Universitätsklinikum Ulm Klinik für Urologie und Kinderurologie Kommissarischer ärztlicher Direktor: PD Dr. Florian Jentzmik Expression des small conductance Ca²+ activated K+ channel (SK3) im invasiven Urothelkarzinom der Harnblase und Korrelation mit klinischen und histopathologischen Tumormerkmalen Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin (Dr. med.) der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm vorgelegt von Juliane Schneider aus Greifswald 2015 Amtierender Dekan: Prof. Dr. rer. nat. Thomas Wirth Erster Berichterstatter: Univ.-Prof. Dr. med. Andres Jan Schrader Zweiter Berichterstatter: Prof. Dr. med. Frank Weber Tag der mündlichen Prüfung: 21. Oktober 2016 In Erinnerung an meinen verstorbenen Vater Norbert Werner Alfred Schultz. „Nicht der Mensch hat am meisten gelebt, welcher die höchsten Jahre zählt, sondern der, welcher sein Leben am meisten empfunden hat.“ Jean-Jacques Rousseau, französischsprachiger Schriftsteller Inhaltsverzeichnis I INHALTSVERZEICHNIS INHALTSVERZEICHNIS ......................................................................................... I ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ............................................................................. III 1. EINLEITUNG ...................................................................................................... 1 1.1. Das Urothelkarzinom .................................................................................... 1 1.1.1. Epidemiologie des Urothelkarzinoms ..................................................... 1 1.1.2. Klinik, Diagnostik und Therapie des Urothelkarzinoms .......................... 2 1.1.3. Pathologie und Molekularbiologie des Urothelkarzinoms....................... 3 1.1.4. Invasion und Metastasierung des Urothelkarzinoms.............................. 5 1.1.5. Prognose des Urothelkarzinoms ............................................................ 7 1.2. Der SK3-Kanal ............................................................................................. 8 1.3. Die Rolle des SK3-Kanals bei der Tumorzellinvasion .................................. 9 1.4. Die Rolle des SK3-Kanals im Urothelkarzinom .......................................... 11 1.5. Ziel der Arbeit ............................................................................................. 13 2. MATERIAL UND METHODEN ......................................................................... 14 2.1. Verwendete Verbrauchsmaterialien ........................................................... 14 2.2. Verwendete Geräte .................................................................................... 15 2.3. Zellkultur .................................................................................................... 16 2.4. Proteinaufreinigung und Bestimmung der Proteinkonzentration ................ 16 2.5. Western Blot............................................................................................... 17 2.6. Gewebeproben........................................................................................... 18 2.7. Etablierung einer immunhistochemischen SK3-Färbung an formalinfixiertem, paraffineingebettetem Gewebe ............................................. 21 2.8. SK3-Färbung des Tissue Microarrays ........................................................ 21 2.9. Immunhistochemischer Färbescore ........................................................... 23 2.10. Ergebnisdokumentation und statistische Auswertung .............................. 24 3. ERGEBNISSE .................................................................................................. 25 3.1. Validierung des SK3-Antikörpers im Western Blot ..................................... 25 Inhaltsverzeichnis II 3.2. Vergleich der Patientenkohorten: Probefärbungen und TMA ..................... 25 3.2.1. Alter der Patienten .................................................................................. 25 3.2.2. TNM-Klassifikation und histologischer Differenzierungsgrad ............... 26 3.3. Geschlechtsspezifische Expression von SK3 im TMA ............................ 28 3.4. Korrelation zwischen Färbeergebnissen und klinisch-pathologischen Parametern ....................................................................................................... 29 3.4.1. SK3-Expression ................................................................................... 29 3.4.2. SK3-Expression in Korrelation zur TNM-Klassifikation ........................ 30 3.4.3. SK3-Expression in Korrelation zum Differenzierungsgrad der Urothelkarzinome ........................................................................................... 31 3.4.4. SK3-Expression in Korrelation zum Alter ............................................. 32 4. DISKUSSION ................................................................................................... 33 4.1. Zusammensetzung der Studienkohorte ..................................................... 33 4.2. Expression von SK3 im Urothelkarzinom ................................................... 33 4.3. Mögliche Rolle von SK3 bei der Invasion des Urothelkarzinoms ............... 35 4.4. SK3 als mögliche Zielstruktur einer antiinvasiven Therapie mit Edelfosin .. 37 5. ZUSAMMENFASSUNG.................................................................................... 39 6. LITERATURVERZEICHNIS ............................................................................. 41 DANKSAGUNG .................................................................................................... 53 LEBENSLAUF ...................................................................................................... 54 Abkürzungsverzeichnis III ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS Abi1 Abelson interacting protein 1 APC: Adenomatöse Polyposis Coli Arp2/3: actin related protein complex 2/3 ATP: Adenosintriphosphat BCA: bicinchoninic acid BCG: Bacille Calmette-Guérin Borat: Anion der Borsäure + Ca² : Calzium CC1: Cell Conditioner 1 DMEM: Dulbeccos Modified Eagle Medium DSMZ: Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen EDTA-Na2: Ethylendiamintetraessigsäure Dinatriumsalz EMT: epithelial-mesenchymale Transition EORTC: European Organization for Research and Treatment of Cancer e.V.: eingetragener Verein FAK: focal adhesion kinase FBS: fetales bovines Serum FFPE-Gewebe: formalinfixiertes, paraffineingebettetes Gewebe FGFR3: fibroblast growth factor receptor 3 HRP: horseradish peroxidase ICH: Immunohistochemistry K+: Kalium KH2PO4 Kaliumdihydrogenphosphat MAPK: Mitogen-aktivierte Proteinkinase MLCII: Myosinleichtketten MMP: Matrix-Metalloproteinasen Na2+: Natrium NaCl: Natriumchlorid Na2HPO4: Dinatriumhydrogenphosphat NSCs: neuronale Stammzellen Abkürzungsverzeichnis IV N-WASP neuronal Wiskott-Aldrich Syndrome protein PBS: phosphate buffered saline PCR: Polymerase-Kettenreaktion PUNLMP: Papillary urothelial neoplasm of low malignant potential PVDF: Polyvinylidenfluorid RIPA-Puffer: Radioimmunoprecipitation assay Puffer SDS: sodium dodecyl sulfate SDS-PAGE: sodium dodecyl sulfate polyacrylamide gel electrophoresis siRNA: small interfering RNA SK3: small conductance Ca²+ activated K+ channel TNM: Tumor Nodes Metastasis TMA: Tissue Microarray TRIS: Tris (hydroxymethyl) aminomethan UCIS: urotheliales Carcinoma in situ USA: United States of America Einleitung 1 1. EINLEITUNG 1.1. Das Urothelkarzinom 1.1.1. Epidemiologie des Urothelkarzinoms Urothelkarzinome machen über 90 % der bösartigen Entartungen der Harnblasenschleimhaut (Urothel) aus. Sie zählen zu den häufigsten malignen Tumorerkrankungen weltweit [13, 87]. Nach einem Beitrag zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes, einer gemeinsamen Veröffentlichung des Robert Koch-Instituts und der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V., erkrankten im Jahr 2010 etwa 15000 Personen an einem invasiven Harnblasenkarzinom sowie circa 13000 weitere an einem nicht-invasiven papillären Urothelkarzinom [43]. Männer sind fast dreimal häufiger betroffen als Frauen [11]. Bei Männern steht das Urothelkarzinom auf Platz sieben der häufigsten Tumorerkrankungen; Frauen sind, bei allerdings steigender Inzidenz, bislang im geringeren Maße betroffen [13]. Die Erkrankungswahrscheinlichkeit nimmt mit dem Alter zu. Nur etwa jeder Vierte erkrankt vor dem 65. Lebensjahr [43]. Hauptrisikofaktor für die Entstehung eines Blasenkarzinoms ist der Nikotinkonsum [13, 17, 27, 30, 43]. Auch die ethnische Zugehörigkeit sowie der Lebensraum der Betroffenen scheinen einen Einfluss auf die Entwicklung maligner Neoplasien des Urothels zu haben [17]. So liegen die höchsten Inzidenzraten in Europa, den USA sowie Ägypten [17]. In Teilen Afrikas, Asien und Süd Amerika