Prof. Dr. C. Böhm Dipl.-Math. Dipl.-Inf. D. Jansen WiSe 2014/2015 WWU Münster Überblick über einige Themen der Analysis 1 und 2 1 Potenzreihen Lemma und Definition (Potenzreihen) Eine Potenzreihe mit Entwicklungspunkt z0 ∈ C ist eine Reihe der Form ∞ X ck (z − z0 )k k=0 P k mit ck ∈ C für alle k ∈ N0 . Zu jeder Potenzreihe ∞ k=0 ck (z − z0 ) existiert eine reelle Zahl R ∈ [0, ∞], sodass Folgendes gilt: (1) Für z ∈ C mit |z − z0 | < R konvergiert die Reihe absolut. (2) Für z ∈ C mit |z − z0 | > R divergiert die Reihe. Die Zahl R heißt Konvergenzradius der Reihe. Ist |z − z0 | < R, so ist (ck (z − z0 )k )k∈N eine Nullfolge. Ist |z − z0 | > R, so ist (ck (z − z0 )k )k∈N keine Nullfolge. Für z ∈ C mit |z − z0 | = R kann im Allgemeinen keine Aussage über das Konvergenzverhalten getroffen werden. P∞ k Lemma (Wurzelkriterium) Sei k=0 ck (z − z0 ) peine Potenzreihe mit Konvergenzradius R. Dann gilt für l := lim supk→∞ k |ck | ∈ [0, ∞] 0, R = 1/l, ∞, falls l = ∞, falls 0 < l < ∞, falls l = 0. P k Lemma (Quotientenkriterium) Sei ∞ k=0 ck (z − z0 ) eine Potenzreihe ck+1 mit Konvergenzradius R. Falls (| ck |)k∈N gegen ein l ∈ [0, ∞] konvergiert, dann gilt falls l = ∞, 0, R = 1/l, falls 0 < l < ∞, ∞, falls l = 0. P k Lemma (Majorantenkriterium) Sei ∞ k=0 ck (z − z0 ) eine Potenzreihe. Sei ferner P∞ z ∈ C mit |z − z0 | = r > 0. Existiertk eine konvergente, reelle Reihe k=0 tk mit tk ≥ 0 für alle k ∈ N0 und |ck |r ≤ tk , so konvergiert die P k Potenzreihe ∞ k=0 ck (z − z0 ) für z ∈ Br (z0 ) absolut. Für den Konvergenzradius R dieser Potenzreihe können wir somit R ≥ r folgern. P∞ z n Beispiel n=1 n : Aus dem Quotientenkriterium folgt sofort, dass der Konvergenzradius R = 1 ist. Also konvergiert die Reihe für alle z mit |z| < 1 und divergiert für alle z mit |z| > 1. Auf dem Rand {|z| = 1} = ∂B1 (0) des Konvergenzbereiches hat man Konvergenz für zP = −1 als auch DiP∞ sowohl 1 1 n n vergenz für z = +1, denn n=1 n (−1) = − ln(2) und ∞ n=1 n (+1) = ∞ zn n=1 n2 : Beispiel P∞ 1 P∞ Beispiel P∞ Aus dem Majorantenkriterium folgt sofort R ≥ 1, denn ist eine konvergente Reihe. Diese Potenzreihe konvergiert somit für n=1 n2 alle z ∈ B1 (0). Aus dem Quotientenkriterium folgt R = 1. Somit divergiert diese Potenzreihe für alle z ∈ C\B1 (0). 17+i k k=0 (k+1)! z : Wegen 17+i (k+2)! 17+i (k+1)! 1 k→∞ −→ 0 = k + 2 ist nach Quotientenkriterium der Konvergenzradius R = ∞. P∞ 2i 2j+1 k für k = 2j + 1 und ak = i für Beispiel k=0 ak (z − i) mit ak = ( 3 ) k = 2j. Da a2j+2 a2j+1 ( 23 )2j+1 1 3 2j+1 2 2j+1 und a2j = = a2j+1 = ( 2 )2j+1 = 2 1 3 3 gilt, ist die Folge (| ak+1 ak |)k∈N q p |a2j | = 2j |i| = 1 2j nicht konvergent. Es gilt aber und q |a2j+1 | = 2j+1 q 2j+1 2i 2j+1 3 = 2 3 und damit lim sup p p k |ak | = lim sup k |ak | = 1 , n→∞ k≥n k→∞ wegen 2 2 2 2 sup 1, , 1, , . . . = sup , 1, , 1, . . . = 1 . 