Übergang von Euler`scher zu Lagrange`scher Statistik in

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Übergang von
Euler’scher zu Lagrange’scher
Statistik
in kompressibler Turbulenz
DISSERTATION
zur Erlangung des Grades
»Doktor der Naturwissenschaften«
an der Fakultät für Physik und Astronomie
der Ruhr-Universität Bochum
von
Christian Schwarz
aus
Niederorschel
Bochum, Oktober 2009
1. Gutachter:
Prof. Dr. Rainer Grauer
2. Gutachter:
PD Dr. Horst Fichtner
Datum der Disputation: 20.10.2009
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
I. Prolog
1
1. Vorwort
1.1. Was ist Turbulenz? . . . . . . . . .
1.2. Euler- und Lagrange-Bild . . . . .
1.3. Verbindung beider Modelle . . . . .
1.4. Motivation . . . . . . . . . . . . . .
1.5. Gliederung und Ziele dieser Arbeit
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II. Theoretische Grundlagen
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2. Einführung
11
2.1. Historischer Abriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.2. Phänomenologische Beschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.3. Strukturfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
3. Intermittenz
19
3.1. Intermittenz im Euler-Bild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
3.2. Intermittenz im Lagrange-Bild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
4. Kompressible Turbulenz
27
4.1. Burgers-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
III. Numerik
5. Einführung
5.1. Konservative Formulierung
5.2. Fluss-Berechnung . . . . .
5.3. Zeitintegration . . . . . .
5.4. Passive Tracer-Teilchen . .
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6. Setup der Simulation
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6.1. Zeitskalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
i
Inhaltsverzeichnis
IV. Übergang von Euler’scher zu Lagrange’scher Statistik
7. PDF der Geschwindigkeits-Inkremente
7.1. Lagrange’sche Inkremente . . . . . . . . .
7.2. Euler-Lagrange’sche Inkremente . . . . . .
7.3. Übergang von Euler-Lagrange zu Lagrange
7.4. Euler’sche Inkremente . . . . . . . . . . .
7.5. Übergang von Euler zu Euler-Lagrange . .
7.6. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8. Strukturfunktionen
8.1. Lagrange . . . . . . . . . . .
8.2. Euler . . . . . . . . . . . . .
8.3. Berücksichtigung der Dichte
8.4. Mellin-Transformation . . .
8.5. Biferale-Modell . . . . . . .
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V. Epilog
81
9. Zusammenfassung und Ausblick
83
VI. Anhang
87
A. racoon II
89
A.1. Wesentliche Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
A.2. Problemklasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
B. Nebenrechnungen
B.1. Beweis von Gleichung (3.18) . . . . . . . . . . . .
B.2. Beweis von Gleichung (3.21) . . . . . . . . . . . .
B.3. Dichte-gewichtete Strukturfunktionen für Burgers
B.4. PDF der Beschleunigung aus Normalverteilungen
C. Lebenslauf
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D. Literatur
101
ii
Tabellenverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Symbolverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1. Butcher-Schema der Runge-Kutta Integration
6.1. Parameter der Simulation . . . . . . . . . . .
8.1. Anwenden des Modells von Biferale . . . . . .
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Abbildungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
2.1. Fallendes Wasser von Leonardo da Vinci . . . . . . . . . . . . . . .
2.2. Richardson Kaskade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3. Energie-Spektrum nach Kolmogorov . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4. Euler’sches Geschwindigkeits-Inkrement . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1. Lokale Energiedissipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2. Enstrophie und Energiedissipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3. Lagrange’sches Geschwindigkeits-Inkrement . . . . . . . . . . . . .
4.1. Burgers Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2. Exponenten der Burgers-Strukturfunktionen . . . . . . . . . . . . .
6.1. Machzahl M . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2. Auto-Korrelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.1. Geschwindigkeits-Inkremente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2. PDF der Lagrange’schen Geschwindigkeits-Inkremente . . . . . . .
7.3. PDF der Euler-Lagrange’schen Geschwindigkeits-Inkremente . . . .
7.4. PDF zurückgelegter Entfernungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.5. Rekonstruierte Lagrange Geschwindigkeits-PDF . . . . . . . . . . .
7.6. Übergangswahrscheinlichkeit pB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.7. Wirkung von p̂B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.8. Winkel von pB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.9. Varianz von pB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.10. Anwenden des Modells für pB mit variablem Winkel . . . . . . . . .
7.11. Anwenden des Modells für pB mit festem Winkel . . . . . . . . . . .
7.12. PDF der gewichteten Euler’schen Geschwindigkeits-Inkremente . . .
7.13. Wirkung von pA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.14. Übergangswahrscheinlichkeit pA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.15. Rekonstruierte Euler-Lagrange’sche Geschwindigkeits-PDF . . . . .
7.16. Rekonstruierte Euler-Lagrange’sche Geschwindigkeits-PDF im Limes
zur Inkompressibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.17. Rekonstruierte Lagrange’sche Statistik . . . . . . . . . . . . . . . .
8.1. Logarithmische Ableitung der Lagrange’schen Strukturfunktionen. .
8.2. Exponenten der Lagrange’schen Strukturfunktionen. . . . . . . . . .
8.3. Logarithmische Ableitung der Euler’schen Strukturfunktionen. . . .
8.4. Exponenten der Euler’schen Strukturfunktionen. . . . . . . . . . . .
8.5. Logarithmische Ableitung der Strukturfunktionen der Energietransfer-Größe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.6. Exponenten der Strukturfunktionen der Energietransfer-Größe. . . .
8.7. Logarithmische Ableitung der Dichte-gewichten Euler’schen Strukturfunktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.8. Exponenten der Dichte-gewichten Euler’schen Strukturfunktionen .
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. 70
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. 74
Abbildungsverzeichnis
A.1.
A.2.
B.1.
B.2.
Blockstruktur von racoon II . . . . . . . . . .
Schwache Skalierung von racoon II . . . . .
Modell der Übergangswahrscheinlichkeit p̂B .
Ergebnis der Modellrechnung. . . . . . . . .
v
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Symbolverzeichnis
Symbolverzeichnis
Symbol
Bedeutung
1
t
τ
~x, x
~l, l
k = 2π/l
~
X(t)
~v = ~v (~x, t)
v
~a = d~
dt
ρ = ρ(~x, t)
p~ = p~(~x, t)
P = P (~x, t)
f~ = f~(~x, t)
Einheitsmatrix
Zeit
Zeitdifferenz, -inkrement
Ortsvektor, bzw. dessen Betrag
Inkrement eines Ortsvektors, bzw. dessen Betrag
Wellenzahl
Position eines Fluid-Elements zur Zeit t
Geschwindigkeit
Beschleunigung
Massendichte
Impulsdichte
Druck
externe Kraft(-dichte), Treiber
L
Skala der Energiezufuhr (integral scale)
Kantenlänge der Simulationsbox
Charakteristische Geschwindigkeit
Volumen der Simulationsbox
Skala der Energiedissipation (Kolmogorov scale)
Zeitskala der Energiedissipation (Kolmogorov time
scale)
Reynolds-Zahl
mittlere Energie-Dissipationsrate
Skalenexponent
PDF1 der Größe A
Ordnung der Strukturfunktionen
Strukturfunktionen (isotrop, longitudinal, transversal)
Exponenten der Strukturfunktionen
Strukturfunktionen im Lagrange-Bild
Exponenten der Strukturfunktionen im LagrangeBild
V
η
τη
Re
ε
h
f (A)
p
Sp (l), Spk (l), Sp⊥ (l)
ζ(p), ζ k (p), ζ ⊥ (p)
SpL (τ )
ζ L (p)
hAi
P (A)
∇
1
Bilden des statischen Mittelwerts der Größe A
Bilden der PDF der Größe A
Nabla-Operator
Probability Density Function
vi
Danksagung
Danksagung
Ich möchte nicht versäumen, mich an dieser Stelle bei allen zu bedanken, die diese
Arbeit ermöglicht haben.
An erster Stelle gilt mein besonderer Dank meinem Betreuer Prof. Dr. Rainer
Grauer, von dessen enormen Erfahrungen im Bereich der Turbulenz und Numerik ich
sehr viel lernen konnte. Er gab mir häufig Anregungen, eigene Ideen zu entwickeln,
und die Motivation, diese Arbeit zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen.
Großen Dank schulde ich auch Dr. Jürgen Dreher, der mir immer mit Rat und
Tat zur Seite stand, insbesondere wenn es um Erweiterungen von racoon II ging,
und Jürgen Möllenhoff, der alles über Linux zu wissen scheint und schützend seine
Hände über das Opteron-Cluster unseres Instituts hält.
Weiterhin möchte ich Christoph Beetz meinen Dank aussprechen, auf dessen Diplomarbeit meine Simulationen aufbauen und mit dem ich viele Diskussionen zum
Thema Turbulenz führte. Danken möchte ich auch Oliver Kamps und Holger Homann für die aufschlussreichen Diskussionen zu Euler’scher und Lagrange’scher Statistik und auch allen anderen Mitgliedern des Lehrstuhls Theoretische Physik I.
Nicht zuletzt bin ich auch meinen Eltern und Freunden zu Dank für Ihre immer
währende Unterstützung verpflichtet.
vii
Teil I
Prolog
3
1. Vorwort
Das Phänomen der Turbulenz begegnet uns in unserem täglichen Leben so oft, dass
wir es bewusst kaum noch wahrnehmen. Bereits wenn wir die Milch mit unserem
morgendlichen Kaffee verrühren oder mit dem Auto zur Arbeit fahren, treten turbulente Strömungen auf.
Stärker bewusst werden uns die Effekte turbulenter Strömungen durch Phänomene
in unserer Atmosphäre, z.B. wenn wir bei starkem Wind mit dem Flugzeug fliegen
und in »Turbulenzen« geraten oder durch die Ausbildung von Wirbelstürmen.
Aber auch in anderen Bereichen spielt die Turbulenz eine wesentliche Rolle: Im
Bereich der Ingenieurwissenschaften muss sie bei der Berechnung von Strömungen
um Schiffe und Flugzeuge, bei Verbrennungsvorgängen in Motoren und Turbinen
oder bei Strömungen durch Pipelines berücksichtigt werden. Letzteres besitzt wiederum Anwendungen in der Medizin beim Blutfluss durch Arterien, Venen und dem
Herzen oder der Atmung, also dem Strömen von Luft in die Lunge hinein bzw.
wieder heraus.
Jedoch nicht nur wegen der eben genannten Anwendungen steht die Turbulenz im
wissenschaftlichen Interesse. Sie muss auch bei Modellen der Geophysik, Astrophysik und Kosmologie berücksichtigt werden. Während die Strömungen von Flüssigkeiten und der Luft unserer Atmosphäre weitgehend inkompressibel erfolgt, müssen
im Bereich der Astrophysik für kalte Molekülwolken starke Dichteunterschiede berücksichtigt werden (siehe Snow und McCall (2006) und Kissmann u. a. (2008)).
Zur Beschreibung der Dynamik solcher Medien ist eine Theorie der kompressiblen
Turbulenz unumgänglich.
Das Phänomen der Turbulenz ist seit nunmehr über 200 Jahren Gegenstand intensiver Forschung und konnte bis heute noch nicht umfassend geklärt werden. Aber
was ist nun eigentlich Turbulenz?
1.1. Was ist Turbulenz?
In frühen Studien wurde noch nicht der Begriff Turbulenz benutzt, sondern man
verwendete das Adjektiv sinuous, da die Trajektorien von Teilchen sinusförmig
bzw. irregulär erscheinen. Der Begriff Turbulenter Fluss wurde 1887 von Lord
Kelvin eingeführt. Aref u. a. (1999) bezeichnen Turbulenz als
. . . the name given to imperfectly understood class of chaotic solutions to
the Navier-Stokes equation in which many degrees of freedom are excited.
Ich möchte mich bei der Erklärung des Begriffs Turbulenz jedoch eher an Hinze
(1959) halten, der dieses Phänomen wie folgt definiert:
Turbulent fluid motion is an irregular condition of the flow in which the
various quantities show a random variation with time and space coordinates, so that statistically distinct average values can be discerned.
4
1 Vorwort
1.2. Euler- und Lagrange-Bild
In der Hydrodynamik und damit auch in der Turbulenz gibt es zwei verschiedene
Arten der Beschreibung: das Euler- und das Lagrange-Bild. Ich möchte beide Sichtweisen und die damit verbundenen Schwierigkeiten, die bis heute nicht gelöst sind,
hier nun vorstellen.
1.2.1. Euler-Bild
Die Euler’sche Darstellung beschreibt die physikalischen Größen als skalare oder
vektorielle Felder. Dabei enthält die Entwicklungsgleichung des Geschwindigkeitsfeldes
∂~v
d~v
=
+ (~v · ∇) ~v = . . .
dt
∂t
(1.1)
eine quadratische Nichtlinearität, welche für die Entstehung der Turbulenz verantwortlich ist und auf ein Hierarchie-Problem führt. In voll ausgebildeter Turbulenz
dominiert diese Nichtlinearität, was auch einen störungstheoretischen Ansatz vereitelt. Sie ist weiterhin für die Kopplung zwischen verschiedenen Moden verantwortlich, die wiederum zur Ausbildung von Strukturen führt, die fast singulär sind. Dies
sind einige der Ursachen dafür, dass es trotz intensiver Bemühungen bisher noch
nicht gelungen ist, eine geschlossene Theorie der Turbulenz zu entwickeln.
Es wurden jedoch mit Hilfe von Zusatzannahmen, wie Homogenität und Isotropie,
sowie auf der Grundlage phänomenologischer Beschreibungen wichtige Resultate in
der Turbulenz-Theorie erzielt.
1.2.2. Lagrange-Bild
Abgesehen von der Darstellung der Flüssigkeit durch Felder ist es auch möglich
die Bahnen passiver Teilchen, die der Strömung folgen, zu betrachten. Interpretiert
man diese Teilchen als Fluidelemente, so ist diese Beschreibung analog zur Mechanik
bewegter Massenpunkte und wird als Lagrange’sche Darstellung bezeichnet.
Dabei betrachtet man ein Teilchen, dass sich zum Zeitpunkt t0 an der Position
~x0 befindet. Durch die Angabe von diesen Randbedingungen ist die Trajektorie des
Teilchens für alle Zeiten t eindeutig festgelegt.
~ (t; ~x0 , t0 )
~x (t) = X
(1.2)
Da jedem Ortsvektor ~x0 ein solches Fluidelement zugeordnet werden kann, ist die
Strömung damit eindeutig beschrieben. Die Trajektorien der Teilchen sind über
d
~x (t) = ~v (~x, t)
dt
(1.3)
mit dem Geschwindigkeitsfeld (1.1) verknüpft und wir können aus diesem auf die
Bahnen der Flüssigkeitselemente in der Lagrange’schen Darstellung schließen. Die
1.3 Verbindung beider Modelle
5
analytische Lösung dieses Systems gekoppelter Differentialgleichungen erster Ordnung gestaltet sich jedoch als schwierig.
Als Alternative dazu betrachtet man den Gradienten des Geschwindigkeitsfeldes
Aij = ∂j vi . Dessen Entwicklungsgleichung ergibt sich durch Ableiten der NavierStokes Gleichung
dAij
+ Aik Akj = −∂ij P + ν∆Aij ,
(1.4)
dt
wobei hier die totale Zeitableitung d/dt verwendet wird. Unter Vernachlässigung
des Drucks und der Viskosität würde man aus diesem System gekoppelter, partieller Differentialgleichungen ein System gewöhnlicher Differentialgleichungen erhalten,
welches eine geschlossene Lösung besitzt. Insbesondere von Chevillard und Meneveau (2006) gehen Bemühungen aus, den Druckterm ∂ij P und den Viskositätsterm
ν∆Aij als Funktionen von Aij zu formulieren.
Das Lagrange-Bild ist jedoch nicht nur aus mathematischer Sicht attraktiv. So
lassen sich die Phänomene des Transports und der Durchmischung in diesem einfach beschreiben. Damit verbunden sind die Diffusion und Dispersion der Temperatur und von Konzentrationsunterschieden, was für chemische Reaktoren oder bei
der Ausbreitung von Umweltverschutzungen eine wesentliche Rolle spielt. Es findet
auch Anwendung, wenn man erklären will, wie Regentropfen entstehen bzw. bei der
industriellen Erzeugung von Nanopartikeln. Des Weiteren lässt sich im LagrangeBild aus der Dispersion zweier benachbarter Trajektorien auf die Lyaponov-Exponenten schließen (siehe Falkovich u. a. (2001) und Schwarz (2007)) und damit das
chaotische Verhalten der Turbulenz charakterisieren.
Experimentelle Untersuchungen im Lagrange-Bild sind jedoch erst in den letzten
zehn Jahren möglich geworden. So wurden erste Experimente von Voth u. a. (2002)
durchgeführt, wobei sie sich eines optischen Verfahrens bedienten, um die Trajektorien von Testteilchen zu verfolgen. Mordant u. a. (2004) benutzten hingegen den
akustischen Dopplereffekt, um die Turbulenz im Lagrange-Bild zu untersuchen. Die
Turbulenz in kompressiblen Flüssigkeiten oder Gasen bzw. in Plasmen ist bisher
noch nicht experimentell zugänglich.
1.3. Verbindung beider Modelle
Häufig interessieren jedoch nicht die Trajektorien der Flüssigkeitselemente, sondern
es genügen statistische Aussagen über deren Eigenschaften. Eine Übertragung der
statistischen Aussagen zwischen dem Euler und dem Lagrange-Bild ist in jüngster Zeit Gegenstand intensiver Forschung. So werden in Friedrich u. a. (2009) auf
der Grundlage von direkten numerischen Simulationen die Euler’schen und Lagrange’schen Geschwindigkeits-Inkremente und die Eigenschaften der Strukturfunktionen miteinander verglichen.
Kamps u. a. (2009) stellen eine Möglichkeit vor, wie man die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion (engl. Probability Density Function) der Euler’schen Geschwindigkeits-Inkremente in die Lagrange’schen überführen kann. In diese Theorie geht wesentlich die Annahme über die Homogenität und Isotropie einer voll entwickelten
6
1 Vorwort
Turbulenz ein. Wie Homann u. a. (2009) zeigen, funktioniert die Übertragung der
Statistik im Falle der inkompressiblen Turbulenz sehr gut. Eine Erweiterung auf
die kompressible Turbulenz steht jedoch noch aus und ist ein wesentlicher Teil der
vorliegenden Arbeit.
1.4. Motivation
In den vorherigen Abschnitten habe ich die zwei Sichtweisen zur Beschreibung der
Turbulenz erläutert. Beide besitzen individuelle Vorzüge. Das Euler-Bild beispielsweise erlaubt einen sehr einfachen messtechnischen Zugang. Untersuchungen von
Turbulenz-Erscheinungen in der Astrophysik, welche im Allgemeinen als kompressibel betrachtet werden müssen, sind auf die Euler’sche Darstellung beschränkt. Aber
auch Turbulenz-Untersuchungen im Labor, z.B. in Plasmen, können mittels Sonden
lediglich im Euler-Bild erfolgen. Wie bereits erwähnt, ist die Verfolgung passiver
Teilchen im Labor bisher lediglich für inkompressible Flüssigkeiten möglich.
Benötigt man hingegen eine Beschreibung aus der Lagrange’schen Sichtweise, um
zum Beispiel Transportphänomene zu beschreiben, ist die Übersetzung der Statistiken ein viel versprechender Ansatz. Eine Möglichkeit hierfür wurde von Biferale
u. a. (2004) vorgestellt, welche jedoch einige Probleme aufweist. Hingegen liefert
der Ansatz von Kamps u. a. (2009) ein exaktes statistisches Ergebnis für isotrope,
inkompressible Turbulenz. Diese Methode betrachtet dabei die Wahrscheinlichkeitsdichten der Geschwindigkeits-Inkremente auf verschiedenen Skalen. Um eine solche
Theorie für die Übersetzung der Statistiken zu testen und auszubauen, sind Computersimulation nötig, mit deren Hilfe sich die Lagrange’sche Beschreibung genauso
gut wie die Euler’sche untersuchen lässt.
Ich werde in dieser Arbeit die Modelle von Biferale u. a. (2004) und Kamps u. a.
(2009) ausführlich diskutieren und Letzteres erstmalig auf die Daten einer Simulation kompressibler Turbulenz anwenden. Es wird sich dabei herausstellen, dass in
kompressibler Turbulenz die Dichte eine wesentliche Rolle spielt. Diese lässt sich
anhand der Exponenten der Strukturfunktionen einfacher berücksichtigen als bei
den Wahrscheinlichkeitsdichten. Der Frage nach dem Einfluss der Dichte auf diese
Exponenten ist ein weiterer Teil dieser Arbeit gewidmet.
Als Ergebnis werde ich einen Weg aufzeigen, wie es unter Berücksichtigung der
Dichte prinzipiell möglich sein sollte, die Exponenten der Euler’schen Strukturfunktionen in die der Lagrange’schen zu transformieren. Die dabei auftretenden Schwierigkeiten werden in den einzelnen Abschnitten besonders diskutiert.
1.5 Gliederung und Ziele dieser Arbeit
7
1.5. Gliederung und Ziele dieser Arbeit
Im Teil II werde ich zunächst eine kurze Einführung in die Theorie der Turbulenz
geben und im Zuge dessen die wesentlichen Begriffe erläutern. Insbesondere wird
dabei auf die Besonderheiten des Lagrange-Bildes und der kompressiblen Turbulenz
eingegangen. Letztere unterscheidet sich in wesentlichen Merkmalen von der inkompressiblen Turbulenz und die meisten theoretischen Werkzeuge sind nur bedingt
anwendbar. Ich werde im Rahmen dieser Arbeit einen Teil der damit verbundenen
Problematik angehen.
Der nachfolgende Teil III erklärt die numerischen Grundlagen und beschreibt die
wesentlichen Parameter und charakteristischen Größen meiner Simulationen.
