ZHK_Ghaussy.qxp 12.09.2005 13:09 Uhr Seite 565 Zahnheilkunde Implantieren mit Endopore Theoretische Grundlagen und praktische Durchführung Neben klinischen Parametern hat die Implantatoberfläche – und hier Material, Makround Mikrostruktur – wesentlichen Einfluss auf den initialen Verbund des Implantats mit dem umgebenden Gewebe. Der Einsatz kurzer, wurzelförmiger Implantate mit poröser Oberfläche stellt auch bei schwieriger anatomischer Situation eine verlässliche, wenig invasive Behandlungsmethode zur Versorgung mit Implantaten dar. Im folgenden Beitrag werden die beeinflussenden Verbundfaktoren und ihre Wirkung allgemein erläutert, bevor anhand eines Patientenfalles die Anwendung des EndoporeImplantatsystems, eines Vertreters der enossalen Implantate mit entsprechender Oberflächenbeschaffenheit, beschrieben wird. In einer mehr als 100-jährigen Entwicklungszeit hat sich heute der annähernd zahnwurzelförmige rotationssymmetrische Zylinder mit einer aufgerauten Oberfläche als Grundform des Zahnimplantats herausgebildet. Die Entwicklung der oralen Implantologie basiert auf den fundamentalen Forschungsergebnissen der Arbeitsgruppen um Brånemark et al. und Schroeder et al., die unabhängig voneinander zeigen konnten, dass enossale Titanimplantate im Kieferknochen eine zuverlässige Verankerung mit direktem Knochenimplantatkontakt erzielen können1,2,25,27. Mit dem Wunsch, die Verweildauer der Implantate im menschlichen Körper zu steigern, die Erfolge vorhersagbarer zu machen und das Indikationsspektrum zu erweitern, wurde die Entwicklung der dentalen Implantate weiter vorangetrieben, sowohl in Bezug auf ihre Form als auch hinsichtlich ihrer Oberflächenbeschaffenheit. Oberflächenstruktur und Materialeigenschaften der Implantate Neben klinischen Parametern, wie zum Beispiel einem ausreichenden Knochenangebot, einer atraumatischen chirurgischen Technik oder der Ruhigstellung des Implantats in den ersten Wochen, hat die Implantatoberfläche einen entscheidenden Einfluss auf den initialen Verbund mit dem umgebenden Gewebe. Sowohl das Material als auch die Makro- und Mikrostruktur der Oberfläche spielen beim initialen Kontakt mit den physiologischen ZMK (21) 9/05 Medien und Zellen eine wichtige Rolle und tragen zur funktionellen Integration eines enossalen Implantats bei. Titan und Titanlegierungen sind aufgrund ihrer biologischen Verträglichkeit im Knochen der Werkstoff der Wahl für enossale Implantate. Sie sind ausgesprochen korrosionsbeständig und bewirken keine erkennbaren unerwünschten Überempfindlichkeitsreaktionen sowie keine allergischen oder immunologischen Reaktionen. Die hohe Biokompatibilität des Titans ist unter anderem durch die Oxidschicht der Implantatoberfläche bedingt, die einen direkten Kontakt des Metalls zum umgebenden Gewebe ausschließt. Diese Oxidschicht entsteht unmittelbar nach einer Bearbeitung des Titans, hat eine Dicke von etwa 3 nm [oder 20 Atomdurchmessern (Å)] und besteht beim „commercially-pure-Titanium“ vor allem aus TiO23,12,19. Die Langzeitstabilität enossaler Implantate wird im Wesentlichen durch drei Einflussgrößen bestimmt. So sollten die Werkstoffeigenschaften des Implantatmaterials an das ortsständige Gewebe angepasst sein, um bei mechanischer Belastung Scherkräfte an der Implantatoberfläche zu vermeiden. Mit einer optimalen Biokompatibilität wird eine entzündungsfreie