Algebra 2 Schriftliche Unterlagen zur Vorlesung im Sommersemester 2013 Franz Pauer Institut für Mathematik Universität Innsbruck KAPITEL 1 Moduln über Z und K[x] In diesem Kapitel werden u.a. die folgenden Fragen beantwortet: Wie beschreibt man die Menge der ganzzahligen Lösungen eines Systems linearer Gleichungen mit ganzzahligen Koeffizienten? Wie kann man entscheiden, ob zwei Matrizen ähnlich sind? Mit R wird immer ein kommutativer Ring und mit K immer ein Körper bezeichnet. §1. Zur Beschreibung von endlich erzeugten Moduln Definition 1 : • Rm×n := Menge der m × n-Matrizen mit Koeffizienten in R. • GL(n, R) := Menge der Matrizen in Rn×n , die invertierbar sind. ∑ • Für A ∈ Rn×n sei det(A) := σ∈Sn sign(σ)A1σ(1) · · · Anσ(n) (Determinante von A). • Zwei Matrizen A, B ∈ Rm×n sind genau dann äquivalent, wenn es Matrizen P ∈ GL(m, R), Q ∈ GL(n, R) gibt so, dass B =P ◦A◦Q . • Zwei Matrizen A, B ∈ Rn×n sind genau dann ähnlich, wenn es eine Matrix P ∈ GL(n, R) gibt so, dass B = P −1 ◦ A ◦ P . Satz 1 : Je zwei Basen eines endlich erzeugten freien Moduls über einem kommutativen Ring haben gleich viele Elemente. Die Anzahl der Elemente einer Basis heißt Dimension des Moduls. Definition 2 : Ein R-Modul M ist durch Erzeugende und Relationen gegeben, wenn eine surjektive R-lineare Abbildung f : Rn −→ M und ein Erzeugendensystem des Kerns von f gegeben sind. Die Elemente f (e1 ), . . . , f (en ) sind dann die Erzeugenden, die Elemente des Erzeugendensystems von Kern(f ) die Relationen. Beispiel 1 : Die Spalten einer Matrix A ∈ Rm×n sind die Erzeugenden ihres Spaltenraums (≤R Rm ), die Relationen dieses R−Moduls sind ein 1 §3. ENDLICH ERZEUGTE MODULN ÜBER Z ODER K[x] 2 Erzeugendensystem des Lösungsraums (≤R Rn ) des durch A definierten homogenen Systems linearer Gleichungen. §2. Matrizen mit Koeffizienten in Z oder K[x] Satz 2 : Jede ganzzahlige m×n-Matrix A ist zu genau einer Diagonalmatrix Diag(c1 , . . . , ck , 0, . . . , 0) mit c1 |c2 | . . . |ck und c1 > 0, . . . , ck > 0 äquivalent. Jede m × n-Matrix A mit Koeffizienten in K[x] ist zu genau einer Diagonalmatrix Diag(c1 , . . . , ck , 0, . . . , 0) mit c1 |c2 | . . . |ck und lk(c1 ) = . . . = lk(ck ) = 1 äquivalent. Die Elemente c1 , . . . , ck heißen Elementarteiler von A. Sie können (natürlich unter Verwendung der Division mit Rest!) in endlich vielen Schritten berechnet werden und sind durch A eindeutig bestimmt. Insbesondere sind zwei m × n- Matrizen mit Koeffizienten in Z oder K[x] genau dann äquivalent, wenn ihre Elementarteiler gleich sind. §3. Endlich erzeugte Moduln über Z oder K[x] Satz 3 : Es seien R ein noetherscher Ring und M ein endlich erzeugter R-Modul. Dann ist M ein noetherscher R-Modul, das heißt: Jeder Untermodul von M ist endlich erzeugt. Satz 4 : Es sei R = Z oder R = K[x]. Für jeden Untermodul U eines endlich erzeugten freien R-Moduls V gibt es eine Basis (v1 , . . . , vn ) von V und Elemente c1 , . . . , ck ∈ R so, dass c1 |c2 | . . . |ck und c1 v1 , . . . , ck vk eine R-Basis von U ist. Insbesondere ist jeder Untermodul eines endlich erzeugten freien R-Moduls frei. Satz 5 : Es seien R = Z oder R = K[x] und M ein endlich erzeugter R-Modul. Dann gibt es natürliche Zahlen k, ℓ und Elemente c1 , . . . , ck ∈ R mit c1 |c2 | . . . |ck so, dass M zu R/Rc1 × R/Rc2 × . . . × R/Rck × Rℓ isomorph ist. Satz 6 : (Klassifikation der endlich erzeugten abel’schen Gruppen) Jede endlich erzeugte abel’sche Gruppe ( Z -Modul) ist isomorph zu Z c1 × Z c2 × . . . × Z ck × Z ℓ , wobei k, ℓ ∈ N , c1 , . . . , ck ∈ N >0 und c1 |c2 | . . . |ck . Die Zahlen k, ℓ, c1 , . . . , ck sind eindeutig bestimmt. §4. ÄHNLICHKEITSINVARIANTEN 3 §4. Ähnlichkeitsinvarianten Satz 7 : Es seien V ein K-Vektorraum und f eine K-lineare Abbildung von V nach V . Dann ist V mit K[x] × V −→ V , (g, v) 7−→ g ◦ v := g(f )(v) ein K[x]-Modul. Ein Untervektorraum U von V ist genau dann ein K[x]-Untermodul, wenn U stabil unter f ist, d.h.: f (U ) ⊆ U . Sei umgekehrt V ein K[x]-Modul. Dann ist V insbesondere ein KVektorraum und die Abbildung f : V −→ V , v 7−→ x ◦ v , ist K-linear. Ein K-Vektorraum mit einer linearen Abbildung ist ein K[x]-Mo” dul (und umgekehrt).