Prof. T. Esslinger Dr. T. Donner Übungen zur Physik 1 – Lösungen zu Blatt 8∗ (Dated: 21. November 2012) I. RAKETE 1. Die Verbrennungsprodukte müssen so schnell ausgestossen werden, dass sie die Schubkraft FS erzeugen. Wie kommt es durch Ausstoss der Verbrennungsprodukte zu einer Schubkraft? Beim Verbrennen werden die Verbrennungsprodukte plötzlich auf die Geschwindigkeit vA beschleunigt, dies entspricht einer Impulsänderung des Brennstoffs: pro Zeitintervall ∆t wird die Masse ∆m = R · ∆t mit der Geschwindigkeit vA ausgestossen, die Impulsänderung des verbrannten Treibstoffs ist daher ∆p = ∆m · vA . Eine Impulsänderung wiederum entspricht nach FS = dp dt einer Kraft, die nach ”Actio=Reactio” nicht nur auf die Verbrennungsprodukte, sondern auch auf die Rakete wirkt. Die Beziehung zwischen Schubkraft FS und Ausstossgeschwindigkeit vA ist also gegeben durch: FS = ∆p ∆m · vA = = R · vA ∆t ∆t (1) Die Ausstossgeschwindigkeit ergibt sich damit zu: 2 vA = FS 3.5 · 107 kg m/s = = 2.41 km/s. R 14.5 · 103 kg/s (2) 2. Die Beschleunigung a1 beim Abheben der Rakete lässt sich aus m1 · a1 = Ftot = FS − FG berechnen zu: a1 = FS − m1 · g m = 2.9 2 . m1 s (3) 3. Die Beschleunigung am Ende des Verbrennungsvorgangs ist analog: a2 = FS − m2 · g = 41.1 m s−2 m2 (4) 4. Das Besondere an der Bewegungsgleichung der Rakete ist, dass sich die Masse m(t) der Rakete ständig verringert, da Treibstoff ausgestossen wird. Zwischen dem Start und dem Ende des Verbrennungsvorgangs lautet die Bewegungsgleichung der Rakete daher m(t) · dv = FS − FG dt dv FS vA dm(t) (1) R · vA = −g = −g =− −g dt m(t) m(t) m(t) dt (5) (6) Im letzten Schritt von Gleichung 6 haben wir benutzt, dass sich die Masse der Rakete mit dm(t) = −R ändert. dt Bei der Verbrennungsrate R ist der Treibstoff nach der Zeit t2 = mTreibstoff /R = 0.75m1 /R = 142 s vollständig verbrannt. ∗ Aufgaben und Lösungen sind auch erhältlich unter www.quantumoptics.ethz.ch → Lectures 2 Wir können nun die Bewegungsgleichung (6) über die Zeit integrieren. Z t2 Z t2 dv vA dm(t) dt = v2 = − − g dt dt m(t) dt 0 0 Z t2 Z t2 1 dm(t) = −vA g dt dt − m(t) dt 0 0 = −vA ln(m(t))|t02 − gt2 m2 = −vA ln( ) − gt2 m1 = 1.95 km/s. II. VORLESUNGSVERSUCH ROTIERENDE SCHEIBE 1. Das Trägheitsmoment bezüglich der gegebenen Achse lässt sich durch Integration berechnen: Z I = r2 dm = Z ρr2 dV = ρ Z +a/2 −a/2 Z +b/2 = ρc −b/2 3 Z +b/2 (x2 + y 2 )dxdy −b/2 1 +a/2 ( x3 + xy 2 )|−a/2 dy 3 2a 1 a +b/2 y + 2 y 3 )|−b/2 3 8 3 2 1 = ρabc (a2 + b2 ) 12 mQ 2 = (a + b2 ) 12 = ρc( Z +c/2 dz (7) −c/2 (8) (9) (10) (11) 2. Die potentielle Energie der Masse wird während des Fallens umgewandelt in Rotationsenergie der drehenden Scheibe und kinetische Energie der fallenden Masse: 1 1 mgh = mgz + Iω 2 + mv 2 , 2 2 (12) wobei mgz den verbleibenden Anteil der potentiellen Energie beschreibt (geht gegen Null für z gegen Null). Mithilfe der Rollbedingung v = ωr lässt sich dies umschreiben zu 1 1 mgh = mgz + Iω 2 + mr2 ω 2 . 2 2 (13) 3. Diese Gleichung für die Energieerhaltung lässt sich nach der Winkelgeschwindigkeit ω auflösen, aus der sich dann die Frequenz der Scheibe nach f = ω/(2π) ergibt. Für z = 0 erhalten wir dann r 1 2mgh f= . (14) 2π I + mr2 4. Einsetzen der Zahlenwerte ergibt f ≈ 24 Hz. 5. Wenn das Trägheitsmoment I wesentlich grösser als der Ausdruck mr2 wird, so kann die obige Gleichung genähert werden durch r 1 2mgh f≈ . (15) 2π I Dieses erstaunliche Ergebnis besagt, dass die Umwandlung von potentieller Energie in Rotationsenergie bei genügend grossem Trägheitsmoment nicht von der Getriebeübersetzung abhängt! 3 M F M a F F a b α0 b r D α a b D r III. α D α0 FADENSPULE 1. Skizze mit Rotationsachse, Wirkungslinie der Zugkraft und resultierendem Hebelarm. Da die Fadenspule über den Boden rollt, ist die Drehachse nicht die Symmetrieachse der Spule, sondern ist durch die Linie, auf welcher die Spule aufliegt, gegeben (Auflagepunkt D). Die Kraft F~ greift tangential an der inneren Rolle an, der resultierende Hebelarm ~r ist durch das Lot von der Drehachse D auf die Wirkungslinie der Kraft (gestrichelte Linie) gegeben. ~ = ~r × F~ gegeben. Seine Richtung (und damit der Drehsinn der 2. Das Drehmoment bezüglich D ist durch M Fadenspule) hängt vom Winkel α der Wirkungslinie der Kraft gegenüber dem Boden ab. Für kleine Winkel (linke Zeichung) ergibt sich eine Drehung im Uhrzeigersinn, die Spule rollt also in Richtung der ziehenden Person. Für grössere Winkel dagegen (mittlere Zeichnung) dreht sich die Spule im Gegenuhrzeigersinn und rollt somit weg von der ziehenden Person (Dies lässt sich gut mit Hilfe der Rechten-Hand-Regel nachvollziehen). Der Hebelarm ~r wird Null, wenn die Wirkungslinie der Kraft durch den Aufpunkt D (also die Rotationsachse) verläuft (rechte Zeichnung). Das Drehmoment verschwindet in diesem Fall und die Spule wird nicht mehr rollen, sondern durch die resultierenden Kräfte zur ziehenden Person hin rutschen (wenn die Reibungskraft überwunden werden kann). Die Wirkungslinie der Kraft läuft durch den Aufpunkt, wenn für den Winkel α0 gilt (siehe rechte Zeichnung, rechtwinkliges Dreieck): cos α0 = a b a ⇐⇒ α0 = arccos( ) b (16) 3. (*) Der Versuch lässt sich im Internet unter http://ephex.phys.ethz.ch/2-1-4-garnrolle/ als Video anschauen.