Elektronischer Sonderdruck für Klinische und bildgebende

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Der Radiologe
Zeitschrift für diagnostische und interventionelle Radiologie,
Radioonkologie, Nuklearmedizin
Organ des Berufsverbandes der Deutschen Radiologen e.V. (BDR)
Elektronischer Sonderdruck für
K. I. Schmidt
Ein Service von Springer Medizin
Radiologe 2011 · 51:273–277 · DOI 10.1007/s00117-010-2095-5
© Springer-Verlag 2011
zur nichtkommerziellen Nutzung auf der
privaten Homepage und Institutssite des Autors
K. I. Schmidt · J. Spiegel · W. Reith
Klinische und bildgebende Diagnostik bei Morbus
Parkinson und Multisystematrophie
www.DerRadiologe.de
Leitthema: Neurodegenerative Erkrankungen und Demenz
Radiologe 2011 · 51:273–277
DOI 10.1007/s00117-010-2095-5
Online publiziert: 24. März 2011
© Springer-Verlag 2011
K. I. Schmidt1 · J. Spiegel2 · W. Reith1
1 Klinik für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie,
Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar
2 Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar
Klinische und
bildgebende Diagnostik
bei Morbus Parkinson
und Multisystematrophie
Der Morbus Parkinson zählt zu den
häufigsten Erkrankungen des Nervensystems. In Deutschland wird derzeit von einer Prävalenz von 100–
200/100.000 Einwohner ausgegangen, wobei die Manifestationsrate bis
etwa zum 75. Lebensjahr ansteigt.
Neben dem Morbus Parkinson existieren weitere primär neurodegenerative Erkrankungen mit im Vordergrund stehender Parkinson-Symptomatik, die so genannten atypischen
Parkinson-Syndrome. Hierzu zählen
die kortikobasale Degeneration, die
progressive supranukleäre Paralyse
und die Multisystematrophie (MSA,
. Tab. 1). Die Differenzialdiagnostik der verschiedenen Parkinson-Syndrome kann selbst einen erfahrenen
Neurologen vor eine große Herausforderung stellen. Die vorliegende
Arbeit vermittelt eine Übersicht über
die klinische und bildgebende Diagnostik beim Morbus Parkinson und
der Multisystematrophie.
Pathologie
Der britische Arzt James Parkinson beschrieb 1817 erstmals die Symptome einer
Erkrankung, die später nach ihm Morbus
Parkinson (Parkinson’s disease, PD) genannt wurde. Parkinson selbst bezeichnete die Erkrankung als Paralysis agitans
(engl. „shaking palsy“, dt. Schüttellähmung). Dem PD liegt histopathologisch
eine Degeneration von Neuronen mit dem
Auftreten eosinophiler intrazytoplasmatischer Einschlusskörperchen, den so genannten Lewy-Körperchen (vorrangig in
der Substantia nigra) zugrunde. Hieraus
resultiert eine präsynaptische dopaminerge Funktionsstörung mit beeinträchtigter
Synthese, Speicherung und Freisetzung
von Dopamin durch die präsynaptische
dopaminerge Zelle [6, 46]. Beim Auftreten der ersten motorischen Symptome ist
die nigrostriatale Dopaminkonzentration
bereits um etwa 80% bzw. die Anzahl nigrostriataler dopaminerger Neuronen um
etwa 60% abgefallen [4, 8].
Zur Behandlung dieser Erkrankung
werden seit 1867 Anticholinergika, aus
Belladonnaextrakten gewonnen, verwendet. Seit 1939 stehen synthetisch hergestellte Anticholinergika zur Verfügung.
Der entscheidende Durchbruch in der
medikamentösen Anti-Parkinson-Therapie gelang 1961 mit dem Einsatz des Levodopa. Nachfolgend wurden die Dopaminagonisten eingeführt, die Entwicklung
neuer Dopaminagonisten dauert bis zum
heutigen Datum an. Einen weiteren Mei-
lenstein in der Parkinsontherapie stellt die
chirurgische Behandlung mittels Tiefenhirnstimulation dar (erstmals 1991 durch
Benabid in Grenoble).