Teil IV beinhaltet den Kern meiner Arbeit. Dabei werde ich im Kapitel 7 den
statistischen Ansatz von Kamps u. a. (2009) für die Übertragung der Euler’schen
zur Lagrange’schen Statistik beschreiben und diese Methode auf die Daten meiner Simulationen kompressibler Turbulenz anwenden. Ziel dieser Arbeit ist es, ein
Verständnis der bedingten Wahrscheinlichkeiten zu schaffen, die bei dieser Transformation auftreten, und die Untersuchung zusätzlicher Probleme, die in Verbindung
mit der Kompressibilität in Erscheinung treten.
Das Kapitel 8 befasst sich mit der Theorie der Strukturfunktionen in kompressibler Turbulenz. Damit diese mit den Erkenntnissen aus der inkompressiblen Turbulenz vergleichbar sind, ist eine geeignete Berücksichtigung der Dichte erforderlich.
Dies ist Thema von Abschnitt 8.3. Anschließend werde ich in Abschnitt 8.5 das Modell von Biferale u. a. (2004) für die Übertragung der Exponenten der Euler’schen
Strukturfunktionen zu den Lagrange’schen diskutieren. Auch hier will ich mit dieser
Arbeit einen Beitrag zum besseren Verständniss der Probleme bei der Übertragung
der Statistik von der Euler’schen zur Lagrange’schen Sichtweise in kompressibler
Turbulenz liefern.
Schließlich werden im Kapitel 9 die erzielten Resultate zusammengestellt. Insbesondere werde ich dabei die in diesem Zusammenhang bisher noch nicht gelösten
Probleme und Fragestellungen aufzeigen.
Teil II
Theoretische Grundlagen
11
2. Einführung
In diesem Abschnitt möchte ich zunächst die wesentlichen Begriffe und Konzepte
der Turbulenz-Theorie vorstellen und dabei mit einem kurzem historischen Abriss
beginnen. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass es im Rahmen dieser Einführung nicht möglich ist, auf jede Theorie der Turbulenz einzugehen, und dass viele
Forscher, die einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis der Turbulenz geleistet
haben, leider unerwähnt bleiben müssen. Der interessierte Leser sei auf die einschlägige Fachliteratur, wie z.B. Frisch (1995); Tsinober (2001); Cebeci (2004) und die
darin enthaltenden Referenzen verwiesen.
2.1. Historischer Abriss
Abb. 2.1: Fallendes Wasser von Leonardo da Vinci (1508 – 09)
[Quelle: http://www.drawingsofleonardo.org/]
Einer der Ersten, die sich mit dem Phänomen der Turbulenz beschäftigt haben,
war das Universal-Genie Leonardo da Vinci (1452 – 1519). Auf seiner Skizze vom
fallendem Wasser (siehe Abb. 2.1) sind Strukturen verschiedener Größe zu erkennen. Diese Erkenntnis, dass sich Turbulenz2 aus einer Vielzahl von Wirbeln (engl.
eddies) mit unterschiedlichen Durchmessern zusammensetzt, führte später zu dem
Kaskadenmodell von Richardson. Dieses phänomenologische Modell wurde erst im
20. Jahrhundert entwickelt, und ich werde im Abschnitt 2.2.1 darauf zurückkommen.
2
Korrekterweise müsste man hier von inkompressibler hydrodynamischer Turbulenz sprechen.
12
2 Einführung
Wie bereits im Abschnitt 1.1 erwähnt, tritt Turbulenz nur in strömenden Medien
auf. Die bis heute noch gültige mathematische Beschreibung
)
(
∂~v
+ (~v · ∇) ~v = −∇P + f~
ρ
∂t
(2.1)
für Strömungen in reibungsfreien Flüssigkeiten geht auf den Mathematiker Leonhard
Euler (1707 – 1783) zurück. Im folgenden Jahrhundert wurde diese Gleichung von
Sir George Gabriel Stokes (1819 – 1903) und Claude Louis Marie Henri Navier
(1785 – 1836) auf viskose Flüssigkeiten erweitert.
(
)
µ
∂~v
+ (~v · ∇) ~v = −∇P + µ4~v +
+ ζ ∇ (∇ · ~v ) + f~
ρ
∂t
3
(2.2)
In dieser Gleichung bezeichnen die Koeffizienten µ die dynamische Viskosität und ζ
die Volumen-Viskosität. Für einen vollständigen Satz von Differential-Gleichungen
benötigt man zusätzlich noch die Kontinuitätsgleichung
∂ρ
+ ∇ · (ρ~v ) = 0
∂t
(2.3)
und eine Zustandsgleichung, die den Druck und die Dichte miteinander in Verbindung setzt.
Ein Pionier der Turbulenz-Forschung war Osborne Reynolds (1842 – 1912). Er
untersuchte die Bedingungen, unter denen sich die Strömung in Röhren von laminar
zu turbulent entwickelt. Dabei machte er die Beobachtung, dass sich dieser Übergang
mit einer einzigen Zahl, der Reynolds-Zahl
Re =
VL
ρV L
=
µ
ν
(2.4)
beschreiben lässt. Dabei bezeichnet L eine charakteristische Länge und V eine charakteristische Geschwindigkeit der Anwendung. Dieses Ergebnis lässt sich leicht ver∂
∂
stehen, denn durch Einführen dimensionsloser Größen x = Lξ, ∂x
= L1 ∂ξ
, ~v = V w,
~
2
t = VL τ , P = V 2 ρP 0 und f~ = VL ρf~0 ergibt sich die inkompressible Navier-Stokes
Gleichung zu
1
∂w
~ + w
~ · ∇ξ~ w
~=
4w
~ − ∇P 0 + f~0 .
(2.5)
∂τ
Re
Die Reynolds-Zahl ist, abgesehen von den Randbedingungen, der einzige freie Parameter in dieser Gleichung; gleiche Reynolds-Zahl bedeutet somit gleiches Strömungsverhalten. Diesen Umstand macht man sich insbesondere bei Untersuchungen des
Stromlinienverhaltens um Autos, Schiffe und Flugzeuge zunutze, indem man kleinere Modelle benutzt und die Strömungsgeschwindigkeit bzw. die kinetische Viskosität
so anpasst, dass sich die gleiche Reynolds-Zahl wie beim Original ergibt.
2.2 Phänomenologische Beschreibung
13
2.2. Phänomenologische Beschreibung
Auf der Grundlage der Navier-Stokes Gleichung lassen sich hydrodynamische Simulationen im Computer durchführen und das turbulente Verhalten von Flüssigkeiten
nachbilden. Jedoch sind damit nicht die Phänomene der Turbulenz erklärt. Dies
erkannte auch der große Physiker Feynman (1963)[Kap. 41]
The next great era of awakening of human intellect may well produce a
method of understanding the qualitative content of equations. Today we
cannot. Today we cannot see that the water flow equations contain such
things as the barber pole structure of turbulence that one sees between
rotating cylinders. Today we cannot see whether Schrödinger’s equation
contains frogs, musical composers, or morality – or whether it does not.
We cannot say whether something beyond it like God is needed, or not.
And so we can all hold strong opinions either way.
Für ein tieferes Verständnis der Turbulenz wurde demzufolge eine andere Art der
Beschreibung der auftretenden Phänomene entwickelt, die eher auf Beobachtungen
und Messungen qualitativer Größen statt auf den grundlegenden Gleichung beruht.
Diese Herangehensweise bezeichnet man als phänomenologische Beschreibung der
Turbulenz. Dazu zählt auch das bereits erwähnte Kaskaden-Modell von Richardson.
2.2.1. Richardson-Kaskade
Die Richardson-Kaskade bildet die Grundlage der phänomenologischen Beschreibung der Turbulenz. In seiner bemerkenswerten Arbeit geht Richardson (1922) davon aus, dass in voll ausgebildeter Turbulenz drei unabhängige Skalenbereiche existieren.
Auf den größten Skalen L, dem Produktionsbereich (engl. integral scale), wird
dem System Energie zugeführt. Dadurch entstehen große Wirbel, die mit der Zeit
aufbrechen und kleinere Wirbel bilden. Dies geschieht solange, bis die Wirbel so
klein sind, dass sie Effekte der molekularen Wechselwirkung zu spüren bekommen
und die kinetische Energie in Wärme umgewandelt wird. Den Skalenbereich, in dem
die Energie dissipiert wird, nennt man aus diesem Grund den Dissipationsbereich.
Der Transport der Energie vom der Integral-Skala zu der Dissipations-Skala η erfolgt
jedoch nicht nur dadurch, dass die Wirbel instabil werden und aufbrechen und somit
sukzessive kleiner werden, sondern auch durch die nicht-lineare Wechselwirkungen
zwischen den Wirbeln unterschiedlicher Größe. Dabei können große Wirbel auch
direkt kleine beeinflussen. Lewis F. Richardson bringt dies wie folgt zum Ausdruck:
Big whorls have little whorls
That feed on their velocity,
And little whorls have lesser whorls
And so on to viscosity.
14
2 Einführung
Inertialbereich
L
η
Abb. 2.2: Schematische Darstellung der Richardson Kaskade.
[Quelle: Grafke (2008)]
Nach dem Kaskadenmodell ist die Strömung im mittlere Skalenbereich (η l L) unabhängig davon, wie die Energie auf den großen Skalen L zugeführt und wie
sie auf den kleinen Skalen η wieder dissipiert wird. Die Energie wird lediglich durch
Impulsübertragung zwischen den Wirbeln zu den kleineren Skalen hin transportiert.
Aus diesem Grund nennt man diesen Skalenbereich Inertialbereich (engl. inertial
range).
Von stationärer Turbulenz spricht man, wenn sich ein Gleichgewicht zwischen
den verschiedenen Skalen eingestellt hat. Im statistischen Mittel müssen somit die
Energie, die auf den großen Skalen zugeführt wird und die Energie, die auf den
kleinsten Skalen dissipiert wird, gleich groß sein. Damit ist die Energie-Transferrate
zwischen den Skalen im Inertialbereich eindeutig durch die auf den großen Skalen
zugeführte bzw. die Energie-Dissipationsrate ε festgelegt. In der Turbulenz-Theorie
bezieht man sich üblicherweise auf Letztere.
2.2.2. K41
Ausgehend von der Energie-Kaskade nach Richardson entwickelte Andrei Nikolaevich Kolmogorov seine berühmte Theorie der Turbulenz (siehe Kolmogorov
(1941b,c,a)). Ich möchte hier nur die Grundzüge dieser Theorie vorstellen. Eine
ausführlichere Darstellung findet man in Frisch (1995).
Kolmogorov geht in seiner ersten Hypothese von folgenden Annahmen aus:
Innerhalb der Energie-Kaskade geht der anisotrope Einfluss der großen Skalen zunehmend verloren. Ist das Verhältnis η/L hinreichend klein, was einer entsprechend
großen Reynolds-Zahl entspricht, so wird die Turbulenz auf kleinen Skalen homogen und isotrop. In diesem Fall sind die statistischen Eigenschaften auf den kleinen
Skalen eindeutig und universell festgelegt durch die Skala l, die mittlere EnergieDissipationsrate ε und die Viskosität ν.
Damit kann die Dissipations-Skala η aufgrund einer Dimensionsanalyse der Grö-
2.2 Phänomenologische Beschreibung
Energie-Kaskade, in der die Energie
von den großen zu den kleinen
Skalen hin transportiert wird
Viskosität dissipiert
Energie in Wärme
log E(k)
Energiezufuhr
15
Energiebereich
Dissipationsbereich
Inertialbereich
L−1
η −1
log k
Abb. 2.3: Schematische Darstellung des Energie-Spektrums nach Kolmogorov in turbulenter Strömung
ßen η, ε und ν bestimmt werden. Man definiert
η :=
ν3
ε
!1/4
(2.6)
als Kolmogorov-Skala, die bis auf einen konstanten Faktor der Dissipations-Skala
entspricht. Äquivalent dazu lässt sich die Kolmogorov-Zeitskala
r
τη :=
ν
ε
(2.7)
definieren, die mit der Dissipations-Zeitskala verknüpft ist.
In seiner zweiten Hypothese nimmt Kolmogorov an, dass die Statistik im Inertialbereich (η l L) lediglich von der Skala l und dem Energie-Transfer zwischen
den Skalen und damit von der Energie-Transferrate ε abhängt. Betrachtet man die
Energie E(k)dk, die in dem Skalenbereich
k ≤ ~k < k + dk ,
mit
k=
2π
l
gespeichert ist, dann liefert eine Dimensionsanalyse, dass sich das Energiespektrum
verhält wie
5
2
E (k) ∝ ε 3 k − 3 .
(2.8)
Dies ist das berühmte 53 -Gesetz, welches durch viele Experimente und numerische
Simulationen bestätigt wird (siehe z.B. Frisch (1995)).
16
2 Einführung
2.2.3. Skaleninvarianz
Eine weitere Annahme in der Turbulenz-Theorie von Kolmogorov ist die Skaleninvarianz des Flusses innerhalb des Inertialbereichs, d.h. Strukturen auf unterschiedlichen Skalen besitzen ähnliche statistische Eigenschaften und deren Verhältnisse
lassen sich direkt aus dem Größenvergleich der Skalen ermitteln. Ein solches Skalierungsverhalten nennt man auch selbstähnlich. Für eine allgemeine selbstähnliche
Größe A gilt das Potenzgesetz
A (λl) = λh A (l) ,
wobei λ der Skalierungsfaktor und h der Skalenexponent der Größe A ist. Das
Skalierungsverhalten der einzelnen Größen muss konsistent mit der Navier-Stokes
Gleichung3
∂~v
+ (~v · ∇) ~v = −∇P
∂t
(2.5)
sein. Daraus folgt eindeutig, wie diese Größen skalieren müssen:
l
→
λl
(2.9a)
v
→
λh v
(2.9b)
1−h
t
→
λ
t
(2.9c)
P
→
λ2h P
(2.9d)
Aus einer Dimensionsbetrachtung lässt sich damit das Skalenverhalten der EnergieTransferrate
ε
→
λ3h−1 ε
(2.9e)
bestimmen. Da diese unabhängig von der Skala sein soll, folgt somit, dass der Skalenexponent
1
h=
(2.10)
3
sein muss. Um dieses Ergebnis und seine Folgerungen zu überprüfen, bedient man
sich einer statistischen Beschreibung der Turbulenz.
3
Der Reibungsterm und der Treiber entfallen, da der Inertialbereich von diesen unabhängig ist.
2.3 Strukturfunktionen
17
2.3. Strukturfunktionen
t
v (x, t)
x0
x0 + l
l
t0
x
Abb. 2.4: Bei dem Euler’schen Geschwindigkeits-Inkrement werden zwei Geschwindigkeiten zur
selben Zeit t0 an zwei verschiedenen Orten, die sich im Abstand l voneinander befinden,
miteinander verglichen.
Zur Überprüfung der Selbstähnlichkeit des Geschwindigkeitsfeldes führt man die
Geschwindigkeits-Inkremente
δ~l ~v = ~v (~x + ~l, t) − ~v (~x, t)
(2.11)
ein. Aufgrund der Differenzbildung werden Einflüsse der größeren Skalen, z.B. einer überlagerten gerichteten Bewegung, eliminiert. Diese Größe ist somit Galileiinvariant.
Die einfachste statistische Auswertung, die man aus diesen Geschwindigkeits-Inkrementen bilden kann, ist deren Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion (engl. Probability Density Function) 4 .
f (u; l) = P (δl v)
D h
iE
= δ u − vi (~x + ~l, t) − vi (~x, t)
i,l=|~l|,~
x∈V,t
(2.12)
Sie liefert eine Aussage darüber, wie wahrscheinlich eine gewisse Geschwindigkeitsänderung für eine festgelegte Skala l ist. Die PDF’s werden uns im Kapitel 7 wieder
begegnen.
Die statistischen Momente der Geschwindigkeits-Inkremente werden als Strukturfunktionen bezeichnet. Dabei unterscheidet man zwischen longitudinalen
D
pE
Spk (l) = ~v (~x + ~l, t) − ~v (~x, t) · ˆl
=
4
D
δ~l ~
v
p E
· ˆl
mit
l=|~l|,~
x∈V,t
ˆl = ~l/~l
(2.13)
Die spitzen Klammern symbolisieren die Bildung des statistischen Mittels über alle Komponenten i des Geschwindigkeitsfeldes ~v , über alle Richtungen von ~l, dem gesamten Gebiet V und
über mehrere Realisierungen bzw. der Zeit t.
18
2 Einführung
und transversalen Sp⊥ (l) Strukturfunktionen. Auf eine genaue Definition möchte
ich hier jedoch nicht eingehen. In homogener und isotroper Turbulenz sollten nach
(2.10) beide wie lp/3 skalieren. Unterstützt wird diese Aussage durch das 45 -Gesetz
4
k
S3 (l) = − εl
5
(2.14)
von Kolmogorov, welches man unter der Annahme einer homogenen Turbulenz mit
Hilfe der Kármán-Howarth-Monin Relation exakt aus den Navier-Stokes Gleichungen herleiten kann (siehe Frisch (1995)).
2.3.1. Exponenten der Strukturfunktionen
Aus dem vorherigen Abschnitt folgt, dass Strukturfunktionen nach einem Potenzgesetz
Spk (l) ∝ lζ(p)
(2.15)
skalieren und wenn die in Abschnitt 2.2.3 beschriebene Annahme von Kolmogorov
richtig ist, muss für die Exponenten der Strukturfunktionen
ζ (p) =
p
3
(2.16)
gelten. Messungen und direkte numerische Simulationen (kurz: DNS) ergeben jedoch für p > 3 signifikante Abweichungen von dem ζ (p) = p3 - Skalengesetz. Dieses
anomale Skalenverhalten ist eine Folge der Intermittenz.
Bemerkung. Es treten bei der Bestimmung der Skalenexponenten jedoch Probleme
auf, die ich an dieser Stelle erwähnen möchte. Häufig ist es schwierig, in einem
doppelt-logarithmischen Plot überhaupt ein Potenzgesetz für die Strukturfunktionen
zu erkennen, da der Inertialbereich teilweise nur schwach ausgeprägt ist. Eine bessere
Alternative bietet die Benutzung der logarithmischen Ableitung
l dSp (l)
l dlζ(p)
d ln Sp (l)
=
= ζ(p)
= ζ (p) ,
d ln l
Sp (l) dl
l
dl
bei dem das Potenzgesetz (2.15) ein Plateau liefert, an dessen Niveau der Exponent
ζ(p) direkt abgelesen werden kann. Diese Methode werde ich im Kapitel 8 benutzen.
Die Gleichung (2.14) besagt, dass ζ (3) ≡ 1 als exaktes Ergebnis gilt. Auf dieser
Grundlage lassen sich die Skalenexponenten der anderen Strukturfunktionen bestimk
men, indem man Spk (l) gegenüber S3 (l) aufträgt. Diese Methode wird als Extended
Self Similarity (kurz: ESS) bezeichnet und geht auf Benzi u. a. (1993) zurück.
19
3. Intermittenz
Als Intermittenz in der Turbulenz bezeichnet man das ungewöhnlich häufige Auftreten starker Ereignisse und die damit einhergehende Verletzung der Annahme der
Selbstähnlichkeit im Inertialbereich. Von Batchelor und Townsend (1949) wurde entdeckt, dass sich das Phänomen der Intermittenz auch bis zu den kleinsten Skalen,
dem Dissipationsbereich, erstreckt. Weitere Experimente führten zu der Erkenntnis,
dass die Intermittenz auf kleinerer Skala bzw. bei größeren Reynolds-Zahlen stärker
ausgeprägt ist.
Nachdem sich die Evidenz für das Vorhandensein von Intermittenz erhärtet hatte,
führte Kolmogorov (1962) die Hypothese der refined similarity ein. Dabei verwirft
er das Konzept der Selbstähnlichkeit und der konstanten Energie-Transferrate ε auf
allen Skalen und führt eine von der Skala l abhängige Energie-Transferrate εl ein.
Abb. 3.1: Lokale Energiedissipation, gemessen an einem turbulenten Wasserstrahl.
[Quelle: Prasad u. a. (1988)]
Die Ursachen der Intermittenz sind bis heute nicht vollständig geklärt. Messungen
der lokalen Energiedissipation von Prasad u. a. (1988) anhand eines turbulenten, eingefärbten Wasserstrahls haben gezeigt, dass die Dissipation räumlich lokalisiert und
fast singulär ist. Dies kann durch das Auftreten lokaler Strukturen erklärt werden,
die zu einer Kopplung zwischen großen und kleinen Skalen führen.
In inkompressibler Turbulenz werden diese Strukturen durch Wirbelröhren (engl.
vortex tubes) gebildet. Wie aus numerischen Simulationen (Abb. 3.2) hervorgeht,
ist die Energiedissipation mit diesen vortices im Geschwindigkeitsfeld verbunden
20
3 Intermittenz
Abb. 3.2: Dieses Bild einer 20483 -DNS zeigt die Enstrophie ∇×~v (rot). Hier bilden sich lange dünne Schläuche, die umgeben sind von Bereichen starker Energiedissipation (blau/grün).
[Quelle: Yeung u. a.]
und damit lokal (siehe auch Homann (2006)). Im Kapitel 4 werden wir sehen, dass
sich in kompressibler Turbulenz Schocks als dominante Strukturen ausbilden. Beide
Erscheinungsformen bedingen eine starke Korrelation der Phasen der Fouriermoden
über viele Skalen hinweg.
Ich möchte nun die wichtigsten Intermittenz-Modelle, die im Laufe der Jahre
entwickelt wurden, vorstellen.
3.1. Intermittenz im Euler-Bild
Im Laufe der Zeit wurde viele Modelle entwickelt, die das Phänomen der Intermittenz
beschreiben sollen. Diese sind im Allgemeinen phänomenologischer Natur, d.h. sie
erklären nicht, welche Ursachen die Intermittenz hat, sondern versuchen lediglich,
das anomale Skalenverhalten im Rahmen eines nicht-selbstähnlichen Inertialbereichs
zu beschreiben. Ich möchte diese Modelle hier kurz vorstellen; eine ausführliche
Darstellung findet man in Frisch (1995).
