Teach the teacher- Effektive und frühzeitige

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Diplomarbeit
Teach the teacherEffektive und frühzeitige Diagnosestellung der
Psoriasisarthritis durch Sensibilisierung und Schulung
des Dermatologen beziehungsweise Allgemeinmediziners
eingereicht von
Puja PARVIN
Mat.Nr.: 0010820
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktor der gesamten Heilkunde
(Dr. med. univ.)
an der
Medizinischen Universität Graz
ausgeführt an
der Universitätsklinik für Innere Medizin/Klinische Abteilung für
Rheumatologie & Dermatologie
unter der Anleitung von
PD Dr. Wolfgang Weger & PD Dr. Babak Yazdani-Biuki
I
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde
Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den
benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich
gemacht habe.
Graz, am
Unterschrift
II
Danksagungen
An dieser Stelle möchte ich mich bei all den Personen bedanken, die am Zustandekommen
dieser Arbeit ihren Anteil hatten.
Mein besonderer Dank gilt PD Dr. Babak Yazdani-Biuki für die nette Betreuung, für das
Interesse am Fortgang der Arbeit und für die Hilfestellungen bei diversen Fragestellungen.
Des Weiteren gilt mein Dank PD Dr. Wolfgang Weger für sein Mitwirken an der
Diplomarbeit. Norbert Tripolt, MSc. danke ich für seine Tipps und Ratschläge und für die
Hilfestellung in EDV-technischen Fragen.
Über diese Arbeit hinaus gebührt meinen Eltern und meinem Bruder spezieller Dank. Sie
haben mir durch ihre Unterstützung in jeder Hinsicht und durch ihr Vertrauen das Studium
ermöglicht.
Weiters möchte ich mich bei meinen Freunden, die mir immer einen guten Ausgleich zu
meinem universitären Alltag boten, für die soziale Unterstützung bedanken.
III
Zusammenfassung
Einleitung:
Arthritis psoriatica wurde definiert als eine entzündliche, normalerweise seronegative
Gelenkserkrankung, die mit Psoriasis assoziiert ist (Wright 1976). Das heterogene
Erscheinungsbild, die verschiedenen Subtypen der Krankheit und die unterschiedlichen
klinischen Verläufe haben seit je her die Diagnostik erschwert. Folgen waren eine
verspätete Diagnostik und somit eine verzögerte Therapie.
Ziel:
Ziel dieser Arbeit war es, jene Ärzte, die mit Arthritis psoriatica-PatientInnen den ersten
Kontakt haben, also DermatologInnen und AllgemeinmedizinerInnen, gegenüber der
Krankheit zu sensibilisieren. Als Folge dieser Sensibilisierung sollte eine frühere
Diagnosestellung und damit eine möglichst frühzeitige Therapieeinleitung erzielt werden.
Methoden:
Am Beginn stand die Fortbildung von Dermatologen und Allgemeinmedizinern über einen
Zeitraum von sechs Monaten in Form von Vorlesungen beziehungsweise interaktiven
Seminaren. Im Anschluss wurden PatientInnen, bei denen der Verdacht auf eine Arthritis
psoriatica bestand, auf die Rheumaambulanz der Medizinischen Universität Graz
überwiesen und von den dortigen Rheumatologen untersucht. Insgesamt waren 196
PatientInnen an der Rheumaambulanz vorstellig. Parallel fanden „Feedback-Runden“ statt,
bei denen der/die RheumatologIn den/die zuweisende(n) Arzt/Ärztin telefonisch
kontaktierte.
Ergebnis:
Bei 120 der 196 überwiesenen PatientInnen wurde von Fachärzten für Rheumatologie der
Medizinischen Universität Graz die Diagnose „Arthritis psoriatica“ bestätigt. Demnach
konnte bei 61,2% der spezifisch zugewiesenen PatientInnen die Diagnose einer Arthritis
psoriatica gestellt werden.
IV
Abstract
Introduction:
Arthritis psoriatica is defined as an inflammatory, normally seronegative arthritis which is
associated with psoriasis (Wright 1976). Due to the heterogeneous appearance and the
different subtypes of the disease finding the right diagnosis is often difficult. Therefore, it
is essential to sensitize the primarily treating physicians to the disease.
Purpose:
The aim of the thesis was to improve the awareness of general practitioners and
dermatologists to psoriatic arthritis.
Methods:
During a time period of six months interactive seminars and lectures were held for
dermatologists and general practitioners. As a consequence, a total of 196 patients were
referred to the department of rheumatology of the Medical University of Graz and further
examined by experienced rheumatologists. Additionally, feedback rounds were made by
telephone to discuss the diagnosis with the assigning physicians.
Results:
The diagnosis of psoriatic arthritis was made in 120 patients who were referred to the
department for rheumatology of the Medical University of Graz. Thus the diagnosis of PsA
could be made for 61,2% of the patients.
V
Inhaltsverzeichnis
Danksagungen ..................................................................................................................... III Zusammenfassung ............................................................................................................... IV Abstract................................................................................................................................. V Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................ VI Glossar und Abkürzungen ..................................................................................................VII Abbildungsverzeichnis ..................................................................................................... VIII Tabellenverzeichnis ............................................................................................................. IX 1 Einleitung .................................................................................................................... 10 1.1 Grundlagen der Arthritis psoriatica ...................................................................... 10 1.1.1 Epidemiologie................................................................................................ 10 1.1.2 Pathogenese ................................................................................................... 11 1.1.2.1 Genetik ................................................................................................... 11 1.1.2.2 Angiogenese in Arthritis psoriatica........................................................ 13 1.1.2.3 Histopathologie der Synovialmembran.................................................. 14 1.1.2.4 Pathologischer Knochenumbau bei Arthritis psoriatica......................... 15 1.1.3 Klinik............................................................................................................. 16 1.1.3.1 Extraartikuläre Manifestationen............................................................. 17 1.1.3.2 Unterscheidung von anderen Arthritiden ............................................... 18 1.1.3.3 Daktylitis ................................................................................................ 18 1.1.3.4 Krankheitsverlauf................................................................................... 20 1.1.4 Radiologische Untersuchung......................................................................... 22 1.1.4.1 „pencil in cup“ Deformation .................................................................. 22 1.1.4.2 Enthesitis ................................................................................................ 23 1.1.4.3 Radiologische diagnostische Verfahren ................................................. 24 1.1.4.4 Beurteilungsschemata röntgenologischer Verfahren ............................. 25 1.1.5 Diagnostische Schemata für Arthritis psoriatica ........................................... 28 1.1.5.1 Klassifikationsschemata ......................................................................... 30 1.1.6 Therapie der Psoriasisarthritis ....................................................................... 36 2 Material und Methoden ............................................................................................... 45 2.1 Fortbildung von Dermatologen und Allgemeinmedizinern in Form von
Vorlesungen und interaktiven Seminaren........................................................................ 45 2.2 Gemeinsamer Konsensus bezüglich des Vorgehens bei PatientInnenvorstellung 46 2.3 Feedback Runden.................................................................................................. 46 2.4 Therapieoptimierung............................................................................................. 47 2.5 Weitere Sensibilisierungen von Dermatologen und Allgemeinmedizinern.......... 47 2.6 PatientInnendaten.................................................................................................. 47 3 Ergebnisse – Resultate................................................................................................. 50 4 Diskussion ................................................................................................................... 54 5 Literaturverzeichnis ..................................................................................................... 57 VI
Glossar und Abkürzungen
RA: rheumatoide Arthritis
cP: chronische Polyarthritis
PsA: Arthritis psoriatica
SpA: Spondylarthropathie
VII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Daktylitis dig. I ped. dex. ............................................................................... 20 Abbildung 2 „pencil in cup" Deformation (rheuma-online 2009)....................................... 22 Abbildung 3 Altersverteilung .............................................................................................. 48 Abbildung 4 Häufigkeit der Entitäten ................................................................................. 51 VIII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Alter ……………………………………………………………………………39
Tabelle 2 Dauer der Psoriasiserkrankung…………………………………………………48 Tabelle 3 Geschlechterverteilung…………………………………………………………40
Tabelle 4 Verteilung von Entitäten………………………………………………………..49
Tabelle 5 Auftreten von Nagelpsoriasis…………………………………………………...51 Tabelle 6 Auftreten von Daktylitis………………………………………………………...52 Tabelle 7 Familienanamnese………………………………………………………………52 Tabelle 8 Geschwollene Gelenke………………………………………………………….53 Tabelle 9 Druckschmerzhafte Gelenke……………………………………………………53 IX
1 Einleitung
1.1 Grundlagen der Arthritis psoriatica
1.1.1 Epidemiologie
Die Psoriasisarthritis ist eine multifaktorielle Krankheit, resultierend aus dem
Zusammenwirken einer genetischen Prädisposition und Umwelteinflüssen. Die Prävalenz
der Psoriasis ist unter PatientInnen, die eine(n) Verwandte(n) ersten Grades haben, der
auch an dieser Krankheit leidet, im Vergleich zur restlichen Bevölkerung um das 19-fache
erhöht (Rahman and Elder, 2005). Die Tatsache, dass heutzutage viele verschiedene
diagnostische Tests und Klassifikationen zur Anwendung kommen und dass es selbst
Spezialisten schwer fällt, die richtige Diagnose zu stellen, ist der Grund dafür, dass die
genaue Prävalenz schwer anzugeben ist (Gladman et al., 2005).
Bei Kaukasiern wird die Prävalenz der Psoriasis mit 1-3% angenommen, wobei wiederum
5-30% auch an einer Psoriasisarthritis leiden. Weit weniger oft findet man diese
Erkrankungen bei anderen Rassen, wenn nicht auch eine gleichzeitige HIV-Infektion
vorliegt. Von PatientInnen, die an Psoriasis leiden, haben zu 30% einen betroffenen
Verwandten ersten Grades. Bei monozygoten Zwillingen liegt die Konkordanz für
Psoriasis bei über 65% und bei der Psoriasisarthritis bei über 30% (Pauci et al., 2008).
Moll und Wright publizierten einen Fallbericht von Drillingen, von denen zwei Kinder
genetisch identisch waren. Von diesen zweien entwickelte einer eine Spondylitis, der
andere eine Polyarthritis, beide litten an Psoriasis. Der Dritte war gesund (Moll and
Wright, 1973). Untersuchungen, mit 88 PsA-PatientInnen die aufgrund dieses Fallberichtes
angestellt wurden, konnten zeigen, dass 12,5% der Verwandten ersten oder zweiten Grades
der untersuchten PatientInnen ebenfalls an einer Psoriasisarthritis litten. Diese Studien
wiederum ergeben eine Gesamtprävalenz für Arthritis psoriatica von 5.5% zwischen
Verwandten ersten Grades. Das ergibt für Verwandte ersten Grades von PatientInnen mit
Psoriasisarthritis eine 19 Mal höhere Wahrscheinlichkeit, auch an dieser Krankheit zu
erkranken.
Für die Gesamtbevölkerung in Großbritannien wird die Gesamtprävalenz mit 0,1%
angegeben (Rahman and Elder, 2005).
10
1.1.2 Pathogenese
Seit langem sucht man schon nach den immunpathologischen Prozessen der PsA, um die
entzündlichen Vorgänge in der Synovia und in der Haut der PatientInnen besser verstehen
zu können. Erst die Entwicklung neuer Medikamente, der Biologika, brachte erste
relevante Aufschlüsse über das Immungeschehen. Im Anschluss soll ein Überblick über
pathogenetische Daten und Vorgänge, wie Genetik, Angiogenese und Histopathologie
gegeben werden.
1.1.2.1
Genetik
In den letzten Jahren galt es als große Herausforderung, einheitliche Konzepte zu
erforschen, aus denen eine genetische Prädisposition für Arthritis psoriatica abzuleiten ist.
Dies hat sich jedoch aus mehreren Gründen als schwierig erwiesen. Erstens wird
angenommen, dass der Erkrankung ein multifaktorielles genetisches Muster zu Grunde
liegt. Zweitens ist die Ausprägung der Psoriasisarthritis äußerst heterogen und es gibt, wie
später noch erwähnt, verschiedene Subtypen der Krankheit, welche wahrscheinlich auch
unterschiedliche genetische Muster aufweisen.
Wie in einigen Artikeln angeführt, wird für einige Allele ein Zusammenhang mit der
Psoriasisarthritis vermutet. Dazu gehören unter anderem HLA B13, 17, 57 und Cw6,
außerdem für das MICA-9 Gen, für die CARD 15 Domäne auf Chromosom 16q und für
Polymorphismen der TNF codierenden Sequenzen (Ritchlin, 2005).
Forschungen an einer homogenen, isolierten Population in Neufundland untersuchten das
Mitwirken der CARD 15 Domäne auf dem NOD2 Gen. Das Ergebnis war, dass 28,3% der
PatientInnen mit Psoriasisarthritis zumindest eine Variante dieses Genlocus aufwiesen.
Zum Vergleich waren es in der Kontrollgruppe nur 11,8% (Karason et al., 2003). Eine
neuere Studie aus Italien mit 193 PatientInnen bestätigte den Zusammenhang jedoch nicht
(Giardina et al., 2004).
Ein signifikanter Einfluss wurde von dem Genlocus HLA-Cw6 angenommen. Klinisch
wurde zwischen Cw6 positiven und Cw6 negativen PatientInnen unterschieden. Cw6
positive PatientInnen hatten ausgeprägtere Hauterscheinungen, die Plaques manifestierten
sich zu einem früheren Zeitpunkt und sie hatten eine höhere Prävalenz eines Köbner
Phänomens. Interessanterweise wurde anfangs berichtet, dass die Penetranz einer Arthritis
bei Cw6 negativen Subjekten stärker ist. Auch Gudjonsson et al berichteten, dass der Cw6Genlocus eher auf eine Hauterscheinung hinweist, als auf die gleichzeitige Mitbeteiligung
11
der Gelenke (Gudjonsson et al., 2002). Parallel ergaben Studien aus England und Spanien,
dass dieses HLA Gen auf einen früheren Beginn von Psoriasis und Psoriasisarthritis
rückschließen lässt (Queiro-Silva et al., 2003, Ravindran et al., 2004). Eine Studie aus
Spanien aus dem Jahr 2004 mit 50 Psoriasis-PatientInnen, 120 PsoriasisarthritisPatientInnen und einer Kontrollgruppe von 175 Personen zeigte jedoch wiederum nur
einen Zusammenhang mit Psoriasis, nicht jedoch mit der Psoriasisarthritis (Queiro-Silva et
al., 2004).
