und Verlaufsmanagement der diabetischen Retinopathie

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Diplomarbeit
Risikofaktoren, Therapie, Kontroll- und
Verlaufsmanagement der diabetischen
Retinopathie
Eingereicht von
Philipp Wimmer
Matr.-Nr.: 0210514
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktor der gesamten Heilkunde
(Dr. med. univ.)
an der
Medizinischen Universität Graz
ausgeführt an der
Universitäts-Augenklinik Graz
unter der Anleitung von
Univ.-Prof. Mag. Dr. phil. Otto Schmut
Univ.-Ass. Dr. med. univ. Dieter Rabensteiner
Graz, im Oktober 2010
II
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne
fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet
habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen
als solche kenntlich gemacht habe.
Graz, im Oktober 2010
Unterschrift
Anmerkung:
Zur Erleichterung der Lesbarkeit der vorliegenden Arbeit habe ich mich entschlossen, das generische Maskulinum zu verwenden. In dieser Schreibweise sind somit männliche und weibliche Personen eingeschlossen, entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter.
III
Inhaltsverzeichnis
KURZFASSUNG .................................................................................................. VII
ABSTRACT......................................................................................................... VIII
1.
EINLEITUNG .................................................................................................. 1
2.
RETINA ........................................................................................................... 2
2.1
Pars optica ........................................................................................................................... 2
2.2
Periphere Retina .................................................................................................................. 2
2.3
Zentrale Retina .................................................................................................................... 3
2.4
Retina, Schichtenaufbau .................................................................................................... 3
2.4.1
2.5
3.
Photorezeptoren................................................................................................................ 4
Gefäßversorgung der Retina .............................................................................................. 5
DIABETES MELLITUS ................................................................................... 6
3.1
Diabetes mellitus Typ-1 ...................................................................................................... 6
3.2
Diabetes mellitus Typ-2 ...................................................................................................... 7
3.2.1
Therapie .......................................................................................................................... 10
3.3
Erkrankungen, die mit Diabetes assoziiert sind ............................................................ 10
3.4
Gestationsdiabetes [GDM] ............................................................................................... 12
3.5
Diagnose des Diabetes mellitus ...................................................................................... 12
3.5.1
Manifester Diabetes mellitus ........................................................................................... 13
3.5.2
Gestörte Glukosetoleranz („impaired glucose tolerance“, IGT) ...................................... 14
3.5.3
Oraler Glukosetoleranztest nach WHO-Richtlinien......................................................... 14
3.6
3.6.1
Diabetes mellitus – Insulintherapie ................................................................................. 15
Blutzuckerzielwerte ......................................................................................................... 16
IV
3.6.2
Insuline ............................................................................................................................ 17
3.6.3
Konventionelle Insulintherapie ........................................................................................ 17
3.6.4
Intensivierte Insulintherapie ............................................................................................ 17
3.6.5
Kontinuierliche subkutane Insulintherapie ...................................................................... 18
3.6.6
Kombination von oralen Antidiabetika und Insulin .......................................................... 18
3.7
Antidiabetische Therapie des Diabetes mellitus Typ-2 ................................................. 19
3.7.1
Allgemeine Therapieziele................................................................................................ 19
3.7.2
Zielwerte.......................................................................................................................... 19
3.7.3
Individuelle Therapieziele ............................................................................................... 20
3.7.4
Orale Antidiabetika .......................................................................................................... 20
3.7.5
Evidenz ........................................................................................................................... 22
3.8
Diabetes mellitus und Hypertonie ................................................................................... 23
3.8.1
Zielwerte des Blutdrucks ................................................................................................. 24
3.9
Diabetes mellitus und Lipide............................................................................................ 25
3.10
Diabetes mellitus und Rauchen ....................................................................................... 27
3.11
Diabetes mellitus – Mikro- und makrovaskuläre Spätkomplikationen ........................ 27
4.
DIABETES BEZOGENE ERBLINDUNG ...................................................... 30
4.1
Inzidenz und Prävalenz der diabetischen Retinopathie ................................................ 30
4.2
Pathogenetische
Faktoren,
Pathophysiologie
und
Pathomor-
phologie
der
diabetischen Retinopathie............................................................................................................. 31
4.2.1
Nicht-proliferative diabetische Retinopathie ................................................................... 32
4.2.2
Proliferative diabetische Retinopathie ............................................................................ 34
4.3
Diabetische Makulopathie ................................................................................................ 35
4.4
Stadieneinteilung der diabetischen Makulopathie ........................................................ 36
4.4.1
Fokales Makulaödem ...................................................................................................... 36
4.4.2
Diffuses Makulaödem ..................................................................................................... 36
4.4.3
Ischämische Makulopathie.............................................................................................. 37
V
4.5
Diagnostik und Kontrolle der diabetischen Retino- und Makulopathie ...................... 37
4.6
Therapie der diabetischen Retino- und Makulopathie .................................................. 40
5.
CONCLUSIO................................................................................................. 45
6.
GLOSSAR UND ABKÜRZUNGEN ............................................................... 46
7.
ABBILDUNGSVERZEICHNIS ...................................................................... 47
8.
REFERENZEN .............................................................................................. 48
VI
Kurzfassung
Der Diabetes mellitus stellt eine der häufigsten zur Erblindung führenden Erkrankungen dar. Das Erblindungsrisiko des Diabetikers im Vergleich zum NichtDiabetiker ist bis um das 20-fache erhöht. Das diabetische Makulaödem ist die
häufigste Ursache für den Sehverlust bei Patienten mit einer diabetischen Retinopathie.
Abhängig
von
Diabetesdauer,
Alter
bei
Erkrankungsbeginn
und
Diabetestyp, kommt es beim Diabetes mellitus Typ-1 in 25% und beim Diabetes
mellitus Typ-2 in 15% der Fälle zum Auftreten eines Makulaödems. Der Typ-1Diabetiker neigt dabei zur aggressiven, proliferativen Form der Erkrankung, während der Typ-2-Diabetiker eher eine Makulopathie entwickelt. Die proliferative Retinopathie des Typ-2-Diabetikers verläuft in der Regel deutlich langsamer und weniger aggressiv. Rechtzeitige Diagnostik und Therapie der diabetischen Netzhautveränderungen können das Fortschreiten der Erkrankung und die Erblindung in
den allermeisten Fällen verhindern. Regelmäßige ophthalmologische Untersuchungen sind von größter Bedeutung. Die Basis der Therapie ist die gute Stoffwechselführung (HbA1c < 7%), die Blutdruck- und Lipideinstellung. Die Lasertherapie ist nach wie vor die Standardtherapie der diabetischen Retino- und
Makulopathie mit dem Ziel des Erhaltens des aktuellen Sehvermögens und Verhinderung der Progression der Erkrankung. Die Vitrektomie wird bei persistierenden Glaskörperblutungen und Netzhautablösungen durchgeführt. Bei Diabetikern,
welche unter Umständen sehr früh eine Katarakt entwickeln, ist die Kataraktoperation die Therapie der Wahl. Ein neuer Therapieansatz zur Behandlung des diabetischen Makulaödems ist die Blockade des VEGF direkt im Glaskörper.
VII
Abstract
Diabetes mellitus is one of the main causes of blindness. The risk of acquiring
blindness is twentyfold in diabetic individuals as compared to non-diabetic individuals. The most common cause for the loss of eyesight in patients with diabetic
retinopathy is macular edema. Depending on the duration of diabetes, the individuals age at manifestation and the type of diabetes, approximately 25% of type1-diabetics and 15% of type-2-diabetics acquire macular edema. Type-1-diabetics
tend to develop the more aggressive, proliferative form whereas type-2-diabetics
usually develop maculopathy. In cases of proliferative diabetic retinopathy with
type-2-diabetics progression is usually slower and less severe. Timely diagnosis
and therapy of macular alterations can stop progression and prevent blindness.
Ophthalmologic check-ups at regular intervals are of highest importance. Successful therapy is based on adequate glycaemic control (HbA1c <7%), sufficient antihypertensive treatment and regulation of lipids. Treatment with laser still represents the therapeutic standard and aims to preserve the actual faculty of sight
while preventing progression of the disease. Vitrectomy is performed in cases of
persisting vitreal hemorrhage and detachment of the retina. For diabetic patients
with early development of cataracts surgery is the therapy of choice. A new therapeutic approach to diabetic macular edema is the blocking of VEGF directly in the
vitreous body.
VIII
1. Einleitung
Die diabetische Retinopathie zählt zu einer der häufigsten Komplikationen des
Diabetes mellitus. Eine Studie von Klein et al. spiegelt die hohe Prävalenz der diabetischen Retinopathie innerhalb der Diabetiker wider. Diese besagt, dass bei einer Krankheitsdauer von 20 Jahren ca. 90% aller Typ-1-Diabetiker und ca. 80%
der Typ-2-Diabetiker von einer mikrovaskulären Gefäßschädigung der Retina betroffen sind [1].
Die diabetische Retinopathie manifestiert sich frühzeitig. 67% aller Typ-1-Diabetiker entwickeln Klein et al. zufolge bereits innerhalb der ersten 5 Jahre ihrer
Erkrankung
eine
diabetische
Retinopathie.
Auch
in
einer
britischen
Diabetesstudie, der United Kingdom Prospective Diabetes Study [UKPDS], konnte
gezeigt werden, dass 36% der Patienten, bei denen die Erstmanifestation des Diabetes mellitus Typ-2 klinisch diagnostiziert worden ist, bereits klinische Zeichen
einer diabetischen Retinopathie aufwiesen. Mikrovaskuläre Veränderungen zählen
in den westlichen Staaten somit zu den häufigsten Ursachen der Erblindung [2, 3].
Im Frühstadium der diabetischen Retinopathie zeigt der überwiegende Teil der
Patienten keinerlei Symptome. Aufgrund dieses klinisch unauffälligen Verlaufs
stellt die frühzeitige Diagnose die höchste Priorität dar, um eine entsprechende
Behandlung einzuleiten und um etwaige Komplikationen vermeiden zu können [3].
Entscheidend dabei ist die koordinierte Zusammenarbeit zwischen Internisten/
Diabetologen, Ophthalmologen und Allgemeinmedizinern [3].
Nur so ist es möglich, das Sehen und somit die Lebensqualität des Betroffenen zu
erhalten und Invalidität mit allen ihren psychosozialen Folgen zu vermindern bzw.
zu verhindern [3].
Intensivierte Blutzucker-, Blutdruck- und Lipideinstellungen sowie die konsequente
Therapie der verschiedenen Stadien der diabetischen Retinopathie zählen zu den
entscheidenden Faktoren in Hinblick auf die Reduktion aller Folgeerscheinungen.
Diese Erkenntnis entspricht auch der aktuellen Evidenz mit Einbeziehung der
neuesten Studienergebnisse [4].
1
2. Retina
Die Retina (Netzhaut) bildet mit ihrer Pars nervosa (interna) und der Pars
pigmentosa (externa) sowie mit deren Blutgefäßen die innere Augenhaut. Entwicklungsgeschichtlich entstammen Pars nervosa und Pars pigmentosa dem Augenbecher [5].
Den größeren Abschnitt, der durch die Chorioidea unterlagert ist, bezeichnet man
als Pars optica. Diese geht im Bereich der Ora serrata in die Pars ciliaris retinae
über und mündet vor dem Ziliarkörper in die Pars iridica retinae ein [5].
2.1 Pars optica
Die Pars optica ist transparent und rötlich gefärbt. Die Pars optica kann auch in
eine periphere und eine zentrale Retina untergliedert werden. Sie ist im Bereich
der Ora serrata ca. 100 µm dick. Am Äquator ca. 150 µm, am Rande der Makula
lutea ca. 350 µm und innerhalb des Zentrums der Fovea centralis ca. 90 µm dick.
Als Discus n. optici wird die Sehnervenaustrittsstelle bezeichnet [5].
2.2 Periphere Retina
Die periphere Retina gliedert sich in 4 Abschnitte. Die Peripherie, einen mittleren
peripheren Abschnitt, einen weit peripheren Abschnitt und die Ora serrata. Die
Peripherie ist eine 1,5 mm breite Zone und umgibt die Makula. Sie enthält dicke
Zapfen. Auf 100 µm entfallen ca. 9 bis 10 Zapfen. Die mittlere Peripherie ist 3 mm
breit und ist mit Ganglienzellen ausgestattet, die auf ihr diskontinuierlich angeordnet sind, ungefähr 8 bis 9 Zapfen auf 100 µm. In der weiten Peripherie finden sich
viel weniger Zellen in der Ganglienzellschichte. Da ihre Außensegmente viel kürzer sind, trägt sie nur 6 bis 7 Zapfen auf 100 µm. Die nur 0,7 bis 0,8 mm dünne
Ora serata enthält eine sehr geringe Anzahl von Photorezeptoren welche zum
größten Teil durch missgebildete Zapfen ersetzt sind [5].
2
2.3 Zentrale Retina
Sie ist 5-6 mm dick und besteht aus der Makula lutea, der Fovea centralis, der
Foveola und der parafovealen zentralen Retina [5].
Die Makula lutea misst horizontal 2,0 mm und vertikal dehnt sie sich ca. um 1,8
mm aus. Es wird angenommen, dass ihre gelbliche Farbe, der sie auch ihren Namen zu verdanken hat, durch das Karotinoid Xanthophyll erzeugt wird. Man kann
es innerhalb der Ganglienzellschichte und auch in den bipolaren Zellen nachweisen. Eine dichte Anzahl von Stäbchen kleidet die Peripherie der Makula lutea aus
[5].