3 3 3 3 Der Konvergenzradius ist also R = Beispiel Die Potenzreihen ichen Konvergenzradius. P∞ 1 1 k=0 ck z = 1. k und P∞ k=0 k · ck z k−1 haben den gle- P∞ P k k Beispiel Die Potenzreihen ∞ k=0 ck+1 z haben den gleichen k=0 ck z und Konvergenzradius: Wir bezeichnen mit R1 bzw. R2 die Konvergenzradien dieser beiden Potenzreihen. Schritt 1: Wir zeigen R2 ≥ R1 : Ist R1 = 0, so ist nichts zu zeigen. Sei also R1 > 0 und z ∈ BR1 (0). Da für z = 0 beide Potenzreihen konvergieren, können wir z0 ∈ C mit |z| < |z0 | < P∞|z| > 0k annehmen. Wir wählen ferner k R1 . Da k=0 ck z0 absolut konvergiert, ist (|ck z0 |)k∈N eine Nullfolge. Wir setzen θ := |z|z|0 | ∈ (0, 1). Dann existiert N0 ∈ N, sodass für alle n ≥ N0 |cn+1 z n | = |cn+1 z0n+1 | |z| · θn+1 < θn+1 gilt, da |z| > 0 ist und |ck z0k | < |z| giltPfür alle k ≥ N0 , wobei N0 von |z| ∞ n abhängt. Da die Geometrische Reihe n=0 θ konvergiert, folgt aus dem P n Majorantenkriterium, dass auch cn+1 z (absolut) konvergiert. Da z ∈ BR1 (0) beliebig gewählt war, folgt R2 ≥ R1 . Schritt 2: Wir zeigen R1 ≥ R2 : Wir können wieder R2 > 0 annehmen und wählen wieder z ∈ BR2 (0) und z0 ∈ C mit |z| < |z0 | < R2 . Wieder ist (|ck+1 z k |)k∈N eine Nullfolge. Wie eben existiert N0 ∈ N, sodass für alle n ≥ N0 |cn+1 z n+1 | = |cn+1 z0n | · θn · |z| < θn gilt. Wir erhalten R1 ≥ R2 . Insgesamt folgt R1 = R2 . 2 Gleichmäßige Konvergenz Sei K = R oder K = C und X ⊆ K. Definition Seien fn , f : X → K Abbildungen mit n ∈ N. a) Die Folge (fn )n∈N heißt punktweise konvergent gegen f , falls für alle z ∈ X und für alle ε > 0 ein N = N (ε, Z) ∈ N existiert, so dass für alle n ≥ N gilt: |fn (z) − f (z)| < ε. b) Die Folge (fn )n∈N heißt gleichmäßig konvergent gegen f , falls für alle ε > 0 ein N (ε) ∈ N existiert, so dass für alle z ∈ X und alle n ≥ N (ε) gilt: |fn (z) − f (z)| < ε. Für eine beschränkte Abbildung f : X → K definiert man kf k∞ := sup{|f (z)| : z ∈ X} . Man nennt kf k∞ die Supremumsnorm von f . Ist etwa X kompakt und f stetig, so ist f beschränkt. Mit dieser Schreibweise konvergiert eine Folge (fn )n∈N genau dann gleichmäßig gegen f , wenn limn→∞ kf − fn k∞ = 0 gilt. Satz (Cauchykriterium) Eine Folge (fn )n∈N von Abbildungen fn : X → K konvergiert genau dann gleichmäßig (gegen eine Funktion f : X → K), wenn es für alle ε > 0 ein N (ε) ∈ N gibt, so dass für alle n, m ≥ N (ε) gilt: kfn − fm k∞ < ε. Satz Eine Folge (fn )n∈N von Abbildungen fn : X → K konvergiere gleichmäßig gegen f : X → K. Sind die Abbildungen fn stetig für alle n ∈ N, ist auch f stetig. Satz (Weierstrasskriterium) Seien gk : X → K beschränkt. Konvergiert P P kg k , so konvergiert die Folge der Partialsummen ( nk=0 gk )n∈N die Reihe ∞ ∞ k k=0 gleichmäßig. Beispiel Sei f (z) := dius R > 0 und P∞ k=0 ck (z − z0 )k eine Potenzreihe mit Konvergenzra- fn (z) := n X ck (z − z0 )k k=0 die Folge der Partialsummen. Ist 0 < r < R, so konvergiert (fn )n∈N0 auf der kompakten Menge Br (z0 ) := {z ∈ C : |z − z0 | ≤ r} gleichmäßig gegen f . Für Riemann-integrierbare Funktionen f : [a, b] → R wurde das RiemannRb Integral a f (t)dt definiert. Ist f : [a, b] → C komplex-wertig, so schreiben wir f (t) = u(t) + i · v(t) und definieren Z b Z b i hZ b u(t) dt + i · v(t) dt ∈ C , f (t) dt = a a a falls u, v : [a, b] → R Riemann-integrierbar sind. Stetig Funktionen auf kompakten Intervallen sind etwa Riemann-integrierbar. Ist also U ⊆ C offen, f : U → C stetig und γ : [a, b] → U eine stetig differenzierbare Kurve, so ist das Kurvenintegral Z Z b f (z) dz = f (γ(t)) · γ 0 (t) dt γ a wohldefiniert, da [a, b] kompakt ist, t 7→ f (γ(t)) und t 7→ γ 0 (t) stetig sind und somit auch t 7→ f (γ(t)) · γ 0 (t). Satz Eine Folge von Riemann-integrierbaren Funktionen fn : [a, b] → K konvergiere gleichmäßig gegen f : [a, b] → K. Dann ist f ebenfalls Riemannintegrierbar und es gilt Z b Z b fn (t) dt . f (t) dt = lim n→∞ a a Achtung: Im Allgemeinen lassen sich Integral und Grenzwert nicht vertauschen! Beispiel Betrachte die Abbildungen fn : R → R, die gegeben sind durch x − (n − 1) fn (x) := −1 + (n + 1) 0 falls n − 1 ≤ x < n, falls n ≤ x < n + 1, sonst. Dann konvergiert (fn )n∈N punktweise gegen die Nullabbildung f . Es gilt 1 fn n−1 aber R∞ n+1 −∞ fn (x) dx = 1 und somit Z ∞ Z lim fn (x) dx = 1 6= 0 = n→∞ −∞ ∞ −∞ f (x) dx = 0. P k mit KonBeispiel Sei f (z) := ∞ k=0 ck (z − z0 ) eine komplexe Potenzreihe P vergenzradius R > 0 und sei 0 < r < R. Setze fn (z) := nk=0 ck (z − z0 )k . Dann gilt Z Z f (z) dz = lim n→∞ |z−z |=r 0 |z−z0 |=r fn (z) dz . Um diese Kurvenintegrale zu berechnen, parametrisieren wir den Rand durch eine geschlossene Kurve γ : [0, 2π] → C, t 7→ γ(t) := z0 + r · eit . Es gilt Z Z 2π f (z) dz = |z−z0 |=r f (γ(t)) · γ 0 (t) dt 0 Z 2π f (z0 + reit ) · i · reit dt = 0 Z 2π lim fn (z0 + reit ) · i · reit dt = n→∞ 0 Z 2π = lim 0 n→∞ n X ck · (reit )k · i · reit dt . k=0 Um den Grenzwert und das Integral vertauschen zu können, muss die gleichmäßige Konvergenz der Integranden überprüft werden. Dazu definieren wir gn : [0, 2π] → C vermittels gn (t) := n X (reit )k · i · reit . k=0 Dann gilt für n ≤ m ∈ N m X |gm (t) − gn (t)| = | ck · (reit )k · i · reit | ≤ r · m X |ck | · rk . k=n+1 k=n+1 P∞ k für z ∈ ∂B (z ) ⊆ B (z ) absolut konvergiert Da die Reihe 0) P r 0 R 0P P∞ k=0 ck (z −z k erfüllt, ist ( n k und dort k=0 |ck (z − z0 )k | = ∞ |c |r k k=0 k=0 |ck |r )n∈N eine (reelle) Cauchy-Folge. Also ist auch (gn )n∈N eine Cauchy-Folge (bzgl. k·k∞ ) und konvergiert nach dem Cauchykriterium gleichmäßig. Es folgt Z Z 2π Z 2π Z f (z) dz = lim gn (t) dt = lim gn (t) dt = lim fn (z) dz . γ 0 n→∞ n→∞ 0 n→∞ γ 3 Topologie von C Für z0 ∈ C und r > 0 setzt man Br (z0 ) := {z ∈ C : |z − z0 | < r} . Man nennt Br (z0 ) den offenen Ball vom Radius r > 0 um z0 . Definition (offen, abgeschlossen) Eine Teilmenge U ⊆ C heißt offen, falls für jedes z0 ∈ U ein ε > 0 existiert mit Bε (z0 ) ⊆ U . Eine Teilmenge A ⊆ C heißt abgeschlossen, falls C \ A offen ist. Satz (Vereinigungen und endliche Schnitte offener Mengen) Seien ISeine Indexmenge und Ui ⊆ C offen für alle i ∈ I. Dann ist die Vereinigung i∈I Ui ⊆ C offen. Seien n T∈ N und Ui ⊆ C offen für alle 1 ≤ i ≤ n. Dann ist der (endliche) Schnitt ni=1 Ui ⊆ C offen. Lemma und Definition (Inneres, Abschluss, Rand) Sei V ⊆ C. Die Menge [ ◦ V := {U ⊆ V | U offen} ist die größte in V enthaltene offene Menge und heißt Inneres von V . Man ◦ schreibt auch V = int(V ). Die Menge \ V := {A ⊇ V | A abgeschlossen} ist die kleinste abgeschlossene Menge, die V enthält, und heißt Abschluss von V . Die Menge ◦ ∂V := V \V heißt Rand von V . Sei Q2 = {(x, y) ∈ R2 | x, y ∈ Q}. Dann gilt int(Q2 ) = ∅, Q2 = R2 und ∂Q2 = R2 . ◦ Satz Sei V ⊆ C. Dann gilt V = V \ (∂V ∩ V ) und V = V ∪ ∂V . Beispiel Für r > 0 ist Br (0) ⊆ C offen und es gilt int(Br (0)) = Br (0), Br (0) = {z ∈ C : |z| ≤ r}, ∂Br (0) = {z ∈ C : |z| = r}. Definition (Kompaktheit) Eine Teilmenge K ⊆ C heißt kompakt, falls jede Folge (xn )n∈N in K, d.h. xn ∈ K für alle n ∈ N, eine konvergente Teilfolge (xnj )j∈N mit Grenzwert limj→∞ xnj = x in K besitzt. Man nennt eine Teilmenge X ⊆ C beschränkt, falls r > 0 existiert mit X ⊆ Br (0). Satz (Heine-Borel) Eine Teilmenge K ⊆ C ist genau dann kompakt, wenn sie abgeschlossen und beschränkt ist. Satz Sei f : K → K stetig und K ⊆ C kompakt. Dann ist auch f (K) ⊆ K kompakt. Satz Stetige Funktionen nehmen auf kompakten Mengen ihr Maximum und Minimum an: Ist K ⊆ K kompakt und f : K → R stetig, so existieren xm , xM ∈ K mit f (xm ) = min{f (x) | x ∈ K} und f (xM ) = max{f (x) | x ∈ K} . Definition Sei U ⊆ C offen. Dann nennt man U zusammenhängend, falls gilt: Ist U = U1 ∪ U2 mit U1 , U2 ⊆ C offen und U1 ∩ U2 = ∅, so folgt schon