatz Schweiz
Ein konstruktiver Umgang mit dem Tiefzinsumfeld, Sicherstellung und Verbesserung
des Marktzugangs im Ausland, eine erfolgreiche Bewältigung der Digitalisierung, eine
stärkere Verankerung der Nachhaltigkeit in der Geschäftstätigkeit, eine pragmatische
Regulierung sowie eine weitere Erhöhung der Standortattraktivität – dies sind die zentralen zukünftigen Erfolgsfaktoren für den Finanzplatz Schweiz.
Konstruktiver Umgang mit Tiefzinsumfeld
Negative Zinsen sind für
den Finanzplatz Schweiz
eine zentrale Herausforderung
Für den Finanzplatz Schweiz ist ein konstruktiver Umgang mit den negativen Zinsen zentral für
die langfristige Sicherstellung des hiesigen Wohlstands. Die negativen Zinsen belasten den
Finanzmarktbereich – Banken, Versicherungen, Pensionskassen. Darüber hinaus besteht ein
Risiko für Fehlallokationen der Vermögen auf der Suche nach Rendite. Eine Blasenbildung,
wenn nicht in der Schweiz, so doch in anderen Ländern, kann nicht ausgeschlossen werden. Mit
der Selbstregulierung der Banken im Hypothekargeschäft zeichnet sich für die Schweiz im Immobilienbereich eine Entspannung ab.
Handlungsempfehlungen Regierung, Parlament und Aufsichtsbehörden
 Freibetrag im Fall von negativen Zinsen beibehalten.
 Bei weiter fallenden Zinsen möglicher Einschluss von Pensionskassengelder in den Freibetrag. Die Altersvorsorge der Schweiz muss grundsätzlich reformiert und langfristig auf gesunde Füsse gestellt werden.
 Überarbeiten der «Liquiditätsregeln» für Banken; Belastung durch negative Zinsen auf
höchstqualitativen Anlagen und Berücksichtigung unter der Leverage Ratio führen zu hohen
Kosten für die Banken.
 Angleichung der Regulierung im Hypothekarbereich für Versicherungen und Pensionskassen, um künftige Risiken zu limitieren.
Handlungsempfehlungen Banken
 Anpassung des Dienstleistungs- und Produktangebots sowie der Gebührenstrukturen an
neue Kostengegebenheiten im Tiefzinsumfeld.
 Umsetzung verstärkter Kosteneffizienz.
 Zusammenlegung oder Auslagerung nicht strategischer Bankbereiche zwecks Kostensenkung.
 Konsequente Umsetzung von Digitalisierungsmassnahmen.
Pragmatische Regulierung
Rasche und pragmatische
Umsetzung der regulatorischen Vorgaben stärken
den Schweizer Finanzplatz
Eine schlanke und effiziente Regulierung der Wirtschaft hat in der Schweiz Tradition. Verbunden
mit einer hohen Rechts- und Planungssicherheit sowie dem (Fiskal-) Föderalismus ist sie einer
der wichtigsten Pfeiler des vielzitierten Erfolgsmodells Schweiz. Die Finanz-, Wirtschafts- und
Schuldenkrise hat jedoch weltweit zu einer grossen Flut von neuen Regulierungen im Finanzbereich geführt. Diese ist auch an der Schweiz nicht spurlos vorübergegangen. Erfreulicherweise
konnte die Schweiz aber in vielen Bereichen einen gewissen Pragmatismus im Umgang mit
neuen Gesetzen wahren. Diesen gilt es künftig noch weiter zu stärken.
Um künftigen internationalen Druck zu vermeiden, sind internationale Standards zügig umzusetzen, und wo es nötig und sinnvoll ist, ist eine gleichwertige Regulierung mit der EU anzustreben.
Existierender Raum für Differenzierung ist aber konsequent zu nutzen, und auf einen Swiss
Finish bzw. ein «Gold Plating» ist ebenso konsequent zu verzichten. Darüber hinaus sind die
Regeln der «Better Regulation» einzuhalten. Dies bedeutet, dass nur reguliert wird, wo ein Bedarf besteht und wo der Nutzen die Kosten übersteigt.