“ Satz 8 : Zwei Matrizen A, B ∈ K n×n sind genau dann ähnlich, wenn die Matrizen A − x · In und B − x · In in K[x]n×n äquivalent sind. KAPITEL 2 Endliche Körper §1. Endliche Körper In diesem Abschnitt seien p eine positive Primzahl und L ein endlicher Körper der Charakteristik p. Durch Z p −→ L , n̄ 7−→ n · 1L , fassen wir Z p als Unterkörper von L auf. Wir bezeichnen mit r die Dimension von L als Vektorraum über Z p , dann ist q := pr die Anzahl der Elemente von L. Beispiel 2 : Das Polynom x2 + x + 1 ist über Z 2 irreduzibel, also ist Z 2 [x]/⟨x2 + x + 1⟩ ein Körper der Charakteristik 2 mit 4 Elementen. Seine Elemente sind 0̄, 1̄, x̄ und x + 1. Es ist x̄ · (1 + x) = 1̄. Satz 9 : Die multiplikative Gruppe L \ {0} ist zyklisch, d.h.: es gibt ein Element a ∈ L so, dass L \ {0} = {1, a, a2 , . . . , aq−2 } . Ein Element mit dieser Eigenschaft heißt primitives Element des Körpers L. Satz 10 : Es gibt bis auf Isomorphie genau einen Körper L mit q = pr Elementen. Er wird häufig als Galoiskörper GF (q) bezeichnet. Das Polynom xq − x hat keine mehrfachen Nullstellen und zerfällt über L in Linearfaktoren, insbesondere ist L die Menge der Nullstellen von xq − x. Satz 11 : Es gibt genau r Ringhomomorphismen von L nach L. Diese sind Z p -linear und haben die Form m L −→ L , z 7−→ z p , 0 ≤ m ≤ r − 1 . Satz 12 : Das Polynom xp − x ist das Produkt aller irreduziblen normierten Polynome in Z p [x], deren Grad die Zahl r teilt. Der Körper r 4 §2. EIN VERFAHREN ZUR FAKTORISIERUNG VON POLYNOMEN IN Z p [x] 5 L enthält genau dann einen Unterkörper mit pm Elementen, wenn m die Zahl r teilt. Beispiel 3 : Ein linearer (n,k)-Code ist ein k-dimensionaler Untervektorraum eines n-dimensionalen Vektorraums über einem endlichen Körper L. Seine Elemente heißen Worte des Codes. Ein linearer Code ist zyklisch, wenn er mit jedem Wort (a0 , . . . , an−1 ) auch das Wort (a1 , . . . , an−1 , a0 ) enthält. Wir betrachten ein Wort (a0 , . . . , an−1 ) in Ln als Restklasse eines Polynoms n−1 ∑ ai xi ∈ L[x]/⟨xn − 1⟩ . i=0 Dann ist ein (n, k)-Code genau dann zyklisch, wenn er ein Ideal in L[x]/⟨xn − 1⟩ ist. Dieses Ideal wird von der Restklasse eines normierten Polynoms vom Grad n − k erzeugt, welches das Polynom xn − 1 teilt. Also entspricht jedem solchen Polynom in L[x] genau ein zyklischer (n, k)-Code und umgekehrt. §2. Ein Verfahren zur Faktorisierung von Polynomen in Z p [x] Es seien p eine positive Primzahl und f ein Polynom in Z p [x] mit positivem Grad. In Z p [x] ist ∏ xp − x = (x − a) , a∈ Z p daher gilt für alle g ∈ Z p [x]: gp − g = ∏ (g − a) . a∈ Z p Die Polynome g − a, a ∈ Z p , sind paarweise teilerfremd, denn: Ist für a, b ∈ Z p mit a ̸= b ein Polynom h ∈ Z p [x] ein gemeinsamer Teiler von g − a und g − b, dann ist h auch ein Teiler von (g − a) − (g − b) = b − a ∈ Z p \ {0}, also h ∈ Z p . Daher ist ∏ ggT(f, g p − g) = ggT(f, g − a). a∈ Z p Die Idee des “Algorithmus von Berlekamp” zur Zerlegung von f ist: Finde ein Polynom g ∈ Z p [x] so, dass f das Polynom g p − g teilt und 0 < deg(g) < deg(f ) §2. EIN VERFAHREN ZUR FAKTORISIERUNG VON POLYNOMEN IN Z p [x] 6 ist. Dann ist f = ggT(f, g p − g) = ∏ ggT(f, g − a). a∈ Z p eine nicht triviale Zerlegung von f . Satz 13 : Die Abbildung π : Z p [x]/⟨f ⟩ → Z p [x]/⟨f ⟩ , h̄ 7−→ h̄p , ist Z p -linear, die Menge {ḡ ∈ Z p [x]/⟨f ⟩ | g ∈ Z p [x], f teilt g p − g} ist ihr Eigenraum zum Eigenwert 1. Beweis: Für 0 < i < p ist (p ) i ∈ Z ein Vielfaches von p. Daher ist π(h̄1 + h2 ) = (h̄1 + h̄2 )p p ( ) ∑ p p−i i h̄1 h̄2 = i i=0 = h̄p1 + h̄p2 . Für c ∈ Z p ist cp = c, also π(ch̄) = cπ(h̄). Somit ist π Z p -linear. Das Polynom f teilt g p − g genau dann, wenn g p − g = 0̄, also π(ḡ) = ḡ ist. Definition 3 : Ein Polynom ̸= 0 mit Koeffizienten in einem Körper K ist quadratfrei, wenn seine irreduziblen Faktoren paarweise nicht assoziiert sind. Nach dem folgenden Satz genügt es, ein Verfahren für die Zerlegung von quadratfreien Polynomen in irreduzible Faktoren zu suchen. Satz 14 : Mit dem folgenden Verfahren kann das Produkt aller (paarweise nicht assoziierten) irreduziblen Faktoren von f berechnet werden: • Setze h := 1. ( ) • Solange g := ggT f, D(f ) ̸= 1: – Wenn D(f ) ̸= 0, ersetze h durch fg · h und