tritt das Urothelkarzinom weitaus seltener auf [17]. Des Weiteren erhöhen bestimmte chemische Substanzen wie aromatische Armine und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe nachweislich das Risiko an einem Urothelkarzinom zu erkranken [27, 43, 44]. Auch eine durch Schistosomiasis verursachte chronische Entzündung mit anschließender Plattenepithelmetaplasie trägt ein deutlich Harnblasentumors [69]. erhöhtes Risiko zur Entwicklung eines malignen Einleitung 2 1.1.2. Klinik, Diagnostik und Therapie des Urothelkarzinoms Urothelkarzinome fallen in den meisten Fällen durch eine schmerzlose Mikrohämaturie (Blut im Streifentest) oder schmerzlose Makrohämaturie (sichtbares Blut im Urin) auf. Gelegentlich kommt es zu irritativen Beschwerden wie Nykturie oder plötzlicher Harndrang mit Ausscheidung kleiner Harnmengen (Pollarkisurie). Schmerzen sind insbesondere bei nicht-invasiven Urothelkarzinomen selten. Ein signifikanter Unterschied bei den angegebenen Symptomen zwischen den Geschlechtern konnte bislang noch nicht nachgewiesen werden [36]. Zur Diagnosefindung stehen neben einer ausführlichen Anamnese eine Reihe bildgebender Verfahren zur Verfügung. Die Kombination aus Urinzytologie in Verbindung und Weißlichtendoskopie gilt als der Goldstandard in der Diagnostik des Harnblasenkarzinoms [45]. Bei nachgewiesener Malignität der vorhergehenden Diagnostik erfolgt zur histologischen Diagnosesicherung eine transurethrale Probeentnahme oder Resektion von tumorsuspekten Herdbefunden der Harnblase [45]. In neueren Studien konnte gezeigt werden, dass als ergänzendes Verfahren die Fluoreszenzendoskopie insbesondere beim Carcinoma in situ sinnvoll ist [25, 37, 101]. Bei klinischem Verdacht auf Fernmetastasen oder fortgeschrittenem lokalen Tumorstadium werden zur Metastasensuche/-ausschluss schnittgebundene Verfahren (Computertomographie, Magnetresonanztomographie) eingesetzt. Eine eindeutige Aussage über ein organbegrenztes oder extravesikales Tumorwachstum ist mit beiden Verfahren jedoch nicht sicher möglich [38, 63]. Der Einsatz von uringebundenen Markersystemen wie der Bladder-Tumor-Antigen-Test oder Nuclear-Matrix-Protein-22-Test liegt insbesondere in der Früherkennung und Tumornachsorge von an einem Harnblasenkarzinom erkrankten Patienten [23, 60, 76]. Diese Verfahren werden allerdings aufgrund des hohen Anteils falschpositiver Befunde noch nicht standardisiert angewandt [22, 23, 60, 76, 91]. Die derzeitige Therapie richtet sich nach dem Tumorstadium und dem Differenzierungsgrad des Tumors, welche zusammengenommen die Progressionswahrscheinlichkeit des Tumors bedingen [89, 102]. Daher ist die geeignete Therapie von Patient zu Patient unterschiedlich und diesem individuell anzupassen. Das primäre Ziel der Behandlung von oberflächlichen, nicht Einleitung 3 muskelinvasiven Harnblasentumoren ist nicht nur die Heilung, sondern auch die Vermeidung von Rezidiven und einer Progression des Tumors [42]. Neben der transurethralen Elektroresektion und der gegebenenfalls indizierten Nachresektion stehen verschiedene topische Substanzen zur Instillationstherapie beispielsweise als Chemo- oder Immuntherapie zur Verfügung [42]. Mit Ausnahme der primären monofokalen Tumore im Stadium pTa mit guten Differenzierungsgrad, welche durch eine niedrige Rezidiv- und Progressionswahrscheinlichkeit gekennzeichnet sind, wird bei allen oberflächlichen Tumore der Harnblase eine intravesikale Rezidivprophylaxe empfohlen. Hierfür kommen in Deutschland die intravesikale Zytostatika- sowie die BCG-Instillation zum Einsatz [7, 34]. Dabei konnte bislang noch kein signifikanter Vorteil der BCG- Instillation gegenüber der Rezidivprophylaxe mit Zytostatika gezeigt werden [33]. Bei fortgeschrittenen Tumorstadien (TNM-Klassifikation T2 und höher) erfolgt unter kurativer Zielsetzung und unter der Voraussetzung, dass noch keine lokalen Lymphknoten tumorbefallen sind, die radikale Zystektomie mit pelviner Lymphadenektomie [79]. 1.1.3. Pathologie und Molekularbiologie des Urothelkarzinoms Da der gesamte Urogenitaltrakt mit Urothel ausgekleidet ist, können Urothelkarzinome sowohl im Bereich der Harnblase als auch in den ableitenden Harnwegen und im Bereich der Nierenbecken auftreten [15]. Am häufigsten treten Urothelkarzinome jedoch in der Harnblase auf. Grundsätzlich wird zwischen nicht muskelinvasiven und muskelinvasiven Harnblasenkarzinomen unterschieden. Nicht muskelinvasive Läsionen liegen oberflächlich und befallen lediglich das Urothel und das darunterliegende Bindegewebe ohne die Detrusormuskulatur zu infiltrieren. Zu dieser Gruppe zählen die papillären urothelialen Neoplasien mit niedrig-malignem Potential (PUNLMP) und die in der TNM-Klassifikation als pTa beziehungsweise pTis (urotheliales Carcinoma in situ, UCIS) klassifizierten Läsionen. T1-Tumore infiltrieren das subepitheliale Bindegewebe, nicht jedoch die Muskelwand der Harnblase [3]. Muskelinvasive Tumore der Harnblase (TNMStadien T2 bis T4) sind dann durch die Infiltration der Lamina muscularis propria gekennzeichnet und können je nach Tumorgröße auch auf benachbarte Organe übergreifen. Einleitung 4 Nachbarorgane T4a = Tumor infiltriert Prostata o. Uterus o. Vagina Abbildung 1: Übersicht der Tumorstadien der Harnblasenkarzinome mit Infiltrationsausmaß. Die Einordnung in die jeweiligen Tumorstadien beruht auf einer exakten histologischen Beschreibung der Tumore, welche sowohl zytologische als auch architektonische Kriterien wie Vorhandensein von Kernatypien, Beurteilung der Zellschichtlagen und deren Ausreifung, die Kontinuität der Superfizialzellschicht sowie den Nachweis einer erhöhten mitotischen Aktivität berücksichtigen. Dabei wurde der klassische histopathologische Differenzierungsgrad (G1 bis G4) 2004 durch die neue WHO-Klassifikation in PUNLMP, low-grade und high-grade abgelöst [81]. Nicht muskelinvasive high-grade Neoplasien (pTa high-grade sowie pTis/UCIS) sind dabei mit einer höheren Progressions- und Mortalitätsrate verbunden als PUNLMP oder low-grade Neoplasien [6]. Zu den Tumoren der Harnblase zählen weiterhin Urothelkarzinome mit abnormer Differenzierung als selten auftretende Sonderformen (plattenepitheliale/glanduläre Differenzierung, kleinzelliges Karzinom, sarkomadoides Karzinom und mikropapilläres sowie mirkroglanduläres Karzinom der Harnblase) und nichturotheliale Karzinome (Plattenepithelkarzinome sowie Adenokarzinome der Harnblase) [59]. Einleitung Neben 5 den genannten histopathologischen Faktoren spielen auch die zugrundeliegenden molekularbiologischen Prozesse eine bedeutende Rolle für die individuelle Risikostratifizierung. So wurde gezeigt, dass oberflächliche Urothelkarzinome häufig eine Mutation des fibroblast growth factor receptor 3 (FGFR3) aufweisen, welche sich positiv auf die Prognose betroffener Patienten auswirkt [96]. In invasiv wachsenden Harnblasenkarzinomen kommt es hingegen zu einer Mutation des Tumorsuppressorproteins p53, welches mit einer höheren Wahrscheinlichkeit der Tumorprogression und damit verbundenen schlechteren Prognose einhergeht [28, 75]. 1.1.4. Invasion und Metastasierung des Urothelkarzinoms Die Malignität von Krebserkrankungen wird im Wesentlichen durch das Metastasierungspotential der Tumorzellen charakterisiert [59]. Dieses dient als Grundlage für die Einteilung der Tumore in benigne (gutartige Gewebeneubildung) und maligne (bösartige Gewebeneubildung) [59]. Ursächlich für die hohe Mortalität bei Tumorerkrankungen ist insbesondere die Ausbildung von Metastasen, die in der Regel eine höhere Proliferationskinetik aufweisen als der Primärtumor [80, 97]. Bevor eine Zelle jedoch Ausgangpunkt einer Tochtergeschwulst wird, muss sie einen mehrphasigen Metastasierungsprozess durchlaufen [46]. Voraussetzung für die Invasion und Metastasierung von Tumorzellen ist der Durchbruch durch die Basalmembran [72]. Die dazu erforderliche Proteolyse erfolgt unter anderem durch Matrix-Metalloproteinasen (MMP) [71, 72]. Tumorzellen können im Laufe der Tumorprogression eine Veränderung des ursprünglichen Phänotyps aufweisen und so beispielsweise bei zunehmender Expression von mesenchymalen Zelldifferenzierungsmerkmalen einen Verlust ihrer epithelialen Merkmale zeigen; diesen Vorgang bezeichnet man als epithelial-mesenchymale Transition (EMT) [9, 68]. Grundsätzlich bilden epitheliale Zellen einen geschlossenen Zellverband. Dabei wird zwischen der Zell-Matrix-Interaktion, welche vorwiegend durch Integrine, Selektine und CD44 vermittelt wird, und der Zell-Zell-Interaktion, welche ihrerseits hauptsächlich durch Cadherine und Immunglobuline vermittelt wird, unterschieden [46]. Die stabile Integration einer Zelle im epithelialen Verband wird wesentlich durch das Adhäsionsmolekül E-Cadherin vermittelt; eine verminderte Proteinexpression von E-Cadherin im Harnblasenkarzinom ist daher