Sinnvolle Diagnostik bei vermuteter koronarer Herzkrankheit und

Werbung
Sinnvolle Diagnostik
bei vermuteter koronarer Herzkrankheit
und Diabetes mellitus Typ 2
Thomas Budde, Carsten Höfs
Die koronare Herzkrankheit ist das klinische Erscheinungsbild der Arteriosklerose an den Herzkranzarterien. Durch das
Auftreten von Gefäßeinengungen (Stenosen) kommt es zu einem Missverhältnis zwischen Sauerstoffbedarf und
-angebot im jeweils von einer Stenose „abhängigen“ Herzmuskelgebiet. Die Entwicklung bzw. Zunahme von Koronarstenosen und damit auch das klinische Bild der Erkrankung können sehr unterschiedlich verlaufen. So sind unterschiedliche Progressionsgeschwindigkeiten, Phasen des „Stillstandes“ oder aber plötzliche akute Ereignisse („akutes
Koronarsyndrom“), schlimmstenfalls auch akute Herztodesfälle möglich.
ie koronare Herzkrankheit hat eine
sehr große epidemiologische Bedeutung. Herz-Kreislauf-Erkrankungen
stellen in Deutschland und den westlichen Industriestaaten die häufigste Todesursache dar. Rund 40% der HerzKreislauf-Erkrankungen sind der koronaren Herzkrankheit zuzurechnen. Auf eine
erkrankte Frau kommen durchschnittlich
etwa zwei bis drei erkrankte Männer.
Das anteilige Überwiegen erkrankter
Männer nimmt in den höheren Lebensaltersgruppen ab. So beträgt bei über
60-Jährigen das Verhältnis von erkrankten Frauen zu Männern 1:>4, bei 60- bis
80-Jährigen jedoch nur noch 1:1,5.
Das Leitsymptom der koronaren
D
Tabelle 1
Durch
Verhaltensänderung
zu
beeinflussen
Rauchen
Stress
Bewegungsmangel
Übergewicht
Fettstoffwechselstörung
Störung der Hämostase
Hypertonie
Diabetes mellitus
positive Familienanamnese
höheres Alter
männliches Geschlecht
= Bedeutsamste Risikofaktoren (RF 1. Ordnung)
Bei zwei RF 1. Ordnung besteht das vierfache,
bei drei RF 1. Ordnung das zehnfache Infarktrisiko.
Risikofaktoren für eine koronare Herzkrankheit oder einen Herzinfarkt (modifiziert, nach
FRAMINGHAM-Studie); von oben nach unten abnehmend durch Verhaltensmodifikation
beeinflussbar (bzw. zunehmend genetisch determiniert).
8
Kardioforum 2 | 2008
Herzkrankheit ist bei Männern und Frauen die Angina pectoris („Enge des Brustkorbes“). Bei Frauen sind aber (insbesondere beim Herzinfarkt) atypische
Symptome (Erbrechen, Übelkeit) häufiger.
Die Diagnostik bei vermuteter koronarer Herzkrankheit orientiert sich bei Patienten mit wie ohne Diabetes mellitus
an der Anamnese, der klinischen Symptomatik, dem individuellen Risikoprofil
und unter jeweiliger Berücksichtigung
der individuellen grundsätzlichen Wahrscheinlichkeit einer Herzkranzgefäßerkrankung („Vortestwahrscheinlichkeit“)
an den Ergebnissen nicht-invasiv oder
invasiv durchgeführter apparativer Untersuchungen.
Besonderheiten der Diagnostik
einer koronaren Herzkrankheit
bei Diabetes mellitus
Der Diabetes mellitus ist neben Rauchen, Bluthochdruck und Hypercholesterinämie einer der vier wichtigsten Risikofaktoren für das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit. Sein Vorhandensein erhöht die Wahrscheinlichkeit für
das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit mindestens auf das Zweifache, sodass Diabetiker einer besonderen Aufmerksamkeit beim Verdacht
einer koronaren Herzkrankheit bedürfen.
Mehr als 50 % aller Diabetiker versterben an den Folgen kardiovaskulärer Erkrankungen. Eine besonders genaue Risikofaktorenanalyse und ein sorgfältiges
Risikomanagement im Hinblick auf kar-
Tabelle 2
CCSGrad
Definition
Beispiel
I
Keine Angina bei normaler
Belastung, Angina bei sehr
hoher oder andauernder
Anstrengung
Angina z. B. beim Schneeräumen,
beim Dauerlauf
II
Geringe Einschränkung bei
normalen Tätigkeiten
Angina beim schnellen
Treppensteigen, beim Bergaufgehen, bei Belastung kurz nach
dem Aufwachen
III
Deutliche Einschränkung
der Leistungsfähigkeit
Angina beim An- und Ausziehen,
bei längerem langsamem
Gehen, leichter Hausarbeit
IV
Angina bei jeder Belastung
oder in Ruhe
Angina unterhalb der bei
Grad III genannten Belastungen
diovaskuläre Erkrankungen werden
daher bereits durch das Vorliegen eines
Diabetes mellitus allein erforderlich. In
allen Scoring-Systemen zur Ermittlung
des Koronarrisikos wie auch z. B. beim
Berechnen der so genannten „Vortestwahrscheinlichkeit“ vor Einleitung weiterer diagnostischer Maßnahmen im
Disease Management Programm (DMP)
„Koronare Herzkrankheit“ hat der Diabetes mellitus eine herausragende Bedeutung. Sein Vorhandensein indiziert (unabhängig vom Cholesterinspiegel!) eine
Statingabe, eine stärkere Blutdruckabsenkung bei Hypertonikern und eine besondere Gewichtskontrolle.
