Anwendung von Apixaban Guidelines der Expertengruppe Erarbeitet durch die Expertengruppe: Prof. Dr. D. R. Spahn, Prof. Dr. A. Borgeat, Prof. Dr. C. Kern, Prof. Dr. W. Korte, Prof. Dr. F. Mach, Prof. Dr. K. Nedeltchev, Prof. Dr. P. Ravussin Überarbeitete Ausgabe November 2013 *Die aktuellste Version der Guidelines finden Sie auf der Website www.sgar-ssar.ch Die Expertengruppe wird von Bristol-Myers Squibb SA und Pfizer AG unterstützt. Die Inhalte dieser Guideline geben nur die Meinungen der Mitglieder der Arbeitsgruppe wieder. Inhaltsverzeichnis 1. Apixaban-Dosierung in den zugelassenen Indikationen a.Standarddosierung b. Eingeschränkte Nierenfunktion c.Leberfunktionsstörung d. Alter, Gewicht, Serum-Kreatinin e. Einnahme einer Dosis vergessen 2. Einstellen eines Patienten auf Apixaban a. Postoperativer Dosierungsbeginn nach elektiven Hüft- oder Kniegelenksersatzoperationen 2 3. Management von Patienten unter Apixaban vor invasiven Verfahren und chirurgischen Eingriffen a. Patienten ohne zusätzliches Blutungsrisiko b. Patienten mit zusätzlichem Blutungsrisiko c. Nicht-elektive Eingriffe, Notfalleingriffe 4. Management von Patienten unter Apixaban bei Spinal- und Epiduralanästhesie, tiefen Blöcken und peripheren Nervenblockaden a. Spinal- und Epiduralanästhesie sowie tiefe Blöcke b. Periphere Nervenblockaden 5. Umstellung von anderen Antikoagulantien auf Apixaban und umgekehrt a. Umstellung von VKA auf Apixaban b. Umstellung von parenteralen Antikoagulantien auf Apixaban und umgekehrt c. Umstellung von Apixaban auf VKA 4 6 7 8 9 6. Pharmakokinetischer Vergleich zwischen Apixaban, NMH und VKA 10 7. Messung von Apixaban 12 8. Einfluss auf Gerinnungstests 13 9.Interaktionspotential a. Erhöhtes Blutungsrisiko bei Kombination mit Thrombozytenaggregationshemmern 14 10.Keine Anwendung bei 16 11.Überdosierung/Intoxikation 16 12.Management einer aktiven Blutung bei Verdacht auf Apixaban-Einnahme a.Labortests b. Zusätzliche Risikoabklärung c. Einleiten der spitalüblichen Massnahmen bei Blutungen d. Weiterhin diffuse Blutung ohne ersichtliche Quelle e.Antidot 17 Vorwort Apixaban ist ein orales Antikoagulans, das zur Prophylaxe von venösen Thromboembolien (VTE) nach elektiver Hüft- oder Kniegelenkersatzoperation sowie zur Prävention von Schlaganfall und systemischer Embolie bei nicht-valvulärem Vorhofflimmern für Erwachsene zugelassen ist.1 Die Wirksamkeit und Sicherheit von Apixaban wurde in diesen Indikationen in Studien mit über 35‘000 Patienten gezeigt2-6. Diese Expertengruppe hat eine Hilfestellung bezüglich der richtigen Anwendung von Apixaban erarbeitet. Ein Fokus liegt dabei auf der Durchführung von Spinal- und Epiduralanästhesien sowie tiefen Blöcken und auf dem perioperativen Management. Dem hier empfohlenen Vorgehen liegen unter anderem die Originaldaten der Studien ADVANCE2-4, ARISTOTLE5 und AVERROES6, die Expertenmeinung basierend auf der Europäischen7 und Schweizer Fachinformation1 und Analogie-Schlüsse aus den Empfehlungen zu Lokoregionalanästhesien bei Patienten unter niedermolekularem Heparin zugrunde. Es freut uns, Ihnen mit diesen vom SGAR-Vorstand unterstützten Richtlinien eine Hilfestellung in der Anwendung von Apixaban bieten zu können. Prof. Dr. med. Donat R. Spahn Prof. Dr. med. Alain Borgeat Vorsitzende der Expertengruppe «Apixaban and