1.3.2 GLEICHMÄSSIGE STETIGKEIT, LIPSCHITZSTETIGKEIT, STETIGE LINEARE ABBILDUNGEN In diesem Abschnitt seien (X, dX ) und (Y, dY ) metrische Räume. Die zugehörigen topologischen Objekte seien wieder jeweils mit X bzw. Y indiziert. Wir betrachten im folgenden wieder Abbildungen f : X ⊃ Df → Y. Wir hatten bemerkt, daß Stetigkeit ein topologischer Begriff ist, der nicht explizit von den Metriken dX und dY abhängt, sondern nur von den zugehörigen Umgebungssystemen bzw. Topologien. Die im folgenden definierten und diskutierten Begriffe hängen jedoch explizit von den verwendeten Metriken ab. (14) DEFINITION, BEMERKUNG: (i) Man definiert: f ”gleichmäßig stetig” :⇐⇒ ∀ ε > 0 ∃ δ > 0 ∀ x, y ∈ Df : dX (x, y) < δ ⇒ dY (f (x), f (y)) < ε. Eine gleichmäßig stetige Funktion ist offenbar stetig, aber die Umkehrung ist im allgemeinen nicht richtig. Bezeichnet man für δ ≥ 0 σf (δ) := sup{ dY (f (x), f (y)) | x, y ∈ Df mit dX (x, y) ≤ δ } ∈ [0, +∞] , so folgt unter Beachtung von σf (0) = 0 f gleichmäßig stetig ⇐⇒ σf stetig in 0 ⇐⇒ σf (δ) → 0 (δ → 0) . σf heißt ”Stetigkeitsmodul” von f . (ii) Man sagt f erfüllt eine ”Lipschitzbedingung” bzw. ist ”Lipschitz-stetig” bzw. ist ”Lipschitzabbildung” :⇐⇒ ∃ γ ∈ [0, +∞[ ∀ x, y ∈ Df : dY (f (x), f (y)) ≤ γ dX (x, y) . γ heißt dann ”Lipschitzkonstante” zu f . Erfüllt f eine Lipschitzbedingung mit der Lipschitzkonstanten γ, so ist f gleichmäßig stetig mit σf (δ) ≤ γ · δ. (iii) Eine bijektive Abbildung f : X → Y heißt ”uniformer Homöomorphismus” :⇐⇒ f und f −1 gleichmäßig stetig. 1 (15) BEISPIELE: (i) Es sei (X, d) ein metrischer Raum. Betrachtet man dann X × X als Produktraum mit der Produktmetrik dˆ und IR mit der natürlichen Metrik, so ist d : X × X → IR Lipschitz-stetig und folglich gleichmäßig stetig. (ii) Es sei (X, | . |) normierter Vektorraum über IK = IR oder IK = C I . Dann ist die Norm | . | : X 3 x → | x | ∈ IR Lipschitz-stetig und damit gleichmäßig stetig. Im folgenden seien X und Y normierte Vektorräume über IK ∈ {IR, C I }. Wir betrachten dann speziell (IK-)lineare Abbildungen f : X → Y , also f ∈ Hom(X; Y ). (16) SATZ: Für f ∈ Hom(X; Y ) sind folgende Aussagen äquivalent: (i) f stetig (ii) f stetig in 0 (iii) f auf K 1 (0) beschränkt (iv) ∃ γ ∈ [0, +∞[ ∀ x ∈ X : | f (x) | ≤ γ | x | . (v) f gleichmäßig stetig (vi) f Lipschitz-stetig. Wir betrachten hierzu einige (17) BEISPIELE: (i) Für a ∈ X ist die Abbildung IK 3 λ → λ · a ∈ X linear und stetig. (ii) Für λ ∈ IK ist die Abbildung X 3 x → λ · x ∈ X linear und stetig. (iii) Die Abbildung X × X 3 (x, y) → x + y ∈ X ist linear und stetig. (iv) Für einen Untervektorraum Y ⊂ X ist idY : Y 3 y → y ∈ X linear und stetig. (v) Es seien a, b ∈ IR mit a < b. Versehen wir C([a, b]; IR) mit der sup-Norm | . |∞ , so ist das Integral Z b a : C([a, b]; IR) 3 f → eine stetige lineare Abbildung. 