Als Fovea centralis bezeichnet man eine kleine Stelle an der glaskörperseitigen
Fläche der Netzhaut. Der Boden der Fovea centralis ist gleichmäßig geformt und
enthält im Zentrum einen Clivus. Sie hat einen Durchmesser von 1,5 mm und eine
Fläche von 1,75 mm² mit 100 000 Coni [5].
Die Foveola besteht aus etwa 35.000 Zapfen. In ihrem Zentrum hat sie 2500 dicht
gepackte Zapfen die im Abstand von nur 0,3 µm voneinander entfernt stehen [5].
Die parafoveale zentrale Retina besitzt die größte Anhäufung von Nervenzellen
innerhalb der gesamten Netzhaut. Ihre äußere plexiforme Schichte wird als
Henlesche Schichte bezeichnet [5].
2.4 Retina, Schichtenaufbau
Die Netzhaut kann man anatomisch-systematisch in 9 Schichten untergliedern.
ƒ
Stratum nervosum: Die Außenglieder der Rezeptoren sind hier verankert
[6].
ƒ
Äußere Grenzmembran: Besteht aus Photorezeptoren, die mit Müllerzellen,
über Desmosomen verbunden sind [6].
3
ƒ
Stratum nucleare externum: Wird aus den Perikarya cellularum neurosensorium und dem Processus preterminalis gebildet [5, 6, 7].
ƒ
Stratum plexiforme externum: Äußere Schichte der Synapsen. Wird gebildet durch bipolare Zellen und amakrine Zellen. Hier stellen die Axone der
120 Millionen Stäbchen und der 6 Millionen Zapfen den Kontakt zu Horizontal- und Bipolarzellen her [6, 8].
ƒ
Stratum nucleare internum: Diese Schichte besteht aus Kernen der bipolaren, amakrinen, horizontal-, Müller und interplexiformen Zellen [5, 6].
ƒ
Stratum plexiforme internum: Die innere plexiforme Schichte lagert sich
nach innen hin an [6].
ƒ
Stratum ganglionare: Optikusganglienzellen bilden diese Schichte [6].
ƒ
Stratum neurofibrorum: Besteht aus den Neuriten der Optikusganglienzellen [6].
ƒ
Membrana limitans interna: Sie grenzt die Retina gegen den Glaskörper ab
[6].
Wenn man bei der Betrachtung und Einteilung der Netzhaut nur die Reizaufnahme
und Impulsweiterleitung in den Vordergrund stellt, lässt sich die Netzhaut in drei
Ganglienzellschichten unterteilen:
Und zwar in die Photorezeptoren, die Neurozyti bipolares und die Neurozyti
ganglionares [5].
2.4.1 Photorezeptoren
Photorezeptoren sind bipolare Nervenzellen, die sich über mehrere Schichten des
Stratum nervosum erstrecken. Man unterscheidet zwei Arten von Photorezeptoren. Die helligkeitsempfindlichen Stäbchen vermitteln das skoptische Sehen, und
die farbempfindlichen Zapfen sind für das photopische Sehen verantwortlich. Der
anatomische Aufbau der Stäbchen und der Zapfen ist identisch. Beide bestehen
aus einem Außensegment, welches den Lichtsensor (Sehpigment) enthält und
einem Innensegment, in dem die Proteinbiosynthese erfolgt. Die Verbindung zwischen beiden Segmenten übernimmt ein Cilium [7, 8].
4
2.5 Gefäßversorgung der Retina
Durch den Discus des Nervus opticus tritt die Arteria centralis retinae zur Versorgung der Pars optica retinae in die Netzhaut ein. Die Arteria centralis retinae ist
ein Ast der Arteria ophthalmica. Die Vena centralis retinae tritt aus dem Discus
nervi optici wieder aus. Endäste der Arteria centralis retinae konvergieren am Gelben Fleck (Macula lutea). Diese ist aber frei von Blutgefäßen. Im Zentrum befindet
sich die Fovea centralis als Stelle des schärfsten Sehens [7].
In der Fundoskopie (Augenspiegelung) beurteilt man die Vasa centralis retinae
(Äste der Arteria centralis retinae), desweiteren beurteilt man auch den Discus
nervi optici (Blinder Fleck) sowie auch die Macula lutea mit der Fovea centralis.
Die Arteria centralis retinae mit ihren Ästen verändert sich pathologisch bei Hypertonie und diabetischer Retinopathie [7].
5
3. Diabetes Mellitus
3.1 Diabetes mellitus Typ-1
Durch einen Entzündungsprozess in den Langerhans Inseln, in denen sich die
Insulin-produzierenden Betazellen befinden, kommt es zur Entstehung des Typ-1Diabetes. Bis heute konnte der Pathomechanismus des Typ-1-Diabtes noch nicht
eindeutig identifiziert werden, jedoch wird vermutet, dass ein komplexes Zusammenspiel von gewissen genetischen Faktoren (HLA-Komplex und eine Reihe weiterer Gene) aber auch Faktoren wie die Ernährung und Infektionskrankheiten eine
entscheidende Rolle bei der Entstehung des Typ-1-Diabetes spielen. Auch im
fortgeschrittenen Alter kann es zur Entwicklung einer immunmediierten diabetischen Erkrankung kommen. Dieser Diabetes wird als LADA (Latent Autoimmune
Diabetes of the Adult) bezeichnet und entspricht einem verzögerten Typ-1Diabetes [9].
Aktuelle Forschungsergebnisse kamen zu der Erkenntnis, dass zwei antagonistische Immunreaktionstypen (Typ-1-zelluläre Immunreaktion, Typ-2-Immunreaktionhumoral) durch T-Regulatorzellen reguliert werden. Die meisten Immunerkrankungen wie z. B. Typ-1-Diabetes, rheumatoide Arthritis, Multiple Sklerose etc. werden
durch diese Immunphänomene hervorgerufen [9].
Eine genetische Prädisposition zu Autoimmunreaktionen gegen die Betazellen des
Pankreas ist beim Typ-1-Diabetes bekannt. Die Entzündungsreaktion der
Langerhans Inseln mit T-Lymphozyten wird wahrscheinlich durch enterovirale Infektionen und Nahrungsmittelbestandteile getriggert [10].
Bei Th 2-Lymphozyteninfiltrationen ist die Erkrankung in einer latenten nichtdestruktiven Phase. Bei Th 1-Lymphozyteninfiltration kommt es zu einer Zerstörung
der Betazellen und zu einer Progression der Erkrankung [10].
Neben dieser T-Zell Reaktion kommt es auch zur Bildung von Autoantikörpern, die
für die Diagnostik und insbesondere für eine Differentialdiagnostik des Typ-1Diabetes eine entscheidende Rolle spielen. Sie lassen sich sehr früh gegen verschiedene Inselbestandteile nachweisen. Diese Suchtests weisen Autoantikörper
6
gegen die Glutamatdecarboxylase (GAD); Tyrosinphosphatase IA-2, Inselzellantikörper (ICA) nach [10].
Immunintervention und Immunprävention haben keine therapeutischen Konsequenzen für die Behandlung von Typ-1-Diabetikern [10].
Interventionsstudien mit dem Medikament Cyclosporin A zeigten, dass Immunreaktionen der Betazelldestruktion ablaufen. Jedoch lässt das ausgeprägte Nebenwirkungsprofil eine Dauerbehandlung nicht zu [11].
Ebenso konnte in neuesten Studien gezeigt werden, dass gegen T-Lymphozyten
gerichtete CD 3 Antikörper erfolgreich zur Erhaltung des C-Peptids eingesetzt
werden. Hierbei können jedoch Epstein-Barr-Virusinfektionen reaktiviert werden
[12]. Rezente Interventionsstudien zeigen, dass mit Kuhmilch-freier Ernährung bis
zum 6. Lebensmonat deutlich weniger Autoantiköper gegen das Inselorgan gebildet werden als bei einer Ernährung mit Muttermilch [13].
Die aktuelle Standardtherapie des Typ-1-Diabetes ist die intensivierte konventionelle Insulintherapie.
3.2 Diabetes mellitus Typ-2
Dem klinisch manifesten Diabetes mellitus Typ-2 liegen 2 Pathomechanismen zu
Grunde. Er wird sowohl durch eine Störung der Insulinsekretion im Pankreas als
auch durch eine Insulinresistenz der wesentlichen Zielgewebe (Skelettmuskel,
Leber und Fettgewebe) hervorgerufen [14].
Durch die Messung der Insulinsensitivität am Skelettmuskel konnte nachgewiesen
werden, dass die Insulinresistenz bereits Jahrzehnte vor Bekanntwerden der klinischen Manifestation des Typ-2-Diabetes bestehen kann. Insulinsekretionsdefekte
und Betazellmasseverlust sind weitere wichtige pathogenetische Faktoren. Hierbei
kommt es nach dem Glukosereiz zu einem verzögerten Anstieg der Insulinkonzentration, die jedoch prolongiert ist und mit einer Hyperinsulinämie endet. Dieser
Pathomechanismus tritt in der „prädiabetischen Phase“ auf. Das heißt, der Diabetes ist latent [14].
7
Laut gegenwärtigem Kenntnisstand führt das gleichzeitige Vorliegen einer peripheren Insulinresistenz und einer gestörten Sekretionskinetik in Kombination mit Bewegungsmangel und einer Adipositas zur Entstehung des manifesten Diabetes
mellitus Typ-2 [15, 16].
Weltweit durchgeführte Untersuchungen belegen, dass der Typ-2-Diabetes eine
erbliche Komponente besitzt. Bei eineiigen Zwillingen, die an einem Typ-2Diabetes erkrankt sind, beträgt die Konkordanz bis zu 90%. Es gelang bis heute
noch nicht, die genauen Faktoren zu identifizieren, welche die genetischen Grundlagen der Insulinresistenz bilden.
Heutige Forschungsarbeiten beschäftigen sich mit dem sogenannten Kandidatengenansatz und dem Genomscreening [17].
Der Kandidatengenansatz beschränkt sich auf die Untersuchung bereits bekannter
Gene und auf ihre Bedeutung in Hinblick auf die Entstehung des Typ-2-Diabetes.
Untersucht wurden der Transkriptionsfaktor PPARγ, Mutationen am Insulinrezeptor
sowie Mutationen am Insulinrezeptor-Substrat-Protein [17].
Der Transkriptionsfaktor PPARγ ist für die Fettzelldifferenzierung verantwortlich.
Seine Gene wurden auf Mutationen hin untersucht, die für die Pathogenese der
Insulinresistenz, Insulinsekretion und für die Entwicklung einer Adipositas verantwortlich sind [17].
Mutationen am Insulinrezeptor sind sehr selten. Bei Homozygotie rufen sie schwere Krankheitsbilder hervor wie z. B. den Leprechaunismus, der letal endet. Ist nur
ein Allel betroffen, entsteht meistens nur das Insulinresistenzsyndrom (die sogenannte Typ A Insulinresistenz), das meist schon im Jugendalter therapierbare
Hypoglykämien hervorruft [17].
Mutationen am Insulinrezeptor-Substrat-Protein lassen sich auch beim Nichtdiabetiker finden. Deshalb muss ihre alleinige Bedeutung bei der Entwicklung des Typ2-Diabetes mellitus angezweifelt werden [17].
IRS-1-Mutationen sind assoziiert mit einer verminderten Insulinsekretion, IRS-2Polymorphismen sind mit einer erhöhten Typ-2-Diabetes Häufigkeit verbunden
[17].
8
All diese Erkenntnisse beruhen auf Untersuchungen, die bei Pima-Indianern
durchgeführt wurden [17].
PPARγ2 ist bedeutsam für die Fettzelldifferenzierung, und der Polymorphismus
dieses Transkriptionsfaktors ist mit der Zunahme der Insulinresistenz verknüpft.
Gendefekte gibt es auch im Rahmen des Kir 6.2-Polymorphismus, der Sekretionsdefekte in der Betazelle hervorruft. Es zeigt sich, dass der Typ-2-Diabetes mellitus
polygenetische Ursachen hat und nicht auf eine einzelne Ursache reduziert werden kann. Daher präsentiert sich der Typ-2-Diabetes phänotypisch sehr unterschiedlich. Eine Vielzahl von Genen ist in Hinblick ihrer Funktion für die Insulinsekretion bzw. für die Insulinresistenz noch nicht untersucht, sodass die komplexe
Genetik noch bei weitem nicht vollständig bekannt ist. Prinzipiell ist aber festzuhalten, dass Mutationen und Polymorphismen in ihrer komplexen Art alleine nicht
ausreichen, den Typ-2-Diabetes mellitus zu manifestieren. Erst die Kombination
mit Übergewicht und Bewegungsmangel lässt die Krankheit klinisch manifest werden [17].
Bewegungsmangel erhöht die Insulinresistenz, wohingegen Ausdauertraining den
gegenteiligen Effekt zeigt. Dieser Mechanismus wird durch eine verbesserte Blutzirkulation, Veränderung der intramyozellulären Lipidspeicherung und die AMPaktivierte Proteinkinase hervorgerufen [17].
Eindeutig nachgewiesen ist die Erhöhung der Insulinresistenz durch die Zunahme
der Körperfettmasse. Gewichtsabnahme führt zur Abnahme der Insulinresistenz
[17].