3.1.1. Obukhov-Kolmogorov Modell
Das erste Intermittenz-Modell wurde von Obukhov und Kolmogorov 1962 vorgestellt. Es basiert auf der bereits oben erwähnten refined similarity und liefert für
die Exponenten der Strukturfunktionen
ζ (p) =
p
p (p − 3)
−µ
3
18
(3.1)
also einen zusätzlichen Korrekturterm zum ursprünglichen ζ (p) = p3 -Gesetz. Für
einen Intermittenz-Parameter von µ = 0.2 ergibt sich für p ≤ 10 eine gute Übereinstimmung mit experimentellen und numerischen Ergebnissen.
3.1 Intermittenz im Euler-Bild
21
3.1.2. β-Modell
In dem β-Modell geht man nicht mehr von der Vorstellung aus, dass die auftretenden Strukturen raumfüllend sind, sondern eine fraktale Dimension D < 3 besitzen.
Betrachten wir dazu Abb. 2.2. Die Idee bei diesem Modell ist, dass die Wirbel auf
kleinen Skalen ein kleineres Volumen ausfüllen als die großskaligen Wirbel. Der Parameter β gibt dabei an, wie stark das ausgefüllte Volumen und damit die HausdorffDimension zu kleiner werdenden Skalen hin abnimmt. Damit besitzt die fraktale
Menge, die durch die “Summe” aller Wirbel gebildet wird, eine skalenabhängige
Dimension
ln β
<3.
D =3−
ln l
Mit diesem Ansatz erhält man für die Skalenexponenten
h=
1 3−D
−
3
3
(3.2)
bzw. für die Exponenten der Strukturfunktionen
p
p
ζ (p) = + (3 − D) 1 −
3
3
eine Geradengleichung, die für p = 0 nicht durch den Ursprung verläuft.
3.1.3. Bi-Fraktales Modell
Das Bi-Fraktale Modell ist eine Erweiterung des β-Modells. Anstatt einer, stellt
man sich nun zwei fraktale Mengen M mit den Dimensionen D1 ≤ D2 vor. Aus
einer Sattelpunktapproximation der beiden dazugehörigen Skalenabhängigkeiten
Sp (l) ∝
2
X
i=1
l
L
!phi +3−D(hi )
∝ lζ(p)
erhält man für die Exponenten der Strukturfunktionen
ζ (p) = min (ph1 + 3 − D1 , ph2 + 3 − D2 )
Setzt man für die beiden fraktalen Mengen zum Einen das β-Modell, Gleichung
(3.2), und zum Anderen die K41 Theorie (h = 31 , D = 3) ein, ergibt sich
ζ (p) = min
p p
p
, + (3 − D2 ) 1 −
3 3
3
also eine stückweise lineare Funktion, die an der Stelle ζ (p = 3) = 1 ihre Steigung
ändert. Diese Funktion verläuft nun auch wieder durch den Ursprung.
22
3 Intermittenz
3.1.4. Multifraktales Modell
Bei dem Übergang vom β-Modell zum Bi-Fraktalen Modell wurde von einer auf zwei
fraktale Mengen erweitert. Frisch und Parisi (1985) gingen noch einen Schritt weiter
und führten nun ein Intervall von Skalenexponenten
I = [hmin , hmax ]
mit 0 < hmin < hmax < 1 ein. Nach dieser Theorie existiert für jedes h in dem
Intervall I eine fraktale Menge der Dimension D(h). Für die Exponenten der Strukturfunktionen ergibt sich damit ein glatter Verlauf,
ζ (p) = inf (ph + 3 − D (h)) .
h
(3.3)
Wie in Abb. 3.2 zu sehen ist, bilden sich in inkompressibler Turbulenz dünne
Vortex-Schläuche, in deren Nähe die Dissipation am größten ist. Unter der Annahme
einer monotonen Abhängigkeit der Dimension D vom Skalenexponent h, lässt sich
D (hmin ) ≈ 1 und D (hmax ) ' 3 abschätzen. Der genaue Zusammenhang zwischen
D und h und die Werte von hmin bzw. hmax bleiben in diesem Modell jedoch offen.
3.1.5. She-Lévêque Modell
Das bisher erfolgreichste Modell zur Erklärung der Exponenten der Strukturfunktionen in inkompressibler Navier-Stokes Turbulenz wurde von She und Lévêque (1994)
vorgestellt. In ihrem Modell gehen die Autoren davon aus, dass die Strukturfunktionen und die Energie-Transferrate skalieren wie
h|δvl |p i ∝ lζ(p)
εpl ∝ lτ (p)
bzw.
und den beiden Exponenten der Zusammenhang
ζ (p) =
p
+ τ (p/3)
3
(3.4)
besteht, wobei Letzteres eine Folgerung aus der refined similarity Hypothese ist.
Damit ist das Problem der Berechnung von ζ (p) auf die Bestimmung von τ (p)
zurückgeführt.
Ausgehend von der Intensität der Dissipationsstruktur p-ter Ordnung
(p)
εl
εp+1
= lp ,
εl
welche die Autoren in ihrer Arbeit einführen, schätzen sie das Verhalten der charakteristischen Strukturen zu
(0)
lim εl
l→0
(∞)
lim εl
l→0
= const
(p)
= lim lim εl
l→0 p→∞
2
∝ l− 3
3.1 Intermittenz im Euler-Bild
23
(p)
ab. Eine weitere grundlegende Annahme des Modells ist, dass εl durch eine uni(p−1)
(∞)
verselle Gleichung eindeutig durch εl
und εl bestimmt ist.
(∞)
Die εl sind verknüpft mit den stärksten dissipativen Strukturen in der Turbulenz. Als eine wesentliche Eigenschaft dieser Strukturen geht deren Dimension, oder
genauer deren Kodimension C0 , in diese Theorie ein. Motiviert durch die fadenförmigen Vortex-Filamente in inkompressibler Turbulenz (siehe Abb. 3.2), nehmen She
und Lévêque (1994) für C0 = 2 an.
Aus diesen Annahmen leiten die Autoren für das Verhalten der Energie-Transferrate im Inertialbereich
p 2
2
τ (p) = − p + 2 1 −
(3.5)
3
3
her und mit (3.4) folgt eine Parameter-freie Formel für die Exponenten der Strukturfunktionen.
p/3 !
2
p
(3.6)
ζ (p) = + 2 1 −
9
3
Aus dieser Theorie ergibt sich für das Energiespektrum
2 2/3
E (k) ∝ k − 9 +2( 3 )
29
5
' k − 3 −0.03
also ein kleiner Korrekturterm zum 53 -Gesetz von Kolmogorov (vgl. Gleichung (2.8)).
In dieser Formel bezeichnet k wieder die Wellenzahl k = 2π/l.
Bringt man die Gleichung (3.3) des Multifraktalen Modells mit (3.6) in Bezug,
lässt sich eine geschlossene Form für die fraktale Dimension
p∗ (h)
1
2
D (h) = 1 + p∗ (h) h −
+2
9
3
3
1
−
9h
p∗ (h) = 2 ln
ln 3
6 ln 32
3
(3.7)
herleiten, wobei p∗ (h) die Inverse von (3.3) minimiert. Diese Formel ist nur gültig
für
1
0 < hmin =
< h,
(3.8)
9
womit das Intervall der möglichen Skalenexponenten im She-Lévêque Modell auf
1
I = ,1
9
festgelegt ist.
3.1.6. Verallgemeinerte She-Lévêque Modelle
Das Ergebnis von She und Lévêque (1994) enthält keine freien Parameter. Bei der
Herleitung der Gleichung (3.6) geht jedoch die Skalierung
(∞)
lim εl
l→0
∝ l−κ
mit κ =
2
3
24
3 Intermittenz
und die Kodimension
C0 = 2
ein. Lässt man diese Parameter offen, verallgemeinert sich (3.6) zu
(1 − κ) p
C0 − κ
+ C0 1 −
ζ (p) =
3
C0
p3 !
.
(3.9)
Je nach physikalischen Gegebenheiten sind in dieser Formel die Parameter C0 und
κ entsprechend zu setzen. Eine Anwendung auf die 1D Burgers-Gleichung und die
ausführliche Herleitung von Gleichung (3.9) findet man in Grafke (2008).
Einen ähnlichen Weg geht Boldyrev (2002), in dem er für die Geschwindigkeit
und für die typische Zeitskala der großskaligen Dynamik (eddy-turnover time)
ein Skalierungsverhalten wie
vl ∝ lΘ
tl ∝ lκ
ansetzt. Damit ergibt sich die verallgemeinerte Gleichung
ζ (p) = Θ (1 − κ) p + C0
die mit Θ = 13 , κ =
2
3
C0 − κ
1−
C0
Θp !
,
(3.10)
und C0 = 2 wieder die Gleichung (3.6) liefert.
3.2. Intermittenz im Lagrange-Bild
t
v (x, t)
t0 + τ
X (t0 + τ ; x0 , t0 )
X (t; x0 , t0 )
t0
x0
x
Abb. 3.3: Bei dem Lagrange’schen Geschwindigkeits-Inkrement werden zwei Geschwindigkeiten
zu zwei verschiedenen Zeitpunkten auf der Trajektorie eines Fluid-Elements miteinander verglichen.
Die bisher genannten Modelle beschreiben das Phänomen der Intermittenz im EulerBild. Dabei wurde die Statistik der Geschwindigkeitsdifferenz δ~l ~v zwischen zwei
3.2 Intermittenz im Lagrange-Bild
25
Punkten im Raum zu Grunde gelegt. Wie bereits im Abschnitt 1.2 erwähnt, kann
man die Turbulenz auch aus der Sicht einzelner Fluid-Elemente
~ (t + τ ; ~x, t) , t + τ − ~v (~x, t)
δτ ~v = ~v X
(3.11)
betrachten5 . Für große Werte von τ τη besitzen die zu vergleichenden Geschwindigkeiten auf den Trajektorien keine Korrelation. Die PDF der GeschwindigkeitsInkremente ist somit normalverteilt. Werden die zeitlichen Abstände hingegen sehr
klein gewählt, τ = O (τη ), so entspricht die PDF derjenigen der Beschleunigung. In
diesem Fall sind die Flanken (engl. tails) der PDF stark überhöht gegenüber der
Normalverteilung, was auf intermittentes Verhalten hinweist.
Ausgehend von δτ ~v definiert man analog zu (2.13)
SpL (τ ) = h|δτ vi |p i
(3.12)
die Lagrange’schen Strukturfunktionen, wobei eine Unterscheidung in longitudinalen und transversalen Komponenten hier nicht sauber definiert werden kann
und man über alle Komponenten i der Geschwindgeitsdifferenz mittelt. Äquivalent
zu den Euler’schen Strukturfunktionen würde man auch hier im Inertialbereich ein
Skalierungsverhalten gemäß
L
SpL (τ ) ∝ τ ζ (p)
(3.13)
erwarten. Aus dem Skalierungsverhalten (2.9a-c) folgt, dass die GeschwindigkeitsInkremente wie
h
δτ v ∝ τ 1−h
von der Zeitskala abhängen. Nach der K41 Theorie ergibt sich damit für die Exponenten der Strukturfunktionen
p
(3.14)
ζ L (p) =
2
und insbesondere sollte ζ L (2) = 1 gelten.
3.2.1. Biferale-Modell
Biferale u. a. (2004) haben versucht, aus der Intermittenz im Euler-Bild auf die Intermittenz im Lagrange-Bild zu schließen. Dabei gingen sie vom Multifraktalen Modell
aus und benutzen zusätzlich die Annahme, dass die Geschwindigkeitsdifferenzen
δτ v ∼ δl v
(3.15)
im Euler- und Lagrange-Bild äquivalent sind, wenn man die Beziehung
τ∼
5
Lh 1−h
l
V
(3.16)
~ (t + τ ; ~x, t) die Trajektorie des Teilchens, welches sich zum Zeitpunkt t am
Dabei bezeichnet X
~ (t; ~x, t) = ~x.
Ort ~x befand und es gilt X
26
3 Intermittenz
zwischen den räumlichen und zeitlichen Abständen ansetzt. Dabei bezeichnet L
die Skala der Energiezufuhr und V die großskaligen Geschwindigkeitsfluktuationen.
Hieraus erhält man eine zu (3.3) äquivalente Gleichung
hp + 3 − D (h)
ζ L (p) = inf
h
1−h
!
(3.17)
für die Lagrange’schen Exponenten der Strukturfunktionen. In diese Gleichung kann
man nun (3.7) aus dem She-Lévêque Modell bzw. eine äquivalente Formel für D (h)
aus dem verallgemeinerten She-Lévêque Modell einsetzen.
Für sehr große p 1 ist das Infimum von (3.3) und (3.17) durch den Vorfaktor
von p bestimmt. Im She-Lévêque Modell ergibt sich
(3.8)
lim ζ (p) = hmin p + 3 − D (hmin ) ∼
p→∞
p
9
und für das Biferale-Modell
lim ζ L (p) =
p→∞
hmin
3 − D (hmin ) (3.8) p
∼
p+
.
1 − hmin
1 − hmin
8
Somit sollte im Lagrange-Bild die Intermittenz stets schwächer in Erscheinung treten
sein als im Euler-Bild.
Wie im Anhang B.1 gezeigt wird, kann man aus Gleichung (3.17) eine einfache
Beziehung
ζ L (p − ζ (p)) = ζ (p)
(3.18)
zwischen den Euler’schen ζ und den Lagrange’schen ζ L Exponenten der Strukturfunktionen herleiten. Da ζ (p) eine monoton wachsende Funktion ist, gilt somit
ζ L (p) > ζ (p) ,
p>0.
(3.19)
Insbesondere ergibt sich aus ζ (3) ≡ 1, dass im Lagrange-Bild ζ L (2) ≡ 1 gilt.
Dieses Modell für den Übergang von der Euler’schen zur Lagrange’schen Statistik
erhält weiterhin die Monotonie. Betrachtet man beispielsweise die Intermittenz der
Navier-Stokes und der MHD-Turbulenz, gilt im Euler-Bild nach Homann (2006)
ζN S (p) > ζM HD (p) ,
p>3.
(3.20)
Im Anhang B.2 wird gezeigt, dass in Verbindung mit Gleichung (3.18) daraus für
das Lagrange-Bild
L
ζNL S (p) > ζM
p>2
(3.21)
HD (p) ,
folgt. Mit Hilfe numerischer Simulationen konnte Homann (2006) jedoch zeigen, dass
dies so nicht zutrifft. Auf die Diskrepanzen im Biferale-Modell werde ich am Ende
dieser Arbeit, im Abschnitt 8.5, ausführlicher eingehen.
27
4. Kompressible Turbulenz
Seit Kolmogorov wurden im Bereich der inkompressiblen Turbulenz große theoretische Fortschritte durch die phänomenologische Beschreibung erzielt. Eine Übertragung der Theorien auf den kompressiblen Fall erweist sich jedoch als schwierig.
Behält man die Vorstellung einer Kaskade entsprechend der Richardson-Kaskade
bei, dann skaliert die Dichte nach von Weizsäcker (1951) wie
ρ ∝ l−3α ,
(4.1)
wobei α ein Maß für die Kompressibilität ist. Ausgehend von einer konstanten Energie-Transferrate pro Volumenelement
εV = ρε ∝ ρv 2
v
= const
l
leitet Fleck (1996) die Skalenrelationen
v
ρ
∝
∝
l1/3+α
l−3α
(4.2a)
(4.2b)
E (k)
∝
l−5/3−2α
(4.2c)
her. Die Gleichung (4.2a) lässt bereits vermuten, dass das 54 -Gesetz von Kolmogorov
(2.14) für den Fall der kompressiblen Turbulenz seine Gültigkeit verliert. Das äußerst
erfolgreiche She-Lévêque Modell für inkompressible Intermittenz setzt jedoch die
Gültigkeit von
S3 (l) ∝ l
bzw.
v ∝ l1/3
als exaktes Verhältnis voraus. Eine mögliche Lösung dieses Problems bietet das
verallgemeinerte She-Lévêque Modell von Boldyrev (2002) nach Gleichung (3.10).
Kritsuk u. a. (2007) haben noch einen anderen Weg aufgezeigt, um die Intermittenz-Theorie aus der inkompressiblen auf die kompressible Turbulenz zu übertragen.
Sie definieren dazu eine neue Größe
w
~ := ρ1/3~v ,
(4.3)
l1/3
(4.2d)
welche nach (4.2a) und (4.2b) wie
w
∝
skaliert. Für diese Größe gilt nun wie im inkompressiblen Fall
Sp (l) = h|δl w|p i ∝ lξ(p)
mit
ξ (3) = 1 .
Inwieweit das She-Lévêque Modell auf die Exponenten der Strukturfunktionen dieser neuen Größe anwendbar ist, wird in dieser Arbeit im Abschnitt 8.3.1 genauer
untersucht. Ich möchte im Rahmen dieser Einleitung jedoch zunächst weitere Eigenschaften der kompressiblen Turbulenz anhand eines einfachen Modells, der 1D
Burgers-Gleichung, diskutieren.
28
4 Kompressible Turbulenz
4.1. Burgers-Gleichung
Die Navier-Stokes Gleichungen (2.2, 2.3) bilden ein System gekoppelter, partieller
Differentialgleichungen und es ist extrem schwierig aus diesen analytische Aussagen
über das Verhalten turbulenter Strömungen abzuleiten. Im Rahmen der inkompressiblen Turbulenz hat sich die phänomenologische Beschreibung als äußerst fruchtbar
erwiesen und wie im vorherigen Abschnitt beschrieben, gibt es Bemühungen diese
Theorie auch auf den kompressiblen Fall auszudehnen. Wir wollen nun noch einen
anderen Zugang betrachten.
In den dreißiger Jahren wurde von J.M. Burgers (siehe auch Burgers (1974)) ein
eindimensionales Modell eines drucklosen Gases vorgestellt:
∂v
∂ 2v
∂v
+v
=ν 2 .
∂t
∂x
∂x
(4.5)
Dies entspricht einer ideal kompressiblen Strömung. Wegen der Vernachlässigung
des Druckes ist diese viskose Burgers-Gleichung lokal im Raum und kann mittels
der Hopf-Cole Transformation v = −2ν ∂xφφ in eine Diffusionsgleichung φt = νφxx
überführt und damit exakt gelöst werden.
Im Limes verschwindender Viskosität ν → 0 erhält man die Hopf-Gleichung
∂v
∂v
+v
=0,
∂t
∂x
(4.6)
auf welche ich mich im Folgenden beschränken möchte.
4.1.1. Phänomenologie
v(x)
Aufgrund der fehlenden Glättungseigenschaft der Viskosität bildet die Hopf-Gleichung (4.6) in endlicher Zeit aus glatten Anfangsbedingungen Unstetigkeiten, die
man als Schocks bezeichnet. Ein typischer eindimensionaler Schock ist in Abb. 4.1
wiedergegeben6 .
x
Abb. 4.1: Die Hopf-Gleichung bildet nach endlicher Zeit Schocks.
6
In Bec und Khanin (2007) wird die Topologie mehrdimensionaler Burgers Schocks diskutiert.
Ich möchte an dieser Stelle aber nicht zu tief in dieses Thema einsteigen.
4.1 Burgers-Gleichung
29
4.1.2. PDF und Strukturfunktion
Unter Vernachlässigung der zeitlichen Entwicklung und nach Normierung von x
und v lässt sich dieser eindimensionale Schock mit periodischen Randbedingungen
beschreiben als
v (x) = x − bxc .
(4.7)
Dabei bezeichnet bxc das Abrunden auf die nächstkleinere ganze Zahl. Man erkennt
sofort, dass in diesem Modell die Wahrscheinlichkeitsdichte für das Auftreten einer
gewissen Geschwindigkeit
(
P (v) =
1, 0 ≤ v < 1
0, sonst
ist. Für die Geschwindigkeits-Inkremente δl v = v (x + l) − v (x) ergibt sich hingegen
für 0 ≤ l < 1 die Wahrscheinlichkeitsverteilung:
p (u) = P (δl v) =
=
Z 1
δ (u − [v (x + l) − v (x)]) dx
0
Z 1−l
δ (u − l) dx +
Z 1
δ (u − [l − 1]) dx
1−l
0
= (1 − l) δ (u − l) + lδ (u − [l − 1]) ,
wobei δ(. . . ) die Dirac’sche Delta-Funktion bezeichnet. Auch die Strukturfunktionen
lassen sich für dieses einfache Schock-Modell analytisch berechnen:
Sp (l) = h|v (x + l) − v (x)|p i
=
Z 1
|v (x + l) − v (x)|p dx
0
=
Z 1−l
0
lp dx +
Z 1
(l − 1)p dx
1−l
= (1 − l) lp + l(1 − l)p
(4.8)
30
4 Kompressible Turbulenz
4.1.3. Exponenten der Strukturfunktionen
Durch die Unstetigkeit wird trotz verschwindender Viskosität der Hopf-Gleichung
Energie dissipiert. Die dazugehörige Dissipationsskala η ist eine Nullmenge im Bereich der Ortskoordinaten und besitzt damit die Länge Null. Für die Bestimmung der
Exponenten der Strukturfunktionen müssen sich die betrachteten Skalen im Inertialbereich befinden. Dafür genügt es 0 < l 1 zu fordern, und man erhält folgendes
Skalierungsverhalten
lim Sp = (1 − l) lp + l (1 − pl)
l&0
= l + lp − lp+1 − pl2
(
=
O (lp ) 0 ≤ p ≤ 1
O (l) 1 ≤ p
.
(4.9)
Die Exponenten der Strukturfunktionen lassen sich hieraus zu
(
ζ (p) =
p, 0 ≤ p ≤ 1
1, 1 ≤ p
(4.10)
ablesen. Dieses Ergebnis basiert auf dem vereinfachten Fluid-Modell der BurgersGleichung (4.6) und ist stark idealisiert. Es zeigt jedoch den charakteristischen Verlauf der Exponenten in der kompressiblen Turbulenz, in denen Schocks über Wirbelröhren dominieren.
1.2
1
ζ(p)
0.8
0.6
0.4
0.2
0
0
1
2
3
4
p
5
6
7
8
Abb. 4.2: Das Auftreten von Schocks in den Lösungen der Burgers-Gleichung spiegelt sich in den
Exponenten der Strukturfunktionen wider.