U1 = ∅ oder U2 = ∅. Definition (relativ offen/abgeschlossen) Sei X ⊆ C. Eine Teilmenge V ⊆ X heißt relativ offen (in X), wenn es eine offene Teilmenge U ⊆ C gibt mit V = U ∩ X. Entsprechend heißt V relativ abgeschlossen (in X), wenn es eine abgeschlossene Menge A ⊆ C mit V = A ∩ X gibt. Beispiel Sei X := {z ∈ C | Im(z) ≥ 0}. Dann ist V := {z ∈ C : |z| < 1 und Im(z) ≥ 0} relativ offen in X, da V = X ∩ B1 (0). (Aber nicht offen in C!) 4 Differenzierbarkeit im R2 Für eine Abbildung F : U → R2 mit U ⊆ R2 offen bezeichnen wir im Folgenden die Komponentenfunktionen mit u und v, d.h. es ist u(x, y) F (x, y) = . v(x, y) Definition (partiell differenzierbar) Seien U ⊆ R2 offen, F : U → R2 , x0 eine Abbildung und y0 ∈ U . Die Abbildung F heißt partiell differenzierbar in xy00 , falls die Grenzwerte ∂u ∂x ∂u ∂y (x0 , y0 ) = lim ∂v ∂x (x0 , y0 ) = h→0 ∂v ∂y (x0 , y0 ) = lim u(x0 +h,y0 )−u(x0 ,y0 ) , h u(x0 ,y0 +h)−u(x0 ,y0 ) , h h→0 lim v(x0 +h,y0h)−v(x0 ,y0 ) , h→0 v(x0 ,y0 +h)−v(x0 ,y0 ) h h→0 (x0 , y0 ) = lim existieren. F heißt partiell differenzierbar, wenn F in allen z0 = partiell differenzierbar ist. x0 y0 ∈U Definition (Jacobi-Matrix) Ist U ⊆ R2 offen, F : U → R2 partiell dif x0 ferenzierbar und z0 = y0 ∈ U . Dann heißt die Matrix ! (JF )z0 := ∂u ∂x ∂v ∂x ∂u ∂y ∂v ∂y (z0 ) die Jacobi-Matrix von F im Punkt z0 . Bemerkung: Die Begriffe der partiellen Differenzierbarkeit und der JacobiMatrix lassen sich analog für beliebige Dimensionen n ≥ 1 definieren. Im Fall n = 1 stimmt die Jacobi-Matrix mit der gewöhnlichen Ableitung überein: Sind I ⊆ R ein offenes Intervall und F : I → R differenzierbar, so ist (JF )t0 = (F 0 (t0 )). Definition (total differenzierbar) Seien U ⊆ R2 offen, F : U → R2 eine Abbildung und z0 ∈ U . Die Abbildung F heißt total differenzierbar in z0 , falls eine lineare Abbildung A : R2 → R2 und eine Abbildung ϕ : R2 → R2 mit limh→0 ϕ(h) khk = 0 existieren, so dass F (z0 + h) = F (z0 ) + A · h + ϕ(h) für alle h ∈ R2 mit z0 + h ∈ U gilt. Wir setzen (DF )z0 := A. Die Abbildung F heißt total differenzierbar, falls F in allen Punkten z0 ∈ U total differenzierbar ist. Satz Ist U ⊆ R2 offen und F : U → R2 total differenzierbar, so ist die Jacobi-Matrix die darstellende Matrix der linearen Abbildung (DF )z0 α 2 (bezüglich der Standardbasis), d.h. für alle z0 ∈ U und alle β ∈ R gilt α α . = (Jf )z0 · (DF )z0 β β Bemerkung: Im Fall n = 1 sind die Begriffe der partiellen und totalen Differenzierbarkeit äquivalent und stimmen mit dem bekannten Differenzierbarkeitsbegriff überein. Ist also I ⊆ R ein offenes Intervall und F : I → R differenzierbar (im Sinne von Analysis 