Dr. Thomas Götzer Sommersemester 2017 Anand Sawant, PhD 17. Mai 2017 Höhere Algebra – Übungsblatt 3 Aufgabe 1 (Jacobsonringe) Zeigen Sie: i) Z ist ein Jacobsonring. ii) Der Ring Z (2) = { ba ∈ Q | a ∈ Z, b ∈ Z \ {0}, 2 ∤ b} (s. Beispiel 2.6c) ist kein Jacobsonring. iii) Ist k ein Körper, so ist der Potenzreihenring kJXK kein Jacobsonring. Lösungsskizze: i) Bekanntlich sind die maximalen Ideale in Z genau die Primideale ungleich (0). Ist nun (0) 6= a ⊆ Z ein Ideal, so ist demnach r(a) = ∩{p | p ∈ Spec(Z ), a ⊆ p} = {m | m ∈ Specmax (Z ), a ⊆ m}. Es bleibt das Nullideal (0). Jedes Primideal enthält (0) und es gilt r((0)) = (0), da Z ein Integritätsbereich ist. Wir müssen also ∩{p | (0) 6= p ⊂ Z Primideal} = {0} zeigen. Ist aber 0 6= r ∈ ∩{p | (0) 6= p ⊂ Z Primideal}, so besitzt r eine eindeutige Zerlegung in endliche viele Primfaktoren (und eine Einheit), insbesondere liegt es nur in endlich vielen Primidealen p. In Z gibt es allerdings unendlich viele Primideale, Widerspruch. Es muss also r = 0 und damit ∩{p | (0) 6= p ⊂ Z Primideal} = {0} gelten. ii) Wir zeigen die Aussage aus Beispiel 2.6c, dass Z (2) ein lokaler Ring mit maximalem Ideal m = { ba ∈ Z (2) | a ∈ (2), b 6∈ (2)} ist: Offensichtlich gilt ba ∈ Z × genau (2) ac c dann, wenn es ein d ∈ Z (2) mit b d = 1(= 1/1) gibt. Existiert ein solches Element c a d , so ist es auch im Ring Q das Inverse zu b und damit eindeutig bestimmt durch b b a . Es ist aber a ∈ Z (2) genau dann, wenn 2 ∤ a, also a 6∈ (2) gilt. Damit ist die Menge m genau die Menge der Nichteinheiten in Z (2) . Die Tatsache, dass m wirklich ein Ideal ist, lässt sich durch kurze Rechnungen überprüfen. Nach Lemma 2.5 ist Z (2) damit ein lokaler Ring mit maximalem Ideal m. Nun zur Behauptung aus der Aufgabe: Z (2) ist als Unterring eines Integritätsbereichs selbst ein Integritätsbereich, insbesondere gilt r((0)) = (0). Allerdings ist (0) 6= ∩{n | n ∈ Specmax (Z(2) ), (0) ⊆ n} = m und somit ist Z(2) kein Jacobsonring. iii) Wir zeigen, dass kJXK ein lokaler Ring mit maximalem Ideal (X ) ist. Wer dies bereits in der Algebra I gezeigt hat (z.B. im Wintersemester 14/15, Blatt 2, Aufgabe 4), kann die folgenden Absätze überspringen und im letzten Absatz weiterlesen. Wir zeigen zuerst: Ist f = ∑i∞=0 ai X i ∈ kJXK und a0 6= 0, so ist f invertierbar. Sei dazu f wie angegeben mit a0 6= 0. Wir suchen ein Inverses g = ∑i∞=0 bi X i . Ihr Produkt bezeichnen wir mit h = ∑i∞=0 ci X i , wobei ci = ∑ik=0 ak bi −k gilt. Damit g ein Inverses von f ist, muss h = 1 erfüllt sein, also c0 = 1 und ci = 0 für i > 0. Dazu setzen wir b0 = a0−1 . Wir zeigen nun induktiv, dass es für i > 0 Elemente b1 , . . . , bi gibt, sodass ci = ∑ik=0 ai bi −k = 0 gilt. Zuerst sehen wir, dass 0 = c1 = a0 b1 + a1 b0 nach b1 aufgelöst werden kann, da a0 eine Einheit ist, und wir somit b1 bestimmen können. Seien nun b0 , . . . , bi so bestimmt, dass c0 , . . . , ci = 0 gilt. Damit können wir auch die Gleichung 0 = ci +1 = ∑ik+=10 ak bi +1−k nach bi +1 auflösen, was die Behauptung zeigt. Damit