Bei Diabetikern kommen häufiger
Mehrgefäßerkrankungen vor als bei
Nicht-Diabetikern, auch eine begleitende
periphere arterielle Verschlusskrankheit
(pAVK) ist häufiger. Damit ist auch die
Nutzbarkeit ergometrischer Verfahren
häufiger eingeschränkt als bei Nicht-Diabetikern. Mit pharmakologischer Stimulation durchgeführte Testverfahren sind
hier häufig eine gute Alternative. Auf der
anderen Seite muss bezüglich bildgebender Verfahren mit Kontrastmittelgabe
eine eingeschränkte Nierenfunktion (und
damit ein Risiko für eine Verschlechterung / ein Versagen der Nierenfunktion
bei der Kontrastmittelgabe) häufiger erwartet werden. Vor / bei der invasiven Di-
agnostik müssen Antidiabetika reduziert
bzw. abgesetzt werden. Metformin ist
z. B. mindestens zwei Tage vor einer
Kontrastmittelgabe völlig abzusetzen.
Insgesamt ist festzuhalten, dass das
Vorhandensein eines Diabetes mellitus
die notwendige diagnostische Genauigkeit, Dringlichkeit und auch die Indikation zur invasiven Vorgehensweise bei
der Diagnostik bei Verdacht auf eine koronare Herzerkrankung verstärkt, wenngleich besonderen Risiken bei der
Durchführung der Diagnostik Rechnung
zu tragen ist. Die basal zur Verfügung
stehenden Methoden zur Abklärung
einer koronaren Herzerkrankung sind
aber prinzipiell denen beim Nicht-Diabetiker gleich oder vergleichbar, sodass
nachstehend eine gemeinsame Behandlung dieser Methoden erfolgen kann.
CCS-(Canadian Cardiac Society-)
Klassifikation der stabilen Angina
pectoris (nach: Campeau L: The
Canadian Cardiovascular Society
grading of angina pectoris revisited
30 years later. Can J Cardiol 18
(2002):371-379)
Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. Thomas Budde
Klinik für Innere Medizin I
und Kardiologie
Alfried Krupp Krankenhaus
Alfried-Krupp-Straße 21
45117 Essen
Tel.: 02 01/4 34-25 24, -25 25
Fax: 02 01/4 34-23 76
www.krupp-krankenhaus.de
[email protected]
Anamnese
Eine gezielte kardiologische Anamnese
kann bei vermuteter koronarer Herzkrankheit in vielen Fällen bereits zu einer
weitgehenden Symptomklärung führen.
Sie umfasst neben der Nachfrage nach
eventuell bereits bekannten Herzerkrankungen und medikamentösen / operativen Vorbehandlungen zunächst insbesondere die Abfrage typischer Risikofaktoren für eine Herzkranzgefäßerkrankung (Tabelle 1). Die kardialen Sympto-
Kardioforum 2 | 2008
9
Tabelle 3: Klassifikation der instabilen Angina pectoris (AP) nach Braunwald
Schweregrad
Klinische Umstände
Klasse A
Patienten mit einer klar
definierten extrakardialen Ursache der Verstärkung der kardialen
Ischämie (sekundäre instabile Angina pectoris)
Klasse B
Patienten ohne extrakardiale Ursache der
Verstärkung der kardialen Ischämie (primäre
instabile Angina
pectoris)
Klasse C
Patienten mit instabiler
Angina pectoris innerhalb von zwei Wochen
nach einem akuten
Myokardinfarkt (postinfarzielle instabile Angina
pectoris)
Klasse I
Neu aufgetretene, schwere oder zunehmende Angina pectoris; keine Beschwerden in Ruhe
IA
IB
IC
Klasse II
Ruhe-Angina pectoris im
letzten Monat, aber nicht
in den letzten 48 Stunden
(subakute Ruhe-Angina
pectoris)
IIA
IIB
IIC
Klasse III
Ruhe-Angina-pectoris
innerhalb der letzten 48
Stunden (akute RuheAngina pectoris
1
IIIA
IIIB-Tpos
1
1
IIIC
Unterteilung der Patienten der Kategorie IIIB: Tpos = Troponin-positive und Tneg = Troponin-negative Untergruppe. Patienten mit instabiler Angina pectoris der Gruppe IIIB-Tneg haben eine weit bessere Prognose als Patienten der Gruppe IIIB-Tpos.