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
29
Credit Suisse
Handlungsempfehlungen Regierung, Parlament und Aufsichtsbehörden
 Erhöhung der Rechts- und Planungssicherheit: Auf Basis des Nutzens und des Bedarfs
sollte das Finanzdepartement in Absprache mit der Branche eine mittel- bis langfristige Priorisierung der Regulierungsvorhaben vornehmen und die entsprechende Planung transparent
kommunizieren und jährlich aktualisieren.
 Pragmatische Umsetzung internationaler Standards: Internationale Regulierungsempfehlungen stellen nicht per se einen internationalen Standard dar. Hier ist je nach Ausgangslage
einzeln zu entscheiden, ob eine Empfehlung auch einen internationalen Standard definiert.
 Aktivere Involvierung der Schweiz in Standards setzenden Organisationen: Um internationale
Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen und nötigenfalls Einfluss darauf nehmen zu können,
ist eine aktive Mitarbeit in den Gremien der internationalen Standardsetzer unabdingbar.
Hierbei kann die Schweiz künftig eine noch aktivere Rolle spielen, was jedoch die Ausstattung der zuständigen Stellen mit ausreichenden Ressourcen bedingt.
 Einführung einer Regulierungsprüfstelle: Die Qualität der Regulierungsfolgeabschätzungen
und der Bedarfsanalysen sollte gesteigert werden. Ein geeignetes Instrument hierfür wäre
eine Regulierungsprüfstelle.
Abb. 31: Einsitz der Schweiz bei internationalen Organisationen
Schweiz ausser in IASB, Joint Forum und G20 direkt oder indirekt vertreten
Quelle: Staatssekretariat für internationale Finanzfragen, Credit Suisse
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
30
Credit Suisse
Handlungsempfehlungen Banken und Wirtschaft
 Konsequente Umsetzung geltender Regulierungen und Anwendung höchster ethischer und
professioneller Standards: Die sogenannte Compliance ist auch künftig von grösster Bedeutung. Dabei gilt es nicht nur, die gültigen gesetzlichen Bestimmungen strikte einzuhalten,
sondern auch, ganz grundsätzlich höchste Standards anzuwenden und den Kundennutzen
ins Zentrum zu stellen.
 Anpassung von Strategie und Dienstleistungsspektrum an das veränderte regulatorische
Umfeld: Die Finanzdienstleister sind gefordert, sich auf dieses neue Umfeld einzustellen und
sowohl ihre Strategie als auch ihre Angebote daran anzupassen, um auch künftig erfolgreich
am Markt bestehen zu können.
Sicherstellung und Verbesserung des Marktzugangs
Im Private Banking muss
der internationale Marktzugang sichergestellt sein
Für den Finanzplatz Schweiz ist die Sicherstellung sowie die Verbesserung des Zugangs zu
ausländischen Schlüsselmärkten ein zentraler Erfolgsfaktor. Insbesondere gilt dies für das Private Banking, wo die Schweiz im grenzüberschreitenden Geschäft die weltweite Spitzenposition
einnimmt. Aufgrund der geografischen und kulturellen Nähe stammt der Löwenanteil der heute
in der Schweiz verwalteten Vermögen aus Westeuropa (46%). Deshalb und wegen der intensiven Handelsbeziehungen der Schweiz mit ihren Nachbarn steht der Marktzugang zum EU/EWRRaum im Fokus. Um eine Verschlechterung des Marktzutritts zu vermeiden, muss die Schweiz
wo erforderlich und sinnvoll mit den EU-Bestimmungen gleichwertige Regulierungen erlassen.
Wünschenswert wäre zudem ein standardisierter und vor allem entpolitisierter Prozess seitens
der EU zur Anerkennung der Gleichwertigkeit von Regeln (vgl. Abb. 32).