mit einer Einleitung 6 höheren Tumorinvasivität und schlechteren Prognose verknüpft [12]. Unter dem Einfluss verschiedener Mediatoren wie Proteasen, Wachstumsfaktoren und Plasminogenaktivatoren sind Tumorzellen in der Lage, sich durch den Verlust von E-Cadherin und weiteren Adhäsionsmolekülen aus dem ursprünglichen Zellverbund zu lösen [26]. Dieser als Tumorzelldissoziation bezeichneter Prozess stellt damit den ersten Schritt der Metastasierungskaskade dar [26]. Transformierte Zelle Tumorwachstum Primärtumor Metastatischer Subclone Basalmembran Durchbruch der Basalmembran Lymphozyt Passage durch extrazelluläre Matrix Intravasation Interaktion mit Lymphozyten Blutplättchen Tumorzellembolus Extrazelluläre Matrix Adhäsion an die Basalmembran Extravasation Metastatische Ansiedlung Tumormetastase Gefäßneubildung Tumorwachstum Abbildung 2: Schematische Darstellung der Entstehung von Metastasen. Einleitung 7 Durch aktive Beweglichkeit und Sekretion von lytischen Proteasen ist es Tumorzellen auch möglich, in Gefäße und andere Gewebe einzubrechen [71, 74]. Dieser Eintritt maligner Zellen in das Gefäßsystem wird als Intravasation bezeichnet. Über den Blut- und Lymphstrom werden die Zellen des Primärtumors im gesamten Körper verteilt und dort zum Beispiel als Tumorthrombus an die Gefäßwand arretiert; die Verzweigung in feinste Mikrokapillaren, beispielsweise in der Lunge oder Leber, kann zudem eine weitere Passage der Tumorzellen verhindern [26, 35]. Durch dieselben Mediatoren, welche den Tumorzellen den Eintritt in das Gefäßsystem ermöglichen, gelangen diese nun wieder durch die Endothelschicht der Gefäße und die Basalmembran hindurch (Extravasation) und haben die Möglichkeit sekundäre Tumore in einem oder mehrere Zielorgane auszubilden [59]. 1.1.5. Prognose des Urothelkarzinoms Die Prognose von Tumorpatienten hängt in erster Linie von der Invasion der Tumorzellen in das unterlagernde Gewebe, das Eindringen in das Blut- und Lymphsystem und die damit verbundene systemische Tumoraussaat mit Bildung von Tochtergeschwülsten ab [4, 89]. 75% der Urothelkarzinome sind bei Diagnosestellung auf die oberflächlichen Schichten begrenzt und weisen im Allgemeinen eine gute Prognose auf [55]. Für die Gruppe der nicht muskelinvasiven Urothelkarzinome definierte die European Organization for Research and Treatment of Cancer (EORTC) prognostische Faktoren, welche Patienten mit einem hohen Risiko für einen sich rasch entwickelnden Tumor identifizieren sollen. Als Parameter werden die Anzahl der Tumorläsionen, T-Kategorie und Tumorgröße, frühere Rezidive und Zeitspanne bis zum Rezidiv sowie Differenzierungsgrad der Tumoren und das Vorliegen eines Carcinoma in situ herangezogen [4]. Bei bereits muskelinvasiven Tumoren liegt die 5-Jahres-Überlebensrate nach radikaler Harnblasenentfernung je nach Tumorstadium zwischen 74%-80% bei organbegrenzter Tumorausdehnung und um die 20% im Stadium mit Lymphknotenbefall [55]. Dabei konnte durch zahlreiche Studien bestätigt werden, dass das Vorhandensein einer lymphogenen Metastasierung zum Zeitpunkt der radikalen Zystektomie ein wichtiger negativer Prognosefaktor darstellt [9, 54]. Das Einleitung 8 krankheitsspezifische Überleben bei Patienten mit lymphovaskulärer Invasion bei noch negativen Lymphknotenstatus nach Harnblasenentfernung ist deutlich reduziert im Vergleich zu betroffenen Patienten ohne Lymphgefäßinvasion [8, 53]. Insgesamt weisen Frauen bedingt durch eine oftmals spätere Diagnosestellung und damit verbundenen fortgeschrittenem Lebensalter eine deutlich schlechtere Prognose auf als Männer [48, 58] 1.2. Der SK3-Kanal Der SK3-Kanal gehört neben den SK1-, SK2- und SK4- Kanälen zu der Familie der kalziumabhängigen Kaliumkanäle mit geringer Leitfähigkeit (small conductance calcium-activated potassium channels, SK-Kanäle, KCNN-Kanäle) [31]. Sie bilden eine Gruppe von multimeren, hochselektiven Kanalproteinen und können in zahlreichen Geweben und Zellen wie Erythrozyten, Hepatozyten, Muskelgewebe sowie endokrinen und exokrinen Zellen nachgewiesen werden [2, 85]. Das Gen für den SK3-Kanal liegt auf dem Chromosom 1q21 [92]. Der Kaliumkanal besteht aus 6 transmembranären Segmenten, einer Porusregion, intrazellulär zu liegen kommenden N- und C-Termini sowie einer CalmodulinBindungsdomäne [73]. Abbildung 3: Schematischer Aufbau des small conductance calcium activated potassium channel. NH2: Aminogruppe; COOH: Carboxygruppe; S1-S6: transmembranäre Segmente; P: Porusregion Über das intrazellluläre, Ca²+-bindende Protein Calmodulin beeinflussen sie hochsensitiv den intrazellulären Ca²+-Spiegel [103]. Steigt dieser an und bindet Ca²+ an Calmodulin, führt dies zu einer Konformationsänderung und Kanalöffnung Einleitung 9 mit Ausstrom von K+. Die hierdurch induzierte Hyperpolarisation der Zelle führt über spannungsabhängige Ca²+-Kanäle und die Freisetzung von intrazellulären Ca²+ zu einem positiven Feedback auf den SK3-Kanal, welcher den Ca²+-Spiegel weiter erhöht [50, 61]. 1.3. Die Rolle des SK3-Kanals bei der Tumorzellinvasion Für die aktive Bewegung von Krebszellen und die damit verbundene systemische Streuung der Tumorzellen mit Bildung von Tochtergeschwülsten spielen Umbauvorgänge des Aktinzytoskeletts eine entscheidende Rolle. Diese werden von intrazellulären Signalkaskaden über aktinassoziierte Regulatorproteine gesteuert [61]. Hierunter Aktinpolymerisation versteht (vermittelt man durch aufeinanderfolgende Zyklen Aktinnukleationsfaktoren) der und Aktindepolymerisation (vermittelt durch Cofilin) sowie ATP-abhängige AktinMyosin-Kontraktionen, welche durch Phosphorylierung von Myosinleichtketten (MLCII) vermittelt werden [61]. In vorhergehenden Arbeiten konnte gezeigt werden, dass der membranständige small conductance Ca²+-activated K+ channel mit zwei zentralen Regulatorproteinen des Aktinumbaus, Abi1 und N-WASP, interagiert und so die Ausreifung von Nervenzellen aus neuralen Stammzellen unterstützt [24]. Des Weiteren bestätigten Studien, dass ein erhöhter Ca²+-Spiegel zu einem erhöhten Umbau des Aktinzytoskeletts als Voraussetzung sowohl für die Plastizität von Nervenzellen als auch für die zelluläre Migration führt [24, 51]. Die Überexpression und pharmakologische Aktivierung von SK3 führt zudem zu einer verstärkten Migration von Mammakarzinom- und Melanomzellen; ob dieser Effekt – neben einem erhöhten intrazellulären Ca²+-Spiegel – noch weitere Ursachen hat, ist bislang ungeklärt [31, 66]. Ein streng regulierter Kalziumstoffwechsel innerhalb der Zelle begünstigt die Tumorzellmigration und -invasion in mehrfacher Hinsicht. So führt ein kurzfristig und lokal erhöhter Ca²+-Spiegel durch eine Aktivierung der Protease Calpain zur Spaltung der an der Zelladhäsion beteiligten Proteine wie Talin, Vinculin und focal adhesion kinase (FAK) [21, 64]. Weiterhin aktiviert Ca²+ die kleine GTPase Rac1, welche ihrerseits die Verzweigung von Aktinfilamenten durch aktinbindende Proteine fördert [24]. Schließlich unterstützt Ca²+ auch durch die Aktivität der Myosinleichtkettenkinase den Aktinumbau über einen Ca²+-unabhängigen, Einleitung 10 alternativen Signalweg und fördert somit die Aktin-Myosin-Kontraktion und die amöboide Beweglichkeit von Zellen und somit die Grundlage zur Ausbildung von Metastasen [18]. Kalziumkanal A Ca² + Low Ca² K B + + K Kalziumkanal + SK3-Kanal + Ca² Hyperpolarisation + Ca² + + + Ca² Ca² + Ca² High Ca² Abbildung 4: Modell für die Bedeutung von small conductance calcium activated potassium channel (SK3-Kanal) für die zelluläre Migration; A, Keine oder schwache Expression des Kanals hat einen niedrigen intrazellulären Kalziumspiegel (Low Ca²+) zur Folge; B, (Über-) Expression des Proteins führt zur Hyperpolarisation mit verstärktem Kalziumeinstrom, welches die intrazelluläre Konzentration im Rahmen eines positiven Feedbacks weiter erhöht (High Ca²+) [61]. Die Kanalaktivität unterschiedliche von Weise SK3 kann beeinflusst durch werden. zahlreiche Man Stoffklassen unterscheidet auf hierbei Reagenzien, die zur Undurchlässigkeit der Kanalporen führen („pore blocker“) von Stoffen, welche die intrazelluläre Ca²+-Sensitivität positiv oder negativ beeinflussen. Zu den Kanalblockern zählt unter anderem das Bienengiftpeptid Apamin. Es ist hochspezifisch für SK2- und SK3-Kanäle und blockiert die Kanalpore durch Ausbildung einer makrozyklischen Struktur mit zwei Disulfidbrücken und zwei Argininresten an den Positionen 13 und 14 [31, 88]. Einer französischen Forschungsgruppe gelang es, die Gruppe der Einleitung 11 Alkyllysophospholipide als hocheffiziente und spezifische Substanzklasse zur Hemmung der SK3-Kanäle zu identifizieren [31]. Verschiedene Studien bestätigten die Hemmung der Invasionsfähigkeit von Mammakarzinom- und Melanomzellen durch Gabe amerikanische Arbeit aus von dem Alkyllysophospholipiden Jahr 1994 beschreibt [19, 65]. zudem Eine einen invasionshemmenden Effekt von subtoxischen Konzentrationen applizierten Alkyllysophospholipiden auf invasive Urothelkarzinome, ohne jedoch den Wirkungsmechanismus erklären zu können [83]. Edelfosin ist ein Glycerophospholipid mit einer polaren Phosphocholin-Kopfgruppe sowie einer einzelnen sn1-Lipdkette und gilt als ein klassischer Vertreter dieser Gruppe. Es wird vermutet, dass sich der Wirkstoff mit seiner Lipidkette nahe dem Kanal keilartig in die Zellmembran schiebt und dadurch die SK3-Aktivität entweder direkt oder über eine Störung der Zusammensetzung der Lipiddoppelschicht zu hemmen vermag [29]. Ein weiterer Vertreter der Substanzklasse ist Ohmlin, ein Edelfosin-Analog mit noch höherer SK3-Spezifität [32]. Abbildung 5: Strukturformel von Edelfosin 1.4. Die Rolle des SK3-Kanals im Urothelkarzinom Für das invasive Urothelkarzinom liegen bislang keine Daten bezüglich einer möglichen Rolle für SK3 vor. In einer Arbeit, die im Mausmodell die Rolle von SK3 in glatten Muskelzellen der Blasenwand untersucht, wird als Nebenbefund eine kräftige Expression in der Harnblasenschleimhaut der untersuchten Mäuse gezeigt [39]. Immunhistochemische Färbungen auf SK3 aus der öffentlichen Datenbank Einleitung „Human Protein Atlas“ zeigen eine identisches Expressionsmuster in der Harnblasenschleimhaut des Menschen [93]. In derselben Datenbank weisen Urothelkarzinome die stärkste Expression von SK3 unter allen untersuchten Malignomen auf (8% starke Expression, 17% mäßige Expression und 25% schwache Expression). Zu diesen Resultaten passen die Ergebnisse der bereits erwähnten amerikanischen Arbeit, welche - auch ohne eine konkrete Erklärung des Wirkungsmechanismus - einen hemmenden Effekt der Alkyllysophospholipide auf die Ausbreitung von invasiven Urothelkarzinome zeigten [83]. Abbildung 6: Arbeitsmodell für die Rolle des small conductance calcium activated potassium channels bei der Migration urothelialer Karzinomzellen. a, schwache Expression/Aktivität von small conductance calcium activated potassium channel in gesunder Harnblasenschleimhaut geht mit einem niedrigen intrazellulären Calciumspiegel und intakter Zelladhäsion einher. b, Überexpression/Aktivität von small conductance calcium activated potassium channel erhöht den intrazellulären Calciumspiegel, was die Zelladhäsion schwächt, die Aktinpolymerisation fördert und damit die Zellbeweglichkeit erhöht. Alternativ kann dies auch über eine direkte Interaktion mit den Aktinregulatoren Abi1 und N-WASP vermittelt werden. Die small conductance calcium activated potassium channel-Aktivität ist durch die Applikation von Alkyllysophospholipiden pharmakologisch hemmbar. SK3: small conductance calcium activated potassium channel; Abi1: Abelson interacting protein 1; N-WASP: neuronal Wiskott-Aldrich Syndrome protein. 12 Einleitung 13 1.5. Ziel der Arbeit In dieser Dissertation soll ein immunhistochemischer Nachweis von SK3 an formalinfixiertem, paraffineingebettetem Material etabliert werden. Weiterhin soll erstmals die Expression des SK3-Kanals an einem Kollektiv von Gewebeproben von Harnblasenschleimhaut, nichtinvasiven urothelialen Tumore und invasiven Harnblasenkarzinome analysiert und mit klinischen und histopathologischen Merkmalen in Bezug gesetzt werden. In darauf aufbauenden Untersuchungen soll die Kanalaktivität vor und nach Applikation von Alkyllysophospholipiden (Edelfosin) überprüft werden. Ältere Arbeiten deuten auf einen noch ungeklärten antiinvasiven Effekt von Alkyllysophospholipiden auch in dieser Tumorentität hin [83]. Ziel dieser Arbeit ist es, eine Grundlage für weiterführende Studien zu schaffen, welche einen möglichen therapeutischen Nutzen einer Alkyllysophospholipidgabe auf die Invasionsfähigkeit von Urothelkarzinomzellen aufklären sollen. Material und Methoden 14 2. MATERIAL UND METHODEN 2.1. Verwendete Verbrauchsmaterialien Folgende Chemikalien, Antikörper und Derivate wurden für die Erstellung der Leerschnitte, für den Proteinnachweis von SK3 im Western Blot sowie für die immunhistochemische SK3-Färbung verwendet: Pipettenspitzen 10 μl, 200 μl, 1000 μl (Eppendorf, Hamburg) 3MM Whatman Papier (Schleicher & Schuell, Dassel) Zellkulturflaschen, 25 cm2 und 75 cm2 (Nunc, Wiesbaden) Zellkulturplatten 6-well und 24-well (Nunc, Wiesbaden) Zellkulturschalen 94mm (Nunc, Wiesbaden) Zentrifugen- Falcons 15 ml und 50 ml (Nunc, Wiesbaden) NuPage Bis/Tris-SDS-PAGE-Gele (Life technologies, Darmstadt) NuPage 10x Tris-Glycine Running buffer (Life technologies, Darmstadt) Novex 25x Tris-Glycine Transfer buffer (Life technologies, Darmstadt) Röntgenfilme (Life technologies, Darmstadt) Cell Conditioner 1 (CC1): gebrauchsfertiger, leicht basischer TRIS/Borat/EDTA-Puffer zur Zellvorbehandlung und Antigendemaskierung mit einem pH-Wert von 8 (Roche, Mannheim): o 10,8 g TRIS Base (Trishydroxymethylaminomethan), o 5,5 g Borsäure o 0,7 g EDTA-Na2, Ethanol in unterschiedlichen Konzentrationen (Carl Roth GmbH, Karlsruhe) Eosin (AppliChem GmbH, Darmstadt) EZ-Prep® als wässrige Entparaffinierungslösung mit einer Konzentration von 1:10 und einem pH-Wert von 7 (Roche, Mannheim): o Chlormethylisothiazolinon und Methylisothiazolinon in einem Verhältnis von 3:1 4% wässrige Formaldehydlösung (Formalin) Konzentrationen (Merck KGaA, Darmstadt) in unterschiedlichen Material und Methoden 15 KCNN3/SK3 Rabbit anti-human (C-Terminus) polyklonaler Antikörper (LSB980, LifeSpan BioSciences Inc., Seattle, USA) in den angegebenen Konzentrationen HRP-gekoppelter anti-rabbit Zweitantikörper (DAKO, Glostrup, Dänemark) Mayers Hämalaunlösung (Merck KGaA, Darmstadt) Paraffin (VWR International GmbH, Darmstadt) Xylol (Merck KGaA, Darmstadt) Des Weiteren wurden Polysine™- und SuperFrost® Plus-Objekträger sowie Menzel-Deckgläser der Firma Gerhard Menzel GmbH, Braunschweig, als Verbrauchsmaterialien verwendet. Außerdem wurden zum persönlichen Schutz BIOGEL Diagnostic Untersuchungshandschuhe Latex, GLP medical GmbH, Hamburg, benutzt. 2.2. Verwendete Geräte Folgende Geräte wurden für die den Proteinnachweis mittels Western Blot, zur Herstellung der Schnitte und Färbungen, sowie für die lichtmikroskopische Auswertung und Dokumentation verwendet: Bechergläser (50, 100, 500, 1000 ml; Schott, Mainz) Heraeus- Zentrifuge (Heraeus-Kendro, Hanau) Inkubator (37°C f. Zellkultur; Heraeus-Kendro, Hanau) Pipettboy (Hirschmann, Eberstadt) Pipetten (P10; P20; P100; P200; P1000; Eppendorf, Hamburg) XCell-Blot-Kammer (Life technologies, Darmstadt) Spannungserzeuger (BioRad, München) Sterilbank (Nunc, Wiesbaden) Thermomixer (Eppendorf, Hamburg) Tischzentrifuge Biofuge pico (Heraeus-Kendro, Hanau) Rotations-Mikrotom HM 355 S (Section-Transfer-System, Walldorf) Immunhistochemischer Färbeautomat Medical Systems, Ventana, USA) Ventana BenchMark (Ventana Material und Methoden 16 Licht- und Fluoreszenzmikroskop Leica DM 6000 B, Leica Microsystems CMS GmbH, Wetzlar) HP Z400 Workstation (Hewlett-Packard Company, Prag, Tschechien) Laptop von Sony Model PCG-7186M (Sony Deutschland) 2.3. Zellkultur Zur Überprüfung der SK3-Expression an humanen Urothelkarzinomzellen wurde die RT112-Zelllinie verwendet (Forschungslabor der Urologischen Universitätsklinik Ulm). Die Zelllinie war im Rahmen eines vorangegangenen Projektes genetisch charakterisiert und die Identität verifiziert worden (DSMZ, Braunschweig) [84]. Die Zellen wurden unter sterilen Standardbedingungen (37°C, 5% CO2) kultiviert. Verwendetes Nährmedium: Dulbeccos Modified Eagle Medium (DMEM, Gibco, Karlsruhe) mit 10% fetalem bovinem Serum (FBS, Hyclone, Logan, USA) Die Arbeiten wurden steril durchgeführt und die Zellen zur Qualitätssicherung regelmäßig mittels PCR auf Befall durch Mykoplasmen untersucht. Eine Subkultivierung erfolgte bei mikroskopisch ermittelter Konfluenz von ca. 70%. 