Gewebereaktion angestrebt, und im Bereich der Implantatdurchtrittsstelle (Halsbereich) muss eine dichte Gewebeanlagerung Schutz vor bakterieller Invasion bieten. Im enossalen Implantatbereich sollte die Oberfläche neben mechanischer Stabilität und chemischer Inertheit die Fähigkeit haben, die periimplantäre Knochenneubildung aktiv zu beeinflus- Dr. Peter Ghaussy M.Sc. 1984–1990 Studium der Zahnheilkunde an der Universität Hamburg 1993 Niederlassung in eigener Praxis in Hamburg 1994 Promotion zum Dr. med.dent. 1994–1996 Prüfung und Aufnahme in die Akademie Praxis und Wissenschaft (APW/DGZMK) 1996 Mitglied der Dt. Gesellschaft für Implantologie (DGI) und Bundesverband der implantologisch tätigen Zahnärzte (BDIZ) 1998–2000 Abschluss des „Curriculum Implantologie“ der DGI Seit 1998 Moderator eines Qualitätszirkels der Zahnärztekammer Hamburg 2000 Erlangung der Zusatzbezeichnung „Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie“ (BDIZ) 2001–2005 Zahnersatzgutachter der KZV Hamburg Seit 2004 Referent für zahnärztliche Implantologie 2003–2005 Postgraduiertenstudium der Implantologie an der Donau Universität Krems (M.Sc.) Mitglied folgender wissenschaftlicher Vereinigungen: Akademie Praxis und Wissenschaft, Bundesverband der implantologisch tätigen Zahnärzte in Europa e.V. (BDIZ/EDI), European Association of Dental Implantologists, Leiter eines „Hamburger-Qualitätszirkels“, Deutsche Gesellschaft für ZahnMund-Kieferheilkunde (DGZMK) sen. Die direkte Knochenformation an enossalen Implantatoberflächen wird dabei als ideale Form der Bioaktivität angesehen. Der gingivale oder Halsbereich von Implantaten stellt nach wie vor eine kritische Zone dar, da durch mikrobielle Plaque periimplantäre Entzündungen mit Knochenabbau hervorgerufen werden können. Neben einer guten Mundhygiene 565 ZHK_Ghaussy.qxp 12.09.2005 13:09 Uhr Seite 566 Zahnheilkunde durch den Patienten sind Implantatwerkstoffe erforderlich, die den klinischen Anforderungen im gingivalen Implantatbereich hinsichtlich möglichst geringer Plaqueakkumulation, hoher Verschleißbeständigkeit und guter Ästhetik gerecht werden. Hier ist über die bindegewebigen Fasern und das Epithel eine sichere Abdichtung zur Mundhöhle anzustreben21. Ziel der Oberflächenvergrößerung ist die Schaffung einer größeren Kontaktfläche zwischen dem Implantatkörper und dem Knochen28. Auch heute wird die Makrostruktur des Implantates hauptsächlich durch seine äußere Form wie z. B. sein Schraubenprofil beschrieben. Während Vollkörperimplantate ohne Schraubengewinde eine Verankerungsoberfläche von 139 mm2 aufweisen, beträgt sie bei einem vergleichbaren Implantat mit Schraubengewinde 165 mm2 26. Eine weitere sehr effektive Methode zur Vergrößerung der Oberfläche des Implantatkörpers ist die Schaffung von Rauigkeiten. Wie in mehreren Studien belegt werden konnte, erweisen sich die elektropolierten und maschinell gedrehten Oberflächen klinisch als nicht vorteilhaft11. Es sind daher neue Verfahren entwickelt worden, um den Halt der Implantate im Knochen zu verbessern. So haben Untersuchungen von Grössner-Schreiber und Martin gezeigt, dass die Oberflächenrauheit Einfluss auf die Proliferation, Differenzierung und die Proteinsynthese humaner osteoblastenähnlicher Zellen hat14,20. In dieser Studie wurden mit Aluminiumoxidpartikeln rau texturierte oder mit Titanplasmapartikeln