Bilaterale Abkommen mit
einzelnen Staaten genügen
langfristig nicht, es braucht
ein Abkommen mit der EU
Kurzfristig ist der Marktzugang zu zentralen Kernmärkten mittels bilateraler Abkommen sicherzustellen und – wo das möglich ist – zu verbessern. Märkte wie Deutschland, Frankreich, Italien,
Spanien, Grossbritannien oder die Niederlande sind prioritär zu behandeln. Langfristig gesehen
dürften bilaterale Abkommen mit einzelnen Staaten nicht ausreichen. Daher ist eine grundsätzliche Regelung mit der EU wünschenswert, wobei die Suche nach einer Lösung durch das derzeitige Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU erschwert wird. Deshalb gilt es, alle denkbaren
Varianten zu analysieren und zu prüfen – von einem Abkommen zur Beseitigung aktueller Marktzutrittshindernisse in einem einzelnen Teilbereich (Marktzutrittsabkommen) bis hin zu einem
umfassenden (Finanz-) Dienstleistungsabkommen (Integrationsabkommen) ((F)DLA). Dabei gilt
es jedoch zu berücksichtigen, dass die politische Machbarkeit eines (F)DLA momentan fraglich
ist und einen langen Zeithorizont beanspruchen würde. Unabdingbare Voraussetzung für eine
jegliche Lösung ist, dass die Beziehung der Schweiz zur EU wieder eine stabile Basis erhält.
Dazu braucht es insbesondere Antworten auf Fragen hinsichtlich der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative (MEI) sowie auf Fragen im institutionellen Bereich.
Abb. 32: Marktzugang: Schritt für Schritt zu einer Verbesserung
Gleichwertige Regulierung wichtig – Äquivalenzanerkennung durch die EU für Schweizer Regulierung anzustreben
Quelle: Swiss Finance Council, Credit Suisse
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
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Credit Suisse
Weitere wichtige Schlüsselmärkte in Emerging
Markets
Neben dem Marktzugang zur EU ist auch derjenige zu Schlüsselmärkten in Emerging Markets
erforderlich. Türöffner für entsprechende Gespräche können Finanzdialoge oder auch Gespräche
über ein bilaterales Abkommen zur Einführung des automatischen Informationsaustauschs in
Steuersachen oder ein Freihandelsabkommen sein.
Die Schweizer Finanzdienstleister sind zudem gefordert, sich auf das neue Umfeld und die veränderte Vermögensverteilung einzustellen und sich bietende Opportunitäten zu ergreifen, während die Behörden die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür schaffen müssen. Dazu ist
eine enge Koordination sicherzustellen. Im Falle des Renminbi-Hubs ist dies in den letzten Jahren sehr gut gelungen. Es liegt nun an den Finanzdienstleistern, entsprechende Produkte zu
entwickeln und anzubieten und so neue Geschäftsfelder zu erschliessen. Eine koordinierte internationale Vermarktung des Finanzplatzes Schweiz könnte diese Anstrengungen unterstützen und
sowohl neue Kunden als auch ausländische Finanzdienstleister anziehen.
Handlungsempfehlungen Regierung, Parlament und Aufsichtsbehörden
 Marktzutritt zur EU sichern und verbessern: Standardisierter Prozess zur Anerkennung der
Gleichwertigkeit von Drittstaatenregulierungen durch die EU.
 Verbesserung des Marktzutritts zu wichtigen Emerging Market-Kernmärkten.
 Vertiefung bestehender Opportunitäten anhand der Finanzdialoge.
Handlungsempfehlungen Banken
 Frühzeitige Identifikation von möglichen Marktzutrittshindernissen und Kommunikation derselben an die Behörden.
 Kooperation mit den Behörden bei der Suche nach möglichen Lösungen.
 Nutzung der sich bietenden Geschäftsopportunitäten, beispielsweise durch Etablierung neuer, innovativer Produkte und Dienstleistungen im Bereich des Renminbi.
Weitere Erhöhung der Standortattraktivität
Der Wirtschaftsstandort
Schweiz befindet sich
trotz Frankenstärke in
einer soliden Verfassung
Der Wettbewerb unter den weltweiten Wirtschaftsstandorten und Finanzplätzen hat in den letzten
Jahren zugenommen. Dies zeigt auch die Analyse der globalen Finanzdienstleistungszentren in
Kapitel 4. Trotz der Aufhebung des Mindestkurses zum Euro am 15. Januar 2015 und der darauffolgenden Frankenstärke befindet sich der Wirtschaftsstandort Schweiz in einer grundsätzlich
nach wie vor guten Ausgangslage.