Es ist anzunehmen, dass Fettgewebsmediatoren wie Tumor-Nekrose-Faktor-α,
freie Fettsäuren, Leptin, Resistin, Adiponektin entscheidend in die Regulation der
Insulinresistenz und Insulinsensitivität eingreifen. Besonderes Augenmerk ist dabei der Erhöhung der freien Fettsäuren zu widmen, die auch durch ein überaktives
sympathisches Nervensystem vermehrt lipolytisch freigesetzt werden und dabei
einen besonderen Verstärker für die Insulinresistenz darstellen [17].
Ebenso konnte nachgewiesen werden, dass erhöhte freie Fettsäuren zum erhöhten programmierten Betazelltod (Apoptose) führen. Das heißt, die Neogenese der
Betazellen ist durch die vermehrte Apoptoserate unzureichend, sodass es zu einer
deutlichen Verminderung der Betazellmasse kommt [17].
9
Entscheidend ist eine frühzeitige Diagnosestellung des Typ-2-Diabetes, um die
sogenannten makro- und mikrovaskulären Komplikationen im Entstehen hinauszuzögern bzw. zu verhindern. Will man den Typ-2-Diabetes frühzeitig diagnostizieren, muss man regelmäßige Screeninguntersuchungen machen, im Besonderen
bei Patienten mit ausgeprägten kombinierten Risikoprofilen wie dem Metabolischen Syndrom (viszerale Adipositas, Hypertonie, Dyslipidämie, Typ-2-Diabetes
mellitus oder gestörte Glukosetoleranz) [17].
Zu den makrovaskulären Komplikationen zählen die koronare Herzerkrankung, die
zerebrovaskuläre Erkrankung sowie die periphere arterielle Verschlusserkrankung.
Zu
den
mikrovaskulären
Spätkomplikationen
gehören
die
diabetische
Nephropathie, die diabetische Neuropathie sowie die diabetische Retinopathie.
[17].
3.2.1 Therapie
Meist ist der Typ-2-Diabetes mit deutlicher Adipositas verknüpft. Körperliche Aktivität sowie Gewichtsreduktion sind die ersten Maßnahmen. Wenn diese Therapien
unzureichend sind, ist eine entsprechende Medikation, frühestens jedoch nach 3
Monaten, einzuleiten [17].
Metformin, Glitazone, α-Glukosidase-Hemmer, Inkretinmimetika, Glinide, Sulfonylharnstoffderivate sowie Insuline und Insulinanaloga werden einzeln und in
Kombinationen als Therapie eingesetzt [17].
3.3 Erkrankungen, die mit Diabetes assoziiert sind
ƒ
Erkrankungen
des
Pankreas:
Pankreatitis,
Tumoren,
Operationen,
Hämochromatose, Zystische Fibrose, Traumen
ƒ
Erkrankungen Endokriner Organe: Akromegalie, Cushing Syndrom
ƒ
Genetische Defekte der Insulinsekretion und der Insulinwirkung: MODY
[Maturity Onset Diabetes of the Young], Lipoatropher Diabetes
ƒ
Genetische Syndrome: Klinefelter Syndrom, Turner Syndrom, Down Syndrom
10
ƒ
Infektionen: z. B.: Kongenitale Röteln
ƒ
Medikamentös, chemische Ursachen: z. B.: Glukokortikoide, γ- Interferon
ƒ
Seltene Autoimmunvermittelte Diabetesformen: z. B.: „Stiff-man“ Syndrom
[25]
11
3.4 Gestationsdiabetes [GDM]
Als Gestationsdiabetes mellitus bezeichnet man einen Diabetes der erstmalig
während der Schwangerschaft auftritt [25].
Frauen bei denen in der Schwangerschaft erstmals eine Glukosetoleranzstörung
auftritt oder diagnostiziert wird, haben ein deutlich höheres Risiko an perinataler
Morbidität und Mortalität sowie ein erhöhtes Risiko an operativen Entbindungen
[25].
Exakte Überwachung und Behandlung reduzieren das Risiko für Komplikationen
sowohl bei der Mutter als auch beim Kind [25].
3.5 Diagnose des Diabetes mellitus
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einen Diabetes mellitus klinisch nachzuweisen. Wichtige Voraussetzung ist der Einsatz qualitätsgesicherter Blutzuckertestungen und entsprechender qualitätsgesicherter Maßnahmen [25].
Blutzucker-Bestimmungen sind im Plasma oder Vollblut vorzunehmen. Im Serum
muss ein Glykolysehemmstoff zugesetzt sein. Nüchtern heißt, Bestimmung des
Blutzuckers frühestens 8 Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme. Man sollte auf Verfälschungsmöglichkeiten durch Infekte, Dehydrierung oder Medikamente
wie z. B. Glukokortikoide achten [25].
Das glykosilierte Hämoglobin A1c (HbA1c) oder Fructosamin ist kein Parameter
zur Diagnosestellung sondern vorwiegend zur Verlaufskontrolle der Hyperglykämie. Ein Expertengremium auf internationaler Ebene hat aber kürzlich eine Empfehlung herausgegeben, den Diabetes mittels HbA1c zu beurteilen. Begründet
wird dies durch die bessere Beurteilbarkeit des Verlaufs der chronischen Hyperglykämie und die hohe Variabilität der Blutzuckerbestimmungen. Ein HbA1c über
6,5% bedeutet Diabetes mellitus. Ein Wert zwischen 6 und 6,5% zeigt auf, dass
effektive Vorsorge entgegen der Manifestierung des Diabetes eingeleitet werden
muss [25, 26].
12
Ein HbA1c unter 6% schließt einen Diabetes mellitus nicht sicher aus, da z. B. im
Alter oder bei Anämien mit veränderter Erythrozyten–Lebensdauer der HbA1cWert als Methode nicht ausreichend standardisiert werden kann und daher zur
Diagnose des Diabetes nicht empfohlen werden kann [25, 26].
Bei einem HbA1c Wert über 6% ist die Diagnose Diabetes mellitus durch Blutzuckerbestimmungen zu bestätigen. Seit April 2008 ist ein neuer Referenzstandard
für die HbA1c Bestimmung eingeführt worden. Die Formel zur Umrechnung der
Prozentangabe von HbA1c in HbA1c mmol/mol (HbA0 + HbA1c) lautet:
HbA1c [mmol/mol] = (10 * HbA1c [%] - 21.52) / 0.9148
Die
Erstellung
der
Diagnose
wird
durch
Messung
mehrfach
erhöhter
Blutglukosewerte gestellt und zwar an unterschiedlichen Tagen, mindestens an 2
verschiedenen Tagen. Bei nicht klarer Diagnosestellung wird die Diagnose durch
den oralen Glukosetoleranztest [OGTT] gestellt [25].
Die Nüchtern-Blut-Glukosewerte sind per definitionem ≤ 100 mg/dl ( ≤ 5,6 mmol/l)
gemessen im venösen Blut. Ein Nüchtern-Blutzuckerwert von 100 mg/dl oder darunter schließt aber eine Zuckerstoffwechselstörung nicht aus, da wechselweise
Beziehungen zwischen Nüchtern-Blut-Glukose und post prandialer Glukose (2
Stunden nach dem Essen oder nach oraler Zuckerbelastung) bestehen. Besonders pathologische postprandiale Zuckererhöhungen sind für die makropathologischen Komplikationen entscheidend [25].
3.5.1 Manifester Diabetes mellitus
Nicht-Nüchtern-Glukose ≥ 200 mg/dl und klassische Diabetes Symptome,
oder Nicht-Nüchtern-Glukose ≥ 200 mg/dl an 2 unterschiedlichen Tagen,
oder Nüchtern-Glukose ≥ 126 mg/dl an 2 unterschiedlichen Tagen,
oder Glukose ≥ 200 mg/dl, 2 Stunden nach Zufuhr von 75 g Glukose (OGTT) [26].
Gestörte (abnorme) Nüchternglucose („impaired fasting glucose“, IFG)
Nüchtern-Glukose > 100 mg/dl, aber ≤ 125 mg/dl an 2 unterschiedlichen Tagen
[26].
13
3.5.2 Gestörte Glukosetoleranz („impaired glucose tolerance“, IGT)
Glukose > 140 mg/dl, aber < 200 mg/dl 2 Stunden nach 75 g Glukose (OGTT)
[26].
3.5.3 Oraler Glukosetoleranztest nach WHO-Richtlinien
Durchführung des Oralen Glukosetoleranztests (OGTT): Voraussetzung sind eine
mehr als 3-tägige kohlenhydratreiche Ernährung ≥ 150 g/Tag, 16 Stunden Nahrungs- und Alkoholkarenz vor dem Test und die Durchführung am Morgen im Sitzen oder Liegen, kein Rauchen vor und während des Tests [26, 27].
Indiziert ist der orale Glukosetoleranztest bei bestimmten Risikogruppen und Populationen. Dazu zählen Menschen mit physischer Inaktivität, Verwandte ersten
Grades mit bekanntem Diabetes mellitus, Patienten mit Hypertonie, Dyslipidämie,
polyzystischem
Ovarialsyndrom,
Akanthosis
nigrans,
mit
kardio-
oder
zerebrovaskulären Erkrankungen, weiters asiatische, afrikanische, lateinamerikanische Populationen, ältere Menschen und Menschen mit gestörter NüchternGlukose [25, 27].
Kontraindikationen für den OGTT: Interkurrente Erkrankungen, Malabsorptionsstörungen, Zustand nach Magen-Darm-Resektion und nachgewiesener Diabetes mellitus [25, 27].
Einflussfaktoren auf den OGTT sind Kohlenhydratmangel in der Ernährung, aber
auch längeres Fasten kann eine pathologische Glukosetoleranz auslösen. Eine
Anzahl von Medikamenten kann die Glukosetoleranz verschlechtern wie z. B.
Phenytoin, Furosemid, Adrenalin und Glukokortikoide. [25, 26, 27].
14
3.6 Diabetes mellitus – Insulintherapie
Beim Diabetes mellitus Typ-1 ist die Insulinersatztherapie ein Leben lang notwendig. Beim Diabetes mellitus Typ-2 besteht dann eine Notwendigkeit zur Insulintherapie, wenn mit Basismaßnahmen wie Ernährung und Bewegung sowie oralen
Antidiabetika das Therapieziel nicht erreicht wird. Die Insulintherapie wird nach
den heutigen Möglichkeiten individualisiert, unter der Voraussetzung, dass die betroffenen
Patienten
von
entsprechendem
Fachpersonal
(Endokrinologen,
Diätologen, Fachpflege) geschult werden, um die Therapie erfolgreich umsetzen
zu können. Die obersten Therapieziele sind die Prävention makro- und
mikroangiopathischer Spätkomplikationen, das Verhindern von Hypo- und Hyperglykämien mit keto-azidotischer Entgleisung sowie die Erhaltung der Lebensqualität. Zur Therapieüberwachung werden Blutzuckertagesprofile sowie der HbA1cWert herangezogen [29, 30, 31, 32, 36].
Beim Diabetes mellitus Typ-1 sollte der HbA1c-Wert an den Normalbereich angenähert werden, um vor allem das Risiko der Mikroangiopathie drastisch zu reduzieren. Prinzipiell sollte im Sinne einer qualitativ guten Einstellung der HbA1cWert nicht über 7,5% ansteigen. Schwere Hypoglykämien sollten dabei jedoch
dringlichst vermieden werden [29, 30, 31, 32, 36].
Beim Diabetes mellitus Typ-2 wurde für die Insulintherapie gezeigt (UKPDSStudie), dass makrovaskuläre Komplikationen nicht entscheidend reduziert, aber
mikrovaskuläre Komplikationen sehr wohl verringert werden konnten. Bei Patienten mit langer Diabetes Dauer und sehr hohen HbA1c-Werten bei Beginn der Insulinumstellung zeigt eine rasche Reduktion des HbA1c-Wertes mit Normalisierung
der Blutzuckerwerte eine deutliche Erhöhung der Mortalität. Aus diesen Gründen
sollen bei Diabetes mellitus Typ-2 Patienten die Zielwerte des HbA1c aber auch
der
glykämischen
Kontrolle
individuell
angepasst
werden,
wobei
die
Diabetesdauer entscheidend mitberücksichtigt werden muss (Ergebnisse von
UKPDS, ACCORD, ADVANCE und VADT Studie) [29, 30, 31, 32, 36].
15
3.6.1 Blutzuckerzielwerte
Die grundlegende Voraussetzung, um eine Insulintherapie durchführen zu können,
ist die Selbstkontrolle der Blutzuckerwerte durch den Diabetiker. Beim Diabetes
mellitus Typ-1 sind die nüchtern selbstgemessenen Blutzuckerwerte zwischen 80
und 110 mg/dl als Zielwert definiert, vor dem Schlafen gehen 110 bis 130 mg/dl.
Die postprandialen Blutzuckerwerte (2 Stunden nach dem Essen gemessen) sollen bis maximal 140 mg/dl betragen. Die postprandialen Blutzuckerwerte sind abhängig von der Insulinkinetik des verabreichten Insulins, vom Spritz-Ess-Abstand
und von der Qualität und Quantität des Essens. Bei Neigung zu nächtlichen Hypoglykämien müssen auch nächtliche Blutzuckerkontrollen (zwischen 2 und 4 Uhr)
durchgeführt werden. Alle 2 Wochen sollten auch Blutglukose-Tagesprofile durchgeführt werden [36].
Eingebaute Glukosesensoren beim Diabetes mellitus Typ-1 Patienten ermöglichen
eine sehr individualisierte angepasste Insulintherapie. Der Insulinbedarf beim Diabetes mellitus Typ-1 Patienten errechnet sich durch den absoluten Insulinmangel.