Anesthesiology» 3 1. Apixaban-Dosierung in den zugelassenen Indikationen1 Anwendungsgebiete: Zur Prophylaxe venöser Thromboembolien (VTEp) bei erwachsenen Patienten nach elektiven Hüft- oder Kniegelenksersatzoperationen. Zur Prophylaxe von Schlaganfällen und systemischen Embolien bei erwachsenen Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern (nvVHF). a.Standarddosierung1 Thromboseprophylaxe Prophylaxe von Schlaganfällen und systemischen Embolien Nach orthopädischen Eingriffen Bei Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern Einnahme 2x täglich 2x täglich Dosierung 2.5 mg 5 mg Körpergewicht, Geschlecht, ältere Patienten: • VTEp: keine Dosisanpassung • nvVHF: keine Dosisanpassung, solange die Kriterien für eine Dosisreduktion nicht erfüllt sind (siehe Tabelle in Abschnitt d «Alter, Gewicht, Serum-Kreatinin») b. Eingeschränkte Nierenfunktion1 Thromboseprophylaxe Prophylaxe von Schlaganfällen und systemischen Embolien Nach orthopädischen Eingriffen Bei Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern 2x täglich 2x täglich ≥ 50 2.5 mg 5 mg 30–49 2.5 mg 5 mg 15–29 2.5 mg 5 mg < 15 Nicht empfohlen Nicht empfohlen Dosierung Kreatinin-Clearance (ml/min) Einnahme • nvVHF: keine Dosisanpassung, solange die Kriterien für eine Dosisreduktion nicht erfüllt sind (siehe Tabelle in Abschnitt d «Alter, Gewicht, Serum-Kreatinin») 4 c.Leberfunktionsstörung1 Thromboseprophylaxe Prophylaxe von Schlaganfällen und systemischen Embolien Nach orthopädischen Eingriffen Bei Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern 2x täglich 2x täglich Child-Pugh A/B 2.5 mg* 5 mg* Child-Pugh C Kontraindiziert Kontraindiziert Koagulopathie mit klinisch relevantem Blutungsrisiko Kontraindiziert Kontraindiziert Einnahme Dosierung * mit Vorsicht d. Alter, Gewicht, Serum-Kreatinin1 Einnahme Dosierung Mind. 2 der 3 folgenden Faktoren: • Alter ≥80 Jahre • Gewicht ≤60 kg • Serum-Kreatinin ≥1.5 mg/dl (133 μmol/l) Thromboseprophylaxe Prophylaxe von Schlaganfällen und systemischen Embolien Nach orthopädischen Eingriffen Bei Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern 2x täglich 2x täglich Keine Dosisanpassung notwendig 2.5 mg e. Einnahme einer Dosis vergessen1 Wenn eine Dosis vergessen wurde, sollte der Patient Apixaban sofort einnehmen und danach mit der zweimal täglichen Einnahme wie gewohnt fortfahren. 5 2. Einstellen eines Patienten auf Apixaban1 Start mit indizierter Dosis gemäss Indikation, siehe Kapitel 1. Die folgenden Abklärungen sind vorgängig notwendig: • Liegen Kontraindikationen vor (siehe Kapitel 10)? • Bestimmung der Kreatinin-Clearance und Leberfunktion ev. Dosisanpassung oder Anwendung nicht empfohlen (siehe Kapitel 1b und 1c) • Blutungsanamnese • Bei Patienten mit hohem Blutungsrisiko Hämoglobin-Ausgangswert bestimmen a. Postoperativer Dosierungsbeginn nach elektiven Hüft- oder Kniegelenksersatzoperationen Die erste Dosis Apixaban wird 12 bis 24 Stunden postoperativ verabreicht.1 Dies ermöglicht die Einnahme am Morgen nach der Operation und lässt Zeit für die Beobachtung des Patienten, bevor die Behandlung mit Apixaban begonnen wird. Zudem erlaubt dieses Zeitfenster den Eintritt der physiologischen Hämostase (8 h)8, das Abklingen postoperativer Übelkeit und des Risikos für Erbrechen9, bevor eine Behandlung mit einem Antikoagulans