Klassifikation der instabilen Angina
nach Braunwald (nach: Hamm CW,
Braunwald E: A classification of
unstable angina revisited. Circulation 102 (2000):118-122)
10
IIIB-Tneg
Kardioforum 2 | 2008
me müssen dann besonders gründlich
erfragt werden: Neben typischen Symptomen wie Angina pectoris, Dyspnoe in
Ruhe und / oder unter Belastung, Ödembildung, Hustenanfällen bei körperlicher
Belastung, Nykturie oder rezidivierenden
ungeklärten „Lungenentzündungen“
(Lungenstauung?) ist unspezifischen
oder sekundären Symptomen ebenfalls
Aufmerksamkeit zu widmen. So können
z. B. ein plötzlicher, unerklärlicher „Leistungsknick“, Unruhezustände, nächtliche Schlaflosigkeit mit übermäßiger Müdigkeit am Tage oder Arrhythmiesymptome wie „Herzstolpern“, „Herzaussetzer“ oder „Herzrasen“ und Schwindel,
Präsynkopen oder Synkopen indirekte
Zeichen einer Herzkranzgefäßerkrankung sein. Neben der Frage nach der Art
der Symptome ist auch die Nachfrage
nach der allgemeinen körperlichen Belastbarkeit und einer eventuellen Belastungsabhängigkeit der Symptome von
Bedeutung.
Leitsymptom Angina pectoris
Das Leitsymptom der koronaren Herzkrankheit ist die Angina pectoris. Die typischen Brustschmerzen werden als
„drückend“, „reißend“, „brennend“ oder
„krampfartig“ beschrieben und sind
meist nicht atemabhängig. Die häufigste
Schmerzlokalisation ist hinter dem
Brustbein. Der Schmerz strahlt oft in die
linke Brustkorbseite, den linken Halsbereich, die Schlüsselbeingegend oder den
Oberbauch aus. Eine Schmerzlokalisation in der rechten Körperhälfte ist zwar
seltener, aber doch „häufig genug“.
Auch alleinige Schmerzsymptome im
Zahn-, Mund- und Kieferbereich kommen vor. Bei Diabetikern hingegen ist
sehr häufig durch die Polyneuropathie
die Empfindung von Angina pectoris reduziert oder völlig aufgehoben. Hier ist
es besonders wichtig, auf atypische
Symptome als Äquivalente einer Angina
zu achten! Eine Dyspnoe scheint in diesem Zusammenhang auch von besonderer prognostischer Bedeutung zu sein.
Dennoch ist auch beim Diabetiker
eine typische Angina pectoris als Initialsymptom häufig zu finden. Man unterscheidet auch hier klinisch zwischen
einer stabilen und einer instabilen Angina pectoris:
Stabile Angina pectoris: Der Brustschmerz ist reproduzierbar durch Stress,
durch psychische oder körperliche Anstrengungen auslösbar und verschwindet nach deren Ende oder nach Gabe
von Nitroglyzerin. Die stabile Angina
pectoris wird nach der Klassifikation der
Canadian Cardiovascular Society (CCS)
eingestuft (Tabelle 2).
Instabile Angina pectoris: Der Brustschmerz tritt erstmals auf oder nimmt
an Anfallshäufigkeit und -intensität zu. Er
spricht nur verzögert oder gar nicht auf
orale Gabe von Nitroglyzerin an, ist häufiger von vegetativen Symptomen begleitet und gehorcht nicht den Kriterien
der
Belastungsabhängigkeit.
Der
Schmerz hält nicht länger als 20 Minuten
an. Bei einer instabilen Angina pectoris
mit gleichzeitiger Troponin-Erhöhung
liegt ein NSTEMI („Non ST segment
elevation myocardial infarction“) vor. Für
die instabile Angina pectoris wird die
Klassifikation nach Braunwald (Tabelle 3)
verwendet.
Als atypische Angina-pectoris-Symptome können thorakale Stiche, Luftnot
unter Belastung, unerklärte „Leistungsknicke“ oder ein allgemeines „Unwohlsein“ imponieren, welche oft dem Nachweis entgehen können. Bei Diabetikern
(aufgrund der Polyneuropathie) oder
sehr alten Menschen wie auch manchmal bei ansonsten symptomatischen Patienten als zusätzliche Episoden sind
auch klinisch völlig stumme Ischämiephasen möglich.
Vortestwahrscheinlichkeit einer
koronaren Herzkrankheit
Der Begriff der „Vortestwahrscheinlichkeit“ beschreibt im Zusammenhang mit
der koronaren Herzkrankheit die Ausgangswahrscheinlichkeit, aufgrund anamnestisch eruierbarer Faktoren in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht, Symptomen und Vorliegen weiterer Risikofaktoren an einer koronaren Herzkrankheit
mit signifikanten Koronarstenosen zu leiden (Tabelle 4). Die Vortestwahrscheinlichkeit ist für die Diagnosestellung, für
die Indikationsstellung zu weiterführenden (eventuell invasiven) Untersuchungsverfahren (Abb. 1), für die Einschätzung des Individualrisikos, aber
auch z. B. für den Einschluss in DiseaseManagement-Programme (DMP Koronare Herzkrankheit) bedeutsam.