4.1 Burgers-Gleichung
31
4.1.4. Lagrange-Bild
Zur Beschreibung der Burgers-Turbulenz im Lagrange-Bild betrachtet man passive
Teilchen in dem Geschwindigkeitsfeld v(x). Diese bewegen sich, je nach Position,
entweder schneller oder langsamer als der Schock. Mit der Zeit würden in diesem
idealisierten Beispiel somit mehr und mehr Teilchen durch den Schock aufgesammelt
werden. Dieser bewegt sich mit der Schockgeschwindigkeit
vS =
v+ + v−
= 0.5 ,
2
wobei v + und v − dabei die Geschwindigkeiten auf beiden Seiten des Schocks bezeichnen. Nach einer hinreichend großen Zeit ist die Anzahl der Teilchen außerhalb
des Schocks für eine statistische Auswertung vernachlässigbar. Damit folgt für die
Lagrange’schen Geschwindigkeitsdifferenzen
P (δτ v) = δ (0)
und für die Strukturfunktionen
SpL (τ ) = h|v (t + τ ) − v (t)|p i
=
Z ∞
|v (t + τ ) − v (t)|p dt
0
=0.
(4.11)
Die zugehörigen Exponenten der Strukturfunktionen sind somit nicht festgelegt.
Anhand dieser einfachen Überlegung erkennt man bereits grundlegende Unterschiede zwischen der Euler’schen und der Lagrange’schen Darstellung. Die Lagrange’schen Strukturfunktionen sind unabhängig von p und l und enthalten somit weniger Informationen als im Euler-Bild. Eine Übertragung der Statistik ist in diesem
Fall zwar von Euler nach Lagrange möglich, aber nicht umgekehrt.
Teil III
Numerik
35
5. Einführung
Die direkte numerische Simulation (DNS) von Turbulenz machte aufgrund der enormen Leistungssteigerung von digitalen Computern in den letzten Jahrzehnten große
Fortschritte. Nach wie vor benötigen Computersimulationen jedoch einfache Randbedingungen und moderate Reynolds-Zahlen. Sie ermöglichen dafür jedoch eine detaillierte Auswertung aller interessanten Größen, während bei einem Experiment
teilweise beachtliche technische Anstrengungen nötig sind, um z.B. Testteilchen im
Lagrange-Bild zu verfolgen.
5.1. Konservative Formulierung
In der Numerik ist es nicht möglich, Felder, wie sie im Euler-Bild auftreten, vollständig zu beschreiben, sondern man ist auf eine Näherung durch die endliche Gitterauflösung beschränkt. Dadurch treten Fehler auf, die sich während der Simulation
aufsummieren und verstärken können. Es ist daher wünschenswert, dass gewisse
physikalische Randbedingungen, wie Erhaltungssätze für Masse, Impuls und Energie, intrinsisch durch das numerische Verfahren erhalten bleiben7 . Ein erster Schritt
in diese Richtung ist die konservative Formulierung der Gleichungen.
Für die numerische Untersuchung der kompressiblen Turbulenz bin ich in meiner
Arbeit von der Euler Gleichung (2.1) ausgegangen. Zunächst muss diese Gleichung
auf die Variablen Impulsdichte (~p = ρ~v ) und Dichte (ρ) umgeschrieben werden.
Die Massenerhaltung ist bereits durch die Gleichung (2.3) gegeben. Wegen der verwendeten isothermen Zustandsgleichung wird in meinen Simulationen auf die Energietransport-Gleichung verzichtet und es gilt P = ρ. Insgesamt ergibt sich damit
folgendes Gleichungssystem:
∂ρ
+ ∇ · p~ = 0
( ∂t
)
∂~p
p~p~t
+∇·
+ ρ1 = f~
∂t
ρ
(5.1a)
(5.1b)
Vernachlässigt man den Treiber f~, so sind diese Gleichungen von hyperbolischer
Form, welche sich allgemein ausdrücken lässt als
∂t u + ∇ · F (u) = 0 .
(5.2)
Dabei bezeichnet u ein beliebiges skalares oder vektorielles Feld und F (u) den Flusstensor des Feldes u. Wie bereits oben erwähnt, verwendet man in der Numerik Gitter
endlicher Auflösung. Die Integration der Gleichung (5.2) über das Volumen V einer
7
Inkompressible und MHD Simulationen müssen zusätzlich noch die Divergenzfreiheit der Felder
~ garantieren.
~v bzw. B
36
5 Einführung
einzelnen Gitterzelle liefert
0=
Z
∂t u dV +
VZ
= ∂t
u dV +
V
= ∂t ū +
Z
∇ · F (u) dV
IV
F (u) · ~n dV
∂V
1
F| .
|V | ∂V
(5.3)
Dabei wurde im ersten Schritt der Satz
von Gauss angewandt und im zweiten Schritt
1 R
der Mittelwert des Feldes ū = |V | V u und der Fluss durch die Oberfläche der Gitterzelle F |∂V eingesetzt. Bei diesem numerischen Verfahren betrachtet man somit
die Zellmittelwerte der Felder und nicht den Wert an einer speziellen Position, wie
beim Finite-Differenzen-Verfahren. Dementsprechend wird dieses Verfahren als Finite-Volumen-Methode bezeichnet. Der Fluss, der aus einer Zelle herausführt,
erhöht den Wert des Feldes der entsprechenden Nachbarzelle um den gleichen Betrag, um den er in der aktuellenR Zelle verringert wird.R Damit erhält dieses Verfahren
intrinsisch den Gesamtimpuls p~ dV und die Masse ρ dV .
Die Kunst liegt nun darin, aus den Zellmittelwerten den mittleren Fluss F (ū)
durch die einzelnen Zelloberflächen richtig abzuschätzen.
5.2. Fluss-Berechnung
Die Diskretisierung der Finite-Volumen-Methode entspricht einer stückweise konstanten Approximation der Felder. An den Zellgrenzen treten dabei Unstetigkeiten
auf, die Ausgangspunkt verschiedener Wellen mit unterschiedlichen Ausbreitungsgeschwindigkeiten und -richtungen sind. Dies bezeichnet man als Riemann-Problem.
Die Fluss-Rekonstruktion erfolgt aus diesem Grunde häufig mittels eines RiemannSolvers.
In dieser Arbeit wurde hingegen die CWENO8 -Rekonstruktion nach Kurganov
und Levy (2000) verwendet. Sie benutzt eine links- und rechtseitige lineare Rekonstruktion sowie eine zentrale quadratische Interpolation der Felder innerhalb einer
Zelle. Diese drei Einzel-Polynome werden zu einem Gesamt-Polynom kombiniert,
wobei die Gewichtung von der Glattheit der Lösung an dieser Stelle abhängt. Durch
diese Gewichtung werden Oszillationen unterdrückt, woher das Verfahren seinen Namen erhält. Mit diesem Interpolations-Polynom werden die Werte der Felder an den
Zellgrenzen bestimmt und mit Hilfe der Gleichungen (5.1a, 5.1b) können damit die
Flüsse an den Grenzen der Zelle berechnet werden.
Um die Stabilität des Verfahrens zu garantieren, ist zusätzlich zu dem CFLKriterium (Courant u. a. (1928)) eine numerische Diffusion erforderlich. In den klassischen Central schemes, wie dem Lax-Friedrich Verfahren, ist die “Diffusionslänge” auf eine halbe Zelle festgesetzt. Dadurch entsteht in Bereichen kleiner Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wellen oder bei zu klein gewählten Integrations-Zeitschritten eine unnötig hohe numerische Dissipation. Das in dieser Arbeit verwendete
8
Central Weighted Essentially Non-Oscillatory
5.3 Zeitintegration
37
Verfahren von Kurganov und Levy (2000) verwendet hingegen ein von der maximalen Wellengeschwindigkeit und dem Zeitschritt abhängiges Glättungsintervall, um
die numerische Dissipation lokal so klein wie möglich zu halten.
Für eine detaillierte Beschreibung des Verfahrens möchte ich an dieser Stelle auf
die ausführliche Darstellung in Beetz (2006) verweisen.
5.3. Zeitintegration
Für die zeitliche Integration wurde das Runge-Kutta Verfahren dritter Ordnung
nach Shu und Osher (1988) verwendet.
u(1) = un − ∆t F (un )
1
1
3
u(2) = un + u(1) + ∆t F
4
4
4
1
2
2
un+1 = un + u(2) + ∆t F
3
3
3
u(1)
u(2)
Diese Methode besitzt im Vergleich zum klassischen Runge-Kutta Verfahren gleicher
Ordnung den Vorteil, dass es sich mit einem geringeren Speicherverbrauch für die
Zwischenergebnisse implementieren lässt. Da die Flussberechnung nicht explizit von
der Zeit abhängt, können in dem Butcher-Schema (siehe Tabelle 5.1) bei diesem
Verfahren die Zeit-Koeffizienten vernachlässigt werden (durch ∗ gekennzeichnet).
0
∗
1
∗
1
4
1
6
1
4
1
6
2
3
Tabelle 5.1: Butcher-Schema für die Runge-Kutta Integration dritter Ordnung nach Shu und
Osher (1988)
5.4. Passive Tracer-Teilchen
Ein Hauptbestandteil dieser Arbeit besteht in der Untersuchung der Turbulenz aus
der Lagrange’schen Sichtweise, entsprechend Abschnitt 1.2.2. Dazu ist es erforderlich, die Felder entlang der Trajektorien einzelner infinitesimaler Fluid-Elemente
auszuwerten. Diese Fluid-Elemente werden in meiner Simulation durch passive Teilchen, die sich gemäß der Gleichung
d ~
~
X (t) = ~v X(t),
t
dt
(1.3)
bewegen, realisiert.
Die notwendige Interpolation der Felder an der jeweiligen Teilchenposition und
die Kopplung der zeitlichen Integration der Trajektorien mit der Zeitintegration
38
5 Einführung
der Felder wurde von mir bereits während meiner Diplomarbeit durchgeführt und
sind im Detail in Schwarz (2007) nachzulesen. An dieser Stelle möchte ich lediglich
darauf hinweisen, dass aufgrund der konservativen Formulierung der Gleichungen
(5.1a, 5.1b) es nicht möglich ist, das Geschwindigkeitsfeld ~v direkt zu interpolieren.
Stattdessen ist es erforderlich, ~v durch Impuls p~ und Dichte ρ auszudrücken. Bei
der Interpolation der Dichte muss dabei ein nicht-oszillierendes Verfahren benutzt
werden, um unphysikalische Nulldurchgänge zu vermeiden.
Bemerkung. Es erscheint im ersten Augenblick sinnvoll und konsistent, für die Interpolation auf die Teilchenposition die gewichteten Polynome der CWENO-Rekonstruktion aus Abschnitt 5.2 zu verwenden. Das Problem dabei ist, dass diese
Polynome eindimensional sind und die Flüsse für jede Richtung separat berechnet
werden. Eine Verallgemeinerung auf mehrere Dimensionen zur gleichzeitigen Rekonstruktion der Felder an allen Zellgrenzen ist mir bisher nicht bekannt. Für die
Dichte-Auswertung wurde daher eine stückweise lineare Interpolation benutzt.
39
6. Setup der Simulation
Meine Untersuchungen der Euler’schen und Lagrange’schen Statistik in kompressibler Turbulenz basieren im Wesentlichen auf einer Simulation der konservativen
Euler-Gleichung (5.1a-b) mit dem Rahmenprogramm racoon II , welches im Anhang A beschrieben wird.
Die Felder wurden mit Orszag-Tang ähnlichen Anfangsbedingungen initialisiert
und für die externe Kraft wurde ein Treiber von Beetz (2006) verwendet. Die Rekonstruktion erfolgte mit dem CWENO-Schema nach Abschnitt 5.2.
Das Simulationsgebiet besaß eine Größe von (2π)3 unterteilt in 512 Zellen je
Richtung und periodische Randbedingungen. Für die Zeitintegration wurde ein
Runge-Kutta Verfahren dritter Ordnung entsprechend Abschnitt 5.3 mit einer
konstanten Schrittweite von ∆t = 10−4 eingesetzt. Insgesamt wurde die Rechnung
über 100 000 Zeitschritte bis T = 10 ausgeführt, was auf den verwendeten 32 Prozessoren des institutsinternen Opteron-Clusters einer Rechenzeit von etwa zwei Monaten entsprach. Zur Untersuchung der Turbulenz aus der Lagrange’schen Sichtweise
enthielt die Simulation 2 000 000 passive Tracer-Teilchen, wie sie in Abschnitt 5.4 beschrieben wurden. Die hier beschriebenen Parameter sind in Tabelle 6.1 noch einmal
zusammengefasst.
Parameter
L
= 2π
N
= 512
n
= 2 000 000
∆t
= 1 · 10−4
T
= 10 ' 17TI
TCP U ' 45 000
10TI ≤ Tused ≤ 17TI
Kommentar
Ausdehnung der Simulationsbox
Anzahl der Zellen je Richtung
Anzahl passiver Tracer-Teilchen
Schrittweite der zeitlichen Integration
Gesamte Simulationszeit
Verbrauchte CPU-Stunden
Für die Auswertung verwendete Daten
Tabelle 6.1: Parameter der Simulation. Die Integrale Zeitskala TI wird in Abschnitt 6.1.2 definiert.
40
6 Setup der Simulation
6
5
Machzahl
4
3
2
1
0
10
11
12
13
14
15
16
17
T / TI
Abb. 6.1: Über das Volumen gemittelte Machzahl M
6.1. Zeitskalen
6.1.1. Dynamische Zeitskala
Für die Auswertungen im Kapitel 7 und 8 wurde der stationäre Bereich ab dem
60 000-ten Integrationsschritt (T ≥ 10TI ) herangezogen. Für diesen Bereich ergab
sich eine mittlere Machzahl von M ' 4.5, wie es aus dem zeitlichen Verlauf in
Abb. 6.1 zu ersehen ist. Damit besitzt die dynamische Zeitskala
TD =
L
2M
(6.1)
einen Wert von
TD =
2π
' 0.70 .
2 · 4.5
6.1.2. Integrale Zeitskala
Mit der Varianz Var (X) und der Kovarianz Cov (X, Y ) ist die Auto-Korrelation des
Geschwindigkeitsfeldes gegeben als
Rτ (~v , ~v ) =
Cov (vi (t + τ ) , vi (t))
.
Var (vi )
i∈{x,y,z}
X
(6.2)
In Abb. 6.2 ist der monotone Abfall dieser Auto-Korrelation erkennbar. Die Integrale Zeitskala
TI =
Z ∞
0
Rτ (~v , ~v ) dτ
(6.3)
6.1 Zeitskalen
41
1
ρ
v
p
0.8
R
0.6
0.4
0.2
0
0.1
1
τ / TI
Abb. 6.2: Komponentenweise Auto-Korrelation der Geschwindigkeit vi , des Impulses pi und der
Dichte ρ, wobei über die Komponenten i gemittelt wurde
ist ein Maß für das Zeitintervall, in dem sich das Geschwindigkeitsfeld an seine
Vergangenheit “erinnert”. Sie beträgt bei meiner Simulation
TI ' 0.6 .
6.1.3. Lagrange’sche “Taylor”-Zeitskala
Während die Integrale Zeitskala ein Maß für das “Gedächtnis” der Felder ist, lässt
sich auch eine Zeitskala für die schnellen Fluktuationen definieren. Nach Yeung
(2002) bezeichnen wir
τT =
v
u
u
t
Var (vi )
Var (Dt vi )
(6.4)
als die Lagrange’sche “Taylor”-Zeitskala der Turbulenz. Dabei bezeichnet Dt vi
die konvektive Ableitung der i-ten Komponente des Geschwindigkeitsfeldes. Die
Auswertung meiner Daten liefert hierfür einen Wert von τT ' 0.12.
Teil IV
Übergang von Euler’scher zu
Lagrange’scher Statistik
45
7. PDF der Geschwindigkeits-Inkremente
Nachdem ich in den vorherigen Abschnitten die wesentlichen Begriffe der TurbulenzTheorie und die verwendete Numerik meiner Simulation erläutert habe, möchte ich
in diesem Teil die Zusammenhänge zwischen der Euler’schen und Lagrange’schen
Statistik in kompressibler Turbulenz untersuchen.
Kamps u. a. (2009) stellen eine Theorie vor, wie sich die Statistik der Euler’schen
Geschwindigkeits-Inkremente uE in die Lagrange’schen uL überführen lässt. Dazu
wird ein neues Euler-Lagrange’sches Geschwindigkeits-Inkrement uEL eingeführt.
Der Übergang von der PDF der Euler’schen Inkremente f E zu der Euler-Lagrange’schen Statistik f EL erfolgt mittels einer bedingten Wahrscheinlichkeit pA , die als
Übergangswahrscheinlichkeit aufgefasst werden kann. Von diesem Zwischenergebnis
gelangt man in analoger Weise mittels einer weiteren Übergangswahrscheinlichkeit
pB zur Lagrange’schen PDF f L der Geschwindigkeits-Inkremente. Für isotrope, inkompressible Turbulenz ist diese Methode ein exaktes statistisches Resultat. Dies
wird auch durch die numerischen Ergebnisse von Kamps u. a. (2009) und Homann
u. a. (2009) bestätigt.
In den folgenden Abschnitten werde ich diese Theorie ausführlich beschreiben
und sie auf die Daten aus meiner kompressiblen Turbulenz-Simulation anwenden.
Insbesondere werde ich dabei auf die Übergangswahrscheinlichkeit pB und deren
Bedeutung eingehen. Die Beziehungen zwischen den verwendeten GeschwindigkeitsInkrementen werden in Abb. 7.1 illustriert.
Beginnen möchte ich diese Diskussion mit dem Ziel, den Lagrange’schen Inkrementen, und mich dann entgegen der Transformations-Richtung bis zu den Euler’schen
Inkremente vorzuarbeiten.
t
v (x, t)
x0
t0 + τ
uEL
X (t0 + τ ; x0 , t0 )
uL
uP
X (t; x0 , t0 )
t0
l
x0
uE
x
Abb. 7.1: Beziehung zwischen den Geschwindigkeits-Inkrementen im Euler-, Lagrange- und gemischten Bild
46
7 PDF der Geschwindigkeits-Inkremente
7.1. Lagrange’sche Inkremente
Das Lagrange’sche Geschwindigkeits-Inkrement eines einzelnen Fluid-Elements wurde bereits in Abschnitt 3.2 als
~uL (τ ) = δτ ~v
~ (t + τ ; ~x, t) , t + τ − ~v (~x, t)
= ~v X
(7.1)
eingeführt. Für die Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion (PDF) einer
gewissen Geschwindigkeitsänderung
D E
f L (u; τ ) = δ ~uL · êi − u
(7.2)
i,t,k
betrachtet man die Komponenten êi der Differenz-Vektoren ~uL separat und bildet
den Mittelwert über alle Test-Teilchen k und der zeitlichen Entwicklung t der Turbulenz.
In Abb. 7.2 sind die Resultate aus meinen numerischen Simulationen für drei verschiedene Zeitintervalle τ wiedergegeben. Für sehr große zeitliche Abstände sind die
Geschwindigkeiten unkorreliert und die Verteilung ist nahezu gaussförmig. Hingegen treten bei sehr kleinen Zeitdifferenzen große Geschwindigkeitsänderungen mit
erhöhter Wahrscheinlichkeit auf.
1
τ = 0.033 TI
τ = 0.40 TI
τ = 2.0 TI
Gauss
0.1
0.01
fL
0.001
0.0001
1e-005
1e-006
1e-007
-20
-15
-10
-5
0
5
10
15
20
L
u
Abb. 7.2: PDF der Lagrange’schen Geschwindigkeits-Inkremente. Die Zeitdifferenzen sind relativ
zu der Integralen Zeitskala TI (6.3) angegeben.
7.2 Euler-Lagrange’sche Inkremente
47
7.2. Euler-Lagrange’sche Inkremente
7.2.1. Räumliches Geschwindigkeits-Inkrement
Das gemischte Euler-Lagrange’sche Geschwindigkeits-Inkrement ist definiert als
~ (t + τ ; ~x, t) , t + τ − ~v (~x, t + τ ) .
~uEL (τ ) = ~v X
(7.3)
Die Mittelung für die PDF
D E
f EL (u; τ ) = δ ~uEL · êi − u
i,t,k
(7.4)
erfolgt wie bei der Lagrange’schen PDF über alle Komponenten i des Differenzvektors, allen Teilchen k und der Zeit t.
Das hier betrachtete Geschwindigkeits-Inkrement besitzt Ähnlichkeit mit dem Euler’schen Inkrement (2.11), nur dass der Abstandsvektor ~l nicht fest vorgegeben ist,
sondern sich aus der Entfernung, die die einzelnen Teilchen im Zeitintervall τ überbrücken, bestimmt. Da sich die Geschwindigkeiten, mit der sich die einzelnen Teilchen bewegen, stark unterscheiden, legen sie somit in dem Zeitintervall τ auch sehr
unterschiedliche Entfernungen
~l (τ ) = X
~ (t + τ ; ~x, t) − ~x
zurück. Damit treten selbst für kleine Zeitintervalle bereits große Geschwindigkeitsdifferenzen auf. Betrachtet man die Auswertung in Abb. 7.3, erkennt man dies anhand der großen Varianz der PDF f EL für das Zeitintervall τ = 0.033TI . Dies ist
eine Aussage, die insbesondere für kleine Zeitintervalle relevant ist.
Will man hingegen große Zeitintervalle betrachten, stößt man bei diesen gemischten Geschwindigkeits-Inkrementen auf Probleme, die durch die endliche räumliche
Ausdehnung der Simulationsbox begründet sind und zu einer Einschränkung des
sinnvollen Parametererbereichs für τ führen.
7.2.2. Einschränkung der Parameter
Für eine Verbindung zwischen Euler’scher und Lagrange’scher Statistik ist eine Abschätzung, in welchem Parameterbereich dies überhaupt möglich ist, von wesentlichem Interesse.