porös beschichtete Titanoberflächen mit poliertem Titan verglichen. Die Gesamtmenge des von den Zellen auf den Oberflächen gebildeten Kollagens war signifikant größer auf rauen und porösen Titanoberflächen als auf glattem Titan. Auch die Mineralisation der Zellen in Kultur zeigt signifikant höhere Werte für Osteoblasten auf rauen Oberflächen. So war u. a. die Aktivität der alkalischen Phosphatase als Indikatorenzym für differenzierte Osteoblasten auf gestrahlten und porösen Oberflächen deutlich erhöht. Auch der klinische Heilungsverlauf und die Langzeitstabilität werden durch raue bzw. poröse Oberflächen positiv beein- 566 flusst. Nach Hulbert et al. verläuft die Heilung des periimplantären Gewebes an porösen Oberflächen, die eine initale „Fibrinverkrallung“ in den Poren und ein Einwachsen des Knochens ermöglichen, schneller16,17. Die Porengröße beeinflusst dabei die Reaktion der angrenzenden Gewebe maßgeblich. Die Rautiefe (bzw. Porengröße) einer enossalen Implantatoberfläche sollte oberhalb 100 µm liegen, um neben der Osseointegration auch günstige biomechanische Voraussetzungen für die funktionelle Integration des Implantats zu erzielen. Eine Rautiefe unterhalb 100 µm beeinflusst eher zelluläre Anlagerungsvorgänge. Neben Osteoblasten können sich vor allem Fibroblasten an strukturellen Unterschieden der Oberfläche orientieren. Experimentell lässt sich dadurch (in vitro) eine gerichtete Anheftung und Ausbreitung der Zellen auslösen. Dies konnte in vielen Studien mit Epithelzellen und Fibroblasten, u. a. von Chehroudi und Brunette, eindrucksvoll gezeigt werden4,5,6,7,13,15. Prinzipiell sind alle Implantathersteller bemüht, die Kontaktfläche durch eine Vergrößerung der Implantatoberfläche auszudehnen. Dabei kommen Oberflächenstrukturierungen durch mechanische Bearbeitung wie z. B. „Sand“ (AL2O3)-strahlen, Ätztechniken oder Beschichtungen und Sinterungen zum Einsatz. Die osteokonduktiven Eigenschaften eines Biomaterials resultieren aus der Möglichkeit der Zellwanderung zur Implantatoberfläche und der Adhäsion an ihr. Durch die primäre Gerinnung in der Nachbarschaft des Implantates, durch die Aggregation von Thrombozyten, werden aus diesen Zytokine (Mitogene) freigesetzt, die u. a. Makrophagen anlocken und Präosteoblasten bzw. Präfibroblasten zur Mitose zwingen. Das sich um das Implantat bildende Koagulum, das Zellen des MPS-Systems enthaltene Fibringerüst, wird dabei stabilisiert. Die Adhäsion und Stabilisation des Fibringerüstes an der Implantatoberfläche spielt offenbar eine besondere Rolle, da ansonsten primär keine Kontaktosteogenese erfolgen kann. Die Raustrukturierung der Implantatoberfläche spielt hierbei, wie Forschungsergebnisse zeigen, eine große Rolle. Sie bietet nicht nur eine bessere Adhäsion als an glatten Implantatoberflächen, sie stimuliert auch die Präosteoblasten zur Entwicklung von zahlreichen Pseudopodien und abgeflachten Formen. Es gibt einige Hinweise dafür, dass die Implantatoberflächenstruktur einen direkten Einfluss auf die zelluläre Bereitstellung von Zytokinen und Wachstumsfaktoren ausübt, die osteoinduzierend wirken. Die Benetzbarkeit der Oberfläche ist für die Fibrinretention ebenso essenziell und umso größer, je flacher der Kontaktwinkel ist. Außerdem ist die Benetzbarkeit, z. B. bei verunreinigten Implantatoberflächen, verringert. Im Anschluss an diese