2.4. Proteinaufreinigung und Bestimmung der Proteinkonzentration Zur Isolierung von Gesamtprotein wurden zu 70% konfluente Zellen 3x mit eiskaltem PBS gewaschen und anschließend 5 Minuten auf Eis mit 1x RIPA-Puffer mit Protease- und Phosphataseinhibitor (Cell Signaling Technologies, Danvers, USA) inkubiert. Anschließend erfolgten ein Herauslösen der Zellen mit einem sterilen Spatel und die Lyse der Zellen über 2 Stunden bei 4°C in einem Schüttler. Zelltrümmer wurden schließlich abzentrifugiert und die Proteinkonzentration des Überstandes mit dem BCA Protein Assay (Cell Signaling Technologies, Danvers, USA) bestimmt. Material und Methoden 2.5. Western Blot Zur Verifikation des verwendeten SK3-Antikörpers wurde das Protein im Gesamtzelllysat aus urothelialen Karzinomzellen (RT112) nachgewiesen. RT112Proteinlysat (2.4.) wurde hierzu mit 4x Western Blot-Blaupuffer (Cell Signaling Technologies, Danvers, USA) auf eine Konzentration von 1µg/µl verdünnt. Anschließend wurden 20µg der Proteinproben auf ein SDS-Gel (NuPage Bis/TrisSDS-PAGE-Gel, Life technologies, Darmstadt) im XCell Blot Modul (Life technologies, Darmstadt) aufgetragen und eine konstante Spannung von 120V über 90 Minuten angelegt. Die Proteine wanderten hierbei gemäß ihrer Ladung und wurden nach Proteingröße über das SDS-Gel aufgetrennt (sogenannte Gelelektrophorese). Anschließend wurden die Proteine im Tank-Blot-Verfahren auf eine methanolgetränkte PVDF-Membran (Life technologies, Darmstadt) überführt und hier mit einem gegen das Protein gerichteten Antikörper inkubiert (Erstantikörper; KCNN3/SK3 Rabbit anti-human, polyklonal, LS-B980, LifeSpan BioSciences Inc., Seattle, USA; Konzentration 1:500). Anschließend erfolgte nach drei Waschschritten in PBS mit 0,1% Tween-20 eine Inkubation mit einem gegen die Spezies des Erstantikörpers gerichteten Zweitantikörper, welcher an ein Enzym (horseradish peroxidase, HRP; DAKO, Glostrup, DK; Konzentration 1:5000) gekoppelt war. Zugabe von Substrat führte zu einer Licht-SubstratReaktion, welche daraufhin Licht emittierte und auf einem Röntgenfilm (Life technologies, Darmstadt) visualisiert werden konnte. 10 x PBS (pH 7,4): 90,0g NaCl 1,22g KH2PO4 8,15g Na2HPO4 ad 1 l Aqua dest. 17 Material und Methoden 18 2.6. Gewebeproben Die verwendeten Gewebeproben für die anfänglichen Probefärbungen stammen aus dem Archiv des Institutes für Pathologie am Bundeswehrkrankenhaus Ulm. Tabelle 1: Überblick über die verwendeten Gewebeproben aus dem Archiv der Abteilung Pathologie des Bundeswehrkrankenhauses Ulm Urothel Urothelkarzinom Patienten n=15 2 13 Alter Median (+/- SD) 83 (+/- 1) 73 (+/- 10,56) Männlich : Weiblich 2:0 12:1 Gewebeproben n=38 4 34 Diese wurden umfassend klinisch-pathologisch charakterisiert hinsichtlich Alter und Geschlecht der Patienten sowie der Histologie und TNM-Klassifikation der Tumore (Tabelle 1-3) [102]. Insgesamt handelte es sich bei den durchgeführten Probefärbungen um 38 unterschiedliche Gewebeproben von 15 Patienten. Tabelle 2: Überblick über die Tumorklassifikation der verwendeten Gewebeproben der Urothelkarzinome aus dem Archiv der Abteilung Pathologie des Bundeswehrkrankenhauses Ulm Tumorklassifikation Anzahl n = 34 pTa 10 ( 29,4 % ) pT1 6 ( 17,6 % ) pT2a 4 ( 11,8 % ) pT2b 10 ( 29,4 % ) pT3 4 ( 11,8 % ) Material und Methoden Tabelle 3: 19 Überblick über den Differenzierungsgrad der verwendeten Gewebeproben der Urothelkarzinome aus dem Archiv der Abteilung Pathologie des Bundeswehrkrankenhauses Ulm Differenzierungsgrad Anzahl n = 34 G1 0 ( 0,0 % ) G1–2 5 ( 14,7 % ) G2 0 ( 0,0 % ) G2–3 6 ( 17,6 % ) G3 23 ( 67,7 % ) Für die endgültige immunhistochemische SK3-Färbung kam ein Tissure Microarray (TMA) der Firma US Biomax, Inc., Rockville, USA, zur Anwendung (Abbildung 1) [95]. Der TMA enthielt insgesamt 207 Gewebeproben (cores) von 69 Patienten (3 Biopsien pro Patient aus unterschiedlichen Lokalisationen) mit Urothelkarzinomen verschiedener Differenzierungen, Metastasen von Urothelkarzinomen als auch Gewebeproben aus gesunder und entzündeter Harnblasenschleimhaut sowie eine Kontrollbiopsie eines malignen Melanoms. Die Gewebeproben wurden in einem Raster angeordnet und konnten durch eine beigefügte Liste mit klinisch-pathologischen Daten eindeutig zugeordnet werden. Tabelle 4: Überblick über die Gewebeproben des verwendeten Tissue microarrays ohne Kontrollbiopsie Urothel Urothelkarzinom Metastase Patienten n=69 9 56 4 Alter Median (+/- SD) 28 (+/- 9,51) 59 (+/- 13,94) 57,5 (+/- 4,98) Männlich : Weiblich 4:5 45:11 3:1 Gewebeproben n=207 27 168 12 Material und Methoden A B Abbildung 7: A, Übersicht über den Tissue microarray; B, Zuordnung der Proben zu den einzelnen Diagnosen beziehungsweise Entitäten; Abdruck mit freundlicher Genehmigung von US Biomax Inc.; Quelle [95] 20 Material und Methoden 21 2.7. Etablierung einer immunhistochemischen SK3-Färbung an formalinfixiertem, paraffineingebettetem Gewebe Zur Etablierung einer SK3-Färbung erfolgten immunhistochemische Probefärbungen mit KCNN3/SK3 Rabbit anti-Human (C-Terminus) polyklonaler Antikörper der Gewebeproben, Firma welche LifeSpan aus Bundeswehrkrankenhauses BioSciences dem Ulm Archiv der stammen. an einer Sammlung von Abteilung Pathologie des Eingeschlossen wurden Gewebeproben mit gesunder und entzündlicher Harnblasenschleimhaut, nicht muskelinvasiven flachen sowie papillären urothelialen Neoplasien (UCIS/pTis, pTa-Läsionen low- beziehungsweise high-grade). Die Färbungen erfolgten auf einem Färbeautomaten für die Immunhistochemie (Ventana Benchmark, Ventana, USA) nach den Angaben des Herstellers unter Benutzung eines Dedektionssystems sowie den dazugehörigen Lösungen nach Herstellerangaben. Im Einzelnen erfolgte eine probeweise Vorbehandlungszeit mit dem Puffer CC1 (10,8 g TRIS Base, 5,5 g Borsäure, 0,7 g EDTA-Na2), Roche, Mannheim, Deutschland von 24 als auch 32 Minuten. Anschließend wurden die Schnitte mit dem Antikörper bei 37 Grad Celsius für 32 Minuten inkubiert. Es wurden probeweise SK3-Antikörperkonzentrationen in den Verdünnungen 1:200, 1:400 und 1:800 angewandt. Mit den jeweilig variierenden Inkubationszeiten und Antikörperkonzentrationen wurden pro Entität 4-5 Schnitte angefärbt und lichtmikroskopisch ausgewertet. 2.8. SK3-Färbung des Tissue Microarrays In dem immunhistochemischen Färbeautomaten BenchMark XT von Ventana, Ventana, USA wurde der TMA-Slide zuerst entparaffiniert. Dabei wurde der Objektträger erhitzt und das Paraffin durch eine wässrige Entparaffinierungslösung (EZ-Prep), bestehend aus Chlormethylisothiazolinon und Methylisothiazolinon in einem Verhältnis von 3:1, mit einer Konzentration von 1:10 und einem pH-Wert von 7 entfernt. Nach einer Hitzevorbehandlungszeit in der CC1-Pufferlösung von 24 Minuten erfolgt die eigentliche Inkubation mit dem SK3-Antikörper bei 37 Grad Celsius für 32 Minuten. Die Antikörperkonzentration betrug hierbei 1:400 (2,5 µg/ml). Material und Methoden 22 Durch die vorangegangenen Bearbeitungsschritte kam es zum Abschwemmen von Zellmaterial, so dass insgesamt 168 Gewebeproben zur weiteren Auswertung herangezogen wurden. Auch hier erfolgte eine umfassende klinisch-pathologische Klassifizierung hinsichtlich der selbigen Kriterien der zuvor verwendeten Gewebeproben aus dem Archiv des Bundeswehrkrankenhauses Ulm. Tabelle 5: Überblick über die Tumorklassifikation der Gewebeproben auf dem Tissue microarray, welche zur Auswertung herangezogen wurden. Tumorklassifikation Anzahl n=168 T1 33 ( 19,6 % ) T2 6 ( 3,6 % ) T2a 3 ( 1,8 % ) T2b 36 ( 21,4 % ) T3 3 ( 1,8 % ) T3a 54 ( 32,1 % ) T4 12 ( 7,2 % ) Tx 21 ( 12,5 % ) Tabelle 6: Überblick über den histologischen Differenzierungsgrad der Gewebeproben auf dem Tissue microarray, welche zur Auswertung herangezogen wurden. Differenzierungsgrad Anzahl n = 168 G1 35 ( 20,8 % ) G1–2 13 ( 7,7 % ) G2 36 ( 21,4 % ) G2–3 7 ( 4,2 % ) G3 69 ( 41,1 % ) Ohne Angaben 8 ( 4,8 % ) Material und Methoden 23 2.9. Immunhistochemischer Färbescore Zur Bewertung der erhobenen Daten wurde die zytoplasmatische Färbeintensität berücksichtigt. Dabei wurde wie folgt eingeteilt: 0 = keine Anfärbbarkeit, 1 = geringe Anfärbbarkeit, 2 = mäßige Anfärbbarkeit und 3 = starke Anfärbbarkeit. 0 = keine Anfärbbarkeit 1 = schwache Anfärbbarkeit 2 = mäßige Anfärbbarkeit 3 = starke Anfärbbarkeit Abbildung 8: Darstellung der Färbeintensitäten und entsprechenden Färbescores an repräsentativen Gewebeproben [87] . Balken 500µm Material und Methoden Die Quantifizierung erfolgt mittels Licht-/Floureszenzmikroskop Leica DM6000B. Die Ergebnisse wurden zum Teil über die Bildaufnahmesoftware Diskus archiviert. 2.10. Ergebnisdokumentation und statistische Auswertung Alle Daten wurden anonymisiert und verschlüsselt in eine rechnergestützte Datenbank eingegeben. Für die Erfassung und Auswertung wurden EXCEL 2007, Windows 7 und 10 (Microsoft, Seattle, USA) sowie GraphPad Prism 6 für Windows (GraphPad, LaJolla, USA) verwendet. Mit Hilfe von EXCEL wurden die Patientendaten tabellarisch erfasst und sortiert. Diese Daten wurden anschließend in die Software GraphPad Prism 6 überführt, um statistische Korrelationen zu überprüfen. Für die Überprüfung eines zu erwarteten statistischen Unterschiedes zwischen den Gruppen wurden die student’s t-test beziehungsweise der zweiseitige analysis of variance (ANOVA)Test verwendet. Für den Vergleich mehrerer Gruppen wurde zusätzlich der Dunnett’s multiple comparison post-test eingesetzt. Das Signifikanzniveau wird mit p 0 0,05 angenommen. Für den Vergleich der Häufigkeiten, die sich aus der Betrachtung zweier Alternativmerkmale ergeben, kamen der Chi²-Tests zur Anwendung (GraphPad Prism 6 für Windows, GraphPad, LaJolla, USA). Statistische Kerngrößen wie absolute und relative Häufigkeit, Mittelwerte, Mediane und Perzentilen als Streuungsmaß wurden obligat verwendet. Des Weiteren wurde das Programm GraphPad Prism 6 für die graphische Auswertung herangezogen. Zur mikroskopischen Dokumentation wurden über die Bildaufnahmesoftware Diskus Mikroskopische Diskussion, Carl H. Hilders, Königswinter, Deutschland, vereinzelt histologische Schnitte digital archiviert. 