Die Multisystematrophie (MSA) dagegen weist wie die anderen atypischen
Parkinson-Syndrome eine postsynaptische dopaminerge Störung auf. Sie geht
mit einer sporadischen Degeneration des
extrapyramidal-motorischen, des pyramidal-motorischen, des zerebellären und
des autonomen Systems einher. Sie ist
durch einen deutlich reduzierten Dopamingehalt in Substantia nigra und Striatum gekennzeichnet [36]. Die für den
PD typischen Lewy-Körperchen sind bei
der MSA nicht nachweisbar. Stattdessen findet man argyrophile zytoplasmatische Einschlüsse in den Oligodendrozyten. Diese Einschlüsse sind positiv für
τ-Protein und α-Synuklein. Die neuropathologischen Veränderungen finden sich
im nigrostriatalen System, dem Locus coeruleus, der Olive, in pontinen Kernen, in
den Purkinje-Zellen des Kleinhirns und
den autonomen Kernen des Hirnstamms
und Rückenmarks [37].
Tab. 1 Atypische Parkinson-Syndrome
Multisystematrophie
(MSA)
MSA vom zerebellären Typ (MSA-C), alte Nomenklatur: olivopontozerebelläre Atrophie
(OPCA)
MSA vom Parkinson-Typ (MSA-P), alte Nomenklatur: striatonigrale Degeneration (SND)
MSA mit primär autonomen Störungen, synonym: Shy-Drager-Syndrom (SDS)
Kortikobasale Degeneration
Progressive supranukleäre Paralyse
Der Radiologe 4 · 2011 | 273
Leitthema: Neurodegenerative Erkrankungen und Demenz
Abb. 1 9 a In der sagittalen T1-gewichteten Sequenz zeigt sich bei dieser
71-jährigen Patientin mit
MSA-P die ventrale Abflachung des Pons, das Kleinhirn wirkt atroph. b Axiale T1-gewichtete Sequenz
durch den Pons. MSA-P
Multisystematrophie vom
Parkinson-Typ
FBehandlung mit Neuroleptika vor
Beginn der Parkinson-Symptomatik,
Fsupranukleäre Blickparese,
FKleinhirnsymptome,
Ffrühzeitige erhebliche autonome
Beteiligung,
FPyramidenbahnzeichen oder
Ffehlende Besserung unter Levodopagabe.
an einem PD erkrankt [13]. Daher werden in differenzialdiagnostisch schwierigen Fällen bildgebende Verfahren hinzugezogen. Zum Einsatz kommen sowohl
Schnittbildverfahren zur Darstellung des
Gehirns, kranielle CT (CCT) und MRT
(CMRT), als auch nuklearmedizinische
Verfahren – vorrangig die kranielle FPCIT-SPECT (Fluorpropyl-Carbomethoxy-Iodophenyl-Tropan-“single photon
emission computed tomography“) und
die myokardiale Metaiodobenzylguanidin- (MIBG-)Szintigraphie.
Die MSA ist wahrscheinlich unterdiagnostiziert und wird im Anfangsstadium
häufig als PD fehldiagnostiziert. Erst im
weiteren Verlauf wird die korrekte Diagnose einer MSA gestellt [37]. Dabei werden je nach klinischem Prägnanztyp 3
Subtypen unterschieden:
FMSA vom zerebellären Typ (MSA-C,
alte Nomenklatur: olivopontozerebelläre Atrophie, OPCA),
FMSA vom Parkinson-Typ (MSA-P, alte Nomenklatur: striatonigrale Degeneration, SND) und
FMSA mit primär autonomen Störungen (synonym: Shy-Drager-Syndrom,
SDS).
Bezogen auf den histopathologischen
Goldstandard (Nachweis von Lewy-Körperchen in der Substantia nigra) wird allerdings auch unter exakter Einhaltung
der klinischen Diagnosekriterien nur
eine diagnostische Spezifität von 93% erreicht, d. h. 7% der klinisch als PD diagnostizierten Patienten sind nicht wirklich
Häufig werden die Diagnosekriterien
nach Litvan et al. [22] herangezogen. Die
definitive Diagnosestellung einer MSA erfolgt durch die histopathologische Untersuchung. Die Diagnose einer MSA ist
wahrscheinlich, wenn bei einem Erwachsenen eine autonome Störung/Blasenstörung zusammen mit einem Parkinsonis-
Abb. 2 9 Bei diesem
57-jährigen Patienten
mit gesicherter MSA-C
fällt in T2-Wichtung die
kreuzförmige Signalsteigerung in der Medulla oblongata auf
(sog. „hot cross bun“oder Semmel-Zeichen). MSA-C Multisystematrophie vom zerebellären Typ
Diagnostik
Klinische Diagnostik
Die Diagnosestellung beim PD erfolgt klinisch. Die gängigsten klinischen Diagnosekriterien wurden durch Hughes et al.