erste Phase der Adhäsion beginnt die Knochenmineralisation. Im optimalen Fall, d. h. bei ausreichender Anlagerung, erfolgt dies direkt auf der Implantatoberfläche. Dieses Phänomen wird heute allgemein als Osseointegration oder funktionelle Ankylose bezeichnet2,25,27. Biomechanik Biomechanische und statische Aspekte spielen für die erfolgreiche Planung und Durchführung implantatprothetischer Rekonstruktionen eine erhebliche Rolle. Zahlreiche biomechanische Parameter beeinflussen nachweislich das Langzeitergebnis und sollten daher in eine Gesamtplanung implantatprothetischer Versorgungen einbezogen werden. Es handelt sich dabei um Implantatzahl, Implantatlänge, Implantatform, Implantatdurchmesser, Verhältnis Implantat/Kronenlänge, Verblockung von Implantaten, Richtung der eingeleiteten Kraft, Ausdehnung von Extensionen, „Passive fit“ der Suprakonstruktion, Gestaltung der Kauflächen, Wahl von Verankerungs- und Verbindungselementen sowie die Kombination von Zähnen und Implantaten. Wenngleich aufgrund des biologischen Umfeldes keine rein mathematischen Gesetzmäßigkeiten zur Gewährleistung des Behandlungserfolgs existieren, so wird dennoch eine Gesamtplanung unter Berücksichtigung der bekannten biomechanischen Grundlagen das langfristige Behandlungsergebnis in jedem Fall positiv beeinflussen. Demgegenüber kann durch die Veränderung biomechanischer Parameter ZMK (21) 9/05 12.09.2005 13:09 Uhr Seite 567 Zahnheilkunde unmittelbar Einfluss auf die Implantatbelastung genommen werden. Dabei stehen dem implantologischen Behandler folgende biomechanische Einflussgrößen zur Verfügung: – Implantatlänge – Implantatzahl – Implantatdurchmesser – Implantatform – Verhältnis Implantat/Kronenlänge – Verblockung von Implantaten – Richtung der eingeleiteten Kraft – Ausdehnung von Extensionen – „Passive fit“ der Suprakonstruktion – Gestaltung der Kaufläche – Wahl von Verankerungs- und Verbindungselementen – Überlegungen bei der Kombination von Zähnen und Implantaten. Allein durch die Kenntnis der biomechanischen Parameter und ihre Berücksichtigung bei der Planung und Ausführung der implantatgetragenen Versorgung können Kaukräfte in optimierter Form auf die gesamte Konstruktion sowie auf das Implantatlager verteilt und Überbelastungen, die zum Misserfolg führen, weitgehend vermieden werden. Der Auswahl der Implantatzahl, der Implantatlänge sowie des Implantatdurchmessers liegt das physikalische Prinzip „Kraft pro Fläche“ zugrunde. Die Kaukräfte werden über das Implantat-Knochen-Interface übertragen. Bei Annahme einer bestimmten, vertikal einwirkenden Kaukraft kann die Belastung des Implantat-Knochen-Interface durch einen einfachen Zusammenhang beschrieben werden: Interface-Belastung(N/mm2) = eingeleitete Kraft (N)/Implantatoberfläche(mm2) Die Gesamt-Implantatoberfläche ist wiederum abhängig von der Oberflächenstruktur, der Implantatzahl, der Implantatlänge, dem Implantatdurchmesser sowie der Implantatform (z.B. Schraube, Zylinder). Das Langzeitergebnis wird somit durch zahlreiche biomechanische Parameter beeinflusst. Um das Behandlungsergebnis positiv zu beeinflussen, müssen die Anzahl der inserierten Implantate, die Implantatlänge und der ZMK (21) 9/05 Durchmesser, die Gesamtoberfläche der Implantate, die Implantatform, die Richtung der eingeleiteten Kräfte, das knöcherne Lager, die Verblockung der Implantate, die