Vor einigen Jahren untersuchte man den Zusammenhang zwischen Psoriasisarthritis und
der MICA-Genregion. MICA ist ein Polymorphismus an der MHC Klasse I
kettenbezogenen Region A und kodiert für ein transmembranes Protein, das von
intestinalen Zellen exprimiert wird. Benannt wurde diese Region als MICA-A9. Diesem
Protein wird unter anderem eine wichtige Funktion im angeborenen Immunsystem
zugeschrieben. Eine kroatische Studie mit 58 Psoriasisarthritis-PatientInnen und einer
Kontrollgruppe von 157 Personen ergab jedoch keinen Hinweis für das pathogenetische
Mitwirken von MICA-A9, sondern von MICA-A4, einem ähnlichen transmembranen
Protein (Grubic et al., 2004). Ein weiterer Punkt, dem sich Studien widmeten, waren die
erhöhten Werte von proinflammatorischen Zytokinen wie IL-1, IL-6 und IL-8 im Serum, in
der Synovia und in der Synovialflüssigkeit von PsA-PatientInnen. Besondere
Aufmerksamkeit wurde jedoch TNF-α geschenkt, das ebenfalls oft deutlich erhöht ist.
Studien untersuchten, ob bei Psoriasisarthritis-PatientInnen vermehrt Zytokin-kodierende
Sequenzen im Genom vorkommen. Es ergaben sich jedoch wenige Unterschiede zwischen
den ProbandInnen und der Kontrollgruppe. Auch die Frequenzen der Antizytokine IL-1
und IL-10 wurden untersucht, aber auch hier wurden keine Unterschiede festgestellt.
Auffallend waren erhöhte Werte von TNF-α–308 und TNF-β 252+ bei PatientInnen mit
Psoriasisarthritis, die radiologische Erosionen zeigten. Erhöhte TNF-α–308 Sequenzen
deuteten auf eine erhöhte Produktion von TNF-α hin, wohingegen TNF-β 252+ Sequenzen
eher bei PatientInnen mit peripherer Arthritis zu sehen waren.
Der bedeutendste genetische Zusammenhang mit der Psoriasisarthritis scheint aus heutiger
Sicht durch die natürlichen Killerzellen, NK-Zellen, gegeben zu sein. Diese Lymphozyten
spielen eine wichtige Rolle in der primären Phase der angeborenen Immunantwort. Auf
ihrer Oberfläche besitzen sie inhibitorische und aktivierende KIR-Rezeptoren (von killer
immunglobulin-like receptors). Die Gene, die für die inhibitorischen Rezeptoren kodieren,
sind im Genom jedes Menschen enthalten, wohingegen die kodierenden Gene der
aktivierenden Rezeptoren nur bei 35-56% der amerikanischen Bevölkerung nachgewiesen
12
werden konnten (Anandarajah and Ritchlin, 2004, Ritchlin, 2005). Nelson et al
beschreiben, dass durch die Präsenz der aktivierenden KIR-Rezeptoren das Risiko, an
Psoriasisarthritis oder Psoriasis zu erkranken, steigt und dass das Risiko ebenfalls erhöht
wird, wenn die antagonistisch wirkenden inhibitorischen KIR-Rezeptoren fehlen (Nelson
et al., 2004).
1.1.2.2 Angiogenese in Arthritis psoriatica
Ein morphologisches Charakteristikum der Psoriasisarthritis ist die gesteigerte Bildung
abnormer Gefäße der Synovialmembran. Die Gefäße sind, im Vergleich mit denen bei
chronischer Polyarthritis, wo sie gerade verlaufen, bei der Psoriasisarthritis gewunden und
dilatiert.
Die Angiogenese wird durch verschiedene Wachstumsfaktoren, wie durch den vascular
endothelial growth faktor (VEGF) und Angiopoetin (Ang) kontrolliert. Angiopoetin 1 ist
verantwortlich für eine physiologische, konstante Gefäßneubildung, Ang 2 hingegen spielt
eine bedeutende Rolle in der Gefäßumbildung. Dieser Ang 2-Faktor führt vermutlich zur
Destabilisierung von einsprossenden Gefäßknospen. Fearon et al fanden heraus, dass
sowohl die mRNA-Expression von Ang 2 und VEGF als auch die Anzahl der Proteine bei
Psoriasisarthritis-PatientInnen signifikant erhöht ist, im Vergleich zur Synovia von
PatientInnen mit chronischer Polyarthritis (Fearon et al., 2003). Zugleich ist die Anzahl der
Ang 2 mRNA und die Anzahl der Ang 2 Proteine beträchtlich höher als die der Ang 1. Aus
diesen Schlüssen erhofft man sich, den Mechanismus der Vaskularisierung in der
Synovialmembran der Psoriasisarthritis ableiten zu können (Anandarajah and Ritchlin,
2004).
Eine Studie mit neun PsA-PatientInnen zeigte, dass es nach dreimaliger InfliximabInfusion zu einer Reduktion der Ang 2-Expression kam. Die Studie zeigte aber auch noch
andere Veränderungen: Es kam unter anderem zu einer signifikanten Reduktion von
VEGF, VEGF Rezeptor 1, VEGF Rezeptor 2 und CD31. Die Zahl der T- und BLymphozyten in der Synovia blieb dagegen unverändert (Canete et al., 2004). Dies zeigt,
dass TNF in die Modulation von Molekülen eingreift, die in der Angiogenese eine wichtige
Rolle spielen (Ritchlin, 2005).
13
1.1.2.3
Histopathologie der Synovialmembran
Untersuchungen der Synovia von RA- und Psoriasisarthritis-PatientInnen zeigen
charakteristische Veränderungen der Gewebe, die auch dabei helfen, diese beiden
Krankheiten voneinander zu unterscheiden. Es zeigt sich, dass die PsoriasisarthritisSynovialmembran mehr Gemeinsamkeiten mit der Synovia anderer Spondylarthropathien
als mit der der chronischen Polyarthritis aufweist.
Baeten et al veröffentlichten 2005 eine Studie mit einer Analyse der Synovialmembranen
von 86 RA und 96 SpA-PatientInnen (davon 33 PsA). Alle Personen litten zum Zeitpunkt
der Synovial-Biopsie an einer aktiven Synovitis. Untersucht wurden unter anderem die
Dicke der Synovialmembran, die Vaskularisierung, der Grad der Zellinfiltration und das
Vorhandensein von Lymphozytenaggregaten. Dabei zeigte sich, dass die Dicke der
Synovialmembran bei SpA-PatientInnen signifikant geringer war als bei RA-PatientInnen.
Außerdem wurde in der Synovia der SpA-PatientInnen eine gesteigerte Vaskularisierung
festgestellt (Baeten et al., 2005). Dieses Phänomen bei PsA-PatientInnen wurde auch von
anderen Untersuchern bestätigt (Espinoza et al., 1982, Reece et al., 1999).
Des Weiteren zeigte Baeten et al, dass es im Gewebe von SpA-PatientInnen zu einer
Reduktion von CD68+ Makrophagen kommt, dass diese jedoch vermehrt CD163
exprimieren. CD163 ist ein transmembranes Molekül und ein Mitglied der ScavengerRezeptor Superfamilie. In einem anderen Bericht beschreibt Baeten, dass Makrophagen,
die diesen Rezeptor exprimieren, in vitro nach Lipopolysaccharid-Stimulation vermehrt IL1 und TNF ausschütten (Baeten et al., 2002). Interessanterweise berichten Demetter et al,
dass CD163+ Zellen auch im Colon von PatientInnen mit Morbus Crohn vermehrt
aufgefunden werden. Diese Erkenntnis lässt vermuten, dass es einen gemeinsamen
Mechanismus in der Entzündungsreaktion von Psoriasisarthritis und Morbus Crohn gibt
(Demetter et al., 2005).
Weitere Einblicke in die Pathogenese erhoffte man sich durch die Untersuchung von
Metalloproteasen (MMPs), die für die Zerstörung von Knorpelgewebe und für
Gewebeumbildungen verantwortlich sind. Dabei erwies sich, dass der Serumlevel von
MMP-3 mit der Destruktion peripherer Gelenke korreliert. Nach Infliximab Therapie kam
es zu einer Reduktion von MMP-3, nicht aber von anderen Metalloproteasen (Ritchlin,
2005).
14
1.1.2.4 Pathologischer Knochenumbau bei Arthritis psoriatica
Der Knochenumbau, also das Zusammenspielspiel von Abbau und Aufbau des Knochens,
ist ein fein regulierter Mechanismus, der durch Interaktion von Osteoblasten und
Osteoklasten
zu
Stande
kommt.
Die
Osteoklasten,
die
vom
mononukleären
Phagozytensystem abstammen, sind verantwortlich für den Abbau von Knochengewebe;
die Osteoblasten, die von mesenchymalen Zellen abstammen, bilden die Knochenmatrix
neu. Radiologische Aufnahmen pathologisch veränderter, destruierter Gelenke von
Psoriasisarthritis-PatientInnen zeigen, dass es bei Arthritis psoriatica einen fehlgesteuerten
Knochenumbau gibt. Diese Veränderungen sind zum Beispiel exzentrische Erosionen,
Gelenksspaltverschmälerung und „pencil in cup“ Deformitäten (Veale et al., 2005).
Bis jetzt wurden die Schritte, die zur Aktivierung der am Umbau beteiligten Zellen führen,
noch nicht zur Gänze verstanden. Wichtige Aufschlüsse ergeben die Untersuchungen von
RANK und RANKL. RANK ist ein TNF-ähnliches Rezeptorprotein und wird auf
Osteoklasten und Osteoklastenvorstufen exprimiert. RANKL wird auf der Oberfläche von
Osteoblasten, Stromazellen des Knochenmarks, infiltrierenden T-Lymphozyten und
Synovialzellen in entzündeten Gelenken exprimiert. Die Bindung des Rezeptors an den
Liganden (in Anwesenheit des Makrophagen stimulierenden Faktors), ist wichtig für die
Differenzierung der Osteoklasten und folglich für die Knochenresorption. Dagegen kann
Osteoprotegerin, ein weiterer Rezeptor, RANKL binden und diesen neutralisieren. Folglich
inhibiert Osteoprotegerin die Osteolyse. Daher ist es Gegenstand der Forschung, mehr über
das Verhältnis von RANKL und Osteoprotegerin herauszufinden, um so eventuell
Aussagen über die pathologischen Umbauprozesse machen zu können (Veale et al., 2005,
Anandarajah and Ritchlin, 2004).
Untersuchungen der entzündeten Synovia von PsA-PatientInnen bestätigten, dass im
entzündeten Gewebe vermehrt RANKL exprimiert wird. Von Osteoprotegerin hingegen
wurden verminderte Werte ermittelt. Außerdem wurden in Blutgefäßen der Pannus-Region
vermehrt RANK positive Zellen nachgewiesen, was auf einen vermehrten Anteil an
Osteoklasten schließen lässt (Ritchlin et al., 2003). In parallel laufenden Studien wurde
gezeigt, dass im Blut von Psoriasisarthritis-PatientInnen vermehrt Osteoklasten, die von
CD11b+CD14+ Monozyten abstammen, vorkommen. Weiters wurde beobachtet, dass es
nach TNF-α Blocker Therapie zu einem Rückgang dieser CD11b+ und CD14+ Zellen im
Blut kommt. Daher wird angenommen, dass es bei einem erhöhten Level von TNF-α zu
einer größeren Anzahl zirkulierender Osteoklastenvorstufen und zu einer gesteigerten
Differenzierung zu aktiven Osteoklasten kommt (Anandarajah and Ritchlin, 2004).
15
1.1.3 Klinik
Die Psoriasisarthritis ist definiert als eine entzündliche Gelenkserkrankung, die meistens
mit Psoriasis vergesellschaftet ist. Definitionsgemäß ist sie seronegativ, das heißt, dass im
Allgemeinen keine pathologischen Level von Rheumafaktoren im Serum nachgewiesen
werden können (Gladman et al., 2005).
In 60 bis 70% der Fälle geht die Psoriasis der Gelenkerkrankung voran, in 15-20 % ist die
Arthritis das erste Erscheinungsbild. In 15-20% manifestieren sich beide Krankheiten
zusammen innerhalb eines Jahres. Frauen und Männer sind gleich häufig betroffen, jedoch
hat man festgestellt, dass das Erkrankungsmuster bei beiden Geschlechtern häufig
unterschiedlich ist. Das mittlere Erkrankungsalter beträgt 37 Jahre (Pauci et al., 2008).
Der Krankheitsbeginn hat einen Gipfel in der vierten Lebensdekade, kann aber auch in der
Kindheit beziehungsweise im hohen Erwachsenenalter erfolgen (Gladman, 1998).
Wright and Moll haben schon 1976 ein grundlegendes Krankheitsschema eingeführt, dem
zufolge grob zwischen fünf Mustern unterschieden wird:
¾ Arthritis der distalen Gelenke ( DIPs)
¾ Asymmetrische Oligoarthritis
¾ Symmetrische Polyarthritis
¾ Axiale Arthritis
¾ Arthritis mutilans
Zu beachten ist jedoch, dass das Auftreten dieser Erscheinungsformen stark variiert. Zum
einen ist der Grund dafür die individuell verschiedene Interpretationsmöglichkeit
beziehungsweise
Definitionsmöglichkeit
der
Krankheitsausprägung
durch
die
MedizinerInnen, zum anderen kommt es vor, dass sich diese Krankheitsmuster bei einigen
PatientInnen im Verlauf der Erkrankung ändern. Meist erfolgt die Änderung des
Befallsmusters in Richtung einer polyartikulären Verlaufsform. Dies ist der Grund, dass
Einteilungen, die nach dem Muster von Moll und Wright erfolgen, zu Beginn der
Krankheit aussagekräftig sind, aber im weiteren Verlauf der Erkrankung an Bedeutung
verlieren können (Gladman et al., 2005).
Die symmetrische Form kommt mit 40% am häufigsten vor. Diese ist jedoch wegen des
der chronischen Polyarthritis ähnlichen Befallsmusters von ihr schwer zu unterscheiden.
Bei etwa 30% kommt es zur asymmetrischen Oligoarthritis. Bei dieser Form treten meist
Gelenksentzündungen im Kniegelenk oder in einem anderen großen Gelenk unter
16
Mitbeteiligung von kleinen Gelenken an Füßen und Händen auf. Die distale
Psoriasisarthritis, mit Beteiligung der DIPs kommt in etwa 15% der Fälle vor. In 5% der
Fälle kommt es zu einer axialen Arthropathie ohne periphere Gelenksbeteiligung. Sie ist
wiederum schwer von der Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew) zu unterscheiden.