f durch f . ggT(f, ( fg )deg(f ) ) – Wenn D(f ) = 0, ersetze f durch das Polynom f1 mit f1p = f . §2. EIN VERFAHREN ZUR FAKTORISIERUNG VON POLYNOMEN IN Z p [x] 7 Dann ist f · h quadratfrei und wird von jedem irreduziblen Faktor des anfangs gegebenen Polynoms f geteilt. Beweis: Sei f = lk(f )f1e1 f2e2 · . . . · fkek , wobei f1 , . . . , fk paarweise nicht assoziierte, normierte und irreduzible Polynome, sowie e1 , . . . , ek positive ganze Zahlen sind. Seien M := {i | 1 ≤ i ≤ k, p teilt ei } und N := {i | 1 ≤ i ≤ k, p teilt ei nicht}. Es ist D(f ) = k ∑ i=1 ei ∑ f f D(fi ) = ei D(fi ). fi fi i∈N Daraus folgt ( ) ∏ ei −1 ∏ ei g := ggT f, D(f ) = fi fi . i∈N Daher ist f g = ∏ i∈N i∈M fi , ( (f ) ) ∏ deg(f ) ggT f, fiei = g i∈N und ( ∏ ei )p ∏ f ei )= ( f fi = fi p . deg(f ) ggT f, ( g ) i∈M i∈M Nun kann die Behauptung leicht nachgeprüft werden. Beispiel 4 : Es sei f := x8 + x6 + 2x5 + 2x3 + x2 + 1 ∈ Z 3 [x]. Dann ist D(f ) = 2x7 + x4 + 2x, g := ggT(f, D(f )) = x6 + 2x3 + 1, f = x2 + 1, h := g 8 ggT(f, h ) = x2 + 1, f u := 2 = x6 + 2x3 + 1. x +1 §2. EIN VERFAHREN ZUR FAKTORISIERUNG VON POLYNOMEN IN Z p [x] 8 Nun ist D(u) = 0 und u = (x2 + 2x + 1)3 . Setze u1 := x2 + 2x + 1. Dann ist D(u1 ) = 2x + 2, ) ggT u1 , D(u1 ) = x + 1, ( u1 h := (x2 + 1) = (x2 + 1)(x + 1), x + 1 ( ) ggT u1 , (x + 1)2 = u1 . Also ist (x2 + 1)(x + 1) das Produkt der paarweise nicht assoziierten irreduziblen Faktoren von f . Satz 15 : Das Polynom f ∈ Z p [x] sei quadratfrei. Dann gilt: (1) Die Dimension des Eigenraums von π : Z p [x]/⟨f ⟩ → Z p [x]/⟨f ⟩, h̄ 7→ h̄p , zum Eigenwert 1 ist gleich der Anzahl der irreduziblen Faktoren von f . (2) Sei B eine Teilmenge von Z p [x] so, dass (b̄)b∈B eine Z p -Basis des Eigenraums von π zum Eigenwert 1 ist. Dann gibt es zu je zwei nicht assoziierten irreduziblen Faktoren fi , fj von f ein Element a ∈ Z p und ein Polynom b ∈ B so, dass b − a ein Vielfaches von fi , aber nicht von fj ist. Beweis: Seien f1 , . . . , fk die irreduziblen Faktoren von f . Dann ist f = f1 · f2 · . . . · fk und die Abbildung χ : Z p [x]/⟨f ⟩ → h̄ ∏k i=1 Z p [x]/⟨fi ⟩ 7→ (h̄, . . . , h̄) =: (h̄1 , . . . h̄k ) ist ein Isomorphismus von Z p -Algebren. (1) Es ist h̄p = h̄ ∈ Z p [x]/⟨f ⟩ genau dann, wenn h̄pi = h̄i ∈ Z p [x]/⟨fi ⟩, 1 ≤ i ≤ k. Weil fi irreduzibel, also Z p [x]/⟨fi ⟩ ein Körper ist, ist h̄pi = h̄i genau dann, wenn h̄i ∈ Z p ⊆ Z p [x]/⟨fi ⟩ ist, 1 ≤ i ≤ k. ( ) ∏ Somit ist χ Kern(π − Id) = Z kp ⊆ ki=1 Z p [x]/⟨fi ⟩. (2) Seien 1 ≤ i < j ≤ k. Dann gibt es ein b ∈ B so, dass b̄i ̸= b̄j . (Denn sonst wären für alle ( h̄ ∈ Kern(π) − Id) kdie Komponenten h̄i und h̄j gleich, also χ Kern(π − Id) $ Z p , Widerspruch zu (1)). §2. EIN VERFAHREN ZUR FAKTORISIERUNG VON POLYNOMEN IN Z p [x] 9 Sei a := b̄i ∈ Z p . Dann ist (b − a)i = 0̄ und (b − a)j ̸= 0̄, das heißt: b − a ist ein Vielfaches von fi aber nicht von fj . Satz 16 : Das Polynom f ∈ Z p [x] sei quadratfrei. Mit dem folgenden Verfahren (“Berlekamp-Algorithmus”) können alle irreduziblen Faktoren von f berechnet werden: • Berechne g1 := 1, g2 , . . . , gk ∈ Z p [x] so, dass ḡ1 , . . . ḡk eine Z p -Basis von Kern(π − Id) und deg(gi ) < deg(f ), 1 ≤ i ≤ k, ist. • Setze i := 1 und IF := {f }. • Solange #(IF ) < k, ersetze i durch i + 1 und IF durch { } ggT(h, gi − a) | h ∈ IF, a ∈ Z p \ {1}. Dann ist IF die Menge der irreduziblen Faktoren von f . Beweis: Wenn i = k ist, enthält IF nur noch irreduzible Polynome. Denn sonst würde IF ein Polynom enthalten, das von zwei Polynomen fi , fj , i ̸= j, geteilt wird. Dann würde aber für alle ℓ ∈ {1, 2, . . . , k} und alle a ∈ Z p gelten: gℓ − a ist entweder ein gemeinsames Vielfaches von fi und fj , oder es wird weder von fi noch von fj geteilt. Widerspruch zu (2) im Satz 15. Beispiel 5 : Seien p = 3 und f := x6 + x4 + x2 + 1 ∈ Z 3 [x]. Dann ist f quadratfrei und (1, x̄3 + x̄, x̄4 ) ist eine Z 3 -Basis von Kern(π − Id). Es ist ggT(f, x3 + x) = x2 + 1, ggT(f, x3 + x − 1) = x2 − x − 1, ggT(f, x3 + x + 1) = x2 + x − 1, also IF = {x2 + 1, x2 − x − 1, x2 + x − 1} ist die Menge der irreduziblen Faktoren von x6 + x4 + x2 + 1 ∈ Z 3 [x]. KAPITEL 3 Gruppen und Symmetrien Mit G wird immer eine Gruppe und mit K immer ein Körper