Literatur
Dietz R, Rauch B (für den Vorstand
der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung). Leitlinie zur Diagnose und
Behandlung der chronischen koronaren Herzerkrankung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie
– Herz- und Kreislaufforschung
(DGK). Z Kardiol 92 (2003):501-521
Nationale VersorgungsLeitlinie
KHK. Version 1.8, April 2008
www.khk.versorgungsleitlinien.de
Schmermund A, Voigtländer T
(Hrsg.). Mittlere Vortestwahrscheinlichkeit der KHK – nicht-invasive
Diagnostik. Clinical Research in
Cardology Supplements; Volume 2,
No. 5, Dezember 2007
Kerkhoff G, Höfs C, Budde T. Kardio-CT, Kardio-MR – Klinischer Einsatz „neuer“ kardiovaskulärer Bildgebungsverfahren. Kardioforum
1/2008:20-26
Basisuntersuchungen
Zur Basisdiagnostik bei Verdacht auf koronare Herzkrankheit gehören neben der
umfassenden kardiologischen Anamnese und dem Erfragen kardiovaskulärer
Risikofaktoren und der Symptome einer
Angina pectoris eine eingehende körperliche Untersuchung, eine Messung des
arteriellen Blutdrucks und die Ermittlung
von Körpergewicht und -größe zur Berechnung des Body-Mass-Index.
Vortestwahrscheinlichkeit für das
Vorliegen einer koronaren Herzerkrankung in Abhängigkeit von Alter,
Geschlecht, Symptomen und Vorliegen weiterer Risikofaktoren (modifiziert, nach: Nationale Versorgungsleitlinie KHK, Version 1.8; April
2008)
Tabelle 4
Alter
(Jahre)
Männer
Frauen
Nicht anginöse
Brustschmerzen
Männer
Frauen
Atypische Angina
Männer
Frauen
Typische Angina
35
3–35
1–19
8–59
2–39
30–88
10–78
45
9–47
2–22
21–70
5–43
51–92
20–79
55
23–59
4–25
45–79
10–47
80–95
38–82
65
49–69
9–29
71–86
20–51
93–97
56–84
Die erste Zahl steht für das Risiko für Patienten ohne kardiovaskuläre Risikofaktoren, die zweite Zahl für Hochrisikopatienten mit Diabetes mellitus, Hyperlipoproteinämie und Nikotinabusus. Alle Aussagen gelten für Patienten mit unauffälligem Ruhe-EKG. Bei ST-Streckenveränderungen oder Q-Zacken steigt die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer KHK weiter.
Kardioforum 2 | 2008
11
Indikationen zur Durchführung
eines Belastungs-EKGs (nach Dietz
und Rauch: DGK-Leitlinie zur Diagnose und Behandlung der chronischen koronaren Herzkrankheit;
Z Kardiol 92 (2003):501-521)
Indikationen zur stressechokardiografischen Untersuchung bei KHK
(nach: von Bardeleben RS, Münzel
T, Nixdorf U; Clin Res Cardiol Suppl
2 (2007):V/18-V/27)
Tabelle 5
Indikationen mit
hohem Evidenzgrad
• Patienten mit mittlerer Wahrscheinlichkeit für eine
KHK (auch Patienten mit komplettem Rechtsschenkelblock und ST-Strecken-Senkung <1 mm im RuheEKG) nach Alter, Symptomen und Geschlecht
• Patienten mit Verdacht auf eine KHK oder bekannter KHK mit signifikanten Veränderungen des klinischen Bildes
Indikationen mit
niedrigerem
Evidenzgrad
• Patienten mit hoher Wahrscheinlichkeit für eine
KHK (nach Alter, Symptomen, Geschlecht)
• Patienten mit niedriger Wahrscheinlichkeit für eine
KHK (nach Alter, Symptomen, Geschlecht)
• ST-Strecken-Senkung <1 mm im Ruhe-EKG unter
Digitalis-Medikation
• Linksventrikuläre Hypertrophiezeichen und
ST-Strecken-Senkungen <1 mm im Ruhe-EKG
• Vasospastische Angina pectoris
Keine Indikationen
• Frischer (akuter) Myokardinfarkt bzw. instabile Angina
• Schwere Begleiterkrankungen mit eingeschränkter
Lebenserwartung
• Patienten mit geplanter operativer Revaskularisation
Tabelle 6
Sichere Indikationen
• Nachweis myokardialer Ischämie bei symptomatischen Patienten mit klinischem Verdacht auf KHK
• Nachweis myokardialer Ischämie bei Patienten mit neu aufgetretenen Symptomen oder Zunahme der Symptome bei bekannter chronischer KHK
• Stressechokardiografie für den Nachweis myokardialer Ischämie bei ausgewählten Patienten (unzureichende diagnostische Qualität des EKGs bei Digitalis, Ischämienachweis bei Frauen, Linksschenkelblock, Erregungsrückbildungsstörungen bereits in Ruhe (WPW-Syndrom) mit intermediärer oder hoher Vortestwahrscheinlichkeit für
KHK.
• Stressechokardiografie zur Beurteilung der myokardialen Vitalität vor geplanter Revaskularisation
• Nachweis myokardialer Ischämie bei asymptomatischen Patienten mit bekannter KHK zur präoperativen Diagnostik vor nicht-kardialer Operation
• Nachweis myokardialer Ischämie bei asymptomatischen Patienten mit einer erhöhten Risikokonstellation für
eine KHK
• Stressechokardiografie (pharmakologisch) bei nicht ergometrisch belastbaren Patienten mit intermediärer oder
hoher Vortestwahrscheinlichkeit für KHK
• Stressechokardiografie zur Beurteilung der funktionellen Bedeutung von Koronarstenosen zur interventionellen/operativen Differenzialtherapie
Relative Indikationen
• Stressechokardiografie zum Ausschluss von (In-Stent-)Restenosen nach Katheterintervention im Follow-up bei
asymptomatischen Patienten
• Stressechokardiografie bei asymptomatischen Patienten mit positivem Befund eines Belastungs-EKGs
12
Kardioforum 2 | 2008
Bei der körperlichen Untersuchung ist
besondere Aufmerksamkeit auf den kardialen Auskultationsbefund (begleitende
oder symptombestimmende Herzklappenfehler?), den peripheren und zerebralen Gefäßstatus, Auffälligkeiten des Pulses und etwaige Zeichen der Herzinsuffizienz (z. B. Lungenstauung, Einflussstauung, Lebergröße, Ödeme, pulmonale Rasselgeräusche) zu verwenden.