begonnen wird. Möglicher zeitlicher Verlauf der Prophylaxe mit Apixaban beginnend nach einer Operation. elektiver Knieersatz Patient A Morgenmedikation inkl. erster Apixaban-Tablette für Patienten A, B, C elektiver Knieersatz Patient C elektiver Hüftersatz Patient B 8:00 6 10:00 Tageszeit 14:00 0:00 6:00 3. Management von Patienten unter Apixaban vor invasiven Verfahren und chirurgischen Eingriffen Ein invasives Verfahren oder eine Operation darf frühestens 24 h nach der letzten Einnahme von Apixaban durchgeführt werden.7 Falls derartige Eingriffe nicht verzögert werden können, muss mit entsprechender Vorsicht unter Berücksichtigung eines erhöhten Blutungsrisikos vorgegangen werden. Das Blutungsrisiko sollte gegen die Dringlichkeit des Eingriffes abgewogen werden. a. Patienten ohne zusätzliches Blutungsrisiko Apixaban sollte mindestens 24 Stunden vor der geplanten Operationen oder dem invasiven Eingriff abgesetzt werden.7 Dies schliesst Eingriffe ein, für die jegliche mögliche Blutung als minimal eingeschätzt wird, deren Lokalisation unkritisch ist oder die leicht zu kontrollieren ist. * Letzte Apixaban-Dosierung Eingriff Wiederaufnahme der OAK am Tag nach dem Eingriff ≥24 h vor Eingriff *Entspricht nicht der Originalgrösse b. Patienten mit zusätzlichem Blutungsrisiko Apixaban sollte mindestens 48 Stunden vor der geplanten Operation oder dem invasiven Eingriff abgesetzt werden.7 Diese Empfehlung bezieht sich auch auf Eingriffe, für die ein klinisch relevantes Blutungsrisiko nicht ausgeschlossen werden kann oder für die ein Blutungsrisiko nicht akzeptabel ist (z.B. Hirn, Rückenmark, Auge, etc.). * Letzte Apixaban-Dosierung ≥48 h vor Eingriff Eingriff Wiederaufnahme der OAK so früh wie möglich *Entspricht nicht der Originalgrösse c. Nicht-elektive Eingriffe, Notfalleingriffe7,10 Wenn die Operation bzw. der invasive Eingriff nicht verschoben werden kann, sollten unter Berücksichtigung des Blutungsrisikos entsprechende Vorsichtsmassnahmen ergriffen werden (siehe auch Kapitel 12, Management einer aktiven Blutung bei Verdacht auf Apixaban-Einnahme). Das Blutungsrisiko sollte gegen die Dringlichkeit des Eingriffes abgewogen werden. Auch wenn eine Behandlung mit Apixaban keine Routineüberwachung der Exposition erfordert, kann der Rotachrom® Anti-FXa-Test in Ausnahmesituationen nützlich sein, wenn die Kenntnis der Apixaban-Exposition bei klinischen Entscheidungen hilfreich sein könnte, z.B. bei Überdosierungen und Notfalloperationen (siehe Abschnitt zu Gerinnungstests). 7 4. Management von Patienten unter Apixaban bei Spinal- und Epiduralanästhesie, tiefen Blöcken und peripheren Nervenblockade a. Spinal- und Epiduralanästhesie sowie tiefe Blöcke wie Psoas-Kompartment, Ischiadicus nach Labat Epidurale oder intrathekale Verweilkatheter müssen spätestens 6 Stunden vor der ersten Dosis von Apixaban entfernt werden und die Patienten müssen engmaschig kontrolliert werden.1 Epidural/intrathekal OP-Ende Verweilkatheter ziehen 12–24 h 6h * * 12 h * 12 h 12 h *Entspricht nicht der Originalgrösse Sollte irrtümlicherweise ein Katheter belassen worden sein, empfehlen wir entsprechend den ESA Guidelines11 diesen Katheter nach 2 Eliminationshalbwertszeiten von Apixaban, nach 26-30 h zu entfernen und den Patienten engmaschig hinsichtlich der Symptome einer neurologischen Schädigung zu überwachen. Zur Regionalanästhesie in Patienten mit Apixaban liegen aus den Studien ARISTOTLE5, AVERROES6 und ADVANCE2-4 keine Daten vor. b. Periphere Nervenblockaden Bei peripheren Nervenblockaden sind keine besonderen Massnahmen notwendig. Allerdings gilt es, das mit dem möglichen Eingriff assoziierte Blutungsrisiko und die entsprechenden Empfehlungen zu beachten (siehe Kapitel 3). 