Abb. 33: Telekom – durchschnittliche Geschwindigkeit
der Netze
Abb. 34: Ease of Doing Business Index, Rang der
Schweiz
Durchschnittliche Download-Geschwindigkeit in Mbps
Die Schweiz hat in den vergangenen Jahren leicht an Attraktivität eingebüsst
1
25
4
20
7
15
10
10
13
16
5
19
Quelle: Akamai, Credit Suisse
Tschechische Repulik
Lettland
Finnland
Japan
Niederlande
Hongkong
Schweiz
Norwegen
Schweden
Südkorea
Global
0
22
25
28
31
34
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
Quelle: World Bank, Credit Suisse
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
32
Credit Suisse
Den heutigen Standortvorteilen ist Sorge zu tragen
Den Faktoren, welche die Standortqualität der Schweiz ausmachen, ist Sorge zu tragen; sie
müssen längerfristig gewahrt und wo möglich ausgebaut werden. Zu ihnen zählen: 1) Die attraktive Besteuerung von natürlichen und juristischen Personen, die insbesondere mit der Unternehmenssteuerreform III zu garantieren ist. 2) Das liberale Arbeitsrecht, das durch eine faire
Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgebern und -nehmern, ein angemessenes Sozialversicherungssystem und einen einfachen Zugang zu Fachkräften gekennzeichnet ist. 3) Eine Altersvorsorge, die sich an zeitgemässe Gegebenheiten wie das Zinsumfeld oder die Altersstruktur der
Bevölkerung anpasst und so die Standortkosten der in der Schweiz angesiedelten Unternehmen
nicht weiter erhöht. 4) Das liberale Unternehmensrecht, das bislang weitgehend auf unnötige
Einschränkungen für Unternehmen verzichtete und diesen so den nötigen Spielraum für Innovationen bot. 5) Stabilität des politischen Systems und der Rechtssicherheit, der Sorge zu tragen
ist. 6) Verfolgung einer unabhängigen Geld- und Währungspolitik, was der SNB dank einer
eigenen Währung möglich ist. 7) Verbesserung der Kommunikationsinfrastruktur, mit einem
Fokus auf den Ausbau der Breitbandnetze sowie die Sicherheit der digitalen Netze. 8) Wahrung
der verkehrstechnischen Anbindung des Standorts Schweiz, sei dies im Individual-, öffentlichen
oder Luftverkehr, und Erneuerung der Infrastruktur in regelmässigen Abständen.
Handlungsempfehlungen Regierung, Parlament und Aufsichtsbehörden
 Wahrung und Steigerung der steuerlichen Attraktivität: Um internationalen Druck im Bereich
der Unternehmensbesteuerung zu vermeiden und gleichzeitig die steuerliche Attraktivität zu
wahren, ist eine rasche Umsetzung der Unternehmenssteuerreform III sowie der verpflichtenden «Base Erosion and Profit Shifting»-Standards (BEPS) nötig.
 Stärkung des Kapitalmarktes durch die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital.
Diesem Ziel würde auch eine Reform der Verrechnungssteuer dienen.
 Zurückhaltung bei standortschädlichen Vorlagen und Initiativen: Erhalt der Planungs- und
Rechtssicherheit sowie des liberalen Arbeits- und Unternehmensrechts und Sicherstellung
des Zugangs zu den notwendigen Fachkräften.
 Beibehaltung des Schweizer Frankens und Stärkung der Unabhängigkeit der SNB.
Handlungsempfehlungen Banken und Wirtschaft
 Förderung der Nutzung des einheimischen Fachkräftepools.
 Ausbau von flexiblen Arbeitsmodellen, um Attraktivität für hochqualifizierte Fachkräfte zu
erhöhen.
 Erhalt der Innovationskraft durch gezielte Förderung der Zusammenarbeit zwischen Privatwirtschaft einerseits und Ausbildungs- und Forschungsinstitutionen andererseits.
 Internationale Standortvermarktung: Die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts und Finanzplatzes Schweiz sollte in Zusammenarbeit mit den Behörden international proaktiver vermarktet werden.