prothetische Konstruktion und das Okklusionskonzept bei der Planung berücksichtigt werden. Der genaue Stellenwert der einzelnen biomechanischen Aspekte ist in Anbetracht der hohen Erfolgsquote und der Ergebnisqualität umstritten29. Das Verhältnis zwischen Implantatlänge und der Länge der klinischen Krone ist insbesondere bei Einzelzahnversorgungen bzw. bei nicht verblockten Suprakonstruktionen von Bedeutung, wenn nichtaxiale Kräfte einwirken. Jedes Implantataufbausystem besteht aus dem ossären Anteil des Implantats und dem supraossären Anteil des Zahnersatzes. Die Biegebelastung auf einzeln stehenden Implantaten wird maßgeblich durch die Länge des supraossären Aufbaus bis zur Kauebene bestimmt. Je länger die klinische Krone und je geringer die Implantatlänge ist, desto höher ist – bei gleicher Größe der einwirkenden Kraft – das auf das Implantat ausgeübte Biegemoment. Die Bedeutung des Verhältnisses zwischen Implantatlänge und der Länge der klinischen Krone ist wissenschaftlich nicht ausreichend untersucht, um eine Empfehlung absoluter Zahlen bzw. konkreter Verhältnisse zwischen Kronen und Implantatlänge zu begründen, da letztlich die Größe der einwirkenden Kraft die entscheidende Rolle für die Implantatbelastung spielt. Der ohne kritische Prüfung als unanfechtbare Wahrheit angesehene Lehrsatz, dass ein bestimmtes Kronen-ImplantatlängenVerhältniss notwendig sei, ist auf die Dominanz von Lehrmeinungen und eine intensive Prägung in der Ausbildung bei gleichzeitig unzureichender Wissensbasis zurückzuführen. In Anbetracht der hohen Erfolgsquoten sowie der erreichbaren Ergebnisqualität in funktioneller und ästhetischer Hinsicht stellt sich die Frage nach dem Stellenwert biomechanischer Aspekte bei der Planung von implantatgetragenem Zahnersatz. Bewährte Implantatsysteme zeigen gewisse Belastungsreserven, verbunden mit einer Anpassung des Knochens bei statischen und dynamischen Be- 567 "- «>Ì>Ìi ÃvÀÌ Li>ÃÌL>À wÌÁ ÜÜÜ°â> iÀÃ>Ìâ`ÀiÌ°`i ZHK_Ghaussy.qxp ÕÌiÊÀØ`i]Ê ÕÊ>ÕvÊÀ°Ê `iÊ "-«>Ì>Ìi ÕâÕÃÌi}i\ UÊ«>Ì>Ì]ÊiÃÌØV}Ê iÀ}iÃÌiÌ UÊ}À>âiÃÊiÃ} UÊ}iÀ>`i]Ê£xc]ÊÓxcÊ}Õ>Ì `iÀ Ì Li}L>Ài «>Ì>Ì >à UÊ>Û>ÃÛ UÊÜi}iÊ«ÀÌ iÌÃV iÊ/ii]Ê ÊÊÊ iÊ7ÀÌÃV >vÌV iÌ UÊ}ØÃÌ}iÀÊ*Àià À`iÀÊ-iÊvÃÊÕ`Ê>Ì>}Ê>\ À°Ê `iÊiÌ> ÀvÕÀÌiÀÊ-ÌÀ>~iÊ£ nxÎnÈÊV } /iiv\ʳ{Ê­ä®ÊnÊÊΣÊÇÈ£ä >Ý\ʳÊ{Ê­ä®ÊnÊÊΣÊÇÈ£ÎÎÊ i>\ÊvJâ> iÀÃ>Ìâ`ÀiÌ°`i ZHK_Ghaussy.qxp 12.09.2005 13:09 Uhr Seite 568 Zahnheilkunde lastungen10,24. Diese Reserven werden genutzt, um die Indikation für implantatgetragenen Zahnersatz bei schwierigen anatomischen Situationen zu erweitern. Das EndoporeImplantatsystem Für Implantate ist eine Reihe von Oberflächenbehandlungen verfügbar, die eine Oberflächenrauigkeit schaffen und dadurch die Oberfläche für den Kontakt mit dem Knochen vergrößern. Der Zusatz eines porösen Multilayers sphärischer Titanlegierungspartikel einer definierten Größe ermöglicht das Einwachsen des Knochens in die vorhandenen Oberflächenrauigkeiten. Damit wird eine dreidimensionale, mechanische Verschlüsselung zwischen Knochen und Implantat erreicht (Abb. 1). Dieser Mechanismus der Osseointegration kommt einmalig nur bei einer porösen Oberfläche zustande und wurde bereits 1970 in der Orthopädie für die Hüftendoprothetik eingesetzt. Alle anderen Arten der Oberflächenbehandlung besitzen nur minimale oder keine Porösitäten und werden nur durch Friktion gehalten23. Das Endopore-Implantat (Firma Amann Girrbach GmbH, Pforzheim) wurde 1983 an der Universität Toronto entwickelt und besitzt eine gut definierte Oberflächentopographie22. Das Entwicklungsziel war, eine verlässliche Implantverankerung durch das Knocheneinwachsen in eine durch einen Sinterungsprozess entstandene poröse Oberfläche zu erreichen. Das Implantat besteht aus einer Titanlegierung (Ti-6Al-4V), ist konisch, wurzelförmig und erhält seine Primärstabilität durch Pressfit-Passung (Abb. 2). Durch den Multilayer kommt es zu einer signifikanten Vergrößerung der Oberfläche und zu Unter- und Hinterschnitten (Abb. 3). Dies ermöglicht das Einwachsen des Knochens in die vorhandenen Oberflächenrauigkeiten und somit eine dreidimensionale, mechanische Verschlüsselung zwischen Knochen und Implantat. Hierdurch ist es bei anatomisch schwierigen Situationen, also bei fortgeschrittener Atrophie des knöchernen Lagers, in vielen Fällen möglich, auf eine aufwändige Augmentation oder Knochentransplantation bei der implantatpro- thetischen Versorgung zu verzichten. Da die Gesamtoberfläche des Implantates durch die poröse Struktur vergrößert ist, können verlässlich kürzere Implantate verwendet werden8,9. Auf der Grundlage der Anzahl und der wissenschaftlich-methodischen Qualität klinischer Untersuchungen zum Endopore-Implantatsystem erfüllen die klinischen Dokumentationen das Kriterium der extensiven klinischen Dokumentation18. Sechs Zentren in vier Ländern haben Langzeitstudien durchgeführt. Insgesamt 1.352 Implantate wurden über einen Zeitraum von bis zu acht Jahren nach der Eingliederung nachuntersucht. Die Gesamterfolgsrate der sechs Zentren beträgt 95,9 Prozent. Chirurgisches Protokoll und Falldarstellung Bei einer 49-jährigen Frau mit gutem Allgemeinzustand mussten die Zähne 35–37 aus endodontischen Gründen entfernt werden. Nach Ausheilung der Wunden bestand der Wunsch nach festsitzender Zahnersatzversorgung. Das vertikale Knochenangebot war durch den Canalis mandibulae begrenzt, ein leichter horizontaler Knochenverlust wurde festgestellt (Abb. 4 u. 5). Nach Anästhesie wird Abb. 2: Konisches Endopore-Implantat vor Insertion im anterioren UK. Abb. 4: Präoperative Ausgangssituation. Abb. 1: Histologisches Präparat eines Implantates mit poröser Oberfläche 18 Monate post op. Die Mehrzahl der Oberflächenporösitäten ist von eingewachsenem Knochen erfüllt (Vergrößerung 25 x). 568 Abb. 3: Oberflächenvergleich von Zahn, maschiniertem und Endopore-Implantat. Abb. 5: Leichter horizontaler Knochenverlust. ZMK (21) 9/05 ZHK_Ghaussy.qxp 12.09.2005 13:09 Uhr Seite 569 Zahnheilkunde mit einem crestalen Schnitt von regio 35–37 der Mukoperiostlappen präpariert und das knöcherne Lager vorbereitet. Nach Festlegung der Implantatposition (Abb. 6) wird eine Pilotbohrung bei einer Knochenkamm liegen (Abb. 8). Das Implantat muss unter aseptischen Bedingungen aus seiner sterilen Verpackung entnommen und sofort in den Bohrstollen eingesetzt werden. Dabei darf es ausschließlich mithilfe des Kunststoffhalters berührt werden, ein Kontakt mit Weichgewebe ist unbedingt zu vermeiden. Mithilfe eines Setzinstrumentes wird das Implantat in seine endgültige Position geklopft, der feste Sitz der Deckschraube und die Primärstabilität werden geprüft (Abb. 9 u. 10). Abweichend von der Her- K.S.I.