Die basale Insulinsekretion beim Gesunden im Fastenzustand ist ca. 1 Einheit pro
Stunde kontinuierlich und erhöht sich entsprechend der Nahrungszufuhr [36].
Physiologischerweise werden beim Gesunden 1,5 Einheiten pro 10 g Kohlenhydrate zusätzlich bei der Ernährungszufuhr freigesetzt. Der Bedarf von Insulin für
Protein- und Fettzufuhr ist sehr gering und daher für die Insulinberechnung bei der
Substitution zu vernachlässigen. Beim Diabetes mellitus Typ-1 Patienten beträgt
die Zufuhr des basalen Insulin ca. 40–50% und des prandialen Insulins ca. 5060% [36].
Diese Insulinsubstitutionen sind nur bei absolutem Insulinbedarf notwendig, hängen auch noch von der Insulinsensitivität der Einzelnen ab und müssen auch bei
der Einstellungsphase immer individuell angepasst werden. Beim Diabetes mellitus Typ-2 hängt der Insulinbedarf von der Art der Therapie ab. Je nachdem, ob
eine Therapie mit oralen Antidiabetika und mit Insulin, eine konventionelle Insulintherapie oder eine intensivierte Insulintherapie verabreicht wird, wird das substituierte Insulin berechnet. Prinzipiell hängt der Bedarf von der noch vorhandenen
Beta-Zellfunktion bzw. von der gegebenen Insulinsensitivität ab [36].
16
3.6.2 Insuline
Zur Zeit stehen zur Insulinsubstitution humanes Insulin und Insulin-Analoga zur
Verfügung. Die Insuline sind in Konzentration von 100 IE/mm standardisiert. Die
Verabreichung der Insuline wird subkutan durchgeführt. Die Möglichkeiten der
Verabreichung sind mittels Injektionsspritze, Pen oder Insulinpumpe gegeben. Insuline gibt es als kurz wirksame, lang wirksame und als Mischinsuline. Der gemeinsame Einsatz von kurz und lang wirksamen Insulinen besonders InsulinAnaloga reduziert deutlich die Hypoglykämien [36].
Als wichtige Nebenwirkungen der Insulingaben gelten Hypoglykämie und deutliche
Gewichtszunahme. In rezenten Studien (retrospektive Datenauswertung) mit uneinheitlichen Ergebnissen) zeigte sich ein potentiell erhöhtes Tumorrisiko (InsulinGlargin) [36].
3.6.3 Konventionelle Insulintherapie
Bei der konventionellen Insulintherapie ist sowohl die Insulindosis als auch die
Menge der Mahlzeiten exakt vorgegeben. Meist werden fixe Mischinsuline vorgegeben, die 2 Mal täglich verabreicht werden. Dabei beträgt die Insulintagesdosis
0,5 bis 1 IE/kg Körpergewicht täglich. Zwei Drittel der Tagesdosis werden morgens
verabreicht und ein Drittel am Abend. Mischinsuline aus kurz wirksamen InsulinAnaloga mit NPH Insulinen können 3 Mal verabreicht werden, mit dem Vorteil des
Wegfallens des Spritz-Ess-Abstands. Die konventionelle Insulintherapie ist vorwiegend eine Therapie für den Diabetes mellitus Typ-2 und weniger geeignet für
den Diabetes mellitus Typ-1 [36].
3.6.4 Intensivierte Insulintherapie
Bei der intensivierten Insulintherapie werden basales Insulin und notwendiges
prandiales Insulin getrennt verabreicht: Basis-Bolus-Prinzip [36].
Die Insulinzufuhr wird entsprechend der Nahrung und des aktuellen Blutzuckerwertes durch den Diabetiker gesteuert - funktionelle Insulintherapie [36].
Die intensivierte Insulintherapie als bedarfsgerechte Insulinsubstitution ist bei der
Behandlung des Diabetes mellitus Typ-1 Standard. Der 24 h Insulinbedarf liegt bei
17
einem Diabetes mellitus Typ-1 Patienten zwischen 0,3 bis 1 IE/kg Körpergewicht.
50% davon sind Basalinsulinsubstitution. Physiologischerweise ist der Insulinbedarf in den Morgenstunden (Dawn-Phänomen) aber auch am Abend (DuskPhänomen) höher. Er beträgt ca. 1,2-1,4 IE pro Stunde. Für die Insulingabe stehen einerseits NPH Insuline (Insuman basal, Insulatard) andererseits lang wirksame Insulin-Analoga (Glargin, Detemir) zur Verfügung. Normalinsulin (Humaninsulin) oder kurz wirksame Insulin-Analoga (Lispro, Aspart, Glulisin) stehen als
prandiales Insulin zur Verfügung. Die prandiale Insulindosierung beträgt von 1,01,5 IE/BE. Bei notwendigen Korrekturen im Tagesverlauf entspricht die Regel,
dass 1 IE kurz wirksames Insulin den Blutzucker um 40 mg/dl senkt. Entscheidend
ist immer, dass gerade beim Diabetes mellitus Typ-1 eine weitgehend
normoglykämische Einstellung erreicht wird. Korrekturen im Tagesverlauf sind bei
physischer Belastung wie Sportausübung, Infekte, Dehydratation etc. notwendig
[36].
3.6.5 Kontinuierliche subkutane Insulintherapie
Die modernen Insulinpumpen gestatten die Verabreichung unterschiedlicher Basalraten aber auch Bolusraten. Als Insuline kommen hier nur kurz wirksame Insuline bzw. Insulin-Analoga zur Verwendung. Besteht die Bereitschaft zu einer Insulinpumpentherapie, sind die Einstellung und die laufende Betreuung nur in spezialisierten Zentren möglich, die mit dieser Therapie ausreichend Erfahrung haben.
Der Vorteil dieser Therapie ist eine besonders gute Anpassung des Bedarfes an
basalem Insulin. Ideal ist sie für Patienten die einen stark schwankenden Insulinbedarf oder eine besonders gestörte Insulinwahrnehmung haben und zu DawnPhänomenen neigen [36].
3.6.6 Kombination von oralen Antidiabetika und Insulin
Für den Diabetiker Typ-1 kommt so eine Kombinationstherapie nicht in Frage, da
bei ihm ein absoluter Insulinmangel besteht. Die Kombination von oralen Antidiabetika und Insulin ist prinzipiell bei Diabetes mellitus Typ-2 Patienten möglich. Der
Beginn der Insulintherapie ist meist ein abendlich verabreichtes Basisinsulin. Dieses Basisinsulin ist entweder ein NPH Insulin oder ein Basisinsulin-Analogon. Die
Kombination mit oralen Antidiabetika hängt auch davon ab, ob im Besonderen der
18
Nüchtern-Blutzucker oder der postprandiale Blutzucker erhöht ist. Der Vorteil dieser Kombinationen liegt im deutlichen Einsparen von Insulin (bis zu 40%) gegenüber einer Therapie die nur mit Insulin durchgeführt wird. Dadurch ist auch eine
geringere Gewichtszunahme bedingt, die besonders in der Kombination mit einer
Metformin-Therapie zum Tragen kommt. Sollten postprandiale ausgeprägte
Hyperglykämien problematisch sein, können im Besonderen Insulinsensitizer wie
Metformin oder Glitazone gegeben werden bzw. zusätzlich kurz wirksame Insuline
oder Insulin-Analoga prandial [36].
3.7 Antidiabetische Therapie des Diabetes mellitus Typ-2
Das
therapeutische
Ziel
ist
die
Verhinderung
vaskulärer
und
akuter
hyperglykämischer Komplikationen. Wichtig ist es, die Patienten weitgehend
symptomfrei
zu
halten
sowie
vor
hyperglykämischen
aber
auch
vor
hypoglykämischen Komatas zu schützen. Die Hyperglykämie ist entscheidend für
die vaskulären Spätschäden, die sowohl makrovaskulär als auch mikrovaskulär
entwickelt werden [28].
Mikroangiopathische Schäden stehen deutlicher in Zusammenhang mit Hyperglykämie als makroangiopathische Schäden [28].
3.7.1 Allgemeine Therapieziele
Das Wichtigste ist die Vermeidung von Akut- und Spätkomplikationen sowie
Symptomfreiheit und eine gute Lebensqualität zu erhalten.
3.7.2 Zielwerte
HbA1c:
≤ 7%
BG nüchtern:
≤ 110mg/ dl
BG postprandial:
≤ 135 mg/dl (Messung kapillär)
19
Diese Zielwerte sollen nach der Diagnose des Diabetes mellitus rasch angestrebt
und auch erhalten werden wobei Unterzuckerungen (Hypoglykämien) vermieden
werden sollen [28].
Die oben angeführten Werte stellen Zielwerte für eine optimale Prävention dar.
Das HbA1c ist dabei der wichtigste Kontrollwert für den Stoffwechsel.
Nüchternblutzucker und postprandiale Zuckerwerte sind dabei Richtgrößen zweiter und dritter Ordnung [28].
3.7.3 Individuelle Therapieziele
Wenn auf Grund von hohem Alter und Multimorbidität eine optimale Gefäßprävention nicht mehr das vordergründige Therapieziel darstellt, werden, auf den Patienten abgestimmt, individuelle Zielwerte vereinbart, z. B. reine hyperglykämische
Komaprophylaxe mit fixen Insulingaben ohne den Anspruch auf die oben genannten optimalen Zielgrößen zu haben [28].
3.7.4 Orale Antidiabetika
Metformin: Dieses orale Antidiabetikum erhöht die Glucoseaufnahme in Fett und
Muskelgewebe, es erhöht ebenso die Insulinsensitivität über eine Hemmung der
hepatischen Glukoneogenese. Der Nüchternblutzucker kann dabei um maximal 40
mg/dl gesenkt werden und mittelfristig der HbA1c-Wert um maximal 1,5% [28].
Als reine Monotherapie beträgt die Tages-Maximaldosis 2000 mg. Diese Maximaldosis soll langsam erreicht werden, da Nebenwirkungen besonders im MagenDarm-Trakt auftreten können. Als absolute Kontraindikation gilt eine Nierenfunktionseinschränkung mit einer GFR < 60 ml/min. Des Weiteren sind eine schwere
Herzinsuffizienz im Stadium NYHA 3-4, schwere Lebererkrankungen im Dekompensationsstadium, neoplastische Erkrankungen, akute Pankreatitis, chronischer
Äthylismus Kontraindikationen für diese Therapie [28].
Wichtig ist auch, dass vor Röntgenkontrastmitteluntersuchungen Metformin pausiert werden soll, da es durch diese Untersuchung zu einer Nierenfunktionsverschlechterung kommen kann [28].
20
Glitazone: Die Glitazone erhöhen die Sensitivität für das Insulin. Dabei regulieren
sie die Expression von Genen, die die Insulinempfindlichkeit steuern. Die Insulinempfindlichkeit im Fettgewebe, der Leber aber auch im Skelettmuskel nimmt zu.
Die hormonelle und metabolische Aktivität des Fettgewebes nimmt ebenso zu
durch Ausbildung von Adipozyten. Im Einsatz stehen zur Zeit 2 Glitazone,
Pioglitazon und Rosiglitazon. Glitazone können als Monotherapie eingesetzt werden. Sie vermindern mittelfristig den HbA1c-Wert um 1,5%. Zu den unangenehmen Nebenwirkungen zählen die Gewichtszunahme und Ödemneigung durch
übermäßige Flüssigkeitsretention. Herzinsuffizienz der (NYHA 2b- 4) sowie auch
schwere Lebererkrankungen sind absolute Kontraindikationen. In letzter Zeit wurden bei Frauen schon bei geringen Traumatas vermehrt Knochenbrüche in der
Postmenopause beobachtet [28].
Alpha-Glukosidase Inhibitoren: Es gibt zwei Substanzen auf dem Markt, Acarbose
und Miglitol. Diese bewirken eine Verminderung der Kohlenhydratverdauung. Mit
dieser Therapie sind im Besonderen die Blutzuckerwerte postprandial zu vermindern und zwar im Ausmaß von bis zu 60 mg/dl. Mittelfristig wird auch der HbA1cWert um bis zu 1,5% gesenkt. Auf Grund der gehemmten Kohlenhydratverdauung
kommt es vermehrt zu Gärstühlen mit unangenehmen Nebenwirkungen wie Meteorismus bis zu kolikartigen Bauchschmerzen. Um diese Nebenwirkungen zu
vermeiden, muss die Therapie möglichst niedrig begonnen werden und eine
schrittweise individuelle Dosis-Anpassung durchgeführt werden [28].
Glinide: Repaglinide ist der einzige Vertreter. Es wirkt ähnlich wie Sulfonylharnstoffderivate zeigt aber im Besonderen eine kürzere prandiale Insulinsekretionswirkung. Daher sind sie flexibler einzusetzen, im Besonderen bezogen auf die
Nahrungszufuhr. Die Senkung des HbA1c-Wertes ist bis zu ca. 1% möglich. Das
Hypoglykämierisiko ist nicht so ausgeprägt wie bei Sulfonylharnstoffen [28].
Sulfonylharnstoffe: Die wichtigsten Vertreter sind Gliclazid, Glimepirid, Gliquidon,
Glibenclamid. Sie wirken über eine Stimulierung der pankreatischen Insulinsekretion. Eine HbA1c-Reduktion ist um bis zu 1,5% möglich. Die wichtigsten Nebenwirkungen
sind
besonders
bei
älteren
Patienten
das
deutlich
erhöhte
Hypoglykämierisiko und die Gewichtszunahme [28].
