Positronen-Emissions-Tomographie (RET) in der Melanomdiagnostik: Technische Grundlagen und diagnostische Möglichkeiten T. Klyscz Universitäts-Hautklinik, Liebermeisterstr. 25, 72076 Tübingen Einleitung In den zurückliegenden 3 Dekaden konnte durch die technische Neu- bzw. Weiterentwicklung radiologischer und nuklearmedizinischer Techniken, wie z.B. CT, MRI, Scintiscan, ein entscheidender Fortschritt in der Staging-Diagnostik bei Tumor-Patienten erreicht werden. Trotz der eindrucksvollen Entwicklungsfortschritte versagen in bestimmten Fällen eine Reihe von Verfahren bei speziellen Fragestellungen, wie z.B. der Suche nach kleinsten Früh- und Fernmetastasen bei Patienten mit malignem Melanom, wobei die Prognose bei Melanom-Patienten in besonderem Maße von dem Metastasierungsverhalten des Primärtumors und der frühen Detektion eventueller Filialisierungen beeinflußt wird. Das verbleibende Problem mangelnder diagnostischer Sensitivität und Spezifität in der Lokalisation von Melanommetastasen außerhalb der derzeit verfügbaren diagnostischen Fenster etablierter Verfahren könnte durch die Positronen-Emissions-Tomographie relativiert zu werden. Die PET-Technologie eröffnet nämlich die Option, biochemische Charakteristika des Gewebes zu erfassen und auch kleine Mengen an Tumorgewege aufgrund seines pathologisch veränderten Glucosestoffwechsels im Organismus zu detektieren. Historische Entwicklung Nach der Vorhersage der Existenz von Positronen im Jahre 1927 durch Dirac und des erfolgreichen Positronen-Nachweises durch Anderson im Jahre 1932 wurde bereits im Jahre 1959 von Anger und Rosenthal eine erste Positronenkamera vorgestellt. Die von Ranckowitz 1962 konzipierte ringförmige Detektoranordnung bildet bis heute die technische Grundlage der Positronentomographen. Ab Mitte der 80er Jahre wurde durch den Einsatz von computerunterstützten Detektoren ein. weiterer Schritt zur besseren Auflösung der Geräte beschritten. Technisches Prinzip Die mit einem Tracer primär intravenös applizierten Positronenstrahler emittieren bei ihrem Zerfall in ein Neutrino sowie ein Positron. Das Positron ist als Antiteilchen zum Elektron bei gleicher Masse jedoch positiv geladen. Das emittierte Positron wird im Gewebe abgebremst und fängt kurz vor Erreichen seiner Ruheposition ein Elektron ein. Aus dieser Verbindung geht ein Positronium hervor, ein dem Wasserstoffatom vergleichbares Zweiteilchensystem. Bei der anschließenden Annihilation werden die beiden Massen in zwei Gammaquanten mit einer Energie von je 511 keV umgewandelt, die in entgegengesetzten Richtungen auseinanderfliegen. Durch eine Koinzidenzmessung zweier einander gegenüberliegender Detektoren kann der Punkt der Annihilation auf einer Verbindungslinie der beiden Punkte lokalisiert werden. Die Größe der einzelnen Detektoren bestimmt maßgeblich die Auflösung der Positronentomograpiien. Die gängigen Positronenstrahler 11C, 13N, 150 und 18F werden vor ihrer Applikation so an Biomoleküle gekoppelt, daß deren Stoffwechsel selbst nicht negativ beeinflußt wird. Eine Jn-vivo-Biochemie" des lebenden Organismus wird dadurch ermöglicht (3). Klinische Anwendung Die tumorspezifischen Stoffwechseländerungen bzgl. der gesteigerten Aufnahme von Glucoseverbindungen („anaerobe Glycolyse im Tumorgewebe nach Warburg") lassen sich diagnostisch durch eine Gabe von intravenös applizierter 18F-Deoxyglucose verwerten, da es im Tumorgewebe zu einer metabolischen Akkumulation der markierten Glucoseverbindungen mit entsprechend zum Gesamtorganismus lokal erhöhter Freisetzung von Photonen kommt, die sich diagnostisch zur Lokalisation des Herdes auswerten lassen. Aufgrund erster klinischer Erfahrungen bei Melanompatienten und in kritischer Abwägung mit anderen - bereits klinisch etablierten diagnostischen Verfahren - scheint die Posi- Biomedizinische Technik · Band 40 · Ergänzungsband 1 · 1995 Unauthenticated Download Date | 5/11/16 4:50 PM 311 tronen-Emissions-Tomographie bei der Suche nach Melanommetastasen eine sehr hohe Sensitivität zu besitzen, wie eigene erste klinische Untersuchungsergebnisse zeigen. Beeinträchtigt wird die diagnostische Potenz des Verfahrens durch die Tatsache, daß Herz· und Gehirngewebe eine physiologische, organspezifische Steigerung des Glucoseumsatzes aufweisen, die eine sichere Detektion von Tumorgewebe in diesen Organbereichen ebenso wie an dem harnableitenden System der Niere und im urteren- und Blasenbereich aufgrund der biochemischen Überlagerungsphänomene nicht ermöglicht. Die PET-Technik könnte künftig neben ihren bereits anerkannten Einsatzbereichen in der coronaren und neurologisch-psychiatrischen Diagnostik auch in der Diagnostik des filialisierenden malignen Melanoms eine bedeutende Rolle spielen, da sie über Funktionszustände und metabolische Prozesse in Geweben Auskunft zu geben vermag, die es z.B. ermöglichen, einen harmlosen aber klinisch suspekten Narben- oder Gewebebereich von einer mit anderen Methoden nicht erfaßbaren Filialisierung zu unterscheiden. Damit stellt sie eine wichtige komplementäre Diagnostikvariante dar, die zur Erweiterung des vorhandenen diagnostischen Spektrums bei den betroffenen Patienten eine sehr wichtige Rolle spielen kann. Literatur (1) Beaney, R. P., Lammertsma, A. A., Jones, T., McKenzie, C. G., Halnan , K. E.: Positron emission tomography for in-vivo measurements of regional blood flow, oxygen utilisation and blood volume in patients with breast carcinoma. Lancet, 131-134 (1984) (2) Newiger, H.: Entwicklung und Zukunftsperspektiven der PET-Technologie. Radiologe 32,262-265(1992} (3) Newiger, H.: Die Positronen-EmissionsTomographie (PET) - eine neue, diagnostische Methode. Physikalische und technische Voraussetzungen. Akt. Radio). 3, 140-143 (1993) (4) Heiß, W.D.: Positronen-Emissions-Tomographie (PET). Klinische Wertigkeit in Neurologie und Psychiatrie. Dt. Ärztebl. 92 (8) B372-6-378(1095) (5) Schober, O., Meyer, G. J.: Beurteilung von Hirntumoren mit der Positronenemissionstomographie. Radiologe 32, 282-289 (1992) (6) Wienhard, K., Wagner, R., Heiss, W.D.: PET - Grundlagen und Anwendungen der Positronen-Emissions-Tomographie. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 1989 Positronenstrahler ».Detektor E =511 keV Abb 1: Prinzip der Koinzidenzmessung nach Newiger 1993 (3) 312 Biomedizinische Technik · Band 40 · Ergänzungsband 1 · 1995 Unauthenticated Download Date | 5/11/16 4:50 PM