Erfolgreiche Bewältigung der Digitalisierung
Die erfolgreiche Bewältigung der Digitalisierung im
Finanzsektor hängt von drei
zentralen Faktoren ab
Für eine erfolgreiche Integration der Digitalisierung in die Geschäftswelt braucht es drei Rahmenbedingungen: 1) Es ist eine moderne Kommunikationsinfrastruktur erforderlich, die den
aktuellen Anforderungen entspricht, wie beispielsweise ein flächendeckendes Breitbandnetz. 2)
Durch die Digitalisierung entstehen neue Berufsbilder mit anderen Anforderungen an die Arbeitnehmenden. Insbesondere steigt die Bedeutung der sogenannten MINT-Fächer (Mathematik,
Informatik, Naturwissenschaft, Technik) weiter an. Dieser Entwicklung ist Rechnung zu tragen,
um sicherzustellen, dass die Unternehmen am Standort Schweiz die benötigten Fachkräfte rekrutieren können. 3) Die regulatorischen Rahmenbedingungen müssen den neuen Anforderungen
angepasst werden. Neue Geschäftsmodelle sollten ermöglicht werden, ohne gegen die Prinzipien der Wettbewerbs- und Technologieneutralität zu verstossen. Die verlässliche und anwenderfreundliche digitale Identifikation von Individuen und Unternehmen ist ein erster Schritt, den
Alltag in der digitalen Welt abzubilden. Notwendig sind auch Standards bezüglich Schnittstellen
zum Austausch von Informationen.
Diese Rahmenbedingungen können aber nur die Voraussetzung dafür schaffen, die Schweiz zu
einem führenden Standort für digitale Wirtschaft zu machen. Die Schweizer Unternehmen – und
damit auch die Finanzdienstleister – müssen die angebotenen Dienstleistungen und Produkte
zeitnah auf die modernen Kundenbedürfnisse ausrichten, um im globalisierten Wettbewerb mit
neuen Mitbewerbern mithalten zu können. Für einen nachhaltigen Erfolg des Standorts Schweiz
Finanzplatz Schweiz 2016 I Juni 2016
33
Credit Suisse
wird es zudem entscheidend sein, dass sich ein entsprechender Cluster aus verschiedensten
Wirtschaftssektoren bildet. Beispielsweise profitiert das Silicon Valley in erheblichem Masse
davon, dass Unternehmen aus den verschiedensten Bereichen auf engstem Raum existieren
und untereinander im Austausch, aber auch im Wettbewerb stehen. Dies stärkt einerseits die
Entwicklung von Innovationen und andererseits die Aussenwahrnehmung. Die Schweiz hat mit
ihren geografisch nahe beieinanderliegenden Wirtschaftsräumen wie Zürich (Finanzdienstleistungen, Industrie), Basel (Pharma, Chemie), Genf (Finanzdienstleistungen, Rohstoffe) gute Voraussetzungen. Jedoch sind eine bessere Vernetzung der einzelnen Sektoren untereinander, ein
Bekenntnis zum Standort Schweiz und eine verbesserte Aussenwahrnehmung notwendig, um als
«Digital Switzerland» wahrgenommen zu werden.
Handlungsempfehlungen Regierung, Parlament und Aufsichtsbehörden
 Beste Kommunikationsinfrastrukturen, vor allem flächendeckendes Breitbandnetz.
 Anpassen der Aus- und Weiterbildung an wandelnde Bedürfnisse einer digitalisierten Wirtschaft.
 Regelmässige Überprüfung und Anpassung der bestehenden regulatorischen Rahmenbedingungen, um neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen.
 Schaffen einer anerkannten Dachmarke «Digital Switzerland» zur Verbesserung der Aussenwahrnehmung.
Handlungsempfehlungen Banken und Wirtschaft
Bündelung der Brancheninitiativen: Gemeinsames Vermarkten von «Digital Switzerland».
Anpassung der Geschäftsmodelle und der Dienstleistungen an die digitale Realität.
Vernetzung mit anderen Branchen, um notwendige Skaleneffekte zu erzielen.
Bekenntnis zum Standort Schweiz bei der Entwicklung und Implementierung digitaler Dienstleistungen und Geschäftsmodelle.
 Zusammenlegen nicht strategisch relevanter Funktion der Wertschöpfungskette zwecks
Kostenoptimierung (Utility-Modell).