24 25 Ergebnisse 3. ERGEBNISSE 3.1. Validierung des SK3-Antikörpers im Western Blot Zur Validierung des in den späteren Färbungen verwendeten Antikörpers wurde Gesamtprotein aus RT112-Urothelkarzinomzellen isoliert und SK3 im Proteinlysat nachgewiesen. SK3 konnte im Western Blot auf Höhe seines bekannten Molekulargewichtes von 75 Kilodalton (kD; Abbildung 8) nachgewiesen werden. Abbildung 9: Nachweis von small conductance calcium activated potassium channel im RT112-Gesamtproteinlysat mit einem monoklonalen small conductance calcium activated potassium channel-Antikörper. kD: Kilodalton 3.2. Vergleich der Patientenkohorten: Probefärbungen und TMA 3.2.1. Alter der Patienten Die Probefärbungen erfolgten an insgesamt 34 verschiedenen Gewebeproben von 15 Patienten. Das durchschnittliche Alter hierbei betrug 73,76 Jahre, wobei der jüngste Patient ein Alter von 41 Jahren und der älteste Patient ein Alter von 87 Jahren aufwies. Der Median betrug 77 Jahre, die 25% Perzentile lag bei 68,50 Jahren, die 75% Perzentile bei 81 Jahren. Der Interquartilsabstand betrug 12,5 Jahre. 26 Ergebnisse Bei den entnommenen Gewebeproben des tissue microarrays lag das Durchschnittsalter der 69 Patienten mit 55 Jahren deutlich unter dem der Patienten, an welchem Material die Probefärbungen durchgeführt wurden. Der pWert betrug < 0,001. Der jüngste Patient war 15 Jahre alt, der älteste 88 Jahre. Der Median in dieser Kohorte betrug 55 Jahre, die 25% Perzentile 43 Jahre sowie die 75% Perzentile 68 Jahre. Der Interquartilsabstand betrug 25 Jahre. Abbildung 10: Altersverteilung der Zellkulturen der Urothelkarzinome (links: Gewebeproben des Archives der Abteilung Pathologie des Bundeswehrkrankenhauses Ulm, rechts: Gewebeproben des Tissue microarray) im Vergleich. TMA: Tissue microarray; ***p<0,001 3.2.2. TNM-Klassifikation und histologischer Differenzierungsgrad Auf dem TMA befanden sich 207 rasterartig angeordnete Gewebeproben von 69 Patienten sowie eine Kontrollbiopsie eines malignen Melanoms. Dabei wurden verschiedene Tumorentitäten wie Urothelkarzinome, Plattenepithelkarzinome, Adenokarzinome, Metastasen von Urothelkarzinomen sowie tumorfreie Biopsien aus der Harnblasenschleimhaut erfasst. Auch die Probefärbungen wurden an Gewebeproben vorgenommen, welche unterschiedliche Tumorstadien und – entitäten als auch tumorfreie Harnblasenschleimhaut beinhalteten. 27 Ergebnisse A B Anzahl der Fälle Abbildung 11: Überblick über den histologischen Differenzierungsgrad (A) und Tumorklassifikation (B) der Zellkulturen der Urothelkarzinome mit Testung an den Gewebeproben des Archives der Abteilung Pathologie des Bundeswehrkrankenhauses Ulm. TMA: Tissue microarray Die Testfärbungen Harnblasenkarzinome wurden mit an 34 Proben unterschiedlichen durchgeführt, welche Differenzierungsgraden und Histologien aufwiesen (T1 6 Proben, T2 14 Proben und T3 4 Proben). Den größten Anteil machten schlecht differenzierte Urothelkarzinome (G3) mit 23 Proben aus, gefolgt von 6 Tumorproben mit mäßig bis schlechtem Ergebnisse Differenzierungsgrad (G2-3) und 5 Proben von Harnblasentumore mit guter bis mäßiger Differenzierung (G1-2). Die endgültige Färbung erfolgte an einem TMA. Auf diesem befanden sich 168 auswertbare Gewebeproben mit unterschiedlichen Tumorentitäten der Harnblase sowie 12 Gewebeproben von Metastasen. 33 Fälle wiesen eine Infiltration des subepithelialen Bindegewebes auf (pT1), 45 eine Infiltration der Muskulatur (pT2), 57 bereits eine Infiltration des perivesikalen Fettgewebes (pT3) und in 12 Fällen infiltrierten das Karzinom benachbarte Organe wie Prostata, Uterus oder Vagina oder wiesen eine Infiltration der Becken- oder Bauchwand auf (pT4). Bei 21 Proben war keine TNM-Klassifikation angegeben. Bezüglich des Differenzierungs-grades zeigten 77 Proben schlecht differenzierte Karzinome (G3). Gut bis mäßig differenzierte Harnblasentumore (G1 und G1-2) sowie mäßig bis schlecht differenzierte Tumore des Urothels (G2 und G2-3) waren mit 48 und 47 Proben etwa gleich häufig vertreten. IHC Wert 3.3. Geschlechtsspezifische Expression von SK3 im TMA Abbildung 12: Expressionsverteilung des small conductance calcium activated potassium channel in den Gewebeproben des tissue microarrays mit Bezug auf das Geschlecht. TMA: Tissue microarray; ns: not significant; IHC Wert: immunhistochemischer Wert 28 29 Ergebnisse Bei 143 Proben des TMAs konnte man die zytoplasmatische Färbeintensität einem eindeutigen Score zuordnen (0 = keine Anfärbbarkeit, 1 = geringe Anfärbbarkeit, 2 = mäßige Anfärbbarkeit und 3 = starke Anfärbbarkeit). Der Mittelwert der männlichen Patienten lag bei 0,8. Die Standardabweichung betrug hier ±0,08148. Bei den Gewebeproben von weiblichen Patienten lag der Mittelwert bei 0,8788. Somit war kein signifikanter Unterschied zwischen den Färbeergebnissen der Gewebeproben von männlichen und weiblichen Patienten nachzuweisen. 3.4. Korrelation zwischen Färbeergebnissen und klinisch-pathologischen Parametern IHC Wert 3.4.1. SK3-Expression Abbildung 13: Expression des small conductance calcium activated potassium channels im Vergleich unauffälliges Urothel zu Urothelkarzinom der verwendeten Zellkulturen. UC: Urothelkarzinom; IHC Wert: immunhistochemischer Wert; *p<0,005 30 Ergebnisse Im gesunden Urothel war immunhistochemisch keine SK3-Expression nachweisbar. Der Mittelwert des immunhistochemischen Scores lag somit bei 0 mit identischer Standardabweichung. Im Gegensatz hierzu ließen sich Gewebeproben von Urothelkarzinomen im Durchschnitt schwach anfärben bei einem Mittelwert von 0,8417. Die Standardabweichung betrug hier 0,0702. Somit zeigte sich ein signifikanter Unterschied zwischen der Anfärbbarkeit des SK3Kanals in unauffälliger Harnblasenschleimhaut und in Urothelkarzinomen. Der pWert betrug 0,0445. IHC Wert 3.4.2. SK3-Expression in Korrelation zur TNM-Klassifikation Abbildung 14: Expression des small conductance calcium activated potassium channels im Vergleich nicht muskelinvasive und muskelinvasive Urothelkarzinome der verwendeten Zellkulturen. ICH Wert: immunhistochemischer Wert; *p<0,05 Tumore, welche das subepitheliale Bindegewebe infiltrieren, jedoch noch nicht muskelinvasiv wachsen (pT1), wiesen im Mittel einen immunhistochemischen Färbescore von 0,4762 auf. Die Standardabweichung betrug 0,1483. Hingegen 31 Ergebnisse zeigen muskelinvasive Tumore des Urothels eine deutlichere Färbeintensität mit einem Mittelwert von 0,8876 mit einer Standardabweichung von 0,08960. Dieser Wert war statistisch signifikant mit einem p-Wert von 0,0403. 3.4.3. SK3-Expression in Korrelation zum Differenzierungsgrad der Urothelkarzinome Bei der Korrelation der SK3-Expression mit dem Differenzierungsgrad der erfassten Tumore ließ sich kein signifikanter Zusammenhang feststellen. Der pWert lag bei 0,4576. Gut bis mäßig differenzierte Tumore des Urothels zeigten im Durchschnitt eine Anfärbbarkeit von 0,6923 mit einer Standardabweichung von 0,2371. Auch mäßig bis schlecht differenzierte Harnblasentumore zeigten keine wesentlich stärkere Anfärbbarkeit. Hier betrug der Mittelwert 0,8644 mit einer IHC Wert Standardabweichung von 0,07213. Abbildung 15: Expression des small conductance calcium activated potassium channels in Abhängigkeit des Differenzierungsgrades der verwendeten Zellkulturen. n.s.: not significant; ICH Wert: immunhistochemischer Wert Ergebnisse 3.4.4. SK3-Expression in Korrelation zum Alter An den Gewebeproben des TMA konnte gezeigt werden, dass mit steigendem Alter der SK3-Kanal stärker exprimiert wurde (positive Korrelation). Der PearsonKorrelationskoeffizient betrug 0,1791, das 95%-Konfidenzintervall 0,01539 bis 0,3334 und der p-Wert 0,0323. Um auszuschließen, dass dieser Effekt durch ein höheres TNM-Stadium im fortgeschrittenen Alter zusammenhängt, wurde außerdem der Vergleich des Tumorstadiums in Bezug auf das Alter vorgenommen. Hier zeigt sich allerdings kein signifikanter Unterschied. Hier betrug der Pearson-Korrelationskoeffizient -0,01189, das 95%-Konfidenzintervall -0,1734 bis 0,1503 und der p-Wert: 0,8864. 