begründen, verstehen, beurteilen II– Argumentation, Hermeneutik und Kritik als Methoden wissenschaftlichen Arbeitens 190055 VO, UE - Philosophische Methoden in der Bildungswissenschaft, Teil 2 (5 ECTSPunkte) Lehrveranstaltungsleiter: Mag. Dr. Martin Steger, Tutorin: Angela Janssen Freitag, 10.00 - 11.30, HS 31, HG 13. Termin 23.01.09: kritische Positionen der Pädagogik Formales: • Auf Nachfrage einiger Gruppen haben wir den Abgabetermin der 2. Gruppenarbeit um eine Woche nach hinten verschoben: Neuer Abgabetermin ist nun der 17.2. • Für die Fragestunde habe ich Ihnen ein Arbeitsblatt ins Netz gestellt (verlinkt in der Dokumentenliste neben diesem Skript) bitte sicherheitshalber ausdrucken und mitnehmen. Inhalte: 2 inhaltliche Aspekte von Kritik: 1. können wir natürlich auch hier Kreise schließen und diese Positionen mit unseren bisherigen inhaltlichen Bestimmungen verknüpfen. Wir haben pädagogische Positionen als solche bestimmt, die zwangsläufig 'tief' in Begründungskontexte hinabreichen – Warum? Weil Sie Menschen und Weltbilder in der konstitutiven Vorstellung der Auseinandersetzung mit der Welt mitthematisieren. Wir können pädagogische Positionen daher auf dieser Ebene an unsere exemplarischen Positionen anknüpfen – zumal ich die ja mit Absicht so gewählt habe, dass Sie ein breites Spektrum des Menschen- und Weltbildes repräsentieren – siehe zu den Positionen unten Diese Beispiele sollen auch zeigen, wie mit solch einem Modell umgegangen werden kann. Die Stärken eines kriterialen Modells liegen natürlich nicht darin, es definitorisch zu verwenden – dann ist es einfach zu ungenau, zu simpel, zu wenig tiefgehend etc. Der Sinn eines derartigen Modells liegt in den angeführten Gedankenbildern, die - hier klassisch 'pädagogische' - Überlegungen aufgreifen und in der jeweiligen Situation / im jeweiligen Konzept konkretisierend angereichert werden können. Nun ist es nicht unwesentlich, in welcher Hinsicht die pädagogischen mit den erkenntnistheoretischen Positionen zusammenhängen – d.h. weiter, die inhaltlichen Bestimmungen einer Position sollten wir noch weiter differenzieren: 1 2. Auf inhaltlicher Ebene ist es zunächst wesentlich, zwischen Kriterium und Gegenstandsbereich der Kritik zu unterscheiden. Daraus erwachsen uns noch weitere Orientierungspunkte, um kritische Positionen inhaltlich zu bestimmen, Texte positionell zu bestimmen und erste (aber natürlich nur grobe) Kritikansätze zu finden: • Kriterien der Kritik: Die Beurteilungskriterien einer Position, also jene Annahmen, anhand derer Aussagen (bewertend) beurteilt werden, sind für jede Position zentral – es sind zwangsläufig jene Annahmen, die in dieser Position selbst nicht weiter hinterfragt werden können (weil ja kein Kriterium verfügbar ist, sie selbst zu beurteilen). Sie stellen somit die Grundannahmen der Position dar bzw. spiegeln diese (z.B. in der 'Kritischen Theorie' die Mündigkeit des Lernenden als Ziel). • unproblematisierte Voraussetzungen: Dass jede Theorie auf Axiomen – also grundsätzlichen Prämissen beruht, haben wir bereits besprochen (Im Wintersemester). Das geht im Prinzip in immer neue Metabereiche (Theorie beruht auf Theorie beruht auf Theorie,...) Auch den Kriterien einer 'Gegenstandstheorie' – also einer inhaltlich bereits fokussierten: z.B. auf Pädagogik – liegen weitere Voraussetzungen zugrunde, die im Rahmen der Theorie nicht weiter problematisiert werden. So beruhen prominente pädagogische Theorien auf unseren erkenntnistheoretischen Positionen: o die Hermeneutik ist eine der Grundlagen geisteswissenschaftlicher Pädagogik o Einigungstheoretische Überlegungen sind in die