Als Unterscheidungsmerkmal kann gelten, dass es bei der Spondylitis nicht zur
Nagelbeteiligung kommt und dass die Wirbelsäulenbeschwerden weiter kaudal
vorkommen. So ist bei der Psoriasisarthritis die HWS mehr, der thoracolumbale Übergang
hingegen weniger betroffen. Etwa 5% leiden an Arthritis mutilans, einer sehr aggressiven
Verlaufsform, bei der es zu ausgeprägten Gelenkszerstörungen bis zur Verkürzung der
Finger kommen kann.
Einige Charakteristika der Psoriasisarthritis sind Nagelveränderungen, die bei etwa 90%
der PatientInnen beobachtet werden, Daktylitiden bei etwa 30% der Betroffenen und in
seltenen Fällen eine Verkürzung der Finger, die durch gelenksnahe Osteolysen entsteht
(Pauci et al., 2008).
Weitere Auffälligkeiten sind Enthesitiden und Tendosynovitiden, die vorwiegend in den
Flexoren -und Extensorensehnen der Finger und an der Achillessehne vorkommen
(Gladman, 1998).
1.1.3.1 Extraartikuläre Manifestationen
Die häufigsten Begleiterscheinungen sind Hauterscheinungen, wobei die Psoriasis vulgaris
naturgemäß am häufigsten vorkommt. Es können aber auch andere Formen der Psoriasis
vorliegen. Des Weiteren kommt es, wie oben angeführt, in etwa 90% der Fälle zu
Nagelbeteiligungen, was ein wichtiges Kriterium zur Unterscheidung von anderen
Arthritiden
darstellt.
Urethritis,
gastrointestinale
Beschwerden
und
kardiale
Manifestationen können ebenso mit der Psoriasisarthritis einhergehen, kommen aber nicht
so regelmäßig vor wie bei anderen Arthritiden (Gladman, 1998).
Bei 7-33% der PatientInnen werden Augenbeteiligungen wie Konjunktivitis und Uveitis
beobachtet. Die Uveitis ist aber im Vergleich zu Morbus Bechterew chronisch und bilateral
(Pauci et al., 2008).
17
1.1.3.2 Unterscheidung von anderen Arthritiden
Laut Definition ist ein/e PatientIn an Psoriasisarthritis erkrankt, wenn er/sie auch an
Psoriasis leidet. Die Arthritis kann aber schon viele Jahre vor den Hauterscheinungen
auftreten. Der Normalfall ist jedoch, dass die Psoriasis 10 Jahre vor der Arthritis zum
Vorschein kommt (Gladman et al., 2005).
Zur Abgrenzung der Psoriasisarthritis von der chronischen Polyarthritis sind mehrere
Aspekte zu beachten. Die Gelenksbeteiligung bei der Psoriasisarthritis ist im Vergleich
zur chronischen Polyarthritis meist asymmetrisch. Außerdem sind bei der Psoriasisarthritis
bevorzugt distale Gelenksabschnitte betroffen, wie zum Beispiel die distalen
Interphalangealgelenke.
Zudem
kann
es
bei
der
psoriatischen
Arthritis
zu
Spondylarthropathien kommen (Gladman, 1998). Das Fehlen von Rheumaknoten ist ein
weiterer wichtiger Anhaltspunkt. Rheumafaktoren in pathologischer Höhe sind nur bei
etwa 13 % der PatientInnen messbar, zum Unterschied bei chronischer Polyarthritis, wo in
über 80% der Fälle der Rheumafaktor positiv ist. Häufig beobachtet man auch einen
strahlenförmigen Gelenksbefall, das bedeutet, dass eher alle Gelenke eines Fingers
betroffen sind als dass das gleiche Gelenk auf der anderen Körperseite mit betroffen ist.
Weiters ist die Abgrenzung zu Morbus Bechterew von Bedeutung. Hier sollte man sich an
dem Muster der Sacroilitis orientieren. Dieses ist bei der ankylosierenden Spondylitis
symmetrisch und beide Seiten sind gleich stark betroffen, wohingegen bei der
Psoriasisarthritis ein asymmetrischer Befall vorliegt. Zur weiteren Unterscheidung dienen
die Syndesmophyten, die bei beiden Krankheiten vorkommen. Diese sind bei Morbus
Bechterew symmetrisch und entspringen an den Rändern der Wirbelkörperdeckplatten. Bei
der psoriatischen Arthritis kommen zum einen andere Ursprungslokalisationen vor und
zum anderen sieht man oft, dass die Syndesmophyten die Wirbelkörper der Wirbelsäule
entlang überspringen. Bei PatientInnen mit Psoriasisarthritis sind öfter distale Gelenke mit
betroffen, außerdem findet man die typischen oben beschriebenen HLA Antigene, wobei
bei der ankylosierenden Spondylitis das HLA-B27 Gen mit einer weitaus höheren
Frequenz angetroffen wird.
1.1.3.3 Daktylitis
Die Daktylitis ist definitionsgemäß eine diffuse Schwellung eines Fingers, die chronisch
aber auch akut auftreten kann. Als akut bezeichnet man sie, wenn der betroffene Finger
18
entzündlich verändert und schmerzhaft ist, chronisch bedeutet, dass der Finger trotz der
fehlenden Entzündung geschwollen ist.
Die Daktylitis kommt bei etwa 30% der Arthritis psoriatica-PatientInnen vor und wird als
eines der Kardinalsymptome dieser Krankheit angenommen, obwohl sie auch bei anderen
Spondylarthropathien, vor allem bei der reaktiven Arthritis, vorkommt. Weiters sieht man
den sogenannten „Wurstfinger“ auch bei der Gicht, bei Sakroilitis, bei der
Sehnenscheidenentzündung und bei der sickle cell disease. Weniger typisch ist er jedoch
bei der rheumatoiden Arthritis (Rothschild et al., 1998). Neue Untersuchungsmethoden in
der Rheumatologie wie Ultraschall und MRT erlauben Einblicke in die Pathogenese und
zeigen, dass der Daktylitis eine Entzündung der Sehnenscheiden der Flexoren der Finger
zu Grunde liegt. Weiters sieht man eine Periostitis und eine Verengung des Gelenksspalts.
Bis heute ist aber unklar, ob die Daktylitis selbst mit Erosionen einhergeht oder ob sie eine
benigne Veränderung der Finger ist.
Brockbank et al veröffentlichten 2005 eine Studie mit 537 PatientInnen, die an
Psoriasisarthritis erkrankt waren, und untersuchten bei ihnen das Auftreten und die
Progression der Daktylitis. Dabei wurden die radiologischen Veränderungen vor und nach
dem Auftreten von Daktylitiden untersucht.
Die Studie erbrachte folgende Ergebnisse:
Von den 537 PatientInnen ist bei 48% mindestens eine Episode von Daktylitis
vorgekommen. Das mittlere Alter für das Auftreten der Daktylitis war 42, sie trat im
Durchschnitt 8 Jahre nach Erstmanifestation der Psoriasisarthritis auf. Bei 43% der
PatientInnen mit Daktylitis war ein Finger betroffen, der Rest hatte einen Befall mehrerer
Finger, wobei bei drei PatientInnen, also weniger als einem Prozent der PatientInnen mit
Daktylitis, alle zehn Finger betroffen waren.
Bei 58% kam es zu einem asymmetrischen Auftreten, wobei die rechte Hand öfter
betroffen war als die linke; 12% hatten die Symptome an beiden Händen und Füßen. Bei
66% der PatientInnen traten die Entzündungen nur an den Zehen, bei 22% nur an den
Händen auf. Die am meisten betroffenen Regionen waren an den Händen der zweite
Finger, gefolgt vom dritten und an den Füßen war die vierte Zehe am häufigsten betroffen.
Bei 185 PatientInnen waren Röntgenaufnahmen vor und nach Auftreten der Daktylitis
vorhanden. Daraus ging hervor, dass an jenen Fingern und Zehen, die von der Daktylitis
betroffen waren, signifikant deutlichere Zeichen von pathologischen radiologischen
Veränderungen zu sehen waren als bei den anderen. Alle Fingergelenke, also das
19
Metacarpophalangeal-, das proximale und das distale Interphalangeal-Gelenk, waren mit
32, 31 und 31 % gleich stark betroffen. Bei den Zehen wurden das proximale- und distale
Interphalangealgelenk der lateralen vier Zehen in der Statistik nicht berücksichtigt
(Brockbank et al., 2005).
Abbildung 1 Daktylitis dig. I ped. dex.
1.1.3.4 Krankheitsverlauf
Bei den ersten Beschreibungen der Psoriasisarthritis von Moll and Wright wurde
angenommen, dass der Verlauf der Erkrankung weniger schwer ist als der der chronischen
Polyarthritis. Im Laufe der Zeit wurde aber ersichtlich, dass das Fortschreiten der
Krankheit aggressiver ist als bisher angenommen. Eine Studie an PatientInnen, mit einem
frühen Krankheitsbeginn ergab, dass nach zwei Jahren 47% der Erkrankten mindestens
eine Erosion hatten. PatientInnen, die über einen Zeitraum von 10 Jahren untersucht
wurden, hatten zu 55% fünf oder mehr deformierte Gelenke (Gladman et al., 2005).
Eine Studie von Gladman et al beschäftigte sich mit den Zeichen der Progression der
Erkrankung. Die Progression wurde hier als Änderung der Schädigung definiert. Sie wurde
festgelegt von 1 (keine geschädigten Gelenke) bis 4 (mehr als zehn befallene Gelenke).
Mehr als fünf geschwollene Gelenke, vor allem Steroidbedarf, gelten als Prädiktoren für
eine Progression, ein niedriges BSG hingegen gilt als protektiv (Gladman et al., 1995). Aus
einer anderen Studie geht hervor, dass ein polyartikulärer Krankheitsbeginn ein Zeichen
für einen erosiven Verlauf darstellen kann (Queiro-Silva et al., 2003). Auch gewissen HLA
Antigenen werden beeinflussende Eigenschaften zugeschrieben. Das HLA-B27 Gen gilt, in
Anwesenheit von HLA-DR7, HLA-B39 und HLA-DQw3 und in Abwesenheit von HLA20
DR-7, als prognostisch ungünstig für eine vermehrte Gelenkszerstörung, HLA-b22 werden
protektive Eigenschaften zugeschrieben (Gladman et al., 1998). Weitere Faktoren für die
Progression sind weibliches Geschlecht und gegenwärtige Gelenkszerstörung (Gladman et
al., 2005).
Eine Studie von McHugh et al an 87 PatientInnen, die über einen Zeitraum von
durchschnittlich 65 Monaten untersucht wurden, beschreibt Veränderungen der Gelenke,
Veränderungen des Befallsmusters, der Laborparameter, der Nägel und der Haut im
Verlauf der Psoriasisarthritis. Daraus geht hervor, dass 21% der PatientInnen ihr
Befallsmuster im Verlauf der Erkrankung wechseln. Die größte Gruppe, die etwa 45%
ausmachte, wechselte von einem oligoarthritischen Befallsmuster zur polyarthritischen
Form. Ein/e PatientIn, der/die an einer Arthritis distaler Gelenke litt, entwickelte eine
Spondylarthropathie, bei vier PatientInnen, die anfangs an Spondylarthropathie litten,
wurde im Laufe der Zeit ein Befall der distalen Gelenke festgestellt und bei einem/r
Patienten/in kam es zu einer Progression von der polyarthritischen Form zur Arthritis
mutilans. Bei vier weiteren PatientInnen wurde in der Folgeuntersuchung kein
Gelenksbefall mehr festgestellt. Von diesen litt einer an Oligoarthritis und drei litten an
Monarthritis.
Der durchschnittliche Anstieg der befallenen peripheren Gelenke von sechs, zum Zeitpunkt
der Ersterhebung auf elf zeigt, dass in der ganzen Gruppe ein signifikanter Anstieg an
Gelenksbeteiligung zu sehen war. Bei 75 PatientInnen wurden anfangs und im Rahmen der
Folgeuntersuchungen radiologische Aufzeichnungen gemacht. Hier stieg der Anteil an
PatientInnen, bei denen Veränderungen an den Händen beobachtet wurden von 53% auf
68% und bei PatientInnen, die eine Beteiligung der Füße hatten, stieg der Prozentsatz von
37% auf 44%.
Bezüglich der Laborparameter stellte man fest, dass die Plasmaviskosität stark mit der
Progression der Gelenkszerstörung korreliert. Bei vier PatientInnen wurden pathologisch
erhöhte Rheumafaktoren nachgewiesen und alle vier litten an Polyarthritis. Von diesen vier
war ein/e PatientIn schon bei der Erstuntersuchung Rheumafaktor-positiv, weitere drei
wurden dies im Laufe der Zeit. Bei der Nagel- beziehungsweise Hautbeteiligung ergaben
sich während der Studie keine signifikanten Unterschiede (McHugh et al., 2003).
21
1.1.4 Radiologische Untersuchung
Die radiologische Dokumentation der Psoriasisarthritis hat in der Untersuchung von
PatientInnen einen hohen Stellenwert. Sie ist wichtig für die Prognose des
Krankheitsverlaufes.
Obwohl die anfänglichen Gelenksveränderungen der Psoriasisarthritis ähnlich der
chronischen Polyarthritis sind, gibt es Unterscheidungsmerkmale, welche radiologisch die
Differentialdiagnosen einer Arthritis eingrenzen.
Charakteristisch für die psoriatische Arthritis sind:
• Erosionen
• Gelenksspaltverschmälerung
• Weichteilschwellung
• Knochenproliferation
• Osteolysen bis hin zur „pencil in cup“ Deformation
• Osteoporose
• Enthesitis
1.1.4.1 „pencil in cup“ Deformation
Diese Art Deformation kommt häufig bei der Arthritis mutilans vor. Sie ist gekennzeichnet
durch ein Hineinragen der proximalen Gelenkfläche in die distale (van der Heijde et al.,
2005).
Abbildung 2 „pencil in cup" Deformation (rheuma-online 2009)
22
1.1.4.2 Enthesitis
Im Englischen wird als „enthesis“ eine funktionelle Gruppe von Geweben beschrieben, die
anatomisch als Einheit zusammengefasst werden. Sie wird beschrieben als Insertionsstelle
von Bändern, Sehnen und Kapseln am Knochen und schließt, da radiologisch nicht
unterscheidbar, auch das dort vorhandene Periost mit ein. McGonagle et al beschreiben
auch, dass diese Einheit an verschiedenen Stellen des Körpers unterschiedlich strukturiert
ist. Die Enthesitis ist eine entzündliche Veränderung dieser Ansatzstellen und ist ein
Kardinalsymptom der Spondylarthropathien (McGonagle, 2005, Ritchlin, 2005).
