Andreas Tünnermann Die ersten Laser wurden vor gut 45 Jahren entwickelt. Man braucht dazu ein Medium, wie beispielsweise einen Rubinkristall und dazu ein paar anregbare Ionen, die, einmal angeregt, diese Energie in Form von Licht abstrahlen. Dieses Licht wird durch Spiegelsysteme amplifiziert, so dass ein kohärenter Lichtstrahl einer bestimmten Wellenlänge entsteht. So alt dieses Prinzip ist, so sehr bietet es sich für technologische Neuerungen an, für die unser Preisträger Dr. Andreas Tünnermann steht. Einen Schwerpunkt seiner Arbeit bildet seit einiger Zeit die Weiterentwicklung so genannter Festkörperlaser, insbesondere solcher mit hoher Leistung und mit Licht im sichtbaren Bereich. Sie haben große Vorteile gegenüber Gaslasern bezüglich Leistung, Lebensdauer, Stabilität und Effizienz. Ein Beispiel für den Einsatz solcher Laser sind Interferometer zum Nachweis von Gravitationswellen. In diesen, beispielsweise im GEO-600 Observatorium bei Hannover, wird ein Lichtstrahl gespalten und über mehrere hundert Meter wieder an die Lichtquelle zurückgeführt. In der Gegenwart von Gravitationswellen käme es zur einer Raum-ZeitKrümmung, also einer Längenverschiebung der Arme des Interferometers, die dann das Interferenzverhalten der beiden Lichtstrahlen veränderte. Dazu muss natürlich die Wellenlänge und Amplitude des Lichts extrem stabil sein, um überhaupt feine Änderungen der Armlängen des Interferometers zu erkennen. Bei solchen Experimenten stützt sich die ganze Welt auf die Laser von Andreas Tünnermann. Ähnlich bekannt sind seine Arbeiten zu so genannten Faserlasern. Faserlaser haben wegen ihrer Geometrie viele Vorteile gegenüber Festkörperlasern. In ihnen wird das Licht in feinsten Glasfasern erzeugt, sodass hier kaum Wärmeableitungsprobleme entstehen. Außerdem können, wegen der hohen Dichte der Ionenanordnung, vielfache Übergänge erzeugt werden, die die Wellenlängenbereiche gegenüber traditionellen, weniger energiereichen Lasern erweitern. Andreas Tünnerman ist auf diese Weise der erstmalige Betrieb eines Faserlasers im Leistungsbereich von 10 Watt gelungen, wobei er diese Leistungen inzwischen auf weit über ein Kilowatt steigern konnte. Dies wiederum ist wichtig, weil solche Laser in der Fertigungstechnik, also der Bearbeitung von Werkstücken, eingesetzt werden können, insbesondere wenn es gelingt, die hohe Energie mit kurzen Pulsen im Femtosekundenbereich zu verknüpfen. Diese Energiepulse ermöglichen die Bearbeitung der Werkstücke, die ultrakurzen Pulse verhindern ihre thermische Beeinflussung, sodass keine Schmelzränder zurückbleiben. Das Verfahren könnte eine große Rolle im Motorenbau spielen, wo die Ultrakurzzeitlaser-Bearbeitung zu Verbesserungen führt, die die Wirkungsgrade der Motoren deutlich erhöhen. Neuerdings verknüpft Andreas Tünnermann die Lasertechnologie mit neuen Materialien, neu im Sinne ihrer Strukturierung. Was hier geschieht, erläutert er selbst in einem seiner Vorträge mit dem Hinweis auf Morpho Cypris, den großen blauen Schmetterling aus den Regenwäldern Costa Ricas. Dessen Azurblau in den Flügeln kommt nicht etwa durch Farbstoffe, sondern durch ein Material zustande, das bestimmte periodische Eigenschaften besitzt. Auch das Glitzern des Opals entsteht durch photonische Nanostrukturen im Innern des Halbedelsteins. Mit strukturierten Gläsern dieser Art lassen sich in Zukunft die Lichtwege in Glasfasern noch viel deutlicher kontrollieren und daher sehr viel mehr parallele Informationen in diesen Fasern übertragen. Inzwischen wurden nach dem Vorbild der Insektenaugen Mikrolinsen auf Kunststofffolien aufgeprägt, die weniger als einen Millimeter dick sind. Bald werden wir solche Linsen in unseren Fotohandys wiederfinden. Jena war immer schon ein Zentrum für die Optik. Andreas Tünnermann setzt diese Tradition in vorbildlicher Weise fort. Er hat Physik an der Universität Hannover studiert, promovierte dort im Jahre 1992 und wurde schon 1998, also mit 35 Jahren, Ordinarius in Jena. Vorher war er noch sechs Jahre lang Entwicklungsleiter am Laser Zentrum in Hannover. Der Name Zeiss wird immer mit Jena verknüpft bleiben. Es sieht danach aus, als erreiche der Name Tünnermann bald eine ähnlich gloriose Reputation. Der Leibniz-Preis soll hierzu beitragen.