32 Diskussion 33 4. DISKUSSION 4.1. Zusammensetzung der Studienkohorte In der durch uns untersuchten Studienkohorte waren 17 Patienten (25%) weiblichen und 52 Patienten (75%) männlichen Geschlechts. Dies spiegelt die epidemiologische Verteilung Allgemeinbevölkerung wieder, des Harnblasenkarzinoms in der (Inzidenz m:w = 3:1) [11, 13]. Ebenfalls übereinstimmend zur Epidemiologie war das durchschnittliche Alter der Patienten 55 Jahre. Bezüglich der Ausdehnung des Befundes konnte an dem von uns untersuchten Kollektiv keine signifikante Korrelation zwischen dem T-Stadium und dem Lebensalter der Patienten gezeigt werden. Dies bestätigt Daten, wonach die Tiefenausdehnung, nicht aber das Lebensalter einen unabhängigen prognostischen Faktor beim Urothelkarzinom darstellen [49]. Auch die Verteilung der T-Stadien in unserer Studienkohorte war ähnlich verteilt wie in vergleichbaren publizierten Gruppen [41]. Bezüglich des histopathologischen Gradings waren schlecht differenzierte Karzinome (G3) mit 41,1% am häufigsten vertreten, mäßig und mäßig bis schlecht differenzierte Tumore (G2/G2-3) und gut sowie gut bis mäßig differenzierte Harnblasentumore (G1/G1-2) lagen in 25,6 % beziehungsweise 28,5% der Fälle vor. Andere Studien zeigten eine ähnliche Verteilung, wonach schlecht differenzierte Tumore der Harnblase am häufigsten vertreten waren, gefolgt von mäßig differenzierten und gut differenzierten Urothelkarzinomen [5, 62] 4.2. Expression von SK3 im Urothelkarzinom Zur Expression von SK3 im Urothelkarzinom lagen bislang lediglich immunhistochemische Expressionsanalysen in einer EDV-gestützten Datenbank vor [1, 93]. In dieser zeigte sich eine kräftige, mittlere und schwache Expression des Kanalproteins in 8%, 17% bzw. 25% der untersuchten Urothelkarzinome. 50% der untersuchten Gewebeproben zeigten hingegen keine Expression des Proteins [93]. Da das SK3-Protein ein potentielles Target antiinvasiver Therapien darstellt Diskussion (siehe unten), untersuchten wir nach Verifikation des eingesetzten Antikörpers und Etablierung einer SK3-Färbung an einer Probenkohorte die Expressionsmuster des Proteins in einem tissue microarray mit 168 Urothelkarzinom-Gewebeproben und korrelierten diese mit den vorliegenden klinisch-pathologischen Daten. Es zeigte sich, dass SK3 in unserer Kohorte in zwei Dritteln (67%) der malignen Gewebeproben (Urothelkarzinome und Metastasen) exprimiert wurde, wogegen 33% dieser Proben keine Anfärbbarkeit aufwiesen. Dies ist eine geringgradig höhere Rate SK3-positiver Fälle als im human protein atlas beschrieben wurden (dort 50%) und unterstreicht die mögliche Bedeutung des Proteins im Urothelkarzinom. Zudem wurden im Rahmen des immunhistochemischen Screenings für den human protein atlas lediglich 12 Fälle untersucht. Für die von uns untersuchte Zahl von 168 Fällen ist daher eine höhere Aussagekraft des Färbeergebnisses anzunehmen. Das Patientengeschlecht hatte keinen Einfluss auf die Expressionshöhe des Proteins. SK3 war in malignen Gewebeproben signifikant stärker exprimiert als in den Gewebeproben von gesundem oder entzündlich verändertem Urothel, welches in unserer Kohorte keine nachweisbare SK3- Expression zeigte. Dieses Ergebnis widerspricht den Färbeergebnissen aus einem 2003 publizierten Mausmodell und Daten des human protein atlas, wo eine mäßige SK3-Expression in gesundem menschlichem Urothel beschrieben wurde[1, 39]. Da hier allerdings nur eine einzelne Probe untersucht wurde und die Sensitivität und Spezifität des von uns verwendeten Antikörpers zuvor im Western Blot sowie an einem humanen Probekollektiv evaluiert wurde, halten wir auch in diesem Punkt unsere Ergebnisse für aussagekräftiger. In Korrelation mit dem klinisch-pathologischen Profil korrelierte die Expression von SK3 mit der Infiltrationstiefe der Urothelkarzinome. Muskelinvasive Tumore (≥pT2Stadium) zeigten eine statistisch signifikant stärkere SK3-Färbung als nicht muskelinvasive oder oberflächlich invasive Tumore (≤pT1-Stadium). Dieses Ergebnis ist von besonderem Interesse, da analog zu unseren Ergebnissen in Stanzbiopsien aus Mammakarzinomen, nicht gesundem Brustdrüsengewebe, eine starke SK3-Expression nachweisbar ist [66]. Zudem konnte durch gezielten Knockdown des SK3-Proteins durch small interfering RNA (siRNA) die Migrationsfähigkeit von Mammakarzinomzellen signifikant reduziert werden [66]. Die rekombinante SK3-Expression hingegen verlieh vormals nichtinvasiven, SK3-negativen Zellen erhöhte Migrationsfähigkeit, 34 Diskussion die durch Behandlung mit dem SK3-Kanalblocker, dem Apamin, gehemmt werden konnte [66]. Ein vergleichbarer Effekt konnte in Tumorzelllinien des malignen Melanoms gezeigt werden [16]. In einem Mausmodell, in dem die für die Tumorgenese des kolorektalen Karzinoms begünstigende APC-Mutation vorlag, wurde ebenfalls eine erhöhte SK3-abhängige Zellmigration beobachtet [67]. Somit unterstützen unsere Daten Ergebnisse aus der Literatur, wonach die Expression des SK3-Kanals mit einer erhöhten Invasionsneigung und damit einer höheren Aggressivität verschiedener Malignome assoziiert zu sein scheint. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass der SK3-Kanal eine wesentliche Rolle beim Umbau des Aktinzytoskeletts spielt, was im Rahmen der Neurogenese auch nachgewiesen werden konnte [50]. Es zeigte sich, dass der SK3-Kanal im sich entwickelnden Zentralnervensystem der Ratte auf mRNA- und Proteinebene exprimiert wird und in hippocampalen Neuronen und neuronalen Stammzellen (NSCs) in periphere Foci der Aktinreorganisation lokalisiert ist [50]. Zudem wiesen die Autoren dieser Arbeit nach, dass SK3 in diesen synaptischen beziehungsweise lamellopodialen Mikrokompartimenten mit zentralen Regulatorproteinen des Aktinumbaus, nämlich Abi1 und N-WASP, interagiert [50]. Diese Proteine werden ebenfalls in zahlreichen Tumorentitäten überexprimiert und unterstützen in diesen die Tumorzellmigration und –invasion [40, 86, 99]. Eine Interaktion von SK3 mit invasionsfördernden Proteinen wäre eine mögliche Erklärung für die beobachtete Überexpression des Proteins in zahlreichen aggressiven Malignomen. Auf diese Möglichkeit wird im Folgenden noch näher eingegangen. 4.3. Mögliche Rolle von SK3 bei der Invasion des Urothelkarzinoms Maligne Entartungen des Urothels sind vorwiegend in der Harnblase lokalisiert. Diese ist in mehrere Schichten aufgebaut. Ab einer Infiltration des subepithelialen Bindegewebes (pT1) werden sie zu den invasiven, ab einer Infiltration der Detrusormuskulatur zu den muskelinvasiven Urothelkarzinomen gezählt [3, 102]. Die Prognose von Blasenkrebspatienten ist nicht nur abhängig von der Invasion von Tumorzellen in das unterlagernde Gewebe, sondern auch von deren Eindringen in das Blut- und Lymphsystem und die damit verbundene systemische Tumoraussaat mit Bildung von Tochtergeschwülsten [4, 89]. Für diesen Vorgang spielen Umbauvorgänge des Aktinzytoskeletts eine entscheidende Rolle. Frühere 35 Diskussion Studien 36 zeigten, dass SK3 mit zwei zentralen Regulatorproteinen des Aktinumbaus interagiert und so die Ausreifung von Nervenzellen aus neuralen Stammzellen unterstützt [24, 50]. Weiterhin unterstützt ein erhöhter Ca²+ -Spiegel den Umbau des Aktinzytoskeletts [24, 51]. Die Aktivität von Kalziumkanälen trägt auf verschiedene Weise zur Migrationsfähigkeit von Zellen bei. Hierbei spielt eine gerichtete Kanalaktivität der an der Spitze („aktiv“) und dem Ende („passiv“) der wandernden Zelle eine entscheidende Rolle. So führt eine lokale Erhöhung des Kalziumspiegels am rückwärtigen Ende der Zelle zu einem Efflux von Kalium, was eine lokale Volumenverringerung zur Folge hat [78]. Der erhöhte Kalziumspiegel aktiviert zudem Calmodulin, was den lokalen Abbau von Aktinfilamenten unterstützt, und Calpain, was die Integrin-vermittelte Adhäsion der Zelle löst [20]. Wie in Gliomzellen gezeigt werden konnte, unterstützt der lokale Kalziumanstieg weiterhin die Ausbildung von Invadopodien, welche die Extrazellulärmatrix lysieren und so einen Bewegungskorridor für die invasive Tumorzelle schaffen [57]. Damit übereinstimmend wurde gezeigt, dass Kanäle der SK-Familie auch mit weiteren zentralen Akteuren der Tumorzellinvasion interagieren, so beispielsweise der focal adhesion kinase (FAK), Cortactin sowie den Integrinen α5β1 und αVβ3 [47, 70, 90]. Während FAK die Ausbildung und Homöostase von Adhäsionszonen reguliert, ist Cortactin ein wesentlicher Initiator der Ausbildung von Invadopodien bei der Invasion epithelialer Tumorzellen, indem es die Arp2/3-vermittelte Polymerisation von verzweigten Aktinfilamenten fördert [10, 77, 94]. Wie bereits erwähnt, führt damit übereinstimmend die Expression und pharmakologische Aktivierung von SK3 zu einer verstärkten Migration von Mammakarzinom- und Melanomzellen [31, 66]. Für das Urothelkarzinom konnte in Arbeiten anderer Autoren gezeigt werden, dass bereits im urothelialen in-situ-Carcinom (UCIS) eine erhöhte Signalaktivität entlang der MAPK-Achse vorliegt [84]. Diese hat eine epithelial-mesenchymale Transition der Tumorzellen zur Folge, die sich in einem Verlust des Zelladhäsionsmoleküls E-Cadherin und einer zytoplasmatischen Umverteilung von Beta-Catenin äußert [84]. Beide Vorgänge sind mit einer erhöhten Invasionsfähigkeit und Metastasierungsneigung assoziiert, da die Tumorzellen hierdurch ihre Adhäsion zum Zellverband verlieren und Proteine exprimieren, die zur Lyse der extrazellulären Matrix und Zellbeweglichkeit beitragen [14, 82]. Die Bedeutung der Diskussion 37 epithelial-mesenchymalen Transition für die Invasion urothelialer Harnblasenkarzinome wurde von Ergebnissen anderer Arbeitsgruppen bestätigt [56, 98]. Aus den zitierten Arbeiten und den Erkenntnissen dieser Dissertation geht bezüglich einer möglichen Bedeutung des SK3-Kanals bei der Invasion urothelialer Harnblasenkarzinomzellen hervor, dass im Gegensatz zu der Situation in gesunder Harnblasenschleimhaut und wenig aggressiven (schwach invasiven) Tumoren in aggressiven Tumoren eine erhöhte Aktivität des SK3-Kanals zu einem lokalen Anstieg des intrazellulären Ca²+ führen könnte. Dieses wiederum führt zu einer Schwächung der Zelladhäsion und fördert die Aktinpolymerisation über die Aktivierung von Calmodulin [24]. Darüber hinaus interagiert SK3 direkt mit Regulatorproteinen der Aktinpolymerisation und wäre somit in der Lage, über einen Ca²+-unabhängigen, alternativen Signalweg den Aktinumbau zusätzlich zu beeinflussen [40, 52, 61, 99, 100]. 