Universitätskliniken Die Arbeitgeber werden langsam nervös

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P O L I T I K
Universitätskliniken
Die Arbeitgeber werden
langsam nervös
Der Verhandlungsführer der Länder, Hartmut Möllring,
geht ein Stück auf die Ärzte zu.
E
man sich bewegen und den Ärzten ein
gesichertes Einkommen geben.“ Möllrings Rechnung würde im besten Fall eine Nullrunde bedeuten, betonte hingegen Dr. med. Frank Ulrich Montgomery,
Bundesvorsitzender des Marburger Bundes (MB), gegenüber dem Deutschen
Ärzteblatt: „Wenn die ,restlichen acht
Stunden‘ wie heute schon üblich als
Überstunden vergütet würden, läuft der
Vorschlag auf eine Nullrunde hinaus.“
Ansonsten seien bei diesem Modell sogar Einkommensverluste für die Ärzte
möglich – „nämlich dann, wenn es zu einer Umwandlung besser bezahlter Überstunden in schlechter bezahlte Regelarbeitszeit komme“. Montgomery: „Herr
Möllring gesteht also indirekt ein, dass
die meisten Überstunden bislang eben
nicht vergütet werden.“ Der MB sei
durchaus zu einer Verlängerung der regulären Wochenarbeitszeit bereit, „aber
nur, wenn die Bezahlung stimmt“. Sich
auf eine solche zu einigen, soll das Ziel ei-
Foto: LICHTBLICK
ine baldige Einigung im Tarifstreit
mit den Uniklinikärzten erwartet
Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring: „Ich glaube, wir sind auf
einem guten Weg. Wenn beide Seiten
sich noch ein bisschen bewegen, können
wir bald zum Abschluss kommen“, sagte
der Vorsitzende der Tarifgemeinschaft
deutscher Länder (TdL) der Zeitung
„Neue Presse“ (Ausgabe 25. März). Es
bestehe die Chance, dass der Streik in
zwei bis drei Wochen der Vergangenheit
angehöre, betonte der CDU-Politiker
und fügte an: „Die Chance ist da, aber
man darf sich nicht unter Druck setzen,
auch nicht unter Zeitdruck. Wer unter
Druck verhandelt, verhandelt schlecht.“
Möllring rechnete vor: „Wenn wir eine
48-Stunden-Woche vereinbaren würden,
bei der 40 Stunden reguläre Arbeitszeit
sind, die restlichen acht Stunden aber
auch bezahlt werden, bedeutet das einen
20-Prozent-Zuschlag auf das Einkommen. Irgendwo in dieser Gegend könnte
nes weiteren Sondierungsgesprächs zwischen Vertretern des MB und der TdL
am 29. März sein (nach Redaktionsschluss dieses Heftes).
Der MB wertet die Möllring-Aussage,
wonach eine Tarifeinigung in Sicht ist, als
Anzeichen dafür, dass der Druck auf den
Verhandlungsführer steigt. Denn jeder
Streiktag der Ärzte kostet ein Universitätsklinikum bis zu 500 000 Euro. Dementsprechend groß ist das Interesse der
Klinikleitungen, dass die TdL endlich einen Tarifvertrag zustande bringt.
Derweil geht der Arbeitskampf Tausender Uniklinikärzte konsequent weiter. Von den nach MB-Angaben bundesweit rund 9 000 streikenden Ärzten
kamen am 22. März bis zu 6 000 zu einer
Demonstration nach Hannover. „Das
ist heute noch nicht das Ende“, sagte
Montgomery bei der zentralen Kundgebung auf dem Opernplatz. Sollte die
TdL nicht endlich ein vernünftiges Angebot vorlegen, werde es an den Universitätskliniken einen „Sturm“ geben.
Montgomery bekräftigte die Forderungen der Ärzte nach einem „arztspezifischen Tarifvertrag“ und verbesserten
Arbeitszeitregelungen. „Mit 80-Stunden-Wochen muss Schluss sein“, sagte
der MB-Bundesvorsitzende. Um ihren
Forderungen Nachdruck zu verleihen,
zogen die Demonstranten zum Amtssitz des niedersächsischen Finanzministers und TdL-Vorsitzenden Möllring.
Die Unterstützung der Patienten, gerade für die jungen Ärzte, ist weiterhin
groß: „Es herrscht die Meinung vor, dass diese besser
bezahlt werden sollen, nicht
nur Kurzzeitverträge bekommen und insgesamt bessere berufliche Entwicklungschancen erhalten müssten“, sagte Karin Stötzer,
Patientenbeauftragte des
Landes Berlin, der Zeitung
„Der Tagesspiegel“ (Ausgabe 24. März). Meldungen,
dass Patienten wegen des
Streiks schlechter versorgt
würden, lägen ihr nicht vor.
Sehr wohl gebe es aber Beschwerden von Patienten,
die sich schlechter behandelt
fühlten, weil Ärztinnen und
Ärzte offenbar übermüdet
Jens Flintrop
wirkten.
A 824
⏐ Jg. 103⏐
⏐ Heft 13⏐
⏐ 31. März 2006
Deutsches Ärzteblatt⏐
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