Als technische Basisuntersuchungen
sind ein Ruhe-EKG mit 12 Ableitungen
(pathologische Q-Zacken? T-Negativierungen? ST-Strecken-Senkungen?) und
gegebenenfalls eine Röntgenaufnahme
des Thorax in zwei Ebenen sinnvoll. Die
Röntgenaufnahme kann (zusammen mit
der Auskultation!) insbesondere symptomatische Lungenerkrankungen als Beschwerdeursache nachweisen oder ausschließen und bei der Diagnose entzündlicher Erkrankungen oder dem
Nachweis einer Lungenstauung als Zeichen einer Linksherzinsuffizienz helfen.
Zu den basalen Laboruntersuchungen
bei Verdacht auf eine koronare Herzkrankheit gehören ein Blutbild (gegebenenfalls mit Differenzialblutbild), die Bestimmung des Cholesterinstatus (Gesamt- / HDL- / LDL-Cholesterin), der Triglyzeride und des Nüchternblutzuckerspiegels, beim Diabetiker des HbA1c-Spiegels. Insbesondere dann, wenn eine invasive oder nicht-invasive bildgebende
Diagnostik unter Verwendung eines Kontrastmittels geplant ist, sollten das basale TSH, der Serum-Kreatininspiegel und
der Natrium- und Kalium-Serumspiegel
ergänzt werden.
Spezielle Untersuchungen
Die Ableitung eines Belastungs-EKGs ist
insbesondere dann indiziert, wenn der
Patient ein Auftreten von Symptomen
während oder nach körperlichen Anstrengungen berichtet (Tabelle 5). Darüber hinaus ist ein Belastungs-EKG sinnvoll, wenn eine Koronarischämie als Pathomechanismus einer Beschwerdesymptomatik vermutet wird, weil ein auf
eine Angina pectoris verdächtiges
Symptom berichtet wird. Ein positives
Belastungs-EKG macht eine weiterfüh-
rende (meist invasive) kardiologische Diagnostik erforderlich. Die methodischen
Grenzen der Belastungselektrokardiografie sind aber zu beachten: Die Sensitivität des Belastungs-EKGs für den
Nachweis einer koronaren Herzkrankheit
beträgt bei Männern bei kompletter Ausbelastung ca. 80% (selbst im bestmöglichen Fall bleiben mindestens zwei von
Tabelle 7
Abklärung einer KHK bei Thoraxschmerz:
• Intermediäre Vortestwahrscheinlichkeit einer KHK bei nicht interpretierbarem EKG und fehlender Belastbarkeit
• Nicht interpretierbare oder nicht diagnostisch wegweisende Befunde der Stresstests, z. B. Belastungs-EKG, Perfusionsszintigrafie oder
Stressechokardiografie
Abklärung einer KHK bei akutem Thoraxschmerz:
• Intermediäre Vortestwahrscheinlichkeit einer KHK ohne EKG-Veränderungen und mit mehrfach negativen Serum-Marker-Befunden
Evaluation kardialer Strukturen sowie von Funktion und
Morphologie:
• Evaluation bei Verdacht auf Koronaranomalien
• Beurteilung der Herzkranzgefäße zur ätiologischen Klärung einer neu
diagnostizierten Herzinsuffizienz
zehn Koronarkranken „unentdeckt“); die
Spezifität beträgt höchstens etwa 90%.