Stärkere Verankerung der Nachhaltigkeit in der Geschäftstätigkeit
Der Schweizer Finanzplatz
ist in Bezug auf nachhaltiges Investieren gut aufgestellt
Wie in Kapitel 5 dargelegt, ist die Schweizer Finanzbranche gut aufgestellt, um von den Trends
in Zusammenhang mit einer nachhaltigen Finanzwirtschaft zu profitieren. Ihre besonderen Stärken sind das breite Spektrum sowie die Vielfalt der Unternehmen und Organisationen, die an
nachhaltigen Finanzierungsaktivitäten beteiligt sind, die vielfältige Stiftungslandschaft und die
bedeutenden, von Stiftungen verwalteten Vermögen, die Plattform Swiss Sustainable Finance,
die viele dieser Akteure zusammenführt, die erheblichen Marktanteile bestimmter Anlagethemen
und das nach wie vor dynamische Wachstum der nachhaltigen Anlagevolumen.
Chancen für weiteres Wachstum liegen in der Erhöhung des Anteils nachhaltiger Anlagen an
den verwalteten Vermögen insgesamt, im Ausbau des Anteils der institutionellen Anleger sowie
in der Anwendung und Skalierung innovativer Finanzierungsansätze.
Anerkennung nachhaltiger
Anlagen als eigenständige
Anlageklasse
Handlungsempfehlungen Regierung, Parlament und Aufsichtsbehörden
 Anerkennung der nachhaltigen Anlagen und ihrer speziellen Unterkategorien Impact Investing und Naturschutzfinanzierung als eigenständige Anlageklassen.
 Öffentliche Akteure auf Staats-, Kantons- und Gemeindeebene sollten in Erwägung ziehen
Grüne Anleihen (Green Bonds) zu begeben und so als glaubwürdige Vorbilder für andere
Emittenten zu agieren.
Handlungsempfehlungen Banken und Wirtschaft
 Die Akteure auf dem Schweizer Finanzmarkt sollten auch weiterhin innovative Anlageprodukte und -instrumente zur Bewältigung sozialer und ökologischer Herausforderungen entwickeln.
 Schulung der Kundenberater, um mit Kunden kompetent über nachhaltige Anlageprodukte
sprechen zu können.
 Steigerung der nachhaltigen Finanzierungsvolumen bei institutionellen Anlegern mit langfristigem Anlagehorizont.
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Credit Suisse
Glossar
Abkürzung/Begriff
Vollständige Bezeichnung/Übersetzung
AIA
Automatischer Informationsaustausch in Steuerfragen
Antizyklischer Puffer
-
AT1
Additional Tier 1 Capital, zusätzliches Kernkapital
Basel III
-
Bail-in Bonds
Bail-in-Anleihen
BIB
Basisinformationsblatt
BIS/BIZ
Bank for International Settlements
Bank für Internationalen Zahlungsausgleich
BEPS
Base Erosion and Profit Shifting, Gewinnverkürzung und
Gewinnverlagerung
CCB
Capital Conservation Buffer, Kapitalsicherungspuffer
CET1
Common Equity Tier 1, hartes Eigenkapital
CoCos
Contingent Convertible Bonds, Pflichtwandelanleihen
Conservation Finance
Naturschutzfinanzierung
Crowdfunding/Crowdlending
Schwarmfinanzierung/Schwarmausleihe
Dodd-Frank Act
-
Drittstaatenregel
-
ETF
Exchange Traded Fund, börsengehandelter Fonds
FATCA
Foreign Account Tax Compliance Act
FIDLEG
Finanzdienstleistungsgesetz
FiniG
Finanzinstitutsgesetz
FinTech
Financial Services Technology
Erläuterung
Automatische Meldung von Zinszahlungen oder anderen
Erträgen an Regierung oder Steueramt des Heimatlandes
(Steuerwohnsitz) des Anlegers.
Präventive Massnahme, die von der Schweizer Nationalbank empfohlen und vom Bundesrat beschlossen werden
kann, um bei Anzeichen von Fehlentwicklungen die Kreditvergabe einzuschränken, indem die Banken verpflichtet
werden, mehr Eigenkapital vorzuhalten.
Ergänzungskapital, das von Banken zusätzlich zum harten
Kernkapital bei der Berechnung der Eigenkapitalquoten
verwendet werden darf. Darunter fallen namentlich sogenannte High-Trigger CoCos.