bezeichnet. §1. Operationen von Gruppen (Wiederholung) Mit M wird immer eine Menge bezeichnet. Definition 4 : Eine Funktion G × M −→ M , (s, m) 7−→ s · x , heißt Operation der Gruppe G auf der Menge M , wenn gilt: für alle m ∈ M ist e · m = m (e ist das neutrale Element von G) und für alle s, t ∈ G und alle m ∈ M ist (st) · m = s · (t · m). Satz 17 : Es sei G × M −→ M , (s, m) 7−→ s · m , eine Operation. Dann ist die Funktion G −→ S(M ) , s 7−→ [m 7−→ s · m] , ein Gruppenhomomorphismus. Sei umgekehrt f : G −→ S(M ) ein Gruppenhomomorphismus. Dann ist G × M −→ M , (s, m) 7−→ f (m) , eine Operation. Satz 18 : Jede endliche Gruppe mit n Elementen ist zu einer Untergruppe von Sn isomorph. Definition 5 : Es seien G × M −→ M , (s, m) 7−→ s · m , eine Operation, s ∈ G und m ∈ M . Dann heißt • G · m := {s · m | s ∈ G} G-Bahn durch m, • Gm := {s ∈ G | s · m = m} Stabilisatorgruppe oder Isotropiegruppe von G in m und • M/G Menge der G-Bahnen in M (Sprechweise: M modulo G). Enthält die Bahn von G durch m nur ein Element, dann heißt m Fixpunkt von G in M . Die Menge aller Fixpunkte von G in M wird mit G M bezeichnet. Eine Teilmenge N von M ist G-stabil, wenn mit jedem Element von N auch die G-Bahn durch dieses Element in N enthalten ist. Die Operation von G auf M ist frei, wenn die Stabilisatorgruppe jedes Elementes von M nur ein Element enthält. 10 §2. DARSTELLUNGEN VON GRUPPEN 11 Die Operation von G auf M ist transitiv, wenn es in M nur eine einzige G-Bahn gibt. Beispiel 6 : Es seien V ein euklidischer Raum, G die Gruppe aller Isometrien von V und P ot(V ) die Potenzmenge von V . Zwei Teilmengen sind genau dann euklidisch kongruent, wenn sie in derselben Bahn der Operation G × P ot(V ) −→ P ot(V ) , (g, M ) 7−→ g(M ) , liegen. Die Mengen aller Quadriken in V und aller affinen Unterräume von V sind G-stabile Teilmengen von P ot(V ). Satz 19 : Es sei G × M −→ M , (s, m) 7−→ s · m , eine Operation. • M ist die disjunkte Vereinigung der G-Bahnen in M (dh.: durch zwei Elemente von M sind genau dann äquivalent, ” wenn sie in der gleichen G-Bahn liegen“ wird eine Äquivalenzrelation definiert). • Die Stabilisatorgruppe eines Elementes in M ist eine Untergruppe von G. • Die Stabilisatorgruppen von zwei Elementen einer G-Bahn sind konjugiert, dh.: für s ∈ G und m ∈ M ist Gs·m = sGm s−1 = {sgs−1 | g ∈ Gm } . §2. Darstellungen von Gruppen Es sei V ein Vektorraum über K. Definition 6 : Eine Operation G × V −→ V , (s, v) 7−→ s · v , heißt Darstellung oder lineare Operation, wenn gilt: für alle c ∈ K, v, w ∈ V, s ∈ G ist s · (c(v + w)) = c(s · v) + c(s · w). Satz 20 : Es sei G×V −→ V , (s, v) 7−→ s·v , eine Darstellung. Dann ist die Funktion G −→ GLK (V ) , s 7−→ [v 7−→ s · v] , wohldefiniert und ein Gruppenhomomorphismus. Sei umgekehrt f : G −→ GLK (V ) ein Gruppenhomomorphismus. Dann ist G × V −→ V , (s, v) 7−→ f (s)(v) , eine Darstellung. Beispiel 7 : Die Operation G × V −→ V , (s, v) 7−→ v , ist linear und heißt triviale Darstellung von G in V . §2. DARSTELLUNGEN VON GRUPPEN 12 Beispiel 8 : Es sei G eine Untergruppe von GLK (V ). Die Operation G × V −→ V , (f, v) 7−→ f (v) , von G auf V ist linear und heißt natürliche Darstellung von G. Beispiel 9 : Es seien M eine Menge, G × M → M, (s, x) 7→ s · x, eine Operation, G × V −→ V , (s, v) 7−→ s · v , eine Darstellung (zum Beispiel die triviale Darstellung von G in K) und F(M, V ) der Vektorraum aller Funktionen von M nach V (mit punktweiser Addition und Skalarmultiplikation). Dann ist G × F(M, V ) −→ F(M, V ) , (s, f ) 7−→ [x 7−→ s · f (s−1 · x)] , eine Darstellung. Beispiel 10 : Es seien φ : G × V −→ V , (s, v) 7−→ s · v , eine Darstellung und W ein G-stabiler Untervektorraum von V . Dann ist G × W −→ W , (s, v) 7−→ s · v , wohldefiniert und eine Darstellung von G. Diese heißt Einschränkung von φ auf W . Sind φ : G × U −→ U und G × V −→ V Darstellungen von G, dann ist der Vektorraum LinK (U, V ) aller linearen Funktionen von U nach V ein G-stabiler Untervektorraum von F(U, V ). Ist speziell V = K und die Darstellung von G in K trivial, dann heißt die Darstellung φ∗ : G × U ∗ := LinK (U, K) −→ U ∗ , (s, f ) 7−→ [u 7−→ f (s−1 · u)] , die zur Darstellung φ duale