[12] publiziert; für die klinische Diagnose
wird das Vorhandensein einer Bradykinese, kombiniert mit mindestens einem weiteren Kardinalsymptom (Rigor, Ruhetremor, posturale Instabilität) gefordert. Ausschlusskriterien sind u. a.:
Fwiederholte Schlaganfälle mit schrittweisem Auftreten einer ParkinsonSymptomatik,
Fdurchgemachte Enzephalitis,
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Zusammenfassung · Abstract
mus, der schlecht auf Levodopa anspricht,
oder einem zerebellären Syndrom einhergeht [37].
Neuroradiologische Bildgebung
Morbus Parkinson
Beim PD liefern CCT und CMRT in der
Regel keinen richtungsweisenden Befund.
Ihre Bedeutung liegt hier v. a. im Ausschluss möglicher Differenzialdiagnosen.
Oftmals fällt im CCT und CMRT eine
unspezifische allgemeine Hirnvolumenminderung auf. Im MRT sollte man ein
besonderes Augenmerk auf die Substantia nigra und die Basalganglien richten.
Die Substantia nigra lässt sich in Höhe
des oberen Mesenzephalons normalerweise in 2 Zonen unterteilen, die Pars reticulata sowie die Pars compacta. Die Pars
compacta befindet sich im hinteren Abschnitt der Hirnschenkel und stellt sich
in T2-Wichtung hypointens dar, während
die Pars compacta zwischen Pars reticulata und Nucleus ruber relativ zu diesen hyperintens imponiert. Beim PD erscheint
die Pars compacta verschmälert oder ist
gar nicht abgrenzbar. Gelegentlich weisen
Putamen und Globus pallidus in den T2gewichteten Sequenzen hyperintense Foci auf. Im Gegensatz dazu kann das Putamen jedoch auch hypointens erscheinen, was durch Eisenablagerungen erklärt
wird. Letzteres spricht allerdings eher für
atypische Parkinson-Syndrome und weniger für den klassischen, auf L-DOPA ansprechenden PD. Die MR-Spektroskopie
kann einen Normalbefund oder aber ein
erniedrigtes N-Acetyl-Aspartat (NAA)
sowie ein erhöhtes Laktat (Lac) zeigen.
Insbesondere Patienten mit PD und Demenz haben häufig ein erhöhtes Verhältnis Lac/NAA.
Multisystematrophie
Bei der MSA, einer möglichen Differenzialdiagnose des PD, fällt CT-morphologisch ebenfalls eine Atrophie auf: diese betrifft den Pons (verbunden mit einem vergrößerten IV. Ventrikel) sowie das Kleinhirn, wobei die Atrophie in den Kleinhirnhemisphären stärker ausgeprägt ist als
im Kleinhirnwurm. Zumeist findet sich
auch eine kortikale Atrophie des Frontal- und Parietallappens. Diese Befunde können bei allen 3 Subtypen auch im
MRT erhoben werden. In den sagittalen
Aufnahmen fallen ein ventral abgeflachter Pons sowie ein vermindertes Verhältnis Pons/Medulla (bei normalem Signal in
T1-Wichtung) auf (. Abb. 1).
Axial gemessen sind anteroposteriorer Durchmesser von Pons und Mittelhirn (normal Durchmesser Mittelhirn
≥1,5 cm) sowie auch die Breite der oberen und mittleren Kleinhirnschenkel vermindert, Kleinhirnbrückenwinkel und IV.
Ventrikel dagegen erweitert. Die Atrophie
von Kleinhirn und mittlerem Kleinhirnschenkel ist bei der Multisystematrophie
vom zerebellären Typ (MSA-C) stärker
ausgeprägt als bei den anderen Formen.
In T1-Wichtung kann man mitunter – v. a.
bei der Multisystematrophie vom Parkinson-Typ (MSA-P) – im Putamen eine lineare Hypointensität erkennen. In T2-gewichteten Sequenzen kann das Signal in
den mittleren Kleinhirnschenkeln und
im Basisbereich des Pons erhöht sein.