8 5. Umstellung von anderen Antikoagulantien auf Apixaban und umgekehrt Vor der Umstellung auf Apixaban sollten die im Kapitel 2 beschriebenen Abklärungen getroffen werden. a. Umstellung von VKA auf Apixaban Bei Umstellung auf Apixaban sollte die VKA-Therapie beendet werden. Die Behandlung mit Apixaban kann beginnen, sobald der International Normalized Ratio (INR-) Wert <2.0 ist.1 Stopp der VKA-Behandlung E Regelmässige INR-Messung bis INR <2 E Start der Apixaban-Einnahme b. Umstellung von parenteralen Antikoagulantien auf Apixaban und umgekehrt Niedermolekulare Heparine (NMH): Diese Antikoagulantien haben eine sehr ähnliche Pharmakokinetik und können daher 1:1 ausgetauscht werden (Pharmakokinetik siehe Kapitel 6). Die Umstellung der Behandlung von NMH auf Apixaban (und umgekehrt) kann bei der nächsten geplanten Gabe erfolgen. Letzte NMH-Dosis E Beginn mit Apixaban 2x tgl. bei der nächsten planmässigen Dosis Letzte Apixaban-Dosis E Beginn mit NMH bei der nächsten planmässigen Dosis Daten zum Umstellen von Fondaparinux auf Apixaban liegen nicht vor. Fondaparinux hat eine deutlich längere HWZ als die NMH (13-21 h).12 Unfraktionierte Heparine (Liquemin i.v.): Die erste Dosis Apixaban sollte innerhalb von 4 h nach Absetzen der i.v. Infusion eingenommen werden.* c. Umstellung von Apixaban auf VKA Bei Therapiewechsel von Apixaban auf VKA soll Apixaban während 48 Stunden nach erster Dosisgabe des VKA weiterhin angewendet werden.1 Apixaban-Einnahme mind. noch 2 Tage nach VKA-Beginn weiterführen E INR-Messung nach 2 Tagen vor Einnahme der nächsten Apixaban-Dosis E Apixaban-Einahme zusammen mit VKA fortsetzen bis INR ≥ 2 * Nicht publizierte Expertenmeinung. 9 6. Pharmakokinetischer Vergleich zwischen Apixaban, NMH und VKA Apixaban 10 Enoxaparin Phenprocoumon Acenocoumarol Bioverfügbarkeit s.c. ca. 100%13 ca. 50%1 Einnahme mit oder ohne Nahrung* 100% mind. 60%14 Plasmaspiegel Plafonierung? bis 10 mg lineare Pharmakokinetik, >10 mg Absorption limitiert und Bioverfügbarkeit vermindert1 Nein, sehr hohe Spiegelwerte möglich13 Nein, sehr hohe Spiegelwerte möglich Nein, sehr hohe Spiegelwerte möglich Zeit zur maximalen Konzentration (tmax) 3–4 h1 3–5 h Antikoagulation: Wirkungseintritt Rascher Wirkeintritt15 Nach 30 min 48-72 h Volle Wirkung nach 5-7 Tagen16 ca. 36–72 h14 HWZ Ca. 12 h1 (12 h bei 18–40 Jahren; 15 h bei 65 Jahren)17 4–7 h13 ca. 160 h16 8–11 h14 Einfluss der Nierenfunktion auf Antikoagulans-Spiegel Gering 27% werden renal eliminiert1 Gross Gering Hauptsächlich Hauptsächlich herenal eliminiert13 patisch eliminiert16 HWZ 17 h bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz18 Akkumulation nicht ausgeschlossen14 Zeitpunkt nach Absetzen, bei dem die Hämostase durch das Antikoagulans nur noch wenig beeinflusst ist** 24-30 h Prophylaktisch: >6h INR 2.5 > 60–88 h INR 2.5 > 48–72 h Therapeutisch: >8h Starke Unterschiede Starke Unterschiede zwischen