Diabetiker sind z. B. wegen einer pAVK
oft zusätzlich nicht körperlich „ausbelastbar“. Auch sind bei Diabetikern und
auch bei Frauen Sensitivität und Spezifität des Belastungs-EKGs grundsätzlich
geringer. Ein negatives Belastungs-EKG
schließt daher bei typischer AnginaAnamnese das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit nicht aus und sollte
nicht zu einer falschen Ausschlussdiagnose führen! Weitere Einschränkungen
sind zu beachten: Im Hinblick auf Ischämiezeichen sind unter einer DigitalisMedikation falsch positive Befunde zu
erwarten, sodass diese gegebenenfalls
rechtzeitig zu unterbrechen ist. Da Betablocker zu einer Herzfrequenzsenkung
führen und zusätzlich die zu dokumentierenden Arrhythmien unter Umstän-
Gesicherte („appropriate“) Indikationen für die CT-basierte
Koronarangiografie (CTA) gemäß
„Appropriate Criteria Report“
(modifiziert, nach: J Am Coll Cardiol
48 (2006):1475-1497 und Möhlenkamp S, Erbel R. Clin Res Cardiol
Suppl 2 (2007):V/57-V/67)
Kardioforum 2 | 2008
13
Tabelle 8: Abklärung einer KHK bei Thoraxschmerz
(Vasodilatations-Perfusions-CMR oder Dobutaminstress-CMR)a
• Intermediäre Vortestwahrscheinlichkeit einer KHK bei nicht interpretierbarem
EKG und fehlender Belastbarkeit
• nicht interpretierbare oder nicht diagnostisch wegweisende Stresstestbefunde, z. B. von Belastungs-EKG, Perfusionsszintigrafie oder Stressechokardiografie; Risikostratifikation bei durchgeführten Tests (Vasodilatations-PerfusionsCMR oder Dobutaminstress-CMR) a:
• Nach invasiver oder CT-basierter Koronarangiografie mit Stenosen unklarer
funktioneller Relevanz
• Evaluation intrakardialer Strukturen sowie von Funktion und Morphologie (Magnetresonanzkoronarangiografie, mit oder ohne zusätzliche Kontrastmittelgabe)a:
• Evaluation bei Verdacht auf Koronaranomalien
• Evaluation der linksventrikulären Funktion nach Myokardinfarkt oder bei Herzinsuffizienz bei Patienten mit unzureichenden echokardiografischen Informationen
• Quantifizierung der linksventrikulären Funktion bei abweichenden, klinisch relevanten Einschätzungen durch vorangegangene Tests
Gesicherte („appropriate“) Indikationen für die kardiale Magnetresonanztomografie (CMR) gemäß
„Appropriate Criteria Report“ (modifiziert, nach: J Am Coll Cardiol 48
(2006):1475-1497 und Möhlenkamp
S, Erbel R. Clin Res Cardiol Suppl 2
(2007):V/57-V/67)
a
Anwendungsziele der zusätzlichen Medikamenten-Kontrastmittelgabe:
• Dobutaminstress-CMR zur Erfassung einer stressinduzierten Wandbewegungsstörung und
zum Vitalitätsnachweis
• Adenosinperfusions-CMR zur Erfassung eines stressinduzierten Perfusionsdefekts
• Kontrastmittelgabe zur Detektion und Beurteilung eines akuten oder abgelaufenen Myokardinfarkts
den unterdrücken, ist die Aussagekraft
eines Belastungs-EKGs bei Betablockermedikation (wie auch bei anderen antiarrhythmisch wirksamen Substanzen) eingeschränkt. Eine „teilweise“ Ausbelastung ist aufgrund erheblich eingeschränkter Sensitivität in aller Regel diagnostisch wertlos.
Aus Sicherheitsgründen muss die
Durchführung eines Belastungs-EKGs in
jedem Fall unter organisatorischen,
räumlichen und personellen Voraussetzungen erfolgen, die die sofortige effektive Behandlung eventuell auftretender
Arrhythmien oder koronarischämischer
Ereignisse erlauben.
Die Ruhe-Echokardiografie ist für eine
koronare Herzkrankheit niemals beweisend oder ausschließend. Sie kann aber
durch den Nachweis regionaler linksventrikulärer Funktionsstörungen, den
Nachweis oder Ausschluss von (begleitenden?) Herzklappenerkrankungen und
bei bekannter koronarer Herzerkrankung
zur Abschätzung der Prognose und des
14
Kardioforum 2 | 2008
Risikos hilfreich sein. Die Stress-Echokardiografie ist dann zur primären Diagnostik der koronaren Herzkrankheit sinnvoll, wenn Ruhe- und / oder BelastungsEKG nicht eindeutig interpretierbar oder
durchführbar sind (Tabelle 6). Häufige
derartige Situationen sind bei Patienten
mit Schrittmacher-EKG, mit Links- oder
Rechtsschenkelblock, bei Patienten mit
Präexzitationssyndromen, bei Digitalisgabe oder (klinisch häufigste Situation)
bei körperlich nicht belastbaren Patienten gegeben.
Nicht-invasive kardiologische
Bildgebung (Myokardszintigrafie [SPECT], Kardio-CT,
Kardio-MRT)
Die Myokardszintigrafie (SPECT) kann –
insbesondere in EKG-getriggerter Form
(„gated“ SPECT) – mit hoher Sensitivität
und Spezifität eine hämodynamisch relevante koronare Herzkrankheit diagnostizieren. Sie ist besonders gut für den
Nachweis manifester Perfusionsstörun-
gen in Ruhe und unter Belastung geeignet. Eine prognostische Bedeutung der
Methode zur Risikobeurteilung und im
Hinblick auf zukünftige kardiale Ereignisse konnte gezeigt werden. Neue Untersuchungen weisen auch auf eine besondere Eignung dieser Methode zur Beurteilung bzw. Erkennung einer koronaren
Herzkrankheit bei Diabetikern hin. Die
Myokardszintigrafie hat – wie die übrigen nicht-invasiven Verfahren – bei intermediärer Ausgangswahrscheinlichkeit
einer koronaren Herzkrankheit ihren
höchsten Wert. Limitationen liegen in
der relativ hohen Strahlendosis und der
Ungenauigkeit bei gleichmäßig über das
gesamte Myokard verteilten Ischämien.