Regelwerk des Basler Ausschusses der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zur Regulierung der
Banken. Dieses löst seit 2013 nach und nach die Vorgaben gemäss Basel II ab.
Bail-in Bonds werden bei drohender Insolvenz des Finanzinstituts reduziert oder in Eigenkapital umgewandelt.
Dokument mit Basisinformationen zu einem Finanzinstrument, das Privatkunden vor dem Kauf angeboten wird.
Hierbei handelt es sich um ein Projekt der OECD und der
G20, das die Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung in
Länder mit Tief- oder Nichtbesteuerung verhindern soll.
Der CCB stellt sicher, dass die Mindestkapitalerfordernisse
nicht verletzt werden. Dieser Puffer wird ausserhalb von
Stressperioden aufgebaut. In Stressperioden kann darauf
zurückgegriffen werden. Gemäss Basel III muss der Puffer
bis 2019 auf 2.5% der risikogewichteten Aktiva ausgebaut
werden.
CET1 bezeichnet das harte Eigenkapital. Gemäss Vorgaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich
besteht dieses in erster Linie aus Aktienkapital und einbehaltenen Gewinnen.
Hybride, nachrangige Anleihen, die bei Eintreten von
vereinbarten Wandlungskriterien von Fremd- in Eigenkapital umgewandelt werden. Sie verbessern so die Kapitalausstattung des Schuldners im Krisenfall.
HT = High Trigger, LT = Low Trigger
Finanzinvestition, deren Rendite zu einem Teil in den
langfristigen Erhalt von Ökosystemen fliesst, während der
Rest den Anlegern eine finanzielle Rendite liefert.
Finanzierung eines Projekts, Produkts o.ä. mittels Bereitstellung von Eigen- (Crowdfunding) bzw. Fremdkapital
(Crowdlending) durch eine grosse Anzahl Personen, meist
über das Internet.
Ein 2010 verabschiedetes US-amerikanisches Bundesgesetz, das als Reaktion auf die Finanzkrise das Finanzmarktrecht der USA umfassend änderte. Ziele sind: Erhöhung
der Stabilität des Finanzmarktes, Verbesserung von Transparenz und Verantwortlichkeit im Finanzsystem, Eindämmung der TBTF-Problematik, Beendigung von Bail-outs,
Konsumentenschutz.
Eine Regulierung mit Drittstaatenregeln regelt das Verhältnis eines Landes oder einer Organisation zu Drittstaaten,
meistens betreffend Marktzugang (Voraussetzung für
Geschäftstätigkeit).
Meist passiv verwaltete (Abbildung eines Börsenindex), an
der Börse gehandelte Investmentfonds.
Teil eines 2010 verabschiedeten US-Gesetzes, mit dem
verhindert werden soll, dass in den USA Steuerpflichtige
ihre Steuerpflicht umgehen können. Zu diesem Zweck
wurden die Informationspflichten von ausländischen Banken an die US-Behörden verschärft.
Geplantes Gesetz zur Ausweitung des Kundenschutzes in
der Schweiz.
Geplantes Schweizer Gesetz zur Regelung der Aufsicht
über sämtliche Finanzdienstleister, die in irgendeiner Form
Vermögensverwaltungsgeschäfte betreiben.
Technologie, insbesondere Software, zur Unterstützung
von Aktivitäten am Finanzmarkt (Trading, Big Data usw.).
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Credit Suisse
FSB
Financial Stability Board, Finanzstabilitätsrat
Gesamtgeldmenge M3
-
Green Bonds
Grüne/Öko-Anleihen
HQLA
High Quality Liquid Assets, erstklassige liquide Aktiva
Impact Investing
-
IPO
Initial Public Offering, Börsengang
LCR
Liquidity Coverage Ratio, Mindestliquiditätsquote
Leverage Ratio
Verschuldungsgrenze
MREL
OTC-Derivate
Peer-to-Peer Lending
PFM
Renminbi-Hub
RWA
Minimum Requirement for Own Funds and Eligible Liabilities, Mindestanforderung an Eigenmitteln und berücksichti- gungsfähigen Verbindlichkeiten
Over-the-counter-Derivate, ausserbörslich gehandelte
Derivate
Kredit, der von Privatperson an Privatperson vergegeben
P2P-Kredit
wird, ohne dass dabei eine Bank eingeschaltet wird.