Patienten zwischen Patienten Patienten bezogene Faktoren, welche diesen Zeitpunkt verlängern können** Nierenfunktion, Leberfunktion Nierenfunktion Höhe der Erhaltungsdosis, Ernährung, Co-Medikation, Leberfunktion 1-3 h nach einmaliger Einnahme von 10 mg14 Höhe der Erhaltungsdosis, Ernährung, Co-Medikation, Leberfunktion Apixaban hat eine ähnliche Pharmakokinetik wie die niedermolekularen Heparine. Der Plasmaspiegel flutet schnell an und ab. Die Wirkung setzt rasch ein, maximale Blutspiegel werden nach 3-4 h erreicht.1 Apixaban hat eine Bioverfügbarkeit von etwa 50% und wird über renale (27%) und nicht-renale Eliminationswege (inkl. Metabolismus und biliäre Ausscheidung) ausgeschieden.1 * Bei einer Dosis von 10 mg hat die Einnahme zusammen mit Nahrung keinen Einfluss auf die AUC oder die Cmax von Apixaban.1 ** Nicht publizierte Expertenmeinung. 11 7. Messung von Apixaban Die Anti-FXa-Aktivität durch Apixaban ist anhand einer verminderten Faktor-Xa-Enzymaktivität in mehreren kommerziell erhältlichen Anti-FXa-Test-Kits nachweisbar. Die Ergebnisse unterscheiden sich jedoch in den einzelnen Test-Kits. Daten aus klinischen Studien liegen nur für den chromogenen Rotachrom-Heparin-Test vor.7 VTEp1,7 Apixaban 2.5 mg 2x tgl., Steady State: Erwartete maximale Anti-FXa-Aktivität: 1.3 IE/ml (0.67 – 2.4 IE/ml, 5/95 Perzentil) nach 3-4 h. Erwartete minimale Anti-FXa-Aktivität: 0.84 IE/ml (0.37 – 1.8 IE/ml, 5/95 Perzentil) vor nächster Gabe. nvVHF7 Apixaban 5 mg 2x tgl., Steady State: Erwartete maximale Anti-FXa-Aktivität: 2.55 IE/ml (1.36 – 4.79 IE/ml, 5/95 Perzentil) Erwartete minimale Anti-FXa-Aktivität: 1.54 IE/ml (0.61 – 3.43 IE/ml, 5/95 Perzentil) Apixaban 2.5 mg 2x tgl., Steady State: Erwartete maximale Anti-FXa-Aktivität: 1.84 IE/ml (1.02 – 3.29 IE/ml, 5/95 Perzentil) Erwartete minimale Anti-FXa-Aktivität: 1.18 IE/ml (0.51 – 2.42 IE/ml, 5/95 Perzentil) Auch wenn eine Behandlung mit Apixaban keine Routineüberwachung der Exposition erfordert, kann der Rotachrom® Anti-FXa-Test in Ausnahmesituationen nützlich sein, wenn die Kenntnis der Apixaban-Exposition bei klinischen Entscheidungen hilfreich sein könnte (z.B. akute Blutung oder vor notfallmässigem Eingriff).1 12 8. Einfluss auf Gerinnungstests4 Prothrombinzeit (PT), INR und aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT) Unter den zu erwartenden therapeutischen Dosen sind die beobachteten Veränderungen der Gerinnungsparameter gering und sehr variabel. Sie werden nicht zur Beurteilung der pharmakodynamischen Auswirkungen von Apixaban empfohlen.1 Anti-FXa-Tests Der Grad der antikoagulatorischen Aktivität, bestimmt mittels Anti-FXa-Aktivität, steht in enger direkter linearer Beziehung zur Plasmakonzentration von Apixaban.1 Daten aus klinischen Studien liegen nur für den chromogenen Rotachrom-Heparin-Test vor (siehe Kapitel 7).7 Korrelation zwischen Plasmakonzentration von Apixaban und Anti-FXa-Aktivität19 900 Anti-FXa (Apixaban Unit) (ng/ml) 800 r2 =0,8794 700 600 500 400 300 200 100 0 0 100 200 300 400 500 600 700 Apixaban Plasma Konzentration (ng/ml) 800 900 13 9.Interaktionspotential1 • Apixaban ist ein Substrat von CYP3A4 und P-gp. • Apixaban bewirkt keine relevante Inhibition oder Induktion von CYP-Isoformen (inkl. CYP3A4) oder von P-gp, daher wird nicht erwartet, dass Apixaban den Plasmaspiegel