Das so genannte „hot cross bun“- oder
auch Semmel-Zeichen, eine kreuzförmige Signalsteigerung im Pons in der Fluidattenuated-inversion-recovery- (FLAIR-)
und T2-Wichtung, spiegelt die Degeneration der pontinen Neuronen und transversalen Bahnen im Brückenfuß wider
(. Abb. 2). Allerdings ist es nicht pathognomonisch für die Multisystematrophie.
Ein vermindertes Signal im dorsolateralen
Putamen, das mit einer Signalerhöhung
im Randbereich des Putamens einhergehen kann, findet sich häufiger bei der
MSA-P als bei den anderen Subtypen. Zusätzlich kann die MSA-P mitunter durch
einen gesteigerten „apparent diffusion coefficient“ (ADC) im Putamen auffallen.
In der MR-Spektroskopie sprechen signifikant verminderte Quotienten aus NAcetyl-Aspartat und Kreatin (Cr) sowie
aus Cholin (Cho) und Kreatin für eine
MSA-C. Dabei korreliert das Verhältnis NAA/Cr im Pons (nicht der Grad der
Atrophie) mit dem Ausmaß der Behinderung.
Abzugrenzen von der Multisystematrophie sind als weitere atypische Parkinson-Syndrome die progressive supranukleäre Parese (PSP) sowie die kortikobasale Degeneration (CBD), die hier nur
kurz erwähnt werden sollen: bei der PSP
weist v. a. das Mesenzephalon eine Atrophie auf (sog. „Mickey-Mouse-Zeichen“),
Radiologe 2011 · 51:273–277
DOI 10.1007/s00117-010-2095-5
© Springer-Verlag 2011
K. I. Schmidt · J. Spiegel · W. Reith
Klinische und bildgebende
Diagnostik bei
Morbus Parkinson und
Multisystematrophie
Zusammenfassung
Die Diagnose des Morbus Parkinson (Parkinson’s disease, PD) und der Multisystematrophie (MSA) erfolgt primär klinisch, stellt jedoch mitunter auch einen erfahrenen Neurologen vor eine große Herausforderung. Die
neuroradiologische Bildgebung kann bei der
Diagnosefindung helfen, dient jedoch in erster Linie dazu, andere Erkrankungen wie Normaldruckhydrozephalus, Multiinfarktdemenz
und zerebelläre Läsionen auszuschließen. Nuklearmedizinische Methoden können zusätzlich zur Diagnose und Differenzialdiagnose
bei PD und MSA herangezogen werden.
Schlüsselwörter
Morbus Parkinson · Multisystematrophie ·
Neuroradiologische Bildgebung ·
Nuklearmedizinische Diagnostik ·
Differenzialdiagnostik
Clinical and imaging diagnostics
of Parkinson’s disease and
multiple system atrophy
Abstract
The diagnosis of Parkinson’s disease (PD) and
multiple system atrophy (MSA) is primarily
made by clinical symptoms, but might still remain challenging even for experienced neurologists. Neuroradiologic imaging may be
a useful tool in the diagnostic work-up, particularly for excluding other diseases, such
as normal pressure hydrocephalus, multi-infarct dementia and cerebellar lesions. Nuclear medicine methods can additionally support the diagnosis and differential diagnosis
of PD and MSA.
Keywords
Parkinson’s disease · Multiple system
atrophy · Neuroradiologic imaging · Nuclear
medicine diagnostics · Differential diagnosis
Der Radiologe 4 · 2011 | 275
Leitthema: Neurodegenerative Erkrankungen und Demenz
während die CBD durch eine asymmetrische frontoparietale Atrophie sowie eine
Hyperintensität in T2-Wichtung im angrenzenden Marklager auffällt. [32]
Nuklearmedizinische Bildgebung
FP-CIT SPECT
Wie bereits oben erwähnt beruhen die
motorischen PD-Symptome auf einer
Funktionsminderung präsynaptischer
dopaminerger nigrostriataler Neuronen.
Diese Funktionsminderung korreliert invers mit der Dichte präsynaptischer Dopamintransporter (DAT). Eine reduzierte
DAT-Dichte ist pathognomonisch für PD.