Darstellung. Definition 7 : Eine Darstellung von G in V heißt einfach oder irreduzibel, wenn {0} und V die einzigen G-stabilen Untervektorräume von V sind. Definition 8 : Es seien G × M −→ M und G × N −→ N Operationen der Gruppe G auf den Mengen M und N . Eine Funktion f : M −→ N heißt G-äquivariant wenn gilt: für alle s ∈ G, m ∈ M ist f (s · m) = s · f (m) . Es seien G × U −→ U und G × V −→ V Darstellungen der Gruppe G in den K-Vektorräumen U und V . Eine lineare und G-äquivariante Funktion f : U −→ V heißt Morphismus von Darstellungen. Ein Isomorphismus von Darstellungen ist ein bijektiver Morphismus von Darstellungen. Zwei Darstellungen von G (in U und V ) sind isomorph, wenn es einen Isomorphismus von Darstellungen von U nach V gibt. §3. ZERLEGBARE DARSTELLUNGEN 13 Beispiel 11 : Es seien G eine kommutative Gruppe und V ein endlichdimensionaler komplexer Vektorraum. Eine Darstellung von G in V ist genau dann einfach, wenn V eindimensional ist. Beispiel 12 : Es seine V ein euklidischer Raum und G die orthogonale Gruppe von V . Dann ist die Funktion V −→ V ∗ , v 7−→ ⟨v, −⟩ ein Isomorphismus von Darstellungen. Die natürliche Darstellung von GL R (V ) und die dazu duale sind jedoch nicht isomorph. Satz 21 : ( Lemma von Schur“) V und W seien einfache Darstellun” gen von G. • Jeder Morphismus von Darstellungen von V nach W ist entweder die Nullfunktion oder ein Isomorphismus. • Ist V ein endlichdimensionaler komplexer Vektorraum, dann ist jeder Morphismus f von Darstellungen von V nach V ein Spur(f ) skalares Vielfaches der Identität (und zwar: f = dim idV .) C (V ) • Es seien V ein unitärer Raum und f eine C -lineare Funktion, die mit jeder unitären Funktion von V nach V vertauschbar ist. Dann ist f ein skalares Vielfaches der Identität. §3. Zerlegbare Darstellungen Es seien G eine Gruppe, V ein Vektorraum und G × V −→ V eine Darstellung. Definition 9 : • (Vi )i∈I sei eine Familie von Darstellungen von G. Dann ist ⊕ ⊕ G× Vi −→ Vi , (vi )i∈I 7−→ (s · vi )i∈I , i∈I i∈I eine Darstellung und heißt direkte Summe der Darstellungen Vi , i ∈ I. • Die Darstellung von G in V heißt zerlegbar, wenn V die direkte Summe zweier nichttrivialer G-stabiler Untervektorräume ist. • Ein G-stabiler Untervektorraum W von V heißt G-stabiles Komplement eine G-stabilen Untervektorraums U von V , wenn V die direkte Summe U ⊕ W ist. • Die Darstellung von G in V ist vollständig reduzibel, wenn jeder G-stabile Untervektorraum von V ein G-stabiles Komplement hat. §3. ZERLEGBARE DARSTELLUNGEN 14 Beispiel 13 : Die Darstellung GL(n, C ) × C n×n −→ C n×n , (A, X) 7−→ A ◦ X ◦ A−1 , ist die direkte Summe der GL(n, C )-stabilen Unterräume {X ∈ C n×n | Spur(X) = 0} und C · In . Satz 22 : ( Satz von Maschke“) G sei eine endliche Gruppe, deren ” Ordnung von der Charakteristik des Körpers K nicht geteilt wird. Dann hat jeder G-stabile Untervektorraum von V ein G-stabiles Komplement. Satz 23 : Ist V endlichdimensional, dann ist eine Darstellung von G in V genau dann vollständig reduzibel, wenn sie V direkte Summe von einfachen Darstellungen ist. Definition 10 : Es sei V mit ⟨−, −⟩ ein unitärer Raum. Das Skalarprodukt heißt G-invariant, wenn für alle s ∈ G und alle v, w ∈ V gilt: ⟨s · v, s · w⟩ = ⟨v, w⟩ . Satz 24 : (1) Es seien G eine endliche Gruppe und V ein komplexer Vektorraum. Dann gibt es auf V ein G-invariantes Skalarprodukt. (2) Jede endliche Untergruppe von GL(n, C ) ist konjugiert zu einer Untergruppe der unitären Gruppe U (n). (3) Jede Matrix in GL(n, C ) mit endlicher Ordnung ist diagonalisierbar. Definition 11 : Ist τ eine einfache Darstellung von G, dann heißt die Summe aller zu τ isomorphen G-stabilen Untervektorräume von V die isotypische Komponente von V vom Typ τ . Satz 25 : Annahme: Die Darstellung von G in V ist vollständig reduzibel. Die Funktion τ : G −→ GLK (U ) sei eine einfache Darstellung von G. (1) Jeder einfache G-stabile Untervektorraum der isotypischen Komponente von V vom Typ τ ist zu U isomorph. (2) V ist die direkte Summe seiner isotypischen Komponenten. Diese Zerlegung von V in isotypische Komponenten ist eindeutig bestimmt. §4. SYMMETRIEGERECHTE BASEN 15 Satz 26 : Es sei τ : G −→ GLK (U ) eine einfache