Handlungstheorien eingegangen (Einigung verlangt nach Herstellung durch rationales Handeln) – und prägen zahlreiche pädagogische Konzepte. Eine starke Verwandtschaft besteht auch zur 'Kritischen Theorie' in der Pädagogik (die Befreiung des Menschen zu sich selbst als Abbau gesellschaftlicher Beschränkung und Entfremdung durch sozial orientiertes, gesellschaftliches, rationales, diskursiv gestütztes Handeln auf Basis von Gleichheit und Einigung.) o Skepsis, wie wir sie besprochen haben, entspricht der transzendental-kritisch – skeptischen Pädagogik, die eben diese Voraussetzungen nachfragt: Wodurch legitimiert sich Handeln als ein pädagogisches? Diese 3 Positionen sind in der nächsten Metaebene durch eine Perspektive der 1. Person charakterisiert, d.h. es sind Subjekttheorien, die Ihre Gründe in der Menschlichkeit, Subjekthaftigkeit, Intentionalität der beteiligten finden. Die folgenden Positionen sind solche, die aus der Perspektive 3. Person – also der des unbeteiligten Beobachters ihre Konzepte entwerfen (die Konsequenzen aus dieser perspektivischen Positionierung haben wir in unserem Lehr-/Lernmodell besprochen): 2 o Auf den kritischen Rationalismus beruft sich die empirische Pädagogik, die auch diesen Wissenschaftsbereich auf objektive, falsifizierbare und wertfreie Aussagen beschränken will. o Konstruktivisten und Systemtheoretiker setzen in systemischer und konstruktivistischer Pädagogik dem kausalen, gegenständlichen Denken der Rationalisten ihr zirkuläres, funktionales Weltbild gegenüber. Beide können aus ihrem Standpunkt allerdings nichts über die Legitimität jener Bewertungsakte aussagen, die wir in unserem Lernmodell als einen der zentralen Bereiche pädagogischen Denkens bestimmt haben. • Schwerpunkt methodologisch / inhaltlich (anthropologisch): Ebenfalls im Wintersemester haben wir geklärt, dass es sich bei diesen Positionen um Paradigmen handelt, also Problemlösungsversuche, in denen sich passende Theorien, Methoden, Interessen, Ressourcen Schwerpunkte in der etc. ineinander Ausrichtung geisteswissenschaftlichen Pädagogen der verschränken. Kriterien Dennoch feststellen: So können wir steht bei die Betonung des Subjektcharakters des Menschen im Vordergrund – also eine inhaltliche, anthropologische (aus ihrem Menschenbild abgeleitete) Ausrichtung, zu der etwa bei der Kritischen Theorie noch eine (wieder inhaltliche) Betonung des Einflusses der sozialen Welt hinzukommt. Die kritischen Rationalisten stellen hingegen methodologische (aus ihren Erkenntniswegen abgeleitete) Kriterien wie eben Falsifizierbarkeit in den Vordergrund – mit ein Grund, warum Verständigung zwischen den Positionen nicht eben immer einfach ist. • Gegenstandsbereich: aus den Kriterien ergeben sich aber auch ganz spezifische Perspektiven darauf, was die Pädagogik ausmacht – sodass wir letztlich von unterschiedlichen Gegenstandsbereichen sprechen müssen, die nicht unbedingt zur Deckung gebracht werden können: Wenn etwa die Skeptiker Pädagogik als einen Legitimationskontext verstehen (wie rechtfertigt sich eine Handlung als pädagogische?) - und etwa nicht nur als Machtbeweis, als gesellschaftsdienlich etc., beschäftigen sie sich mit anderen Problemen als kritische Rationalisten, die Sachverhalte in Lern- und Lehrkontexten klären wollen (Wirkt positive Sanktion nachhaltiger als negative?) – mit ein Grund, warum die Rationalisten den Begriff Erziehungswissenschaft in Abgrenzung zur 'geisteswissenschaftlichen' Pädagogik verwendeten. Es geht also bis hin zur begrifflichen Klarstellung, eigentlich eine andere Wissenschaft zu betreiben. • historischer Kritikansatz: Auch den