Die DAT-Dichte kann mittels der [123I]
FP-CIT-SPECT („single photon emission computed tomography“) quantifiziert
werden. Der durch radioaktives 123Jod
markierte Tracer Fluorpropyl-Carbomethoxy-Iodophenyl-Tropan ([123I]FP-CIT)
bindet reversibel an die DAT. FP-CIT
wird derzeit aufgrund seiner günstigen
Pharmakokinetik (rasche und hoch affine
Bindung 3–6 h nach i.v.-Gabe, Ki=3,1 nM)
in der Diagnostik bevorzugt [5, 39]. Neben dem FP-CIT wird auch β-CIT (2βCarbomethoxy-Iodophenyl-Tropan) häufig zur DAT-Darstellung eingesetzt [10, 14,
15]. Zur Auswertung der FP-CIT-SPECT
wird der Quotient striatale FP-CIT-Anreicherung im Nucleus caudatus und Putamen/FP-CIT-Anreicherung im ipsilateralen Okzipitallappen herangezogen. Bei
Patienten mit PD ist dieser Quotient pathologisch reduziert [11, 43].
Die Sensitivität der FP-CIT-SPECT
beträgt selbst in frühen PD-Stadien zwischen 95 und 99% [2, 11, 43, 47] und in
fortgeschrittenen PD-Stadien nahezu 100% [42]. Die Spezifität der FP-CITSPECT bzgl. PD vs. essenziellem Tremor
erreicht 100% [3]. Im Gegensatz hierzu ist
die Spezifität gegenüber den atypischen
Parkinson-Syndromen (APS) gering, da
bei den APS die DAT-Dichte ebenfalls reduziert ist. Das FP-CIT-SPECT erlaubt
daher keine ausreichende Unterscheidung
zwischen PD und APS [1, 18, 34, 35, 48].
MIBG-Szintigraphie
Metaiodobenzylguanidin (MIBG) konkurriert mit Noradrenalin um die Bindung am Noradrenalintransporter postganglionärer adrenerger Neuronen. Da-
276 | Der Radiologe 4 · 2011
bei wird MIBG durch den Noradrenalintransporter aktiv in die sympathische
Nervenzelle transportiert [49]. MIBG reichert sich vorrangig in Organen mit hoher
sympathischer Aktivität an (Speicheldrüsen, Nebennieren, Leber, Milz und Herz
[27]). Die MIBG-Anreicherung wird mittels Ganzkörperszintigraphie visualisiert.
In der klinischen Praxis wird die MIBGSzintigraphie hauptsächlich zur Diagnostik und Therapie neuroendokriner Tumoren eingesetzt [16, 21, 23, 24, 40, 41].
Für die Parkinson-Diagnostik ist die
MIBG-Aufnahme des Myokards von Bedeutung, daher wird im Folgenden der
Begriff „myokardiale MIBG-Szintigraphie“ verwendet (wenngleich die zugrundeliegende Szintigraphie die MIBG-Aufnahme des ganzen Körpers darstellt).
Die myokardiale MIBG-Aufnahme wird
durch den Quotienten MIBG-Aufnahme
des Myokards/MIBG-Aufnahme des Mediastinums quantifiziert. Bei PD-Patienten ist die myokardiale MIBG-Aufnahme
und damit dieser Quotient pathologisch
reduziert [7, 25, 29, 38, 44, 45, 50]. Diese
sympathische myokardiale Degeneration
resultiert aus einer Lewy-KörperchenDegeneration des Plexus cardiacus [28,
30, 31]. Die MIBG-Szintigraphie erfolgt
15 min (Frühaufnahme) und 4 h (Spätaufnahme) nach der i.v.-MIBG-Gabe. Dabei
korreliert die Spätaufnahme eher mit der
sympathischen Funktion und steht daher
im Vordergrund [38]. Die MIBG-Szintigraphie besitzt selbst im Frühstadium eine
hohe Sensitivität und Spezifität für den
PD [7, 25, 29, 38, 44, 45, 50].
Bei der MSA sind hauptsächlich die
präganglionären Anteile des autonomen
Nervensystems betroffen, wogegen beim
PD vorrangig die postganglionären Anteile involviert sind [19]. Ferner bindet
MIBG an den Noradrenalintransporter
postganglionärer adrenerger Neuronen.
Hieraus wäre zu folgern, dass die myokardiale MIBG-Aufnahme bei der MSA
regelrecht und beim PD reduziert ist.