Die Enthesen bestehen aus vier Zonen:
1. fibröse Verbindungszone
2. nicht kalzifizierte fibrocartilaginäre Zone
3. kalzifizierte fibrocartilaginäre Zone
4. Knochen
Mehr Aufschlüsse über den Aufbau dieser Gewebegruppe geben Tierstudien von Milz et
al. Hier wurde gezeigt, dass das Gewebe an den Stellen der Epicondylen fest mit den
Kollateralbändern verwachsen ist. Untersuchungen an älteren Tierkadavern zeigten, dass
an der “enthesis“ mikroskopisch sichtbarer Schaden entstanden war. Dieser Schaden
beruhte wahrscheinlich auf einer natürlichen Degeneration durch mechanische Einwirkung
(Milz et al., 2004).
Weitere Neuerungen ergaben andere Studien desselben Untersuchers an Geweben von 28
Extremitäten von Tierkadavern. Es wurde ersichtlich, dass die Enthesen nicht nur direkt an
Gelenken vorkommen, sondern dass es auch extraartikuläre Lokalisationen gibt.
Durch die Struktur und den Aufbau des Gewebes kann man annehmen, dass es unter
anderem der Reduktion mechanischer Belastungen des Gelenkes dient. Ob jedoch das
fibrocartilaginäre Gewebe durch gezielte Entzündung oder durch eine Autoimmunantwort
entzündlich verändert wird, ist noch unklar. Die Daktylitis etwa entsteht durch die
Entzündung der Sehnen der Flexoren der Finger, welche nachgewiesenermaßen viele
fibrocartilaginäre Strukturen enthalten. Weiters sieht man bei der Arthritis psoriatica als
Kardialsymptom im MR eine Osteitis, die zumeist schon vor der Enthesitis zum Vorschein
kommt.
Nahezu
alle
PatientInnen
leiden
außerdem
an
Weichteilödemen
und
Knochenmarksödemen (Anandarajah and Ritchlin, 2004).
23
Die am häufigsten betroffenen Gelenke in Bezug auf Enthesitis sind die kleinen Gelenke
der Hand und das Handgelenk. Darauf folgen die Gelenke der Füße, die Knie, die
Fußgelenke und die Schultern. Charakteristisch sind der Befall der distalen
Interphalangealgelenke, die meist als erste betroffen sind, und die Asymmetrie (van der
Heijde et al., 2005).
Eine sehr spezifische, aber selten vorkommende Manifestation der Psoriasisarthritis ist die
„Elfenbein-Phalanx“. Sie kommt durch eine periostale und endostale Formation zustande,
bei der sich die Dichte der Knochen so sehr steigern kann, bis es zum Endstadium, der
„ivory-phalanx“, kommt.
1.1.4.3 Radiologische diagnostische Verfahren
In diesem Kapitel soll auf die unterschiedlichen Untersuchungsmethoden, die man zur
Diagnosestellung der Psoriasisarthritis verwendet, eingegangen und diese kurz beschrieben
werden.
Ultraschall:
Seit einigen Jahren wird der Ultraschall dazu benutzt, Pathologien in Muskel und Skelett
besser beschreiben zu können. Neue Geräte, speziell solche mit hochfrequenten
Transduktoren, haben mittlerweile eine sehr gute Gewebeauflösung und eignen sich
deshalb gut zur Untersuchung von Weichteilgewebe.
Die Sonographie kann dazu benutzt werden, die Synovialkapsel zu begutachten und
Erosionen zu diagnostizieren. Unter Verwendung eines Dopplers kann außerdem eine
Hyperämie festgestellt werden, welche ein indirekter Marker für eine Entzündung ist (Ory
et al., 2005). Weiters dient er der Bildgebung von Weichteilödemen und neuen
Knochenformationen und er ermöglicht die Beurteilung der Vaskularisierung (McGonagle,
2005).
Zusammenfassend muss man jedoch sagen, dass die Sonographie auf diesem Gebiet sehr
unspezifisch ist, da dieselben Ergebnisse auch bei der chronischen Polyarthritis und
anderen Arthropathien vorkommen.
24
Szintigraphie:
Die Szintigraphie ist gut im Auffinden entzündlicher Veränderungen. In der Vergangenheit
zeigte sie, dass die Osteitis ein Merkmal der Psoriasisarthritis, nicht aber der chronischen
Polyarthritis ist. Leider ist auch die Szintigraphie ansonsten sehr unspezifisch.
Computertomographie:
Bedeutung hat das CT in der Diagnose der Wirbelkörperveränderungen, weniger in der
Untersuchung der kleinen Gelenke der Hände und Füße. In der Beurteilung von
Weichteilen ist es dem MR weit unterlegen.
Magnetresonanz:
Der Vorteil der MR ist, dass pathologische Veränderungen viel früher erfasst werden
können als mit anderen radiologischen Verfahren. Das hat im Idealfall zur Folge, dass
Therapien eingeleitet werden können bevor es zu strukturellen Veränderungen der Gelenke
kommt (Ory et al., 2005).
1.1.4.4 Beurteilungsschemata röntgenologischer Verfahren
Der folgende Punkt geht auf Schemata beziehungsweise Klassifikationen ein, die es
ermöglichen, Gelenksveränderungen der Psoriasisarthritis zu quantifizieren und somit zu
objektivieren. Diese unterschiedlichen Methoden sollen erwähnt werden, da diese
veranschaulichen, wie viele unterschiedliche Bewertungen es in der Psoriasisarthritis gibt.
Fast alle diese Bewertungsschemata wurden anfangs für die chronische Polyarthritis
entwickelt und nun für die Psoriasisarthritis modifiziert. Hierbei werden dem befallenen
Gelenk jeweils Punkte zugeordnet, welche dann summiert werden. Die genauen
Auswertungsanleitungen findet man in: (van der Heijde et al., 2005)
Steinbrocker- Methode:
Mit dieser Methode, die in Toronto unter Mithilfe von D.D. Gladman entwickelt wurde,
wird versucht, klinische Veränderungen festzustellen und daraus Prognosen für den
weiteren Verlauf zu erstellen.
Mit diesem System werden Gelenke in einer Skala von null bis vier eingestuft.
25
• 0 = normal
• 1 = gelenksnahe Osteopenie oder Weichteilschwellung
• 2 = Erosionen
• 3 = Erosionen und Gelenksspaltverschmälerung
• 4 = totale Gelenkszerstörung; durch Lyse oder Ankylose
Mit einbezogen werden alle Gelenke der Hand, alle Metatarsophalangealgelenke und das
Interphalangealgelenk der Großzehe. Die atlantoaxiale Subluxation, Syndesmophyten,
Fersensporne, Enthesitis und Periostitis wurden separat beurteilt.
Beurteilungsschema basierend auf der Sharp- Methode für chronische Polyarthritis:
Bei dieser Methode, die ursprünglich zur Beurteilung der chronischen Polyarthritis
entwickelt
wurde,
werden
Erosionen
und
Gelenksspaltverschmälerung
getrennt
voneinander beurteilt. Für die Evaluation der Erosionen werden an den Händen die DIPs
der Finger II bis V, alle fünf Metacarpophalangealgelenke, das Interphalangealgelenk des
Daumens und das Handgelenk herangezogen. An den Füßen untersucht man alle fünf
Metatarsophalangealgelenke und das Interphalangealgelenk der Großzehe.
Die Bewertung erfolgt folgendermaßen:
• 0 = keine Erosionen
• 1 = eine diskrete Erosion von weniger als 21% der Gelenksfläche
• 2 = zwei Erosionen bzw. 21-40% der Gelenksfläche
• 3 = drei Erosionen bzw. 41-60% der Gelenksfläche
• 4 = vier Erosionen bzw. 61-80% der Gelenksfläche
• 5 = Destruktion von über 80% der Gelenksfläche
• 6 = pencil in cup Deformation
• 7 = plumpe Osteolysen
Für die Berteilung der Gelenksspaltverschmälerung untersucht man an den Händen die
DIPs der Finger II bis V, alle Metacarpophalangealgelenke und das Handgelenk und an
den Füßen die Metatarsophalangealgelenke.
26
• 0 = normal
• 1 = asymmetrisch oder minimale Verschmälerung
• 2 = Verschmälerung von bis zu 50%
• 3 = Verschmälerung von 51-99%
• 4 = Verlust des Gelenkspaltes
• 5 = Verbreiterung
Auch bei dieser Methode wurden weitere charakteristische Merkmale gesondert betrachtet
und in die Gesamtbeurteilung mit einbezogen. Dazu gehören Periostitis des Schafts und die
gelenksnahe Periostitis.
Methode von Sharp und van der Heijde für Psoriasisarthritis:
Auch bei dieser Methode gibt es eigene Scores für Erosionen und für die
Gelenksspaltverschmälerung. Hier werden bezüglich der Erosionen an den Händen die
DIPs, die IPs, die ersten zwei Metacarpalknochen und das Radioulnargelenk und an den
Füßen das Metatarsophalangeal und das Interphalangealgelenk der Großzehe untersucht.
Dabei sind
• 0 = keine Erosionen
• 1 = diskrete Erosionen
• 2 = große Erosionen, welche die Mittellinie nicht überschreiten
• 3 = große Erosionen, die die Mittellinie überschreiten
Die Gelenksspaltverschmälerung untersucht man an den DIPs und IPs, den MCP
Gelenken, den Carpometacarpalgelenken der Finger II bis V, an Handwurzelknochen, an
den Metatarsophalangealgelenken und am Interphalangealgelenk der Großzehe.
Die Punkteverteilung findet folgendermaßen statt:
• 0 = normal
• 1 = Asymmetrie oder Verschmälerung bis 25%
• 2 = Verlust von bis zu 50% des Gelenksspalts
• 3 = Verlust von 50-99% des Gelenksspalts
• 4 = Verlust des Gelenksspalts, komplette Luxation oder Ankylose
27
Bei dieser Scoring-Methode werden die pencil in cup Deformation und Osteolysen separat
beurteilt.
Psoriatic Arthritis Ratingen Score = PARS:
Bei diesem Score werden neben der Gelenkszerstörung die Proliferation der gelenksnahen
Knochen mit den Bewertungen mit einbezogen:
• 0 = normal
• 1 = eine oder mehrere Erosionen mit einer Unterbrechung der Kortikalis von mehr
als 1 mm, aber Destruktion von weniger als 10% der Gelenksfläche
• Destruktion von 11-25%
• Destruktion von 26-50%
• Destruktion von 51-75%
• Destruktion von über 75% der Gelenksfläche
bezüglich Gelenksdestruktion und
• 0 = normal
• 1 = Knochenproliferation von 1-2 mm
• 2 = Knochenproliferation von 2-3 mm oder Knochenwachstum zwischen 25 und
50%
• 3 = Knochenproliferation über 3 mm oder Knochenwachstum über 50%
• 4 = Ankylose
für das Ausmaß der Knochenproliferation.
Es wurde jedoch ersichtlich, dass es nur einen geringen Zusammenhang dieser zwei
Messgrößen gibt. Daraus lässt sich schließen, dass das Knochenwachstum unabhängig von
der Gelenkszerstörung stattfindet (van der Heijde et al., 2005).
1.1.5 Diagnostische Schemata für Arthritis psoriatica
Erst 1959 wurde von Wright erstmals Rheumatismus mit Psoriasis in Verbindung gebracht.
Im Laufe der Zeit hat es immer wieder unterschiedliche Auffassungen und Interpretationen
bezüglich der Erkrankung gegeben und bis heute gibt es noch keine einheitlichen
Richtlinien zur Behandlung der Krankheit. Das liegt unter anderem an den verschiedensten
28
diagnostischen Kriterien, die im Laufe der Zeit entwickelt wurden und zum Teil noch
verwendet werden. In diesem Kapitel soll auf die zur Verfügung stehenden
Diagnosekriterien eingegangen werden.
Wieso sind Klassifikationen heutzutage wichtig?
Klassifikationen
ermöglichen
eine
unterschiedlichen
klinischen
Zentren.
Vereinfachung
Diese
von
Vergleiche
Vergleichen
inkludieren
zwischen
Daten
wie
Epidemiologie, therapeutische Versuche und Untersuchungen über das Outcome bei
PatientInnen.
Wobei muss bei der Erstellung von Klassifikationen Acht gegeben werden?
Jede Klassifikation ist abhängig von mehreren Zuständen. Zum einen herrscht ein Wechsel
an Variablen. Das heißt, dass der Rheumatologe, der eine/n PatientIn beurteilt, auch die
Variablen erstellt, die seines Erachtens für die Diagnosestellung wichtig sind. Daraus
ergibt sich eine Heterogenität der Krankheitsfälle, da nicht jede/r KlinikerIn bei dem- bzw.
derselben PatientIn die gleiche Diagnose stellt. Zum anderen besteht ein Problem in der
Erstellung des PatientInnenpools. Es können nämlich nur die PatientInnen berücksichtigt
werden, die die klassischen Zeichen einer Psoriasisarthritis aufweisen.
Der Beginn der Psoriasisarthritis-Klassifikation:
Wright und Baker veröffentlichten Ende der fünfziger bzw. Anfang der sechziger Jahre
erstmals Berichte, in denen sie von einer entzündlichen Gelenkserkrankung mit
gleichzeitigem Vorkommen von Psoriasis berichteten (Wright, 1959, Baker et al., 1963).
Damals wurde aber angenommen, dass eine zufällige Koexistenz von chronischen
Polyarthritis und Psoriasis vorherrscht. Schon damals beschrieb Wright einen
Gelenksbefall der DIPs der Finger und des PIP der Großzehe, außerdem beschrieb er das
Vorliegen einer Sacroilitis und er beschrieb eine charakteristische Arthritis mutilans. Von
anderen Autoren wird die Vermutung aufgestellt, dass die Psoriasis vielleicht nur den
Verlauf der chronischen Polyarthritis im Gelenksbefall ändert (Cats, 1985).
29
1.1.5.1 Klassifikationsschemata
Moll and Wright 1973:
Das ursprüngliche Schema stammt von Moll and Wright aus dem Jahr 1973. Danach gab
es von unterschiedlichen AutorInnen immer wieder Abwandlungen dieses Schemas,
obwohl sich die Krankheit in den letzten 40 Jahren nicht verändert hat. Dies zeigt, dass die
nachfolgenden AutorInnen das Vorliegen der Psoriasisarthritis-Subtypen subjektiv
unterschiedlich beurteilen.