Aufgrund der periodischen Randbedingungen in meiner Simulation ist es zwecklos, für die Euler’schen Geschwindigkeits-Inkremente einen Abstand l größer als
L/2 = π entlang der Koordinatenachsen zu betrachten. Damit ist auch die maximale Zeitdifferenz τ für die Lagrange’schen Geschwindigkeits-Inkremente, die man
aus den Euler’schen berechnen kann, beschränkt. Für eine Abschätzung dieser Zeitskala betrachten wir die Wahrscheinlichkeit für die Entfernung, die ein Teilchen in
einer vorgegebenen Zeit überbrückt. Dieser darf für eine sinnvolle Übersetzung der
Statistiken nicht größer als π werden. Wie man aus der Abb. 7.4 entnimmt, ergibt
sich daraus eine maximale Zeitdifferenz von
τmax ' 0.6TI .
Diese maximale Zeitdifferenz ist auch bei der Auswertung von uEL zu beachten.
48
7 PDF der Geschwindigkeits-Inkremente
1
τ = 0.033 TI
τ = 0.10 TI
τ = 0.50 TI
0.1
0.01
fEL
0.001
0.0001
1e-005
1e-006
1e-007
-20
-15
-10
-5
0
5
10
15
20
EL
u
Abb. 7.3: PDF der Euler-Lagrange’schen Geschwindigkeits-Inkremente. Die Zeitdifferenzen sind
relativ zu der Integralen Zeitskala (6.3) angegeben.
6
τ = 0.067 TI
τ = 0.20 TI
τ = 0.40 TI
τ = 0.67 TI
τ = 1.00 TI
5
p(l; τ)
4
3
2
1
0
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
3.5
l
Abb. 7.4: Wahrscheinlichkeit für die überbrückte Entfernung eines Teilchens in der Zeit τ .
7.3 Übergang von Euler-Lagrange zu Lagrange
49
7.2.3. Zeitliches Geschwindigkeits-Inkrement
Ausgehend von uEL und uL lässt sich noch ein weiteres Geschwindigkeits-Inkrement
definieren.
~uP (τ ) = ~uL − ~uEL
= ~v (~x, t + τ ) − ~v (~x, t)
(7.5)
Es gibt die zeitliche Änderung der Geschwindigkeit an einer festen Position an und
wird im nächsten Abschnitt zur Bestimmung der bedingten Wahrscheinlichkeit pB
verwendet.
7.3. Übergang von Euler-Lagrange zu Lagrange
Vergleicht man die Definitionen (7.1), (7.3) und (7.5), dann gilt offensichtlich:
~uL (τ ) = ~uP (τ ) + ~uEL (τ )
(7.6)
Diese Formel zerlegt das Lagrange’sche Geschwindigkeits-Inkrement entlang einer
Trajektorie in eine zeitliche ~uP und eine räumliche Komponente ~uEL . Damit lässt
sich mit Gleichung (7.2) die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer bestimmten
Geschwindigkeitsänderung im Lagrange-Bild bestimmen.
Z
L
f (u; τ ) =
d~u
EL
P
P
d~u δ u − ~u + ~u
EL
· êi
i,t,k
=
*Z
Z
=
=
Z
d~u
EL
Z
P
d~u δ u −
d~uEL p u − uEL
i
EL
du
pB u − u
uPi
−
uEL
i
+
t,k
i
i
uEL f EL uEL
EL (7.7)
Im letzten Schritt wurde unter Zuhilfenahme von P (A) = P (A| B) P (B) die Übergangswahrscheinlichkeit
pB uP uEL ; τ =
D
~uL − ~uEL · êi ~uEL · êi
E
i,t,k
(7.8)
eingeführt. Die Auswertung der Teilchen-Daten meiner kompressiblen TurbulenzSimulation, wie sie in Abb. 7.5 dargestellt ist, bestätigt dieses exakte, statistische
Resultat.
In den folgenden Abschnitten möchte ich nun auf die Eigenschaften dieser Übergangswahrscheinlichkeit pB genauer eingehen.
50
7 PDF der Geschwindigkeits-Inkremente
1
τ = 0.033 TI
τ = 0.10 TI
τ = 0.50 TI
0.1
0.01
fL
0.001
0.0001
1e-005
1e-006
1e-007
-20
-15
-10
-5
0
5
10
15
20
L
u
Abb. 7.5: Vergleich zwischen den nach Gleichung (7.7) berechneten (durchgezogene Linien) und
den direkt bestimmten (Punkte) Lagrange’schen Geschwindigkeits-PDFs.
7.3.1. Bedeutung und Modellbildung
In der Form (7.8) wurde pB ursprünglich von Kamps u. a. (2009) definiert. Die
physikalische Bedeutung erschließt sich jedoch besser, wenn man statt pB
p̂B uL uEL ; τ = pB uL − uEL uEL ; τ
(7.9)
betrachtet. Die zu (7.7) äquivalente Gleichung lautet damit
L
f (u; τ ) =
Z
duEL p̂B u| uEL ; τ f EL uEL ; τ .
(7.10)
Die bedingte Wahrscheinlichkeit p̂B gibt also an, wie häufig eine Geschwindigkeitsdifferenz im Lagrange-Bild auftritt, wenn man das Geschwindigkeits-Inkrement im
gemischten Euler-Lagrange-Bild kennt.
Bestimmt man, wie hier, pB aus den Daten der Simulation bzw. einer Messung,
könnte man auch gleich die Statistiken im Lagrange-Bild auswerten. Eine Theorie,
die die Euler’schen und die Lagrange’schen Geschwindigkeits-Inkremente verbinden
will, muss somit auch ein Modell für pB enthalten. Dazu möchte ich zunächst einige
Grenzfälle betrachten.
7.3 Übergang von Euler-Lagrange zu Lagrange
51
τ = 0.033 TI
0.7
0.6
0.5
τ = 0.033 TI
20
1
15
0.1
uEL = -5
uEL
= 0.0
uEL = +5
10
0.4
0.01
5
0.3
0
0.2
EL
u
-5
0.1
0.001
0.0001
-10
0
1e-005
-15
-20
-20
-15
-10
-5
0
L
5
10
15
1e-006
-20
20
-15
-10
-5
0
5
10
15
20
15
20
15
20
uL - uEL
EL
u -u
τ = 0.10 TI
0.4
τ = 0.10 TI
20
1
0.3
15
0.1
0.25
10
0.2
5
0.35
0.15
0
0.1
0.01
EL
u
-5
0.05
uEL = -5
uEL
= 0.0
uEL = +5
0.001
0.0001
-10
0
1e-005
-15
-20
-20
-15
-10
-5
0
L
u -u
5
10
15
1e-006
-20
20
-15
-10
-5
0
5
10
uL - uEL
EL
τ = 0.50 TI
0.3
0.25
τ = 0.50 TI
20
1
15
0.1
0.2
10
0.15
5
0.1
0
0.05
-5
uEL = -5
uEL
= 0.0
uEL = +5
0.01
EL
u
0.001
0.0001
-10
0
-15
-20
-20
-15
-10
-5
0
L
u -u
5
EL
10
15
20
1e-005
1e-006
-20
-15
-10
-5
0
5
10
uL - uEL
Abb. 7.6: Übergangswahrscheinlichkeit pB uL − uEL uEL ; τ für verschiedene Zeitintervalle τ .
Rechts sind die Schnitte durch pB für drei unterschiedliche uEL -Werte wiedergegeben.
52
7 PDF der Geschwindigkeits-Inkremente
Kleine Zeitintervalle: Die PDF im Lagrange-Bild konvergiert im Grenzfall kleiner
Zeitintervalle gegen die PDF der Beschleunigung f a = P (a).
f L (u) → f a (u)
Dies erkennt man aus der Definition der Beschleunigung
ai =
dvi
vi (t + τ ) − vi (t)
= lim
τ →0
dt
τ
im Vergleich mit Gleichung (7.1). Für pB bedeutet dies, dass
lim pB (u| 0; τ ) = lim p̂B (u| 0; τ ) = f a (u)
τ →0
τ →0
(7.11)
gilt. Die Beschleunigung wiederum ist durch die rechte Seite der Euler-Gleichung
(2.1) zu
f~
1
~a = − ∇P +
ρ
ρ
gegeben. Insgesamt lässt sich also f L und damit auch pB bzw. p̂B für τ → 0 mit
dem Euler-Bild beschreiben.
Die Modellbildung der Beschleunigungs-PDF ist jedoch noch Gegenstand der aktuellen Forschung (siehe z.B. Arimitsu und Arimitsu (2004) und Toschi und Bodenschatz (2009)).
Große Zeitintervalle: Für sehr große Zeitintervalle τ ≳ TI wird die Lagrange’sche
Statistik normalverteilt (siehe Abb. 7.2). Entsprechend sollte sich für p̂B uL uEL
bei festem uEL ein gaussförmiges Profil ergeben, wobei der Mittelpunkt in Abhängigkeit von uEL verschoben ist. Wir sind bei der Auswertung von uEL und damit
von pB jedoch auf Zeitintervalle τ ≤ 0.6TI beschränkt. Somit ist in Abb. 7.6 (unten rechts) zwar ein entsprechender Trend zur Normalverteilung erkennbar, sie wird
aber aufgrund der Beschränkung des maximalen Zeitintervalls nicht erreicht.
Winkel: Wie man in Abb. 7.6 erkennt, konzentriert sich die maximale Wahrscheinlichkeit für uL − uEL entlang einer Graden, die ungefähr einen Winkel von
ϕ = −45◦ mit der Abszisse bildet. Zum Vergleich ist in der Abbildung die Grade
g(uEL ) = −(uL − uEL ) als Linie in Cyan eingezeichnet.
Ich werde nun den Einfluss dieses Winkels auf die Transformation der Statistik
vom Euler-Lagrange- ins Lagrange-Bild diskutieren und dabei im ersten
Schritt da
von ausgehen, dass ein Schnitt parallel zur Abszisse durch p̂B uL uEL ein von uEL
unabhängiges Profil liefert.
Aus dem Zusammenhang zwischen pB und p̂B nach Gleichung (7.9) folgt, dass ein
ein Winkel von ϕ = −45◦ in pB einem Winkel von ϕ̂ = ±90◦ in p̂B entspricht, und
die Lagrange’sche Verteilung f L ist damit unabhängig von der Euler-Lagrange’schen
f EL . Dies sieht man wie folgt ein: Die Multiplikation von pB mit der PDF f EL
7.3 Übergang von Euler-Lagrange zu Lagrange
53
entspricht einer Gewichtung von pB entlang der uEL -Achse. Da pB nach den hier
benutzten Annahmen allerdings unabhängig von uEL ist, muss auch das Ergebnis
der Integration dieses Produkts über uEL unabhängig von der Eingangs-Verteilung
f EL sein. Diese Aussage wird in Abb. 7.7 (links) noch einmal verdeutlicht.
Das andere Extrem wäre ein Winkel von ϕ = −90◦ in pB . Dies entspricht einem
Winkel von ϕ̂ = 45◦ in p̂B , wie in Abb. 7.7 (rechts) skizziert. Wäre ein Schnitt durch
p̂B eine δ-Distribution, würde sich f L (u) = f EL (u) ergeben. Da jedoch das Profil
von p̂B eine endliche Varianz besitzt, erfährt die PDF f L dadurch eine zusätzliche
Glättung
D
E
f L (u) = f EL (u)
,
p̂B
die ich hier wieder mittels spitzer Klammern kennzeichne.
Für einen allgemeinen Winkel ϕ̂ erhält man aus diesen Überlegungen
*
L
f (u) =
f EL (u cot ϕ̂)
cot ϕ̂
+
(7.12)
p̂B
als Zusammenhang zwischen den Statistiken. Wie wir sehen, lässt sich die Wirkung
des Winkels recht anschaulich am Beispiel von p̂B erklären.
p̂B uL uEL
f EL
f EL
uL
uL
fL
uEL
uEL
p̂B uL uEL
fL
Abb. 7.7: Wirkung von p̂B bei unterschiedlichem Winkel ϕ̂.
links: Bei einem Winkel von ϕ̂ = 90◦ ist f L unabhängig von f EL .
rechts: Hingegen entspricht ein Winkel von ϕ̂ = 45◦ einer Glättung von f EL .
54
7 PDF der Geschwindigkeits-Inkremente
Kamps u. a. (2009) und Homann u. a. (2009) betrachten jedoch in ihren Arbeiten
den Winkel ϕ von pB . Beide Winkel sind über die Relation
cot ϕ̂ = 1 + cot ϕ
(7.13)
miteinander verknüpft. Für eine bessere Vergleichbarkeit der Resultate werde ich in
den nachfolgenden Auswertungen auch pB statt p̂B benutzen.
Die Änderung der Korrelation zwischen uEL und uL in Abhängigkeit vom Intervall
τ spiegelt sich als Drehung des Winkels ϕ in der bedingten Wahrscheinlichkeit pB
wieder. Die Winkel erhält man durch eine Geradenanpassung an die Schwerpunkte
µup uEL ; τ =
Z
du upB u| uEL ; τ
(7.14)
der Verteilung. Die so ermittelte Abhängigkeit des Winkels ϕ vom Zeitintervall τ ist
in Abb. 7.8 wiedergegeben. An diese Daten wurde eine Kurve der Art
ϕ (τ ) = α + βe−τ /Tϕ
(7.15)
angepasst. Aufgrund der Einschränkung der Parameter aus Abschnitt 7.2.2 reichen
die Daten jedoch nicht aus, um das asymptotische Verhalten eindeutig festzulegen.
Die Parameter des Fits können somit keine zusätzlichen Informationen liefern. Auffällig ist jedoch die Änderung des Winkels ϕ von etwa −52◦ für τ ' 0 zu einem
Wert von ϕ ≈ −55◦ für τ ' 0.6TI . Dass der Winkel für τ → 0 nicht gegen −45◦
konvergiert, zeigen auch die Untersuchungen von Homann u. a. (2009) für die inkompressible Turbulenz. Im Gegensatz zu meinen Ergebnissen ändert sich der Winkel ϕ
jedoch im inkompressiblen Fall um fast 30◦ .
Eine mögliche Begründung dieses Unterschieds kann in den verschiedenen Strukturen von kompressibler und inkompressibler Turbulenz gesehen werden. Die inkompressible Turbulenz wird durch Wirbelröhren dominiert, in deren Nähe die Teilchen starke Beschleunigungen erfahren, wodurch der Betrag und die Richtung ihrer
Geschwindigkeit extremen Änderungen unterliegt (siehe Toschi und Bodenschatz
(2009)). Die Wirbel selbst verändern im Vergleich dazu ihre Lage nur langsam. Somit folgt uL ' uEL , was wiederum einem Winkel von ϕ ' ±90◦ entspricht.
Hingegen befinden sich in kompressibler Turbulenz die meisten Teilchen in der Nähe der Schockfronten. Diese bewegen sich mit nahezu konstanter Geschwindigkeit
durch die Flüssigkeit, was zu einer großen Korrelationszeit der Teilchengeschwindigkeit führt (siehe Abb. 6.2). Damit ist im Allgemeinen uL uEL , was zu einem
Winkel von ϕ ' −45◦ führt.
Wie wir sehen, haben die Eigenschaften der Strukturen in der Turbulenz direkten
Einfluss auf die Übergangswahrscheinlichkeit pB .
Veränderung der Varianz Wie aus der Abb. 7.6 hervorgeht, ist die Annahme
aus dem vorherigen Abschnitt, dass das Profil von pB unabhängig von uEL ist, nur
für große Zeitintervalle gültig. Bei kleinen Intervallen (τ TI ) ergibt sich eine
7.3 Übergang von Euler-Lagrange zu Lagrange
-50
ϕ
f(t) = a+b*exp(-t/T)
a = -63.10
b = 11.77
T = 1.73 TI
-51
ϕ [Grad]
55
-52
-53
-54
-55
0
0.1
0.2
0.3
τ [TI]
0.4
0.5
0.6
Abb. 7.8: Abhängigkeit des Winkels ϕ von pB vom betrachteten Zeitintervall τ .
Abhängigkeit vom Betrag von uEL . Bestimmt man für verschiedene Werte von τ die
Varianz des Profils von pB
σu2P
EL
u
;τ =
Z
du (u − µup )2 pB u| uEL ; τ
(7.16)
als Funktion von uEL , so ergibt sich der in Abb. 7.9 gezeigte Verlauf9 . Durch die
Abhängigkeit der Varianz σ 2 von uEL hängt f L selbst bei einem Winkel von ϕ̂ = 90◦
von f EL ab10 . Eine Anpassung des Ansatzes
σ = a uEL + b (1 − ς) + dς
mit
(7.17)
ς = e−τ /Tσ
an die Daten liefert den Parametersatz
a = 0.29 ,
b = 0.35 ,
d = 2.9 ,
Tσ = 0.7TI .
(7.18)
Die entsprechenden Kurven sind in Abb. 7.9 als Linien dargestellt.
9
10
Die Varianz ist unabhängig davon, ob man pB oder p̂B betrachtet. Man könnte hier also genauso
gut σu2 L statt σu2 P schreiben.
Prinzipiell ist es sogar möglich, durch die gewichtete Überlagerung von reinen Gausskurven
mit unterschiedlicher Breite (Varianz) eine PDF zu generieren, die der Beschleunigungs-PDF
ähnelt. Dies wird in Anhang B.4 gezeigt.
56
7 PDF der Geschwindigkeits-Inkremente
3.5
3
2.5
σuP
2
1.5
1
τ =0.033 TI
τ =0.10 TI
τ =0.20 TI
τ =0.30 TI
τ =0.50 TI
0.5
0
-10
-5
0
5
10
EL
u
Abb. 7.9: Abhängigkeit der Standardabweichung σ von pB vom betrachteten Zeitintervall τ und
der Kondition uEL .
7.3.2. Modell
Die Kombination der Drehung nach Gleichung (7.15) und der Änderung der Varianz nach Gleichung (7.17) in einem Modell, dass für den Schnitt durch pB ein
gaussförmiges Profil ansetzt, stellt sich wie folgt dar:
(u − w cot ϕ)2
1
p̃B (u| w) = √
exp −
2σ 2
2πσ 2
ϕ (τ ) = α + βe−τ /Tϕ
σ=
!
a uEL + b (1 − ς) + dς
(7.19)
(7.15)
(7.17)
Damit erhält man ein Modell für die Übertragung der Statistiken
f˜L (u) =
Z
dw p̃B (u − w| w) f EL (w) ,
(7.20)
dessen Ergebnis in Abb. 7.10 wiedergegeben ist. Besonders in den Flanken weicht
dieses Modell erheblich von den Daten ab. Dies ist verständlich, denn in Gleichung
(7.19) wurde für alle Zeitintervalle τ eine Normalverteilung der Schnitte durch p̃B
angenommen. Dies widerspricht hingegen der Aussage von Gleichung (7.11), nach
der für τ TI das Profil von pB gegen die Beschleunigungs-PDF f a konvergiert.
Bemerkung. Interessant ist jedoch die Tatsache, dass man diese Abweichungen durch
eine weitere Vergröberung des Modells wieder ausgleichen kann. Für die Ergebnisse
7.3 Übergang von Euler-Lagrange zu Lagrange
57
1
τ = 0.033 TI
τ = 0.10 TI
τ = 0.50 TI
0.1
0.01
fL
0.001
0.0001
1e-05
1e-06
1e-07
-20
-15
-10
-5
0
5
10
15
20
uL
Abb. 7.10: Anwendung des Modells (7.19) für pB mit den Parametern aus (7.18) für die Varianz
und Abb. 7.8 für die Winkel.
1
τ = 0.033 TI
τ = 0.10 TI
τ = 0.50 TI
0.1
0.01
fL
0.001
0.0001
1e-05
1e-06
1e-07
-20
-15
-10
-5
0
5
10
15
20
L
u
Abb. 7.11: Anwendung des Modells (7.19) für pB mit den Parametern aus (7.18) für die Varianz
und festem Winkel ϕ = −63◦ .
58
7 PDF der Geschwindigkeits-Inkremente
von Abb. 7.11 wurde der Winkel in Gleichung (7.19) auf den asymptotischen Wert
des Fits in Abb. 7.8 von ϕ = −63◦ festgesetzt. Wie man sich leicht überzeugt, liefert
dieses vereinfachte Modell sehr gute Resultate. Es scheint in diesem Fall also möglich
zu sein, dass in pB die Abhängigkeit der Form und des Winkels von dem Zeitintervall
τ gleichzeitig ersetzt werden kann durch eine konstante Form (Gaussglocke) und
einen festen Winkel, ohne dabei die Ergebnisse der Transformation (7.20) maßgeblich
zu beeinflussen. Eine Begründung für diesen Umstand kann ich leider nicht liefern
und vermute, dass es sich dabei um eine Zufallsbeobachtung handelt.
Für ein vollständiges Modell der bedingten Wahrscheinlichkeit pB muss nun noch
geklärt werden, wie die freien Parameter von den charakteristischen Größen der
Turbulenz, wie Reynoldszahl, Machzahl oder der Kompressibilität, abhängen. Diese
Frage konnte im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht beantwortet werden.
7.4. Euler’sche Inkremente
Die nächste offene Frage, der ich mich nun zuwenden will, ist, wie man aus der
Euler’schen auf die oben verwendete Euler-Lagrange’sche Statistik schließt. Dazu
betrachten wir zunächst die Euler’sche PDF.
Die Euler’schen Geschwindigkeits-Inkremente wurden in Abschnitt 2.3 als
~uE ~l = δ~l ~v
= ~v ~x + ~l, t + τ − v (~x, t + τ )
(7.21)
eingeführt. Ähnlich der Lagrange’schen Geschwindigkeits-PDF (7.2) definieren wir
hier die Euler’sche Geschwindigkeits-PDF11 als
D E
f E (u; l) = δ ~uE · êi − u
i,t,V,l=|~l|
,
(7.22)
wobei zusätzlich über alle Orientierungen des Abstandsvektors ~l zu mitteln ist. Im
Unterschied zur Lagrange’schen Statistik bildet man hier den Mittelwert über das
Volumen V und nicht über die Teilchen. In inkompressibler Turbulenz, wie sie von
Kamps u. a. (2009) und Homann u. a. (2009) untersucht wurden, sind die Teilchen
gleichmäßig im Volumen verteilt, so dass dieser Umstand nicht weiter beachtet werden muss. Hingegen bilden in kompressibler Turbulenz die Teilchen ausgeprägte
Strukturen, die mit der Dichteverteilung korreliert sind (siehe Schwarz (2007)). Um
die Euler’sche in die Lagrange’sche PDF überführen zu können, muss das Maß während der Mittelung identisch sein. Dies kann durch eine Gewichtung mit der Dichte
11
Da häufig die longitudinalen Strukturfunktionen von Interesse sind, werden in der Literatur
dementsprechend oft lediglich die longitudinalen Anteile der Geschwindigkeitsänderungen als
PDF betrachtet. Die hier verwendete Definition weicht davon ab.