Sachverhalt, dass Kritik nicht nur unverzichtbarer Aspekt jeder Position ist, sondern immer auch die kritische Abgrenzung zu bestehenden/dominanten Ansätzen konstitutiv für die Entstehung jeder Position ist, haben wir im Sommer besprochen. Hier finden wir in der Regel 3 bereits die grundlegenden Kriterien eines Ansatzes – wenn sich auch Betonungen mit geänderten Schwerpunkten in der Auseinandersetzung mit jeweils dominanten Zeitthemen (und konkurrierenden Positionen) ändern. So standen die ersten Pädagogik-Lehrstühle Beginn des 20. Jh. im Zeichen der Emanzipation der Disziplin. Die geisteswissenschaftlichen Vertreter dieser Zeit betonten das Eigenrecht des Kindes und die daraus folgende Eigenlogik der Pädagogik gegen Normansprüche von Staat, Kirche und anderen Gesellschaftsbereichen. In der Nachkriegszeit wurde die empirische Pädagogik dominant - mit ihrer Kritik an der Ineffizienz geisteswissenschaftlicher Pädagogik, die sich nicht um die tatsächlichen Sachverhalte in Erziehungs- und Unterrichtssituationen und um objektiv gesicherte Erkenntnisse kümmere. Die 'Kritische Theorie' der 60er wandte sich wieder gegen den Mythos der Wertfreiheit in der empirischen Pädagogik – und dagegen, dass diese überhaupt wünschenswert sei. Geprägt von Schülern geisteswissenschaftlicher Pädagogen grenzte sie sich aber auch gegen deren Wertrelativismus ab – da die hermeneutische Auslegung nicht über das Vorgegebene hinausgehe und daher zum unkritischen 'Diener des jeweiligen Herren' werde (geprägt von den Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus, an den sich die meisten Geisteswissenschaftler im deutschen Sprachraum unkritisch annäherten). Dieser wertende Praxisbezug und die Kritik an beiden Vor-Positionen der Pädagogik teilt auch die verwandte Handlungstheorie. In ihrem Konzept der intentionalen Auseinandersetzung mit der Umwelt setzen sie auch den sozialen Bezug fort, ohne – wie an der 'Kritischen Theorie' kritisiert wird – die gesellschaftliche Dimension als Vorgabe an die Pädagogik zu formulieren. Die transzendentalkritische Skepsis stammt ebenfalls aus der geisteswissenschaftlichen Pädagogik – ist allerdings stärker von Kant als von den Hermeneutikern geprägt (Neokantianismus): Wir sprechen von einer 'prinzipienwissenschaftlichen' Pädagogik. Der Verzicht der Skepsis auf konstruktive Konzepte (für den sie wieder kritisiert wird) beruht auf Kritik auch am Optimismus Kants und prinzipienwissenschaftlicher Pädagogen wie Petzelt und seinem Schüler, den in Wien emeritierten Marian Heitger, allgemeine Aussagen über das Wesen einer einheitlichen Vernunft treffen zu können. Sie beschränkt sich daher auf die Nachfrage der pädagogischen Legitimation. Konstruktivistische und systemische Pädagogen kritisieren die kausale Logik der Subjekttheorien und der Rationalisten, die oft in Machbarkeitsvorstellungen der Erziehung münden (also in die Herstellbarkeit von gewünschten Ergebnissen). Die Systemtheorie kritisiert zudem, dass soziale Phänomene (wie Schulunterricht) nur unzureichend über das Verhalten der Subjekte erklärt werden können) – so wie Subjekttheorien der Systemtheorie vorwerfen, den Menschen in der Pädagogik (und 4 überhaupt) zu verlieren (das haben wir bereits einige Male besprochen). Das ist auch die kritische Linie zwischen den sozial orientierten Handlungs- (und 'Kritischen' -) Theoretikern auf der einen und den Systemikern auf der anderen Seite. • Kritik der Kritik: Dass sich mit der Fokussierung der eigenen Urteilskriterien nicht nur die Stärken, sondern zugleich auch die Schwächen jeder Position erkennen lassen, ist – hoffe ich – klar. Die bedeutenden