2 Z b a f (x) dx ∈ IR Wir betrachten die Situation, daß X ein Produktraum ist. (18) BEMERKUNG: n ∗ Es seien n ∈ IN und X = ×X i=1 i mit normierten IK-Vektorräumen Xi , (i = 1, . . . , n). (i) Offenbar sind die Projektionen pj : X 3 x = (xi )ni=1 → xj ∈ Xj , (j = 1, . . . , n) stetige lineare Abbildungen. (ii) Ebenso sind offenbar die ”Einbettungsabbildungen” êj : Xj 3 xj → (0, . . . , 0, xj , 0, . . . , 0) ∈ X, (j = 1, . . . , n) stetig und linear. Im Fall X = IKn ist gerade êj λ = λ · ej , (λ ∈ IK) , wobei ej = (δi j )ni=1 den j-ten kanonischen Einheitsvektor bezeichnet. (iii) Für jede lineare Abbildung f : X → Y gilt f stetig ⇐⇒ ∀ j = 1, . . . , n : f ◦ êj stetig . Insbesondere folgt damit noch einmal, daß jede lineare Abbildung f : IKn → Y stetig ist. Für lineare Abbildungen folgt also aus der ”partiellen Stetigkeit” die Stetigkeit. Wir bezeichnen im folgenden die Menge der stetigen linearen Abbildungen von X nach Y mit B(X; Y ) := {f | f : X → Y stetig, linear } = Hom(X; Y ) ∩ C(X; Y ). Da sowohl Hom(X; Y ) als auch C(X; Y ) ein IK-Vektorraum ist, gilt dies auch für B(X; Y ). Speziell bezeichnen wir B(X) := B(X; X). Wir notieren nun noch (19) DEFINITION, BEMERKUNG: (i) Für eine bijektive lineare Abbildung f : X → Y definiert bzw. hat man f (topologischer) Isomorphismus :⇐⇒ f Homöomorphismus ⇐⇒ f stetig, f −1 stetig 1 | x | ≤ | f (x) | ≤ c | x | c ⇐⇒ f uniformer Homöomorphismus . ⇐⇒ ∃ c ∈]0, +∞[ ∀ x ∈ X : 3 Die Menge der (topologischen) Isomorphismen von X nach Y bezeichnen wir mit Iso(X; Y ) := {f ∈ B(X; Y ) | f (topologischer) Isomorphismus}. Speziell bezeichnen wir Iso(X) := Iso(X; X). (ii) Man bezeichnet: Y isomorph zu X :⇐⇒ ∃ f : X → Y (topologischer) Isomorphismus. (iii) Je zwei Normen | . |1 und | . |2 auf X bezeichnet man als äquivalent :⇐⇒ idX : (X, | . |1 ) → (X, | . |2 ) (topologischer) Isomorphismus ⇐⇒ ∃ c1 , c2 ∈ [0, +∞[ ∀ x ∈ X : | x |1 ≤ c1 | x |2 , | x |2 ≤ c2 | x |1 . (iv) Eine lineare Abbildung f : X → Y mit | f (x) | = | x | , (x ∈ X) heißt isometrische lineare Abbildung bzw. (lineare) Isometrie. Eine surjektive lineare Isometrie ist offenbar ein Isomorphismus; man bezeichnet diesen dann als isometrischen Isomorphismus; X und Y werden in einem solchen Fall als isometrisch isomorph bezeichnet. (20) BEISPIEL: Es seien n ∈ IN∗ und p ∈ [1, +∞[. Dann gilt für x ∈ IKn | x |∞ ≤ | x |p ≤ n1/p | x |∞ . Die Normen | . |∞ und | . |p , (1 ≤ p < ∞) sind folglich äquivalent. 4