Die Kriterien sind:
Kriterien von Moll und Wright
•
Arthritis; periphere Arthritis, Spondylitis oder Sacroilitis
•
Psoriasis
• Abwesenheit von serologischen Markern (Rheumafaktoren)
Diese Klassifikation wurde erstellt, nicht um in erster Linie spezifisch, sondern um sensitiv
für das Erfassen der Psoriasisarthritis zu sein.
Gladman et al 1987:
Gladman war eine der Autorinnen, die versuchte, eine modifizierte Version der von Moll
and Wright entwickelten Schemata zu erstellen. Sie führte dabei eine Liste an, die
Variablen enthält, die bei den PatientInnen nicht vorkommen dürfen.
Kriterien von Gladman et al.
•
Arthritis; periphere Arthritis, Spondylitis oder Sacroilitis
•
Psoriasis
•
Abwesenheit von serologischen Markern (Rheumafaktoren)
Minus:
•
Vorliegen von Rheumaknoten
•
chronische Polyarthritis
•
Kristallarthropathie
•
Reitersyndrom
•
grad IV Osteoarthritis
• entzündliche Darmerkrankung
30
Bennet 1979:
Bennet kreierte ein ganz neues, spezifischeres Diagnoseschema für die Psoriasisarthritis.
Obwohl es radiologische Variablen mit einschließt, ist es möglich, die Diagnose allein aus
der Klinik heraus zu stellen. Die Kriterien werden so gedeutet, dass von den
„verpflichtenden“ Eigenschaften eine unbedingt vorliegen muss. Von den „supportiven“
Kriterien müssen nicht alle vorliegen. Aus ihnen ergibt sich jedoch der Schweregrad der
Erkrankung.
Kriterien von Bennet 1979
verpflichtend:
•
klinisch erhobene Psoriasis; an der Haut oder an Nägeln
•
Schmerz und Weichteilschwellung und/oder Bewegungseinschränkung an einem Gelenk
für mindestens sechs Wochen
supportiv:
•
Schmerz und Weichteilschwellung und/oder Bewegungseinschränkung in einem oder
mehreren Gelenken für mindestens sechs Wochen
•
entzündliche
Arthritis
in
einem
DIP;
exkludiert:
Bouchard-Heberden`sche
Fingerpolyarthrosen
•
Daktylitis an Fingern oder Zehen
•
asymmetrischer Gelenksbefall an Händen oder Füßen
•
Fehlen von Rheumaknoten
•
Fehlen von Rheumafaktoren
•
entzündliche Synovia mit normalem oder gesteigertem C3,-C4 Level und Fehlen von
Infektionen und Uratkristallen
•
eine Synoviabiopsie mit Hypertrophie und vermehrten mononukleären Infiltraten und das
Fehlen von Granulomen oder Tumoren
•
radiologische Aufzeichnungen von erosiver Arthritis der kleinen Gelenke mit Fehlen von
Osteoporose; Ausnahme: erosive Osteoarthritis
•
axiale
radiologische
Aufzeichnungen
mit
folgenden
Befunden:
Sacroilitis,
Syndesmophyten oder paravertebrale Ossifikation
31
1. Definitive
Psoriasisarthritis:
eine
verpflichtende
plus
sechs
supportive
vier
supportive
Eigenschaften
2. Vermutliche
Psoriasisarthritis:
eine
verpflichtende
plus
Eigenschaften
3. Mögliche Psoriasisarthritis: eine verpflichtende plus zwei supportive Eigenschaften
Vasey and Espinoza:
Vasey and Espinoza vereinfachten die Diagnosekriterien von Bennet in Anbetracht
dessen, dass das Auftreten der Psoriasisarthritis-Subtypen unregelmäßig ist:
Kriterien Vasey and Espinoza
Kriterium I:
•
Psoriasis an Haut oder Nägeln
Kriterien II:
•
Schmerzen und Weichteilschwellung mit oder ohne Bewegungseinschränkung der DIPs
über mindestens vier Wochen
•
Schmerzen und Weichteilschwellung mit oder ohne Bewegungseinschränkung der
peripheren Gelenke; asymmetrischer Befall über mindestens vier Wochen; Daktylitis
inkludiert
•
symmetrische periphere Arthritis über mindestens vier Wochen in Abwesenheit von
Rheumafaktoren und Rheumaknoten
•
„pencil in cup“ Deformität; verkürzte Phalangen; Periostitis und Ankylose
Kriterien III:
•
Kreuzschmerz mit Steifigkeit und Bewegungseinschränkung über mind. vier Wochen
•
symmetrische Sakroilitis Grad II (New York Kriterien)
•
unilaterale Sakroilitis Grad III oder IV
Psoriasisarthritis besteht, wenn Kriterium I plus eines der Kriterien II oder III erfüllt
sind.
ESSG Kriterien:
Diese Kriterien wurden grundsätzlich entworfen, um Diagnosemöglichkeiten für die ganze
Gruppe der Spondylarthropathien zu schaffen. Sie lassen es aber auch zu, vereinzelte
Krankheiten dieser Gruppe, einschließlich der Psoriasisarthritis, allein zu diagnostizieren.
32
Hier wurde das erste Mal berücksichtigt, dass die Psoriasisarthritis auch ohne Psoriasis
vorkommen kann.
ESSG Kriterien
•
entzündlicher Rückenschmerz oder Synovitis
plus einen oder mehr der folgenden Faktoren:
•
positive Familienanamnese bezüglich Psoriasis
• Psoriasis
McGonagle et al-Kriterien:
Kriterien von McGonagle et al
•
Psoriasis in Eigen- oder Familienanamnese
Plus ein weiteres Kriterium
•
klinisch manifeste Enthesitis
•
radiologisch erkennbare Enthesitis
•
Befall der DIPs
•
Sacroilitis bzw. entzündliche Veränderung der Wirbelsäule
•
untypische Arthropathien (z.B. Spondylodiscitis, Arthritis mutilans, chronisch multifokal
rekurrierende Osteomyelitis)
•
Daktylitis
•
Monarthritis
• Oligoarthritis
Schwierigkeiten bei der Beurteilung mit den Kriterien nach McGGonagle bereiten die
benötigten radiologischen Aufnahmen mit dem MRT, da der Aufwand dieser
Untersuchung in umfangreichen Studien sehr groß ist.
Kriterien von Fournié et al:
Diese
Diagnosekriterien
verwenden
ein
Punktesystem.
Die
Diagnose
einer
Psoriasisarthritis wird gestellt, wenn der/die PatientIn bei den Untersuchungen elf oder
mehr Punkte zugeschrieben bekommt.
33
Kriterien von Fournié et al
• Psoriasis vor oder gleichzeitig mit dem Gelenksbefall
6 Punkte
• pos. Familienanamnese bezügl. Psoriasis oder Auftreten der Psoriasis 3 Punkte
nach Gelenksbefall
• Arthritis eines DIPs
3 Punkte
• asymmetrische Mon- Oligoarthritis
1 Punkt
• Gesäßschmerz,
Fersenschmerz,
spontaner
anteriorer 2 Punkte
Brustwandschmerz oder diffuse Enthesitis
• HLA B16, 38, 39 oder 17 positiv
6 Punkte
•
4 Punkte
negativer Rheumafaktor
Radiologische Kriterien:
Pro Kriterium
5 Punkte
• Erosionen der DIPs
• Osteolysen
• Ankylosen
• juxta-artikuläre Periostitis
•
Akrolyse der Finger-oder Zehenendgelenke
Die Diagnosekriterien von Fournié sind die einzigen, die ausschließlich für die Diagnose
der Psoriasisarthritis entwickelt wurden (Helliwell and Taylor, 2005).
CASPAR- Kriterien:
Die Arbeitsgruppe ClASsification criteria of Psoriatic Arthritis veröffentlichte 2006 ein
neues Klassifikationsschema, die CASPAR-Kriterien. Das Schema wurde im Anschluss an
eine große prospektive Studie mit 588 Psoriasisarthritis-PatientInnen und einer
Kontrollgruppe von 536 Personen, die an einer anderen Spondylarthropathie litten,
gefertigt. Da die durchschnittliche Erkrankungsdauer der Untersuchten bei 12,5 Jahren lag,
wurde anfangs kritisch betrachtet, ob die Sensitivität und die Spezifität bei
Krankheitsbeginn adäquat sind (Turkiewicz and Moreland, 2007).
Chandran et al publizierten Daten von Psoriasisarthritis-PatientInnen, die an Kliniken und
von niedergelassenen ÄrztInnen untersucht wurden. An der Klinik wurden 107
PatientInnen mit beginnender Psoriasisarthritis und 181 PatientInnen mit fortgeschrittener
Psoriasisarthritis (durchschnittliche Erkrankungsdauer 11 Jahre) vorstellig. Dabei erfüllten
34
99,1% der PatientInnen mit beginnender Psoriasisarthritis und 97,2 Prozent mit
fortgeschrittener Erkrankung die CASPAR-Kriterien. Bei den niedergelassenen ÄrztInnen
wurden 175 PatientInnen untersucht. 37 PatientInnen (21%) litten an entzündlicher
Gelenkserkrankung, davon zwei an Psoriasisarthritis. Beide PatientInnen erfüllten die
CASPAR-Kriterien, wohingegen von den 35 PatientInnen mit anderen entzündlichen
Gelenkserkrankungen 33 die Kriterien nicht erfüllten. Aus diesen Untersuchungen geht
hervor, dass die CASPAR-Kriterien sowohl bei früher als auch bei später Psoriasisarthritis
angewendet werden können (Chandran et al., 2007).
In der Veröffentlichung wird eine Spezifität von 98,7% und eine Sensitivität von 91,4%
angegeben (Taylor et al., 2006).
CASPAR- Kriterien:
•
entzündliche Gelenkserkrankung ( Gelenke, Wirbelsäule oder Enthesen)
plus drei oder mehr der folgenden Parameter:
•
vorhandene Psoriasis in Eigen- oder Familienanamnese
•
Nagelbeteiligung
•
negativer Rheumafaktor
•
vergangene oder vorhandene Daktylitis
•
radiologische Veränderungen
Im Rahmen der Studie, die zur Festlegung der CASPAR-Kriterien führte, wurden auch die
anderen Klassifikationskriterien bezüglich ihrer Spezifität und Sensitivität untersucht. Das
Resultat war, dass bei allen Kriterien die Spezifität hoch war. Bei der Sensitivität gab es
jedoch Unterschiede. Diese war bei den Klassifikationen von Vasey and Espinoza mit 97%
und bei McGonagle (98%) am höchsten, gefolgt von Moll and Wright, Gladman (jeweils
91%), den ESSG-Kriterien (74%) und Bennet (44%). Die CASPAR-Kriterien kamen auf
eine Sensitivität von 91,4% (Taylor et al., 2006).
Weitere Kriterien:
Da Beurteilungen der Krankheitsprogredienz oder Besserung nach Behandlung
quantifizierbar sein müssen, werden hier noch weitere Scores, die man oft in der Literatur
über Psoriasisarthritis wiederfindet, angeführt.
35
PsARC (Psoriatic Arthritis Response Criteria)
Das sind Kriterien, adaptiert von Clegg et al., die es im Rahmen der Beurteilung einer
Krankheitsbesserung zu erfüllen gibt. Die PsARC-Kriterien werden positiv erfüllt, wenn es
eine Besserung in mindestens zwei Parametern gibt, eine davon bei Gelenksschwellung
oder Druckschmerzhaftigkeit. Verschlechterungen dürfen nicht auftreten.
PsARCriteria
•
Gesamtbeurteilung durch den/die Arzt/Ärztin und den/die PatientIn (jeweils von 1-5)
Besserung ≤ 1 ; Verschlechterung ≥ 1
•
Veränderungen in den Scores für Gelenksschwellung- bzw. Druckschmerzhaftigkeit
Besserung: Minderung ≤ 30% ; Verschlechterung: Steigerung ≤ 30%
ACR-Kriterien:
Es werden drei ACR-Kriterien angewendet. Die ACR20-, ARC50- und ACR75-Kriterien,
die sich nur dadurch unterscheiden, dass die Besserung der jeweiligen Scores mit 20, 50
oder 70 Prozent angegeben wird. Sie werden erfüllt, wenn folgende Bedingungen erfüllt
sind:
ACR Kriterien
•
20,
50
oder
75
prozentige
Verminderung
der
Anzahl
geschwollener
und
druckschmerzhafter Gelenke
Plus 20, 50 oder 75 prozentige Besserung in drei der fünf weiteren Messungen
•
BSG oder CRP
•
Gesamtbeurteilung durch den/die PatientIn
•
Gesamtbeurteilung durch den/die Arzt/Ärztin
•
Schmerz
• Bewegungseinschränkung
(Fransen et al., 2006)
1.1.6 Therapie der Psoriasisarthritis
NSAID`s (Non Steroidal Anti-Inflammatory Drugs)
Die im deutschen NSARs (Nicht Steroidale Anti Rheumatika) genannte Wirkstoffklasse
greift in den Stoffwechsel der Arachidonsäure ein. Ihre Wirkung ist antiinflammatorisch
und
antiphlogistisch.
Sie
werden
in
erster
Linie
als
Additivtherapie
zur
Symptombekämpfung eingesetzt. In seltenen Fällen, zum Beispiel bei minimaler
36
Krankheitsaktivität und Unverträglichkeit klassischer DMARDs können sie auch als
Monotherapie eingesetzt werden.
Glucocorticoide
Werden aufgrund ihrer starken antiinflammatorischen Wirkung sowohl als „bridgeing“
Therapie bis zum Einsetzen der Wirkung der Basistherapie als auch als Akuttherapie des
akuten Schubes eingesetzt. Es besteht die Möglichkeit, Corticosteroide intraartikulär oder
oral zu verabreichen. Die orale Gabe birgt aber das Risiko einer Verschlechterung der
Hauterscheinungen (Gladman et al., 2005, Turkiewicz and Moreland, 2007).