-BauerSchraubenimplantat ische „Der klass r Einteiler fü lle“ alle Fä Abb. 8: Überprüfung mit Prüfschablonen. Abb. 6: Festlegung der Implantatposition durch eine Bohrorientierungsschablone. Bohrgeschwindigkeit von 900 U/min durchgeführt. Mit Parallelstiften werden die Ausrichtung im Vergleich zu angrenzenden Zähnen oder Implantaten sowie die Okklusion kontrolliert. Sobald die endgültige Tiefe mit dem Pilotbohrer erreicht ist, wird die Implantationsstelle mit einem Formbohrer (entsprechend der gewählten Implantatgröße) durch die finale Osteotomie erweitert (Abb. 7). Die Implantationsstelle wird mit entsprechenden Prüfschablonen (Implantatanalogen) überprüft. Die Schulter der kegelförmigen Prüfschablone sollte etwas unter dem Abb. 9: Die Implantate sind lege artis inseriert. · · · · primärstabil sofortbelastbar minimalinvasiv transgingival 0482 Abb. 7: Präparation des Bohrstollens. ZMK (21) 9/05 Abb. 10: Postoperative Röntgenkontrolle. 569 K.S.I.-Bauer-Schraube Eleonorenring 14 · 61231 Bad Nauheim Tel. 06032/31911 · Fax 06032/4507 [email protected] ZHK_Ghaussy.qxp 12.09.2005 13:09 Uhr Seite 570 Zahnheilkunde stellerangabe ist das Einhalten einer mindestens 18-wöchigen Einheilzeit empfehlenswert, um den ungestörten Umbau von Geflechtknochen zu lamellären Knochen abzuwarten. Nach Freilegung und Weichgewebskonditionierung erfolgt die Zahnersatzversorgung. Nach geschlossener Abformung werden die Prothetikelemente im Labor beschliffen und Kronen hergestellt. Die röntgenologische Kontrolle der Übertragungspfosten sowie der Prothetikpfosten (Abutments) ist unverzichtbar. Der einzugliedernde Zahnersatz ist sorgfältig auf korrekte Passgenauigkeit und die Gestaltung der Okklusalflächen zu prüfen (Abb. 13–17). Empfehlungen zur Kauflächengestaltung beruhen weitgehend auf theoretischen Überlegungen, da Modellversuche und In-vivo-Messungen in der Literatur kaum vorliegen. Es scheint sinnvoll, transversale Kräfte, die die ungünstigsten Auswirkungen auf die Implantate haben, weitgehend nach anterior zu verlagern. Erheblichen Einfluss auf Abb. 17: Eingegliederte Kronen 35–37. Abb. 13: Die Übertragungspfosten sind mit den Implantaten für eine geschlossene Abformung verschraubt. Zusammenfassung Abb. 14: Zahntechnische Fertigstellung. Abb. 11: Implantatfreilegung 18 Wochen postoperativ. die Größe der Biegemomente besitzt jedoch die orovestibuläre Breite der Kaufläche. Das verwendete Material für die Gestaltung der Kaufläche scheint für das Langzeitergebnis von nachgeordneter Bedeutung zu sein29. Abb. 15: Eingeschraubte Prothetikelemente (Abutments). Der Einsatz kurzer, wurzelförmiger Implantate mit poröser Oberfläche stellt auch bei schwieriger anatomischer Situation eine verlässliche, wenig invasive Behandlungsmethode zur Versorgung mit Implantaten dar. Die Oberflächenvergrößerung des porösen Multilayers sphärischer Titanpartikel ermöglicht das Einwachsen des Knochens in die vorhandenen Oberflächenrauigkeiten und somit zu einer dreidimensionalen mechanischen Verschlüsselung zwischen Knochen und Implantat. Das Endopore-Implantatsystem ermöglicht in vielen Fällen eine minimalinvasive chirurgische Versorgung. Die Literaturliste kann bei der Redaktion angefordert werden. Korrespondenzadresse: Dr. Peter Ghaussy M.Sc. Bramfelder Chaussee 1 22177 Hamburg Tel.: 040 6918126 Fax: 040 6906711 Abb. 12: Der Gingivaformer. 570 Abb. 16: Kontrolle der Prothetikelemente (Abutments). ZMK (21) 9/05