1), so ist F auch total differenzierbar und es gilt (DF )t0 = F 0 (t0 ). Definition (stetig partiell differenzierbar) Seien U ⊆ R2 offene Menge, F : U → R2 partiell differenzierbar und z0 ∈ U . Dann heißt F stetig par∂u ∂v ∂v tiell differenzierbar in z0 , falls ∂u ∂x , ∂y , ∂x und ∂y in z0 stetig sind. F heißt stetig partiell differenzierbar, falls F in allen Punkten z ∈ U stetig partiell ∂u ∂v ∂v 2 differenzierbar ist, d.h. falls die Abbildungen ∂u ∂x , ∂y , ∂x , ∂y : U → R stetig sind. Satz Seien U ⊆ R2 offen und F : U → R2 eine Abbildung. Dann gilt: a) Ist F stetig partiell differenzierbar, so ist F auch total differenzierbar. b) Ist F total differenzierbar, so ist F auch partiell differenzierbar. Achtung: Die Umkehrungen gelten nicht! (Ausnahme: n = 1, s.o.) Beispiel Betrachte 3 x + x2 y − y F (x, y) = . sin(x) − y 2 Dann sind die Komponentenfunktionen stetig differenzierbar nach x und y und es gilt 3x2 + 2xy x2 − 1 (Jf )(x) := . cos(x) −2y y Somit ist F stetig partiell differenzierbar. Definition Sei [a, b] ⊆ R ein Intervall und γ : [a, b] → R2 eine stetig 0 0 (t) = γ1 (t) stetig. Die differenzierbare Kurve, d.h. für γ(t) = γγ12 (t) ist γ 0 (t) γ2 (t) Länge von γ ist definiert durch Z b L(γ) := kγ 0 (t)k dt . a Die darstellende Matrix einer linearen Abbildung Eine Abbildung f : R2 → R2 heißt linear, falls für alle v, w ∈ R2 und alle λ ∈ R gilt: f (v + w) = f (v) + f (w) und f (λv) = λf (v). Ist f : R2 → R2 eine lineare Abbildung und (b1 , b2 ) eine Basis von R2 , so existiert eine eindeutige (2 × 2)-Matrix M(b1 ,b2 ) (f ), so dass Folgendes gilt: Identifiziert man Vektoren der Form α·b1 +β·b2 ∈ R2 mit αβ und umgekehrt, so gilt α α f = M(b1 ,b2 ) (f ) · . (4.1) β β Wir berechnen die Matrix M(b1 ,b2 ) (f ). Da (b1 , b2 ) eine Basis von R2 ist, existieren eindeutig bestimmte reelle Zahlen a11 , a21 mit f (b1 ) = a11 b1 + a21 b2 . Ferner existieren eindeutig bestimmte reelle Zahlen a12 , a22 mit f (b2 ) = a12 b1 + a22 b2 . Dann gilt a11 a12 M(b1 ,b2 ) (f ) = . a21 a22 Dies zeigt man wie folgt: Um die Identität (4.1) zu verifizieren, genügt es (4.1) für αβ = 10 und αβ = 01 nachzuweisen, da f linear ist. Auf diese Weise hatten wir aber gerade die Koeffizienten aij berechnet. Merksatz: ”‘Die Spalten der Matrix sind die Bilder der Basisvektoren.”’ Ist umgekehrt A= a11 a12 a21 a22 eine Matrix mit reellen Einträgen, so ist die Abbildung f : R2 → R2 , v 7→ A·v linear mit f (e1 ) = a11 e1 + a21 e2 und f (v2 ) = a12 e1 + a22 e2 , wobei (e1 , e2 ) die Standardbasis von R2 bezeichnet. Die darstellende Matrix M(e1 ,e2 ) (f ) bezüglich (e1 , e2 ) ist dann natürlich gerade A.