DMARD`s (Disease Modifying Anti-Rheumatic Drugs)
Methotrexat
Methotrexat ist ein Folsäureantagonist und wirkt über Hemmung der DihydrofolatReduktase. Es greift somit in den C1-Stoffwechsel ein und verhindert die Synthese von
Thymidin, Purin, Methionin und Serin. Seit mehr als 40 Jahren schon als
Chemotherapeutikum bei TumorpatientInnen angewandt, findet es heute auch als
Basistherapeutikum bei chronischer Polyarthritis, Morbus Crohn und Psoriasisarthritis
Verwendung, hier jedoch in viel geringeren Dosen. Die Dosierung bei rheumatischen
Erkrankungen liegt bei 7,5-30 mg/Woche, mit einem Wirkungseintritt ist nach etwa sechs
Wochen zu rechnen.
Methotrexat wird bei Psoriasisarthritis-PatientInnen, die unter NSAR Medikation keine
Besserung ihrer Symptome erfahren haben und bei PatientInnen mit Krankheitsprogression
meist als first-line-Basistherapeutikum angewendet (Turkiewicz and Moreland, 2007). Es
hat seine Wirksamkeit sowohl in der Besserung der Arthritis als auch in der Abnahme der
psoriatischen Effloreszenzen.
Leflunomid
Leflunomid ist in der Lage, die Proliferation aktivierter T-Lymphozyten im Rahmen von
Entzündungen
zu
verringern.
Dies
geschieht
durch
Hemmung
der
Dihydroorotatdehydrogenase, dem Schlüsselenzym für die Synthese von Pyrimidinbasen.
Es wird per os in Tagesdosen von 10-20 mg verabreicht (Aktories et al, 2009)
Die einzig große Studie, die im Zusammenhang mit der Psoriasisarthritis veröffentlicht
wurde,
ist
von
Kaltwasser
et
al.
Es
ist
eine
doppelblinde,
randomisierte,
37
placebokontrollierte Studie mit 190 Personen über 24 Wochen. Die eine Gruppe erhielt
eine dreitägige „loading dose“ von 100 mg/Tag und eine weiterführende Therapie mit 20
mg, die andere Gruppe erhielt ein Placebo. Die Response-Rate, die Beteiligung entzündeter
und geschwollener Gelenke, die Lebensqualität und die Sicherheit des Medikaments
wurden untersucht. Nach 24 Wochen stellte sich ein Response, der durch die American
Arthritis Response Criteria (PsARC) ermittelt wurde, für 58,9 Prozent der Behandelten und
für 29,7 der Placebogruppe ein. Signifikante Unterschiede zeigten sich auch bei der
Messung der Lebensqualität, bei der Erfüllung der ACR20-Kriterien und dem Schweregrad
der Psoriasis. An Nebenwirkungen wurden in der Leflunomid-Gruppe ein vermehrtes
Auftreten von Diarrhoe und erhöhte Transaminasen (ALAT) beobachtet (Kaltwasser et al.,
2004).
Ciclosporin A
Das Immunsuppressivum Ciclosporin ist ein Peptid, das die Bildung spezifischer
Lymphokine unterbinden kann.
Biologica:
Etanercept
Etanercept ist ein Fusionsprotein und besteht aus einer IgG Fc-Region und zwei TNF-α
p75-Rezeptordomänen. Die übliche Dosis in der Behandlung der chronischen Polyarthritis
ist 25 mg zweimal pro Woche oder 50 mg einmal, jeweils subcutan. Mease et al.
publizierten 2000 eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie über
Etanercept bei 60 Psoriasisarthritis-PatientInnen. Das einzige DMARD, das als
Zusatzmedikation weiter verwendet werden durfte, war MTX, die anderen wurden
abgesetzt. Die PatientInnen bekamen über einen Zeitraum von 12 Wochen entweder ein
Placebo oder 25 mg Etanercept zweimal pro Woche s.c. Das Outcome wurde mittels der
PsARC- und der ACR20-Kriterien bemessen. Für die Beurteilung des Outcome bei der
Behandlung der Psoriasis wurde der PASI-Score ermittelt. Nach einer Behandlungsdauer
von 12 Wochen erfüllten 87% der mit Etanercept behandelten PatientInnen die PsARCKriterien verglichen mit 23% der Placebo-Gruppe. Die ACR20-Kriterien wurden von 73%
erfüllt, in der Placebo- Gruppe waren es nur 13%. Die durchschnittliche Besserung
druckschmerzhafter und geschwollener Gelenke betrug bei der Etanercept-Gruppe 75 bzw.
72%, bei der Placebo-Gruppe 19%. Bei etwa fünf Prozent der behandelten PatientInnen
38
kam es zu einer Verschlechterung. Bei 46% der PatientInnen kam es auch zu einer
Besserung der Hautläsionen, verglichen mit neun Prozent bei Placebobehandlung.
Hinsichtlich der Sicherheit zeigt die Studie, dass keine Person, die Etanercept erhielt, die
Studie abbrechen musste. Die häufigsten Nebenwirkungen bestanden in Erkrankungen des
oberen Respirationstraktes und Entzündungen an der Einstichstelle (Mease et al., 2000).
Folgestudien zeigten ähnliche Ergebnisse (Mease, 2005).
Infliximab
Infliximab ist ein monoklonaler Antikörper gegen TNF-α und wird normalerweise alle acht
Wochen intravenös verabreicht. Im Zusammenhang mit Psoriasisarthritis und Infliximab
gibt es zwei Studien, die eine große Relevanz haben, IMPACT und IMPACT II. IMPACT
ist eine placebokontrollierte Studie, an der 104 Personen teilnahmen. Personen, die über 18
Jahre alt waren und bei denen die Therapie mit DMARDs nicht erfolgreich war, wurden in
diese Studie inkludiert. Den PatientInnen war es möglich, ein DMARD, mit dem sie vorher
behandelt wurden, während der Studie weiter einzunehmen. Die PatientInnen bekamen in
den Wochen 0, 2, 6 und 14 fünf mg/kg Infliximab oder ein Placebo. Nach der sechzehnten
Woche wechselte die Placebo-Gruppe, und bekam ebenfalls Infliximab, die andere Gruppe
blieb bei ihrer Therapie. Der primäre Endpunkt war es, die ACR20-Kriterien nach 16
Wochen zu erfüllen, des weiteren wurden noch der DAS20, die PsARC-Kriterien, die
Anzahl der entzündeten Gelenke und die Zahl der Daktylitiden ermittelt. Für die
Beurteilung der Psoriasis wurde der PASI-Score herangezogen. Von den 104 PatientInnen
beendeten 99 die Therapie in einem Zeitraum von 16 Wochen. Die ACR20-Kriterien
wurden in der Infliximab- Gruppe nach 16 Wochen von 65% erfüllt, in der Kontrollgruppe
waren es nur 10%. Die in den Wochen 16, 24, 52 gemessenen ACR50-Kriterien wurden
von 46% erfüllt, die ACR70-Kriterien von 29%, keine Person der Placebo-Gruppe erfüllte
diese. Auch die Personen, die zu Anfang der Studie ein Placebo erhielten und dann auf
Infliximab wechselten, wiesen gleich gute Ergebnisse auf. Der PsARC-Score wurde nach
16 Wochen in der Infliximab-Gruppe von 75% erfüllt, in der Placebo-Gruppe waren es nur
21%. Bei 85% der PatientInnen kam es zu einer Reduktion im Daktylitis-Score. Nach 16
Wochen hatten 72% der PatientInnen einen Daktylitis-Score von 0, verglichen mit 31% der
Kontrollgruppe. Nach 16 Wochen waren es in der Infliximab-Gruppe noch 14%, in der
anderen Gruppe noch 31%. Die Veränderungen der Hauterscheinungen wurden bei 39
PatientInnen mittels des PASI-Scores ermittelt. Während es in der Placebo-Gruppe zu
einer Verschlechterung von 12% kam, wurde in der Infliximab- Gruppe eine Besserung
39
von 86% evaluiert (Antoni et al., 2005). Kavanaugh et al berichteten über die
radiologischen Veränderungen bei der IMPACT-Studie und kommen zu dem Schluss, dass
Infliximab die radiologisch gemessene Progression inhibiert (Kavanaugh et al., 2006).
IMPACT II war eine weitere doppelblinde, randomisierte, placebokontrollierte Studie mit
200 Personen. Sie erhielten 5mg/kg Infliximab in den Wochen 0, 2, 6, 14 und 22 oder ein
Placebo. Auch in dieser Studie durften PatientInnen, die eine MTX Therapie erhielten,
weiter damit therapiert werden. Für die Quantifizierung wurden wie bei IMPACT unter
anderem die ACR-Kriterien, der PASI-Score und die PsARC-Kriterien herangezogen. Von
den 200 Personen nahmen 185 (93%) über 24 Wochen an der Studie teil. In der
vierzehnten Woche erfüllten in der Infliximab-Gruppe 58% die ACR20-Kriterien, die
ACR50- Kriterien 36% und die ACR70- Kriterien 15%, verglichen mit 11, 3 und einem
Prozent in der Placebo- Gruppe. Obwohl am Therapieanfang in beiden Gruppen etwa
gleich viele Personen an Daktylitis litten (40 zu 41 Prozent), hatten nach 14 Wochen nur
mehr 18% der Infliximab-PatientInnen dieses Symptom, in der Kontrollgruppe waren es
30%. Die gleichen positiven Ergebnisse hatte Infliximab in der Therapie der Psoriasis,
gemessen im PASI. Generell wurde die Therapie über einen Zeitraum von 24 Wochen gut
toleriert.
Adalimumab
Auch Adalimumab ist ein monoklonaler TNF-Antikörper und wurde schon zur Therapie
der chronischen Polyarthritis eingesetzt. Es wird therapeutisch mit einer Dosis von 40
mg/Woche subcutan appliziert. Eine große Studie (ADEPT) wurde 2004 von Mease et al
veröffentlicht.
313
Psoriasisarthritis-PatientInnen
bekamen
40mg
Adalimumab
wöchentlich verabreicht. Wie in vielen anderen Studien mit TNF-Antagonisten bei
Psoriasisarthritis war auch hier die Begleittherapie mit MTX erlaubt. Nach einer Dauer von
sechs Monaten erfüllten von den Adalimumab-PatientInnen 57% die ACR20-Kriterien,
39% die ACR50 und 23% die ACR70-Kriterien. In der Kontrollgruppe waren es 15, 6
bzw. ein Prozent. Den PASI75 erfüllten 59% der PatientInnen, aber nur ein Prozent in der
Placebo-Gruppe. Auch eine Besserung in der Gelenksfunktion konnte gezeigt werden
(Mease, 2005). Die PatientInnen, die diese vierundzwanzigwöchige Studie beendeten,
wurden in neue Gruppen zusammengefasst und für weitere 120 Wochen mit Adalimumab
40 mg/Woche s.c oder mit einem Placebo behandelt. Während dieser Zeit kam es zu einer
Verhinderung des Fortschreitens radiologischer Veränderungen, zur Verbesserung der
Gelenksbeschwerden und zu einer weiteren Linderung der Hautmanifestationen (Mease et
40
al., 2009). Ritchlin et al publizierten 2004 eine Studie mit 15 PsoriasisarthritisPatientInnen. Auch hier ergaben sich signifikante Besserungen der kutanen und artikulären
Beschwerden (Mease, 2005).
Weiterführende Untersuchungen an Etanercept, Infliximab und Adalimumab zeigten, dass
alle drei Medikamente in der Therapie der Psoriasisarthritis etwa gleich effektiv sind. Saad
et al durchsuchten die Datenbanken nach allen randomisierten, kontrollierten Studien mit
Etanercept, Infliximab und Adalimumab bei Psoriasisarthritis-PatientInnen. Sechs Studien
(zwei von jedem Medikament) mit 982 Personen wurden zusammengefasst und neu
evaluiert. Im Zusammenhang mit Nebenwirkungen zeigte Saad, dass es bei den
Medikamenten, im Vergleich zu Placebos, zu keinen nennenswerten Auffälligkeiten kam,
mit Ausnahme von Etanercept, bei dem vermehrt Reaktionen an den Einstichstellen
beschrieben wurden. Im Wirkungsprofil fiel nur das bessere Abschneiden von Infliximab
und Adalimumab bei der Behandlung der Psoriasis auf (Gladman, 2008).
Eine 2007 veröffentlichte Studie von Coates et al untersuchte das Langzeitoutcome dieser
drei Biologika. Es wurde eine retrospektive Analyse der Daten von 60 PsoriasisarthritisPatientInnen, die wegen ihrer Erkrankung mit TNF-α-Antagonisten behandelt wurden,
durchgeführt. In der Anzahl der druckempfindlichen Gelenke gab es eine durchschnittliche
Besserung um 56%, in der Anzahl der geschwollenen Gelenke eine Besserung um 70%.
Das CRP-Level sank um 64% und die Besserung im DAS-Score lag bei 36%.
Fünfundvierzig Prozent der Personen hatten eine Langzeitbehandlung über 24 oder 36
Monate, sie zeigten eine kontinuierliche Besserung der Parameter. Auffallend war eine
deutliche Besserung der Anzahl geschwollener Gelenke bei längerer Behandlungsdauer.
Das Outcome, gemessen durch die BSR RA- Kriterien, war bei 52 Personen evaluierbar.
Bei allen Personen wurde ein subjektives Ansprechen auf das Medikament festgestellt,
71% erfüllten die Kriterien. Bei sechs Personen, welche die Kriterien nicht erfüllten,
beobachtete man ein Ansteigen der Entzündungsaktivität in Folge verminderter
Medikamentenwirkung. Bei fünf Prozent der PatientInnen wurde die Therapie wegen
Nebenwirkungen abgebrochen, oder es wurde auf ein anderes Biologika gewechselt. Im
Allgemeinen hatten 90% der PatientInnen ein gutes Ansprechen auf ein Biologika,
zwanzig Prozent dieser wechselten jedoch ihr Medikament im Laufe der Studie. Das
Ansprechen auf ein Zweitmedikament bei Versagen des ersten TNF-α-Antagonisten lag
bei 40% und wiederum die Hälfte dieser Personen sprachen auf ein drittes Medikament an
(Coates et al., 2008).
41
Eine große spanische Studie untersuchte retrospektiv das Outcome von Infliximab,
Etanercept oder Adalimumab bei PatientInnen mit chronischer Arthritis. Des Weiteren
lieferte die Auswertung Ergebnisse über den Therapieerfolg nach BiologikaTherapieumstellung. Daten von 4706 PatientInnen, von denen in einem Zeitraum von 2000
bis 2004 68% an chronischer Polyarthritis, 11% an Morbus Bechterew, 10% an
Psoriasisarthritis und 11% an einer anderen Form von chronischer Arthritis litten, wurden
ausgewertet. Im Patientenpool wurden insgesamt 5263 Therapien mit TNF-Antagonisten
verzeichnet,
es
gab
1221
Therapieunterbrechungen.