Darstellung von G, ρ : G −→ GLK (V ) sowie σ : G −→ GLK (W ) seien vollständig reduzible Darstellungen von G und f : V −→ W sei ein Morphismus von Darstellungen von G. Dann: f (Vτ ) ⊆ Wτ (das Bild bezüglich f der isotypischen Komponente von V vom Typ τ ist in der isotypischen Komponente von W vom Typ τ enthalten). §4. Symmetriegerechte Basen Es seien G eine Gruppe, V ein komplexer Vektorraum und G × V −→ V eine vollständig reduzible endlich-dimensionale Darstellung. Definition 12 : Es sei σ : G −→ GLK (W ) eine vollständig reduzible endlich-dimensionale Darstellung von G, die nur eine isotypische Komponente hat. W = W1 ⊕ W2 ⊕ . . . ⊕ Wn sei eine Zerlegung von W in eine direkte Summe von G-stabilen einfachen Untervektorräumen von W . Die Darstellungen Wi sind paarweise isomorph, wir wählen Isomorphismen gi : W1 −→ Wi , 2 ≤ i ≤ n. Weiters wählen wir eine Basis (w1 , w2 , . . . , wd ) von W1 . Dann heißt die Basis (w1 , g2 (w1 ), . . . , gn (w1 ), w2 , g2 (w2 ), . . . , gn (w2 ), . . . . . . , wd , g2 (wd ), . . . , gn (wd )) eine symmetriegerechte Basis von W . Satz 27 : Es sei σ : G −→ GLK (W ) eine vollständig reduzible endlichdimensionale Darstellung von G, die nur eine isotypische Komponente hat. W = W1 ⊕ W2 ⊕ . . . ⊕ Wn sei eine Zerlegung von W in eine direkte Summe von G-stabilen einfachen Untervektorräumen von W . Die Dimension des Vektorraums W1 sei d. Die Matrix einer G-äquivarianten linearen Funktion f : W −→ W bezüglich einer symmetriegerechten Basis hat die Blockdiagonalgestalt C C C ... C mit d Blöcken. Die Matrix C ist eine komplexe n × n-Matrix. Insbesondere sind die Eigenwerte von f dieselben wie die der Matrix C. Die Vielfachheit jedes Eigenwertes von f ist ein Vielfaches von d. §5. KOMPLEXE DARSTELLUNGEN ENDLICHER GRUPPEN 16 Definition 13 : Es sei V = V1 ⊕ V2 ⊕ . . . ⊕ Vm die Zerlegung der Darstellung V in ihre isotypischen Komponenten. Wir wählen symmetriegerechte Basen v(1), v(2), . . . , v(m) der isotypischen Komponenten V1 , V2 . . . , Vm . Dann heißt die Basis (v(1), v(2), · · · , v(m)) eine symmetriegerechte Basis von V . Satz 28 : Die Matrix einer G-äquivarianten linearen Funktion von V nach V bezüglich einer symmetriegerechten Basis von V hat die Blockdiagonalgestalt C1 .. . C1 C 2 ... C 2 .. . Cm . .. Cm Dabei ist m die Anzahl der isotypischen Komponenten der Darstellung V. (Eine symmetriegerechte Basis von V muss nur einmal berechnet werden, dann kann sie zur Berechnung der Eigenwerte jeder linearen Gäquivarianten Funktion von V nach V verwendet werden). §5. Komplexe Darstellungen endlicher Gruppen In diesem Abschnitt sei G eine endliche Gruppe, e ihr neutrales Element und ρ : G −→ GLK (V ) eine komplexe endlich-dimensionale Darstellung von G. Nach dem Satz von Maschke ist ρ vollständig reduzibel. Definition 14 : Die Funktion χρ : G −→ C, s 7−→ Spur(ρs ) heißt Charakter von ρ. Die Funktion χ : G −→ C ist ein Charakter von G, wenn χ der Charakter einer endlich-dimensionalen Darstellung von G ist. Ein einfacher §5. KOMPLEXE DARSTELLUNGEN ENDLICHER GRUPPEN 17 (oder irreduzibler) Charakter von G ist der Charakter einer einfachen Darstellung von G. Satz 29 : 1.) Ist ρ eindimensional, dann ist χρ ein Gruppenhomomorphismus von G nach C \ {0}. 2.) Sind zwei Darstellungen ρ und σ isomorph, so sind ihre Charaktere gleich. 3.) χρ (e) = dimC (V ) 4.) Der Charakter der direkten Summe zweier endlichdimensionaler Darstellungen von G ist die Summe ihrer Charaktere. 5.) Für alle s ∈ G ist χρ (s−1 ) = χρ (s). Definition 15 : Eine Funktion f von G nach C heißt zentral, wenn sie auf den Konjugationsklassen von G konstant ist (also: für alle s, t ∈ G ist f (sts−1 ) = f (t).). Die Menge aller zentralen Funktionen von G nach C bezeichnen wir mit Zent(G, C). Satz 30 : 1.) Die Charaktere von Darstellungen sind zentrale Funktionen. Zent(G, C) ist ein Untervektorraum des Vektorraums aller Funktionen von G nach C, seine Dimension ist die Anzahl der Konjugationsklassen von G. ∑ 1 2.) Zent(G, C) × Zent(G, C) −→ C, (f, g) 7−→ |G| s∈G f (s)g(s) ist ein hermite’sches Skalarprodukt auf Zent(G, C). Definition 16 : Die Darstellung reg : G −→ GLC (F(G, C)), s 7−→ regs mit regs (f )(t) := f (s−1 t) heißt reguläre Darstellung von G. Satz 31 : Der Charakter der regulären Darstellung ist die Funktion χreg : G −→ C, χreg (s) 7−→ |G| · δse . Satz 32 : 1.) Die Familie der irreduziblen Charaktere von G ist eine Orthonormalbasis von Zent(G, C). 