Kampf um den Himmel

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Quelle: Handelsblatt
Kampf um den Himmel
Der Koalitionszoff in Berlin und Polens Abwehrhaltung blockieren die Reform des
Emissionshandels in der EU.
- Umweltminister Altmaier ist für höhere Ziele.
- Brüsseler Pläne alarmieren Regierung in Warschau.
Bei der Reform des europäischen Emissionshandels zeichnet sich ein massiver Streit zwischen EUKommission und Mitgliedstaaten ab. Beim gestrigen Treffen der Umweltminister drängte Polen
stellvertretend für einige andere osteuropäische Staaten darauf, von jeglichen Verschärfungen
abzusehen.
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) signalisierte indes seine Unterstützung für die Pläne
von EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard. "Wir müssen sicherstellen, dass der Emissionshandel
funktioniert", sagte er. Das sei derzeit nicht der Fall. Die Kommissarin will wegen des Preisverfalls
2013 bis 2015 rund 900 Millionen Emissionszertifikate vom Markt zurückhalten. Dadurch, so die
Hoffnung, werde sich der Preis pro Tonne ausgestoßenem CO 2 mittelfristig auf bis zu 15 Euro
erhöhen. Seit langem dümpelt der Preis bei sechs, sieben Euro. Brüssel will aber die Anreize für
Unternehmen vergrößern, in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren.
Altmaier sprach sich in Brüssel auch dafür aus, den CO 2 - Ausstoß bis 2020 um mehr als die bislang
vereinbarten 20 Prozent zu reduzieren. Seine Unterstützung für Hedegaards Pläne ist in der
Bundesregierung umstritten. So will Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) die Kürzung der
Zertifikatemenge verhindern. Rösler hatte Altmaier vor dem Umweltministertreffen schriftlich
aufgefordert, er möge seine Mitarbeiter "ausdrücklich anweisen", in Brüssel "kein positives Signal
Deutschlands zum Vorschlag der Kommission zu geben". In dem Schreiben Röslers an seinen
Kabinettskollegen heißt es, der Emissionshandel sei nicht geschaffen worden, "um staatliche
Einnahmen zu generieren, sondern um Emissionen von Treibhausgasen zu begrenzen". Ohnehin sei
damit zu rechnen, dass der Preis steige, wenn am 1. Januar 2013 mit Beginn der dritten
Handelsperiode die Vollversteigerung der Zertifikate für den Strommarkt beginnt.
"Die Uneinigkeit der Bundesregierung hat böse Folgen in Brüssel. Denn im Ministerrat muss sich
Deutschland als größtes Industrieland der EU beim Emissionshandel demnächst enthalten.
Enthaltung aber ist ein indirektes Nein", sagt Matthias Groote (SPD), Vorsitzender des
Umweltausschusses im EU-Parlament. Damit setze Berlin falsche Signale für den Klimaschutz und
unterstütze den notorischen Klimaschutzblockierer Polen.
Weil Strom in Polen vor allem aus Kohlekraftwerken stammt, befürchtet Warschau infolge der
Emissionshandelsreform massive Mehrbelastungen in energieintensiven Sektoren wie der Papier-,
Zement- und Chemieindustrie. Zudem gibt es die Sorge, dass der Strukturwandel weg von einer auf
Kohle basierenden Wirtschaft zu massivem Jobabbau führen wird. Nun machte Polens Regierung
einmal mehr geltend, die EU verfüge über keine faire Kostenanalyse ihrer Klimapolitik für einzelne
Länder und Regionen. Deshalb zahle Polen die höchsten Kosten für die Klimapolitik der EU.
Der Emissionshandel der EU erfasst rund 11 000 Industrieanlagen und Kraftwerke, die für etwa 40
Prozent der Emissionen in der EU stehen. Von 2013 an müssen Kraftwerksbetreiber sämtliche
Zertifikate ersteigern. Bislang bekamen sie einen Teil kostenlos zugeteilt. Unternehmen des
produzierenden Gewerbes, die im internationalen Wettbewerb stehen, erhalten dagegen auch
künftig einen großen Teil der Zertifikate kostenlos zugeteilt.
Der Europaabgeordnete Markus Pieper (CDU) kritisiert, dass Brüssel immer höhere Zertifikatspreise
erzwingen wolle, obwohl die Umweltziele der EU nicht nur erreicht, sondern übertroffen würden.
"Die Betriebe für erfolgreiche Umweltschutzinvestitionen erneut zur Kasse zu bitten setzt eine
verhängnisvolle Kostenspirale in Gang", mahnt Pieper.
Die erneuerbaren Energien tragen mittlerweile zu gut einem Viertel der jährlichen
Minderungsverpflichtung von gut 37 Millionen Tonnen CO 2 in der EU bei. Das hat der Verband der
industriellen Energie- und Kraftwirtschaft errechnet. Die Minderung kommt jedoch außerhalb des
Emissionshandels zustande und drückt so auf die Zertifikatspreise. "Durch die nationalen
Einspeisesysteme erkaufen wir uns den Klimaschutz fern der Marktwirtschaft und damit sehr teuer",
so Pieper. EU-Kommission und Mitgliedstaaten wollen im Frühjahr 2013 erneut über die Reform des
Emissionshandels verhandeln. Bis dahin soll eine Stellungnahme des EU-Parlaments vorliegen.
Ludwig, Thomas Stratmann, Klaus
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