21
Gliptine: Die Gliptine (Dipeptidyl-Peptidase-IV-Inhibitoren) hemmen den Abbau der
GLP-1. Sie führen auch zu einer Blutzucker-abhängigen Steigerung der Insulinsekretion des Pankreas. Die Freisetzung von Glucagon wird ebenso gehemmt.
Die aktuellen Hauptvertreter sind Sitagliptin und Vildagliptin. Der Vorteil dieser
Substanzen ist, dass sie bei den Patienten keine Gewichtszunahme fördern und
dass es keine Hypoglykämieneigung gibt. Sie wirken aber nur wenn die Insulinzellen noch eine entsprechende Sekretionsfähigkeit besitzen. In der Monotherapie
wirken sie gering, deshalb werden sie in Kombination mit Metformin, Sulfonylharnstoffen und Glitazonen eingesetzt. An Nebenwirkungen können Infekte der
Nasopharynx aber auch der Harnwege auftreten [28].
GLP-1- Analoga: GLP-1 (Glucagon-like Peptide-1) analoge Substanzen führen zu
einer Steigerung der Insulinsekretion des Pankreas, die von der Höhe der Blutglukose abhängig ist. GLP-1 hemmt die Magenentleerung, erhöht daher den Sättigungseffekt und hemmt die Freisetzung des Glucagons. Die zur Zeit im Einsatz
befindlichen Substanzen sind Exenatid und Liraglutid. Der Nachteil ist die Notwendigkeit
der
subkutanen
Verabreichung,
Vorteil
ist
die
fehlende
Hypoglykämiegefahr bei trotzdem effektiver Blutzuckerreduktion. Nebenwirkungen
zeigen sich vorwiegend im Magen-Darm-Trakt mit Übelkeit bis Erbrechen [28].
Insuline: Die Indikation zur Insulintherapie bei Diabetes mellitus Typ-2 besteht
dann, wenn durch diätetische Maßnahmen sowie durch orale Antidiabetika das
Therapieziel nicht erreicht wird [28].
3.7.5 Evidenz
Mikro- und makrovaskuläre Komplikationen sind eindeutig von der Hyperglykämie
abhängig. Die UKPDS Studie konnte zeigen, dass eine intensivierte Therapie mit
Insulin oder Sulfonylharnstoffen einer konventionellen Therapie mit Diät und in
weiterer Folge auch Sulfonylharnstoffen und Insulin in Hinblick auf die Vermeidung
mikrovaskulärer Komplikationen zu überlegen ist. Es zeigte sich eine durchschnittliche Verminderung des HbA1c-Werts um 0,9%. Ebenso konnte in dieser Studie
nachgewiesen werden, dass weder Sulfonylharnstoffe noch Insulin sich negativ im
Sinne von kardiovaskulären Komplikationen auswirkten. In einer Subgruppenanalyse konnte gezeigt werden, dass sich Metforminmonotherapie bei adipösen Patienten günstig auf die kardiovaskuläre Mortalität (Myokardinfarkte), auf die Diabe22
tes-bezogene Mortalität, aber auch auf die Gesamtmortalität günstig auswirkte.
Auch weitere Follow-up Untersuchungen der UKPDS Patienten konnten zeigen,
dass intensivierte Therapien die Gesamtmortalität aber auch Komplikationen deutlich reduzieren konnten. Nicht nur die UKPDS sondern auch Folgestudien wie
ADVANCE, ACCORD und VADT konnten zeigen, dass ein Blutzuckermanagement nach den vorgegebenen Zielwerten durch intensivierte Therapiestrategie die
Diabetes-bezogene Mortalität reduzieren kann. Entscheidend ist, dass keine
schweren Hypoglykämien auftreten. Ebenso ist zu vermeiden, dass eine überdurchschnittliche Gewichtszunahme entsteht. Die Evidenz für die Glitazone in
Hinblick auf ihre Herz- Kreislaufprävention ist zur Zeit nicht konklusiv. Bioglitazon
konnte in der PROACTIVE Studie zeigen, dass in der Subgruppenanalyse von
Patienten mit abgelaufenem Myokardinfarkt und abgelaufenem Schlaganfall Vorteile in der Prävention von kardiovaskulären Ereignissen gegeben sind. Für
Rosiglitazon konnte dieser Vorteil nicht gezeigt werden. In der BARI2D Studie gab
es bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ-2 und koronarer Herzerkrankung keine
Unterschiede in Hinblick auf kardiovaskuläre Ereignisse, im Behandlungsarm einerseits mit Metformin/Glitazon andererseits mit Insulin/Sulfonylharnstofftherapien.
Arcabose führt möglicherweise zur Verminderung von kardiovaskulären Ereignissen. Diesbezüglich gibt es eine Metaanalyse. Die Substanzgruppen Glinide,
Glitazone, Gliptine, GLP-1 Analoga sowie auch Kombinationen mit und ohne Insulin zeigen zur Zeit noch keine Evidenz in Zusammenhang mit Hyperglykämie und
dem Auftreten kardiovaskulärer Komplikationen bzw. Verhinderung solcher Komplikationen [28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35].
3.8 Diabetes mellitus und Hypertonie
Arterielle Hypertonie tritt sehr häufig gemeinsam mit Diabetes mellitus auf. Diabetiker haben bis zu 3 Mal häufiger eine Hypertonie als andere Patienten. Bluthochdruckpatienten haben im Gegenzug ein über 2 fach höheres Risiko innerhalb von
4 - 6 Jahren einen Diabetes mellitus zu bekommen. Charakteristischerweise haben Diabetes-Patienten meist eine isolierte systolische Hypertonie und sind auch
meist „non dipper“. Das heißt, dass bei ihnen die zehn-prozentige Nachtabsenkung des Blutdrucks fehlt. Das gemeinsame Auftreten von Hypertonie und Diabe23
tes mellitus ist besonders für die Entwicklung mikrovaskulärer aber auch makrovaskulärer Komplikationen entscheidend. Diabetiker mit Hypertonie profitieren besonders von einer guten Blutdruckeinstellung (Syst-Eur-Studie, HOT-Studie) [37].
3.8.1 Zielwerte des Blutdrucks
Diabetes mellitus Patienten mit Hypertonie sollten ihren Zielblutdruck unter 130/80
mm Hg haben. Dieser Wert ist altersunabhängig. Bei denen, die bereits eine diabetische Nephropathie entwickelt haben, soll der Zielblutdruck unter 125/75 mm
Hg liegen. Je niedriger der Blutdruck ist, desto geringer ist das Risiko für mikround makrovaskuläre Komplikationen. Werden die Zielblutdruckwerte überschritten,
muss unverzüglich mit einer antihypertensiven Therapie begonnen werden. Sind
noch keine Komplikationen oder Komorbiditäten vorhanden, sind alle antihypertensiv wirksamen Medikamente einsetzbar. Zu beachten ist aber, dass Betablocker (außer Carvedilol und Nebivolol) und Diuretika die diabetische Stoffwechselsituation verschlechtern können, ACE-Hemmer und Angiotensin II-Rezeptorblocker (ARB) die Stoffwechsellage jedoch verbessern können. Hypertoniepatienten ohne Diabetes mellitus können durch eine Betablocker- oder auch durch
eine Diuretikatherapie in bis zu 25% einen Diabetes entwickeln. Des Weiteren
zeigte sich, dass unter Betablockertherapie (Atenolol in der UKPDS Studie) eine
ausgeprägte Gewichtszunahme auftrat. Koronare Herzerkrankung, aber auch
Herzinsuffizienz stellen eine absolute Indikation für eine Betablockertherapie dar.
ACE Hemmer und ARBs wirken sich günstig auf die diabetische Nephropathie
aus, da sie eine weitere Nierenfunktionsverschlechterung inklusive Mikroalbuminurie verzögern und sind daher bevorzugt einzusetzen. Die Zielblutdruckwerte sind
aber meistens nur in der Kombination von mindestens 2-3 blutdrucksenkenden
Medikamenten zu erreichen [37].
Die Guidelines der verschiedenen internationalen Gesellschaften wie ADA (American Diabetes Association), AHA (American Heart Association), ESC (European
Society of Cardiology) sowie EASD (European Association for the Study of Diabetes) empfehlen für die Blutdruckeinstellung beim Diabetiker immer einen ACEHemmer und/oder einen ARB. Ist die Blutdrucksenkung unzureichend, ist, unter
Berücksichtigung der Begleiterkrankungen, die Kombination mit allen anderen Hypertensiva (Diuretika, Kalziumantagonisten, Betablocker) möglich. Die Studien der
24
letzten Jahre haben eindeutig gezeigt, dass die Blutdruckziele nur mit Kombinationstherapien zu ermöglichen sind. Dadurch wird das Fortschreiten der vaskulären
Komplikationen verringert. Zu beachten ist auch, dass der Diabetes mellitus Typ-2
Patient eine stumme koronare Herzerkrankung entwickeln kann und daher auch
frühzeitig vertretbare Betablocker einzusetzen sind [37, 38, 39, 40].
3.9 Diabetes mellitus und Lipide
Der Diabetes mellitus Typ-2 ist meist begleitet von einer Hyperlipidämie bzw. Dyslipidämie. Patienten mit Diabetes mellitus und einer begleitenden Hyperlipidämie
haben ein bis zu 4 Mal höheres Risiko eine Herz-Kreislauferkrankung zu bekommen. Das koronare Risiko bzw. das Risiko ein akutes Koronarsyndrom zu entwickeln, ist bei einem Patienten mit Typ-2-Diabetes gleichzusetzen mit dem Risiko
eines Patienten, der bereits eine manifeste koronare Herzerkrankung (mit und ohne Herzinfarkt) hat [41].
Der Lipidstatus sollte im Rahmen einer Diagnostik komplett erhoben werden und
beinhaltet Gesamtcholesterin, HDL-Cholesterin, LDL-Cholesterin und Triglyzeride. Das LDL-Cholesterin kann mit der Friedewald Formel berechnet werden,
wenn die Triglyzeride nicht höher als 350 mg/dl sind [41].
Friedewald Formel:
LDL-Cholesterin = Gesamtcholesterin - HDL-Cholesterin - (Triglyzeridwert : 5)
Bei Diabetes mellitus mit Hyper- bzw. Dyslipidämie besteht eine Indikation zur Behandlung, wenn LDL Cholesterin > 100 mg/dl ist, HDL Cholesterin < 40 mg/dl und
die Triglyzeride > 200 mg/dl sind. Die Heart Protection Study konnte in ihren Ergebnissen zeigen, dass eine LDL-Cholesterin senkende Therapie auch sinnvoll ist
wenn der LDL-Cholesterin Ausgangswert < 100 mg/dl beträgt [41].
Folgende Therapieziele sollen unter einer lipidsenkenden Therapie angestrebt
werden.
LDL-Cholesterin:
< 70 mg/dl optimales Therapieziel
70-100 mg/dl ausreichendes Therapieziel
25
Nicht-HDL-Cholesterin:
< 100 mg/dl optimales Therapieziel
< 130 mg/dl ausreichendes Therapieziel
HDL-Cholesterin:
> 60 mg/dl optimales Therapieziel
> 40-50 mg/dl ausreichendes Therapieziel
Das Wichtigste ist die Senkung des LDL-Cholesterins. Das Anheben des HDL und
das Absenken der Triglyzeride stellen weitere wichtige Therapieziele dar [41].
Die Therapie zur Cholesterinsenkung wird nach vorausgegangener Lebensstilintervention mit einem Statin begonnen. Das primäre Statin zur Einleitung der Therapie ist Simvastatin 40 mg (oder Äquivalent), welches primär von der Sozialversicherung genehmigt wird. Werden mit diesem Medikament die oben genannten
Therapieziele nicht erreicht, so sind Erweiterungen auf stärker wirksame Statine
auch in Kombination mit Cholesterinresorptionshemmern wie Ezetimibe notwendig. Zur Senkung des LDL sind Kombinationen mit Niacin oder eventuell mit
Fibraten möglich. Sind im Besonderen Triglyzeride erhöht, mit erniedrigtem HDL
und LDL < 130 mg/dl kann eine primäre Lipidtherapie auch mit Niacin und einem
Fibrat eingeleitet werden, ohne ein Statin primär dazuzugeben. Die Kontrolle des
Lipidstatus nach einer eingeleiteten lipidsenkenden Therapie soll nach 3 Monaten
durchgeführt werden. Wenn notwendig, ist eine medikamentöse Therapieanpassung vorzunehmen. Bei stabiler Einstellung sind alle 6 Monate Kontrollen durchzuführen. Nebenwirkungen durch die Statintherapie sind, zwar äußerst selten, eine
symptomatische Myopathie mit der Komplikation einer Rhabdomyolyse, aber auch
Leberentzündungen mit mäßigen Transaminasenerhöhungen. Daher sind nach
einem Monat einer begonnenen Statintherapie die CK, ALT, AST, γ GT und AP zu
kontrollieren. Befinden sich diese Laborwerte im Normbereich, sind die weiteren
folgenden Laborkontrollen gemeinsam mit den Lipidkontrollen durchzuführen. Bei
schwerer Myopathie bzw. Transaminasenerhöhungen über das 3-fache ist die
Statintherapie abzusetzen und der Versuch mit einem anderen Statin nach einer
Pause von 2-3 Monaten erneut zu beginnen [41, 42, 43, 44].