Als nicht-invasive bildgebende kardiologische Untersuchungsverfahren stehen neben der Myokardszintigrafie und
der bereits erwähnten (Stress-)Echokardiografie bei Verdacht auf eine koronare
Herzkrankheit die Myokardszintigrafie
(SPECT), Kardio-CT (mit und ohne Gabe
von Kontrastmittel) und die Kardio-MRTUntersuchung zur Verfügung. Sie kommen in der Primärdiagnostik sämtlich bei
intermediärer Wahrscheinlichkeit des
Vorliegens einer koronaren Herzkrankheit zum Einsatz.
Vergleich unterschiedlicher Methoden der bildgebenden kardialen
Diagnostik (nach: Möhlenkamp S,
Erbel R. Clin Res Cardiol Suppl 2
(2007):V/57-V/67)
Tabelle 9: Vergleich unterschiedlicher Methoden der bildgebenden kardialen Diagnostik
Parameter
Stressechokardiografie
(dynamische
und pharmakologische
Belastung)
Stress-MRT
(pharmakologische
Belastung)
Myokardszintigrafie
(SPECT;
dynamische
und pharmakologische
Belastung)
Koronarkalkmessung
CTAngiografie
Arteriosklerosenachweis
-
-
-
++
+++
Nachweis einer
Perfusionsstörung
(+)
+++
+++
-
-
Nachweis einer
Wandbewegungsstörung
+++
+++
(+)
-
-
Untersucherabhängigkeit
+++
++
+
-
+
Verfügbarkeit
+++
+
++
+++
++
Kosten
+
+++
++
+
++
Nachteile
Limitiertes
Schallfenster
Kontraindikationen:
• Schrittmacher
• ICD
• CRT
• Metallclips/
-implantate
• Gadoliniumunverträglichkeit
• Klaustrophobie
• Hohe
Strahlendosis
• Kontraindikationen:
- Linksschenkelblock
- Homogene
Ischämie
Strahlendosis
• Hohe Strahlendosis
• Kontraindikationen:
- Kontrastmittelunverträglichkeit
CRT = kardiale Resynchronisationstherapie; CT = Computertomografie; ICD = implantierbarer Cardioverter/Defibrillator; MRT = Magnetresonanztomografie; SPECT = Single-Photon-Emissionscomputertomografie; - = nicht geeignet; + = geeignet; ++ = gut geeignet; +++ = sehr gut geeignet
Kardioforum 2 | 2008
15
Tabelle 10: Evidenz und/oder allgemeiner Konsens, dass Maßnahme nützlich und effektiv ist
• Patienten mit stabiler Angina pectoris der CCS-Klasse III und IV oder Patienten mit akutem Koronarsyndrom
• Patienten mit Hochrisikomerkmalen (Herzinfarkt-Risiko >20% in zehn Jahren) bei der nicht-invasiven Vortestung,
unabhängig von der Schwere der Angina pectoris
• Patienten mit Hochrisikomerkmalen und typischen Beschwerden trotz einer antianginösen Medikation
• Patienten mit Hochrisikomerkmalen und positivem Ischämienachweis trotz antianginöser Medikation (CCS II),
auch bei fehlenden Beschwerden
• Patienten nach überlebtem plötzlichem Herztod oder mit malignen ventrikulären Herzrhythmusstörungen
• Patienten mit einer ungeklärten Herzinsuffizienz
• Patienten mit einer hohen Vortestwahrscheinlichkeit, bei denen die nicht-invasive Diagnostik keinen zuverlässigen Ausschluss ergeben hat
Indikationen zur Durchführung einer
Koronarangiografie mit hohem Evidenzgrad (nach Dietz und Rauch;
DGK-Leitlinie zur Diagnose und
Behandlung der chronischen koronaren Herzkrankheit; Z Kardiol
92:501-521 (2003))
16
Kardioforum 2 | 2008
Über Techniken, Indikationen und
Durchführung des Kardio-CT und der
Kardio-MRT wurde bereits in der letzten
Ausgabe von KARDIOFORUM detailliert
berichtet (vergleiche: Kerkhoff G, Höfs
C, Budde T: Kardio-CT, Kardio-MR – Klinischer Einsatz „neuer“ kardiovaskulärer
Bildgebungsverfahren. KARDIOFORUM
1/2008, 20–27): Die Früherkennung der
Koronarsklerose durch Koronarkalkmessung („Kalkscoring“) mittels Kardio-CT
kann der Risikoabschätzung dienen. Sie
gibt auch für den Entschluss zu medikamentösen Präventionsmaßnahmen Entscheidungshilfe. Die nicht-invasive, kontrastverstärkte Koronarangiografie mittels Kardio-CT gewinnt durch die neuesten CT-Technologien („Dual-Source“-CT,
320-Zeilen-CT etc.) zunehmend an Bedeutung. Insbesondere der negative prädiktive Wert bei der Detektion signifikanter Koronarstenosen wird mittlerweile in
Studien mit 95–99% beziffert. Wenngleich sich eine kontinuierliche Verbesserung dieser Methodik ergeben hat,
stellt sie (noch) nicht das Firstline-Diagnoseverfahren zur Ischämie- und Stenosedetektion dar. Die aktuell akzeptierte
Indikationsstellung wird durch Tabelle 7
reflektiert.
Die MRT-Untersuchung des Herzens
ist ein ergänzendes Untersuchungsverfahren, das besonders gut regionale, als
Stress-MRT auch belastungsinduzierte
Kontraktionsstörungen abbilden kann.