Kritikpunkte an den jeweiligen Ansätzen haben wir im vorigen Punkt daher gleich mit angesprochen. Im Folgenden eine skizzierte Übersicht mit einigen zentralen Festlegungen (die einzelnen Punkte können natürlich noch beliebig ergänzt werden): KritikPositionen geisteswissenschaftliche Pädagogik 'Kritische Theorie' (kritischemanzipatorische Pädagogik) Handlungstheorie Kriterien Eigenrecht des Kindes / der Pädagogik Gegenstandsbereich unproblematisierte Voraussetzungen eigene Sinnbezüge der Subjekt, Individuum Päd: Normsysteme etc. Entwicklungsziele Mündigkeit als Befreiung von sozialen und individuellen Beschränkungen Handlungsautonomie und Intentionalität in Auseinandersetzung mit der Welt eigene Sozialbezüge der Päd: individuelle Emanzipation im Sozialen eigene Handlungsbezüge der Päd: Kompetenzzuwachs individuelle Emanzipation ist Aspekt der sozialen Emanzipation auch im sozialen Kontext handelt das Subjekt als rational bestimmtes transzendentalkritische Skepsis Eigenrecht des Kindes / Eigenlogik der Pädagogik empirische Erziehungswiss. (kritischer Rationalismus) konstruktivistische Pädagogik objektiver Kompetenzzuwachs Subjekt als Vernunftwesen:alle Aussagen beruhen auf legitimationspflichtigen falsifizierbaren Annahmen Falsifizierbarkeit wiss. Annahmen systemische Pädagogik funktionale Strukturabhängigkeit sozialer Prozesse eigene Legitimationsbezüge der Päd: rationale Begründungskontexte pädagogischer Annahmen eigene Gegenstandsbezüge der Erz.wi.: Lern- und Lehrkontexte eigene Orientierungsbezüge der Päd: zunehmende Vernetzung erfolgreicher Wirklichkeitskonstruktionen eigene Funktionsbezüge der Päd: Gleichzeitigkeit von Erziehung und Selektion Lernen als autopoietischer, nicht herstellbarer Prozess zirkuläre Logik von rückkoppelnden Steuerungsprozessen homöostatisches Weltbild nicht-subjektive Beobachterperspektive bedingt funktionale, nicht wertende Weltsicht Kritik an der Position subjektivistisch keine soziale kritische Position soziale Fremdbestimmung der Päd Überbetonung des Tun vor dem Sein (von Geisteswi.) Festhalten am Subjekt und damit an Normenperspektive im Sozialen (Systemtheorie) keine konstruktiven Theorien keine Praxisrelevanz reduzieren Wirklichkeit auf Objektivierbares verlieren Subjekt verlieren Subjekt mit Verzicht auf kausale Rationalität verlieren Subjekt mit funktionaler Strukturperspektive Vorrang des System vor Mensch pragmatische Annäherung an pädagogische Kritik: Was haben wir jetzt als Hilfen für pädagogische Kritik bei der Hand? 5 1. methodisch: pädagogische Kritik ist zunächst Kritik – darüber wissen wir einiges und wir haben als Orientierungshilfe eine heuristische Systematik. Bei den Gruppenarbeiten sollte auch weiter der methodische Aspekt im Vordergrund stehen. 2. inhaltlich bewegen wir uns im Feld der Pädagogik - es geht also darum zu methodisch sauberen Urteilen von pädagogischer Relevanz zu kommen. Damit sind auch ihre Vorstellungen von Pädagogik gefragt – um die zu klären und pädagogische Grundüberlegungen zu erkennen haben wir ein zweites heuristisches Modell über Lern- und Lehrprozesse entwickelt. Sie können natürlich statt auf die eigene Meinung auch auf vorhandene pädagogische Positionen zurückgreifen. Allerdings sollten Sie dabei konsistent bleiben – d.h. was immer Sie Pädagogisches aussagen, sollte – auch wenn Sie eigene und Fremdmeinung oder verschiedene Fremdmeinungen mischen – als einheitliche Position erkennbar oder klar voneinander abgegrenzt sein (z.B.: "...aus anderer (...theoretischer) Sicht sagt hingegen ..."). Dafür soll auch die Tabelle mit Stichworten zu kritischen Positionen der Pädagogik dienen. Dabei