Die
Hauptgründe
der
Therapieunterbrechung waren Nebenwirkungen (46%) und Therapieversagen (38%). Die
Gründe für eine Therapieumstellungen waren bei allen drei Medikamenten ähnlich.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei PatientInnen, die unter dem ersten TNF
Antagonisten keinen Therapieerfolg hatten, ein Wechsel auf ein anderes unter gewissen
Umständen unternommen werden kann (Gomez-Reino and Carmona, 2006).
Alefacept
Alefacept ist ein biotechnologisch hergestelltes lösliches Fusionsprotein. Es verhindert die
Interaktion
von
CD2-positiven
Zellen
(aktivierte
T-Zellen)
mit
LFA-3,
auf
antigenpräsentierenden Zellen, durch Bindung an CD2. Für die positive Beeinflussung der
Psoriasis scheinen andere Mechanismen verantwortlich zu sein. Dazu gehören die
gesteigerte Apoptose von T-Gedächtniszellen, die verringerte Aktivierung von T-Zellen
und die verminderte Infiltration von T-Zellen und dendritischen Zellen in psoriatische
Plaques (Gottlieb, 2005).
Die ersten Ergebnisse lieferten Kraan et al 2002. 11 PatientInnen, die an Psoriasis und
einer entzündlichen Gelenkserkrankung litten, wurden über sechs Monate in eine Studie
eingeschlossen. Sie erhielten 7,5 mg Alefacept i.v. pro Woche über 12 Wochen. Klinische
Untersuchungen wurden in den Wochen 0, 4, 12 und 16 vorgenommen. Diese inkludierten
unter
anderem
die
Beurteilung
der
Gelenke,
der
Morgensteifigkeit
und
der
Schmerzintensität. Nach 12 Wochen erfüllten 55% die DAS-Kriterien, die Anzahl
entzündeter und geschwollener Gelenke verringerte sich schon nach vier Wochen, der
CRP-Wert sank und die Psoriasis besserte sich (Kraan et al., 2002). 2005 wurde von
Lebwohl et al eine weitere Studie publiziert in der 185 Psoriasisarthritis-PatientInnen, die
bisher MTX als Medikation bekommen hatten, eingeschlossen wurden. In der einen
Gruppe (n=123) erhielten die PatientInnen 15 mg Alefacept i.m pro Woche über 12
Wochen, in der anderen Gruppe wurde ein Placebo verabreicht. Der primäre Endpunkt der
42
Studie war das Erreichen des DAS20 nach 24 Wochen, das 54% der Alefacept-Gruppe
schafften, in der Placebo-Gruppe waren es 23%. Es wurden keine signifikanten
Unterschiede in den beiden Gruppen bezüglich Nebenwirkungen beschrieben (Kraan et al.,
2002). PatientInnen, die diese Studie beendeten und mindestens acht Injektionen von
Alefacept oder einem Placebo erhielten, wurden in eine weiterführende Studie
eingeschlossen. Insgesamt 160 Personen nahmen daran teil. Sie wurden über weitere 12
Wochen mit 15 mg Alefacept i.m pro Woche behandelt, die MTX-Therapie konnte
fortgesetzt werden. Der primäre Endpunkt, war wie schon in der ersten Phase, das
Erreichen der DAS20-Kriterien nach weiteren 12 Wochen. Zusätzlich wurden die DAS50
und 70 herangezogen, radiologische Aufzeichnungen wurden zu Therapiebeginn und nach
24 Wochen angefertigt. Nach einer Therapiedauer von 24 Wochen erfüllte in jener Gruppe,
die mit Alefacept und MTX behandelt worden waren, 54% die ACR20-Kriterien, 17% die
ACR50- und 7% die ACR70-Kriterien. In der Kontrollgruppe waren es 23, 10 bzw. 2
Prozent. Die Auswertung der Daten der erweiterten Studie zeigte keinen bedeutenden
Unterschied im Erfüllen der ACR20-Kriterien, wohl aber im Erreichen der ACR50Kriterien, die von 32% der Alefacept-Gruppe erreicht wurden, die ACR70-Kriterien
erfüllten 12%. Bei 53% der behandelten Personen kam es zu einer Verbesserung im PASIScore von über 50%, in der Placebogruppe kam es zu einer Verschlechterung von
durchschnittlich 17%. Die Auswertung radiologischer Veränderungen erfolgte durch den
modifizierten Sharp-van der Heijde-Score, er zeigt jedoch keine signifikanten Unterschiede
in den beiden Gruppen. Es wurde lediglich ein Trend zu weniger Gelenksdestruktion in der
Alefacept-Gruppe aufgezeigt. Zusätzliche Toxizität des Medikaments konnte nicht
festgestellt werden (Mease and Reich, 2009).
Andere Biologika
Onercept ist ein rekombinantes, lösliches p55 TNF-Bindungsprotein und wurde für die
Therapie von Krankheiten wie Morbus Crohn, Psoriasis und Psoriasisarthritis entwickelt.
In einer placebokontrollierten Studie mit 126 Personen, in denen eine Gruppe 50 mg, und
eine 100 mg Onercept wöchentlich subcutan erhielten, erfüllten 76% der Personen, die 100
mg erhielten, die ACR20-Kriterien. In der Placebo-Gruppe waren es 31%.
Efalizumab ist ein monoklonaler IgG-Antikörper und reduziert die Aktivität von T-Zellen.
Dies geschieht durch Bindung des Medikaments an LFA-1, was somit die Interaktion von
LFA-1 mit der T-Zelloberfläche und ICAM-1 (auf antigenpräsentierenden Zellen)
verhindert. Durch die Wechselwirkung mit ICAM-1 kommt es auch zu einer verringerten
43
Migration
von
T-Zellen
Behandlungsversuche
bei
aus
dem
Blutstrom
in
Psoriasisarthritis-PatientInnen
das
entzündete
führten
jedoch
Gewebe.
nicht
zu
signifikanten Besserungen verglichen mit der Placebogruppe.
Abatacept ist ein löslicher Rezeptor, der die Interaktion von zwei Liganden, CD80 und
CD86, blockiert. Beide Liganden werden auf antigen-präsentierenden Zellen exprimiert.
Die Fähigkeit des Medikaments, die radiologische Progression bei RA-PatientInnen zu
inhibieren, ist nach Studien nicht so ausgeprägt wie bei anderen TNF-α-Antagonisten
(Mease, 2005).
44
2 Material und Methoden
Das Ziel dieser Arbeit ist es, Dermatologen und Allgemeinmediziner, jene, die mit einer
hohen Wahrscheinlichkeit die ersten sind, die Kontakt zu Psoriasisarthritis-PatientInnen
haben, gegenüber der Erkrankung zu sensibilisieren.
Die erste Aufgabe war es, Grundlagen über Arthritis psoriatica zu erarbeiten und diese
zusammenzufassen, um einen Überblick über das Krankheitsbild zu schaffen. Im Weiteren
wurden allgemeine klinischen Daten und im Verlauf spezifische klinische Charakteristika
der
Psoriasisarthritis
zusammengefasst.
Eingeschlossen
ist
die
Therapie
der
Psoriasisarthritis, von den herkömmlichen DMARDs bis zu den neu entwickelten
Biologika.
Für die primäre Literaturrecherche wurde hauptsächlich der pubMed-Server und die Seite
der ARD (Annals of the Rheumatic diseases; http://ard.bmj.com) verwendet, bei denen
überwiegend englische Literatur verwendet wurde. Von Fachzeitschriften wurden die
englischsprachigen Zeitschriften „Annals of the Rheumatic diseases“ und „Current opinion
in Rheumatology“ herangezogen. Die einzige deutschsprachige Literatur stammt aus der
„Zeitschrift für Rheumatologie“. Darüber hinaus wurden Basisinformationen aus Büchern
der Inneren Medizin und der Pharmakologie erarbeitet.
Die am häufigsten verwendeten Suchwörter im Internet waren:
• Psoriatic arthritis
• Psoriatic arthritis therapy
• Psoriatic arthritis epidemiology
• Psoriatic arthritis imaging
• Psoriatic arthritis pathogenesis
• Biologics
• Daktylitis
2.1 Fortbildung von Dermatologen und Allgemeinmedizinern in
Form von Vorlesungen und interaktiven Seminaren.
Am
Beginn
dieses
Projekts
stand
die
Fortbildung
von
Dermatologen
und
Allgemeinmedizinern. Diese fand über einen Zeitraum von sechs Monaten statt, anfangs in
Form von zwei eineinhalb-stündigen Vorträgen, später in Form von interaktiven
Seminaren in Kleingruppen. In den Vorlesungen wurden die Grundlagen der
45
Psoriasisarthritis vermittelt. Die verschiedenen möglichen Differentialdiagnosen wurden
erörtert und Hilfestellungen zur Unterscheidung von der Psoriasisarthritis wurden gegeben.
Besonderes Augenmerk wurde auf die Sensibilisierung bezüglich der Anamnese und die
klinische Untersuchung bei PatientInnen mit entzündlich veränderten Gelenken gelegt. Bei
der Anamnese ging es hauptsächlich um die Unterscheidung zwischen entzündlichen und
nicht entzündlichen bzw. degenerativen Schmerzen, sowohl gelenksbezogen als auch die
Wirbelsäule betreffend. Arthrotische Gelenke weisen einen typischen Anlauf- bzw.
Belastungsschmerz auf und die Gelenke sind kälteempfindlich. Bei entzündeten Gelenken
verspüren die betroffenen PatientInnen einen Dauerschmerz und einen typischen
Nachtschmerz, oft verbunden mit nächtlichen Aufwachphasen.
Die verschiedenen Diagnoseschemata der Psoriasisarthritis, mit besonderem Augenmerk
auf die CASPAR-Kriterien, wurden den Erstbehandlern nähergebracht. Unterschiede in
Sensibilität und Spezifität der verschiedenen Schemata wurden verglichen und es wurde
auf die wichtigsten Vor- und Nachteile ihrer Anwendung verwiesen.
Darüber hinaus wurden den Allgemeinmedizinern und Dermatologen die verschiedenen
Therapieoptionen und deren Besonderheiten nähergebracht.
2.2 Gemeinsamer Konsensus bezüglich des Vorgehens bei
PatientInnenvorstellung
Da die Psoriasisarthritis eine Erkrankung mit einem sehr heterogenen Erscheinungsbild ist
und somit die Gefahr besteht, dass PatientInnen von verschiedenen Spezialisten
unterschiedlich diagnostiziert werden bzw. durch unterschiedliche Terminologien beurteilt
werden, war es ein Anliegen, die Fachärzte und Allgemeinmediziner darauf aufmerksam
zu machen, sich für Zuweisungen und Absprachen immer an die gleichen Rheumatologen
zu wenden, um eine konstante Qualität zu erreichen.
2.3 Feedback Runden
Um die Qualität der Diagnostik und der Therapie zu verbessern, wurden nach Beendigung
der Seminare „Feedback-Runden“ durchgeführt. Um organisatorische Hürden zu
überwinden fanden diese telefonisch statt, zuerst in einem Zeitintervall von vier Wochen,
nach vier Monaten in einem Intervall von drei Monaten. Dabei wurde interdisziplinär
reflektiert, um die gemeinsame Fehlerquote zu minimieren.
46
2.4 Therapieoptimierung
Es zeigte sich, dass das therapeutische Vorgehen in Bezug auf Psoriasisarthritis von
Fachrichtung zu Fachrichtung deutliche Unterschiede zeigt. Interessant war vor allem die
Vorgehensweise der unterschiedlichen BehandlerInnen an die MTX-Therapie. MTX wird
von Dermatologen und Allgemeinmedizinern vorsichtiger, in niedrigeren Dosierungen
verabreicht als von Rheumatologen. Die Einleitung einer Therapie mit Biologika ist im
Allgemeinen den Fachärzten vorbehalten, wichtig war es aber, die Allgemeinmediziner als
Kontrollorgan einzubeziehen und sie bezüglich möglicher Therapienebenwirkungen zu
sensibilisieren.
2.5 Weitere
Sensibilisierungen
von
Dermatologen
und
Allgemeinmedizinern
Über einen Zeitraum von zehn Monaten wurden PatientInnen, bei denen der Verdacht auf
Psoriasisarthritis bestand, oder PatientInnen, bei denen durch einen Dermatologen oder
einen Allgemeinmediziner die Diagnose Psoriasisarthritis gestellt wurde, an der
Rheumaambulanz der Medizinischen Universität Graz vorgestellt. Dort wurden sie von ein
und demselben Rheumatologen untersucht, und der Rheumatologe hielt telefonisch
Rücksprache mit dem/der einweisenden Arzt/Ärztin. Nach zehn Monaten wurden neuerlich
Seminare in Kleingruppenform abgehalten. Dort hatten zum einen die Dermatologen und
Allgemeinmediziner die Möglichkeit, konkrete Fälle zu besprechen und Probleme zu
diskutieren und zum anderen konnte auf diejenigen Punkte, die sich als schwierig erwiesen
hatten, nochmals im Detail eingegangen werden.
2.6 PatientInnendaten
Im Zeitraum von November 2008 bis Mai 2009 wurden 196 PatientInnen an die
Medizinische Universität Graz überwiesen. Bei 120 Personen wurde die Diagnose
„Arthritis psoriatica“ bestätigt. Die 76 PatientInnen, bei denen die Diagnose nicht bestätigt
wurde, wurden aus der Studie ausgeschlossen.
Die 120 Personen waren zwischen 20 und 86 Jahre alt. Der Mittelwert lag bei 50,71
Jahren.
47
Deskriptive Statistik
N
Alter
Gültige Werte
(Listenweise)
120
Minimum
20
Maximum
86
Mittelwert
50,71
Standardab
weichung
15,143
120
Tabelle 1 Alter
Alter
Häufigkeit
6
4
2
0
20 21 22 30 32 33 34 36 38 41 42 44 45 46 47 48 50 51 52 53 54 55 57 59 61 62 65 66 67 70 71 72 82 84 86
Abbildung 3 Altersverteilung
Die PatientInnen litten im Durchschnitt 15,18 Jahre an Psoriasis
Deskriptive Statistik
N
Dauer_Ps
Gültige Werte
(Listenweise)
120
Minimum
1
Maximum
59
Mittelwert
15,18
Standardab
weichung
13,828
120
Tabelle 2 Dauer der Psoriasiserkrankung
Von den 120 PatientInnen waren 75 männlich und 45 weiblich
48
Sex
Geschlecht
Gültig
männlich
weiblich
Gesamt
Häufigkeit
75
45
120
Prozent
62,5
37,5
100,0
Gültige
Prozente
62,5
37,5
100,0
Kumulierte
Prozente
62,5
100,0
Tabelle 3 Geschlechterverteilung
49
3 Ergebnisse – Resultate
Im Zeitraum vom November 2008 bis Mai 2009 wurden 196 PatientInnen von
Allgemeinmedizinern oder Dermatologen zur weiteren Abklärung an die Rheumaambulanz
der Med Uni Graz überwiesen.
