Statement des BVKD zur perioperativen Diabeteseinstellung Der Bundesverband Klinischer Diabetes-Einrichtungen ist ein Zusammenschluss der führenden 150 deutschen Diabeteskliniken, die sich ganz explizit der qualifizierten Betreuung von Diabetikern mit einem Qualitätsmanagement verschrieben haben. Der Diabetes mellitus, insbesondere der Typ 2-Diabetes ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen in Deutschland. Damit verbunden ist eine Reihe von Folgekomplikationen, die wiederum mit hohen volkswirtschaftlichen Kosten verbunden sind. Ziel jeder Diabetesbehandlung ist die Vermeidung von Komplikationen bei guter zieladaptierter Blutzuckereinstellung. Gut bekannt und validiert, u. a. durch die ehemalige Bundesstelle Qualitätssicherung ist, dass Menschen mit Diabetes, die sich einer Operation unterziehen mussten, häufiger von Komplikationen betroffen sind, als Nicht-Diabetiker. Diese Komplikationen betreffen: eine erhöhte Infektionsrate und Wundheilungsstörungen erhöhte perioperative Morbidität und Mortalität. Aus diesen Gründen hält es der BVKD für außerordentlich wichtig und unverzichtbar, dass bei Patienten mit Diabetes mellitus, die sich einer Operation unterziehen müssen, folgende Bedingungen und Grundregeln eingehalten werden. Der operative Eingriff sollte an qualifizierten Zentren durchgeführt werden, die auch über eine diabetologische „Mindestausstattung“ verfügen. die eine normnahe Blutzuckerführung perioperativ gewährleisten können. die Handlungsanweisungen für den Umgang mit Diabetesfolgen und -komplikationen nachweisen können. Aus den Daten der Bundesstelle Qualitätssicherung geht hervor, dass erhöhte perioperative Blutzuckerwerte insbesondere mit einem hohen Risiko von perioperativen Wundkomplikationen verbunden sind. Der BVKD verlangt deshalb von seinen Mitgliedskliniken im Rahmen des Qualitätsmanagements den Nachweis von Regeln für die perioperative Blutzuckerführung von Diabetikern. Der BVKD hält es anhand der Daten der BQS für essentiell, dass Diabetiker bereits präoperativ mit optimalen Blutzuckerwerten eingestellt werden. Dies ist nur durch eine engmaschige Blutzuckerkontrolle am Tag vor der geplanten Operation und ggf. Therapieoptimierung vor dem geplanten Eingriff möglich. Seite 1 von 4 Ein „guter HbA1C-Wert“ schließt nicht aus, dass der Diabetes mellitus präoperativ aktuell entgleist sein kann. Wie bereits ausgeführt, ist das präoperative und perioperative Diabetesmanagement Bestandteil des Qualitätsmanagements der BVKD-Kliniken. Es ist damit Bestandteil der Zertifizierung dieser Kliniken. Ein solcher Qualitätsnachweis ist von den Krankenkassen erwünscht. Es ist aus diesen Gründen nicht nachvollziehbar, dass von einer Reihe von MDK’s die gute präoperative Blutzuckereinstellung als nicht erforderlich angesehen wird; dass damit der sogenannte präoperative Tag generell aus der Erstattung herausgenommen wird, oder dass wie oben ausgeführt „ein guter HbA1C“ allein als Indikator einer präoperativen guten Blutzuckerführung angesehen wird. Wenn Qualität tatsächlich erwünscht ist, dann muss sie auch bezahlt werden. Qualität kostet Geld, keine Qualität kostet noch mehr Geld. Auch diese Aussage lässt sich anhand der Daten der BQS nachweisen, da die Diabetiker mit Wundinfektionen oder anderen perioperativen Komplikationen eine deutlich erhöhte Verweildauer gegenüber den NichtDiabetikern aufwiesen. Fazit: Bei zu einer Operation anstehenden Patienten mit Diabetes mellitus handelt es sich meist um komplexe Patienten, bei denen eine umfassende Orientierung der Gefäßsituation und der Stoffwechsellage erforderlich ist, die Zeit kostet. Ein Unterlassen kann zu Fehlern führen, die erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen können, die die Heilungschancen des Patienten erheblich schmälern können. Deshalb ist an eine gute klinische Praxis die Forderung zu stellen, dass die Aufnahme eines Menschen mit Diabetes bei größeren Eingriffen mindestens einen Tag vor der geplanten Operation zu erfolgen hat, damit die oben genannten Bedingungen erfüllt werden können. Für den Vorstand des BVKD: Dipl.-Betriebswirtin L. Lemmer, MBA Fachlicher Ansprechpartner: PD Dr. med. Mathias Weck Weißeritztal-Klinikum Bürgerstraße 7 01705 Freital Seite 2 von 4 Literatur Dhatariya K, Levy N, Kilvert A, Watson B, Cousins D, Flanagan D, Hilton L, Jairam C, Leyden K, Lipp A, Lobo D, Sinclair-Hammersley M, Rayman G; Joint British Diabetes Societies: NHS Diabetes guideline for the perioperative management of the adult patient with diabetes. Diabet Med 2012; 29:420-33. Lipshutz AK, Gropper MA: Perioperative glycemic control: an evidence-based review. 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Seite 3 von 4 Anhang Daten der Bundesstelle Qualitätssicherung (BQS): Koronarchirurgie Deutschland 2006 BQS Koronarchirurgie Deutschland 2006 Patientenanzahl % Wundinfektion/ Mediastinitis % (95 % - KI) HospitalMortalität % (95 % - KI) Gesamt 47.191 100,00 1,5 (1,37 – 1,59) 3,4 (3,25 – 3,58) Kein Diabetes 31.912 67,9 1,2 (1,05 – 1,29) 2,9 (2,76 – 3,13) Diabetes mell. 15.043 31,9 2,1 (1,89 – 2,36) 4,3 (3,98 – 4,64) Diät 2.370 5,0 1,9 4,6 Tabletten 6.289 13,3 1,7 3,3 Insulin 6.238 13,2 2,5 5,0 Unbehandelt 146 0,3 4,8 9,6 Unbekannt 236 0,5 3,4 9,7 Seite 4 von 4