haben wir natürlich ein pragmatisches Problem: Wir sind in einer MethodenVorlesung und haben uns daher nur sehr rudimentär um Pädagogik bekümmert. Dazu haben sie nur 4 Inhaltsseiten zur Verfügung, auf denen sie nicht große Theoriegebäude entwerfen können. Wir sollten also noch einmal klären, was wir für Ansprüche an den 'pädagogischen Gehalt' dieser Arbeit haben. • Zunächst stellt sich die Frage, was als pädagogischer Gehalt gelten kann. Da würde ich eine pragmatische Lösung vorschlagen: Was immer uns in Alltag und Studium als 'pädagogisch' begegnet ist, lassen wir zunächst als Thema dieser Arbeit gelten. Die Tabelle mit den Positionen (Gegenstandsbereiche) zeigt uns schon die Bandbreite an pädagogischen Bezügen: Pädagogik als o besondere Vorstellung Sinnbezüge: von z.B: Was für Rationalitätsstandards Bedeutung für die kann Habermas Entwicklung eigener Individualität haben. o besondere Sozialbezüge: z.B: Vergisst Bucks Konzept der Selbstaufklärung nicht auf Sozialisationsphänomene (von Schule bis Fernsehen), die uns vor-bestimmen? Oder ist es die Antwort darauf? o besondere Handlungsbezüge: z.B: Kann uns Luhmann auch weiterhelfen, wenn wir überlegen, welche Werte wir als Lehrer/Erziehende vermitteln 6 wollen? Müssen wir welche vermitteln? Können wir keine vermitteln? Was würde Habermas dazu sagen? o besondere Legitimationsbezüge: Einigungsvorstellungen überhaupt z.B: Kann pädagogisch man umsetzen? Habermas Zeichnet Lehrer-Schüler – Beziehungen nicht prinzipiell ein Wissens-/Einsichts/Hierarchiegefälle aus, das man nicht 'demokratisieren' kann? o besondere Gegenstandsbezüge: z.B: Was sagt uns der Autor, das für konkrete Erziehung/konkreten Unterricht relevant ist? Hilft Theorie (dieser Art) der Praxis überhaupt weiter? Wenn ja: Wie? Wenn nein: Hat sie dann überhaupt einen Sinn? o besondere Orientierungsbezüge: z.B: Zeigt Luhmanns Bild von Unterricht nicht die Illusion auf, tatsächlich noch individuelle Orientierung für das Leben vermitteln zu können – sowohl was die notwendigen Kompetenzen, als auch, was wertvolle Einstellungen betrifft? Geht es nur mehr um die Aufzucht braver Staatsbürger? oder pragmatischer: Wenn Bucks Vorstellung stimmt, dass Bildung nie vollendet ist, müssten wir dann nicht noch mehr auf Überblick hin unterrichten, lernen lehren statt Fakten? o besondere Funktionsbezüge: z.B: Sind Buck und Habermas nicht zu abgehoben für brauchbare Iddeen zum Unterricht? Wie soll man da noch unterrichten, wenn die Selbstbewertung der Schüler im Mittelpunkt steht? Kann dann jeder Arzt werden, der glaubt, dass er das kann? Ich hoffe, Sie sehen, dass ich zwar als Thema alles gelten lasse, wo man irgendeinen Bezug zur Pädagogik behaupten kann, dass es aber eben Ihre Aufgabe ist, diesen Bezug auch zu begründen. Streng genommen ist das aber auch alles, was Sie wirklich tun müssen. Warum ein Thema/eine Idee für die Pädagogik wichtig ist, ist bereits ein pädagogisches Urteil – also eine Kritik. Die kann auch in Frageform stattfinden (Ist das wirklich alles, was wir als Pädagogen dazu zu sagen haben? Haben wir als Pädagogen nicht die Pflicht, diesen strittigen Punkt näher zu untersuchen?) Das heißt, Sie müssen letztlich nicht einmal eine gültige Antwort auf das von Ihnen aufgeworfene Problem geben – Sie müssen lediglich zeigen, dass das eine für die Pädagogik wichtige Frage ist, mit der sie sich auseinandersetzen sollte (das ist letztlich das, was die Skeptiker tun). Was Sie hier hoffentlich auch noch sehen ist, dass schon die Wahl des Themas Hinweise gibt, wie Sie damit umgehen können: 7 Sie brauchen nicht extra zu beweisen, dass eine Unterrichtssituation