2.) Zwei Darstellungen sind genau dann isomorph, wenn ihre Charaktere gleich sind. §5. KOMPLEXE DARSTELLUNGEN ENDLICHER GRUPPEN 18 Satz 33 : 1.) Die Anzahl der irreduziblen Charaktere von G ist gleich der Anzahl der Konjugationsklassen von G. 2.) Ist τ : G −→ GLC (W ) eine irreduzible Darstellung von G und V = V1 ⊕ . . . ⊕ Vℓ eine Zerlegung von V in einfache Summanden, dann ist ⟨χτ , χρ ⟩ die Anzahl der zu W isomorphen Summanden (die Vielfachheit von τ in ρ). 3.) Sind χ1 , . . . , χk alle irreduziblen Charaktere von G und n1 , . . . , nk die Dimensionen der entsprechenden irreduziblen Darstellungen, dann ist k ∑ n2i = |G| . i=1 4.) Eine Darstellung τ von G ist genau dann irreduzibel, wenn sie endlichdimensional ist und ⟨χτ , χτ ⟩ = 1 ist. Beispiel 14 : Wenn G kommutativ ist, dann ist Zent(G, C) = F(G, C). Alle einfachen Darstellungen von G sind eindimensional. Die Menge der einfachen Charaktere von G ist die Menge der Gruppenhomomorphismen von G nach C \ {0}. Wenn G = ⟨s⟩ zyklisch ist und k := |G| ist, dann sind die Gruppenhomomorphismen χn : G −→ C, sℓ 7−→ e 2πi nℓ k 0 ≤ n ≤ k − 1 alle irreduziblen Charaktere. Für f : G −→ C ist dann k−1 ∑ 2πi 1 ∑∑ f= ⟨f, χn ⟩χn = f (sℓ )e k nℓ χn k n=0 ℓ=0 n=0 k−1 k−1 ( Fouriertransformation“). ” Satz 34 : Es seien χ1 , χ2 , . . . , χk die irreduziblen Charaktere von G. Die Funktion χi (e) ∑ pi := χi (s)ρs ∈ EndC (V ) |G| s∈G ist die Projektion von V auf die isotypische Komponente vom Typ χi längs der Summe der anderen isotypischen Komponenten, 1 ≤ i ≤ k. Satz 35 : Es seien τ eine irreduzible komplexe Darstellung von G, n := χτ (e) und (T (s)ij )1≤i,j≤n , s ∈ G, die Matrizen von τs , s ∈ G, bezüglich §5. KOMPLEXE DARSTELLUNGEN ENDLICHER GRUPPEN 19 einer fest gewählten Basis. Für 1 ≤ i ≤ n sei n ∑ qi := T (s−1 )1i · ρs ∈ EndC (V ) . |G| s∈G Es sei (v1 , . . . , vm ) eine C-Basis von q1 (V ) ≤ V und Wj der von {vj , q2 (vj ), . . . , qn (vj )} erzeugte Untervektorraum von V , 1 ≤ j ≤ m. Dann sind W1 , . . . , Wm irreduzible G-stabile Untervektorräume von V und Vτ = W1 ⊕ . . . ⊕ Wm , dabei ist Vτ die isotypische Komponente von V vom Typ τ . KAPITEL 4 Tensoren §1. Tensorprodukt von Moduln In diesem Abschnitt seien R ein kommutativer Ring und M, N Moduln über R. Definition 17 : Ein R-Modul T zusammen mit einer bilinearen Abbildung b : M × N −→ T heißt Tensorprodukt von M und N , wenn gilt: Zu jeder R-bilinearen Abbildung h : M ×N −→ V in einen R-Modul V gibt es genau eine R-lineare Abbildung g : T −→ V so, dass g ◦ b = h. Die Elemente von T heißen dann Tensoren. Schreibweise: M ⊗R N := T , v ⊗ w := b(v, w). Beispiel 15 : Es seien M := HomR (Rm , R), N := HomR (Rn , R) und T der R-Modul aller bilinearen Abbildungen von Rm × Rn nach R. Dann ist T mit b : M × N −→ T , (f, g) 7−→ [(v, w) 7−→ f (v) · g(w)] , ein Tensorprodukt von M und N . Satz 36 : Sind T mit b und T ′ mit b′ Tensorprodukte von M und N , dann gibt es einen Isomorphismus f : T −→ T ′ von R-Moduln so, dass f ◦ b = b′ . ( Das Tensorprodukt ist bis auf Isomorphie eindeutig ” bestimmt“.) Das Bild von b ist ein R-Erzeugendensystem von T . Sind M und N freie R-Moduln mit Basen (vi )i∈I und (wj )j∈J , dann ist auch M ⊗ N frei und (vi ⊗ wj )i∈I,j∈J ist eine Basis von M ⊗ N . Satz 37 : Das Tensorprodukt von M und N existiert. Beispiel 16 : Es seien m und n teilerfremde ganze Zahlen. Dann ist {0} das Tensorprodukt der Z -Moduln Z n und Z m . 