Ermöglicht dem Nutzer eine übersichtliche (häufig kategorisierte) Darstellung seiner Finanztransaktionen, insbesonPersonal Financial Management
dere Ausgaben, teilweise zusammengeführt von verschiedenen Konten.
Handelszentrum für die chinesische Währung Renminbi
(CNY).
Risk-Weighted Assets, risikogewichtete Aktiva
-
SIF
Staatssekretariat für internationale Finanzfragen
SNB
Schweizerische Nationalbank
Strukturiertes Produkt
T2
TBTF
TLAC
(U)HNWI
Volcker Rule
Internationale Organisation mit Sitz bei der Bank für
Internationalen Zahlungsausgleich in Basel, die das globale
Finanzsystem überwacht und Empfehlungen ausspricht.
Gegründet wurde das FSB von den G20-Staaten; auch
Institutionen wie die Europäische Zentralbank, die Europäische Kommission und die Weltbank sind Mitglied.
Die Geldmenge (M) wird gemäss SNB in vier Kategorien
gegliedert (0–3), wobei die Geldmenge mit der tieferen
Zahl jeweils eine Teilmenge der nächst höheren darstellt.
M3 ist die am weitesten gefasste Definition und umfasst
Bargeldumlauf (M0), Sichteinlagen (M1), Spareinlagen in
CHF (M2) sowie Termineinlagen in CHF (M3).
Grüne Anleihen sind festverzinsliche StandardFinanzinstrumente, deren Platzierungserlöse ausschliesslich
zur Finanzierung von Projekten oder Tätigkeiten mit Umweltnutzen eingesetzt werden.
Flüssige Mittel oder Vermögenswerte, die ohne oder nur
mit geringem Verlust an privaten Märkten veräussert
werden können, um den kurzfristigen Liquiditätsbedarf
einer Bank in einer Stressperiode zu decken.
Anlageformen, die neben einer finanziellen Rendite auch
einen positiven sozialen oder ökologischen Effekt (Impact)
zu erzielen beabsichtigen.
Erstmaliges Angebot von Aktien eines Unternehmens auf
dem organisierten Kapitalmarkt.
Die LCR stellt sicher, dass eine Bank über genügend
HQLA verfügt, um ihren Liquiditätsbedarf in einer Stressperiode von 30 Kalendertagen decken zu können.
Verhältnis der (weitgehend) ungewichteten Bilanzsumme
zum verlusttragenden Kapital.
-
Finanzprodukt, das aus Basiswerten (Aktien, Anleihen,
etc.) und einer derivativen Komponente besteht.
Das Tier-2-Kapital umfasst Schuldinstrumente, die im
Tier-2-Kapital, Ergänzungskapital
Insolvenzfall Verluste auffangen.
Systemrelevant. Wird als Begriff für Institutionen, insbesondere Banken, verwendet, die bei drohendem Ausfall
Too Big to Fail, Zu gross, um zu scheitern
(vom Staat) gerettet werden müssen, um die Stabilität des
Gesamtsystems nicht zu gefährden.
Das TLAC-Konzept schreibt vor, dass Banken über genügend verlustabsorbierendes Kapital verfügen müssen, um
Total Loss-Absorbing Capacity, Verlustabsortionsfähigkeit
im Krisenfall die Finanzstabilität nicht zu gefährden und
nicht auf Mittel der öffentlichen Hand angewiesen zu sein.
Als HNWI werden i.d.R: Personen mit mehr als
(Ultra) High Net Worth Individuals, Individuen mit einem
USD 1 Mio. an Vermögen bezeichnet, als UHNWI solche
(ultra) hohen Nettovermögen
mit mehr als USD 50 Mio. Diese Werte können je nach
Definition auch variieren.
Bestimmung im Rahmen des Dodd Frank Act, welche die
Geschäftstätigkeit amerikanischer Banken hinsichtlich
Volcker-Regel
Eigenhandel sowie Investitionen in gewisse Fonds beschränkt.
-
Quelle: Credit Suisse
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Credit Suisse
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