Kardiologie, Brauerstrasse 15, Postfach 834, 8401 Winterthur, www.ksw.ch Die Linksherzkatheter-Untersuchung Was ist eine Linksherzkatheteruntersuchung? Unter einer Linksherzkatheteruntersuchung verstehen wir die Darstellung der Herzkranzgefässe (Koronarangiographie) sowie der linken Herzkammer (Ventrikulographie) mittels Röntgenkontrastmittel, welches durch einen in die Abgänge der Herzkranzgefässe bzw. in die linke Herzkammer eingeführten Katheter injiziert wird. Wann wird eine Linksherzkatheteruntersuchung veranlasst? Bei Verdacht auf oder bei bekannter symptomatischer Verkalkung der Herzkranzgefässe, auch koronare Herzkrankheit genannt (Myokardinfarkt, Angina pectoris, nachgewiesene Durchblutungsstörung), sowie zur Abklärung von Herzklappenfehlern, Shuntvitien und Kardiomyopathien (Herzmuskelschwäche) wird eine Linksherzkatheteruntersuchung durchgeführt, oft in Kombination mit einer Rechtsherzkatheteruntersuchung (siehe dort). Die Darstellung der Herzkranzgefässe ist Voraussetzung für die Wahl der geeigneten interventionellen Behandlung: Ballonaufdehnung oder Koronarangioplastie (PTCA, s. dort) bzw. aortokoronare Bypassoperation (s. dort). 1/ 5 Kantonsspital Winterthur, Kardiologie Was kann durch eine Linksherzkatheteruntersuchung ausgesagt werden? Bei der Koronarangiographie werden die rechte (Arteria coronaria dextra) und linke Herzkranzarterie (linker Hauptstamm, Ramus interventricularis anterior und Ramus circumflexus) mit ihren Seitenästen dargestellt. Dadurch können Verengungen oder Verschlüsse der Herzkranzarterien lokalisiert und quantifiziert sowie Wandunregelmässigkeiten erfasst werden. Bei der Kammerdarstellung (Ventrikulographie) wird Kontrastmittel in die linke Herzkammer injiziert und somit Grösse, globale Funktion und regionale Bewegung der linken Herzkammer sichtbar gemacht. Mit Hilfe der Katheter können ferner Druckmessungen in der Aorta und der linken Herzkammer vorgenommen und anhand von Druckgradienten Aussagen über allfällige fixe oder dynamische Einengungen (Stenosen, Obstruktion) im Bereich der Herzkammer, sowie der Aortenklappe und Aorta gemacht werden. 2/5 Kantonsspital Winterthur, Kardiologie Welche Vorbereitungen sind für eine Linksherzkatheteruntersuchung notwendig? Je nach Krankenhaus erfolgt eine Linksherzkatheteruntersuchung ambulant oder während eines kurzen Spitalaufenthaltes. Die Medikamente können und sollen in der Regel vor der Untersuchung wie gewohnt eingenommen werden (dies gilt insbesondere auch für Plättchenhemmer, z.B. Aspirin), lediglich bei Patienten mit oraler Blutverdünnung (Antikoagulation) sollte darauf geachtet werden, dass der Quick für eine elektive Untersuchung nicht allzu tief ist (INR nicht >2.5, sofern keine zwingende Indikation für eine strenge Antikoagulation (z.B. St. n. Klappenersatz) vorliegt). Am Eintrittstag darf noch ein kleines Frühstück eingenommen werden, auch sollten alle bisherigen Medikamente weiterhin genommen werden. Durch das Pflegepersonal werden in der Regel beide Leistenregionen rasiert und es wird ein venöser Zugang gelegt. Im Herzkatheterlabor werden dann ein Oberflächen-EKG angelegt, die Punktionsstelle mit einer desinfizierenden Flüssigkeit gereinigt sowie eine sterile Abdeckung installiert. Da der Eingriff lediglich unter lokaler Betäubung erfolgt, ist der Patient während der Untersuchung wach und kann diese am Monitor mitverfolgen und anschliessend vom Arzt über Befunde und Möglichkeiten des weiteren Vorgehens direkt informiert werden. Wie läuft eine Linksherzkatheteruntersuchung ab? Nach Anlegen einer Lokalanästhesie an der Punktionsstelle (in der Regel rechte oder linke Leiste zur Punktion der Beinarterie, selten Handgelenk zur Punktion der Armarterie) wird die Arterie mit einer Hohlnadel punktiert, durch welche ein Draht in die Arterie eingeführt und über den, nach Entfernung der Nadel, eine „Schleuse“ (feiner Spülschlauch) eingelegt wird. Durch diese Schleuse, welche gleichzeitig die Arterie nach aussen abdichtet, werden die entsprechenden Katheter nacheinander über einen Führungsdraht vorgeschoben, wobei es unterschiedliche Katheter für die rechte bzw. linke Herzkranzarterie sowie für die Herzkammer und für die eventuelle Darstellung von Bypässen gibt. Die 3/5 Kantonsspital Winterthur, Kardiologie Katheter werden durch die Arterie bzw. die Aorta retrograd bis zum Herzen vorgeschoben, entlüftet, mit Natriumchlorid-Lösung gespült und mit Kontrastmittel angefüllt. Der Patient spürt davon nichts, da die Gefässe