anderer Medikamente beeinflusst. • Substanzen, die gleichzeitig starke Inhibitoren oder Induktoren des CYP3A4 und des P-gp-Transporters sind, haben einen klinisch relevanten Einfluss auf den Apixaban-Plasmaspiegel. Klasse oder Substanzen Beispiele Starke Inhibitoren Ketoconazol von CYP3A4 und Itraconazol P-gp Voriconazol Posaconazol Ritonavir Mässige oder schwache Inhibitoren von CYP3A4 und/ oder P-gp Diltiazem Naproxen Starke Induktoren Rifampin von CYP3A4 und Phenytoin P-gp Carbamazepin Phenobarbital Johanniskraut Digoxin Atenolol Famotidin ASS (≤ 100 mg) Clopidogrel (75 mg) NSAR, Naproxen 14 Kombination ApixabanKommentar mit Apixaban Plasmaspiegel ✔ ✔ ä Kombination möglich, Anwendung mit Vorsicht; klinische Überwachung empfohlen Kombination möglich (Kombination mit Naproxen: Blutungsrisiko, siehe NSAR) ✔ Kombination möglich, Anwendung mit Vorsicht ✔ Kombination ohne Einschränkung möglich ✔ Erhöhtes Blutungsrisiko, gleich wie mit VKA oder NMH ✔ Erhöhtes Blutungsrisiko, gleich wie mit VKA oder NMH ✔ Erhöhtes Blutungsrisiko, gleich wie mit VKA oder NMH Klasse oder Substanzen Beispiele Duale Plättchenhemmung Antikoagulantien NMH UFH OAK Kombination ApixabanKommentar mit Apixaban Plasmaspiegel ✘ Erhöhtes Blutungsrisiko ✘ Erhöhtes Blutungsrisiko, Vorgehen bei Wechsel siehe Kapitel 5 Erhöhtes Blutungsrisiko Faktor Xa inhibie- Fondaparinux rende Oligosaccharide ✘ Direkte Thrombin-II-Inhibitoren Desirudin ✘ Thrombolytika Alteplase Urokinase Reteplase Streptokinase Tenecteplase ✘ Abciximab Eptifibatid ✘ Erhöhtes Blutungsrisiko ✘ Erhöhtes Blutungsrisiko GPIIb/IIIa Rezeptorantagonisten Dipyridamol Erhöhtes Blutungsrisiko Erhöhtes Blutungsrisiko a. Erhöhtes Blutungsrisiko bei Kombination mit Thrombozytenaggregationshemmern In der ARISTOTLE-Studie bei Patienten mit Vorhofflimmern erhöhte der zusätzliche Einsatz von Acetylsalicylsäure das Risiko für schwere Blutungen:5 • in der Apixaban-Gruppe von 1.8% auf 3.4% pro Jahr • in der Warfarin-Gruppe von 2.7% auf 4.6% pro Jahr • Einsatz einer begleitenden dualen Plättchenhemmung begrenzt (2.1%) Apixaban in Kombination mit Acetylsalicylsäure und Clopidogrel (Tripeltherapie) wird nicht empfohlen. 15 10. Keine Anwendung bei1 • Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe • Schwangerschaft und Stillzeit • klinisch relevanter aktiver Blutung • Lebererkrankungen, die mit Koagulopathie und klinisch relevantem Blutungsrisiko einhergehen • schwerer Leberinsuffizienz (Child Pugh C) • Kreatinin-Clearance < 15 ml/Min./dialysepflichtiger Niereninsuffizienz • gastrointestinaler ulzerativer Erkrankung • akuter bakterieller Endokarditis Sicherheit und Wirksamkeit von Apixaban wurden bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren nicht bestimmt. 11. Überdosierung/Intoxikation7 Es ist zurzeit kein Antidot für Apixaban verfügbar. Bei gesunden Probanden reduzierte die Gabe von Aktivkohle 2 bzw. 6 Stunden nach Einnahme von 20 mg Apixaban die mittlere Apixaban AUC um 50% bzw. um 27% und hatte keinen Einfluss auf die Cmax. Die mittlere Halbwertszeit von Apixaban wurde von 13.4 Stunden, wenn Apixaban allein eingenommen wurde, auf 5.3 bzw. 4.9 Stunden reduziert, wenn Aktivkohle 2 bzw. 6 Stunden nach Apixaban gegeben wurde. Daher könnte die Gabe von Aktivkohle zur Behandlung einer Überdosierung oder versehentlichen Einnahme sinnvoll sein. Wichtig: Bei Dosen >10 mg zeigt Apixaban eine durch die Löslichkeit begrenzte Resorption mit verminderter Bioverfügbarkeit1; dies könnte die aufgenommene Menge an Apixaban begrenzen, womit das Ausmass einer Intoxikation limitiert wird. In Kapitel 12 finden sich Empfehlungen zum Management einer aktiven Blutung bei Verdacht auf Apixaban-Einnahme. 