Thema der Pädagogik sein kann, das ist evident, weil Pädagogik als Beschäftigung mit Unterricht und Erziehung verstanden werden kann. Aber dann sollten Sie zeigen, was in dieser Situation gesetzmäßig geschieht ( Ansatz der Empiriker) oder warum irgendetwas in dieser Situation gut oder nicht gut ist ( damit schwenken Sie zu Subjekttheorien). Jedenfalls ist das Gute nicht bereits selbstverständlich (nicht normativ mit 'Binsenweisheiten' argumentieren) und nicht bereits mit der Situation vorgegeben (das steckt in dem Argument: Alles was zum jetzigen Unterricht nicht passt, ist unwichtig, unrealistisch und lenkt bloß ab – wer sagt denn, dass der jetzige Unterricht pädagogisch gesehen das Gelbe vom Ei ist?) Den Gegenstandsbereich zugleich als Kriterium zu nehmen (das was ist, ist gut) ist schlicht ein logischer Fehler – der naturalistische Fehlschluss (etwa der unreflektierten Absolutsetzung der Praxis). Wenn Sie z.B. mit Sinnbezügen oder Legitimationen argumentieren, brauchen Sie sich weniger darauf konzentrieren, was gut ist – nicht weil das eine uninteressante Frage ist, sondern weil das bereits mit der Begründung, warum das pädagogisch relevant ist, mitbeantwortet wird. Die Theorien aus Perspektive 1. Person haben zumindest zentrale Vorstellungen des Guten schon ihren Pädagogik-Definitionen 'mitverpackt (Befreiung zu sich selbst, Eigenrecht des Kindes, Individualität, Handlungskompetenz,...) • Wie viel pädagogischen Gehalt brauchen Sie und wie kommen Sie dazu? Neben der Vorstellung, was als pädagogisch gelten kann haben Sie jetzt hoffentlich auch schon einen Eindruck, 'wie viel' Pädagogik Sie brauchen - besser gesagt, 'theoretisch gehaltvoll' Ihre pädagogische Position sein muss. Auch hier wieder: Wir haben Pädagogik nur kurz angesprochen – ich werde daher Ihre pädagogische Position nicht inhaltlich beurteilen – Sie müssen lediglich Ihre Vorstellungen im pädagogischen Kontext zu begründen versuchen: Wir sind in einer Methoden – Lv!!! (nicht bei Ihrer Diplomarbeit). Wie kommen Sie jetzt zu Ihrem pädagogischen Gehalt? Schlicht ausgedrückt, haben wir zwei Möglichkeiten auf unseren pädagogischen Gehalt zu kommen. Kritik ist wie jede andere menschliche Tätigkeit eine Auseinandersetzung mit der Welt - d.h. wir haben pädagogischen Gehalt in Ihren Urteilskriterien und in den Aussagen, die Sie beurteilen. Nehmen wir noch die Vorgabe dazu, dass der methodische Aspekt im Vordergrund steht, haben wir schon 4 Grenzfälle, zwischen denen sich Ihre Kritik bewegen wird: 1. pädagogischer Gehalt ist bei Ihnen und beim Autor maximal: Das empfehle ich ausdrücklich nicht – wenn es um Quantität geht, also um das Ausmaß 8 pädagogischer Inhalte. Wenn Sie zwei Seiten referieren, welcher Theorie Sie zustimmen und zwei Seiten, welche Theorien der Autor gut findet und dann noch schnell hinschreiben dass das eh gut (oder nicht) zusammenpasst, ist das viel Rechercheaufwand – und eine glatte Themenverfehlung! Hausregel: Inhalte sind legitim, wenn Sie für Ihre Begründung gebraucht werden, nicht, wenn Sie Argumentation ersetzen! Es ist jedenfalls vernünftiger, Ihre eigenen Vorstellungen gut zu überlegen (z.B. indem Sie sich in der Gruppe darauf einigen) als fremde Theorien zu referieren – in Ihren eigenen Überlegungen sind Sie nämlich auch argumentativ sicherer. Gefährlich ist nur, wenn Sie das nicht überprüfen, was Sie immer schon geglaubt haben (Siehe Platon: Wahrer Glaube erweist erst in seiner Begründung Wissen!!!) 