Ergebnisse hinsichtlich Krankheitsentität
Bei den 120 PatientInnen wurden fünf Krankheitsentitäten diagnostiziert. Am häufigsten
wurde die oligoartikuläre Psoriasisarthritis angetroffen, mit einem Prozentsatz von 56,7%.
Sie ist definiert durch einen Befall von zwei bis fünf Gelenken. Die polyartikuläre Form
(18,3%) und die distale Psoriasisarthritis (15,8%) wurden in etwa gleich oft verzeichnet.
Bei der polyartikulären Arthritis sind mehr als fünf Gelenke betroffen, die distale PsA ist
durch den Befall der distalen Interphalangealgelenke gekennzeichnet. Die Spondylitis
psoriatica kam bei 7,5% der PatientInnen vor, bei ihr sind vor allem die Gelenke des
axialen Skeletts von der Gelenkszerstörung betroffen. Bei zwei Personen bestand bereits
eine Arthritis mutilans, die aggressivste Verlaufsform.
Entität
Häufigkeit
Gültig
polyartikuläre
Psoriasisarthritis
Spondylitis Psoriatica
oligoartikuläre
Psoriasisarthritis
distale Psoriasisarthritis
Arthritis mutilans
Gesamt
Prozent
Gültige
Prozente
Kumulierte
Prozente
22
18,3
18,3
18,3
9
7,5
7,5
25,8
68
56,7
56,7
82,5
19
2
120
15,8
1,7
100,0
15,8
1,7
100,0
98,3
100,0
Tabelle 4 Verteilung der Entitäten
50
Entität
Häufigkeit
60
40
20
0
polyartikuläre
Psoriasisarthritis
Spondylitis
Psoriatica
oligoartikuläre
Psoriasisarthritis
distale
Psoriasisarthritis
Arthritis mutilans
Abbildung 4 Häufigkeit der Entitäten
Ergebnisse hinsichtlich Nagelpsoriasis
Von den 120 untersuchten Personen wiesen 73 Personen eine Nagelpsoriasis auf (60,8%)
Nagelpsoriasis
Gültig
nein
ja
Gesamt
Häufigkeit
47
73
120
Prozent
39,2
60,8
100,0
Gültige
Prozente
39,2
60,8
100,0
Kumulierte
Prozente
39,2
100,0
Tabelle 5 Auftreten von Nagelpsoriasis
Ergebnisse hinsichtlich Daktylitis
Die Daktylitis ist eine akut oder chronisch auftretende, diffuse Schwellung eines Fingers
oder einer Zehe. Sie kommt durch eine Entzündung der Sehnenscheiden der Flexoren von
Fingern oder Zehen zustande.
51
Auf der Rheumaambulanz wurde anamnestisch und durch klinische Untersuchungen
festgestellt, ob im Krankheitsverlauf eine Daktylitis aufgetreten ist.
Es stellte sich heraus, dass von den 120 PatientInnen 45 während ihres Krankheitsverlaufs
auch eine Daktylitis hatten, 75 Personen waren nicht davon betroffen.
Häufigkeit
Gültig
Prozent
Gültige
Prozente
Kumulierte
Prozente
nein
75
62,5
62,5
62,5
ja
45
37,5
37,5
100,0
Gesamt von Daktylitis 120
Tabelle 6 Auftreten
100,0
100,0
Ergebnisse hinsichtlich Familienanamnese
In der Anamnese wurde des Weiteren erhoben, ob der oder die Betroffene ein
Familienmitglied ersten Grades hat, welches an Psoriasis litt oder leidet. Mit
„Familienmitglied ersten Grades“ bezeichnet man die leibliche Mutter und den Vater einer
Person.
63 der 120 Personen (52,5%) gaben an, dass sie ein Familienmitglied hätten, das im Laufe
ihres Lebens auch an Psoriasis erkrankt war oder erkrankt ist.
Familienanmamnese
Gültig
nein
ja
Gesamt
Häufigkeit
57
63
120
Prozent
47,5
52,5
100,0
Gültige
Prozente
47,5
52,5
100,0
Kumulierte
Prozente
47,5
100,0
Tabelle 7 Familienanamnese
Ergebnisse hinsichtlich geschwollener beziehungsweise druckschmerzhafter Gelenke
87 Personen (72,5%) hatten in ihrem Krankheitsverlauf mindestens ein geschwollenes
Gelenk und bei 75% der 120 PatientInnen, also 90 Personen, wurden druckschmerzhafte
Gelenke festgestellt.
52
Geschwollene_Gelenke
Häufigkeit
Gültig
keine geschwollenen
Gelenke
geschwollene Gelenke
Gesamt
Prozent
Gültige
Prozente
Kumulierte
Prozente
33
27,5
27,5
27,5
87
120
72,5
100,0
72,5
100,0
100,0
Tabelle 8 Geschwollene Gelenke
Druckschmerzhafte_Gelenke
Häufigkeit
Gültig
keine
druckschmerzhaften
Gelenke
druckschmerzhafte
Gelenke
Gesamt
Prozent
Gültige
Prozente
Kumulierte
Prozente
30
25,0
25,0
25,0
90
75,0
75,0
100,0
120
100,0
100,0
Tabelle 9 Druckschmerzhafte Gelenke
Ergebnisse hinsichtlich der Diagnosestellung der Allgemeinmediziner beziehungsweise
Dermatologen
Insgesamt wurden 196 Personen in der Rheumaambulanz der Medizinischen Universität
Graz vorstellig, die wegen Verdacht auf Arthritis psoriatica von Allgemeinmedizinern und
Dermatologen überwiesen worden waren. Dort wurden sie von Rheumatologen unter
Verwendung der CASPAR-Kriterien neu untersucht. Von diesen 196 PatientInnen wurde
bei 120 die Diagnose Arthritis psoriatica bestätigt. Somit wurde in über 61% der Fälle die
richtige Diagnose gestellt.
53
4 Diskussion
Arthritis psoriatica wird definiert als eine entzündliche, normalerweise seronegative
Gelenkserkrankung, die mit Psoriasis vergesellschaftet ist (Wright 1976). Sie ist eine
komplexe Erkrankung und resultiert aus dem Zusammenspiel von multiplen genetischen
Faktoren und Umwelteinflüssen (Rahman and Elder, 2005).
Viele Faktoren haben dazu beigetragen, dass ÄrztInnen selbst heutzutage noch wenig
gegenüber der Psoriasisarthritis sensibilisiert sind. Das liegt unter anderem daran, dass die
PsA eine Erkrankung ist, deren Anschauung sich in den letzten Jahren immer wieder
verändert hat. Die unklare Ätiologie, die unzureichenden genetischen Zusammenhänge und
das wechselnde Erscheinungsbild erschweren es immer noch, ein komplexes Bild über die
Krankheit zu bekommen. Erst die Entwicklung neuer Medikamente, der Biologika, haben
durch ihren Wirkmechanismus erste aufschlussreiche Einblicke in die Pathogenese der
Krankheit gewährt.
Die aus der geringen Sensibilisierung resultierende insuffiziente Diagnose bringt Nachteile
mit sich. Oft kommt es durch eine zu späte Diagnosestellung zu einer inadäquaten
Therapie, wenn man bedenkt, dass das Fortschreiten der Gelenkszerstörung bei PsA
zeitlich früh einsetzt.
Am Beginn der Arbeit stand die Fortbildung und Weiterbildung von Dermatologen
beziehungsweise Allgemeinmedizinern in Form von Vorlesungen und interaktiven
Seminaren über einen Zeitraum von sechs Monaten. Dabei wurde die Psoriasisarthritis
aufgearbeitet und spezifische Details zur Krankheit wie die Daktylitis oder die
Nagelpsoriasis wurden besprochen. Im Anschluss daran wurden alle PatientInnen, die mit
Verdacht auf Arthritis psoriatica bei den niedergelassenen ÄrztInnen vorstellig wurden, an
die Rheumaambulanz der Medizinischen Universität Graz überwiesen und von den
dortigen Rheumatologen erneut untersucht. Für die definitive Diagnosestellung wurden die
CASPAR-Kriterien herangezogen. Parallel dazu fanden „Feedback-Runden“ statt, in denen
der Rheumatologe telefonisch Rücksprache mit dem/der einweisenden Arzt/Ärztin hielt.
Von den PatientInnen wurden die Daten bezüglich ihrer Krankheit erhoben und erfasst.
Untersuchungen hinsichtlich Diagnose, Epidemiologie und Verlauf von Arthritis psoriatica
stellten Reich et al an. 1511 PatientInnen mit bereits diagnostizierter Plaque-Psoriasis
54
wurden zur Untersuchung bei Dermatologen vorstellig. Personen, bei denen der Verdacht
auf Gelenksbefall vorlag, wurden zur weiteren Abklärung zu einem Rheumatologen
überwiesen. Bei 20,6% der 1511 Personen wurde die Diagnose PsA gestellt (Reich et al.,
2009).
Die Krankheitsentität betrachtend präsentierten sich in der Studie von Reich et al 58,7%
der PatientInnen mit dem polyartikulären-Subtyp und bildeten somit die größte Gruppe.
Bei 31,6% wurde der asymmetrische oligoartikuläre PsA-Subtyp diagnostiziert. 4,9% litten
an der Arthritis mutilans. Jene Personen, die einen Befall der DIPs hatten, wurden nicht in
eine Gruppe zusammengefasst, es wurde nur beschrieben, dass 41% an einer Arthritis der
DIPs litten.
Der am häufigsten angetroffene Subtyp an der Uni Klinik Graz war der oligoartikuläre Typ
mit 56,7%, gefolgt vom polyartikulären Typ (18,3%) und der distalen Psoriasisarthritis
(15,8%). Eine Spondylitis psoriatica wurde bei neun Personen diagnostiziert (7,5%) und
eine Arthritis mutilans bei zwei Personen (1,7%).
Diese Unterschiede haben sicherlich vielfältige Gründe. Zum einen besteht immer die
Gefahr, die Gelenksbeschwerden bei der Diagnose nicht mit der Psoriasis in Verbindung
zu bringen und so eine falsche Diagnose zu stellen. Zum anderen können die
verschiedenen PsA-Subtypen leicht mit anderen Gelenkserkrankungen verwechselt
werden. Die polyartikuläre Psoriasisarthritis hat einen der RA sehr ähnlichen
Gelenksbefall, der oligoartikuläre PsA-Subtyp kann sehr leicht mit der ankylosierenden
Spondylitis verwechselt werden. Ein weiteres diagnostisches Problem ist, dass sich der
Gelenksbefall bei Psoriasisarthritis in ihrem Krankheitsverlauf oft ändert. Am häufigsten
wird der Wechsel vom oligoartikulären Typ zum polyartikulären Typ beschrieben. Auch
die Tatsache, dass sich der Gelenksbefall zeitlich vor der Psoriasis ausprägen kann,
erschwert die richtige Diagnosestellung.
Dieses Problem wird verstärkt durch die verschiedenen Diagnostikschemata, die es für die
Psoriasisarthritis gibt. Seit der Erstbeschreibung der Krankheit wurden mehrere
Diagnostikkriterien entwickelt und modifiziert. Folglich wurde im Laufe der Zeit die
Psoriasisarthritis immer wieder mit anderen Schemata diagnostiziert, die Auswahl der
Diagnosekriterien oblag wiederum dem/der behandelnden Arzt/Ärztin. Allein dadurch war
es bisher unmöglich, exakte empirische Daten zu veröffentlichen. An der Medizinischen
Universität Graz wurden zum Zeitpunkt der Studie die CASPAR-Kriterien verwendet.
55
Bezüglich der Nagelpsoriasis, einem wichtigen Merkmal der Arthritis psoriatica, wird in
Literatur angegeben, dass sie bei bis zu 90% der PsA-PatientInnen vorkommt. Reich et al
beschrieben bei 68,6% der untersuchten Personen eine Nagelpsoriasis. Bei den Personen,
die in Graz untersucht wurden, wurde in 60% der Fälle eine Nagelbeteiligung in Form von
psoriatischen Veränderungen vermerkt.
Hinsichtlich der Daktylitis waren die Ergebnisse:
45 Personen, die im Laufe unserer Untersuchungen in Graz beurteilt wurden, wiesen im
Laufe ihrer Erkrankung eine Daktylitis auf (37,5%). Laut rezenten Angaben haben mehr
als 30% der PsA-PatientInnen im Verlauf der Erkrankung eine Daktylitis. Die korrekte
Angabe wird leider dadurch erschwert, dass man sich in der Daktylitis-Anamnese oft auf
ein bereits stattgefundenes Ereignis bezieht. Dies muss oft anamnestisch erhoben werden
und man ist somit immer auf korrekte Informationen durch die PatientInnen
beziehungsweise KollegInnen angewiesen. Bei der von Reich et al veröffentlichten Studie
wurde bei 23,7% der PatientInnen eine Daktylitis festgestellt.
Ein weiterer Parameter, der untersucht wurde, war die die Anzahl der druckschmerzhaften
und geschwollenen Gelenke. An der Medizinischen Universität Graz litten 75% der
untersuchten Personen an einem oder mehreren druckschmerzhaften Gelenken.
Geschwollene Gelenke wurden bei 72,5% festgestellt.
Bei
den
von
Reich
et
al.
untersuchten
PsA-PatientInnen
litten
95,9%
an
druckschmerzhaften und 75,2% an geschwollenen Gelenken.
Der Grund für den Unterschied in der Anzahl druckschmerzhafter Gelenke war vielleicht
die Maskierung der Schmerzen durch entzündungshemmende und schmerzstillende
Medikamente.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es in 61,2% der Fälle zu einer korrekten
Diagnosestellung gekommen ist. Da es keine vergleichbaren Studien bezüglich der
Diagnose bei Psoriasisarthritis gibt ist es schwer möglich exakte Aussagen über das
Ergebnis hinsichtlich Diagnosestellung bei PsA-PatientInnen zu machen.
56
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