Die Basis
und Evidenz zu den Statintherapien stammen aus Primär-
präventionsstudien wie WOSCOPS, HPS sowie Sekundärpräventionsstudien wie
4s, CARE, LIPID und HPS. Alle diese Studien hatten kardiovaskuläre Endpunkte
als primäre Endpunkte definiert. Ebenso konnte die CARDS Studie als Primärprä26
ventionsstudie bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ-2 den Vorteil einer Satintherapie (Atorvastatin) aufzeigen. Die Empfehlung für die lipidsenkenden Therapien ist im österreichischen Cholesterinkonsensus 2006 zusammengefasst in Anlehnung an das NECP III [41, 42, 43, 44].
3.10 Diabetes mellitus und Rauchen
Das Rauchen ist so sowohl ein Faktor für die Entstehung des Diabetes mellitus
Typ-2 als auch verantwortlich für die Erhöhung der Inzidenz der diabetischen
Spätkomplikationen. Die Insulinresistenz ist ein Hauptmerkmal des Diabetes mellitus Typ-2. Rauchen erhöht den Insulinspiegel, senkt die Glukosetoleranz und verschlechtert daher die glykämische Kontrolle. Schon seit Beginn der 90er Jahre
wurde durch Studien bekannt, dass die Insulinresistenz durch das Rauchen erhöht
wird. In einer japanischen Studie bei rauchenden Männern war die Entstehung
eines Diabetes mellitus um das 3,27-fache erhöht [45].
Prinzipiell kann festgehalten werden, dass je früher mit dem Rauchen begonnen
wird, je mehr geraucht wird und besonders wenn auch eine positive Familienanamnese in Hinblick auf Diabetes mellitus besteht, die Wahrscheinlichkeit sehr
hoch ist, an Diabetes mellitus zu erkranken. Auch bei Passivrauchen entwickelt
sich eine gestörte Glukosetoleranz. Die Entstehung eines Metabolischen Syndroms wird gefördert [45].
Man kann festhalten, dass Rauchen neben den vaskulären, pulmonalen und neoplastischen Nebenwirkungen auch für die Entstehung des Diabetes mellitus Typ-2
ein ganz entscheidender Faktor ist [45].
3.11 Diabetes mellitus – Mikro- und makrovaskuläre Spätkomplikationen
Wichtigstes Behandlungsziel des Diabetikers ist einerseits die Verhinderung diabetischer Akutkomplikationen und der hypo- und hyperglykämischen Symptome,
andererseits die Prävention und das Vermeiden von mikro- und markovaskulären
27
Spätkomplikationen. Die großen Interventionsstudien (UKPDS, DCCT-Studie)
zeigten im Besonderen den Vorteil einer guten weitgehend euglykämischen Blutzuckereinstellung in Hinblick auf die mikrovaskuläre Spätkomplikationsrate. Die
entscheidenden pathophysiologischen Mechanismen für die Spätkomplikationsentwicklung sind der oxidative Stress, die Sorbitolakkumulation bei erhöhter
Aldosereduktionsreaktion, funktionelle Störungen von Funktions- und Strukturproteinen durch die nicht-enzymatische-Glykierung sowie veränderte Wachstumsund Gewebsfaktoren. Zu den mikrovaskulären diabetischen Spätkomplikationen
gehören die diabetische Nephropathie, die diabetische Neuropathie sowie die diabetische Retinopathie [46].
Die diabetische Nephropathie ist europaweit die Hauptursache für die chronische
und die chronisch terminale Niereninsuffizienz. 30% der Neuzugänge an der Dialyse betreffen Diabetiker mit terminaler Niereninsuffizienz. Nach ca. 20 bis 25 Jahren Diabetes-Dauer benötigen ca. 30-40% sowohl der Typ-1 als auch der Typ-2
Diabetiker eine Nierenersatztherapie. Die Mikroalbuminurie mit Übergang in die
Makroalbuminurie ist der Prognosefaktor bzw. zeigt die Progression zur chronischen Niereninsuffizienz auf. Bei der Manifestation des Diabetes Typ-2 haben bereits 80–90% eine Mikroalbuminurie. Beim Diabetes mellitus Typ-1 haben ca. ein
Drittel der Diabetiker 5-10 Jahre nach Beginn eine Mikroalbuminurie. Intensive
glykämische Kontrollen mit HbA1c-Zielwerten von ≤ 6,5% konnten signifikante
Reduktionen mikrovaskulärer Ereignisse aufzeigen. Dieser vorteilhafte Effekt ist
vorwiegend auf die Verminderung der mikrovaskulär bedingten Nephropathie zurückzuführen [46].
Nicht nur die glykämische Kontrolle, sondern auch die normotensive Blutdruckeinstellung (Blutdruck < 125/75 mm Hg) gleichzeitig mit einer LDL-Cholesterinsenkung auf < 100 mg/dl sind gleichwertig wichtig zur Reduktion des mikrovaskulären
Komplikationsrisikos. Bei einer bestehenden manifesten Nephropathie soll die tägliche Proteinzufuhr nicht über 1 g/kg Körpergewicht betragen. Diese Therapien wie
glykämische Kontrolle, Lipid- und Blutdruckbehandlung gelten gleichbedeutend
auch zur Reduktion des Neuropathierisikos und des Retinopathierisikos [46].
Diabetiker neigen auch zu makrovaskulären Spätkomplikationen wie koronarer
Herzerkrankung mit Risiko für einen Myokardinfarkt, cerebrovaskulärer Erkrankung mit Risiko zur Apoplexie sowie zur peripheren arteriellen Verschlusserkran28
kung. Drei Viertel aller Diabetiker sterben an makrovaskulären Komplikationen wie
Herzinfarkt oder Schlaganfall. Frauen mit Diabetes mellitus haben ein 6-fach höheres Herzinfarktrisiko als nicht Diabetikerinnen. Männer mit Diabetes mellitus
haben ein 4-fach höheres Risiko für Myokardinfarkt und Apoplexie. Die Prognose
bei Diabetikern mit vaskulären Komplikationen ist deutlich ungünstiger als bei nicht
Diabetikern, weil sie meistens ausgeprägtere und komplexere Gefäßläsionen haben. Im Besonderen sind Patienten, welche das Hochrisiko Metabolisches Syndrom haben, prognostisch in einer noch ungünstigeren Lage. Hier ist im Besonderen die viszerale Adipositas als hoch aggressive metabolisch negative Belastung
vorhanden, die die Gefäßinflammation, Hyperkoagulabilität und Blutdruckerhöhung induziert. Das hoch atherogene Lipoproteinmuster wie Hypertriglyzeridämie,
vermindertes HDL und Vermehrung des LDL ist für die rasche Krankheitsprogression endscheidend. Die Blutdruckeinstellung, therapeutisches Lipidmanagement
und glykämische Kontrolle sind ebenso für das Verhindern makrovaskulärer Komplikationen maßgebend. Zur Zeit kann nicht exakt beurteilt werden, ob eine intensivierte Blutzuckerbehandlung oder eine konventionelle Blutzuckerbehandlung
Änderungen in der Prognose kardiovaskulärer Komplikationen oder in der Gesamtmortalität erbringen (VADT Studie, ACCORD Studie). Eindeutig konnte aber
gezeigt werden, dass eine intensivierte Diabetes Behandlung im Besonderen die
diabetische Nephropathie als mikrovaskuläre Komplikation deutlich verzögert. In
der Bewertung der Studien muss aber festgehalten werden, dass junge Diabetes
Patienten, die noch keine Spätkomplikationen sowohl im mikro- als auch im makrovaskulären Bereich haben, von einer intensivierten blutzuckersenkenden Therapie deutlich in Hinblick auf die Entstehung vaskulärer Spätkomplikationen profitieren. Die Prävention der vaskulären Spätkomplikationen sind entsprechende Kontrollmaßnahmen sowie auf mehreren Ebenen angreifende Interventionen [46].
29
4. Diabetes bezogene Erblindung
4.1 Inzidenz und Prävalenz der diabetischen Retinopathie
Weder in Österreich noch in Deutschland gibt es ein zentrales Register für Erblindung, sodass das Diabetes bedingte Erblindungsrisiko nicht eindeutig beurteilt
werden kann. Als Erblindung wird definiert, dass der Visus am besseren Auge
1:50 ist. Aus dieser Definition muss von einer doch beträchtlichen Anzahl von
stark sehbehinderten Patienten ausgegangen werden. Die Prävalenz der Erkrankung bzw. der Erblindung ist wahrscheinlich zunehmend. Auf Deutschland bezogen zeigte sich mit Stichtag 01.01.1985 eine Prävalenz von 10 Erblindeten pro
100.000 Einwohner [18]. 1997 ist für die Region Nordrhein eine Prävalenz von
14,4 Erblindeten pro 100.000 Einwohner festgestellt worden [19].
In Deutschland erblinden ca. 1700 Patienten pro Jahr an Diabetes mellitus. Besonderen Einfluss auf die Diabetes-bezogene Erblindung haben die Qualität der
Blutzuckereinstellung, die Blutdruckeinstellung sowie der Cholesterinspiegel [20].
In weiterer Folge kommt es zu Blutungen, Ödembildung und Proliferation der retinalen Gefäße. Anhand der Mikroaneurysmen, der Blutungen sowie der Venenveränderungen wie Perlschnurvenen und Venenschleifen kann die Prognose für die
Progredienz abgeleitet werden. Cotton-Wool Herde haben für die Prognose nur
eine geringe Bedeutung. Die diabetische Retinopathie muss streng in eine nichtprolifverative und eine proliferative Form differenziert werden. Die nicht-proliferative Form der Retinopathie beschränkt sich auf Gefäßveränderungen die nur
im Netzhautniveau sind. Bei der proliferativen diabetischen Retinopathie verlassen
die Gefäßveränderungen das Netzhautniveau mit Entwicklung von Vasoproliferationen in den Glaskörperraum. Dadurch kommt es zu schweren vitreoretinalen
Erkrankungen. Dabei kann es zu massiven Einblutungen in den Glaskörperraum
kommen, oft ausgelöst durch körperliche Belastung, aber auch Blutdruckkrisen
und schwere Hyperglykämie. Glaskörperblutungen sind aber nicht nur bei proliferativer Retinopathie als Komplikation möglich, sondern können auch bei nichtproliferativer Retinopathie auftreten wenn es zu einer Glaskörperabhebung mit
Retinadefekt oder Ausriss eines Gefäßes der Netzhaut kommt. IRMA (Intraretinale
30
mikrovaskuläre Abnormalitäten) entstehen nach Kapillarokklusionen und sind in
der ophthalmoskopischen Beurteilung als kapillare Ektasien sichtbar. Diese zeigen
sich als irreguläres Muster und entwickeln mäßige Gefäßproliferationen mit Leckagen. Proliferative Gefäßveränderungen zeigen sich auf der Papille und entlang
der großen Gefäße. Wenn Gefäßproliferationen nicht behandelt werden, kommt es
zur Ausbildung von vitreoretinalen und fibrovaskulären Membranen. Gefäßproliferationen können auch an der Iris, am Pupillarsaum und Kammerwinkel auftreten
und letztendlich auf Grund dieser Vaskularisationspathologie zu einem Glaukom
führen [47, 48].
4.2 Pathogenetische Faktoren, Pathophysiologie und Pathomorphologie der diabetischen Retinopathie
Die auf biochemischer und zellbiologischer Ebene ablaufenden Störungskaskaden
sind komplex und mannigfaltig. Daher kann die Mikroangiopathie nicht nur auf eine einzige Ursache zurückgeführt werden [21].
Ebenfalls gesichert anzusehen ist beim Diabetes mellitus Typ-2 der arterielle Hypertonus als ein kausaler Faktor. Für den Diabetes mellitus Typ-1 ist die Hypertonie wahrscheinlich ein ebenso entscheidender Faktor für die Entwicklung und das
Fortschreiten der Retinopathie [21]. Die systolische Blutdruckerhöhung ist für die
Retinopathieentstehung und die diastolische Blutdruckerhöhung für die Progression einer bestehenden Retinopathie als Risikofaktor mitverantwortlich. Ebenso ist
der erhöhte Blutdruck ein entscheidender Risikofaktor für die Entwicklung einer
Makulopathie [22]. Eine Hypothese besagt, dass differenzierte Glukoseaufnahme
in Insulin abhängigen Geweben und gesteigerte Glykolyse Sauerstoffradikale (gebildet in Mitochondrien) bilden, die für die Pathogenese der Mikroangiopathie mitentscheidend sind [23].
Die Kapillarschäden der diabetischen Retinopathie führen zu einer gesteigerten
Gefäßpermeabilität. Morphologisch zeigt sich primär als Zeichen der Retinaschädigung eine Verminderung der Perizyten. In weiterer Folge kommt es zu Kapillarveränderungen
mit
einerseits
Endothelzellverlust
anderseits
mit
Endothelzellproliferation. Kapillaren ohne Endothelzellen und ohne Perizyten wer31
den nicht mehr durchblutet. Es bilden sich dabei Kapillaraussackungen als Versuch einer Gefäßneubildung. Diese azellulären Kapillaren sind durch eine deutlich
verdickte Basalmembran gekennzeichnet [23].
Perizytenverlust ist daher als erste morphologische Pathologie der Retinopathie zu
sehen. In weiterer Folge sind die Endothelproliferation, azelluläre Kapillaren, Mikroaneurysmen sowie eine Basalmembranverdickung als pathomorphologische
Kaskade histologisch zu sehen [17].