2. pädagogischer Gehalt ist bei Ihnen und beim Autor minimal: das kann legitim sein als inhaltliche Beschränkung, wenn Sie etwa nur ein pädagogisches Detail beim Autor und in Ihren Überlegungen herausarbeiten und vergleichen. Seien Sie vorsichtig beim Entwurf der eigenen ultimativen Pädagogik – das geht sich auf 4 Seiten höchstens dann aus, wenn Sie in der Begründung nachlässig sind – und da haben Sie sehr viel zu begründen (eigene Meinung ist immer begründungspflichtig – also nur behaupten, was Sie argumentativ brauchen!!) Zudem hat inhaltliche Beschränkung den Vorteil, das Sie Zeit und Raum haben, ein Thema differenziert zu betrachten – gehen Sie lieber in die Tiefe als in die Breite! Nicht legitim ist minimaler pädagogischer Gehalt etwa, wenn Sie lang und breit die 3. Interpretation von verstehen bei einem Autor versuchen und abschließend erklären, dass dieses Verstehen natürlich auch in der Schule wichtig ist. 3. pädagogischer Gehalt ist bei Ihnen maximal und beim Autor minimal: siehe oben: Versuchen Sie nicht die große Theorie zu bilden. Ob Ihnen viel einfällt und Sie deshalb knapp argumentieren sollten, oder ob Sie vernünftig 'auffetten' sollten, wissen Sie inzwischen selbst am besten. Legitim ist beides, wenn es argumentativ legitimiert und methodisch sauber ist. Sie können o einen eigenen begründeten Standpunkt zu einem bestimmten Gegenstandsbereich ausarbeiten – ohne Gesamtkontext der Pädagogik o auf andere Positionen zurückgreifen – wenn Sie die untereinander und zu Ihrer Meinung hin passend integrieren (achten Sie dabei auf positionelle Schwerpunkte, Verwandtschaften und Unverträglichkeiten – siehe oben) o auf die Bilder unseres Modells zurückgreifen und z.B. eher nur mit nachfragendem Charakter feststellen, dass ein Themenbereich kritisch ist 9 - also auf ausgearbeitete Theorien weitgehend verzichten und nur bei pädagogischen Grundannahmen bleiben o Überlegungen des Autors fortdenken in pädagogischen Gegenstandsbereich (immanente Kritik) und selbst nur die Richtung in die Pädagogik beisteuern – also die pädagogische Relevanz herausarbeiten. o etc. 4. pädagogischer Gehalt ist bei Ihnen minimal und beim Autor maximal: Dazu haben Sie soeben auch einige legitime Vorgehensweisen gelesen: Es genügt letztlich die pädagogische Relevanz nachzufragen – aber eben nicht als unreflektierte Frage, sondern nachdem Sie in immanenter Kritik gezeigt haben, dass dieses Thema insgesamt sehr wohl überlegenswert und beim Autor auch mit angelegt ist. Gefährlich ist- was viele in der letzten Kritik getan haben - wenn sie wieder den Autor lang interpretieren und überall kleine Anmerkungen anbringen ("das kann man in der Schule nicht brauchen" und "das ist autoritär" usw.) Sie können natürlich mehrere Kritikpunkte thematisieren – wichtig ist, dass das in beide Richtungen konsistent ist: dass also eine durchgängige Position bei Ihnen erkennbar ist – und das wird umso schwerer, je mehr Kritikpunkte Sie haben – und dass der Autor insgesamt erkennbar ist (dass Sie also nicht einmal in die eine Richtung hin interpretieren (Habermas argumentiert unsauber') und einmal in die andere ('er begründet sehr klar'). Wenn das der Fall ist, müssten Sie insgesamt thematisieren, dass der Autor selbst und nicht Ihre Interpretation inkonsistent ist. Das gilt natürlich auch für den Fall, dass Sie den Autor mit anderen Theorien verknüpfen – das sollte mit der selben Sorgfalt passieren, die wir bei Ihrem eigenen Standpunkt schon angesprochen haben (auf positionelle Schwerpunkte, Verwandtschaften und Unverträglichkeiten achten – siehe oben). Soweit einige Überlegungen zur positionellen pädagogischen Kritik – wenn SIe dabei Ansätze finden, die Sie zu Kritiken führen, die wir nächste Lv. in der Fragestunde 'abtesten' können, würde mich das freuen. . 10