ist klar, dass jedes Ideal 0 6= a ( kJXK nur Potenzreihen mit verschwindendem konstanten Koeffizienten enthält. Jede solche Potenzreihe liegt allerdings im von X erzeugten Ideal, was zeigt, dass (X ) das einzige maximale Ideal von kJXK ist. (Alternativ hätte man auch zeigen können, dass jede Einheit f in kJXK einen nicht verschwindenen konstanten Koeffizienten hat. Damit ist (X ) gerade die Menge der Nichteinheiten, was auch zeigt, dass kJXK ein lokaler Ring mit maximalem Ideal (X ) ist.) Jetzt können wir die Behauptung der Aufgabe zeigen: In einem Jacobsonring A ist das Radikal eines Ideals a ( A der Schnitt über alle maximalen Ideale in A, die a enthalten. In kJXK ist jedoch r((0)) = (0) 6= ∩{m | m ∈ Specmax (kJXK), (0) ⊆ m} = (X ), also ist kJXK kein Jacobsonring. Aufgabe 2 (Lemma 3.9) Beweisen Sie Lemma 3.9 der Vorlesung: Ist A ein Ring und a ⊆ A ein Ideal, so ist das Radikalideal r (a) der Schnitt über alle Ideale p im Rabinowitschspektrum, die a enthalten: r (a ) = \ {p ∈ Specrab ( A), a ⊆ p} Gibt es kein Primideal im Rabinowitschspektrum, das a enthält, d.h. wenn die rechte Seite der Schnitt über die leere Menge ist, so ist der Schnitt der ganze Ring A. i) Zeigen Sie dazu zunächst die Inklusion „⊆“. ii) Für die Inklusion „⊇“ sei a im Schnitt aller Ideale im Rabinowitschspektrum, die a enthalten. Zeigen Sie: Es gibt g, g1 , . . . , gn ∈ A[ X ] und b1 , . . . , bn ∈ a mit 1= n ∑ g j bj + g(aX − 1). j =1 (Betrachten Sie z.B. das von den Elementen aus a und aX − 1 erzeugte Ideal b ⊆ A[ X ] und führen Sie die Aussage b ( A[ X ] zu einem Widerspruch.) iii) Wenden Sie φ : A[ X ] → A[ X, X −1 ], f 7→ f (X −1 ) auf beide Seiten der Gleichung an und multiplizieren Sie beide Seiten mit X k , wobei k größer ist als der Grad der gi und g. Begründen Sie, warum Sie in der entstandenen Gleichung k X = n ∑ Xk φ(gj )bj + Xk−1 φ(g)(a − X) j =1 X durch a substituieren können und beweisen Sie das Lemma. Lösungsskizze: i) Folgt aus r (a) = T {p ∈ Spec( A), a ⊆ p} ⊆ T {p ∈ Specrab ( A), a ⊆ p}. ii) Sei also a im Schnitt der Ideale im Rabinowitschspektrum, die a enthalten. Wir betrachten das Ideal b = (a ∪ { aX − 1}) ⊆ A[ X ] und wollen b = A[ X ] zeigen (denn dann gibt es g, g1 , . . . , gn ∈ A[ X ] wie in ii) beschrieben). Ist b ( A[ X ], so gibt es ein maximales Ideal m ⊆ A[ X ], das b enthält. Es ist a ⊆ b ∩ A ⊆ m ∩ A und daher a ∈ m ∩ A ⊆ m. Dann ist aber auch aX ∈ m. Da auch aX − 1 ∈ m liegt, folgt 1 ∈ m. Aber m ist ein maximales Ideal – Widerspruch. iii) Durch die Wahl von k in iii) haben wir sichergestellt, dass h j (X ) = X k φ( g j ) und h(X ) = X k−1 φ( g) in A[ X ] liegen. Wir können also in jedes Polynom a einsetzen und erhalten ak = n ∑ h j ( a)b j . j =1 Mit der rechten liegt auch die linke Seite in a und damit a ∈ √ a. Aufgabe 3 (Eindeutige Zerlegung in irreduzible Komponenten) Zeigen Sie: Sei X ein noetherscher topologischer Raum. Dann gibt es ein r ≥ 1 und abgeschlossene, irreduzible Teilmengen X1 , . . . , Xr ⊆ X mit X = X1 ∪ . . . ∪ Xr und Xi 6⊆ X j für i 6= j. Die Zerlegung X = X1 ∪ . . . ∪ Xr ist bis auf Reihenfolge eindeutig. Lösungsskizze: Nehmen wir an, es gäbe keine solche Zerlegung; insbesondere ist dann X selbst nicht irreduzibel. Nach Definition gibt es folglich abgeschlossene Mengen X1 , X1′ ( X mit X = X1 ∪ X1′ . Wiederum kann es dann für mindestens eine der beiden Mengen keine Zerlegung in endliche viele irreduzible Komponenten geben (andernfalls wäre die Vereinigung der Zerlegungen eine Zerlegung für X); oBdA können wir annehmen, dass X1 keine solche Zerlegung besitzt. Dann ist wiederum X1 nicht irreduzibel und wir finden abgeschlossene Teilmengen X2 , X2′ ( X1 mit X1 = X2 ∪ X2′ . Durch Iteration dieses Verfahrens erhalten wir eine unendliche absteigenden Kette X ) X1 ) X2 ) . . . von abgeschlossenen Teilmengen von X, was im Widerspruch dazu steht, dass X noethersch ist. Ist nun X = X1 ∪ . . . ∪ Xr eine Darstellung von X als Vereinigung irreduzibler Teilmengen, so können wir Xi 6⊆ X j für i 6= j einfach durch Weglassen bestimmter Xi erreichen. Noch zur Eindeutigkeit: Sei dazu X = Y1 ∪ . . . ∪ Ys eine weitere Zerlegung von X in S irreduzible Komponenten. Dann ist Xi = sj=1 Yj ∩ Xi ; da aber Xi irreduzibel ist, folgt Xi ⊆ Yj(i ) für ein j(i ) ∈ {1, . . . , s}. Ganz analog erhält man Yj(i ) ⊆ Xk( j(i )) für ein k( j(i )) ∈ {1, . . . , r }. Damit gilt aber Xi ⊆ Xk( j(i )) , also i = k( j(i )) und schließlich Xi = Yj(i ) . Eine analoge Argumentation zeigt, dass es für j ∈ {1, . . . , s} ein i ( j) ∈ {1, . . . , r } mit Yj = Xi ( j) gibt. Das zeigt r = s und die Tatsache, dass es bis auf Reihenfolge nur eine Zerlegung in irreduzible Komponenten gibt. Aufgabe 4 (Ein nicht noetherscher Ring mit noetherschem Spektrum) Sei K ein Körper und S = K [ X, Y ]. Betrachten Sie nun den Ring R := (K + S · X )/S · X 2 , wobei K + S · X = K [ X, XY, XY2 , XY3 , . . .] gilt und S · X 2 die Vielfachen von X 2 sind. Zeigen Sie: i) Der Ring R ist nicht noethersch. ii) Spec( R) ist ein noetherscher topologischer Raum. Hinweis: Betrachten Sie das Ideal I := S · X/S · X 2 ⊆ R. Lösungsskizze: i) Betrachten wir also das Ideal I := S · X/S · X 2 ⊂ R. Ganz offensichtlich sind nun XY, XY2 , XY3 , . . . ∈ S · X, aber XY, XY2 , XY3 , . . . 6∈ S · X 2 , I hat also kein endliches K-Erzeugendensystem. Die Multiplikation eines Elements aus I und eines aus R ist aber das gleiche wie die Multiplikation des Elements aus I und eines Elements aus K (der „nicht-K-Teil“ fällt ja raus); es kann also I auch kein endliches R-Erzeugendensystem haben und somit ist R kein noetherscher Ring. ii) In der Tat zeigen wir sogar Spec( R) = { I }. Sei p ∈ Spec( R). Ist a ∈ I, so ist offensichtlich a2 ein Vielfaches von X 2 , also a2 = 0 ∈ p. Da p prim ist, folgt a ∈ p und somit I ⊆ p. Auf der anderen Seite ist offensichtlich R/I ∼ = K; I ist also maximal und es folgt p = I. Diese Lösungen erheben nicht den Anspruch darauf vollständig zu sein. Insbesondere stellen sie keine Musterlösung dar, auf die ein Korrektor volle Punktezahl geben würde.