4.2.1 Nicht-proliferative diabetische Retinopathie
Die nicht-proliferative diabetische Retinopathie (Abb. 1) wird in 3 Stadien eingeteilt. Leitbefund in der Fundoskopie.
ƒ
Mildes Stadium: Mikroaneurysmen
ƒ
Mäßiges Stadium: Mikroaneurysmen, einzelne intraretinale Blutungen,
Perlschnurvenen
ƒ
Schweres Stadium: >20 Mikroaneurysmen und Retinablutungen in 4 Quadranten oder perlschnurartige Venen in 2 Quadranten oder eine ausgeprägte
mikrovaskuläre Abnormalität [IRMA] in einem Quadranten [17].
Die Veränderungen bei der nicht-proliferativen Retinopathie sind nur auf die Netzhaut beschränkt und durch vaskuläre Veränderungen gekennzeichnet, einerseits
durch intraluminale Gefäßveränderungen andererseits durch Erythrozytenaggregation, Plättchenaggregation und Erhöhung plasmatischer Gerinnungsfaktoren
wie Fibrinogen. Durch endothelbezogene intramurale Faktoren kommt es zu pathologischen Veränderungen wie Perizytenverlust mit konsekutiven Bildungen von
Mikroaneurysmen. Diese Mikroaneurysmen sind die ersten und typischen Veränderungen der diabetischen nicht-proliferativen Retinopathie. Die Zahl der aneurysmatischen Veränderungen ist ein Prognosefaktor für das Fortschreiten der diabetischen Retinopathie. In der Retina auftretende Blutungen entstehen durch die
Brüchigkeit der pathologisch veränderten Blutgefäße. Ebenso entstehen Exsudate
durch diese Gefäßpathologien. Harte Exsudate sind Lipoproteinablagerungen in
der äußeren Schicht der Netzhaut. Sie können einzeln und disseminiert auftreten.
Weiche Exsudate, die Cotton-Wool-Herde, sind Mikroinfarkte kleinster Gefäße im
Bereich der Nervenfaserschicht und meist eine Folge der Hypertonie. Venenver32
änderungen, wie perlschnurartige Venen, entstehen durch den Verlust der Perizyten. IRMA sind dilatierte Kapillaren bzw. arterio-venöse Shunts an der Randzone des avaskulären Areals. Die harten und weichen Exsudate sind nur begleitende
Symptome, lassen aber keine Rückschlüsse auf die Progression der Erkrankung
zu. Die schwere diabetische nicht-proliferative Retinopathie kann in über 50% in
einem Jahr zu einer proliferativen diabetischen Retinopathie führen. Daher ist es
besonders wichtig, das schwere Stadium der nicht-proliferativen diabetischen Retinopathie engmaschig zu kontrollieren bzw. mit einer Laserkoagulation zu behandeln [47].
Abb. 1 Nicht-proliferative diabetische Retinopathie
33
4.2.2 Proliferative diabetische Retinopathie
Proliferatives Stadium:
ƒ
Gefäßneubildung an der Papille (Papillenproliferation) (NVD)
ƒ
Papillenferne Proliferation (NVE)
ƒ
Proliferation an der Iris (Rubeosis iridis)
ƒ
Präretinale Blutung
ƒ
Traktionsbedingte Netzhautablösung [17]
Die proliferative diabetische Retinopathie (Abb. 2), auch als proliferative diabetische Vitreoretinopathie bezeichnet, geht aus der nicht-proliferativen schweren
Form in dieses Krankheitsbild über. Das Entscheidende bei dieser Krankheitsform
ist, dass es zur Neubildung pathologischer Gefäße, die das Netzhautniveau verlassen und in den Glaskörperraum einsprossen, kommt. Bei der proliferativen diabetischen Retinopathie sprossen z. B. aus IRMAs Gefäße in den Glaskörper ein.
Die Glaskörperbeteiligung ist ein entscheidendes Kriterium, wenn man von der
proliferativen diabetischen Vitreoretinopathie spricht. Im ersten Schritt wachsen
die Gefäße in die hintere Glaskörpergrenzschicht. In weiterer Folge schrumpft der
Glaskörper, und es kommt zur Traktion im Bereich dieser hinteren Glaskörpergrenzschicht in der die Gefäße eingewachsen sind, mit der Folge, dass die Netzhaut abgehoben werden kann. Das Einwachsen der Gefäße ist noch keine Ursache für die Netzhautablösung sondern erst die Schrumpfung, die durch Glaskörperveränderungen hervorgerufen wird, wie dem Einstrom von Serumproteinen.
Dieser Einstrom in den Glaskörper wird einerseits durch die aufgetretene Störung
der Blut-Retina Schranke hervorgerufen, mit der Folge der Glaskörperverflüssigung und der damit verbundenen Schrumpfung. Dass das Glaskörperkollagen
schrumpft, ist vermutlich durch den Faktor XIII des plasmatischen Gerinnungssystems hervorgerufen. Die Glaskörperschrumpfung kann zum Einreißen von proliferierten Gefäßen führen mit der Folge von massiven Glaskörperblutungen. Die Prävention und Behandlung der diabetischen proliferativen Vitreoretinopathie zielen
daher auch auf die chirurgische bzw. enzymatische Induzierung einer Abhebung
der Glaskörpergrenzschicht. Bei der proliferativen diabetischen Retinopathie sind
die Gefäßneubildungen vorwiegend an der Papille und an den großen Gefäßen,
können sich aber auch an allen übrigen Gefäßen der Netzhaut ausbilden. In die34
sem Stadium liegt die Retina komplett an. Erst nach Kontraktion der hinteren
Glaskörpergrenzschicht mit den Verbindungen zu den proliferierten Gefäßen
kommt es zu den unterschiedlichsten Formen der Netzhautablösung. Die unbehandelte Form der proliferativen Vitreoretinopathie führt oft in die totale Netzhautablösung mit vollständiger Erblindung. Durch Stabilisierung und Stillstand der
Erkrankung können sich aber ausgedehnte Areale nicht vaskularisierter Netzhaut
bilden, die letztlich aber auch zur Atrophie des Sehnervs mit erheblicher Einschränkung des Visus führen können. Die proliferative diabetische Retinopathie ist
trotz der großen Fortschritte in Diagnostik, Prävention und Therapie noch immer
eine der häufigsten Erblindungsursachen [47].
Abb. 2 Proliferative diabetische Retinopathie – NVE und Ischämie
4.3 Diabetische Makulopathie
Die diabetische Makulopathie ist in der Diagnostik durch den Ophthalmologen nur
binokular, biomikroskopisch möglich, weil ein Makulaödem nur stereoskopisch
sichtbar ist. Sie wird aus therapeutischen Gründen zusätzlich von der diabetischen
Retinopathie abgegrenzt und ist durch eine hochgradig gesteigerte Gefäßdurchlässigkeit mit der Folge einer Ödembildung gekennzeichnet [17, 24].
Die Makula ist die Stelle des schärfsten Sehens. Sie befindet sich mehr oder minder in der Netzhautmitte. Die Makula ist mit zapfenartigen Photorezeptoren be35
setzt, deren Anzahl sich um die 2 Millionen bewegt. Der gelbe Fleck - die Makula
lutea - ist ein kapillarfreier Bereich, der von einem Kapillarnetz umgeben ist. In der
Mitte der Makula lutea befindet sich die Fovea centralis (Netzhautgrube). Bei der
diabetischen Makulopathie wird vorwiegend das perifoveoläre Kapillarnetz geschädigt mit gleichen Pathomechanismen wie bei der diabetischen Retinopathie.
Es kommt zu akuten Ischämien der Kapillaren (ischämische Makulopathie), sowie
zu Netzhautverdickungen (diabetisches Makulaödem) und im Weiteren zur Zerstörung der Netzhaut mit Lipideinlagerungen und Narbenbildungen (= destruktive Makulopathie). Die diabetische Makulopathie führt zu einer langsamen aber kontinuierlichen Zerstörung der Photorezeptoren mit zunehmendem Verlust des Sehvermögens. Eine Vollerblindung ist bei der diabetischen Makulopathie nicht gegeben,
da das periphere Gesichtsfeld nicht in Mitleidenschaft gezogen wird [47].
4.4 Stadieneinteilung der diabetischen Makulopathie
4.4.1 Fokales Makulaödem
Das fokale Makulaödem ist ein umschriebenes Netzhautödem, kombiniert mit
intraretinalen Blutungen und harten Exsudaten. Wenn das Ödem bzw. die Blutungen innerhalb des gesamten Papillendurchmessers auftreten, besteht eine akute
Visusbedrohung. Ohne adäquate Behandlung besteht eine schlechte Prognose.
Die fokale diabetische Makulopathie ist eine Folge von umschriebenen
perifoveolären Kapillarschädigungen. Dabei kommt es zu kleinen umschriebenen
Defekten mit punktförmigen Kapillarleckagen, die das Ödem der Makula verursachen. Als Folge des Ödems lagern sich in und unter der Netzhaut harte Exsudate
ab. Im Bereich des Ödems kommt es zu mikroaneurysmatischen Gefäßveränderungen und streifigen Blutungen. Ist die Fovea centralis mitbetroffen, spricht man
von einem klinisch signifikanten Makulaödem [17, 47].
4.4.2 Diffuses Makulaödem
Das diffuse Makulaödem ist charakterisiert durch ein Netzhautödem und harte
Exsudate am gesamten hinteren Augenpol mit massiver Leckage. Der Visus ist
massiv herabgesetzt. Die Netzhaut ist durch diese Form des Ödems ausgedehnt
36
verdickt. Wie bei allen diabetischen Veränderungen des Augenhintergrunds sind
beim diffusen diabetischen Makulaödem Mikroaneurysmen, intraretinale Blutungen sowie harte Exsudate sichtbar. In diesem fortgeschrittenen schweren Stadium
ist eine Orientierung nur mehr durch das periphere Gesichtsfeld möglich und auch
nur in einer Umgebung, die dem Betroffenen bekannt ist [17, 47].
4.4.3 Ischämische Makulopathie
Bei der ischämischen Makulopathie beobachtet man einen ausgedehnten
Perfusionsausfall des Kapillarnetzes um die Fovea und im Bereich der Makula mit
schlechter Visusprognose (nur fluoreszenzangiographisch feststellbar). Hier
kommt es zu einem ausgedehnten ischämischen Verschluss des perifoveolaren
Kapillarnetzes. Die Folge ist der Untergang der Photorezeptoren mit einem Sehverlust auf 0,1 und weniger. Die ischämische diabetische Makulopathie ist
ophthalmoskopisch schwer oder nicht zu beurteilen, da meistens keine Ödeme
sichtbar sind. Aus diesen Gründen ist die Diagnose nur mit einem Fluoreszenzangiogramm zu diagnostizieren [17, 47].
4.5 Diagnostik
und
Kontrolle
der
diabetischen
Retino-
und
Makulopathie
Ein an Diabetes mellitus erkrankter Patient soll 1 x jährlich von einem Augenarzt
untersucht werden. Die Untersuchung umfasst die Beurteilung der Sehschärfe
(optimale Korrekturanstrebung), Kontrolle des Augendrucks, sowie eine binokulare
biomikroskopische Spaltlampenuntersuchung. Hierbei werden der vordere Augenabschnitt mit der Iris sowie der Augenhintergrund beurteilt. Ist eine diabetische
Retinopathie bekannt, sollen vor der Pupillenerweiterung Iris und Kammerwinkel
untersucht werden, um eine Rubeosis iridis beurteilen zu können. Idealerweise
wäre eine Fotodokumentation mit einer digitalen Farbfundusfotografie durchzuführen. Binokulare biomikroskopische Spaltlampenuntersuchung und digitale Farbfundus-fotografie stellen die optimale Diagnostik dar. Wenn in der Spaltlampenbiomikroskopie einerseits harte Exsudate und Netzhautverdickungen zu sehen
sind, andererseits Gefäßproliferationen nicht ausgeschlossen werden können, ist
37
eine Fluoreszenzangiographie indiziert. Die Fluoreszenzangiographie muss die
hinteren Pole der Makula beider Augen umfassen. Ebenso muss die mittlere
Fundusperipherie mit eingeschlossen werden, um die Kapillaren bzw. die Kapillarausfälle exakt beurteilen zu können. In der Fluoreszenzangiographie ist in der
Frühphase der Angiographie auf die mögliche Vergrößerung der foveoläravaskulären Zone zu achten sowie auf parafoveolär gelegene ischämische Areale.
In der Spätphase des Angiogramms sind Ort und Ausmaß der Leckagen für die
Beurteilung wichtig. Eine optische Kohärenztomographie (OCT) bietet eine detaillierte Netzhautschichtaufnahme. Dabei können Flüssigkeitsansammlungen im
intra- und subretinalen Bereich inklusive des Makulabereichs beurteilt werden.
Ebenso
können
damit
epiretinale
Membranen
und
Glaskörpergrenzschichttraktionen dargestellt werden [48].
Die genauen Untersuchungen und die Untersuchungsintervalle hängen vom Stadium der diabetischen Retino- und Makulopathie ab [48].
ƒ
Milde nicht-proliferative Retinopathie: Befund besteht aus Mikroaneurysmen. Kontrollintervall alle 12 Monate [48].
ƒ
Mäßige nicht-proliferative Retinopathie: Der Befund zeigt Mikroaneurysmen
und andere Veränderungen. Kontrollintervall alle 6 Monate [48].