7.4 Euler’sche Inkremente
59
erreicht werden:
D E
fρE (u; l) = δ ~uE · êi − u
D
ρ,i,t,V,l=|~l|
D
ρ (~x) ρ ~x + ~l δ ~uE · êi − u
=
E
i,t,V,l=|~l|
E
ρ (~x) ρ ~x + ~l
.
(7.23)
t,V,l=|~l|
In Abb. 7.12 sind die Dichte-gewichteten PDFs für drei Abstände l wiedergegeben.
Wie im Lagrange-Bild sind auch hier für große Abstände die Geschwindigkeiten
unkorreliert und die Verteilung ist gaussförmig. Bei sehr kleinen Abständen12 fallen
die Wahrscheinlichkeiten für das Auftreten starker Ereignisse hingegen annähernd
exponentiell ab.
10
l = 0.024
l = 0.30
l = 3.0
Gauss
1
0.1
fEρ
0.01
0.001
0.0001
1e-05
1e-06
1e-07
-20
-15
-10
-5
0
5
10
15
20
E
u
Abb. 7.12: PDF der Dichte-gewichteten Euler’schen Geschwindigkeits-Inkremente nach Gleichung (7.23).
12
l = 0.025 entspricht einem Abstand von lediglich drei Zellen auf dem Simulations-Gitter.
60
7 PDF der Geschwindigkeits-Inkremente
7.5. Übergang von Euler zu Euler-Lagrange
Aus den Gleichungen (7.21) und (7.3) lässt sich ein Zusammenhang zwischen ~uEL
und ~uE formulieren.
~u
EL
(τ ) =
Z
~ (t + τ ; ~x, t) − ~x − ~l ~uE ~x, ~l
d~l δ X
Diese Formel besagt, dass man uEL (τ ) aus uE ~l erhält, wenn man den Abstandsvektor ~l gleich dem zurückgelegten Weg des Teilchens in dem Zeitintervall τ setzt.
Einsetzen in Gleichung (7.4) liefert
Z
f EL (u; τ ) = δ
~ (t + τ ; ~x, t) − ~x − ~l ~uE ~x, ~l · êi − u
d~l δ X
i,t,k
Z
=
D − ~x − ~l ~uE
~ − ~x − ~l δ ~uE · êi − u
d~l δ X
i,t,k
=
Z
~
d~l δ X
· êi
E
D i,t,k
δ ~uE · êi − u
E
i,t,k
und unter der Annahme von Isotropie folgt
=
Z ∞
0
=
Z ∞
0
E
D ~ − ~x − ~l ~uE · êi
dl 4πl2 δ X
D i,t,k,l=|~l|
E
δ ~uE · êi − u
i,t,k,l=|~l|
dl pA (l| u; τ ) fρE (u; l) .
(7.24)
Im letzten Schritt wurde die Übergangswahrscheinlichkeit
E
D ~ (t + τ ; ~x, t) − ~x − ~l ~uE ~l · êi
pA l| uE ; τ = 4πl2 δ X
=
D E
~
(t + τ ; ~x, t) − ~x − l ~uE ~l · êi
δ X
i,t,k,l=|~l|
i,t,k
(7.25)
eingeführt. Sie ist eine bedingte Wahrscheinlichkeit, die angibt, welche Entfernung
l ein Teilchen in der Zeit τ zurücklegt, wenn sich dabei die Geschwindigkeiten in
diesem Abstand l um uE unterscheiden. Zum intuitiveren Verständnis der Wirkung
von pA wird in Abb. 7.13 die Gleichung (7.24) noch einmal graphisch veranschaulicht.
Die Struktur von pA und deren Abhängigkeit vom betrachteten Zeitintervall τ , ist
in Abb. 7.14 zu erkennen. Für große Zeitintervalle τ hängt der Erwartungswert von l
annähernd linear vom Betrag der Kondition uEL ab, wobei er auch für uEL = 0 größer
Null bleibt. Wie bereits in Abschnitt 7.2.2 erwähnt, ist in meinen Auswertungen der
räumliche
Abstand
l auf den Bereich zwischen 0 und π beschränkt, so dass für sehr
große uEL -Werte von einer Sättigung des Erwartungswertes von l auszugehen ist.
Betrachtet man hingegen sehr kleine Zeitintervalle, fallen die zurückgelegten Abstände der Teilchen erwartungsgemäß klein aus. Die für große τ beobachtete lineare
Abhängigkeit kann hier jedoch nicht mehr festgestellt werden.
7.5 Übergang von Euler zu Euler-Lagrange
61
fEL
Integration
Multiplikation
uEL
10
5
0
u
-5
0
0.5
1
1.5
l
2
-10
2.5
Abb. 7.13: Anschauliche Darstellung der Wirkung von pA nach Gleichung (7.24).
Die bedingte Wahrscheinlichkeit pA ( l| u) (unten) hängt von dem Zeitintervall τ ab (in
diesem Beispiel ist τ = 0.50TI ). Diese wird mit der PDF der Euler’schen Geschwindigkeits-Inkremente fρE ( u| l) (mitte) punktweise multipliziert. Aus der Integration dieses
Zwischenergebnisses (oben) entlang der l-Achse ergibt sich schließlich die rekonstruierte PDF f EL der gemischten Inkremente (oben rechts).
62
7 PDF der Geschwindigkeits-Inkremente
τ = 0.033 TI
14
12
4
10
8
2
6
0
4
2
uEL
-2
0
-4
0
0.05
0.1
0.15
0.2
0.25
l
τ = 0.50 TI
1.4
10
1.2
1
5
0.8
0.6
0
0.4
uEL
0.2
-5
0
0
0.5
1
1.5
2
-10
2.5
l
Abb. 7.14: Übergangswahrscheinlichkeit pA für verschiedene Zeitintervalle τ . Man beachte dabei
die unterschiedliche Achsenbeschriftung.
7.5 Übergang von Euler zu Euler-Lagrange
63
Theorie und Simulationsergebnisse Ein Vergleich der Ergebnisse aus Gleichung
(7.24) und den direkt bestimmten Euler-Lagrange’schen PDFs f EL ist in Abb. 7.15
wiedergegeben. Es zeigt sich, dass die Theorie für diesen Übergang starke Diskrepanzen aufweist.
Betrachtet man den Übergang zu kleinen Machzahlen und damit zu verringerter
Kompressibilität, wie in Abb. 7.16 dargestellt, stellt man fest, dass die Transformation (7.24) tendenziell bessere Ergebnisse liefert. Auch die Auswertungen von Kamps
u. a. (2009) und Homann u. a. (2009) zeigen, dass sich im inkompressiblen Fall die
Euler-Lagrange’sche PDF exakt rekonstruieren lässt.
Offensichtlich reicht eine einfache Gewichtung der Euler’schen PDF entsprechend
Gleichung (7.23) nicht aus, um den Einfluss der Teilchen- bzw. Dichteverteilung
richtig zu berücksichtigen.
1
0.033 TI
0.10 TI
0.50 TI
0.1
0.01
fEL
0.001
0.0001
1e-005
1e-006
1e-007
-20
-15
-10
-5
0
5
10
15
20
EL
u
Abb. 7.15: Vergleich zwischen den nach Gleichung (7.24) berechneten (Linien) und den direkt
bestimmten (Punkte) Euler-Lagrange’schen Geschwindigkeits-PDFs.
64
7 PDF der Geschwindigkeits-Inkremente
M = 1.4
10
τ = 0.08
τ = 0.24
τ = 0.96
1
0.1
fEL
0.01
0.001
0.0001
1e-005
1e-006
-4
-2
0
2
4
uEL
M = 0.4
100
τ = 0.20
τ = 0.60
τ = 2.40
10
1
fEL
0.1
0.01
0.001
0.0001
1e-005
1e-006
-2
-1.5
-1
-0.5
0
0.5
1
1.5
2
EL
u
Abb. 7.16: Vergleich zwischen den nach Gleichung (7.24) berechneten (Linien) und den direkt
bestimmten (Punkte) Euler-Lagrange’schen Geschwindigkeits-PDFs. Im Gegensatz zu
den anderen Auswertungen wird im oberen Diagramm eine Simulation mit einer mittleren Machzahl von M ' 1.4 und im unteren von M ' 0.4 betrachtet.
7.6 Resümee
65
7.6. Resümee
Es wäre wünschenswert, dass die Transformation vom Euler zum Lagrange-Bild die
Verteilung der Teilchen beinhaltet, so dass die “klassischen” Euler’schen Inkremente
f E nach Gleichung (7.21) als Eingangsgröße dienen können. Eine entsprechende
Erweiterung der Theorie steht jedoch noch aus.
pA
pB
Insgesamt betrachtet liefert die Transformation f E −→
f EL −→
fL
f L (u; τ ) =
Z
dw pB (u| w; τ )
Z ∞
0
dl pA (l| w; τ ) f E (u; l)
(7.26)
hier jedoch zufriedenstellende Ergebnisse, wie in Abb. 7.17 zu erkennen ist. Dies
liegt daran, dass in kompressibler Turbulenz sehr viel Information in pB enthalten
ist und die Transformation mit pA nur einen geringen Einfluss auf das Endergebnis
besitzt.
1
τ = 0.033 TI
τ = 0.10 TI
τ = 0.50 TI
0.1
0.01
fL
0.001
0.0001
1e-005
1e-006
1e-007
-20
-15
-10
-5
0
5
10
15
20
L
u
Abb. 7.17: Vergleich zwischen den nach Gleichung (7.26) berechneten (Linien) und den direkt
bestimmten (Punkte) Lagrange’schen Geschwindigkeits-PDFs.
Wie sich das Biferale-Modell aus Abschnitt 3.2.1 durch den hier dargestellten
Übergang zwischen dem Euler- und Lagrange-Bild beschreiben lässt, werde ich in
Abschnitt 8.5 bei der Betrachtung der Strukturfunktionen erläutern.
Bemerkung. Die hier vorgestellte Theorie für den Übergang von den Euler’schen zu
Lagrange’schen Geschwindigkeits-PDFs ist ein statistischer Ansatz. Entgegen den
phänomenologischen Modellen aus Abschnitt 2.2 und dem Modell von Biferale u. a.
(2004) ist der Ansatz von Kamps u. a. (2009) unabhängig von der betrachteten Skala.
Es wird also nicht zwischen dem Dissipations- und Inertial-Bereich unterschieden.
Man hat jedoch die Einschränkung der Parameter aus Abschnitt 7.2.2 zu beachten.
66
8 Strukturfunktionen
8. Strukturfunktionen
Eine der wesentlichen Größen in der Turbulenz-Forschung sind die Exponenten der
Strukturfunktionen, wie sie in Abschnitt 2.3.1 und 3.2 eingeführt wurden. Mit ihrer
Hilfe lassen sich Rückschlüsse auf das intermittente Verhalten der Turbulenz ziehen.
In diesem Abschnitt werde ich mich mit diesen Größen im Euler- und LagrangeBild beschäftigen und dabei insbesondere auf Besonderheiten in kompressibler Turbulenz eingehen. Beginnen möchte ich mit der Betrachtung der Exponenten der
Lagrange’schen Strukturfunktionen.
8.1. Lagrange
Unter der Voraussetzung, dass die Lagrange’schen Strukturfunktionen
SpL (τ ) = h|δτ ~v · êi |p ii,t,k
∝ τζ
L (p)
(8.1)
nach einem Potenzgesetz skalieren, erhält man deren Exponenten. Die Mittelung
wird, wie bei Gleichung (7.2), über alle Test-Teilchen k, der zeitlichen Entwicklung
t und den Komponenten i der Geschwindigkeitsdifferenz gebildet.
Zur Bestimmung der Exponenten ζ L berechnet man die logarithmische Ableitung
d ln SpL (τ )
d (ln τ )
=
τ dSpL (τ )
SpL (τ ) dτ
der Strukturfunktionen. Ein Potenzgesetz wie (8.1) bildet dabei ein Plateau, an
dessen Niveau der Exponent direkt abgelesen werden kann. Ein solches Verhalten
wird allerdings nur für den Inertialbereich τη τ TI erwartet. In Abb. 8.1 ist
die verwendete obere Grenze τ ≤ TI /4 als dünne Linie eingezeichnet. Anhand der
Abbildung erkennt man weiterhin, dass die Auswertung der Exponenten nur für
Strukturfunktionen bis p ' 6 sinnvoll ist. Alle höheren Ordnungen weisen zu starke
Schwankungen auf. Die in dem verwendeten Intervall TI /20 < τ < TI /4 gemittelten
Exponenten und deren Standardabweichung sind in Abb. 8.2 gegenüber der Ordnung
p aufgetragen. Offensichtlich gilt in guter Näherung
ζ L (2) = 1 .
Dies deckt sich mit den Überlegungen aus Abschnitt 3.2.
8.1 Lagrange
67
3
p=1
p=2
p=3
p=4
p=6
p = 10
d ln(Sp) / d ln(τ )
2.5
2
1.5
1
0.5
0
0.1
1
τ [TI]
Abb. 8.1: Logarithmische Ableitung der Lagrange’schen Strukturfunktionen.
2
ζL
1.5
1
0.5
0
0
1
2
3
4
5
p
Abb. 8.2: Exponenten der Lagrange’schen Strukturfunktionen.
6
68
8 Strukturfunktionen
8.2. Euler
In der Literatur werden im Allgemeinen die longitudinalen Euler’schen Strukturfunktionen, wie sie in Abschnitt 2.3 eingeführt wurden, verwendet. Aus Gründen
der Konsistenz mit den Lagrange’schen Strukturfunktionen (8.1) betrachte ich hier
Strukturfunktionen der Art
p E
D
SpE (l) = δ~l ~v · êi ∝ lζ
E (p)
x∈V,i,t
l=|~l|,~
,
(8.2)
die im Inertialbereich ebenso nach einem Potenzgesetz skalieren sollten. Die logarithmische Ableitung der Strukturfunktionen zu verschiedenen Ordnungen ist in
Abb. 8.3 dargestellt. Man erkennt ein schwach ausgeprägtes Plateau der Exponenπ
ten im Intervall 12
≤ l ≤ π3 , welches durch die gestrichelten Linien in der Darstellung
abgegrenzt ist.
Die daraus erhaltenen mittleren Exponenten ζ E (p) und deren Fehlerabschätzungen sind in Abb. 8.4 wiedergegeben. Entgegen der K41-Theorie (siehe Frisch (1995)),
für die ζ E (3) = 1 als exaktes Ergebnis gilt, finden wir hier ζ E (2) ' 1. Dies ist kein
Widerspruch, denn die K41-Theorie geht von inkompressiblen Strömungen aus.
4
p=1
p=2
p=3
p=4
p=6
p=8
3.5
d ln(Sp) / d ln(l)
3
2.5
2
1.5
1
0.5
0
0.1
1
l
Abb. 8.3: Logarithmische Ableitung der Euler’schen Strukturfunktionen.
8.3 Berücksichtigung der Dichte
69
2
ζE
1.5
1
0.5
0
0
1
2
3
p
4
5
6
Abb. 8.4: Exponenten der Euler’schen Strukturfunktionen.
8.3. Berücksichtigung der Dichte
8.3.1. Energietransfer-Größe
Das Kaskadenmodell beschreibt den Energietransfer zwischen den Skalen. In inkompressibler Turbulenz kann man dabei die Dichte vernachlässigen, da diese nur einen
konstanten Faktor liefert. Dies ist im kompressiblen Fall nicht mehr möglich. Um
die Intermittenz-Modelle aus Abschnitt 3.1 anwenden zu können, darf man nicht die
Geschwindigkeit ~v allein, sondern muss die Energietransfer-Größe
w
~ = ρ1/3~v
(4.3)
betrachten. Die Exponenten der zugehörigen Strukturfunktion
p E
D
1/3
ρ ~
v (~x + ~l) − ρ1/3~v (~x) · êi ∼ lξ(p)
(8.3)
sind in Abb. 8.6 aufgetragen. Wie von der in Kapitel 4 vorgestellten Theorie, vorhergesagt wird, ergibt sich hier ξ(3) ' 1. Somit ist es möglich, die freien Parameter
des verallgemeinerten She-Lévêque Modells (3.9) an die Daten anzupassen. Der Fit
ergibt eine Kodimension von C0 ' 1.50 und einen Skalenfaktor13 von κ ' 1.16. Aus
der Abb. 8.6 erkennt man, dass dieser Parametersatz die Daten sehr gut beschreibt.
Mit κ ≥ 1 werden die Exponenten ζ(p) nach Gleichung (3.9) für hinreichend große
p negativ. Inwieweit somit ein κ ≥ 1 physikalisch sinnvoll ist, muss hier jedoch offen
bleiben.
13
Zur Erinnerung: κ bezeichnet im She-Lévêque Modell (Abschnitt 3.1.5) den Skalenexponenten
(∞)
εl ∝ l−κ der dissipativsten Strukturen und C0 deren Kodimension.
70
8 Strukturfunktionen
3
p=1
p=2
p=3
p=4
p=6
p=8
d ln(Sp) / d ln(l)
2.5
2
1.5
1
0.5
0
0.1
1
l
Abb. 8.5: Logarithmische Ableitung der Strukturfunktionen der Energietransfer-Größe.
2
Kritsuk et al. (longitudinal)
Kritsuk et al. (orthogonal)
She-Leveque Modell
C0 = 1.50
κ = 1.16
ξ
1.5
1
0.5
0
0
1
2
3
4
5
6
p
Abb. 8.6: Exponenten der Strukturfunktionen der Energietransfer-Größe.
8.3 Berücksichtigung der Dichte
71
Die Strukturfunktionen der Größe (4.3) wurden erstmals von Kritsuk u. a. (2007)
anhand von numerischen Simulationen untersucht. Die Autoren unterscheiden dabei
zwischen longitudinalen und transversalen Anteilen. Beide liefern in guter Übereinstimmung mit meinen Ergebnissen für die Strukturfunktion dritter Ordnung ein
Skalierungsverhalten, wie es aus der inkompressiblen Turbulenz bekannt ist ξ(3) = 1.
Diese Literaturwerte sind ebenso in Abb. 8.6 wiedergegeben.
8.3.2. Dichte-Korrelation
Für den nachfolgenden Teil ist es wichtig, dass wir uns zunächst mit den Momenten
der Dichte-Korrelation
Dh ρ ~x + ~l ρ (~x)
ip E
∝
X
∝l
l2pα(h)+3−D(h)
h
χ(p)
(8.4)
beschäftigen. Auch für diese Größe gehen Boldyrev u. a. (2002) von einem Potenzgesetz aus. Dabei ist im Rahmen des Multifraktalen Modells der Exponent durch
χ (p) = inf (2pα (h) + 3 − D (h))
(8.5)
h
gegeben. Die Autoren setzen für α (h) als einfachsten Fall eine lineare Funktion
α (h) = a + bh
(8.6)
an und leiten aus der Nebenbedingung der Massenerhaltung für die Parameter
a = −ζ E (p0 )
und
b = p0
her, wobei p0 noch näher zu bestimmen ist. Ausgehend von einigen weiteren Zusatzannahmen, auf die ich hier nicht weiter eingehen möchte, leiten die Autoren für den
Inertialbereich l L und sehr hohe Machzahlen eine Bestimmungsgleichung für p0
her:
ζ E (2p0 + 2) = 2ζ E (p0 ) .
(8.7)
Unter Benutzung des She-Lévêque Modells mit C0 = 1 geben Boldyrev u. a. (2002)
die Werte
p0 = b ' 2.28
a ' −0.82
an. Wie wir bereits in Abschnitt 8.2 gesehen haben, gilt in kompressibler Turbulenz
ζ E (3) > 1 ,
und für das She-Lévêque Modell (3.9) aus Abschnitt 3.1.6 ist
ζ (3) ≡ 1 ,
72
8 Strukturfunktionen
unabhängig von den Parametern C0 und κ. Die Autoren benutzten bei der Auswertung ihrer Daten das ESS-Verfahren nach Benzi u. a. (1993) mit der Annahme
ζ(3) = 1. Dies steht im Widerspruch zu den von mir ermittelten Werten der Exponenten der Strukturfunktionen im Euler-Bild (vgl. Abb. 8.3). Entsprechend ist
auch die Benutzung des She-Lévêque Modells zur Bestimmung des Parameters p0
fragwürdig.
Wendet man hingegen die Formel (8.7) auf die Daten aus Abb. 8.4 an, ergibt sich
p0 und damit b zu
b = p0 ' 1.5 .
(8.8)
Da hingegen in die Herleitung der Formel (8.7) der Limes sehr hoher Machzahlen einfließt, was mit M ' 4.5 in meiner Simulation nicht gegeben ist, muss man
auch diesen Wert kritisch betrachten. Bei der Betrachtung der Dichte-gewichteten
Euler’schen Strukturfunktionen im nächsten Abschnitt ergibt sich jedoch die Möglichkeit, diesen Parameter ohne die Grundannahme M → ∞ abzuschätzen.
Bemerkung. Aus dieser Theorie für die Strukturfunktionen der Dichte-Korrelation
folgt, dass die Exponenten χ (p) negativ sind. Dies konnte ich durch die Auswertung
der Daten meiner Simulation bestätigen. Auf eine Darstellung der Exponenten in
Abhängigkeit von der Ordnung p werde ich hier jedoch verzichten, da sie für diese
Arbeit nicht weiter relevant sind.