Dies ist auch tatsächlich der Fall, weshalb
die MIBG-Szintigraphie zur Unterscheidung zwischen PD und MSA beiträgt: die
Mehrzahl der MSA-Patienten weist eine
regelrechte MIBG-Szintigraphie auf. Die
Spezifität der MIBG-Szintigraphie betreffend PD vs. MSA variiert zwischen 0,70
und 0,95 [7, 9, 26, 29, 45, 50].
Fazit für die Praxis
Auch wenn CCT und CMRT bei PD und
MSA in der Regel nur unspezifische Veränderungen zeigen, sollte dennoch nicht
auf eine neuroradiologische Bildgebung
verzichtet werden Dabei sollten im MRT
neben axialen auch sagittale Schnitte angefertigt werden, um eine etwaige Atrophie von Olive, Pons und Kleinhirn zu
verdeutlichen. Axiale FLAIR- und T2-gewichtete Sequenzen können mitunter
eine Signalsteigerung im Pons als Ausdruck einer Degeneration der pontinen
Neuronen und transversalen Bahnen im
Brückenfuß zeigen. Diffusionsgewichtete Sequenzen sowie die MR-Spektroskopie können zusätzlich hilfreich sein. Nicht
zuletzt sollte man bedenken, dass die
Bildgebung oftmals notwendig ist, andere Erkrankungen wie Normaldruckhydrozephalus, Multiinfarktdemenz und zerebelläre Läsionen auszuschließen. Nuklearmedizinische Methoden können zusätzlich zur Diagnose und Differenzialdiagnose bei PD und MSA herangezogen
werden.
Korrespondenzadresse
Dr. K. I. Schmidt
Klinik für Diagnostische und
Interventionelle
Neuroradiologie, Universitätsklinikum des Saarlandes,
Kirrberger Str. 1,
66421 Homburg/Saar
kathrin.schmidt@
uniklinikum-saarland.de
Interessenkonflikt. Die korrespondierende Autorin
gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Hans-Franke-Preis 2011
Würdigung wissenschaftlicher
Leistungen im Bereich der Geriatrie
Der mit 3000 EUR dotierte Preis wird erstmals anlässlich des 100. Geburtstages des
bekannten Würzburger Geriaters und
Zentenarienforschers Prof. Dr. Hans Franke
im Oktober 2011 verliehen.
Er war als Direktor der Medizinischen Universitätspoliklinik und Ordinarius für Innere
Medizin von 1954 bis 1982 in Würzburg tätig.
Über den Preisträger entscheidet das Kuratorium der Würzburger Treuhandstiftung
„Futura“ (Förderung und Training ungenutzter
Ressourcen im Alter), unterstützt durch zwei
Forscherpersönlichkeiten der Universitätsklinik Würzburg.
Der Wissenschaftspreis zielt auf Arbeiten
aus dem deutschsprachigen Raum und wird
verliehen für kürzlich veröffentlichte oder zur
Veröffentlichung anstehende Arbeiten aus
dem gesamten Spektrum der Geriatrie mit
den Bereichen Gesundheitsförderung, Prävention, Diagnostik, Therapie, Versorgungsforschung, Rehabilitation und Lehre.
Eingereicht werden können auch Habilitationen, Doktorarbeiten und Masterarbeiten.
Einzureichen sind:
1. Eine ausführliche Projektdarstellung/
Publikation des Gesamtprojektes in zwei facher Ausfertigung
2. Formloses Bewerbungsschreiben
3. Lebenslauf, relevante Publikationen
4. Eine Projektzusammenfassung
(500-1000 Worte) mit Darstellung von:
a) Ziel der Arbeit
b)Methode und Design
c) Ergebnisse
d)Diskussion
e)Zusammenfassung
Die Arbeit darf nicht bereits andernorts zur
Prämierung eingereicht worden sein. Eine
entsprechende Erklärung ist beizulegen.
Ebenso beizulegen ist eine Erklärung,
dass alle am Zustandkommen der Arbeit
beteiligten wissenschaftlichen Mitarbeiter in
der Liste der Autoren bzw. in Danksagungen
genannt werden.
Ablauf der Ausschreibungsfrist ist der 30.07.2011
Bewerbungen sind zu richten an:
Vorsitzenden des Kuratoriums,
Dr. Michael Schwab,
Semmelstr. 2-4, 97070 Würzburg,
E-Mail: [email protected]
Quelle: Julius-Maximilians-Universität
Würzburg, www.uni-wuerzburg.de
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