4.4. SK3 als mögliche Zielstruktur einer antiinvasiven Therapie mit Edelfosin Edelfosin gehört zur Stoffgruppe Gruppe der Alkyllysophospholipide und ist ein hochselektiver und irreversibler Hemmer der SK3-Kanalaktivität [65]. Aufgrund des lipophilen Anteils ist es Glycerophospholipiden möglich, in die Zellmembran zu gelangen, um andere dort lokalisierte Proteine zu beeinflussen [65]. Der genaue Mechanismus, ob Edelfosin die SK3-Aktivität direkt oder über eine Störung der Zusammensetzung der Lipidschicht zu hemmen vermag, ist noch nicht vollständig geklärt [29, 65]. Eine effektive Hemmung der Invasionsfähigkeit von Mammakarzinom- und Melanomzellen durch Gaben von Alkyllysophospholipiden wurde jedoch bereits in mehreren Studien bestätigt [19, 65]. Interessanterweise konnte ein invasionshemmender Effekt von in subtoxischen Konzentrationen applizierten Alkyllysophospholipiden auf invasive Urothelkarzinome in einer älteren amerikanischen Arbeit bereits gezeigt werden, ohne damals jedoch den genauen Wirkungsmechanismus erklären zu können [83]. Es ist durchaus möglich, dass diese Invasionshemmung durch die Hemmung des SK3-Kanals zustande kam. Somit kann Edelfosin als ein pharmakologisches Target, das damals noch nicht bekannt war, angesehen werden. Im Rahmen der vorliegenden Dissertation konnte gezeigt werden, dass der SK3-Kanal in invasiven Urothelkarzinomen Diskussion verstärkt exprimiert wird, was diese These unterstützt. Die hier gewonnenen Erkenntnisse machen den small conductance calcium activated potassium channel somit zu einem möglichen Target einer antiinvasiven Therapie unter Einsatz von Alkyllysophospholipiden, vergleichbar dem in Mammakarzinom- und Melanom-Modellen bereits erfolgreich angewandten Prinzip [31, 65]. Folgende Abbildung zeigt ein mögliches Modell für die Rolle von SK3 bei der Migration von Harnblasenkarzinomzellen und damit einen möglichen Angriffspunkt für eine Edelfosin-vermittelte antiinvasive Therapie des Harnblasenkarzinoms. 38 Zusammenfassung 39 5. ZUSAMMENFASSUNG Das Urothelkarzinom gehört mit zu den häufigsten malignen Tumoren weltweit, wobei Männer häufiger betroffen sind als Frauen. Die Invasion und metastatische Ausbreitung von Tumorzellen ist ein wichtiger Prognosefaktor des urothelialen Karzinoms der Harnblase. Für diesen Prozess spielen Umbauvorgänge des Aktinzytoskeletts eine wesentliche Rolle. Studien zeigten, dass der Aktinumbau neben einem erhöhten Ca²+-Spiegel auch durch den small conductance calcium activated potassium channel 3 (SK3), welcher mit zentralen Regulatorproteinen des Aktinumbaus interagiert, beeinflusst und so die Ausreifung von Nervenzellen aus neuronalen Stammzellen unterstützt wird. SK3 wird auch in Mammakarzinomen und Melanomen verstärkt exprimiert und begünstigt dort die Tumormigration. Nach Identifizierung eines geeigneten Antikörpers und Etablierung einer SK3Färbung an einer Probenkohorte analysierten wir das Expressionsmuster des Proteins in einem tissue microarray mit 168 Gewebeproben mit Urothelkarzinomen verschiedener Differenzierungen, Metastasen von Urothelkarzinomen sowie gesunder korrelierten und entzündeter wir Harnblasenschleimhaut anschließend mit klinischen zur und Kontrolle. Diese histopathologischen Tumormerkmalen. Durch zahlreiche Stoffklassen kann die Kanalaktivität von SK3 auf unterschiedliche Weise beeinflusst werden. Edelfosin gehört zu der Gruppe der Alkyllysophospholipide, welche hochselektiv die Aktivität des SK3-Kanals inhibieren. In Mammakarzinom und Melanomzellen führte die Gabe von applizierten Alkyllysophospholipiden zu einer Hemmung der Invasionsfähigkeit. Des Weiteren wurde ein invasionshemmender Effekt durch Gabe von subtoxischen Konzentrationen applizierten Alkyllysophospholipiden auf invasive Urothelkarzinome beschrieben, ohne genauere Kenntnis über den Wirkungsmechanismus. Unsere Ergebnisse zeigen eine erhöhte Expression von SK3 in muskelinvasiven Urothelkarzinomen im Vergleich zu gesundem Harnblasengewebe sowie zu nicht muskelinvasiven Karzinomen. Weiterhin ist davon auszugehen, dass durch die Inhibierung des SK3-Kanals beispielsweise eine Invasionshemmung der Zusammenfassung 40 Tumorzellen ausgelöst wird. Die hier gewonnenen Erkenntnisse machen den small conductance Ca²+ activated K+ channel somit zu einem möglichen Target einer antiinvasiven Therapie unter Einsatz von Alkyllysophospholipiden, vergleichbar dem in Mammakarzinom- und Melanom-Modellen bereits erfolgreich angewandten Prinzip. Literaturverzeichnis 6. LITERATURVERZEICHNIS 1. http://www.proteinatlas.org/ENSG00000143603KCNN3/cancer/tissue/urothelial+cancer (07.03.2016) 2. Adelman, J.P., K.-Z. Shen, M.P. Kavanaugh, R.A. Warren, Y.-N. Wu, A. Lagrutta, C.T. Bond, and R. Alan North, Calcium-activated potassium channels expressed from cloned complementary DNAs. Neuron, 1992. 9: 209-216. 3. Babjuk, M., M. Burger, R. Zigeuner, S.F. Shariat, B.W. van Rhijn, E. Compérat, R.J. Sylvester, E. Kaasinen, A. Böhle, and J. Palou Redorta, EAU guidelines on non–muscle-invasive urothelial carcinoma of the bladder: update 2013. European urology, 2013. 64: 639-653. 4. BASSI, P., G.D. Ferrante, N. Piazza, R. Spinadin, R. Carando, G. 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Schrader für die Überlassung des Themas und dem mir entgegengebrachten Vertrauen. Ebenfalls möchte ich besonders Herrn Dr. Dr. K. Steinestel sowie Frau Dr. J. Steinestel herzlich danken, für die zahlreichen Anregungen, nachhaltigen Diskussionen und der stets zeitintensiven Betreuung, ohne welche die Arbeit in vorliegender Form nicht möglich gewesen wäre. Des Weiteren danke ich Herrn Dr. K. Kraft, Leiter der Pathologie des Bundeswehrkrankenhauses Ulm, sowie den zahlreichen Mitarbeitern dieser Abteilung, insbesondere Frau C. Schlosser, Frau A. Daniel und Frau C. Blanck für das entgegenkommende Verständnis und der Zurverfügungstellung der verwendeten Geräte und Materialien. Bei Frau Dr. J. Grüning möchte ich mich ebenfalls außerordentlich bedanken für Ihre Geduld und breitwillige Auskunft in jeglichen Belangen sowie das permanente Gutzureden und animieren. Mein letzter Dank gilt jenen, die mich in dieser Zeit am meisten bestärkt und aufgebaut haben, meinem Mann, Daniel Schneider und meinen Kindern, Florian Constantin und Paulina Loreen. Sie waren mir zu jeder Zeit und in jeder Hinsicht eine wertvolle Stütze. Lebenslauf 54 LEBENSLAUF Persönlicher Angaben: Name, Vorname: Schneider, Juliane, geb. Schultz Geburtsdatum: 26.08.1984 Geburtsort: Greifswald Beruflicher Werdegang: Seit 10/2013 Assistenzärztin in der Abteilung Pathologie am Bundeswehrkrankenhaus Ulm 07-09/2013 Postuniversitäre modulare Ausbildung an der Sanitätsakademie der Bundeswehr in München 2013 Approbation als Ärztin 10/2005-06/2013 Studium der Humanmedizin an der Universität in Gießen mit Offizierslehrgang an der Sanitätsakademie der Bundeswehr in München 09/2005 Bundeswehrkrankenhaus Leipzig 03-08/2005 Leitsanitätszentrum 210 Fritzlar 12/2004-02/2005 Feldwebellehrgang an der Sanitätsakademie der Bundeswehr in München 10-11/2004 Leitsanitätszentrum 210 Fritzlar 07-09/2004 Einstellung als Zeitsoldat in der Bundeswehr mit Grundausbildung in 6.Sanitätsregiment22/Hamm Schulausbildung: 2004 Abitur 2001/2004 Fachgymnasium Velgast 1995/2001 Gymnasium Grimmen 1992/1995 Grundschule Rakow 1991/1992 Grundschule Kandelin Lebenslauf 55 Publikationen: Steinestel, K., Eder, S., Ehinger, K., Schneider, J., Genze, F., Winkler, E., Wardelmann, E., Schrader, A. & Steinestel, J. (2016). The small conductance calcium-activated potassium channel 3 (SK3) is a molecular target for Edelfosine to reduce the invasive potential of urothelial carcinoma cells. Tumor Biology, 6275–6283. Ehingen, den 31.10.2016 Juliane Schneider