8.3.3. Dichte-gewichtete Euler’sche Strukturfunktionen
In Abschnitt 7.4 wurde die Dichte-gewichtete Euler’sche PDF (7.23) eingeführt. Die
dazugehörigen Strukturfunktionen lauten
D
pE
E
(l) = δ~l ~v · êi Sp,ρ
=
ρ(~
x)ρ(~
x+l)
p E
D
ρ (~
x) ρ (~x + l) ~v ~x + ~l − ~v (~x) · êi hρ (~x) ρ (~x + l)i
∝l
ζρE (p)
.
(8.9)
Die Frage ist nun, wie diese mit den “klassischen” Euler’schen Strukturfunktionen
zusammenhängen.
In dem Multifraktalen Modell sind die Exponenten gegeben als
ζ E (p) = inf (ph + 3 − D (h)) .
h
(3.3)
Entsprechend folgt aus der Arbeit von Boldyrev u. a. (2002), dass sich die Exponenten für
p E
D
ρ (~
x) ρ (~x + l) ~v ~x + ~l − v (~x) · êi ∝ lχ̃(p)
schreiben lassen als
χ̃ (p) = inf (ph + 2α (h) + 3 − D (h)) .
h
8.3 Berücksichtigung der Dichte
73
In Kombination mit dem linearen Ansatz (8.6) und der Gleichung (8.5) für die
Exponenten der Dichte-Korrelation erhält man hieraus die Exponenten der Dichtegewichteten Strukturfunktionen (8.9)
ζρE (p) = χ̃ (p) − χ (1)
= inf (ph + 2α (h) + 3 − D (h)) − inf (2α (h) + 3 − D (h))
h
h
= inf ((p + 2b) h + 3 − D (h)) − inf (2bh + 3 − D (h))
h
E
h
E
= ζ (p + 2b) − ζ (2b) .
(8.10)
In Verbindung mit der konkaven Form von ζ E (p) besagt diese Formel, dass die
Dichte-gewichteten Exponenten stets kleiner als die ungewichteten sind.
ζρE ≤ ζ E
,
∀p
(8.11)
Somit schneiden sich die Kurven nie, sondern treffen lediglich am Punkt ζρE (0) =
ζ E (0) = 0 aufeinander.
Für einen Vergleich dieser Theorie mit den direkt aus der Numerik bestimmten
Exponenten betrachten wir zunächst wieder die logarithmischen Ableitungen der
Strukturfunktionen. Wie durch die Gegenüberstellung von Abb. 8.7 mit Abb. 8.3 zu
erkennen ist, zeigen diese ein deutlich ausgeprägteres Plateau als die ungewichteten
Strukturfunktionen. Jedoch treten hier bei hohen Ordnungen zunehmend starke
Schwankungen in den Ableitungen auf. Die ermittelten Exponenten zeigen, wie nach
Gleichung (8.11) erwartet, einen flacheren Verlauf als diejenigen ohne Gewichtung,
und es gilt annähernd ζρE (3) ' 1.
Für das Modell (8.10) wurde ein optimaler Parameter
b ' 0.29
ermittelt. Das Resultat ist ebenfalls in Abb. 8.8 als grüne Linie wiedergegeben. Es
treten allerdings Abweichungen von den Referenzdaten auf.
Auffällig ist hier der signifikante Unterschied zu dem im vorherigen Abschnitt ermittelten Wert von b = p0 ' 1.5. Eine mögliche Ursache könnte darin liegen, dass
die Voraussetzung von sehr hohen Machzahlen für die Gleichung (8.7) in meiner
Simulation nicht hinreichend erfüllt wird. Somit muss im Allgemeinen der freie Parameter b in Gleichung (8.10) auf andere Weise bestimmt werden. Ich möchte hier
jedoch nur eine Abschätzung der möglichen Grenzwerte liefern. Für den inkompressiblen Grenzfall ist ζρE (p) = ζ E (p) und damit muss hierbei b = 0 gelten. Hingegen
ergibt sich für die ideal kompressible Turbulenz, wie sie von der Burgers-Gleichung
beschrieben wird, nach Anhang B.3, dass die Exponenten ζρE (p) verschwinden. Somit muss in diesem Fall der Parameter b ≥ 21 sein. Damit verträglich ist das Ergebnis
b = p0 = 12 aus Gleichung (8.7), wenn man diese auf die Exponenten der BurgersGleichung (Abb. 4.2) anwendet. Dieser Parameter hängt somit offensichtlich von der
Kompressibilität und damit von der Machzahl M ab.
74
8 Strukturfunktionen
3
p=1
p=2
p=3
p=4
p=6
p=8
d ln(Sp) / d ln(l)
2.5
2
1.5
1
0.5
0
0.1
1
l
Abb. 8.7: Logarithmische Ableitung der Dichte-gewichten Euler’schen Strukturfunktionen.
2
Theorie
ζ Eρ
1.5
1
0.5
0
0
1
2
3
p
4
5
6
Abb. 8.8: Exponenten der Dichte-gewichten Euler’schen Strukturfunktionen (rot) im Vergleich
mit dem im Text beschriebenen Modell (grün).
8.4 Mellin-Transformation
75
Die hier abgeschätzten Grenzen sind gut verträglich mit dem in meinen Auswertungen bestimmten Wert des Parameters b ' 0.29. Die von Boldyrev u. a. (2002)
angegebene obere Schranke von b ' 2.28 erscheint in diesem Rahmen zu groß, was
vermutlich auf die Benutzung des She-Lévêque Modells in deren Herleitung zurückzuführen ist.
8.4. Mellin-Transformation
In diesem Kapitel möchte ich mich damit beschäftigen, wie es prinzipiell möglich
ist von den Exponenten der Strukturfunktionen auf die PDF der dazugehörigen
Größe zurückzurechnen. Dazu bedienen wir uns der Mellin-Transformation (siehe
z.B. Remmert und Schuhmacher (2002)), die ich zunächst kurz vorstellen möchte.
8.4.1. Grundlagen
Die Mellin-Transformation einer Funktion f (x) ist definiert als
fˇ (s) = M [f (x)] (s) =
Z ∞
f (x) xs−1 dx ,
(8.12)
0
wobei s für eine komplexe Zahl steht. Diese Transformation ist eng verwandt mit
der Laplace- und Fourier-Transformation. Ihre Inverse ist gegeben durch
h
i
1 Z c+i∞ ˇ
f (s) x−s ds ,
f (x) = M−1 fˇ (s) (x) =
2πi c−i∞
(8.13)
wobei die Integration über eine vertikale Linie in der komplexen Ebene erfolgt.
8.4.2. Anwendung
Gegeben sei eine Verteilung f (u) von Geschwindigkeits-Inkrementen, wie sie in Abschnitt 7.1, 7.2 oder 7.4 eingeführt wurden. Die dazugehörigen Strukturfunktionen
Sp =
Z
f (u) |u|p du
sind die absoluten Momente dieser PDF. Unter der Annahme, dass f (u) symmetrisch ist, entspricht dies bis auf einen konstanten Faktor der Mellin-Transformation
(8.12) mit s = p + 1. Somit sollte man mit Hilfe der inversen Transformation (8.13)
von den Strukturfunktionen auf die Verteilung zurückrechnen können.
Im Inertialbereich skalieren die Strukturfunktionen nach einem Potenzgesetz
Sp (λ) = A (p) λζ(p)
mit
λ ∈ {l, τ } ,
(8.14)
wobei A (p) ein von der Ordnung p abhängiger Skalierungsfaktor ist. Will man von
den Exponenten ζ (p) auf die Strukturfunktionen schließen, benötigt man eine Abschätzung dieser Vorfaktoren A (p). Yakhot (2006) geht dafür von der vereinfachten
76
8 Strukturfunktionen
Annahme aus, dass die dazugehörige PDF der Geschwindigkeits-Inkremente annähernd normalverteilt ist. Damit liefert eine kurze Rechnung
1 Z − x22 2p
e 2σ x dx
2πσ 2
2p σ 2p Z −y p−1/2
= √
e y
dy
π
2p σ 2p
1
√
=
Γ p+
π
2
2p
= σ (2p + 1)!!
S2p = √
⇒
A (2p) ∝ (2p + 1)!! .
(8.15)
(8.16)
für die Abhängigkeit der Vorfaktoren von der Ordnung p. Der funktionale Zusammenhang der Standardabweichung σ von der Skala (l bzw. τ ) beeinflusst dabei
ausschließlich den Exponenten ζ(p) und nicht den Faktor A.
Lineare Skalierung Zunächst möchte ich den einfachsten Fall der linearen Skalierung
ζ (p) = ap
betrachten14 . Setzt man dies in Gleichung (8.14) ein und wendet darauf die inverse
Mellin-Transformation (8.13) an, erhält man mit σ = 1 für die PDF der Geschwindigkeits-Inkremente
f (u; λ) = M−1 [A (p) λap ] (u)
"
#
1 Z i∞ λap Z ∞ p −y2 /2
√
y e
dy u−p−1 dp
=
2πi −i∞
2π −∞
u2
1
=√
e− 2λ2a .
a
2πλ
(8.17)
Offensichtlich ist dies wiederum eine Normalverteilung, deren Breite wie λa mit der
Skala anwächst. Im speziellen Fall der Kolmogorov-Theorie würde somit
1
σ ∝ λ3
gelten.
Höhere Ordnung Die nächst höhere Ordnung ergibt sich aus einer Abhängigkeit
der Exponenten ζ von der Ordnung p äquivalent zum Obukhov-Kolmogorov Modell.
Ich möchte die Gleichung (3.1) hier jedoch etwas allgemeiner als
ζ (p) = ap + bp2
14
Für a =
1
3
entspricht dies dem Modell von Kolmogorov.
8.4 Mellin-Transformation
77
schreiben. Die Transformation mit diesen Exponenten wurde von Yakhot (2006)
durchgeführt.
h
2
i
f (0) (u; λ) = M−1 A(0) (p) λap+bp (u)
= ...

Z ∞
ln √2λu a x
1
2

√
=
e−x exp −
4b ln λ
πu 4b ln λ −∞
2 


dx
(8.18)
Die numerische Auswertung dieses Ausdrucks zeigt eine starke Abhängigkeit der
Flanken der PDF von der Skala λ, siehe (Yakhot, 2006, Abb. 1), was als Zeichen für
Intermittenz interpretiert wird.
Für kleine Skalen ist somit die aus (8.18) berechnete PDF nicht konsistent mit
der Grundannahme, dass die erhaltene PDF annähernd eine Normalverteilung ist.
Die Faktoren A(0) (p) nach Gleichung (8.16) müssen also im nächsten Schritt aus der
Verteilung f (0) (u; λ) neu bestimmt werden, um die genauere Abschätzung A(1) zu
erhalten. Einsetzen des Ergebnisses in (8.18) liefert die nächst bessere Abschätzung
f (1) (u; λ) für die PDF, wobei die Auswertung nun komplett numerisch durchgeführt
werden muss. Dieses Vorgehen wiederholt man so lange, bis f (u; λ) und A (p) zu
einer selbstkonsistenten Lösung konvergieren.
Das hier beschriebene Vorgehen ist jedoch nur eine theoretische Überlegung, denn
meines Wissens wurde eine solche selbstkonsistente Lösungsvorschrift bisher noch
nicht umgesetzt.
8.4.3. Verallgemeinerung
Das oben dargestellte Verfahren sollte prinzipiell mit jeder belieben Funktion ζ (p)
durchführbar sein. Damit wäre es prinzipiell möglich, aus den Exponenten der Euler’schen Strukturfunktionen ζ E (p) auf die dazugehörigen PDFs zurückzurechnen.
In Verbindung mit dem Modell von Kamps u. a. (2009), welches ich im Kapitel 7 beschrieben hab, lassen sich diese PDFs in die PDFs der Lagrange’schen Geschwindigkeits-Inkremente transformieren, woraus sich wiederum die Lagrange’schen Strukturfunktionen und deren Exponenten ζ L (p) berechnen lassen. Insgesamt erhielten
wir damit eine Theorie zur Übertragung der Exponenten der Strukturfunktionen
aus dem Euler- ins Lagrange-Bild.
Im nächsten Abschnitt werde ich eine weitere Anwendung der Mellin-Transformation vorstellen, mit der sich Gleichung (3.18) des Biferale-Modells sehr elegant
herleiten lässt.
78
8 Strukturfunktionen
8.5. Biferale-Modell
Ich möchte nun noch einmal auf das Modell von Biferale u. a. (2004) zurückkommen. Wie in Anhang B.1 gezeigt wird, liefert dieses Modell eine einfache Beziehung
zwischen den Exponenten der Euler’schen und Lagrange’schen Strukturfunktionen:
ζ̂ L p − ζ E (p) = ζ E (p)
(3.18)
Dabei bezeichnet ζ̂ die aus dieser Theorie zu erwartenden Langrange’schen Exponenten der Strukturfunktionen. Wendet man diese Formel auf die (Dichte-gewichteten) Euler’schen Exponenten aus Abschnitt 8.2 bzw. 8.3.3 an, ergeben sich die in
Tabelle 8.1 gezeigten Resultate.
Im Lagrange-Bild gilt ζ L (2) ' 1. Demzufolge muss nach Gleichung (3.18) für das
Euler-Bild ζ (3) ' 1gelten,
was für die kompressible Turbulenz jedoch nicht zutrifft.
L
E
Die berechneten ζ̂ ζ können somit nicht stimmen.
p
ζE
ζρE
ζL
ζ̂ L ζ E
ζ̂ L ζρE
1
0.61 ± 0.03 0.44 ± 0.01
0.52 ± 0.03 1.06 ± 0.06 0.67 ± 0.02
2
1.04 ± 0.05 0.79 ± 0.02
0.96 ± 0.05 1.42 ± 0.08 1.05 ± 0.02
3
1.33 ± 0.06 1.04 ± 0.02
1.23 ± 0.03 1.63 ± 0.10 1.28 ± 0.02
4
1.53 ± 0.07 1.24 ± 0.02
1.38 ± 0.02 1.76 ± 0.12 1.44 ± 0.03
5
1.68 ± 0.09 1.38 ± 0.02
1.43 ± 0.05 1.85 ± 0.15 1.56 ± 0.04
6
1.78 ± 0.10 1.50 ± 0.03
1.42 ± 0.07 1.91 ± 0.17 1.65 ± 0.06
Tabelle 8.1: Anwenden der Formel (3.18) auf die Exponenten der Euler’schen ζ E und der Dichte-gewichteten Euler’schen ζρE Strukturfunktionen und Vergleich der Ergebnisse
ζ̂ L ζ E bzw. ζ̂ L ζρE mit den numerisch bestimmten Lagrange’schen Exponenten
ζ L.
Für die Dichte-gewichteten Exponenten gilt näherungsweise ζρE (3) ' 1. Dennoch
zeigt die Auswertung mit Gleichung (3.18) signifikante Abweichungen von den Lagrange’schen Exponenten. Dies mag zweierlei Ursachen haben. Zum Einen kann dies
an Unzulänglichkeiten des Modells von Biferale u. a. (2004) und damit an Gleichung
(3.18) liegen. Darauf werde ich weiter unten genauer eingehen. Zum Anderen ist es
auch denkbar, dass die Dichte in den Strukturfunktionen SρE noch nicht optimal berücksichtigt worden ist. Entsprechende Hinweise haben wir bereits in Abschnitt 7.5
gesehen.
Ich möchte nun das Modell von Biferale u. a. (2004) im Rahmen des Modells von
Kamps u. a. (2009) weiter untersuchen.
8.5 Biferale-Modell
79
8.5.1. Zusammenhang mit dem Modell von Kamps
Die Mellin-Transformation aus dem vorherigen Abschnitt eröffnet die Möglichkeit,
die Gleichung (3.18), die aus dem Biferale-Modell folgt, auf sehr elegante Weise
herzuleiten.
Die Transformation der PDFs vom Euler- ins Lagrange-Bild erfolgt dabei mittels
der Theorie aus Kapitel 7. Wie in Kamps u. a. (2009) gezeigt wird, muss man hierzu
die Übergangswahrscheinlichkeiten
pA l| uE ; τ = δ l − uE τ
und
pB
uP uEL ;
τ = δ uP
(8.19)
= δ uL − uEL
(8.20)
ansetzen. Die Delta-Funktion für pA resultiert aus der Annahme
τ∼
l
δl v
und die für pB aus
δτ v ∼ δl v .
Des Weiteren sei bemerkt, dass aufgrund der hier verwendeten δ-Funktionen die
Normierung A (p) keine Rolle spielt.
Die Gleichung (8.19) besagt, dass der zurückgelegte Abstand l eines Teilchens dem
Produkt aus dem Zeitintervall τ und der Geschwindigkeits-Differenz zwischen den
beiden Positionen entspricht. Für große Abstände, bei denen die Geschwindigkeiten
v (x + l) und v (x) unkorreliert sind, mag dies eine brauchbare Näherung sein. Auf
kleinen Skalen gilt jedoch v (x + l) ' v (x) und damit uE ' 0, so dass l durch Gleichung (8.19) zu klein abgeschätzt wird. Dies zeigt auch ein Vergleich mit Abb. 7.14,
woraus deutlich wird, dass für uE ' 0 der Abstand l endliche Werte annimmt.
Der Gleichung (8.20) entspricht ein vertikaler Peak in Abb. 7.6. Dass dies für die
von mir untersuchte kompressible Turbulenz nicht zutrifft, ist offensichtlich. Selbst
für inkompressible Turbulenz würde eine so gewählte δ-Funktion lediglich für große
Zeitintervalle τ eine sinnvolle Abschätzung liefern, da der Winkel ϕ der bedingten
Wahrscheinlichkeit pB in diesem Fall annähernd 90◦ annimmt.
Unter diesem Blickwinkel betrachtet, kann man aus dem Biferale-Modell lediglich gute Vorhersagen für große Zeitintervalle τ in der inkompressiblen Turbulenz
erhalten. Entsprechend große Zeitintervalle befinden sich jedoch nicht mehr im Inertialbereich und man kann somit kein exponentielles Skalieren der Strukturfunktionen erwarten. Damit erscheint die Bestimmung der Lagrange’schen Exponenten
der Strukturfunktion mittels
hp + 3 − D (h)
ζ (p) = inf
h
1−h
L
als recht fragwürdig.
!
( 3.17)
Teil V
Epilog
83
9. Zusammenfassung und Ausblick
In dieser Arbeit habe ich mich mit der Euler’schen und Lagrange’schen Sichtweise
der Turbulenz beschäftigt. Dabei wurde deutlich, dass beide Bilder sehr unterschiedliche Aussagen bei den Auswertungen liefern.
In Kapitel 7 bin ich der Frage nachgegangen, wie sich die beiden Bilder ineinander
übersetzen lassen. Dazu habe ich das Modell von Kamps u. a. (2009) erstmals auf
die Daten einer Simulation kompressibler Turbulenz angewandt. Dieses unterteilt
die Transformation vom Euler- ins Lagrange-Bild in zwei Teilschritte, wobei man
als Zwischenergebnis die Statistik eines gemischten Euler-Lagrange-Bildes erhält.
Es stellte sich dabei heraus, dass die Übersetzung von dem gemischten ins Lagrange-Bild auch für die kompressible Turbulenz als exakt angesehen werden kann.
In diesem Zusammenhang habe ich in Abschnitt 7.3.1 die Bedeutung der Übergangswahrscheinlichkeit pB ausführlich beschrieben. Insbesondere bin ich dabei auf
die Abhängigkeit des Profils und des in diesem Abschnitt definierten Winkels vom
betrachteten Zeitintervall eingegangen. Davon ausgehend wurde in Abschnitt 7.3.2
ein einfaches Modell konstruiert, das die Transformations-Eigenschaften von pB sehr
gut widerspiegelt. Um eine vollständige Theorie für den Übergang vom Euler- ins
Lagrange-Bild zu erhalten, ist es nötig, die Parameter des Modells aus den äußeren Randbedingungen, wie der Kompressibilität, der Dimension der dissipativsten
Strukturen und Ähnlichem, festzulegen. Wünschenswert wäre es auch, wenn man
diesen Parametern eine physikalische Bedeutung zuordnen könnte.
Obwohl die Gewichtung der Euler’schen PDF mit der Dichte in meiner Auswertung noch nicht ideal ist, konnte festgestellt werden, dass bei der Übertragung der
Statistik vom Euler- ins Euler-Lagrange-Bild die Berücksichtigung der Dichteverteilung eine ausschlaggebende Rolle spielt. Dies spiegelt sich auch in den Exponenten
der Strukturfunktionen wieder. Wie in Abschnitt 8.3 aufgezeigt wird, ergibt sich bei
den Dichte-gewichteten Euler’schen Strukturfunktionen ein deutlich besseres Skalierungsverhalten als ohne Gewichtung.
In kompressibler Turbulenz muss die Dichte auch bei der Anwendung von Theorien, die auf dem Kaskadenmodell, also dem Energietransfer zwischen den Skalen,
basieren, in geeigneter Weise berücksichtigt werden. Wie in der Einleitung erläutert,
ist das She-Lévêque Modell von phänomenologischer Natur und basiert auf dieser
Annahme über den Energietransport zwischen den Skalen. Während in inkompressibler Turbulenz dieses Modell die Abhängigkeit der Exponenten von der Ordnung
p außerordentlich gut beschreibt, existiert für den Fall der kompressiblen Turbulenz
noch keine vergleichbare, allgemein anerkannte Theorie. In Abschnitt 8.3.1 dieser
Arbeit konnte ich die Überlegungen von Kritsuk u. a. (2007) bestätigen, wonach die
Größe ρ1/3 v eher den klassischen, inkompressiblen Theorien gehorcht und sich die
Exponenten der dazugehörigen Strukturfunktionen mit dem She-Lévêque Modell
beschreiben lassen.