keine sensiblen Fasern haben. Mit wiederholten Kontrastmittelinjektionen werden nun zuerst die Herzkranzgefässe nach Einlage der entsprechenden Katheter in die Gefässabgänge dargestellt. Meist folgt die Darstellung der Brustwandarterien (links oder beidseitig im Hinblick auf eine eventuelle Bypassoperation) sowie allfälliger Bypässe bei voroperierten Patienten. Im Anschluss daran wird in der Regel eine Ventrikulographie durchgeführt, sofern keine Kontraindikationen bestehen (erheblich erhöhter Kammerdruck, Schockzustand, hochgradige Hauptstammstenose oder anderweitige Instabilität, schwere Niereninsuffizienz (Kontrastmittel-Load)). Bei jeder Kontrastmittelinjektion werden Röntgenaufnahmen in verschiedenen Ebenen gemacht. Die Katheter werden je nach Bedarf über die Schleuse gewechselt und es werden Druckmessungen in Aorta und Herzkammer vorgenommen. Sollte die Durchführung einer Ballonaufdehnung (percutanen transluminalen Angioplastie, PTCA, s. dort) notwendig sein, wird diese in den meisten Fällen unmittelbar an die Linksherzkatheteruntersuchung angeschlossen. Ansonsten wird nach Abschluss der Untersuchung die Schleuse entfernt und die Beinarterie (Arteria femoralis) mittels eines Verschluss-Systems oder einer manuellen Kompression über 10-30 Minuten verschlossen. Die heute üblichen VerschlussSysteme umfassen entweder eine spezielle Nahttechnik oder einen resorbierbaren Verschlusspropfen (z.B. aus Kollagen), wodurch das Gefäss abgedichtet wird. Das Material löst sich innert 2-3 Monaten auf. Die nachfolgende Liegezeit im Anschluss an die Linksherzkatheteruntersuchung beträgt je nach Krankenhaus wenige bis 24 Stunden. Abgesehen von einem leichten Brennen beim Setzen der Lokalanästhesie, einem Wärmegefühl bei Injektion des Kontrastmittels in die linke Herzkammer und eventuellen Pulsunregelmässigkeiten bei Einlage des Katheters in die Herzkammer sollte der Patient bei der Untersuchung nichts verspüren. Selten kann es aufgrund der relativ hohen Viskosität des Kontrastmittels zu Augenflimmern kommen, welches nach Abschluss der Untersuchung für kurze Zeit andauern kann, in der Regel jedoch nach Volumengabe verschwindet. Was sind die Risiken einer Linksherzkatheteruntersuchung? Zu den schwerwiegendsten Komplikationen gehören Tod, akuter Myokardinfarkt, und Schlaganfall (Cerebro-vaskulärer Insult, CVI), welche mit einer Häufigkeit von weniger als 0.1% auftreten. Das Risiko ist bei Patienten mit einer Verengung des Hauptstammes (Hauptstammstenose) und schwerer Stenose der Aortenklappen am höchsten (bei kritischer Hauptstammstenose bis zu 20-mal höher als bei der Verengung nur eines Herzkranzgefässes). Andere Risikofaktoren beinhalten hohes Alter, schwere Ruhe-Angina, eingeschränkte Funktion der linken Kammer sowie schwere weitere Erkrankungen (insbesondere Lunge und Hirn oder Verschlusskrankheit der Beine sowie eine schwere Niereninsuffizienz). Periphere Embolien (Extremitäten, Darm etc.) sind ebenfalls äusserst selten (<1%). Noch seltener werden schwerwiegende Rhythmusstörungen (im schlimmsten Falle Kammerflimmern) oder andere schwere Komplikationen (Einreissen oder Perforation der Kranzgefässe oder der Kammer, insbesondere bei schwerer Aortenstenose, schwere allergische Reaktionen infolge des Kontrastmittels) beobachtet. Das EKG wird deshalb während der ganzen Untersuchung überwacht. Weniger schwerwiegende Probleme umfassen vorwiegend Komplikationen an der Einstichstelle (Blutungen, Aneurysma spurium, Fistel, selten Schädigung des Beinnerven). Sie treten bei ca. 1% der Patienten in klinisch relevantem Ausmass auf. Die Röntgenbelastung ist insgesamt gering und stellt für den Patienten kein Gesundheitsrisiko dar. Zu beachten ist eine allfällige Allergie auf Röntgenkontrastmittel, welcher durch die Gabe von Medikamenten (Antihistaminika und Kortisonpräparaten) unmittelbar vor der Untersuchung in Fällen einer bekannten Allergie erfolgreich vorgebeugt werden kann. Daran zu denken ist ferner, dass das 4/5 Kantonsspital Winterthur, Kardiologie Kontrastmittel jodhaltig ist und in seltenen Fällen bei Patienten mit einer latenten oder ungenügend kontrollierten Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) eine thyreotoxische Krise auslösen kann. Bei Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz haben sich in letzter Zeit die Nieren schützende Massnahmen (Gabe von Acetylcystein einen Tag vor und nach der Untersuchung sowie ausreichender Flüssigkeitszufuhr mit Kochsalzlösung) zunehmend etabliert. 5/5