20 §2. TENSORPRODUKT VON ALGEBREN 21 Satz 38 : Es seien g : S −→ R ein Ringhomomorphismus und U ein S-Modul. Dann ist das Tensorprodukt (von S-Moduln) R ⊗S U mit ∑ ∑ R × R ⊗S U −→ R ⊗S U , (r, tu ⊗ u) 7−→ r · tu ⊗ u , u∈U u∈U ein R-Modul. Sprechweise: Den R-Modul R ⊗S U erhält man durch Grundringerweiterung mittels g aus U . Wenn U ein freier S-Modul mit Basis (ui )i∈I ist, dann ist R ⊗S U ein freier R-Modul mit Basis (1 ⊗ ui )i∈I . Beispiel 17 : Es seien A eine Menge und U bzw. V der reelle bzw. komplexe Vektorraum aller Abbildungen von A nach R bzw. C . Dann ist die lineare Abbildung C ⊗ R U −→ V , z ⊗ f 7−→ [a 7−→ z · f (a)] ein Isomorphismus von Vektorräumen. §2. Tensorprodukt von Algebren Satz 39 : Es seien R ein kommutativer Ring und A und B R-Algebren. Mit der Abbildung ∑ ∑ ∑ scd c⊗d) 7−→ rab scd ac⊗bd , rab a⊗b, A⊗B×A⊗B −→ A⊗B , ( a,b c,d ist A ⊗ B eine kommutative R-Algebra. Es seien uA : A −→ A ⊗ B , a 7−→ a ⊗ 1 und uB : B −→ A ⊗ B , b 7−→ 1 ⊗ b . Zu jedem Paar von R-Algebrenhomomorphismen fA : A −→ S und fB : B −→ S gibt es genau einen R-Algebrenhomomorphismus f : A ⊗ B −→ S so, dass f ◦ uA = fA und f ◦ uB = fB . Beispiel 18 : Es seien R ein kommutativer Ring, S eine R-Algebra und R[x1 , . . . , xn ] der Polynomring in x1 , . . . xn . Dann ist ∑ ∑ S ⊗R R[x1 , . . . , xn ] −→ S[x1 , . . . , xn ] , s ⊗ ci xi 7−→ (ci · s)xi , i ein Isomorphismus von S-Algebren. i §3. TENSORPRODUKT VON DARSTELLUNGEN 22 §3. Tensorprodukt von Darstellungen Es seien K ein Körper, G eine Gruppe und V, W K-Vektorräume, auf denen G linear operiert. Satz 40 : Die Abbildung (s, ∑ G × V ⊗ W −→ V ⊗ W , ∑ ∑ cvw s · v ⊗ s · w , cvw v ⊗ w) := cvw v ⊗ w) 7−→ s · ( v,w v,w v,w ist wohldefiniert und eine lineare Operation von G auf V ⊗ W . Diese Darstellung heißt Tensorprodukt der Darstellungen von G in V und W . Satz 41 : Die Abbildungen V −→ (V ∗ )∗ , v 7−→ [f 7−→ f (v)] , V ∗ ⊗ W −→ HomK (V, W ) , f ⊗ w 7−→ [v 7−→ f (v)w] , und V ∗ ⊗ W ∗ −→ BilK (V × W, K) , f ⊗ g 7−→ [(v, w) 7−→ f (v)g(w)] , sind Isomorphismen von Darstellungen der Gruppe G. ( Lineare Abbildungen und Bilinearformen sind Tensoren“). ” Beispiel 19 : Die Abbildung idV ist ein Fixpunkt für die Operation von G := GLK (V ) in HomK (V, V ). Seien (v1 , . . . , vn ) eine K-Basis von ∗ V und (v 1 , . . . , v n ) die dazu duale Basis ∑nvoni V . Der Isomorphismus ∗ von ∑n V i ⊗ V nach HomK (V, V ) bildet i=1 v ⊗ vi auf id∗V ab, also ist i=1 v ⊗ vi ein Fixpunkt für die Operation von G in V ⊗ V . Beispiel 20 : Sei V ein dreidimensionaler Vektorraum. Dann haben die Vektorräume V ×V ×V , HomK (V, V ) ∼ = V ∗ ⊗V , BilK (V ×V, K) ∼ = ∗ ∗ ∗ ∗ ∼ V ⊗ V und BilK (V × V , K) = V ⊗ V dieselbe Dimension 9, also sind sie paarweise isomorph. Als Darstellungen von GLK (V ) sind sie aber paarweise nicht isomorph. (Insbesondere: Tripel von Punkten im ” Raum sind keine Tensoren“). Tensorprodukt von mehreren Moduln: Es seien M1 , . . . , Mn R-Moduln. Ein R-Modul T zusammen mit einer multilinearen Abbildung b : M1 × · · · × Mn −→ T heißt Tensorprodukt von M1 , . . . , Mn , wenn gilt: Zu jeder R-multilinearen Abbildung h : M1 × · · · × Mn −→ V in einen §3. TENSORPRODUKT VON DARSTELLUNGEN 23 R-Modul V gibt es genau eine R-lineare Abbildung g : T −→ V so, dass g ◦ b = h. Schreibweise: T = M1 ⊗ · · · ⊗ Mn , b(v1 , . . . , vn ) := v1 ⊗ · · · ⊗ vn . Analog kann auch das Tensorprodukt von mehreren Algebren und von mehreren Darstellungen definiert werden. Definition 18 : Elemente von V ⊗ V ⊗ ··· ⊗ V ⊗ V ∗ ⊗ ··· ⊗ V ∗ (p-mal V und q-mal V ∗ ) heißen p-fach kontravariante und q-fach kovariante Tensoren. Beispiel 21 : Lineare Abbildungen von V nach V sind einfach kontravariante und einfach kovariante Tensoren; Bilinearformen auf V sind zweifach kovariante Tensoren. Es seien (v1 , . . . , vn ) eine K-Basis von V , (v 1 , . . . , v n ) die dazu duale Basis von V ∗ , s ∈ GLK (V ), A = (Aij )1≤i,j≤n ∈ K n×n die Matrix von s bezüglich (v1 , . . . , vn ) und B := A−1 . Dann ist n ∑ Aki vk =: Aki vk s · vi := s(vi ) = k=1 und s · v j := v j ◦ s−1 = n ∑ Bℓj v ℓ =: Bℓj v ℓ . ℓ=1 Die Menge {vi1 ⊗ · · · ⊗ vip ⊗ v j1 ⊗ · · · ⊗ v jq | 1 ≤ i1 , . . . , ip , j1 , . . . , jq ≤ n} ist eine Basis von V ⊗ V ⊗ ··· ⊗ V ⊗ V ∗ ⊗ ··· ⊗ V ∗, jeder p-fach kontravariante und q-fach kovariante Tensor kann daher eindeutig als Linearkombination i ...i = uj11 ...jpq vi1 ⊗ · · · ⊗ vip ⊗ v j1 ⊗ · · · ⊗ v jq := ∑ i ...i uj11 ...jpq vi1 ⊗ · · · ⊗ vip ⊗ v j1 ⊗ · · · ⊗ v jq i1 ...ip ,j1 ...jq geschrieben werden. Dann ist i ...i s · uj11 ...jpq vi1 ⊗ · · · ⊗ vip ⊗ v j1 ⊗ · · · ⊗ v jq = i ...i = uj11 ...jpq s · vi1 ⊗ · · · ⊗ s · vip ⊗ s · v j1 ⊗ · · · ⊗ s · v jq = i ...i k j = uj11 ...jpq Aki11 . . . Aipp Bℓj11 . . . Bℓqq vk1 ⊗ · · · ⊗ vkp ⊗ v ℓ1 · · · ⊗ v ℓq .