Wie in der Einleitung motiviert, ist eine Übertragung der Statistik aus dem Eulerins Lagrange-Bild von wesentlichem Interesse in der Turbulenz-Forschung, da das
Euler-Bild experimentell leicht zugänglich ist, das Lagrange-Bild hingegen dem Be-
84
9 Zusammenfassung und Ausblick
obachter weitestgehend verschlossen bleibt. Dazu habe ich in Abschnitt 8.5 das Modell von Biferale u. a. (2004) für die Übertragung der Exponenten der Euler’schen
Strukturfunktionen zu den Lagrange’schen auf meine Daten angewendet und ebenso
wie Homann (2006) signifikante Abweichungen von der direkt ermittelten Lagrange’schen Statistik gefunden. Mit Hilfe der Mellin-Transformation lässt sich diese
Theorie im Rahmen der Methode von Kamps u. a. (2009) darstellen, wenn man für
die in dieser Theorie auftretenden bedingten Wahrscheinlichkeiten entsprechende
Annahmen macht. In Abschnitt 8.5.1 wurden diese Annahmen mit den tatsächlichen Übergangswahrscheinlichkeiten verglichen. Insbesondere für kleine Zeitskalen
ergeben sich dabei erhebliche Diskrepanzen.
Als Ausblick möchte ich nun, aufbauend auf den Erkenntnissen aus dieser Arbeit,
eine Alternative zum Modell von Biferale u. a. (2004) skizzieren. Ausgangspunkt
soll dabei das She-Lévêque Modell für die Euler’schen Strukturfunktionen in inkompressibler Turbulenz sein, von der aus wir zu einer Lagrange’schen Theorie der
kompressiblen Turbulenz gelangen. In den einzelnen Schritten sind jedoch häufig
noch Fragen offen, auf die ich an gegebener Stelle hinweise. Die Vorgehensweise
untergliedert sich wie folgt:
1. Ausgangspunkt dieser Theorie ist das She-Lévêque Modell, welches man für
die Größe w
~ = ρ1/3~v benutzt.
In diese Theorie fließt die Kodimension C0 als Parameter ein, die wiederum
von der Art der Turbulenz bestimmt wird. In der Literatur setzt man für Wirbelröhren in inkomressibler Navier-Stokes-Turbulenz C0 = 2, und für MHDTurbulenz wird aufgrund der Stromschichten C0 = 1 angenommen. Der Ansatz
des Multifraktalen Modells legt jedoch nahe, dass die Dimension auch fraktale
Werte annehmen kann, wie wir in Abschnitt 8.3.1 gesehen haben.
Die Abhängigkeit des Skalenparameters κ von den Kenngrößen der Turbulenz
ist, meines Wissens nach, bisher noch vollkommen ungeklärt.
2. Als Nächstes müssen die so erhaltenden Exponenten ζwE in diejenigen für die
Dichte-gewichteten Strukturfunktionen ζρE umgerechnet werden.
Eine zu Abschnitt 8.3.3 äquivalente Theorie wäre dafür ein geeigneter Ansatz.
3. Mittels der Mellin-Transformation berechnet man aus den Exponenten ζρE die
dazugehörige PDF, so wie es in Abschnitt 8.4 beschrieben wurde.
In diesem Abschnitt habe ich außerdem erklärt, wie es prinzipiell möglich ist,
eine selbstkonsistente Lösung zu erhalten. Die Umsetzung dieser Idee steht
jedoch noch aus.
4. Diese Dichte-gewichtete PDF kann nun mittels der Übergangswahrscheinlichkeiten pA und pB aus Kapitel 7 in die Lagrange’sche PDF überführt werden.
Wie aus Abschnitt 7.5 hervorgeht, treten bei hohen Machzahlen zunehmend
Abweichungen beim Übergang vom Euler- zum Euler-Lagrange-Bild auf. Dies
könnte durch eine fehlerhafte Berücksichtigung der Dichte in der PDF fρE bedingt sein.
85
5. Aus der so gewonnen PDF f L berechnet man deren Momente (Strukturfunktionen) und ermittelt daraus die dazugehörigen Exponenten ζ L (p).
Die Bestimmung der Exponenten aus der logarithmischen Ableitung der Strukturfunktionen gestaltet sich oft als schwierig, da die Resultate im Allgemeinen
von den verwendeten Skalengrenzen des Inertialbereich abhängen. Wenn man
darauf vertraut, dass ζ(3) ≡ 1 bzw. ζ(2) ≡ 1 gilt, wird hier häufig die ESS
nach Benzi u. a. (1993) eingesetzt.
Fazit: Es bleibt noch viel zu tun.
Teil VI
Anhang
89
A. racoon II
Das Rahmenprogramm racoon II 15 wurde von Jürgen Dreher zur massiv parallelen
Lösung hyperbolischer Differentialgleichungen entwickelt und in der objektorientierten Sprache C++ implementiert (siehe Dreher und Grauer (2005) und Dreher).
Dabei umfasst es die in Kapitel 5 beschriebene Fluss-Berechnung, die Zeitintegration und die passiven Tracer-Teilchen. Im speziellen zeichnet sich racoon II durch
folgenden wesentlichen Merkmale aus.
A.1. Wesentliche Merkmale
A.1.1. Gitter
8 x 8 Zellen
pro Block
2 Randzellen
4 x 4 Blöcke vom Level 2
Abb. A.1: Blockstruktur von racoon II .
In racoon II werden zwei- und dreidimensionale Rechengebiete unterstützt. Diese
werden in gleichgroße Blöcke unterteilt, wobei die Auflösungsstufe L (engl. Level)
die Anzahl der Blöcke N = 2L je Richtung festlegt. Jeder Block ist wiederum in
eine gleichgroße Anzahl von Zellen unterteilt. Die Anzahl der Zellen kann jedoch
richtungsabhängig sein.
Jeder Block wird dabei als eigenständiges Rechengebiet betrachtet und ist aus
Sicht des Benutzers unabhängig von seinen Nachbarn. Um auch Ableitungen an den
Rändern der Blöcke berechnen zu können, enthält jeder Block zusätzliche Randzellen, die die Informationen aus den Nachbarblöcken widerspiegeln. Die Aktualisierung dieser Randzellen, auch Geisterzellen genannt, erfolgt automatisch durch
das Rahmenprogramm.
15
refined adaptive computations with object-oriented numerics
90
A racoon II
A.1.2. AMR
racoon II unterstützt weiterhin das Rechnen mit verschiedenen Auflösungsstufen.
Dabei werden jedem Block des Levels L 2d Blöcke des Levels L + 1 zugeordnet,
wobei d die Dimension des Gitters bezeichnet. Die Verfeinerung eines einzelnen
Blockes kann an die lokalen Eigenschaften, z.B. den Gradienten der Felder, gekoppelt
werden. Damit entsteht ein adaptives Gitter (engl. Adaptive Mesh Refinement), in
dem die Auflösung lokal an kritischen bzw. interessanten Stellen erhöht ist.
A.1.3. Parallelisierung
Numerische Simulationen sind oft sehr speicheraufwendig und rechenintensiv. Daher
ist eine Verteilung des Problems auf mehrere Rechner erforderlich. In racoon II
wird diese Parallelisierung dadurch realisiert, dass die Gesamtzahl der Blöcke auf
mehrere Prozesse P aufgeteilt wird. Im allgemeinen Fall übersteigt die Anzahl der
Blöcke die Zahl der verwendeten Prozesse bei weitem. Jeder Prozess verwaltet also
mehrere Blöcke. Um den Datentransfer zu minimieren, ist es daher wünschenswert,
dass benachbarte Blöcke auch dem selben Prozess zugeordnet sind. In racoon II
werden aus diesem Grund die Blöcke entlang einer Hilbert-Kurve angeordnet. Die
einzelnen Kurvenabschnitte werden danach gleichmäßig auf die verfügbaren Prozesse
aufgeteilt. Das Versenden ganzer Blöcke bzw. der Randaustausch zwischen Blöcken
auf verschiedenen Rechner erfolgt in racoon II mittels Message Passing Interface.
Durch die Verteilung der Blöcke ist das Problem des enormen Speicherbedarfs
gelöst. Um den Rechenaufwand effizient zu verteilen, gehört jedoch noch mehr.
A.1.4. Skalierung
In einem Programm, welches die Berechnungen parallel auf mehrere Prozessoren P
verteilt, lässt sich die Gesamt-Rechenzeit T einteilen in den Aufwand für
• Code der parallel ausgeführt wird, Tp ∝
1
,
P
• Code der sich nicht parallelisieren lässt, Ts = const,
• zusätzlicher Aufwand, der durch die Parallelisierung entsteht, z.B. für Synchronisation oder Datenaustausch, To ∝ P .
Für ein Rahmenprogramm, das massiv paralleles Rechnen unterstützt, ist es wesentlich, den Aufwand für seriellen Code Ts und den Overhead für die Parallelisierung
To im Vergleich zum parallel ausgeführten Code Tp klein zu halten.
Wie oben bereits erwähnt, sind in racoon II die einzelnen Blöcke weitgehend autonom. Die Berechnungen in jedem Block können somit unabhängig von den anderen
Blöcken durchgeführt werden. Damit ist eine effektive Verteilung des Rechenaufwands auf mehrere Prozessoren möglich.
In Abb. A.2 sind die Ergebnisse eines Skalierungs-Tests einer kompressiblen Turbulenz-Simulation wiedergeben. Anhand des linearen Geschwindigkeitszuwachses bis
A.1 Wesentliche Merkmale
91
hin zu 16 384 Prozessoren erkennt man die ausgezeichneten Parallelisierungs-Eigenschaften von racoon II .
Speed (steps/sec) normalized to 10243
0.1
12833 bs=16
1283 bs=32
2563 bs=32
2563 bs=64
512 bs=64
102433 bs=64
1024 bs=32
0.01
0.001
0.0001
10
100
Number of processors
1000
Abb. A.2: Schwache Skalierung von racoon II für kompressible Turbulenz auf der BlueGene/P
im Forschungszentrum Jülich.
[Quelle: Christoph Beetz]
A.1.5. Zeitschritt
Ein einzelner Runge-Kutta Integrationsschritt besteht aus mehreren Teilschritten,
abhängig von der Ordnung der Verfahrens. In racoon II kann ein Runge-Kutta
Verfahren von erster bis dritter Ordnung nach Shu und Osher (1988) gewählt werden.
Die Rekonstruktion der Felder wird standardmäßig mit dem CWENO-Verfahren
von Kurganov und Levy (2000), entsprechend Abschnitt 5.2, durchgeführt. Andere
Verfahren können vom Benutzer jedoch leicht implementiert und verwendet werden.
Hauptaufgabe des Problem-abhängigen Codes ist es, die Flüsse aus diesen rekonstruierten Werten zu berechnen. Dafür steht in racoon II eine entsprechende
Schnittstelle16 zur Verfügung. Die Anwendung des Flusses auf die Felder entsprechend der Gleichung
∆t
F| ,
(A.1)
ūn+1 = ūn −
|V | ∂V
welche sich aus der Zeitdiskretisierung von Gleichung (5.3) ergibt, wird von racoon II
selbstständig durchgeführt.
16
Diese Schnittstelle ist eine rein virtuelle Methode, die in einer abgeleiteten Klasse überschrieben
werden muss.
92
A racoon II
Auch der Austausch der Randzellen der Blöcken, sowie die Synchronisierung zwischen den einzelnen Prozessen nach jedem Teilschritt wird dem Benutzer von diesem
Rahmenprogramm abgenommen.
A.1.6. Erweiterungen
Bis hierher habe ich die grundlegende Funktionsweise von racoon II beschrieben. Es
enthält allerdings noch zusätzliche Erweiterungen, auf die man in dem SimulationsCode zurückgreifen kann.
Multigrid Um auch elliptische Differential-Gleichungen, wie sie bei der Lösung von
Poisson-Gleichungen der Art ∆Φ = ρ auftreten, behandeln zu können, enthält racoon II einen Poisson-Löser auf der Basis des Multigrid-Verfahrens. In meiner Arbeit
kam diese Erweiterung jedoch nicht zum Einsatz. Ich möchte für eine ausführlichere
Beschreibung deshalb auf Grafke (2008) verweisen.
Teilchen Für die Untersuchung der Turbulenz im Lagrange-Bild kann in racoon II
die Simulation um passive Tracer-Teilchen (siehe Abschnitt 5.4) erweitert werden.
Dazu wird in der Initialierungs-Phase des Programms die gewünschte Anzahl an
Teilchen erzeugt. Diese können systematisch oder zufällig positioniert werden. Die
Integration der Trajektorien und die Aufteilung der Teilchen auf die einzelnen Prozesse geschehen selbstständig durch das Rahmenprogramm. Der Benutzer muss lediglich an geeigneter Stelle die Ausgabe der Teilchendaten aufrufen. Diese Daten
enthalten die Koordinaten und die auf diese Positionen interpolierten Werte der
Felder. Die eigentliche Auswertung der Lagrange-Statistik kann dann mit zusätzlichen Tools erfolgen, die diese Daten verarbeiten.
Diese Erweiterung wurde von mir während meiner Diplomarbeit implementiert.
Für weitere Details zur Realisierung möchte ich somit auf Schwarz (2007) verweisen.
Paralleles I/O Bei parallelen Rechnungen auf einer Vielzahl von Prozessoren kann
bei der Ausgabe entweder jeder Prozess eine eigene Datei erzeugen oder alle Prozesse
schreiben parallel in eine gemeinsame Datei. Die optimale Strategie hängt von der
verwendeten Maschine und dem Dateisystem ab. In racoon II sind beide Methoden
verfügbar.
A.2 Problemklasse
93
A.2. Problemklasse
Die Problemklasse ist das physikalische Kernstück. Sie wird von mehreren Basisklassen abgeleitet und muss die vordefinierten Schnittstellen (virtuelle Methoden)
überschreiben. Ihre Hauptaufgaben sind im Wesentlichen:
• Definieren der Anzahl und Art der verwendeten Felder und Teilchen
• Festlegen der Rekonstruktions-Methode und der Ordnung der Zeit-Integration
• Initialisieren der Felder mit Startwerten
• Berechnung der Flüsse aus den rekonstruierten Werten
• Diagnostik und Zeitschritt-Steuerung
• Markieren kritischer Zellen/Blöcke, falls AMR benutzt wird
• Treiben von Feldern
• Implementation problemspezifischer Randbedingungen
Damit sind in ihr alle problemabhängigen Programm-Eigenschaften vereint.
94
B Nebenrechnungen
B. Nebenrechnungen
B.1. Beweis von Gleichung (3.18)
Im Multifraktalen Modell gilt für die Euler’schen Exponenten der Strukturfunktionen die Gleichung
ζ (p) = inf (ph + 3 − D (h)) .
h
(3.3)
Das Infimum findet man durch Null setzen der Ableitung nach h:
p = D0 (h∗ ) ,
womit
ζ (p) = ph∗ + 3 − D (h∗ )
folgt. Das Modell von Biferale u. a. (2004) liefert für die Lagrange’schen Exponenten
den Zusammenhang
!
pk + 3 − D (k)
L
.
ζ (p) = inf
k
1−k
Ersetzt man p durch p − ζ (p) folgt hieraus
!
(p − ζ (p)) k + 3 − D (k)
ζ (p − ζ (p)) = inf
k
1−k
!
∗
(p − ph − 3 + D (h∗ )) k + 3 − D (k)
= inf
k
1−k
!
∗
p (1 − h ) k + 3 (1 − k) + D (h∗ ) k − D (k)
= inf
.
k
1−k
L
(B.1)
Wie oben findet man auch hier das Infimum durch Null setzen der Ableitung:
p (1 − h∗ ) − 3 + D (h∗ ) − D0 (k ∗ )
0=
+
1 − k∗
p (1 − h∗ ) k ∗ + 3 (1 − k ∗ ) + D (h∗ ) k ∗ − D (k ∗ )
+
(1 − k ∗ )2
= p (1 − h∗ ) + D (h∗ ) − D0 (k ∗ ) + D0 (k ∗ ) k ∗ − D (k ∗ )
= [D (h∗ ) − D (k ∗ )] + [D0 (h∗ ) − D0 (k ∗ )] − [D0 (h∗ ) h∗ − D0 (k ∗ ) k ∗ ] .
Damit die Summe insgesamt Null ergibt, müssen die Ausdrücke in den eckigen Klammern einzeln verschwinden. Dies ist nur für k ∗ = h∗ erfüllt. Einsetzen in Gleichung
(B.1) liefert schließlich
p (1 − h∗ ) h∗ + 3 (1 − h∗ ) + D (h∗ ) h∗ − D (h∗ )
1 − h∗
∗
∗
= ph + 3 − D (h )
= ζ (p) ,
ζ L (p − ζ (p)) =
womit Gleichung (3.18) bewiesen ist.
B.2 Beweis von Gleichung (3.21)
95
B.2. Beweis von Gleichung (3.21)
Nach Voraussetzung gilt
ζN S (p) > ζM HD (p)
für
p>3
(3.20)
bzw.
L
ζNL S (p − ζN S (p)) = ζN S (p) > ζM HD (p) = ζM
HD (p − ζM HD (p)) .
Mit n = p − ζNL S (p) folgt daraus
L
ζNL S (n) > ζM
HD (n + ζN S (p) − ζM HD (p))
L
> ζM
HD (n) ,
wobei ζN S (p) − ζM HD (p) > 0 benutzt wurde. Für p = 3 gilt n = 2. Damit ist
L
ζNL S (p) > ζM
HD (p)
gezeigt.
für
p>2
96
B Nebenrechnungen
B.3. Dichte-gewichtete Strukturfunktionen für Burgers
In dieser Nebenrechnung werde ich die Exponenten der Dichte-gewichteten Euler’schen Strukturfunktion
hρ (x) ρ (x + l) |v (x + l) − v (x)|p i
Sp,ρ (l) =
hρ (x) ρ (x + l)i
(8.9)
für den idealisierten Fall der Burgers-Gleichung analytisch berechnen. Dafür sei das
Geschwindigkeits-Profil wie in Abschnitt 4.1 durch
v (x) = x − bxc
(4.7)
gegeben und für das Dichteprofil setzen wir
(
ρ (x) =
1
ε
1
|x| < ε
sonst
an, wobei 0 ε 1 den Kleinheitsparameter bezeichnet. Da es hier um die Skalierungsverhalten geht, kann bei der nachfolgenden Abschätzung der Nenner in (8.9)
vernachlässigt werden. Des Weiteren muss für den Inertialbereich
εl1
gelten. Unter diesen Voraussetzungen erhält man durch eine äquivalente Rechnung
wie in Gleichung (4.8) für die Strukturfunktionen:
S̃p,ρ (l)
=
Z 1
ρ (x) ρ (x + l) |v (x + l) − v (x)|p dx
0
=
=
Z 1
1
1 p Z 1−l p Z 1−ε
(l − 1)p +
(l − 1)p
l +
l +
1−ε ε
1−l
0 ε
ε
lp + (1 − l − ε) lp + (l − ε) (l − 1)p + (l − 1)p
Z ε
εl
−−→ (2 − l) lp + (l + 1) (l − 1)p
l1
−−→ (2 − l) lp + (l + 1) (1 − pl)
= 2lp−lp+1 + l − pl2 − pl +1
,
∀p ≥ 0 .
= O l0
Verglichen mit dem Ergebnis von (4.8) tritt hier zusätzlich noch der Summand l0 = 1
auf. Somit verschwinden alle Exponenten
ζρ (p) = 0 ,
unabhängig von der Ordnung p.
(B.2)
B.4 PDF der Beschleunigung aus Normalverteilungen
97
B.4. PDF der Beschleunigung aus Normalverteilungen
In diesem Abschnitt möchte ich zeigen, wie es möglich ist, aus einer gewichteten
Überlagerung von Normalverteilungen eine PDF ähnlich zu derjenigen der Beschleunigung f a zu konstruieren. Dies ist vergleichbar mit dem in Abschnitt 7.3 beschriebenen Übergang von der Euler-Lagrange- zur Lagrange-Statistik. Der Einfachheit
halber möchte ich hier jedoch die Variablen u = uL und w = uEL verwenden.
Zunächst definieren wir eine Übergangswahrscheinlichkeit
u2
1
exp − 2
p̂ (u| w) = √
2σ
2πσ 2
!
B
mit einer von w abhängigen Standardabweichung von beispielsweise
w2
σ (w) = 2 − 1.8 exp −
8
!
.
Diese Funktion ist an Abb. B.1 wiedergegeben.
10
1
0.1
pB
0.01
4
2
-4
0
-2
u
-2
0
2
4
w
-4
Abb. B.1: Modell der Übergangswahrscheinlichkeit p̂B .
Die Gewichtung erfolgt über die Eingangsgröße w, welche hier auch als normalverteilt
!
1
w2
EL
f (w) = √ exp −
2
2π
angenommen wird. Eine Integration entsprechend Gleichung (7.10)
L
f (u) =
Z
dw p̂B (u| w) f EL (w)
98
B Nebenrechnungen
liefert eine PDF für u, wie sie in Abb. B.2 dargestellt ist. Ein Vergleich mit Abb. 7.2
bestätigt die qualitative Ähnlichkeit dieses Ergebnisses mit der Lagrange’schen PDF
für Geschwindigkeits-Inkremente bei kurzen Zeitintervallen τ . Dieses Ergebnis unterstreicht die Bedeutung der uEL -abhängigen Varianz in pB für den Übergang ins
Lagrange-Bild.
10
1
fL
0.1
0.01
0.001
0.0001
1e-005
-4
-2
0
2
L
u
Abb. B.2: Ergebnis der Modellrechnung.
4
99
C. Lebenslauf
09. Juli 1976
geboren in Leinefelde
Sept 1983 – Juli 1993
Realschule in Niederorschel
Sept 1993 – Juni 1996
Lehre als Physik-Laborant am Max-Planck Institut in Göttingen
März 1997 – Dez 1997
Grundwehrdienst in Wolfhagen
Sept 1998 – Aug 2002
Sachbearbeiter
für
Qualitätssicherung
SCHOTT Lithotec in Jena
Sept 2000 – Juni 2002
Abitur an der Kreisvolkshochschule Saale-Holzland
Okt 2002 – März 2007
Physikstudium an der Ruhr-Universität Bochum
Apr 2006 – März 2007
Diplomarbeit über “Lagrange Statistik in kompressibler Turbulenz”
Apr 2007 – Aug 2009
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für
TP I der Ruhr-Universität Bochum. Arbeiten
zum “Übergang zwischen Euler’scher und Lagrange’scher Statistik in kompressibler Turbulenz”.
bei
101
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