16 12. Management einer aktiven Blutung bei Verdacht auf Apixaban-Einnahme a.Labortests Quick, INR, aPTT: Bei Verdacht auf Apixaban-Einnahme gleichzeitig chromogenen Anti-Xa-Test anfordern. Cave: Normaler Quick/INR oder aPTT schliesst die Einnahme von Apixaban nicht aus. b. Zusätzliche Risikoabklärung • Nimmt Patient Plättchenhemmer, NSAR, starke CYP3A4-Inhibitoren (siehe auch Interaktionstabelle Kapitel 9)? • Hat der Patient eine inhärente Blutungsneigung? c. Einleiten der spitalüblichen Massnahmen bei Blutungen • Anwenden der üblichen Massnahmen und Behandlungsalgorithmen (chirurgisch, Volumenersatz etc.) zur Blutstillung einer aktiven Blutung. Folgender Algorithmus wird in dieser Reihenfolge empfohlen (schrittweise, falls die Blutung nicht sistiert): 1) Einsatz von Tranexamsäure (initialer Bolus von 10–15 mg/kg, danach 1–5 mg/kg/h) kann erwogen werden oder Thrombozytenkonzentrate, falls Patient Plättchenhemmer nimmt.* 2) Desmopressin erwägen (0.3 µg/kg).* 3) PCC-Präparate (20–25 IE/kg KG), insbesondere bei nachgewiesener Apixaban-Konzentration im Blut des Patienten. In vitro Studien weisen darauf hin, dass PCC die antikoagulatorische Wirkung von Apixaban reversieren kann.20 Es muss jedoch noch gezeigt werden, ob eine aktive klinische Blutung unter Apixaban mit PCC zuverlässig gestoppt werden kann. d. Weiterhin diffuse Blutung ohne ersichtliche Quelle Wenn eine lebensbedrohliche Blutung mit den oben genannten Massnahmen nicht unter Kontrolle gebracht werden kann, kann die Verabreichung von rekombinantem Faktor VIIa in Erwägung gezogen werden.7 Allerdings liegen bisher noch keine Erfahrungen mit der Anwendung von rekombinantem Faktor VIIa bei Personen unter Behandlung mit Apixaban vor. Eine erneute Gabe von rekombinantem Faktor VIIa und Titration kann in Abhängigkeit von der Verbesserung der Blutung erwogen werden. e.Antidot Es ist zurzeit kein Gegenmittel zu Apixaban verfügbar. Dank der kurzen HWZ von Apixaban von ungefähr 12-15 Stunden1,17 sollte die gerinnungshemmende Wirkung von Apixaban nach 24-30 Stunden (2 Halbwertszeiten) deutlich geringer sein. * Nicht publizierte Expertenmeinung. 17 Abkürzungen: aPTT = aktivierte partielle Thromboplastinzeit ASS = Acetylsalicylsäure CrCl = Kreatinin-Clearance HWZ = Halbwertszeit INR = International Normalized Ratio NMH = Niedermolekulares Heparin OAK = orale Antikoagulation PCC = Prothrombinkomplex-Konzentrate TVT = Tiefe Beinvenenthrombose UFH = unfraktioniertes Heparin VHF = Vorhofflimmern VKA = Vitamin-K-Antagonist (Marcoumar®, Sintrom®) VTE = Venöse Thromboembolie VTEp = Prophylaxe venöser Thromboembolien nvVHF = nicht-valvuläres Vorhofflimmern 18 Referenzen 1. Eliquis® (Apixaban): aktuelle Schweizer Fachinformation auf www.swissmedicinfo.ch 2. Lassen MR et al. Apixaban or enoxaparin for thromboprophylaxis after knee replacement. N Engl J Med. 2009;361(6):594-604. 3. Lassen MR et al. 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