Im Fehlen der Strahlenbelastung liegt
ein besonderer Vorteil dieser Methode
im Vergleich zu CT, invasiver Angiografie
und auch zur nuklearmedizinischen Methode der Myokardszintigrafie (SPECT).
Auch die Kardio-MRT ist noch keine fest
etablierte Routinemethode der ersten
Wahl zur Diagnose einer koronaren
Herzkrankheit, aber sie ist bereits ein
wichtiges Hilfsmittel bei der Primärdiagnostik und wertvoller Bestandteil der
Funktions-, Vitalitäts- und Ischämiediagnostik bei bekannter koronarer Herzkrankheit geworden. Die aktuell akzeptierten Indikationen zur kardialen MRT
sind in Tabelle 8 zusammengefasst.
Tabelle 9 gibt eine vergleichende
Übersicht über die Wertigkeit der häufigsten nicht-invasiven Bildgebungsverfahren bezüglich des Nachweises einer
Arteriosklerose und von Perfusionsoder Wandbewegungsstörungen. Untersucherabhängigkeit, Verfügbarkeit und
Kosten der Verfahren sowie die methodenbedingten Limitationen sind Nutzen
und Vorteilen gegenübergestellt.
Indikationen
zur invasiven Diagnostik
Die Indikation zur Durchführung einer invasiven Diagnostik orientiert sich wie die
nicht-invasive Diagnostik sehr wesentlich an der Vortestwahrscheinlichkeit (Tabelle 4), am Vorliegen von typischen Risikofaktoren (Tabelle 1) und an den klinischen Symptomen (Tabelle 2 und 3,
Abb. 1). Bei hoher oder sehr hoher Vortestwahrscheinlichkeit einer koronaren
Herzerkrankung und / oder typischer Angina pectoris kann die Indikation zur invasiven Diagnostik (Koronarangiografie)
sehr bald gestellt werden. Dies gilt auch
für Patienten mit Hochrisikomerkmalen,
insbesondere dann, wenn die nicht-invasive Diagnostik inkonsistent ist oder keinen Aufschluss gibt. Indikationen zur
Durchführung einer Koronarangiografie
mit hohem Evidenzgrad sind in
Tabelle 10 dargestellt. An dieser Stelle
ist erneut zu betonen, dass ein Patient
allein durch das Vorliegen eines Diabetes mellitus als Hochrisikopatient für
eine koronare Herzkrankheit einzustufen
ist. Das erhöhte Risiko auch für eine invasive Diagnostik muss berücksichtigt
werden, darf diese aber bei klarem Verdacht oder unklarer Befundlage bezüglich einer koronaren Herzkrankheit wegen des hohen Eigenrisikos (insbesondere) der Kombination aus beiden Erkrankungen nicht verhindern!
Abb. 1: Risikoanalyse und Indikationsstellung zur invasiven Diagnostik bzw. Ischämiediagnostik bei vermuteter koronarer Herzkrankheit in Abhängigkeit von der Vortestwahrscheinlichkeit nach DGK-Leitlinie
Stabile Angina pectoris
Risiko-Evaluation
Anamnese und körperliche Untersuchung; koronare Risikofaktoren; Ruhe-EKG
hohe KHKWahrscheinlichkeit
(>90%)
mittlere KHKWahrscheinlichkeit
(10–90%)
Ischämiediagnostik
positiv
Indikation zur
Koronarangiografie?
geringe KHKWahrscheinlichkeit
(<10%)
negativ
Primärprävention
bei Persistenz der Beschwerden Verlaufskontrolle und Ausschluss
extrakardialer Ursachen
Zusammenfassung
Die koronare Herzerkrankung hat eine hohe epidemiologische und prognostische Bedeutung. Patienten mit einem Diabetes mellitus sind Hochrisikopatienten für das Vorliegen und für Komplikationen und Verlauf einer koronaren Herzerkrankung. Die Diagnostik ist durch Anamnese, Risikofaktoren und Symptome und insgesamt durch die Vortestwahrscheinlichkeit geprägt. Als Basis-Untersuchungsmethoden stehen neben Anamnese, Risikoanalyse und Symptomanalyse die körperliche Untersuchung, das Ruhe-EKG, Laboruntersuchungen und Röntgen zur Verfügung. Spezielle Untersuchungsverfahren wie Belastungs-EKG, Echokardiografie und Stress-Echokardiografie ergänzen die Basisuntersuchungen. Bei hoher Wahrscheinlichkeit einer koronaren Herzerkrankung steht bald eine invasive Diagnostik (Koronarangiografie) im Vordergrund, während bei intermediärer Wahrscheinlichkeit nicht-invasive Bildgebungsverfahren oder
Verfahren der Ischämiedetektion die Koronarangiografie stärker indizieren oder in den Hintergrund rücken lassen können. Beim Diabetiker ist die Indikation zur genauen Abklärung des Verdachts einer koronaren Herzerkrankung noch klarer, da die Erkrankung als Komorbidität noch deutlicher die Prognose beeinflusst. Wenngleich die Risiken einer invasiven Diagnostik etwas höher sind als beim Nicht-Diabetiker, sollte auch beim Diabetiker bei klarem Verdacht oder inkonsistenten nicht-invasiven Befunden eine definitive Klärung durch eine (invasive) Angiografie angestrebt werden.
Kardioforum 2 | 2008
17
Herunterladen