ƒ
Schwere nicht-proliferative Retinopathie: Befund: Mehr als 20 Blutungen in
allen 4 Quadranten oder Perlschnurvenen in 2 Quadranten oder ausgeprägte IRMA in einem Quadranten. Kontrollintervall alle 3 Monate [48].
ƒ
Proliferative Retinopathie: Befund: Vasoproliferationen mit präretinalen Blutungen und/oder Glaskörperblutungen. Kontrollintervall alle 3 Monate.
ƒ
Mildes diabetisches Makulaödem (Abb. 3): Befund: Verdickte Netzhaut
und/oder harte Exsudate außerhalb der Makula. Kontrollintervall alle 3 Monate [48].
ƒ
Mäßiges diabetisches Makuklaödem: Befund: Verdickte Netzhaut sowie
harte Exsudate bis zum Zentrum der Makula. Die Kontrolle erfolgt alle 3
Monate mit fokaler oder gitterförmiger Laserkoagulation [48].
ƒ
Schweres diabetisches Makulaödem (Abb. 4): Befund: Verdickte Netzhaut
und harte Exsudate im Zentrum der Makula. Kontrollintervall alle 3 Monate
38
nach Therapie mit fokaler und/oder gitterförmiger Laserkoagulation sowie
Vitrektomie bei Glaskörpertraktion [48].
Abb. 3 Fluoreszenzangiographie: Makulaödem - Frühphase
Abb. 4 Floureszenzangiographie: Makulaödem - Spätphase
39
4.6 Therapie der diabetischen Retino- und Makulopathie
Mit einer Reihe von Behandlungsmodalitäten sollen diabetische Spätkomplikationen vermieden werden bzw. die Entwicklung und das Fortschreiten der Erkrankung verzögert werden. Das wichtigste Behandlungsziel bei diabetischen Augenerkrankungen ist die Verhinderung von Sehverlust und Erblindung. Die Basis der
Therapie der diabetischen Augenerkrankungen ist die gute Stoffwechselführung.
Der für den Zuckerstoffwechsel wichtigste Parameter ist der HbA1c-Wert. Er sollte
< 7% sein. Dabei ist die intensive glykämische Kontrolle die einzig bewiesene
Maßnahme, um das Risiko des Sehverlusts zu reduzieren. Desweiteren ist es entscheidend, den Blutdruck normotensiv einzustellen. Die Blutdruckwerte sollen
≤ 135/95 mm Hg betragen. Im Lipidmanagement soll der Lipidstoffwechsel so eingestellt werden, dass das Gesamtcholesterin < 170 mg/dl, das LDL-Cholesterin
< 100 mg/dl und das HDL-Cholesterin > 55 mg/dl betragen sollte. Die Triglyzeride
sollten auf < 150 mg/dl herabgesetzt werden. Diabetesgerechte Ernährung, Normalgewicht und ausreichende Bewegung gehören zu den Basismaßnahmen [48].
Zur speziellen ophthalmologischen Therapie gehört die Laserkoagulation. Diese
Behandlungsmethode vermindert das Fortschreiten des Visusverlusts, macht aber
keine Visusverbesserung. Deshalb sollten Laserkoagulationen schon bei gutem
Visus durchgeführt werden. Die gitterförmige oder fokale Laserkoagulation wird
bei mäßigem bis schwerem Makulaödem durchgeführt. Bei der gitterförmigen Laserkoagulation wird das gesamte Ödemgebiet gelasert unter Ausschluss der
Foveola. Einzelne Mikroaneurysmen werden durch fokale Laserkoagulation behandelt. Beide Methoden können auch gemeinsam eingesetzt werden. Bei Fortschreiten des Makulaödems werden weitere Koagulationen durchgeführt. Bei der
rein ischämischen Makulopathie wird keine Laserkoagulation durchgeführt. Panretinale Laserkoagulationen (Abb. 5) sind bei proliferativer Retinopathie und/oder
Rubeosis iridis indiziert. Die panretinale Laserkoagulation sollte in mehreren Sitzungen erfolgen, da es durch den intensiven Einsatz zum Auftreten von
Makulaödemen kommen kann. Eine fokale oder gitterförmige Laserkoagulation
sollte vorher durchgeführt worden sein. Bei der panretinalen Laserkoagulation wird
die Netzhaut mit bis zu 3000 Koagulaten bedeckt, wobei die Durchmesser der
40
Koagulationsfläche etwa 500 µ betragen sollten. Das Ziel ist es, die Sauerstoffnachfrage mit dem Sauerstoffangebot in Einklang zu bringen. Es soll damit der
Reiz zur Proliferation reduziert werden. Bei dieser Koagulationstechnik wird die
mittlere Netzhautperipherie zirkulär behandelt [48]. Bei der Laserkoagulationstherapie wird primär die Hornhaut anästhesiert. Ein Kontaktglas wird aufgesetzt und
das mit dem Laser zu behandelnde Gebiet wird mit einem Zielstrahl, der energiearm ist, aufgesucht. Anschließend wird der energiereiche Laserpuls ausgelöst,
welcher 50-300 Millisekunden lang ist. Der Laserstrahl wird durch Melanin im Pigmentepithel der Retina und der Chorioidea absorbiert. Der absorbierte Laserstrahl
führt zur lokalen Erhitzung, mit der Folge, dass die dort befindlichen Zellen thermisch zerstört werden. Dabei sieht man anfangs weiße Herdbildungen und als
Narbenbild dunkle Pigmentierungen. Diese Methode führt zur Netzhautzerstörung.
Die Laserkoagulation kann das Erblindungsrisiko um 50% senken. Der günstigste
Zeitpunkt der Therapie ist vor dem Visusverlust. Nebenwirkungen können im Sinne von Einschränkungen des Gesichtsfeldes, Störungen des Nachtsehens und
des Dämmerungs-sehens auftreten. Es kann gelegentlich auch zum Abfall der
zentralen Sehschärfe kommen [49].
41
Abb. 5 Panretinale Laserkoagulation
Abb. 5 Panretinale Laserkoagulation
Eine Vitrektomie (Glaskörperentfernung) kann bei anhaltenden Glaskörperblutungen, fortschreitender Traktionsamotio, die peripher auftritt oder die Makula auch
mit einbezieht, durchgeführt werden. Ebenso kann die Vitrektomie bei fortschreitender vitreo-retinaler Gefäßproliferation indiziert sein. Laserkoagulationen sollten
nach Möglichkeit vor einer Vitrektomie durchgeführt werden [48]. Die Vitrektomie
gehört zu den Augenoperationen, bei denen Glaskörperanteile im chirurgischen
Verfahren entfernt werden [49].
Die spezielle Operationsform der Pars-plana-Vitrektomie (Abb. 6, 7) ist eine Methode, die in einem geschlossenen System durchgeführt wird. Es wird dabei zwischen dem äußeren Rand der Netzhaut und dem Ziliarkörper im Bereich der Pars
plana eingegangen. Die dort eingeführten Operationsinstrumente können hier keine großen Gefäße verletzten. Es wird eine Lichtquelle eingeführt, und über einen
42
zweiten Zugang wird eine Infusion zugeführt. Die Operationsinstrumente, im Speziellen das Vitrektom, werden über einen dritten Zugang eingeführt [49].
Abb. 6 Pars-plana-Vitrektomie
Abb. 7 Pars-plana-Vitrektomie - Endolaser
43
Die Infusion ist notwendig, um den Augendruck aufrecht zu erhalten, und mit den
Operationsinstrumenten kann der Glaskörper und zusätzlich erkranktes Gewebe
entfernt werden. Bei Notwendigkeit muss der Glaskörperraum mit Gas oder
Silikonöl gefüllt werden, um die Netzhaut wieder anzulegen, die dann entweder mit
Kälte oder Laserkoagulation an die Chorioidea angeheftet wird. Komplikationen
sind die beschleunigte Ausbildung einer Katarakt nach 1 bis 2 Jahren, aber auch
Netzhautablösungen sind möglich. Bei der fortgeschrittenen Makulo- und Retinopathie ist meist keine komplette Herstellung der Sehkraft mehr möglich [49].
Eine Kataraktoperation ist bei Linsentrübung indiziert, wobei Blutzucker- und Blutdruckeinstellung vor der Operation optimiert sein sollten [48].
Diabetes bedingte Optikusneuropathien sowie Paresen und Plegien der inneren
und äußeren Augenmuskeln können nur durch eine optimierte Blutzucker- und
Blutdruckeinstellung behandelt werden [48].
Treten im Rahmen einer schweren diabetischen Augenerkrankung Komplikationen
wie Glaskörperblutungen, Netzhautablösungen, Glaskörpertraktionen und Rubeosis iridis auf, ist die Behandlung in spezialisierten Zentren erforderlich. Diese
Zentren müssen auf Laser- und Kryokoagulationstechniken, auf Vitrektomie und
Kataraktoperationen sowie auch auf zyklodestruktive Verfahren (Ziliarkörperverödung) spezialisiert sein [48].
Noch im experimentellen Stadium befinden sich spezielle medikamentöse Behandlungsmethoden gegen die diabetische Retinopathie. Systemisch wird dabei
Triamcinolon angewendet, aber auch Antikörper wie Bevacizumab, Ranibizumab
und Pegaptanib werden intravitreal appliziert. Die VEGF Blocker (Bevacizumab
und Ranibizumab) wirken nicht stärker als Triamcinolon. Die Sicherheit und Effizienz dieser Therapien muss aber erst in kontrollierten und randomisierten Multicenterstudien nachgewiesen und gesichert werden [48].
44
5. Conclusio
Die diabetische Makulo- und Retinopathie gehören zu den schweren mikrovaskulären Komplikationen. Optimale Blutzucker- und Blutdruckeinstellung können die
Erkrankung verzögern. Regelmäßige ophthalmologische Untersuchungen sind
entscheidend, um Sehverlust und Erblindung zu verhindern und um rechtzeitig
eine ausreichende ophthalmologische Therapie einzuleiten. Rechtzeitige Lasertherapien können den Visusverlust um bis zu 50% verhindern. Trotzdem kann es
zu einem weiteren progredienten Visusverlust kommen, wo in weiterer Folge
ophthalmologisch-chirurgische Methoden wie Vitrektomie oder Kataraktoperationen notwendig sind. Bei einer so fortgeschrittenen Retinopathie mit progredientem
Visusverlust ist auch eine komplette Wiederherstellung der Sehkraft so gut wie
unmöglich. Neue medikamentöse Methoden, wie VEGF Blocker, die intravitreal
verabreicht werden, kommen in Multicenterstudien zum Einsatz. Ob diese medikamentösen Methoden besser sind als die Laserkoagulationstherapien ist noch
nicht nachgewiesen. Andererseits ist aber bekannt, dass beschleunigte Komplikationen wie Kataraktentstehung gehäuft auftreten. Sehverlust und Erblindung können nur durch frühzeitige Blutzucker- und Blutdruckeinstellung und dem rechtzeitigen Beginn einer ophthalmologischen Therapie verhindert werden.
45
6. Glossar und Abkürzungen
ACCORD: Action to Control Cardiovascular Risk in Diabetes
ACE: Angiotensin-Converting-Enzyme
ADA: American Diabetes Association
ADVANCE: Action in Diabetes and Vascular Disease
AHA: American Heart Association
ARB: Angiotensin-Rezeptorblocker
EASD: European Association for the Study of Diabetes
ESC: European Society of Cardiology
IRMA: Intraretinale mikrovaskuläre Abnormität
LADA: Latent Autoimmune Diabetes in Adults
MODY: Maturity Onset Diabetes of the Young
NVD: Neovascularisation at the Disc
NVE: Neovascularisation Elsewhere
OGTT: Oraler Glukosetoleranztest
PROACTIVE: Prospective Pioglitazone Clinical Trial
UKPDS: United Kingdom Prospective Diabetes Study
VADT: Veterans Affairs Diabetes Trial
VEGF: Vascular Endothelial Growth Factor
46
7. Abbildungsverzeichnis
Titelbild: Nicht-proliferative diabetische Retinopathie
[URL:http://www.uak.medizin.uni-tuebingen.de/lehre/DiabReti/DiabReti.pdf, 23.09.2010]
Abb. 1: Nicht-proliferative diabetische Retinopathie
[URL:http://www.uak.medizin.uni-tuebingen.de/lehre/DiabReti/DiabReti.pdf, 23.09.2010]
Abb. 2: Proliferative diabetische Retinopathie – NVE und Ischämie
[URL:http://www.ukaachen.de/go/show?ID=4679395&DV=0&COMP=download&NAVID=4
679438&NAVDV=0, 23.09.2010]
Abb. 3: Fluoreszenzangiographie: Makulaödem - Frühphase
[URL:http://www.uak.medizin.uni-tuebingen.de/lehre/DiabReti/DiabReti.pdf, 23.09.2010]
Abb. 4: Fluoreszenzangiographie: Makulaödem - Spätphase
[URL:http://www.uak.medizin.uni-tuebingen.de/lehre/DiabReti/DiabReti.pdf, 23.09.2010]
Abb. 5: Panretinale Laserkoagulation
[URL:http://www.uak.medizin.uni-tuebingen.de/lehre/DiabReti/DiabReti.pdf, 23.09.2010]
Abb. 6: Pars-plana-Vitrektomie
[URL:http://www.uak.medizin.uni-tuebingen.de/lehre/DiabReti/DiabReti.pdf, 23.09.2010]
Abb. 7 Pars-plana-Vitrektomie – Endolaser
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